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die Glocken erfunden und sogleich zum kirchlichen Gebrauch verwandt. Damit
ihr Schall weithin zu hören sei, wurden Thürme an die Kirchen gebaut und
die Glocken hineingehängt, daß sie von oben herab der Gemeinde zurufen
sollten: „Kommet, denn es ist alles bereit."
Als Gesänge dienten die Psalmen und Loblieder der Bibel. Eigene Ge-
sänge zu dichten, galt anfangs für ungeziemend und unwürdig. Nur die
Heiligen wagte man mit selbstgedichteten Liedern zu preisen, weil die Bibel
derartige Lieder, wie sie für diesen Zweck gesucht wurden, nicht enthielt.
Auf solche Weise aber gewöhnten sich die Christen daran, noch andre Lieder
als die Psalmen der Bibel bei ihren Gottesdiensten zu singen, so daß man
bald auch Lieder zu Ehren des großen Gottes dichtete. Manch köstliches Lied
ist damals gesungen worden. Viele unsrer schönsten Gesänge, z. B. „Allein
Gott in der Höh sei Ehr", „O Lamm Gottes unschuldig", „Herr Gott, dich
loben wir" und andere sind alte lateinische Gesänge gewesen und später nur
ins Deutsche übertragen.
8. Wie die Christen mit Ernst auf Zucht und
gute Ordnung gehalten haben.
Die Gemeinde des Herrn soll nicht Flecken oder Runzeln haben, sondern
herrlich, heilig und unsträflich sein, weil Christus sich selbst für sie gegeben
und sie gereinigt hat. Also lautet der Wille Gottes an sein Volk. Diesem
Willen Gottes geniäß trachteten die Christen mit großem Ernst dahin, Zucht
und Ordnung aufrecht zu halten und die Sünde aus ihrer Mitte zu entfer-
nen. Alle, welche beharrlich irrige Lehre vortrugen oder durch grobe Sün-
den das Taufgelübde gebrochen hatten, wurden von der Gemeinschaft der
Kirche ausgeschlossen und nicht eher wieder aufgenommen, als bis sie ein öf-
fentliches Bekenntniß ihrer Sünden abgelegt und durch ihren Wandel bewie-
sen hatten, daß es ihnen mit ihrer Buße ein rechter Ernst war.
Hierfür nur ein Beispiel. Unter dem Kaiser Theodosius war in Thessa-
lonich ein Aufstand ausgebrochen, und mehrere kaiserliche Beamte waren da-
bei getödtet worden. Da das dem Kaiser angesagt ward, wurde er sehr zor-
nig und gab Befehl, die Stadt ans das härteste zu strafen. Doch der Bi-
schof Ambrosius trat zu ihm und sprach: „Riein Herr und mein Kaiser, ver-
gieb dem Volke und tobte nicht die Gerechten mit den Gottlosen!" — und
der Kaiser verzieh den Aufrührern. Doch als seine Räthe ihm nachher vor-
stellten , daß solch eine Übelthat ernste Strafe verdiene, gab er wiederunl
Befehl, daß das Kriegsvolk über die Thessalonicher herfiel und sie züchtigte,
und es wurden 7000 Menschen vom Schwerte erwürgt. Ambrosius schrieb
darüber an den Kaiser ehrerbietig, aber ernst, hielt ihm sein Unrecht vor
und erinnerte ihn des Wortes: „Die Rache ist mein, spricht der Herr, ich
will vergelten." Der Kaiser aber antwortete ihm kein Wort. Am nächsten
Sonntage wollte der Kaiser mit seinem ganzen Gefolge zur Kirche gehen und
mit der Gemeinde das Abendmahl feiern. Da trat ihm an der Schwelle
des Gotteshauses Ambrosius entgegen, hielt ihn zurück und sprach: „Du
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Extrahierte Personennamen: B._„Allein
Gott Ernst Christus Ernst Ernst Theodosius
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darfst nicht eingehen zu diesem Hause; denn ein Mann, des Hand mit Blut
befleckt ist, ist nicht werth, zu der Gemeinschaft Jesu Christi zu gehören."
Und da sich der Kaiser auf das Beispiel Davids berief, sprach er: „Folge
ihm in seiner Reue, wie du ihm folgtest in seiner Sünde!" Acht Monate
lang hat der Kaiser sich dessen geweigert. Da hat er seinen kaiserlichen
Sckmuck abgelegt und hat öffentlich in der Kirche Buße gethan und hat ge-
betet: „Meine Seele liegt im Staube; erquicke mich nach deinem Wort!"
Und nun erst ward er wieder in die Kirchengemeinde aufgenommen.
Wer des Wolfes schont, gefährdet die Schafe.
9. Wie Gott der Herr der Christenheit eine
Zuchtruthe erweckt hat.
Muhammed.
Während im Abendlande das kirchliche Leben immer mehr
erstarkte und sich in würdiger Ausstattung des Gottesdienstes, in
Eifer für die Bekehrung der Heiden und vielen andern Dingen
kund that, erschlaffte die Kirche des Morgenlandes zusehends und
sank von Jahr zu Jahr in tiefere Entartung. Das einzige Lebens-
zeichen, welches sie gab, waren die unaufhörlichen Streitigkeiten,
die die Kirche in eine Unzahl von Rotten und Sekten zerrissen.
Die umwohnenden Heiden, wenn sie das Gebahren der Christen
ansahen, konnten keine Achtung vor der christlichen Kirche und so-
mit auch kein Verlangen gewinnen, zu derselben überzutreten.
Da that Gott ein Einsehen und erweckte einen Mann, der für
die erschlaffte Christenheit eine Zuchtruthe sein sollte. Der Mann
hieß Muhammed und wurde im Jahre 570 zu Mekka in Arabien
geboren. Seine Eltern, die einem vornehmen Geschlechte des Lan-
des angehörten, starben früh. Ein Oheim nahm den verwaisten
Knaben ins Haus und bildete ihn zum Kaufmann aus. Als solcher
machte Muhammed weite Reisen und lernte viele Menschen und
ihre Gebräuche und Sitten kennen. Häufig und gerne verkehrte er
mit Christen und sprach mit ihnen über Gott und göttliche Dinge.
In diesen Gesprächen wurde er zuerst darüber gewiß, daß der Götzen-
dienst eine Thorheit sei, und kam schließlich dahin, daß er sich ganz
von dem heidnischen Aberglauben lossagte. Aber wo sollte er Er-
satz für das Verlorne suchen? Die Christen in ihrer Zerrissenheit
flößten ihm keine Achtung ein, und die Juden trugen zu deutlich
die Zeichen des göttlichen Gerichtes an sich, als daß er bei ihnen
hätte Rath suchen mögen. Ob seine Seele dabei in Unruhe versetzt
worden ist? Genug, von der Zeit an zog er sich häufig in die
Einsamkeit des Gebirges zurück und blieb Wochen lang dort, um
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Extrahierte Personennamen: Jesu_Christi Davids Muhammed Muhammed Muhammed Muhammed
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eifrig und ungestört nach der wahren Religion zu forschen. Meh-
rere Jahre vergingen in solcher Weise; da kehrte Muhammed eines
Tages wieder und erklärte, daß er von dem Engel Gabriel die
Offenbarung erhalten habe, er solle den alten Glauben des Erz-
vaters Abraham wiederherstellen. Er predigte: „Es ist nur
ein Gott, Allah, und Muhammed ist sein größter Prophet; Moses
und Christus sind auch Propheten gewesen, aber kleiner, als ich;
denn ich bin der Tröster, den Christus verheißen hat." So stellte sich
der verblendete Mensch über den eingebornen Sohn Gottes. Von einer
Taube ließ er sich Erbsen aus seinem Ohr fressen und sagte, sie
bringe ihm Botschaft vom Himmel. Auch behauptete er, über
Nacht reite er öfter aus einem weißen Rosse in den Himmel, um
mit Gott zu reden. Wenn er Anfälle von der Fallsucht bekam,
an der.er litt, so gab er vor, Gott rufe seine Seele in den Him-
mel, um ihm etwas Neues zu offenbaren.
Anfangs fand er wenig Glauben; denn außer seinen Haus-
genossen wollte ihn fast niemand sür einen Propheten gelten lassen.
Und als endlich die Zahl seiner Anhänger sich mehrte, erhoben sich
seine eigenen Stammesgenossen gegen ihn und nöthigten ihn, aus
Mekka zu fliehen, im Juli 622. Von dem Tage dieser Flucht
(Hedschra) zählen die Muhammedaner ihre Jahre. Sie war auch
der Ansang seines Sieges; denn nun mehrten sich seine Anhänger
reißend schnell. Nach wenigen Jahren war Muhammed so stark,
daß er zurückkehren und Mekka wieder erobern konnte. Von da
an war er das anerkannte weltliche und geistliche Oberhaupt seiner
Gemeinde. Abermals vergingen wenige Jahre, da war Muham-
med Herr über ganz Arabien geworden.
Was ihm so großen Zulaus verschaffte, war theils seine Lehre
selbst, theils die Weise, wie er sie ausbreitete. Seine Lehre war
ganz so, daß sie dem natürlichen Menschen Wohlgefallen konnte.
Sie deckte das sündliche Verderben im Innern des Herzens nicht
aus, sondern suchte nur durch eine schöne äußerliche Zucht das Le-
den von offenbaren groben Sünden rein zu halten und behauptete,
der Mensch müßte sich durch seine Tugenden die Seligkeit verdienen.
Täglich sollte der Gläubige oder Moslem fünfmal beten, das Ge-
sicht nach Mekka gekehrt. Schweinefleisch sollte er nicht essen.
Wein nicht trinken; dagegen könne er mehrere Frauen nehmen,
wie Muhammed selbst deren 22 gehabt hat. Wenigstens einmal
in seinem Leben sollte jeder eine Wallfahrt nach der heiligen
Stadt Mekka machen. Beten führte ans halbem Wege zu Gott,
Fasten brächte an den Eingang des Himmels, Almosen eröffneten
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Extrahierte Personennamen: Muhammed Engel_Gabriel Abraham Muhammed Christus Muhammed Muhammed Muhammed
64
die Thür. Als vornehmste Tugend pries er kriegerische Tapfer-
keit. Das größte Verdienst vor Gott sollte sich ein Mensch erwer-
den , wenn er am Kriege für die Ausbreitung des muhammeda-
nischen Glaubens theilnähme. „Der Glaubenskämpfer wird ein-
gehen unter die schattigen Bäume des Paradieses, wo von himm-
lischen Rosen ewiger Wohlgeruch strömt, und seine Wunden wer-
den anl Tage des Weltgerichts wie Bisam duften und wie Leucht-
käfer glanzen." Für solche Lehre zog inan in den „heiligen Krieg",
um sie mit dem Schwerte auszubreiten. Die unterworfenen Völ-
ker behielten nur die Wahl, entweder sich niederhauen zu lassen,
oder den Glauben Muhammeds anzunehmen. Da ist nicht zu ver-
wundern , wenn die neue Lehre sich schnell ausbreitete und sogar
über die Grenzen Arabiens hinaus Eingang gewann.
Der Tetifel ist unsers Herrgotts Affe.
Die muhammedanischen Völker.
Muhammed starb im Jahre 632. Seine Nachfolger, die man „Chalifen"
nannte, setzten sein Werk fort. Überall, wohin sie kamen, verwandelten sie
die christlichen Kirchen in Moscheen und zwangen die Christen zum Islam.
In Ägypten, wie an der ganzen Nordküste Afrikas, zerstörten sie die da so
blühenden Pflanzstätten des Christenthums: in Spanien vernichteten sie das
christliche Reich der Westgothen: sie unterwarfen sich das heilige Land und
rissen in Jerusalem das Kreuz Christi nieder; sie eroberten Syrien und über-
schwemmten Kleinasien. Merkwürdig ist das Schicksal der 7 kleinasiatischen
Gemeinden, die wir ans der Offenbarung Johannis kennen. Auch sie waren,
nachdem der Herr sie so lange mit göttlicher Geduld getragen hatte, durch
Unglauben, Gleichgültigkeit und Sünde reis zum Gericht geworden. Hundert
Jahre lang streiften die Muhammedaner an ihren Grenzen umher und thaten
einzelne Einfülle; aber die Christen dort verstanden die Warnungsstimme des
Herrn nicht. Da ging denn die Drohung Offenb. Johannis 2, 5 in Erfül-
lung : ihr Leuchter ward umgestoßen: sie selbst kamen auch um, und ihre
Wohnstätte ward zur Wüste.
Im Abendlande half Gott der Herr der Christenheit gegen die Araber.
In Frankreich, in das sie von Spanien aus einfielen, wurden sie von Karls
des Großen Großvater Karl Martell gänzlich geschlagen. Allein im Morgen-
lande gebrauchte Gott die Muhammedaner noch weiter als eine Zuchtruthe
für die Christen. Ein rohes, kriegerisches Volk aus Hochasien, die Türken,
kam nach Vorderasien, nahm den muhammedanischen Glauben an, schob die
Araber bei Seite und machte sich zum Herrn des ganzen Landes. Von da
an sind die Türken das eigentliche Volk des falschen Propheten. Von Asien •
gingen sie nach Europa hinüber, eroberten 1453 Konstantinopel und machten
dem christlichen Reiche des griechischen Kaisers ein Ende. In den folgenden
Jahrhunderten drangen sie durch Ungarn gegen Deutschland vor und legten
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Extrahierte Personennamen: Muhammeds Muhammed Johannis Johannis Karls
des_Großen_Großvater_Karl_Martell Karls Karl
Extrahierte Ortsnamen: Leucht- Afrikas Christenthums Spanien Jerusalem Christi Kleinasien Frankreich Spanien Vorderasien Asien Europa Konstantinopel Deutschland
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sich mit ihren zahllosen Heeren vor Wien. Die Christenheit fing an zu zit-
tern. Täglich wurde beim Schall der Betglocke in allen deutschen Ländern
die Hülsedes barmherzigen Gottes angerufen, und sonntäglich zählten unsere
Väter unter den Übeln, um deren gnädige Abwendung sie Gott in der Li-
tanei baten, auch die Türken auf. Denn der Türke war ein schrecklicher
Feind, der kein Erbarmen kannte, und dem nichts heilig war. Was den
Türken unter die Hände kam, das verwüsteten sie mit roher, thierischer Lust.
Die Menschen aber schlugen sie mit der Schürfe des Schwertes oder schlepp-
ten sie fort in schmachvolle Sklaverei. Vor „der Türken Mord" gabs nur
eine Rettung: Christum zu verleugnen und sich zum Glauben Muhammeds
zu bekennen. Im Laufe der Jahre hat Gott die Macht der Türken gebrochen,
daß die christlichen Völker Europas nicht mehr vor ihr zu zittern brauchen.
Aber ein „Zeichen" bleibt es immer, daß das heilige Land der Christenheit
bis zu dieser Stunde den Türken gehört, und daß dort, wo Christus und
seine Apostel gewandelt haben, der falsche Prophet jetzt die Herrschaft führt.
10. Wie das Christenthum in Deutschland gepflanzt
ist.
Die erste Arbeit.
Was die Kirche im Morgenlande verlor, gewann sie im Abendlande
wieder.
Als bereits im Süden und Westen von Europa das Wort des Lebens
gepredigt war und sichtlich angefangen hatte, Frucht zu bringen, lag unser
deutsches Vaterland noch in Finsterniß und Todesschatten und hatte kein
Wort davon vernommen, daß das Licht in die Welt gekommen ist, das alle
Menschen erleuchten soll. Da schlug endlich auch Deutschlands Stunde.
Mönche aus den irländischen und englischen Klöstern trugen die erste Kunde
von der Barmherzigkeit Gottes in die Wälder Deutschlands.
C o lum b an und Gallus, zwei Irländer von vornehmer Herkunft,
machten sich mit mehreren jungen Leuten auf, dem Herrn unter den Heiden
in Deutschland zu dienen. In einem öden Felsenthale des Elsasses ließen
sie sich nieder und wirkten dort unter solcher Noth und Entbehrung, daß sie
oft nichts als Wurzeln und Baumrinde fanden, ihren Hunger zu stillen. Von
hier vertrieben, trennten sich beide. Columban zog weiter nach Oberitalien;
Gallus aber ging den Rhein in die Höhe und schlug in einer wilden Einöde
der himmelhohen Schweizerberge seine Hütte auf, um von da aus das Evau-
gelium in den umliegenden Ländern zu verkündigen. Gott segnete die Arbeit
seines treuen Knechtes, daß viele kamen und das Wort aufnahmen mit Freu-
den. Die Bekehrten siedelten sich um seine Hütte an und legten den Grund
zu Stadt und Kloster St. Gallen. Nach einem bewegten, mühevollen, aber
in der Liebe Christi reichen Leben ging Gallus am 16. Oktober 640 zu seines
Herrn Ruhe ein. Sein Tag ist ein wohlbekanntes Zeichen in unserm Kalender.
Andere Glaubensboten arbeiteten in Süd- und Mitteldeutschland und
wirkten zur Ehre Gottes unter unsern heidnischen Vorfahren. Sie alle ha-
o
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Extrahierte Personennamen: Muhammeds Christus Apostel Gallus Columban Gallus Christi Gallus
Extrahierte Ortsnamen: Wien Europas Deutschland Europa Deutschlands Gottes Deutschlands Gallus Deutschland Elsasses Oberitalien Rhein Gallus Süd- Mitteldeutschland Gottes
kn fleißig die Wege geebnet, indem sie hin und her das Licht des Evange-
liums anzündeten. Die von ihnen gegründeten Klöster mären die Sitze des
Friedens, der Arbeit, der Gelehrsamkeit, die Zufluchtstätten der Armen, der
Kranken, der Bedrängten und der Bekehrten. Rings um die Klöster, welche
häufig tief in Wildnissen lagen, bauten ihre Bewohner das Land im Schweiße
ihres Angesichts, unter harten Kämpfen mit Bären und Wölfen und mensch-
lichen Räubern. Sie standen unter strenger Zucht, und ihre Nahrung war
die allerdürstigste. An die meisten dieser Klöster sind hernach Kirchen ange-
baut: an viele haben sich Städte und Dörfer angeschlossen.
Winfried.
Für ganz Deutschland aber brach der Tag des Heils erst
an, als Bonifacius, der Apostel der Deutschen, den vaterlän-
dischen Boden betrat, mit hier sein Missionsmerk zu beginnen. Bo-
nifacius, ursprünglich Winfried genannt, stammte aus einer vor-
nehmen Familie Englands und sollte nach dein Willen der Eltern
etivas Großes in dieser Welt werden. Der Wunsch ist überreich-
lich in Erfüllung gegangen, aber in anderer Weise, als jene dach-
ten. Seine Jugend fiel in die Zeit, da Gott die Herzen vieler
Christen in England rührte, daß sie ausgingen, den Heiden in
Deutschland das Evangelium zu predigen. Da machte sich auch
Bonifacius auf, in den deutschen Wäldern den Gekreuzigten zu
verkündigen.
Unterwegs übernachtete er in einent Kloster in der Nähe von
Trier. Bei Tische mußte ein fünfzehnjähriger Knabe, der eben
ans der Schule zurückgekommen war, einen Abschnitt aus der la-
teinischen Bibel vorlesen. Winfried sagte zu ihm: „Du kannst schön
lesen, mein Sohn; aber verstehst du denn auch, was du gelesen
hast?" Der Knabe fing an, den Abschnitt noch einmal zu lesen.
„So meine ich nicht," fuhr Winfried fort, „ich möchte gerne wissen,
ob du mir auf deutsch sagen kannst, was du gelesen hast." Der
Knabe gestand, daß er das nicht könne. Nun übersetzte ihm Win-
fried die Bibelstelle ins Deutsche und hielt über dieselbe eine ein-
dringliche Anrede an die Tischgesellschaft. Seine Worte drangen
dem Jüngling so ins Herz, daß er sogleich seiner Muhme, der
Äbtissin, erklärte, mit diesem Manne wolle er gehen, um von ihm
die heilige Schrift verstehen zu lernen. Er ließ sich auch durch
keine Vorstellungen in diesem Entschlüsse wankend machen und sagte
zur Äbtissin: „Wenn du mir kein Pferd geben willst, mit ihm zu
reiten, so werde ich ihm zu Fuße nachfolgen." Die Äbtissin sah,
daß etwas Höheres das Herz des Knaben bewege, und ließ ihn
ziehen. Dieser Knabe hieß Gregor und wurde später eins der
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Extrahierte Personennamen: Winfried Winfried Apostel Winfried Winfried Winfried Winfried Winfried Winfried Gregor Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Wildnissen Deutschland Englands England Deutschland Trier
67
ausgezeichnetsten Werkzeuge Christi für die Ausbreitung des Evan-
geliums im nördlichen Deutschland.
Winfried kam nach dem Hessenlande und arbeitete dort in so
großem Segen, daß in kurzer Zeit Tausende dem Heidenthume ent-
sagten und sich zu dem Herrn Christo bekannten. Der Ruf von
seinen außerordentlichen Erfolgen drang bis nach Rom und bewog
den Papst, ihn zum Bischof über die von ihm bekehrten Christen
zu weihen.
Die Zahl der Christen mehrte sich täglich; aber bei der Menge
der Übertretenden konnten unmöglich alle Bekehrungen gründlich
sein. Viele nahmen äußerlich den Christenglauben an, blieben
aber in ihrem Leben und Wesen ganz, wie sie vorher gewesen wa-
ren. Bonifacius hatte oft große Noth, einzelne Stücke des heid-
nischen Aberglaubens zu vertilgen. Da stand z. B. im Hessenlande
eine große, uralte Eiche, welche dem Donnergotte Thor heilig war.
Selbst die Getauften konnten sich nicht überwinden, die Scheu vor
dem heiligen Baume abzulegen. Deshalb beschloß Bonifacius, die
Eiche zu füllen. In Gegenwart einer großen Versammlung zeugte
er zuerst von Gott, der die Eichen geschaffen hätte und von den
Menschen verehrt werden wollte; dann hob er die Axt auf und
führte den ersten Streich gegen den Baum. Lautlos stand das
Volk umher und wartete mit klopfendem Herzen, ob nicht der
Frevler von beut Donnergotte zerschmettert werden würde. Aber
alles blieb ruhig in: Himmel und aus Erden. Als der letzte Hieb
gethan war und der Baum mit Krachen umfiel, ohne daß die Blitze
des zürnenden Gottes den Missethäter getroffen hätten, war für
die Heiden die Nichtigkeit des heidnischen Götzendienstes erwiesen.
Von hier aus durchzog Bonifacius das mittlere Deutschland
nach allen Richtungen, nach Ost und West, nach Süd und Nord;
überall predigte er, taufte er, baute er Kirchen und setzte Prediger
ein. Sobald der Papst erkannte, welcher Segen von Gott auf
deul Werke dieses Mannes ruhte, ernannte er denselben zum Erz-
bischof und Haupt der ganzen deutschen Christenheit. In dieser
Hoheit Würde that Bonifacius alles Mögliche, mit die zerstreuten
Glieder der Kirche in Deutschland zusammenzubringen; er richtete
allenthalben kirchliche Ordnungen auf, stellte die vergessenen Syno-
den wieder her, machte häufig Visitationsreisen und suchte überall
zu bessern, wo Besserung noth that. Er hat eine gemeinsame
deutsche Kirche und damit erst ein deutsches Volk geschaffen. Vor
Bonifacius gab es in dem jetzigen Deutschland eine Menge ein-
zelner Völkerschaften, die wenig oder gar keine Gemeinschaft mit
5*
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08
einander hatten. Erst dadurch, daß alle verschiedenen Stämme
unter eine und dieselbe kirchliche Ordnung traten, wurden sie eng
mit einander verbunden mtb wuchsen heran zu dem großen, mäch-
tigen deutschen Volke.
Winfrieds Ende.
In seinen alten Tagen hätte Bonifacius wohl mögen Ruhe
haben; aber er gedachte an den Wunsch seiner Jugend, den Friesen
das Evangelium zu predigen. So legte er denn sein Bischofsamt
nieder, bestimmte seinen treuen Mitarbeiter Lullus zu seinem Nach-
folger, sorgte für die Zukunft seiner Jünger und Mitarbeiter und
versammelte noch einmal etliche seiner Freunde und Genossen um sich
mtb sprach zu ihnen: „Liebe Brüder, lasset uns noch einmal hin-
ausziehen zu den: Volke der Friesen, ob wir noch unter ihnen eine
Frucht haben möchten, ihre Seelen zu gewinnen und zu erretten
von der Finsterniß zum Licht und von der Gewalt des Satans zu
Gott!" Begleitet von 52 Männern reiste er nach Friesland ab
und wirkte dort etliche Zeit in großem Segen. Seine Erfolge er-
regten indes den Haß der Heiden, daß sich ihrer viele verschworen,
den Feind ihrer Götter zu ermorden.
Bonifacius hatte auf das Fest der Pfingsten, den 5. Juni 755,
die Menge der Neugetauften nach Dokkum in Nord-Friesland, wo
er seine Zelte aufgeschlagen hatte, beschieden, um sie dort durch
Handauflegnng zu confirmiren. Aber statt ihrer erschienen in der
Frühe des Morgens seine Feinde, mit Lanzen und Schwertern und
Schilden bewaffnet. Seine Diener eilten in ihre Zelte, ihre Waffen
zu holen, und schickten sich zur Gegenwehr an; aber Bonifacius
wehrte ihnen und sprach: „Liebe Brüder, hebet nicht den Arm auf
wider sie! Meinet ihr, daß der Herr uns nicht erretten könnte
aus der Hand dieser Feinde, wenn es also bei ihm beschlossen wäre?
Ist aber die Stunde gekommen, daß wir um seines Namens willen
nufer Leben lassen sollen, wohlan, so wollen wir seinem Rufe nicht
widerstreben. Sein Wille geschehe!" Darnach wandte er sich zu
den Priestern und sprach: „Unser Herr Christus spricht: Fürchtet
euch nicht vor denen, die den Leib tobten, aber die Seele nicht
können tobten! Seid getreu bis in den Tod, auf daß euch droben
die Krone der Gerechtigkeit beigelegt werde!" Und als er das
gesagt hatte, trat er, das Evangelienbuch in der Hand, den Heiden
entgegen und empfing betend den Todesstreich, 75 Jahre alt.
Seine Leiche wurde nach seinem eignen letzten Willen nach Fulda,
dem bedeutendsten der von ihm gegründeten Klöster, gebracht und
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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69
unter großem Geleite beigesetzt. Also ist Bonifacius gestorben, der
treue Knecht Gottes, der in unserm Gedächtnisse oben an stehen
sollte, wenn wir Gott danken, daß wir Deutsche und Christen sind.
Das Gedächtniß seines Todestages bewahrt der Kalender uns auf.
Gott, Eltern und Lehrern kann man nimmer genug danken.
Die flsekeliriiug der Sachsen.
Im nordwestlichen Deutschland, von Holstein bis ins Thüringische
hinein, labte ein Volk, die Sachsen genannt, welches bisher von dem
Christenthum noch nichts hatte wissen wollen. Sie waren gewaltthätige
Leute und machten in althergebrachter Weise beständig Raubzüge in
die umliegenden Länder. Was sie fortschaffen konnten , schleppten sie
mit fort. Von den Gefangenen schlachteten sie einige als Opfer für die
Götter, die andern führten sie in eine schwere, drückende Sklaverei. Ihre
Raubzüge wurden insonderheit ihren westlichen Nachbarn, den Franken,
so unerträglich, dass deren König Karl, um seine eigenen Unterthanen
zu schützen , einen Kriegszug gegen die Sachsen unternahm. Mit wohl-
geübten Heeren rückte er ein und schlug die Feinde in mehreren grossen
Schlachten. Weil er wohl wusste , dass die Roheit nicht mit dem
Schwerte , sondern mit dem Worte Gottes gebrochen wird , so nahm er
Priester und Missionare mit , welche das Volk belehren und ihm milde
Sitten bringen sollten. Aber kaum war Karl mit seinem Heere abgezo-
gen , so standen die Sachsen wieder auf, ermordeten die Priester und
fielen raubend in das Land der Franken ein. Karl eilte schnell herbei
und unterwarf die Sachsen von neuem. Aber dreissig Jahre wiederholten
sich diese Auftritte. Die Sachsen kämpften für ihre Freiheit und ihre
Götter gegen ihre Unterdrücker; die Franken kämpften für Christi Reich
gegen Barbarei und Menschenopfer. Auf beiden Seiten nahm die Erbit-
terung von Jahr zu Jahr zu und rief schreckliche Grausamkeiten hervor.
Die Sachsen opferten die gefangenen Franken den Göttern; die Franken
nahmen für ihre geschlachteten Brüder blutige Rache an den gefangenen
Sachsen. Endlich wurden die Sachsen gänzlich unterworfen und mit
Gewalt zur Taufe getrieben. Lange hatten sie sich gewehrt. Nachdem
sie aber in Christo den Herzog ihrer Seligkeit gefunden hatten, dienten
sie ihm bald eben so herzlich, so innig, so treu, wie nur irgend ein
andrer deutscher Stamm.
Ii. Wie Mecklenburg ein christliches Lund
geworden ist.
Die Wenden und ihre Götzen.
Von allen Ländern Deutschlands ist Mecklenburg zuletzt eilt christliches
Land geworden. In der Zeit, in welcher wir die erste Kunde von unserm
Vaterlande erhalten, wohnte hier ein nichtdentsches, ein slavisches Volk,
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Sachsen Deutschland Holstein Sachsen Sachsen Schwerte Sachsen Sachsen Sachsen Christi Sachsen Sachsen Sachsen Christo Deutschlands
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Wenden genannt, welches vor langen Jahren von Osten her eingewandert
war, als die frühere deutsche Bevölkerung das Land verlassen hatte. Die
Wenden zerfielen in zahlreiche größere und kleinere Stämme, von denen die
Obotriten im Westen und die Milzen oder Lutizier im Osten die be-
deutendsten waren. Sie verehrten eine große Menge von berathenden und
helfenden Göttern. Glicht bloß jeder Ort, auch jedes Geschäft und jede Ge-
nossenschaft hatte ihren eigenen Schußgott. Einige Götzen, z. B. der „Do-
beran", „Perkun", „Godebuz" und andere wurden nur an einzelnen
Orten verehrt, andere im ganzen Wendenlande angebetet. Zu letzteren gehörten
die „Siwa", welche der Stadt Schwaan lsywan) den Namen gegeben hat,
und „Rad eg äst", der seinen Haupttempel in Rh etra an der Tollense
hatte. Das größte Ansehen unter allen aber besaß der Götze „Sw ante-
wit", dessen Tempel zu Arkona auf Rügen stand. Sein Bild war von
übermenschlicher Größe und hatte'4 Köpfe. Ihm wurden Schafe und Rinder,
bei außerordentlichen Gelegenheiten auch Menschen geopfert. Seit das
Christenthum iu Mecklenburg Eingang fand, wurden oft gefangene Christen
den Göttern dargebracht. Außerdem unterschieden die Wenden den B e l b o g,
d. i. weißen oder guten Gott, und den Zerneb o g , d. i. schwarzen oder
bösen Gott, und leiteten von ersterem das Glück, von letzterem das Unheil
ab, welches det^Menschen widerfährt.
Die erste vergebliche Arbeit.
Als Kaiser Karl d. Gr. die schweren Kriege gegen die Sachsen führte,
gelang es ihin, die Obotriten zu seinen Bundesgenossen äit machen und da-
durch deu Sachsen einen Feind üit Rücken zu erwecken. Das war für ihn
ein großer Gewinn; denn die Obotriten waren wackere Streiter und standen
dem Kaiser getreulich bei. Karl hat dies auch wohl erkannt und hat sie als
Freunde gehalten; aber für ihre Bekehrung hat er nichts gethan.
Sein Nachfolger, Kaiser Ludwig, setzte nach Hamburg einen Bischof,
Ansgarius mit Namen, und trug ihm auf, nach Möglichkeit die Mission
unter den Wenden zu betreiben. Der Bischof Ansgarius aber, der für Dä-
nemark, Schweden und Norwegen dasselbe gewesen ist, was Bonifaeius für
Deutschland, that für das benachbarte Mecklenburg weiter nichts, als daß
er einige gefangene Wendenknaben loskaufte und sie im Christenthum unter-
richtete, damit sie künftig als Missionare unter ihr Volk zurückkehren könnten.
Über bunbert Fahre vergingen, bevor ein ernster Versuch gemacht wurde,
unseren Vorfahren das Evangelium zu predigen. Die unruhigen, räuberi-
schen Wenden lebten von der Zeit Karls des Großen her in beständigen Feh-
den mit ihren Nachbarn, den Sachsen. Aber das Blatt hatte sich gewandt.
Die Sachsen waren jetzt Christen und Freunde des Kaisers und konnten auf
die Hülfe der übrigen Deutschen rechnen. Wenn nun die Wenden in da--
Sächsische einfielen, rückten schnell die deutschen Heere zum Schutz des Lan-
des heran. Dann zogen sich die Wenden in ihre Wälder zurück, aber nur,
um verheerend wieder in das deutsche Gebiet einzufallen, sobald jene sich
entfernt hatten. Lange Zeit dauerte das gegenseitige Morden imb Rauben.
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Extrahierte Personennamen: Karl_d Karl Karl Ludwig Ludwig Ansgarius Karls
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Sachsen Hamburg Schweden Norwegen Deutschland Sachsen Sachsen