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an die Wurzel gelegt und eine neue Saat auf Hoffnung aus-
gestreut.
Nicht so schnell wurden die Wenden der Kultur und
dem Christentume gewonnen. Sie waren ein slavischer Volks-
stamm, der zur Zeit Karls des Großen fein Gebiet bis an
die Ilmenau ausdehnte. Noch heute erinnern im Lüneburgschen
zahlreiche Orlsnamen an die Wenden: Wentorf, Wendewisch,
Wendischthun, Wendisch-Bleckede, Wendisch-Evern u. s. w.;
die Ortsnamen mit den Endungen ow, in, itz. etz, und eitz
sind wendischen Ursprungs. Viele wendische Dörfer haben
bis in die Gegenwart den Charakter der Vorzeit bewahrt;
sie sind in der Form eines Hufeisens gebaut und haben nur
einen Haupteingang, der früher durch einen Schlagbaum ab-
gesperrt ward. Wie ein grüner Kranz schlingen sich um das
Dorf die Kanzleien, das sind Gärten, und um diese zieht sich
das Prising d. i. die Dorfsfeldmark. Als später das Christen-
tum zu den Wenden kam, fand man für die Kirche oft nur
außerhalb des Dorfes einen Platz. Von der wendischen
Sprache haben sich geringe Überreste erhalten; gesprochen
wird sie im Lüneburgschen nirgends mehr. An ihre Stelle
ist das Plattdeutsch getreten.
Die Wenden hatten zwei Hauptgötter: Belbog, den
guten, und Zernebog, den bösen Gott. Im Lüneburg-
schen scheint jedoch der Gott R a d e g a st die höchste Ver-
ehrung genossen zu haben. Der Name bedeutet einen Geist,
bei dem man sich Rat holen kann. Dargestellt ward der
Götze als nackter Jüngling, mit einer Hellebarde in der linken
und einem Schild in der rechten Hand; den Kopf schmückte
ein Vogel. Sein Bild stand in einem Tempel des nach ihm
benannten Dorfes Radegast bei Bleckede; der Tempel war
stark befestigt. Nach gewonnenen Schlachten wurden ihm hier
blutige Opfer, selbst Menschenopfer gebracht. Nach der wen-
dischen Religion hatten nur diejenigen ein glückliches Leben
im Jenseits zu erwarten, die im Kriege oder sonst eines ge-
waktsamen Todes starben. Wenn daher die Eltern schwach
und gebrechlich wurden, stürzten ihre Kinder sie von einem
Felsen oder begruben sie lebendig; die Mutigen aber töteten
sich selbst. Solche Greuelthaten sollen in dem Gehölz bei
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schon begegnet uns als Billing Ii. und Graf im Lüneburgschen.
Damals besaßen die Billinger sieben Höfe: Willingen, Harme-
lingen, Dittmern, Emmingen, Hermannsburg, Lutterloh und
Wichmannsburg, von denen die ersten vier in nächster Nähe
von Soltau liegen. Diese Namen stimmen mit den Billinger
Familiennamen Willing oder Billing, Harm oder Hermann,
Dietmar, Emma, Lüder oder Lothar (Lutter) und Wichmann
überein.
Der Kaiser Otto der Große übertrug seinem Freunde
Billing 961 das Herzogtum Sachsen. Dieser nahm seinen
Wohnsitz auf dem Kalkberge bei Lüneburg und erbaute sich
hier eine feste Burg. Damit verband er ein dem Erzengel
Michael geweihtes Benediktinerkloster, das am Fuße des Berges
lag. Von hier aus ist gar mancher Missionar ins Wenden-
land gesandt, hier hat mancher junger Slavenfürst Unterricht
und Erziehung gefunden. Als Kaiser Otto in Italien weilte,
fielen die Wenden in das Sachsenland, verbrannten die Kirchen,
töteten die Priester und schleppten viele edle Sachsen in die
Gefangenschaft. Ihre Wut gegen das Christentum war so
groß, daß sie mehr als zwanzig christliche Priester auszogen,
ihnen auf Gesicht, Brust, Leib und Rücken blutige Kreuze
einritzten, sie dann mit den Füßen an die Pferdeschweife
banden und sie zu Tode schleiften. Jetzt rief Herzog Hermann
Billing seine Sachsen zusammen, und es kam auf der
„Hünenburg" (d. i. eine weite Heidfläche mit vielen Grab-
Hügeln) bei Hermannsburg zu einer langen, erbitterten Schlacht.
In dem Christenheere befanden sich zwölf Priester in weißen
Gewändern, die trugen eine weiße Fahne mit einem roten
Kreuz, und wo der Kampf am grimmigsten tobte, dahin trugen
sie die Fahne unter dem Gesänge: „Kyrie Eleison, Christe Eleison,
Kyrie Eleison!" Mit gezückten Schwertern trieben nun die
Sachsen die wilde Horde zurück. Mit dem Geschrei „Christus
siegt!" stoben die erschreckten Wenden auseinander. Herzog
Hermann aber zog nach Radegast und stürmte Burg und
Tempel des Götzen. Nach zehntägigem Kampf gelang es, die
Wälle zu erklettern und in die Burg zu dringen. Wer sich
von den Wenden nicht freiwillig ergab, ward getötet. Man
fand ungeheure Schätze aufgestapelt. Allein Hermann Billing
behielt nichts für sich, sondern verteilte die eine Hälfte unter
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Extrahierte Personennamen: Willing Harm Hermann Dietmar Emma Lothar_( Wichmann Otto Michael Otto Hermann
Billing Christe_Eleison Hermann Hermann_Billing
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seine Krieger, mit der andern baute er die zerstörten Kirchen
wieder auf.
Hermann Billings Nachfolger gelangten zu immer
größerer Selbständigkeit, starben aber bereits im vierten
Gliede mit Herzog Magnus 1106 aus.
3. Heinrich der Löwe.
Über der Eingangsthür des Doms zu Bardowik steht
ein hölzerner Löwe und darunter die Inschrift: Vestigium
leonis d. i. die Spur des Löwen. Dieser Löwe ist die
Nachbildung eines andern, den der mächtige Sachsenherzog
Heinrich der Löwe aus Zorn hier angebracht hatte.
Heinrich der Löwe gehörte dem in Bayern und Schwaben
begüterten Geschlechte der Welsen an. Sein Großvater
Heinrich der Schwarze hatte durch Heirat mit einer
Tochter des letzten Billing das Herzogtum Sachsen und
sein Vater Heinrich der Stolze durch Vermählung mit
der Tochter Kaiser Lothars Braunschweig erhalten. Wegen
dieses reichen Länderbesitzes hatte schon Heinrich der Stolze
nach dem Tod Lothars (1137) auf die Königswürde gerechnet;
aber die Fürsten wählten den Hohenstaufen Konrad. So
kam es zwischen beiden zu offenem Bruch; aber der auf-
ständische Herzog ward in die Acht gethan und seiner beiden
Herzogtümer Sachsen und Bayern beraubt. Dritten in diesen
Wirren starb er (1139). Sein Sohn Heinrich der Löwe
erhielt von Konrad das Herzogtum Sachsen 1142 und von
seinem kaiserlichen Vetler Friedrich Barbarossa 1156 das
Herzogtum Bayern zurück. Aber durch die Abtretung des
schwäbischen Stammlandes von fetten seines Oheims Welf
an den Kaiser hatte sein Haus eine kleine Einbuße erlitten,
deren Ursache er dem Kaiser zuschrieb. Voll Groll kündigte
er diesem die Heeresfolge, weshalb er 1180 in die Acht und
seines Herzogtums Bayern sür verlustig erklärt wurde. Als
er 1189 aus der Verbannung von England zurückkehrte, ver-
sagte ihm selbst seine Hauptstadt Bardowik die Herberge und
schloß höhnend die Thore. Des Löwen Zorn war damit her-
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Extrahierte Personennamen: Hermann_Billings Magnus Magnus Heinrich_der_Löwe Heinrich Heinrich_der_Löwe Heinrich Heinrich Heinrich_der_Schwarze Heinrich Heinrich Heinrich Konrad Konrad Heinrich_der_Löwe Heinrich Konrad_das Konrad Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa Welf
Extrahierte Ortsnamen: Bayern Schwaben Sachsen Sachsen England
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ausgefordert, und die Bardowiker sollten chn fühlen. Mit
Heeresmacht zog er vor die widerspenstige Stadt. Aber diese
war mit reichen Vorräten versehen und mit starken Mauern
umgeben. Das Glück war dem Herzog günstig. Der Zufall
fügte es, daß ein Bulle über die Jlmenauwiesen lief. Von
den Soldaten verfolgt, sprang das geängstigte Tier in den
Fluß und gelangte watend unversehrt in die Stadt. Noch
heute heißt diese Stelle die „falsche Furt". Die Krieger
folgten der Fährte durch das seichte Wasser und drangen in
das ungenügend verteidigte Südthor. Bald durchtobten das
Siegsgeschrei der mordenden und plündernden Soldaten und
die Jammerrufe der angsterfüllten Bardowiker die Straßen.
Blutigrot loderten die Flammen aus den brennenden Häusern
zum Himmel empor So sank das stolze Bardowik in Asche.
Nur der Dom blieb stehen; aber er war so beschädigt, daß
er bald umgebaut werden mußte. Zum Hohn und zur War-
nung ließ Heinrich den vorerwähnten Löwen schnitzen.
Heinrich der Löwe blieb im Bentz seiner Erblande
Braunschweig-Lüneburg. Mit den Hohenstaufen ausgesöhnt,
starb er 1195 zu Braunschweig.
4. Ernst der Bekenner.
Leopold von Ranke sagt in seiner Geschichte der Hohen-
stausen: „Was wäre wohl aus dem Mittelalter geworden,
wenn die beiden Dinge gefehlt hätten, die Voltaire bespöttelt
— das Ritterwesen und die Religion?" — Das Ritterwesen
gab jener Zeit die hehre Romantik, die uns noch heute be-
zaubert. Aber leider verloren die Beschützer des Rechts, die
Vorkämpfer der Mission und Bahnbrecher der Kultur den
hohen Sinn. Aus den Rittern wurden Raubritter, die
Rauben und Morden für keine Schande erachteten. Gefürchtete
Raubburgen waren Dannenberg, Hudemühlen, Ahlden und
Gifhorn. Zahlreiche Sagen von untergegangenen Raub-
fchlöffern und bestraften Rittern beweisen, wie lebendig sich
das Andenken an die Zeit des Faustrechts im Volksbewußt-
sein erhalten hat. — Und die Religion? Sie entartete wie
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Ernst Leopold_von_Ranke Leopold
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das Rittertum. Sie war in Formelwesen erstarrt, das in
den Lehren vom Fegefeuer, von der Verdienstlichkeit der guten
Werke, Ablaß u. s. w. sich immer mehr von der Bibel, dem
Urquell christlicher Erkenntnis, entfernte. Dazu kamen die
Verrohung der Priester, die Entartung der Klöster und die
Abergläubigkeit des Volks. Einige Bischöfe versuchten die
verfallene Kirchenzucht wiederherzustellen,-« ohne die Grund-
schaden der Kirche beseitigen zu können. Durch großen Eifer
that sich Johann Busch, der Propst zu Hildesheim, hervor
(1469). Aber überall fand er den lebhaften Widerstand von
Mönchen und Nonnen, die das gemächliche Leben nicht auf-
geben wollten. In Wienhausen mußte Busch die Äbtissin
absetzen und zu ihrer Besserung in ein anderes Kloster bringen.
Da sandte der Augustinermönch Martin Luther seine kraft-
vollen Schriften in die Welt und begann damit den Riesen-
kämpf gegen die römische Kirchenautorität: die Reformation.
Zu jener Zeit war Ernst der Bekenner Herzog
von Lüneburg, der wie wenige Fürsten das Wesen der Resor-
mation am tiefsten erfaßte. Er ward 1497 zu Ülzen ge-
boren. Seine Mutter, eine Schwester des Kurfürsten Friedrichs
des Weisen, schickte den begabten Jüngling auf die Universität
zu Wittenberg, wo dieser den Lehren Luthers und seiner
Freunde begierig lauschte. 1521 zur Regierung gekommen,
suchte er die Reformation durchzuführen. Er dachte, die gute
Sache würde sich allein Bahn brechen, darum begnügte er
sich damit, zu raten, und vermied möglichst allen Zwang.
Schon seit 1524 und 26 gab es in Celle und Burgdorf
protestantische Gemeinden. Auf dem Landtage zu Scharne-
deck bei Lüneburg (1527) wurde von den Ständen die Ein-
führung der Reformation beschlossen. Durch Unterschrift der
„Augsb. Konfession" bekannte sich der treffliche Fürst öffent-
lich zur Lehre Luthers. In Augsburg lernte er den Magister
Rhegius kennen und ernannte ihn zum Hospredlger in Celle
und zum Generalsuperintendenten von Lüneburg, Eine neue
Kirchenordnung ward ausgearbeitet; die meisten Klöster wurden
aufgehoben und die Erträge zur Gründung und Aufbesserung
von Pfarr- und Schulstellen verwandt. Nur die Frauenklöster
blieben, mußten aber dem katholischen Wesen entsagen. In
Wienhausen drohte Ernst den Nonnen: wenn sie sich noch
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Extrahierte Personennamen: Johann_Busch Johann Martin_Luther Ernst Friedrichs Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Hildesheim Wienhausen Lüneburg Friedrichs Wittenberg Luthers Celle Burgdorf Lüneburg Luthers Augsburg Celle Lüneburg Wienhausen
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— 15 —
teilte das Lüneburger Landvolk die allgemeine Begeisterung
nicht. Es herrschte eine kalte und gemessene Stimmung,
wohl hervorgerufen durch die Besorgnis, daß das Davoustsche
Korps, das in der Nähe stand, Rache nehmen könne. Nur
in der Stadt Lüneburg raffte sich die Bevölkerung zum
entschiedenen Handeln aus. Am 31. März 1813 rückte ein
2600 Mann starkes französisches Korps unter Anführung
des Generals Morand von Reppenstedt her in Lüneburg ein.
Zwei Männer, Bürger Spangenberg und Arbeitsmann
Gellers, die zu den Waffen gegriffen hatten, wurden vor
das Altenbrücker Thor geschleppt und erschossen. (An der
Stelle befindet sich ein Gedenkstein.) Aber am 2. April
nahte über Bilm der General von Dörnberg und marschierte
unter Hörnerklang auf den Marktplatz. Unter beständigem
Schießen wurden nun die Franzosen aus dem Neuen Thor
getrieben. Da, als schon der Sieg fast errungen war, ging
ven Befreiern die Munition aus.
Aber seht, es ist ein Engel In die aufgefaßte Schürze
Unterwegs mit schnellem Fuß, Raffte sie behendlich ein.
Zu ersetzen eure Mängel Trug die köstlich teure Würze
Von des Feindes Überfluß. Ihnen in das Glied hinein.
Ein französ'fcher Pulverwagen Schnell geleeret war die Schürze,
Lag gestürzt am fernen Ort, Und Johanna schnell zu Fuß
Und zerstreut am Boden lagen Wieder fort und in der Kürze
Halfen von Patronen dort. Wieder da mit Überfluß . . .
Dieses ward ein Mädchen mne, Wie auch dichter Kugelregen
Die Johanna Stegen hieß, Von dem Feinde rings geschah,
Die es mit entschlofsnem Sinne Immer ist Johanna Stegen
Nicht zu nutzen unterließ. Mit der vollen Schürze da.
Und so ist zuletzt geschehen,
Was da zu vermuten war,
Daß der Feind nicht länger stehen
Konnte vor der Bürgerschar . . .
(Friedr. Rückert.)
Morand selbst ward verwundet und nach Boizenburg
gebracht, wo er starb. 100 Franzosen waren gefangen ge-
nommen, wurden aber auf Befehl Dörnbergs wieder frei-
gegeben.
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Extrahierte Personennamen: Bürger_Spangenberg Arbeitsmann
Gellers Johanna Johanna Johanna_Stegen Morand Befehl_Dörnbergs
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— 17 —
begraben. Graf Grote zu Brese ließ ein hölzernes Kreuz
auf ihr Grab fetzen; allein es verfiel mit der Zeit, und das
Andenken an die Heldenjungfrau schien erloschen, bis auf An-
regung Dannenberger Lehrer 1863 eine Eiche auf ihr Grab
gepflanzt und ihr 1864 ein Denkmal gesetzt wurde. Auch
auf der Steinkerhöhe an der Göhrde steht ein Denkmal zur
Erinnerung an die Schlacht. Rund umher blüht die Heide
blutigrot; als geweihter Boden darf dieser Hügel nicht vom
Pfluge zerriffen werden.
Nach den glorreichen Siegen bei Leipzig wurde das
Vaterland von dem verhaßten Franzosenvolk befreit. Das
rechtmäßige Ministerium trat im Namen Georgs Iii. wieder
in die hannoversche Landesregierung ein; der Prinzregent
aber, der für feinen irrsinnigen Vater die Regentschaft führte,
erklärte 1814 Hannover zu einem Königreiche.
7. Der Übergang zur neuen Zeit.
So allgemein die Jubellieder waren, die das Volk beim
Einzüge der rechtmäßigen Regierung hören ließ, so allgemein
ward auch die Unzufriedenheit des Volkes mit dem Herr-
schenden Regierungssystem Georgs Iv. In blindem Eifer
wurden die wenig bewährten Einrichtungen wieder hergestellt
und die franzöfifchen Schöpfungen, auch die guten und beliebt
gewordenen, umgestürzt, als wenn das Jahr 1813 das Jahr
1803 gewesen wäre! Das Neue war die Berufung einer
Ständeversammlung, die zur Hälfte aus Abgeordneten der
Ritterschaft, zur Hälfte aus Staatsdienern und städtischen
Beamten kstand. Diese Verteiluug entsprach keineswegs den
tatsächlichen Verhältnissen, weil die Ritter (der Adel) nur 6%
des Volkes darstellten. Die politischen und Menschenrechte
des Bürger- und Bauernstandes wurden darum wenig ge-
achtet. Die Früchte konnten nicht ausbleiben.
Im Jahre 1823 ward das Königreich Hannover in
sechs Landdrosteien geteilt, deren eine das Lüneburgsche aus-
machte. An die Spitze der Landdrostei trat der Landdrost,
W. Bube, Der Regierungsbezirk Lüneburg. 2
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Regionen (OPAC): Lüneburg
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— 18 —
der die Ämter unter sich hatte und die Einzelsachen seines
Bezirks erledigte, die wichtigeren aber vom Ministerium in
Hannover entscheiden ließ.
Auf Georg Iv. folgte fein Bruder Wilhelm Iv. In
das Jahr des Regentenwechsels (1830) fiel wie ein Donner-
schlag die Julirevolution in Frankreich. Wäre die Unzu-
friedenheit nicht schon hoch gestiegen, so hätte die revolu-
tionäre Idee keinen Boden finden können. Von Südhannover
pflanzten sich die Wellen der Bewegung in die Landdrostei
Lüneburg fort, glücklicherweise ohne bemerkenswerte Störungen.
Versprechungen des Königs stillten die Unzufriedenheit nicht
mehr. Dazu brach im Oktober 1831 in Hamburg die Cbolera
aus, die, gleich wie im Spätsommer 1892, auch im Norden
des Lüneburgschen zahlreiche Opfer forderte. Nach mehr-
jährigen Verhandlungen kam endlich das Staatsgrundgesetz
zustande. Der Bauer konnte nun auch seine Abgeordneten in
die Ständeversammlung senden und den Anmaßungen des
Adels das Gleichgewicht halten. Leider wurden vom König
Ernst August die Rechte des Volkes bald bedeutend ge-
schmälert. Unter den erlassenen Gesetzen ist das vom Jahre
1843 für den Landmann von größter Bedeutung geworden,
nämlich die Verkoppelung und Gemeinheitsteilung. Die Äcker
wurden zusammengelegt, so daß der Bauer Zeit und Kraft
sparte. Die Gemeinheiten verwandelten sich in Äcker, Wiesen
und Gärten. Obwohl manches Gute geschaffen wurde, fühlte
sich das Volk doch nie behaglich. Auch unter dem letzten
Könige, Georg V., blieb eine geheime Erbitterung. Der
König neigte überdies in seiner Politik zu Österreich, und
diese Neigung besiegelte 1866 Hannovers Schicksal. Alle
friedlichen Anerbietungen Preußens nach der Schlacht von
Langensalza scheiterten an der Selbstverblendung des Königs.
Und so kam es, daß Hannover eine preußische Provinz
ward.
Bei der Annexion Hannovers hatte König Wilhelm
von Preußen feierlich versprochen, die bestehenden, bewährt
gefundenen Einrichtungen der Provinz möglichst schonen und
uns ein milder, gnädiger König sein zu wollen. Das han-
noversche Gebiet blieb unverändert. Der Provinzialregiernng
ward jährlich die Summe von Ivz Mill. Mark überwiesen
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Extrahierte Personennamen: Georg_Iv Wilhelm Ernst August Georg_V. Hannovers Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Hannover Frankreich Landdrostei
Lüneburg Hamburg Langensalza Hannover
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Regionen (OPAC): Lüneburg
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
Ii.
Geographie
des Regierungsbezirks Kiineburg.
Wo ich auch immer war, stets hat mich die
Sehnsucht nach der stillen feierlichen Einsamkeit
der Heide hingezogen. Wie das Meer, so hat auch
die Heide ihren magischen Zauber.
Ernst Ziel.
A. Allgemeine Geographie.
1. Größe des Landes und seine Bewohner.
Der Regierungsbezirk Lüneburg ist 11500 qkm groß
und zählt 400000 Einwohner. Es kommen demnach auf
1 qkm nur 35 Menschen. (In den stark bevölkerten Rhein-
gegenden wohnen über 100 Menschen auf 1 qkm.) Der
Konfession nach sind sie meistens lutherisch, nur 4300 sind
Katholiken und 1100 Juden. Die Pferdeköpfe am Giebel
der alten Bauernhäuser lassen die Bewohner als Sachsen
erkennen. Die Sprache ist der sächsische oder plattdeutsche
Dialekt. Um Dannenberg und Lüchow, im sog. Wendlande,
wohnen Nachkommen der Wenden, deren Nationaleigentüm-
lichkeiten aber fast ganz geschwunden sind.
2. Grenzen.
Die nördliche Grenze bildet gegen Hamburg, Lauenbnrg,
Mecklenburg und Brandenburg die Elbe, im Osten wird der
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— 21 —
Regierungsbezirk von den Provinzen Brandenburg und
Sachsen, im Süden von dem Herzogtum Braunschweig und
den Regierungsbezirken Hildesheim und Hannover, im Westen
vom Regierungsbezirk Stade begrenzt.
3. Bodenbeschaffenheit.
Der Regierungsbezirk Lüneburg ist ein Teil der großen
norddeutschen Tiefebene und gehört in seiner nördlichen
Hälfte dein Flußgebiet der Elbe, in seiner südlichen dem der
Weser an. Die Nebenflüsse der Elbe sind Aland, Jeezel,
Ilmenau, Seeve und Este von der linken und Sude von
der rechten Seite. Der einzige und zugleich größte Neben-
fluß der Weser im Lüneburgschen ist die Aller, in die sich
von rechts die Jse, Lachte, Örze und Böhme, von links die
Oker, Fuse, Wieze und Leine ergießen. Fruchtbares Marsch-
land haben die Elbe, Aller, Leine und Oker durch die fort-
währenden Schlammablagerungen gebildet. Diese setzen sich
aus einem Gemisch von Thon, Lehm, Sand und Pflanzen-
teilen zusammen. Der schwere Boden umsaßt ungefähr
1000 qkm. Gegen die häufigen Überschwemmungen ist er
an der Elbe und Aller (von Rethem an abwärts) durch
Deiche geschützt. Einen eigentümlichen Anblick gewährt es,
wenn man von den Elbdeichen in die sich an diesen hin-
ziehenden Dörfer sieht. Die Häuser liegen meistens un-
mittelbar hinter dem Deiche und ragen mit den Giebeln oft
kaum hinüber. Eine weite, flache, fast baumlose Ebene dehnt
sich aus, schnurgerade Kanäle und Dämme durchziehen die
Marschen. Da reiht sich Acker an Acker, Wiese an Wiese,
kein Fleckchen Erde liegt unbenutzt Große Viehherden weiden
in dem üppigen Grase. Der Ackerboden ist so schwer zu
bestellen, daß der Bauer wohl vier Pferde vor den Pflug
spannen muß. Die ertragreichen Wiesen und die fetten Äcker
haben den Marschbaner ziemlich wohlhabend gemacht. Doch
leiden die Grundstücke oft unter den Überschwemmungen, die
in den Jahren 1854 und 1888 an der Elbe sogar zu
Deichbrüchen führten und den Segen vieler Dorffluren auf
Jahrzehnte vernichteten. — Ganz anders ist der landfchaft-
liche Charakter der Heide. Dieselbe nimmt den größten
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