8
Wirtschaftsgemeinden können also sehr groß und sehr klein sein.
Im allen Germanien bestanden viele kleine Wirtschaftsgemeinden;
das neue Deutsche Reich stellt eine große Wirtschaftsgemeinde dar.
Schon im kleinen Aquarium herrscht weise Ordnung. Jedem
Fischlein, jeder Wasserpflanze hat der Schöpfer eine bestimmte
Ausgabe, eine Arbeit zugewiesen. Die Wasserpflanze zersetzt im
Lichte die Kohlensäure in Kohlenstoff und Sauerstoff und gibt
den letzteren an das Wasser ab. Der Fisch nimmt diese „Lebens-
lust" in dem Wasser aus und gibt dafür Kohlensäure ab ic. Tier
und Pflanze fragen sich gleichsam: „So viel biete ich Dir — was
gibst Du mir?" Sie sind aufeinander angewiesen, voneinander
abhängig. Auch die Bewohner des Teiches, des Sees, des Meeres re.
sind voneinander abhängig.
Ähnlich ist es in jeder Wirtschaftsgemeinde. Auch hier hat
jeder Mensch eine bestimmte Aufgabe. Er ist entweder als Land-
mann oder als Handwerker, als Kaufmann oder als Richter re.
tätig. Der Bäcker bedarf des Müllers, dieser des Landmanns.
Der Bauer braucht wiederum den Sattler, den Schneider re.,
manchmal auch den Richter. Auch der Kaufmann, der Gelehrte,
der Fürst re. kann des Landmanns und des Handwerkers nicht ent-
behren. An Hunderten von Beispielen kann man zeigen, daß ein
Glied unserer Wirtschaftsgemeinde die übrigen Glieder braucht, wie
das Fischlein im Aquarium der Wasserpflanze benötigt. Jeder
Arbeiter gibt sein Erzeugnis gegen die Erzeugnisse anderer hin.
Wenn in ein kleines Aquarium mit einer bestimmten un-
veränderten Wassermenge wenige Wasserpflanzen und recht viele
Fischlein gesetzt würden, so würde ein Teil der Fische rasch zu-
grunde gehen. Welche Folge müßte es haben, wenn in unserem
heutigen Deutschland 4/s aller Bewohner sich vom Handel ernähren
wollten? Ein großer Teil derselben müßte verhungern, wenn er
sich nicht dazu entschließen wollte, sich dem Gewerbe und der
Landwirtschaft zuzuwenden. Die ganze Wirtschaftsgemeinde käme
in große Gefahr.
Die Glieder einer Wirtschaftsgemeinde tauschen also ihre Er-
zeugnisse gegenseitig aus und sind daher aufeinander angewiesen. —
Wir wollen einige Wirtschastsgemeinden kennen lernen, wie
sie sich im Zeitlaufe der deutschen Geschichte entwickelt haben.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
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10
Hausfleiß.
Zweckmäßige
Verteilung
der
Arbeit.
Gewerbliche-)
Arbeit als
Neben-
beschäftigung.
jedoch nicht dazu hergestellt, um vielleicht nachher verkauft oder
auch nur vertauscht zu werden; sie sollten nur den Bedarf der
Wirtschaftsgemeinde decken.
Während der besseren Jahreszeit mußte das Feld bestellt
und Wiese und Wald gepflegt werden. Die Herstellung der Werk-
zeuge geschah daher hauptsächlich im Winter.
Die Werkzeuge waren natürlich höchst einfach; aber doch
müssen wir die vielseitige Geschicklichkeit dieser Naturmenschen be-
wundern. Sie bauten ihre Hütten, fertigten ihre Werkzeuge,
waren ihr eigener Gerber, Schuster, manchmal auch Schmied und
Wagner. Alle Arbeit hatte nur den einen Zweck, die Bedürfnisse
des eigenen Hauses zu befriedigen. Sämtliche Kleidungsstücke
und Werkzeuge wurden im Hause von den Bewohnern desselben
hergestellt. s Eigenwirtschaft.) Diese Art gewerblicher Tätigkeit
heißt H a u s f l e i ß oder H a u s w e r k. Noch heute findet sich das
Hauswerk in abgelegenen armen Gegenden.
C. A. Romstorfero erzählt: „Im kleinen Kreise der Familie
oder doch innerhalb der engen Dorfgrenzen besorgt der Bukowinaer
Landbewohner sich alle seine Lebensbedürfnisse selbst. Beiin Ball des
Hauses versteht der Mann in der Regel die Arbeiten des Zimmermanns,
Dachdeckers n. dergl. zu versehell . . . Bon dem Anbau der Gespinst-
pflanzen oder von der Aufzucht des Schafes all bis zur Fertigstellung der
Bett- ^und Kleidungsstücke aus Leinen, Wolle oder Pelzwerk, Leder, Filz
oder Strohgeflecht erzeugt ferner das Bnkowiilaer Landvolk alles, selbst
die Farbstoffe aus eigens gezogelien Pflanzen sowie die nötigen, aller-
dings höchst primitiven Handwerkszeugs. Und so ist es iln allgemeinen
auch mit der Nahrung. Mit Aufwand ziemlich bedeutender Mühe pflegt
der Bauer sein Maisfeld, stellt er ans der Handinühle das Kukuruzmehl
her, das er zum Backen feiner Hauptkost, die der Polenta ähnlich ist, ver-
lvendet . . . Nur die Bearbeitung des Eisens, welches Material die
eingeborene Bevölkerung in äußerst geringen Mengen verbraucht, überläßt
er im allgemeinen den im Lallde zerstreut lebenden Zigeunern." —
Es ist sehr zweckmäßig, daß im Aquarium jede Pflanze,
jedes Tier eine vom Schöpfer bestimmte Aufgabe zu er-
füllen hat. Der Nutzen entsprechender Verteilung der Arbeit
hat auch die Sippe bestimmt, jedes Glied der Wirtschafts-
gemeinde dort zu verwenden, wo es am brauchbarsten war. Neben
der landwirtschaftlichen Arbeit, die alle Personen beschäftigte,
wurden diejenigen gewerblichen Arbeiten, die bedeutende Körper-
b „Die Hausindustrie Österreichs." (Weil Literaturnachweise für
den Schüler wertlos sind, wurde darauf verzichtet, sie in Anmerkungen
genau anzugeben; die benüßte Literatur ist am Schlüsse des Büchleins
angeführt. Anm. d. Vers.)
2) ___________Gewerbe ____________
Handwerk Industrie.
Handwerk (mit der Hand wirken) ist der gewerbliche Kleinbetrieb; Hilfs-
mittel: einfache Werkzeuge.
Industrie ist der gewerbliche Großbetrieb; Hilfsmittel: Maschinen.
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12
P. K. Rosegger*) erzählt: „Der Bauernhandwerker, als der
Schuster, der^Schneider, der Weber, der Böttcher, anderwärts auch der
Sattler,^der Schreiner sind in manchen Alpengegenden eine Art Nomaden-
bolk. Sie Haben wohl irgend eine bestimmte Wohnung, entweder im
eigenen Häuschen oder in der gemieteten Stube eines Bauernhofes, wo
ihre Familie lebt, wo sie ihre Habseligkeiten bergen und wo sie ihre Sonn-
und Feiertage zubringen; am Montagmorgen aber nehmen sie ihr Werk-
zeug ans den Rücken oder in die Seitentasche und gehen ans die Stör,
d. i). sie gehen ans Arbeit aus und heimsen sich im Bauerhause, wohin
sie bestellt sind, so lange ein, bis sie die bestimmte Arbeit, den Hans
bedarf, verfertigt haben. Dann wenden sie sich zu einem andern Hof."
^Arbella^ Durch das Wandern ging oft viel Zeit verloren. Ferner
Hauptberuf, traf es oft zu, daß der Störer bald viel bald gar keine Arbeit
hatte. Um seine Familie ernähren zu können, war er daher ge-
zwungen, neben seiner eigentlichen Arbeit auch Landwirtschaft zu
treiben.
Oer L'ronhof als Wirtschaftsgemeinde.
Neben den freien Bauern bestand der freie Adel?) Der ger-
manische Adel setzte sich ans jenen angesehenen Familien zusammen,
aus welchen die Herzöge gewählt wurden. Jede Adelsfamilie
hatte ein Gut, das sich von dem Vater auf den Sohn, von diesem
auf den Enkel ic. vererbte. Der Adel ging also von einem Ge-
schlechte auf das folgende über; darum wird dieser Adel als
Geschlechts- oder Geburtsadel bezeichnet.
Der erwählte Herzogs war im Kriege der Führer der ade-
ligen und nichtadeligen Grundbesitzer. Er erlangte immer mehr
Macht. Aus den: Herzogtum entstand nach und nach das Königtum.
Der König bedurfte verschiedener Diener, der Beamten. Diese
königlichen Beamten bildeten im fränkischen Reiche den Dienstadel.
Mit der Zeit verschmolzen Geschlechts- und Dienstadel zu
einem Stande, dem freien Adels- oder Ritterstande.
Die germanischen Könige eroberten von den besiegten Römern
große Ländereien. Sie konnten daher die Dienste ergebener
Adeliger dadurch belohnen, daß sie diesen große, bisher unbebaute
Grundstücke schenkten. So wurden die Adeligen Großgrundbesitzer,
die „weltlichen Grundherren".
Auch die Geistlichen wurden mehrmals von den Königen
mit Ländereien beschenkt. Auf diese Weise wurden manche Klöster
zu „g erstlich en Grundherrschaften". —
Die Grundherren suchten ihren Besitz zu vergrößern, ihre
Macht zu vermehren.
*) „Aus meinem Handwerkerleben".
2) Adel — Geschlecht auf dein Erbgut.
'h Herzog -- - Heerführer, der das Heer (nach sich, zieht, d. h. führt.
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1. Geschicht-
liche Tat-
sachen.
a) Römer-
städte.
1j) Burgen.
Ii. Das zünftige Handwerk.
Aie mittelalterliche Stadt als Wirlschattsgemnndt.
1. Die Wirkung der entstehenden Städte
auf das Handwerk.
Schon in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt
waren auf jetzigem deutschen Boden Städte. Diese waren aber
nicht von den Germanen, sondern von den Römern gegründet.
Die Römer hatten zum Schutze gegen die nordwärts ivohnenden
Barbaren starke Grenzmauern (Pfahlgraben, Limes) angelegt und
an einzelnen Punkten dieser Mauern Festungen (Kastelle) errichtet.
Aus diesen Kastellen entstanden die Römerstädte. Passau, Regens-
burg, Augsburg, Straßburg, Köln, Mainz waren Grenzstädte.
(Grünwald, Gauting und Deisenhofen.) Die römische Stadt war
also Festung.
Die Römer wurden von den Germanen aus diesen Städten
vertrieben; die Sieger gelangten in den Besitz dieser Festungen.
Das germanische Bauernvolk hatte aber für Festungswerke keinen
Sinn; es zerstörte die ehemaligen Römerfestungen. Landwirt-
schaft trieb es auf den Lehenshöfen, Landwirtschaft trieb es zu-
nächst in den ehemaligen Römerstädten, wie auf den Einzelhöfen.
Es wurde aber später von seinen! Zerstörungseifer bekehrt.
Wo größere Ansiedelungen, Dörfer und später Städte, entstanden
waren, bedrohten nicht selten Feinde Hab und Gut. Die an-
sässigen Bewohner mußten sich gegen solche Angriffe schützen.
Deshalb errichteten sie, die einst die Festungswerke der verhaßten
Römer zerstört hatten, nun selbst Befestigungen, Burgen/) die
sie mit Mauern und Gräben umgaben. In Zeiten der Gefahr
flüchteten alle Bewohner der benachbarten Gehöfte in die Burg;
sie hatten das Recht, dort zu wohnen, das Burgrecht, und hießen
daher Burger.
x) Burg von bergen; in der Burg war mau geborgen. Beachte die
„Burgfriedenstafelu" unserer Stadt!
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Personennamen: Burger
Extrahierte Ortsnamen: Christi Augsburg Straßburg Mainz Grünwald Gauting
17
Mittelalterliche Städte entstanden also
a) aus Römerstädten,
b) aus Burgen zur Verteidigung gegen äußere Feinde.
Die Bewohner einer Burg wurden zahlreicher. Der Boden
innerhalb der Burg konnte nicht mehr alle Bewohner ernähren.
Deswegen wurden von den Bewohnern der Burgen oder Städte
neben landwirtschaftlichen Arbeiten auch gewerbliche verrichtet.
Die Gebrauchsgegenstände sollten jedoch, nicht bloß dem eigenen
Bedarfe sondern auch dem der benachbarten Lehensgüter dienen.
Das Handwerk kann auf gleichem Raume mehr Personen ernähren
als die Landwirtschaft. (Beispiele in unserer Zeit!) Die Städter
verlegten sich mit der Zeit immer mehr auf die Erzeugung von
Gebrauchsgegenständen und überließen die Beschaffung von Lebens-
mitteln den außerhalb der Stadt wohnenden Bauern.
Die Hufner gerieten aber in immer größere Abhängigkeit
von den Grundherren. Auch die Abgaben an den Fronhof wurden
immer drückender. Lohnwerker und Hufner wanderten deshalb
in die entstehenden Städte. „Stadtluft macht frei!" Auch jene
Handwerker, die sich in den Klöstern ihre Handgeschicklichkeit er-
worben, wollten in den Städten ihr Brot erwerben. Diese Um-
stände begünstigten die Entstehung und Entwicklung der Städte.
Der Lohnwerker oder Störer, der nur Werkzeuge, aber keine :
Werkstätte hatte, konnte auch iu der Stadt, wie „auf dem Lande",
seine Tätigkeit fortsetzen. Es entsprach jedoch der städtischen
Siedelung mehr, wenn der gewerbliche Arbeiter nicht nur über
Werkzeuge sondern auch über eine eigene Arbeitsstätte verfügte.
Derjenige gewerbliche Arbeiter, lvelcher in seiner Werkstätte aus
Bestellung arbeitet, heißt Handwerker. (Der Handwerker schafft
oder wirkt hauptsächlich mit der Hand, daher sein Name.) An die
Stelle des Lohnwerkers trat daher vielfach der Handwerker. Der
Besteller lieferte den Rohstoff; auch wenn er das Leder selbst
erst erwerben mußte, brachte er es dem Schuhmacher oder
Sattler mit.
Das Handwerk verdrängte das Lohnwerk nicht ganz. Mancher
Handwerker war sogar zugleich Lohnwerker. Dies können wir
heute noch bei manchen Bäckern auf dem Lande beobachten. Der
Bäcker stellt dort Weißbrot in seiner Backstube auf seine Rechnung
her; als solcher ist er Handwerker. Er ist aber nicht selten zu-
gleich auch Lohnbäcker; bald erhält er von dem Kunden das Mehl
nebst dem Holz zum Heizen des Backofens und liefert aus je
3 'U Mehl 4 & Brot; bald hat er in der Wohnung des Kunden
den Teig zu bereiten und zu formen; bald knetet und formt die
Hausfrau den Teig selbst, während der Bäcker nur das Backen
zu besorgen hat.
Ii. Teil. Bürgerkunde. 9
2. Stadl und
Land.
Zug nach der
Stadt.
3. Entstehung
des
Handwerks.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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19
Später schlossen sie sich zum Zwecke gegenseitiger Hilse sogar zu
„ländlichen S ch u tz g i l d e n" *) zusammen.
Auch die Handwerker in den Städten vereinigten sich zu
Gilden. Die Handwerkergilden umfaßten gewöhnlich nur Mit-
glieder eines einzelnen Handwerkes einer Stadt.
Die meisten Handwerkergilden entstanden aus Bruderschaften.
Die Mitglieder eines Handwerks verehrten einen Heiligen als
gemeinsamen Schutzpatron, die Schuhmacher z. B den hl. Crispin.
Mehrmals im Jahre fanden festliche Zusammenkünfte statt; das
Hauptfest war das Fest des Schutzpatrons. Es begann mit einer
kirchlichen Feier und endete mit geselliger Unterhaltung. (Vergl.
die religiösen Handwerkervereine in unserer Zeit!) Die Bruderschaften
verpflichteten ihre Mitglieder zu Werken der Nächstenliebe: Hilfe-
leistung bei Krankheit, Unterstützung der Hinterbliebenen eines
verstorbenen Mitgliedes re. In Bremen hatten die Schuster be-
reits zu Anfang des 13. Jahrhunderts dem deutschen Orden ein
Krankenhaus gebaut. Mit der Zeit änderten sich die Bestrebungen
der Zünfte insofern, als sie in erster Linie auf Förderung des
Handwerks bedacht waren. Aus den religiösen Vereinigungen
wurden gewerbliche Z ü n f t e?) Einige Zünfte waren auch aus 2. Zünfte.
Vereinigungen der Handwerker auf den Fronhöfen entstanden.
Hauptziel jeder Zunft war: Förderung des Handwerks.
Die Zünftler erkannten, daß hiezu tüchtige Handwerker und recht-
schaffene Männer notwendig seien; sie empfanden, daß die Hebung
des Handwerks nur durch gewerbliche, geistige und sittliche Hebung
der Handwerker möglich sei. Dieser gesunde Grundsatz der Selbst-
hilfe durch Selbstzucht kam in der ganzen Einrichtung der Zünfte
zum Ausdruck.
. Der Vorstand der Zunft, die gewöhnlich nur Mitglieder ^ Zunst-
eines Gewerbes umfaßte, war der Zunftmeister; die Ausschuß- um im0'
Mitglieder waren die Altmeister. Die Versammlungen wurden in
der Zunftstube, der Herberge, die sich meist in einem Wirtshause
befand, abgehalten. Ein Schrein in der Zunftstube, die Lade,
diente zur Aufbewahrung der Vereinsgesetze (Statuten, Satzungen),
des Siegels und des Zunftvermögens. Bei den Zunftversamm-
lungen wurde über Zunftangelegenheiten beraten und beschlossen.
Die Zünftler verfolgten außer gewerblichen Zwecken auch
allgemeine. Sie fühlten sich als eine große Familie. Die älteren
suchten die jüngeren, die so leicht dem Genusse und der Ver-
suchung verfallen, durch Beispiel, Gewöhnung und Überwachung
vor Müßiggang und Laster zu bewahren, sie zu Fleiß und
Tüchtigkeit zu erziehen. Kranke Mitglieder der Zunftfamilie
9 Gilde — zahlende Vereinigung.
_ ,2) Zunft von ziemen — geziemen, schicken; Zunft, eigentlich Zumft,
— Schicklichkeit, Regel, Genossenschaft mit bestimmten Regeln.
2*
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Familien blieben. Diese Familien hießen „Geschlechter" oder
„Patrizier". Manche Patrizier wurden sogar „Edle" und „Ritter".
Solche waren in München z. B. die Ligsalz, Barth, Schrenk u. a.
Zu den „Geschlechtern" zählten auch Ritterfamilien, die vorher
„auf dem Lande" gelebt hatten und in die Stadt zogen. So
wanderten die Pütriche, Diener, Sendlinger re. in München ein
und gehörten zu den Patriziern.
Im 14. Jahrhundert gab es in München gegen 40 Patrizier-
familien. Heute sind fast alle ausgestorben. Nur die angesehenen
Geschlechter der Barth und Schrenk erinnern im 20. Jahrhunderte
noch an die Patrizierzeit des Mittelalters.
Die deutschen Städte wurden, wie erwähnt, ausschließlich
von den Patriziern regiert. Die Handwerker waren von den
städtischen Ehrenämtern ganz ausgeschlossen. Sie trugen aber
durch Fleiß, Ehrenhaftigkeit und Tüchtigkeit auch zum Blühen der
Städte bei. Zu Zünften vereinigt, fühlten sie sich stark. Sie
strebten daher darnach, an der Verwaltung der Städte teilnehmen
zu können. Die Patrizier aber waren selten geneigt, von ihren
ererbten Vorrechten abzulassen. Es erzählt uns daher die Ge-
schichte vieler Städte von Kämpfen zwischen den Bevorzugten und
den Zurückgesetzten, d. i. zwischen den Patriziern und den Zünft-
lern, um das Stadtregiment. Auch München, Nürnberg, Augs-
burg und verschiedene andere Städte blieben davon nicht verschont.
Die Nürnberger Zünfte erfreuten..sich der Gunst des Kaisers
Ludwig des Bayers. Dieser batte ihnen zum Ärger der Patrizier manche
Vorrechte eingeräumt, wie die Ausführung feierlicher Tänze, die Errichtung
von Trinkstuben rc. Die Stadtverwaltung war, wie überall, in den Händen
der vornehmen Geschlechter, der Behaim, Tücher, Weigel u. a. — Im
Frühjahre 1340 versammelten sich nun die Handwerker Nürnbergs in einem
Dominikanerkloster, um zu beraten, wie sie das Stadtregiment erlangen
könnten. Der Leiter der Versammlung war ein ^chwertfeger, der wegen
seines spitzen Bartes „Geißbart" hieß. Die Versammelten beschlossen, den
alten Rat abzuschaffen und dafür Zunftfreunde zu wählen. Damit würden
aber die Patrizier sicher nicht einverstanden gewesen sein. Deshalb wurde
bestimmt, daß die Ratsherren überfallen und gewaltsam abgesetzt werden
sollten. Am 3. Juni 1349 sollte der Beschluß ausgeführt werden. Die
Zünftler drangen in das Rathaus und in die Wohnungen der Ratsherren,
trafen diese aber nicht. Die Patrizier hatten den Plan der Zünftler er-
fahren und sich vorgesehen: einige hatten sich in Klöstern versteckt, andere
waren verkleidet aus der Stadt entkommen. Wütend über den mißlungenen
Anschlag, verwüsteten die Zünftler die Wohnungen der Patrizier, plünderten
die städtischen Kassen und zerstörten alte, wichtige Schriftstücke. — Da
kam König Karl Iv. den Patriziern zu Hilfe und stellte wieder Ordnung
her. Er eilte nach Nürnberg, setzte den alten Patrizischen Rat wieder ein
und gab ihm das Recht, unfolgsame Zünftler an Leib und Leben zu strafen.
Sieben Anführer wurden hingerichtet und Hunderte ans der Stadt ge-
wiesen; die Zunftmeister der gewalttätigen Zünfte wurden abgesetzt, den
Zünftlern wurde zugleich das Tragen von Waffen verboten. Nur zwei
h Patres — Väter; Patrizier — Angehörige vornehmer Geschlechter.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Barth Schrenk Barth Ludwig_des_Bayers Ludwig Weigel Karl_Iv Karl
Extrahierte Ortsnamen: München München München Nürnberg Nürnberg
23
Zünfte, die der Metzger und der Messerschmiede, welche sich an dem Auf-
stande nicht beteiligt hatten, erhielten als Belohnung das Recht, jähr-
lich zu Fastnacht einen großen Tanz auszuführen und dann „Schampart"
(Schönbart) zu laufen, d. h. eine lustige Mummerei zu treiben. — Fast
dreißig Jahre später kam zwischen Patriziern und Zünftlern bezüglich der
Stadtverwaltung ein Ausgleich zustande. Im Jahre 1378 wurde nämlich,
wahrscheinlich auf Wunsch des Königs Karl Iv., je ein Mitglied der Gold-
schmiede-, Tuchmacher-, Kürschner-, Schneider-, Gerber-, Metzger-, Bäcker-
und Bierbranerznnft in den Rat der Stadt aufgenommen. Mit der Zeit
wurde die Zahl der zünftigen Ratsherren immer größer; zuletzt waren die
Zünftler allein die Herren der Stadt.
Die Augsburger Z ü n f t l e r erlangten die Regierung der
Stadt ohne Blutvergießen. Die Augsburger Patrizier hatten gerecht und
umsichtig regiert und den Handwerkern daher keine Veranlassung zur Un-
zufriedenheit gegeben. Die Zünftler beanspruchten nur, daß ihnen bei
gleicher Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit im Vergleich mit den Geschlechtern
auch gleiche Rechte zuteil werden sollten. Zur Beratung, wie diese Wünsche
erfüllt werden könnten, hielten sie heimliche Zusammenkünfte ab unter der
Leitung des Kaufmanns Wessi Prunn er. Am 24. Oktober 1378 ver-
sammelten sich die sämtlichen „zünftigen" Augsburger mit ihren 24 Bannern
und besetzten die Stadttore und das Rathaus. Ihre Wortführer trugen
die Wünsche dem Stadtrate bescheiden vor: 1. Anteil der Zünftler an der
Verwaltung, 2. Abschaffung der Patrizierherrschaft, 3. Abgabe der Schlüssel
zum Rathanse, zu den Stadttoren und zur Sturmglocke. Die Patrizier
sagten die Erfüllung dieser Wünsche zu, schlugen aber vor, neben Zünftlern
auch Patrizier in den Stadtrat zu wählen. Voir 30 Ratsherren waren
von nun an 18 Zünftler und 12 Patrizier. Der Kaufmann W e s s i p r u n rr e r
wurde erster, ein Patrizier zweiter Bürgermeister.
Die zünftigen Bürger hatten sich infolge ihrer Kämpfe um
ihre Unabhängigkeit auch Ausrüstung verschafft. Die Münchener
waren im 14. und 15. Jahrhundert militärisch gerüstet. Sie
bildeten eine Art Bürgerwehr. Diese war aber nicht von den
Fürsten, sondern von den Bürgern aufgestellt und unterhalten.
Jeder waffenfähige Mann war wehrpflichtig. Wenn Feinde die
Stadt bedrohten, so verließen die Zünftler die Werkstätten, um in
gemeinsamen: Angriffe die Störenfriede zum Abzüge zu zwingen.
Jeder Handwerker hatte in seinem Hause eine Rüstkammer und
verstand Armbrust und Wurfgeschoß gut zu führen. Die baye-
rischen Fürsten nahmen die Dienste der tapferen Bürger wieder-
holt in Anspruch. (Kaiser Ludwig bei Gammelsdorf und Ampfing.)
Fassen wir die Ergebnisse unserer kurzen Betrachtung zu-
sammen, so können wir sagen, daß die Zünfte bedeutende Erfolge
errungen haben:
1. Zur Zeit der Grundherrschaften gab es nur Herren und ^Eckolge
Knechte. Die körperliche Arbeit war Aufgabe der Knechte, "
die Nutznießung daraus das Recht der Herren. (Nur die
Klöster machten hievon eine Ausnahme.) Die Zünfte
brachten die körperliche Arbeit zu Ehren und glichen den Ge-
gensatz zwischen Herren und Knechten wenigstens etwas aus.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe]]
TM Hauptwörter (200): [T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff]]
Extrahierte Personennamen: Karl_Iv. Karl_Iv. Ludwig Ludwig
25
Der Nürnberger Peter He le (oder H en lein) erfand die
Taschenuhren, die so klein waren wie Mandelkörner und
darum Nürnberger Eier genannt wurden. Der Erfinder erhielt
für ein Stück 300—400 Taler. Als Unruhe diente eine Schweins-
borste. (Der Holländer Hui g h ens^) stellte 1657 die erste
Pendeluhr her.)
Auch das Spinnrad ist eine deutsche Erfindung. Der
Steinmetz Johannes Jürgens erfand 1530 die Flügelspindel
oder Drossel. Das Drahtziehen wurde 1400 von Rudolf
in Nürnberg erfunden. — Die Kutschen sind zuerst in Deutsch-
land gebaut worden. — Die Spitzenklöppel hat Frau Barbara
Uttmann in Annaberg erfunden. — Auch die Windmühlen,
die P a p i e r m ü h l e n, der K o nr P a ß und die k ü n st l i ch e u
Gläser sind zuerst von Deutschen hergestellt worden.
Die wichtigste Erfindung ist die des Buchdruck s. Die
Kunst des Schreibens hatten die Menschen schon iur Altertume
gekannt und mittels derselben waren Gesetze und Regententafeln
in Stein geritzt worden. Die griechischen und römischen Gelehrten
hatten die Ergebnisse ihrer Gedankenarbeit niedergeschrieben. Nach
dem Untergange des römischen Reiches hatte sich die Schreibkunst
in die Klöster zurückgezogen. Gutenberg nun erfand die
„schwarze Kunst". Durch sie konnten die Gedanken einzelner
Männer rasch dem Volke übermittelt werden.
Die Handwerker waren vor allem bestrebt, das Brauchbare ànvwèrk
mit dem Schönen zu verbinden; viele Zweige des Handwerks
wurden zum Kun st Handwerk, ja zur Kunst.
Der erste künstlerisch wertvolle Holzschnitt stanunt aus dem
Jahre 1423: der hl. Christoph trägt das Christuskind. Die Holz-
schneidern st gelangte im 16. Jahrhundert zur Blüte. Deutsche
Künstler übten sie.
Welcher wahre Künstler und Kunstfreund erfreut sich nicht 4- -"'"m..
heute noch eines Adam Krafft, eines Peter Bischer? Krasfts"' ~fulptm'
„Grablegung Christi" an der Außenseite der Sebalduskirche in
Nürnberg ist nicht weniger berühmt als Wischers Relief „Christus
bei Martha und Maria" im Dom zu Regensburg und das „Grab
des hl. Sebaldus" in Nürnberg. Noch heute erregt die Kunst an
alten Kelchen, Leuchtern, Lampen, Kreuzen, Kästchen, Schränken,
Reliquienschreinen re. unsere Bewunderung.
Welcher Maler hätte neben italienischen Meistern nicht auch i») Malerei,
die deutschen Meister Hans Holbein, Albrecht Dürer und
Lukas Cran ach mit Eifer studiert?
Noch heute betrachten wir die himmelwärts strebenden e) Baukunst.
Bauten der Gotik in den Domen zu Regensburg, Landshut,
0 Sprich Heugens!
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Extrahierte Personennamen: Johannes_Jürgens Rudolf Rudolf Barbara
Uttmann Gutenberg Christoph Adam_Krafft Peter_Bischer Martha Hans_Holbein Albrecht_Dürer Albrecht Lukas_Cran
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Nation verglichen, hat man keine Ursache, die italienische der
deutschen vorzuziehen. Denn Deutschland scheint mir eine neue
Gestalt bekommen zu haben und seine Städte scheinen mir seit
ehegestern gebaut zu sein."
Zur Hebung des Bürgerstandes und zum Wohlstand des
Landes trug aber noch ein Umstand besonders bei: der Handel.
4. Der Handel im Mittelalter.
Der Lohnwerker erhalt für seine Arbeitsleistung eine Ent-
schädigung in Naturalien, der Handwerker verlangt einen Preis.
Auch beim eigentlichen Handel wird ein Preis verlangt.
Wenn ich, um 4 Pfund Fleisch zu erhalten, 20 Pfund Brot
geben muß, so ist der Tauschwert des Fleisches fünfmal so groß
als der des Brotes. Dafür kann ich auch sagen, der Preis des
Fleisches ist fünfmal so hoch als der des Brotes.
Jeder Gegenstand hat einen Tauschwert oder Preis. Der
Tauschhandel ist aber mit großen Schwierigkeiten verbunden, weil
jeder Gegenstand einen andern Tauschwert hat. Wenn ein Schuh-
macher seine Ware gegen Mehl und ein Bäcker die seine gegen
Leinwand anbieten würde, so würden wir dies sehr unpraktisch
finden.
Eine Ware hingegen, die einen festen und unabänderlichen
Maßstab für den Tauschwert aller Gegenstände bilden würde,
eine Ware, die ferner teilbar, transportfähig und leicht aufzube-
wahren wäre, müßte sich für den Handel sehr vorteilhaft erweisen.
Der Handel im Mittelalter führte dieses Tanschmittel ein; es ist
das Geld. Das Geld besitzt neben den gewünschten Eigenschaften
auch noch andere willkommene: es ist bequem mitzuführen und
nützt sich wenig ab. Das Geld wurde daher diejenige Ware, die
zur Vergleichung der Tauschwerte aller Handelsgegenstände benützt
wurde. Der Wert jeder Ware wurde nun auf den Wert des
Geldes zurückgeführt. Die Naturalwirtschaft zur Zeit des ab-
hängigen Handwerks wurde von der Geldwirtschaft zur Zeit
des zünftigen Handwerks abgelöst.
Der Tausch mit Geld bedingt Kauf und Verkauf; er kann
zufällig und absichtlich vor sich gehen. Der absichtliche Tausch
mit Geld geschah im Mittelalter auf dem Markte Die Märkte
waren anfangs mit religiösen, geistlichen oder kriegerischen Zu-
sammenkünften verbunden. Zu diesen erschienen die Kaufleute')
und boten ihre Waren zum Schmucke der Kirche, zu Kriegs-
rüstungen re. feil; der doppelte Sinn des Wortes „Messe" erinnert
noch heute an den Markt vor der Kirche. Später wurden die
Märkte ausschließlich zu dem Zwecke abgehalten, Waren zu ver-
h Kaufmann — ursprünglich der Kaufende, spater der Händler.
Preis.
Geld.
Markt.
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