377
an seine Freunde. An Feiertagen predigte er auch. Daneben fertigte er
in Druck viele gute Bücher, darin er das Papsttum angriff. Und weil
bisher wenig Postillen da waren, daraus man Kinder und schlichte Zerrte
lehren konnte, christlich zu leben und selig zu sterben, so schrieb Di'. Luther
die deutsche Kirchenpostille, darin er die Evangelien und Episteln „auslegte.
Unterdessen waren in Wittenberg allerlei Unordnungen und Ärgernisse
vorgefallen. Falsche Propheten standen auf und sagten, Gott habe ihnen
geoffenbaret, daß alles Alte aufhören solle. Zn ihnen gesellte sich Dr.
Karlstadt. Er unterstand sich unordentlicher Weise, die Bilder ans den
Kirchen zu werfen, eine ärgerliche Freiheit anzurichten, daß die Leute das
Abendmahl selber ohne vorhergehende Rene vom Altar nahmen. Karl-
stadts Gesellen aber begannen, die Schulen und alle ehrlichen Künste und
löblichen Gewohnheiten zu verhöhnen. Und so entstand eitel böses Wesen
in Wittenberg.
Da das Dr. Luther hörte, wollte er nimmer länger verborgen bleiben.
Flugs schreibt er an den guten Kurfürsten einen Brief und eilt in Panzer-
hemd und Degen zu Roß nach Wittenberg, wo er am Tage nach Ascher-
mittwoch 1522 ankam. Sogleich trat er auf die Kanzel und predigte acht
Tage lang so gewaltig, daß die Unordnungen sich legten und die falschen
Propheten die Stadt verließen. Dr. Luther aber lebte fortan in Witten-
berg, und obgleich der Kaiser ihn geächtet, der Papst ihn gebannt hatte
und seine Feinde wider ihn tobten, so achtete er doch ihr Drohen nicht.
Der im Himmel thront, stand ihm zur Seite.
Nach Matthesius.
32. Der fremde Reiter.
Im Winter war cs noch, zur Fastenzeit,
es hatte viel geregnet und geschneit,
da irrten zween Gesellen spät umher
vor Jenas Thoren, ob nicht wär'
für wenig Geld und gute Wort'
zu finden wo ein gastlich Ort.
Die beiden kamen aus dem Schweizer-
land,
von Basel her, der Schule wohl bekannt,
Erasmus trieb, der feine, dort sein Wesen;
nun hatten sie von Luther auch gelesen
und über ihn gehört von andern;
das trieb sie an nach Sachsen hinzuwandern,
weil man den eignen Angen besser traut,
als was man bloß mit fremden angeschaut.
In Wittenberg gedachten sie zu bleiben
und Gottes Wort in Segen dort zu treiben.
Wie sie nun in der Irre gehn herum
in Jenas Straßen grad und krumm,
kommt auf sie zu ein guter Mann,
der sie berichten will und kann:
„Kommt nur mit mir, ihr lieben Herrn,
ich führ' euch in den schwarzen Bär'n,
's ist vor dem Thor nur wenig Schritt'."
Er geht voran, sie gehen mit
und treten in die Herberg' ein,
nur trüb erhellt vom Lampenschein.
Der Wirt heißt sic Willkomm zu Speis'
und Trank:
„Da setzt euch hin zur Ofenbank
und trocknet euch die Kleider und die Schuh',
und wenn ihr wollt, den nassen Leib dazu!"
Sie setzten sich und blieben auf dem
Flecke;
vornehmer schien der Gast dort an der Ecke
des vordern Tisch's, ein Reitcrsmanu
mit einem roten Schepple an,
die stolze Feder ans dem Kopf,
die Hand gestützt auf den Degenknopf.
Ein Büchlein auch war vor ihm aufac«
schlagen.
Bald fing der Mann sie traulich an zu
fragen:
„Wes Land's? wohin die Reis'? kommt
näher bei,
es ist am Tisch wohl Platz für unser drei."
Des Mannes Freundlichkeit und holder
Scherz
macht offen auch der scheuen Knaben Herz;
sie geben ihm Bescheid, wie sich's gebührt:
„Von Basel hat der Weg uns hergeführt;
ist euch vielleicht, mein Herr, bekannt,
ob Luther weile hie zu Land?
Viel Wunderliches hört man heut zu Tag,
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
378
daß man nicht jedem glauben mag;
drum möchten wir von Angesicht
den sehn, von dem die Sage spricht,
und hören ihn mit eignen Ohren.
Die Mühe, denken wir, sei nicht verloren."
Der Fremde drauf mit Ernst versetzt:
„Zu Wittenberg ist er wohl nicht ansetzt,
das kann ich euch in Wahrheit sagen.
Nun aber laßt mich euch was fragen:
Wie spricht man denn im Schweizerland
von Luthern?" „Herr, gar allerhand
wird da gered't, gemeint, gestritten.
Von vielen ist er wohlgelitten,
sie rühmen ihn und preisen Gott den Herrn,
was er durch ihn geschaffen nah und fern;
doch andere schelten ihn als Ketzer,
als Lügengeist und Volksverhetzer —"
„Ha", spricht der Reiter, „merke schon,
das pfeifet auö der Pfaffen Ton."
Noch redet er viel hin und her,
als ob er gar ein Doktor wär';
von allem wußt' er gut Bescheid,
der Mann im roten Reiterkleid,
das Büchlein auch, in dem er las,
ein gut hebräisch Psalter was;
Hebräisch, Griechisch und Latein,
dem Reiter schien es ganz gemein,
daß drob die Jungen gar erstaunen
und dies und das ins Ohr sich raunen.
Und überdem tritt näher auch
der Gastwirt, nach der Wirte Brauch,
die Gäste wohl zu unterhalten
von neuen Dingen und von alten.
„Ja," hebt er an, „ihr lieben Jungen,
bald euren Augen wär's gelungen,
den Doktor Luther selbst zu schaun:
denn heute vor zwei Tagen, traun!
hat er an eben diesem Tisch
gesessen ganz gesund und frisch."
Das ärgert beide sonder maßen
und schalten ob der bösen Straßen,
die sie so lang in ihrem Lauf
nach Sachsenland gehalten ans.
Dann tritt der Wirt noch einmal für
und ruft den einen vor die Thür:
dem fängt das Herz gewaltig an zu pochen,
meint, hätt' in Unschuld was verbrochen,
ob dem der Wirt ihn strafen wollt' mit
Worten;
doch folgt er ihm vor der Stuben Pforten.
Der Wirt macht erst ein schlau Gesicht,
drauf heimlich er zum Jungen spricht:
„Was gebt ihr mir, mein junges Blut,
wenn ich euch sage kurz und gut,
was ihr zur Stunde noch nicht wißt,
daß der der Doktor Luther ist,
mit dem ihr drinnen ohne Scheu
gesprochen, glaubt's auf meine Treu!
Doch bitt' ich, haltet reinen Mund,
thut keinem das Geheimnis kund."
Das kann der Junge erst nicht glauben
und meint, der Wirt wollt nur auf Schrau-
den
ihm setzen den verwirrten Kopf,
wie mau es pfleget einem Tropf;
doch der verschwört sich hoch und schwer,
daß eben der der Luther wär'.
Nun wurmt dem Jungen das Geheim-
nis gar,
bis er's kann machen offenbar;
wohl hat er zwar versprechen müssen,
es soll kein andrer darum wissen,
allein dem Kameraden in das Ohr,
bleibt's ein Geheimnis nach wie vor.
Der Kamerade hört's und stutzt!
„Hast wohl die Ohren nicht geputzt,
verstehst die Sprach' nicht hie zu Landen
und hast den Wirt nicht recht verstanden;
hast du auch zweimal ihn gefragt?
Der Hutten hat er wohl gesagt,
der Hutten, ja, das mag sich passen,
der Hutten ist's, drauf kannst du dich ver-
lassen."
Dem andern kommt's nun selber vor,
als ob getäuschet ihn sein Ohr,
und beide werden eins gar bald,
der Hutten sei die fremde Mannsgestalt.
Indessen kommt die Essenszeit,
der Wirt die Speisen macht bereit,
der Luther-Hutten ladet ein
die Jungen, seine Gäst' zu sein.
Die lassen sich's nicht zweimal sagen,
denn hungrig worden war der Magen;
doch hungert wahrlich sie noch mehr
nach all der guten, feinen Lehr',
die ihnen zu der Seelen Heil
soll über Tische werden theil;
und ob der Wirt auch auf das beste
mit Speis und Trank bedient die Gäste,
sie achten nicht des Koches Kunst,
verdampfen muß der Schüssel Dunst
umsonst, nur Ohr und Herz allein,
die wollen heut' gesättigt sein.
Und weiter spricht der Reiter nun:
„Jetzt müßt ihr eins Bescheid mir thun.
Fort mit dem Bier! Der Schweizermageu
kann besser ein Glas Wein vertragen.
Herr Wirt, gebt Wein!" Gesagt, gethan!
„Wohlauf! ihr Jungen! stoßet an,
so lasset denn den Hutten leben,
mein'thalb den Luther auch daneben,
und kommt nach Wittenberg ihr 'nein,
so grüßet mir Philippum fein
und Doktor Schürfen, den Juristen,
samt allen andern guten Christen!"
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
339
samkeit und glühend für die Freiheit, gewann er leicht die Herzen aller
deutschen Männer und Jünglinge und ward der Stifter eines großen
Bundes. In einer nächtlichen Versammlung im Walde schwuren sie allen
Römern in Deutschland den Untergang. So geheim indes das Unter-
nehmen betrieben wurde, so wurde es doch dem Varus verraten. Aber
Varus hielt die Deutschen für zu dumm und sich für zu mächtig, als daß
er irgend eine Gefahr hätte fürchten dürfen.
Als der Herbst des Jahres 9 n. Chr. gekommen war, schritt Hermann
zur Ausführung seines Planes. Varus wurde von seinem festen Lager-
plätze weg und immer tiefer in die deutschen Wälder hineingelockt. Er be-
fand sich mitten in den Wildnissen des Teutoburger Waldes in einem
Thale. Da ward auf einmal jeder Busch lebendig. Aus jeder Bergschlucht
raschelte es wie viele hundert Schlangen empor, und die uralten Bäume
schüttelten, wie sonst nach dem Wetter Regentropfen, jetzt Pfeile ohne Zahl
auf die Römer herab. Der Himmel wollte auch nicht feiern und half den
Deutschen mit Sturm und Regen. Von den Güssen unterwühlt, sank die
deutsche Erde unter den Füßen des Römers ein; im losen Erdreiche schwan-
kend, vom Sturm gerüttelt, stürzten die deutschen Eichen über die Unter-
drücker hin und zermalmten sie im Falle. Jetzt nahmen die Deutschen in
Weidmannslust so recht die fremden Eber aufs Korn, die ihnen die heilige
Erde des Vaterlandes so lange aufgewühlt. Pfeil an Pfeil, Fall an Fall!
Schritt für Schritt kämpft der Feind um den Boden, auf dem er steht,
um den Weg, um jeden Baum, um jeden Stein, und kommt nicht eher zu
Atem, als bis die Nacht hereinbricht. Da läßt Varus Lager schlagen, und
ermattet sinken die Römer hin; in jedem Augenblicke scheucht der Deutschen
Kriegsgeheul sie aus der kurzen Nachtruhe empor. Wie der Tag sich lich-
tet, entdecken sie erst, wie licht es in ihren Reihen geworden. Mann an
Mann geschlossen, brechen sie auf und kommen aufs offene Land. Da
sehen sie mit Grausen die ganze Macht der Deutschen vor sich entfaltet.
Rings umher Deutsche, nirgends ein Ausweg. Für alle Tapferkeit ist
nichts mehr seil als der Tod. Jauchzend stürzen jetzt die Deutschen in
der verzweifelten Römer starre Reihen. „Die Freiheit! die Freiheit!"
schallt es wie Donner des Himmels den Römern in die Ohren. Wie die
Saat unter Hagelschloßcn sinken die Tapfern unter den deutschen Hieben hin.
Hermann selbst ist überall. Hier ordnet er als Feldherr die Schlacht und
ruft: „Drauf, Brüder, drauf!" Dort kämpft er mit der Kraft von zehn
Männern, Stirn an Stirn; kein Deutscher, der nicht mit ihm um den
Preis wetteiferte. Des Feindes Scharen sind zersprengt; nur wenige
wilde Haufen ragen noch aus dem Meere der Schlacht empor. Jetzt wird
die Flucht allgemein; doch wer sich retten will, rennt wie blind gerade recht
in die Spieße der Deutschen. Da faßt den Varus Verzweiflung, und um
sein Unglück nicht als Schmach überleben zu müssen, stürzt er sich in sein
Schwert. Nur wenige von dem ungeheuren Römerheere entrinnen glücklich
nach der Feste Aliso, die meisten liegen auf dem Wahlplatze. Wer in Ge-
fangenschaft kam, ward entweder den Göttern zum Danke für die wieder
errungene Freiheit geopfert, oder zum gemeinen Frohndienste in die Gauen
der Deutschen geschleppt.
Das war die große Schlacht im Teutoburger Walde, die geschlagen
ward im neunten Jahre nach Christi Geburt. Als der Kaiser Äugustus
die Kunde erhielt, daß die drei Legionen gefallen, stieß er in Verzweiflung
22*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T56: [Römer Rhein Varus deutsche Armin Jahr Hermann Land Deutschland Tiberius], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei]]
Extrahierte Personennamen: Varus Varus Hermann Varus Varus Hermann Varus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Weidmannslust Christi
380
Kaiser verlangte, der lateinische solle vorgelesen werden. Der Kurfürst aber
sprach: „Da wir in deutschen Landen und unter Deutschen sind, so hoffen
wir, Kaiserliche Majestät werde uns auch deutsch reden lassen." Also las
Or. Beyer das Bekenntnis deutsch vor und so laut und vernehmlich, daß
man auch unten im Hofe, allwo alles voller Leute war, jedes Wort deutlich
verstehen konnte. Die Vorlesung dauerte zwei Stunden.
Die Evangelischen fühlten sich gestärkt, daß sie ihren Glauben frei
öffentlich hatten bekennen und ihr Gewissen wahren können. Auch vielen
ihrer Gegner gingen die Angen auf; wie denn z. B. der Herzog von Baiern
sprach, es sei ihm die Sache ganz anders vorgebracht, als er es selber ge-
hört habe. Der Kaiser aber befahl seinen Gottesgelehrten, das Bekenntnis
zu widerlegen. Sie erklärten, daß sie es wohl aus den Schriften der
Väter und dem päpstlichen Rechte zu widerlegen vermöchten, nicht aber aus
der heiligen Schrift, worauf Herzog Georg von Sachsen, ein Hauptfeind
Luthers, entrüstet entgegnete: „Nun so sitzen ja die Lutherischen in der
Schrift und wir daneben." Dennoch wurde eine sogenannte Widerlegung
ausgesetzt, gegen welche aber Melanchthon in einer Schutzschrift (Apologie)
unser Glaubensbekenntnis siegreich vertheidigte. Der Kaiser weigerte sich
indes, diese Vertheidignngsschrist anzunehmen, und sagte den Evangelischen
gar unfreundlich, sie seien genugsam widerlegt, und wenn sie beharrten,
würde er sie aufs schärfste strafen. Die Evangelischen aber beschlossen, sich
mit einer deutlichen und geraden Antwort vernehmen zu lassen. „Denn
geradezu," sagte der Kurfürst, „macht gute Renner." Es ward also geant-
wortet: „Man sei aus dem Worte Gottes nicht widerlegt worden; darum
wüßte man von dem klaren Gottesworte nicht abzustehen. Darüber möge
geschehen und ergehen, was der gnädige Gotteswille sei.
34. Luthers Tod.
18. Februar 1546.
Im Januar 1546 reiste Luther mit drei Söhnen nach Eisleben. Da-
hin hatten ihn die Grafen von Mansfeld gerufen, um Streitigkeiten zu
schlichten, die zwischen ihnen entstanden waren. Unterwegs war er schon
sehr schwach; doch predigte er noch einmal in Eisleben, erschien auch über
Tische recht gesprächig und schrieb an seine Frau nach Wittenberg tröstliche
Briefe voll Glaubens. Am 17. Februar ward er aber recht krank, so daß
er auf seiner Stube bleiben mußte. Er betete viel und sagte zu seinen
Freunden: „Ich bin hier zu Eisleben geboren; wie, wenn ich hier sterben
sollte?" Nach dem Abendessen ward es schlimmer mit ihm. Um 10 Uhr
legte er sich zu Bett. Darauf reichte er seinen Söhnen und Freunden die
Hand und sprach: „Betet zu unserm Herrn Gott für sein Evangelium,
daß es ihm wohlgehe; denn der leidige Papst zürnet hart mit ihm." Schwer
atmend schlief er ein; aber um 1 Uhr erwachte er wieder, von Brustbe-
klemmungen gequält. Nun kamen Ärzte. Auch der Graf Albrecht von
Mansfeld und dessen Gemahlin erschienen und brachten stärkende Tropfen.
Doch die Brustbeklemmungen wurden immer heftiger. Seine Freunde
meinten, weil er schwitze, werde Gott Gnade zu seiner Besserung geben;
er aber antwortete: „Es ist kalter Todesschweiß. Ich werde meinen Geist
aufgeben; denn die Krankheit mehret sich." Dann betete er: „O mein
himmlischer Vater, Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi, du Gott
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Georg_von_Sachsen Luthers Melanchthon Albrecht_von
Mansfeld Albrecht Jesu_Christi
341
Boden warf. Konstantin war sein Name. Schon sein Vater, der einen
Theil des römischen Reiches als Statthalter beherrschte, hatte in Zeiten
schwerer Verfolgungen die Christen verschont. Konstantin erbte des Vaters
Macht und Ehre und anch dessen freundliche Gesinnung gegen die Christen.
Er zog im Jahre 312 gegen seinen heidnischen Gegenkaiser Maxentius zu
Felde. Da betete er zum Herrn nm Sieg. Es war Nachmittag; die
Sonne stand hoch am Himmel. Der Kaiser war mit seinem Heere ans
dem Marsche. Da sah er plötzlich das flammende Zeichen des Kreuzes
unter der Sonne mit leuchtender Umschrift: „In diesem Zeichen wirst du
siegen." In der Nacht darauf erschien ihm der Herr im Traum und gebot
ihm, dies Kreuz zu seinem Panier zu machen. Er that es und besiegte
seinen heidnischen Gegner. Zum letzten Male raffte sich die Kraft des
Heidentums zum Verzweiflungskampfe zusammen unter Licinius, dem Mit-
kaiser Konstantins, der über das Morgenland herrschte. Zwar hatte er in
fast gleicher Weise, wie Konstantin, die Macht des wahren Gottes erfahren,
war aber diesem doch nicht von Herzen ergeben. Er erlaubte sich nach
und nach manche Bedrückungen gegen die Christen; und seine wahre Ge-
sinnung kam in dem letzten Kampfe an den Tag, der den vollständigen
Sieg des Christentums entschied. Beide Kaiser waren im Streite um die
Oberherrschaft über das gesammte römische Reich begriffen. Aller Augen
waren voll gespannter Erwartung auf dcu Ausgang des großen Kampfes
gerichtet. Licinius führte, ehe er in den Krieg zog, die Häupter seiner
Leibwache und die Vornehmen seines Hofes in einen den Göttern geweihten
Hain, in welchem ihre Bildsäulen hinter brennenden Wachskerzen standen.
Und nachdem er den Göttern geopfert hatte, sprach er: „Hier stehen die
Büsten unserer Götter, deren Verehrung wir von unsern Vätern empfangen
haben. Unser Widersacher aber, von den vaterländischen Heiligtümern
frevelnd abgefallen, verehrt einen fremden Gott und beschimpft sein Heer
durch dessen schmachvolles Zeichen. Der Ausgang des Krieges muß zwischen
seinem Gott und unsern Göttern entscheiden. Wenn der fremde Gott
siegt, so müssen wir uns von unsern Göttern lossagen; siegen aber unsere
Götter, wie wir nicht zweifeln, so wenden wir uns nach diesem Siege
gegen ihre Feinde." Konstantin, in seinem Glauben nicht wankend, ver-
trante indes fest der Macht des höchsten Gottes. Der Kampf begann;
wo die Fahne des Kreuzes wehte, erschien der Sieg. Einmal war sic in
Gefahr, genommen zu werden. Der Fahnenträger floh, ein anderer aber
ergreift das Siegeszeichen; von einem Pfeil niedergestreckt, siel der Flüchtige
zu Boden, unter einem Hagel von Pfeilen bleibt der andere doch unver-
sehrt. Endlich erscholl von allen Seiten Siegesgeschrei; und Konstantin
opferte Dank dem Gotte, dessen Hilfe er nun zweimal so wunderbar er-
fahren.
Die Zeit der Angst und Verfolgung war nun für die Christen vorüber.
Als Konstantin im Jahre 323 Alleinherrscher im ganzen römischen Reiche
geworden war, bekannte er sich unverhohlen zum Christentum. Aus Ab-
ueigung gegen Rom, wo das Heidentum noch sehr fest saß, verlegte er
seinen Wohnsitz nach Byzanz, welches nach ihm Konstantinopel genannt
wurde. Durch Erbauung christlicher Kirchen suchte er, und noch mehr seine
Mutter Helene, das Volk von den Heidentempeln weg zur Anbetung Gottes
herüberzuziehen, Nur Christen wurden zu hohen Ämtern im Reiche be-
fördert; kein kaiserlicher Beamter durfte ferner den Göttern opfern. Kon-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
TM Hauptwörter (200): [T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T128: [Kaiser Heer Reich Stadt Jahr Alexander Rom Zug Tod Konstantinopel]]
Extrahierte Personennamen: Konstantin Konstantin Konstantins Konstantin Konstantin Konstantin Konstantin Helene
Extrahierte Ortsnamen: Maxentius Gottes Rom Byzanz Konstantinopel Gottes
382
der erste Kriegsheld seiner Zeit, ein Feldherr, wie seit Jahrhunderten keiner
aufgestanden. In seinem Heere herrschte die trefflichste Manneszucht.
Während bei den Wallensteinischen Scharen alle Laster im Schwange gin-
gen, wachte Gustav mit eben der Sorgfalt über die Sitten der Soldaten,
wie über die kriegerische Tapferkeit. Jedes Regiment mußte zum Morgen-
und Abendgebet einen Kreis um den Feldprediger schließen und unter freiem
Himmel seine Andacht halten. Fluchen, Spielen, Rauben war strenge ver-
boten. In allen Tugenden ging Gustav selbst deu Seinigen als Muster
voran. Seine lebendige Gottesfurcht^ gab ihm in den schwierigsten Lagen
Mut und Besonnenheit, und seine Soldaten waren von dem festen Ver-
trauen erfüllt, daß sie unter einem so frommen und tapferen König siegen
müßten.
Als Gustav den deutschen Boden betrat, fiel er im Angesicht seines
ganzen Heeres ans die Knie, dankte Gott mit lauter Stimme für die
glückliche Überfahrt und flehte um seinen ferneren Segen. Den umstehen-
den Offizieren kamen vor Rührung die Thränen in die Augen. „Weinet
nicht, meine Freunde," sprach der König, „sondern betet! Je mehr Betens,
desto mehr Sieges. Fleißig gebetet ist halb gesiegt." Und siehe, bald
wichen die Kaiserlichen vor den tapfern Schweden zurück. Aber die prote-
stantischen Fürsten waren so furchtsam vor der Macht des Kaisers, so miß-
trauisch gegen den ausländischen König, daß sie lange zögerten, sich an
Gustav anzuschließen. Die ängstlichen Kurfürsten von Brandenburg und
Sachsen verweigerten ihm geradezu den Durchzug durch ihr Land. Daher
konnte Gustav das hartbedrängte Magdeburg nicht mehr retten. Die
blühende evangelische Stadt wurde von Tilly erobert. Ihr Schicksal war
furchtbar. Als die wilden Kriegsscharen raub- und mordgierig in die
Stadt eindrangen, erfolgte ein Blutbad, wie es noch keine Stadt in ihren
Mauern gesehen hatte. Die ganze Stadt ging in Flammen auf; in kaum
zehn Stunden war das reiche, mächtige Magdeburg ein Aschenhausen. Nur
zwei Kirchen und einige elende Fischerhüttcn standen noch. Von 30 000
Einwohnern retteten nur 1500 das Leben.
Gustav Adolfs Herz blutete, als er Magdeburgs Unglück erfuhr;
den Kurfürsten von Sachsen aber, dessen unentschlossenes Zaudern ihn an
der Rettung der Stadt verhindert hatte, erfaßte Verzweiflung, als jetzt der
schreckliche Tilly in sein Land einbrach. Flehentlich bat er Gustav um
Hilfe, lind in kurzem stand der Schwedenkönig mit seinem Heere denr
nie besiegten kaiserlichen Feldherrn gegenüber. Bei Leipzig kam es zur
Schlacht. Da wurde Magdeburgs Zerstörung blutig gerächt; da erfochten
die Schweden den glorreichsten Sieg. Das ganze kaiserliche Heer wurde
getödtet, gefangen, zersprengt. Gustav Adolf aber kniete auf dem leichen-
bcdcckten Schlachtfelde nieder und sprach: „Dank dir, Gott! Dank für dei-
nen Sieg!"
Die Folgen dieses Sieges waren gewaltig. Ganz Deutschland stand
dem Schwedenkönige offen. Wie im Triumph durchzog er die Lande bis
zum Rhein; überall begrüßte das protestantische Volk den Retter seines
Glaubens, den milden, leutseligen Helden mit begeistertem Jubel. Als er
sich dann gegen Baiern wandte, stellte sich ihm Tilly am Lech noch ein-
mal mit einem Heere entgegen. Er wurde besiegt, verwundet und starb
an seinen Wunden. Da wandte sich der Kaiser in seiner Not an seinen
früheren Feldherrn Wallenstein, aber erst nach langem Zögern gab der
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat]]
Extrahierte Personennamen: Gustav Gustav Gustav Gustav Gustav Gustav Gott Gustav Gustav Gustav Gustav Tilly Gustav_Adolfs Gustav Adolfs Gustav Gustav Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly
383
stolze Mann den flehentlichen Bitten nach. Er warb ein Heer, das ihm
allein gehören solle, bei dem der Kaiser nichts zu sagen hatte, ja nicht
einmal erscheinen durfte.
Nun hatte Gustav Adolf wieder einen tüchtigen Feind zu bekämpfen.
Bei Nürnberg trafen beide Heere zusammen und standen monatelang
verschanzt einander gegenüber. Wallenstcin wagte keine Schlacht; Gustav
suchte vergebens Wallensteins festes Lager zu erstürmen. Endlich zogen so-
wohl die Schweden wie die Kaiserlichen davon. Wallenstein wandte sich
gegen Sachsen. Schreckliche Verheerungen, Raub, Brand und Mord be-
zeichneten seinen Weg. Rasch eilte der Schwedenkönig ihm nach. Auf
seinem Zug durch Sachsen empfing ihn das Volk wie seinen rettenden Engel.
Von allen Seiten drängte es sich jubelnd um ihn her, fiel vor ihm
auf die Knie und, suchte die Scheide seines Schwertes, den Saum seines
Kleides zu küssen. „Ach," sagte der König traurig, „ich fürchte, daß mich
Gott wegen der Thorheit dieser Leute strafen werde. Ist es nicht, als ob
sie mich zu ihrem Abgotte machten? Wie leicht könnte der Gott, der die
Stolzen demütigt, sie und mich empfinden lassen, daß ich nichts bin, als
ein schwacher, sterblicher Mensch!"
Bei dem Städtchen Lützen, nicht weit von Leipzig, erreichte er
Wallcnsteins Heer. An einem kalten Herbstmorgen, 6. November 1632,
während dichter Nebel die Gegend deckte, bereiteten sich die Schweden zur
Schlacht. Der König sinkt betend ans die Knie, mit ihm sein ganzes
Heer. Begleitet von Pauken- und Trompetenschall erbraust der Gesang:
„Ein' feste Burg ist unser Gott." Gegen Mittag bricht die Sonne durch
die Nebelhülle. Da schwingt sich der König auf sein Streitroß und ruft:
„Nun wollen wir dran! Das walte der liebe Gott! Jesu, Jesu! hilf mir
heute streiten zu deines Namens Ehre!" Und mit dem Feldgeschrei: „Gott
mit uns!" stürmten die Wallensteinschen an. Es entsteht ein verzweifelter
Kampf, hin und her schwankt der Sieg. Endlich dringt der schwedische
rechte Flügel, von Gustav selbst geführt, siegreich durch und jagt die Feinde
fliehend vor sich her. Da erführt der König, sein linker Flügel wanke.
Mit Blitzesschnelle eilt er dorthin; nur wenige können ihm folgen. Sein
kurzes Gesicht bringt ihn zu nahe an den Feind: er erhält einen Schuß
in den linken Arm, gleich daraus einen zweiten durch den Rücken. Mit
dem Seufzer: „Mein Gott! mein Gott! sinkt er vom Pferde. Und über
den Gefallenen stürmen die schnaubenden Kriegsrosse hinweg und zertreten
den edlen Leib. Des Königs Tod erfüllt die Schweden mit glühendem
Rachedurst. Gleich grimmigen Löwen stürzen sie sich auf die Feinde und
werfen alles vor sich nieder. Nichts hilft es den Kaiserlichen, daß der
kühne Reitergeneral Pappenheim ihnen frische Truppen zuführt. Er
selber fällt, von schwedischen Kugeln durchbohrt; und nun ist der Sieg er-
rungen. Mit dem Rufe: „Der Pappenheimer ist todt, die Schweden kom-
men über uns!" ergreifen die Kaiserlichen die Flucht. Aber der Verlust
ihres Heldenkönigs raubt auch den Schweden die Siegesfrcude. Erst am
andern Tage fanden sie seinen Leichnam, der Kleider beraubt, bedeckt mit
vielen Wunden. Er wurde nach Schweden gebracht und zu Stockholm in
der königlichen Gruft bestattet. Die Stätte, wo er auf dem Schlachtfelde
lag, bezeichnete man durch einen großen Stein, den „Schwedenstein." Jetzt
steht daneben ein neues Denkmal, umschattet von hohen Pappeln. Das
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz]]
Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Wallenstcin Gustav Gustav Gustav Gustav
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Sachsen Leipzig Jesu Jesu Schweden Pappenheim Schweden Schweden Stockholm
344
Gefallenen suchten sie den Leichnam des Gothenkönigs und hielten ihm ans
dem Schlachtfelde ein feierliches Leichenbegängnis unter Wehklagen und
Waffengetön, geschmückt mit Hunnenbeute, angesichts Attilas, der ' bte Be-
stattung nicht zu stören wagte. Attila kehrte unverfolgt über den Rhein
zurück.
Im folgenden Jahre machte er noch einen Ranbzug nach Italien, er-
oberte Aquileja und zerstörte die Stadt gänzlich. Damals flohen viele
Römer auf die kleinen sumpfigen Inseln des adriatischen Meeres und
legten daselbst den ersten Grund der Stadt Venedig. Attila zog gegen
Rom. _ Schon war man auf den Untergang bereitet, als plötzlich Rettung
vom Himmel kam. Leo, Bischof von Rom, ein gottbegeisterter Greis,
zog an der Spitze der römischen Geistlichkeit, in priesterlichcm Schmuck
und mit feierlichem Gesänge, einer Taube des Friedens oder einem gott-
gesandten Engel gleich, den wilden, mordbegierigen und bluttriefenden
Hunnen entgegen. Niemand wagte, die frommen Priester anzutasten. Sie
kamen ungehindert vor Attila selbst, und dieser ward durch den Anblick
und die Worte Leos bewogen, Rom zu verschonen und sogleich den Rück-
weg einzuschlagen. Die innere geistige Gewalt, womit die Erscheinung des
heiligen Greises auf den Helden wirkte, ist in der Sage dergestalt be-
zeichnet worden, daß Attila über dem Haupte des Greises einen ungeheuren
Riesen gesehen, der ihn drohend zurückgeschreckt habe.
Aus dem Rückwege aus Italien starb Attila plötzlich. Er wurde mit
großer Feierlichkeit zur Erde bestattet. Sein ganzes Heer ritt um seine
Leiche. Sie ward in einen goldenen Sarg gelegt, der wieder in einen
silbernen und dieser in einen ehernen. Alle, die an seinem Grabe ge-
arbeitet hatten, wurden umgebracht, damit niemand es entdecken könne.
Nach Kohlrausch.
7. Bonifacius, der Apostel der Deutschen.
1. Das Christentum in Deutschland. — Zur Zeit Pipins
herrschte das Christentum bereits bei den meisten deutschen Völkern. Die-
jenigen von ihnen, welche in fremde Länder eingewandert waren, hatten es
durch die Römer kennen gelernt und sich leicht und rasch von ihren alten
Göttern zu Christo, dem Heilande bekehrt. Unter den Franken war das
Christentum seit Chlodwig verbreitet. Im Innern Deutschlands dagegen
dauerte es länger, bis das Licht des Evangeliums das Heidentum besiegte.
Über das Meer her aus Irland und England kamen die Glaubensboten,
welche hier das Wort vom Kreuze verkündeten. Denn ans jenen Inseln
hatte das Christentum kräftig Wurzel gefaßt; es blühten dort zahlreiche
Kirchen und Klöster, und in den Mönchen lebte ein heiliger Eifer, die
Segnungen des Evangeliums auch andern Völkern zu bringen. Lo zogen
viele von ihnen nach Deutschland, wanderten unter mancherlei Mühselig-
keiten, Entbehrungen und Gefahren durch die dunkeln Wälder, verkündeten
den rohen Volksstämmen die Lehre von Christo und legten in der Wildnis
Klöster an, damit in ihnen das christliche Leben feste Stätten habe, von
denen aus es immer weiter dringe. Der thätigste unter allen diesen
Männern war der englische Mönch Winfried, der um seines wohlthätigen
Wirkens willen den Namen Bonifacius, d. i. Wohlthäter, erhalten hat.
Mit Recht wird er als der eigentliche Apostel der Deutschen gepriesen.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T192: [Italien Reich Gallien Volk Land Römer Donau Hunnen Jahr König], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Attila Attila Leo Attila Leos Attila Attila Bonifacius Apostel Christo Chlodwig Christo Winfried Winfried Apostel
Extrahierte Ortsnamen: Attilas Rhein Italien Venedig Rom Rom Rom Italien Deutschland Deutschlands Irland England Deutschland
385
Brandenburg ein. Furchtbar waren die Verwüstungen, die sie in den
Ländern an der Havel anrichteten. Der Kurfürst erfuhr diese Vorgänge
mit tiefem Schmerz, doch ohne sich dadurch in seiner Entschlossenheit beugen
zu lassen. Durch einen Brief ermahnte er die Brandenburger, nur noch
eine zeitlang geduldig auszuharren; er werde bald kommen. Die Branden-
burger kamen seinem Wunsche nach. Tausende von Bauern rotteten sich
zur Notwehr zusammen und ließen ihre Fahnen wehen; auf den Fahnen
aber stand: „Wir sind Bauern von geringem Gut und dienen unserm
Kurfürsten mit Leib und Blut!" Der Kurfürst rückte nun rasch mit
15 000 Mann heran. Magdeburg wurde besetzt, ein schwedisches Heer, das
bei Rathenow an der Havel lagerte, durch eine List des Feldmarschalls
Derfflinger überrumpelt und zersprengt. Am 18. Juni 1675 stießen die
Brandenburger bei Fehrbellin auf die Hauptmacht der Schweden. Der
Landgraf von Hessen-Homburg, welcher die brandenburgische Vorhut führte,
griff den Feind an; er kam aber dabei hart ins Gedränge und schickte um
Hilfe. Nun war ein rascher Entschluß nötig, es ward alsoglcich Kricgsrat
gehalten. Derfflinger war gegen die Schlacht. Der Kurfürst aber meinte:
„Weil wir dem Feinde so nahe sind, so muß er Federn oder Haare lassen."
Da gab Derfflinger nach, und alsbald entwickelte sich auch die Schlacht.
Anfänglich gerieten die Brandenburger in Nachtheil. Als dies der Kur-
fürst gewahrte, eilte er an den gefährdeten Platz. Nach der Chronik glichen
seine Augen, „Zween funkelnden Kometen." Er stellte sich an die Spitze der
Schwadronen und rief: „Getrost, tapfere Soldaten, ich, euer Fürst und
nun euer Hanptmann, will siegen oder ritterlich mit euch sterben." Dann
ging es vorwärts. Nun ritt der Kurfürst ein weißes Roß, daran erkannten
ihn die Schweden und begrüßten ihn mit einem Hagel von Kugeln. Sein
Stallmeister Froben erkannte rasch die Gefahr, in welcher der Kurfürst
schwebte; er ritt herzu und sprach: „Herr Kurfürst, ich sehe euer Schimmel
ist scheu geworden; gebt ihn mir und besteigt meinen Braunen." Kaum
waren die Rosse gewechselt, so sank der edle Froben, von einer Kugel ge-
troffen, zur Erde. Gleich darauf ward der Kurfürst von den Schweden,
die mit oft bewährter Tapferkeit fochten, umringt; aber neun branden-
burgische Reiter ließen ihre Klingen sausen und hieben ihn wieder heraus.
Noch eine Weile schwankte die Schlacht. Da nahm die brandenburgische
Reiterei, an deren Spitze die Gestalt Derfflingers hervorstach, einen
wuchtigen Anlauf. Das brachte die Entscheidung; die Schweden wankten,
wichen, flohen. Anfangs fanden die Fliehenden in Fehrbellin Schutz. Als
man zu einer Beschießung der Stadt riet, sagte der Kursürst: „Ich bin
nicht gekommen, mein Land zu verwüsten, sondern es zu retten." Bald
gelang es vollständig, die Schweden aus dem Lande zu vertreiben. Mit
der ihnen abgenommenen Kriegsbeute wurden die geplünderten Einwohner
entschädigt.
Ein Held im Kriege, war Friedrich Wilhelm seinen Unterthanen zu-
gleich der beste Landcsvater. Auf alle Weise suchte er seinem durch den
dreißigjährigen Krieg erschöpften und verwüsteten Lande emporzuhelfen. Er
unterstützte die Landwirtschaft und ließ in die entvölkerten und verödeten
Gegenden Ansiedler ans Holland und der Schweiz kommen, deren Fleiß
den sandigen Boden Brandenburgs in Ackerfeld und Gürten nmschnf. Für
Gewerbe, Fabriken und Handel war er nicht minder thätig; er legte
Straßen und Kanäle an, führte die Post ein und stiftete sogar eine Gesell-
tz elmri ch, Vaterland. Lesebuch. 25
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Derfflinger Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
346
8. Bonifacius von einem Adler gespeiset.
kühler Waldesstelle
^Ajrsäss Bonifacius;
i^-r^les rollte Well' auf Welle
vor ihm der Ohrafluss.
6.
Der reichlich konnte schicken
einst in der Wüste Brot,
der wird auch uns erquicken
mit Speisen in der Not.“
2.
Ihn hungert auf der Reise,
und er bedurfte Ruh'.
,,Bereite schnell mir Speise!“
rief er dem Diener zu.
7.
Und als nach seinem Worte
der Diener schnell gethan,
da schwebte zu dem Orte
ein Adler schwarz heran.
3.
Der Diener aber senkte
kleinmütig seinen Blick;
,,ach,“ seufzt er, „warum schenkte
Gott solches Missgeschick?
4.
Das, was ich mitgenommen,
ist alles aufgezehrt;
kein Beerlein zu bekommen,
wohin der Blick sich kehrt.“
5.
Da winkt ihm zu der Fromme:
„Mein Lieber, decke frisch,
damit uns Speise komme
auf diesen Stein, den Tisch.
8.
Der trug in seinen Krallen
laut schreiend einen Fisch
und liess ihn niederfallen
auf den gedeckten Tisch.
9.
Des Frommen Auge glühte,
sobald er dies geschaut;
hoch pries er Gottes Güte,
auf die er fest gebaut.
10.
Der Diener schürte Flammen
und sott den Fisch sogleich;
dann speisten sie zusammen
und sättigten sich reich.
A. Bube.
9. Pipin
1.
, ipin der Kurze war nicht groß,
doch Karls des Großen Vater,
in aller Weise fehlerlos
ein treuer Volksberater,
der Kurze.
5.
Doch unser Held, der Kurze, schien
zu klein manch kleinen Geistern,
die maßen mit den Angen ihn
und hatten viel zu meistern.
2.
der beste Held im Frankcnreich,
der Kirche Wohlgefallen,
an Weisheit nur sich selber gleich,
an Tapferkeit vor allen,
3.
war nicht geboren auf dem Thron,
doch für den Thron geboren!
Zum Herrscher war des Hammers Sohn
von Gottes Gnad' erkoren.
6.
Des schwieg der Held, und ritterlich
sinnt er, den Hohn zu dämpfen,
und lädt zum Spiele männiglich,
wo wilde Thiere kämpfen.
7.
Schon eilt das Volk herbei mit Drang,
die stolzen Großen alle,
sie nahen beim Trompetenklang
mit lautem Waffenschallc.
4.
Papst Zacharias sprach dies Wort:
„Des Königs Würd' und Name
gebührt der Völker starkem Hort!"
Und alle Welt sprach: Amen!
8.
Still sitzt Pipin, gedankenschwer,
wie nahend Ungewitter
wirft er nur Blitze um sich her —
da rauscht herab das Gitter.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T132: [König Karl Italien Otto Kaiser Papst Reich Sohn Rom Jahr], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]