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ober Quadratinhalt der Schulstube. — Zeichne deu Fußboden durch
Striche, indem du für jedes m. ein cm. setzest! Man nennt das nach
verjüngtem Maßstabe zeichnen. Die entstandene Zeichnung ist der
Grundriß, die Karte der Schulstube. Gieb auf der Karte die Gegen-
stände in der Schulstube durch Striche an! — Zeichne eure Wohnstube mit
den darin befindlichen Gegenständen, indem du alles durch Striche andeutest!
3. Das Schulhaus.
Die Schulstube ist im Schulhause. Das Schulhaus ist ein Gebäude.
Es wird von vier Wänden umschlossen. Diese sind die Vorderwand, die
Hinterwand und die beiden Seitenwände. In den Wänden sind Thüren
und Fenster angebracht. Auf den Mauern ruht das Dach. Im Schulhause
liegen mehrere Reihen Zimmer über einander; jede Reihe heißt ein Stock-
werk. Wie viel Stockwerke hat das Schnlhans? In größeren Städten
giebt es 3—6stöckige Häuser. Wie hoch ist jedes Stockwerk? das Dach?
das ganze Schulhaus? Vergleiche die Höhe des Kirchturmes und eines
nahen Berges mit der Höhe des Schulhauses! Miß die Länge und Breite
des Schulhauses und berechne seinen Flächeninhalt! Nenne die Begrenz-
uugeu des Schulhauses auf der nördlichen, südlichen, östlichen, westlichen
Seite! Die der Sonne zugekehrte Seite des Hauses nennt man die Sommer-
seite, die ihr abgewendete die Winterseite. Welche wird mehr erleuchtet
und erwärmt?
Zeichne das Schulhaus mit seiner nächsten Umgebung auf
die Schiefertafel! Suche dich auf der entstandenen Zeichnung zu ori-
eutiereu, d. h. zurecht zu fiudeu.
4. Das Wohnhaus und das Gehöft.
1. Die Leute in der Stadt haben gewöhnlich nur ein Wohnhaus.
Durch die Hausthür gelaugt man zunächst in den Hausflur. Von da
führen Thüren rechts und links in Stuben, Kammern und iu die Küche.
Eine Treppe führt abwärts in den Keller, eine andere nach oben auf den
Boden oder in die oberen Stockwerke des Hauses. Stuben, Kammern, Küche,
Keller und Boden sind die inneren Hausräume. In dem Hause findet
man Schutz gegen Wind und Regen, gegen Hitze und Kälte.
2. In dem Wohnhause wohnen eine oder mehrere Familien. Eine
Familie besteht aus den Eltern und Kindern. Oft findet man bei der Fa-
milie noch die Großeltern und nahe Verwandte. Die Geschwister unserer
Eltern nennen die Kinder Onkel und Tante, und diese heißen die Kinder
Neffe oder Nichte. Der Vater ist das Haupt der Familie und eruährt
dieselbe durch Betreibung seines Gewerbes oder Berufes. Die Mutter führt
die Haushaltung. Die Knechte und Mägde, welche Dienstboten oder Ge-
finde heißen, helfen der Herrschaft bei der Arbeit.
3. In einem Dorfe stehen um das Wohnhaus herum gewöhnlich noch
eine Scheune, Viehställe, Holz- und Wagenschuppen. Das sind die Wirt-
schaftsräume des Landmannes. Sie bilden mit dem Wohnhause das Gehöft.
Der von ihnen eingeschlossene Raum wird Hofraum genannt. Die Scheune
besteht aus der Tenne oder Diele, dem Bansen und dem Balken oder Boden
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian]]
TM Hauptwörter (200): [T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung]]
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nannt wird, der Messingsberg (268 in.), die Hirschkuppe, die wegen ihrer
schönen Aussicht berühmte Ludener Klippe (298 in.), die lange Wand
(319 m.) und der Papenbrink (300 in.) über Tvdenmann. Im Jakobs-
berge endet der lange Zug bei der Porta, setzt sich aber jenseits derselben
noch 10 Meilen weit im Wiehengebirge fort, bis er sich über Osnabrück
hinaus nach und nach in unscheinbare Höhen verliert.
3. Iah und steil fallt das beschriebene Gebirge überall im Süden
nach dem Weserthale zu ab und ist daher von dieser Seite schwer zu besteigen.
Nur durch die Einsenknngen der Weserkette führen Straßen aus dem Weser-
thale in das Thal der Obernkircher Aue. Nach Norden dagegen verflacht
sich das Gebirge allmählich in die beiden Auethäler, bildet aber noch einige
bemerkenswerte Hügel, wie den Ebersberg und das Horn (244 in.) bei
Rannenberg, den Dorenberg bei Bodenenger und den Klippbrink und den
Haarberg bei Bernsen. Durch eine Bodenerhebung, die sich nördlich vom
Hohenstein, Ramsnacken und Jberg über Raden, Hattendorf, Escher, Anten-
dors und den Esch er Berg bis westlich von Altenhagen erstreckt und die
Wasserscheide zwischen der Obernkircher und Rodenberger Aue bildet, steht
der Süntel mit dem Bückeberge in Verbindung. (Unter Wasserscheide ver-
steht man eine Bodenerhebung, von der das Wasser nach verschiedenen
Flüssen abfließt).
4. Der ganze Höhenzug ist mit herrlichem Buchenwald bewachsen;
nur an den Waldrändern finden sich hier und da kleine Eichenbestände.
Nadelhölzer sind selten. Das Innere der Berge besteht größtenteils aus
Jurakalk, birgt aber auch andere Mineralien. Der Steinbruch am Süntel
liefert gute Schleifsteine. Kalksteinbrüche finden sich in der Kette in reicher
Zahl und liesern gutes Material zum Chausseebau, sowie Kalkmergel zum
Brennen. Im kleinen Süntel werden Steinkohlen zu Tage gefördert. Da
das Gestein an vielen Stellen sehr eisenhaltig ist, so könnte mit Vorteil ein
Grubenbau vorgerichtet werden; Versuche dazu sind schon einige Mal gemacht
worden.
4. Die Paschenburg und die Schaumburg.
1. Der Paschenberg oder die Paschenburg ist der merkwürdigste unter
den Weserbergen und wohlder schönste Punkt im ganzen Kreise. Der Gipfel
des Berges ist mit einem Gasthause geschmückt, welches 1842 vom Förster
Kaiser erbaut wurde und weithin sichtbar ist. Auf dem nördlichen Berg-
abhange umgeben dunkle Tannen, ein Garten mit Blumenbeeten und Ge-
müfefeldern und schöne Anlagen das Haus. Vom Balkon desselben, sowie
von der rechts vom Gebäude errichteten Altane herab genießt man eine ent-
zückende Aussicht in das breite Weserthal, durch das sich die Weser in vielen
Windungen wie ein Silberband schlängelt. Trunken schweift der Blick über
die wogenden Saatfelder und die über das Thal ausgetreten Dörfer mit
ihren roten Ziegeldächern. Den Blick erhebend, schaut man im Westen deu
langen Zug der Weserkette, den Winterberg bei Vlotho, den Bornstapel und
Tönsberg in der Gegend von Herford, die Hallesche Egge im Ravensbergischen
und die Jburger Höhe im Osnabrückischen. Im Süden erscheinen außer
den linken Weserbergen im Kreise der Teutoburger Wald, die Groteuburg
mit dem Hermannsdenkmal; weiter links schaut man den langgestreckten
Winterberg in den Pyrmonter Bergen, deu mächtigen Köterberg, den Klütberg
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil]]
m«M»m»,
Allgemeine Heimatskimde.
1. Die Himmelsgegenden.
Wir wohnen nuf der Erde. Über uns breitet sich das blaue Himmels-
gewölbe aus. 'An dem Himmel bemerken wir die Sonne, den Mond
und unzählige Sterne. Die Sonne giebt unserer Erde Licht. Wenn sie
am Himmel steht, haben wir Tag, wenn sie untergegangen, Nacht. Sie
bewegt sich in einem Bogen. Ist sie ausgegangen, so haben wir Morgen,
steht sie am höchsten, Mittag, geht sie unter, Abend; mitten in der Nacht
haben wir Mitternacht. Die Sonne bestimmt also die Zeit. Sie giebt
aber auch die Gegend an. Die Gegend, wo die Sonne aufgeht, nennt
man Morgen oder Osten, wo sie am höchsten steht, Mittag oder Süden,
wo sie untergeht, Abend oder Westen, und wo sie niemals steht, Mitter-
nacht oder Norden. Norden, Süden, Osten, Westen heißen Himmels-
gegenden. Es giebt anch Nebenhimmelsgegenden. Die Gegend
zwischen N. und O. heißt Nordosten, die Gegend zwischen N. und W.
Nordwesten. Die Gegend zwischen S. n. O. heißt Südosten, die Ge-
gend zwischen S. und W. Südwesten. — Geht die Sonne immer an
derselben Stelle auf und unter? Wann mehr nach S., wann nach N.?
Welche Himmelsgegenden liegen sich gegenüber? Auf der Tafel oder dem
Papier kommt die Nordseite stets oben, die Südseite unten zu liegen;
rechts liegt Osten, links Westen. Zeichne einen Kreis, in dem alle
Himmelsgegenden angegeben sind!
Wenn wir uns auf einem freien Platze im Felde befinden, fo scheint
es, als ob rings herum der Himmel mit der Erde zusammenstieße. Die
Linie, in welcher Himmel und Erde zusammenzustoßen scheinen, heißt Hori-
zont oder Gesichtskreis. Was jenseits dieser Kreislinie liegt, können
wir nicht sehen.
2. Die Schulstube.
Wir befinden uns in der Schulst übe. Darin werden die Kinder vom
Lehrer unterrichtet. Die Schulstube ist begrenzt von vier Wänden, der
Decke und d£rn Fußboden. Die Decke ist oben, der Fußboden unten;
die Wände bilden die Seiten. Die Schulstube hat eine viereckige Gestalt.
Zwei Wände und die Decke oder,der Fußboden stoßen in einer Ecke zu-
sammen. Zwei Wände, oder eine Wand und die Decke, oder eine Wand
und der Fußboden bilden einen Winkel. Zeige die nördliche, südliche,
östliche, westliche Wand! Nenne die Gegenstände in der Schulstube und
gieb an, nach welcher Gegend sie stehen! — Die Schnlstnbe kann nach
schritten oder mit dem Meterstabe gemessen werden; sie hat drei Aus-
dehnungen: Länge, Breite und Höhe/ Miß die Schnlstnbe! Multipliziere
die Länge und Breite mit einander! Dadurch erhält man den Flächen-
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer]]
TM Hauptwörter (200): [T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
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ternber stets eine Fülle der schönsten und mannigfaltigsten Blumen zu Sonn-
tagssträußen und Geburtstagskränzen. Seltene Pflanzen wachsen am Hohen-
stein und an der Paschenburg. Unter den zahlreichen Pflanzenarten kommen
manche Giftgewächse vor, als Tollkirsche, Stechapfel, Nachtschatten, roter
Fingerhut, Bilsenkraut, Schierling, Taumellolch im Getreide und Fliegen-
schwamm. Doch eine reiche Menge heilsamer Gewächse hat die Vorsehung
geschenkt. — Überall in den Dörfern und Umgebungen der Städte, sowie
auch an den meisten Straßen, sind Obstbäume angepflanzt, und in Obst-
jähren wird ein gut Teil Obst nach auswärts verschickt. Durch Anlegung
von Baumschulen wird die Obstbaumzucht gefordert. Zu wünschen wäre,
daß so mancher noch unbenutzte Raum mit einem Obstbäumchen besetzt tutd die
schlechten Obstsorten durch bessere ersetzt würdeu. Todenmann und Nott-
bergen haben gute Kirschenzucht; ersterer Ort lost für Kirschen jährlich L200
bis 1500 Mark.
3. Von Haustieren giebt es im Kreise Schaumburg an 20000
Schafe, 7000 Schweine, 10000 Kühe, Riuder und Ochsen, 3600 Ziegen
und 4000 Pferde und Fohlen. Unsere Pferde sind wegen ihrer Schönheit
berühmt und der Stolz des Bauern. Die Kühe werden auch zum Anspannen
benutzt. Einige Dörfer in der Wesergegend liefern viele Gänse, die dort
von einem eigenen Hirten zur Weide getrieben werden. - Der Wild stand
in den Wäldern hat durch die überhandnehmende Jagdliebhaberei bedeutend
abgenommen. Hirsche und Wildschweine giebt es nur noch im Deister und
Bückeberg; in den übrigen Forsten ist das Hochwild mit Ausnahme der Rehe
ganz verschwunden. Eine naturgeschichtliche Merkwürdigkeit sind die schwarzen
Rehe im Haster Revier. Sonst finden sich an wilden Tieren Füchse, Marder,
Iltisse, Wiesel, Hasen, Eichhörnchen, Dachse und, aber selten, loude Katzen.
- Von Feld- und Waldgeflügel hat der Kreis Habichte, Eulen, Fisch-
reiher, Reiben, Krähen, Sperber, Elstern, Auerhähue, Fasanen, Birkhühner,
wilde Enten, Rebhühner, Schnepfen, Wachteln, wilde Tauben, Kuckuke, Lerchen,
Finken, Nachtigallen, Drosseln, Stare, Bachstelzen, Rotkehlchen, Schwalben,
Sperlinge u. a. Im Norden des Kreises ist der langbeinige Storch zu
Hause. Leider mangelt es den Singvögeln an geeigneten Plätzen zum
Nisten, nachdem durch die Verkoppeluugeu die meisten Hecken in den Feldern
ausgerottet sind. Das gereicht den Feldern und Obstbäumen zum großen
Schaden. Aus der Klasse der Amphibien sind vertreten: Eidechsen,
Frösche, Kröten, Blindschleichen und Salamander. In der Weser sängt man
Hechte, Karpfen, Barben, Karauschen, Aale, Schleien, Zungen und auch wohl,
wiewohl selten, (früher aber sehr häufig) Lachs. Die in der Weser aus-
steigenden Lachse werden größtenteils bei Hameln gefangen. Die übrigen
Flüsse und Bäche enthalten Forellen und Krebse. Von andern Tieren finden
sich bei uns der Regenwurm, der Pferdeigel, die Acker- und die Weinbergs-
schnecke, die Ameise, die Hummel, die Wespe, die Biene und viele Arten
Käser und Schmetterlinge, die ihr in der Naturgeschichte genauer keimen lernt.
11. Kunstprodukte.
Den Naturkörpern stehen die Kunstprodukte gegenüber, die durch Eiu-
Wirkung der'menschen aus jenen hervorgebracht sind, als Salz, Glas, Papier,
Ziegelsteine, Leinwand, auch die Arbeiten aller Handwerker n. s. w. Anstalten,
in denen die Naturprodukte zu Kunstprodukten umgeschassen werden, heißen
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oder Landwirte. Andere haben kein eigenes Land sondern arbeiten auf
Tagelohn, die heißen Tagelöhner. In größeren Dörfern giebt es auch
Kaufleute und Handwerker.
Wie groß ist die Einwohnerzahl nnsers Ortes? Welche Sprache sprechen
die Einwohner? Welcher Religion gehören sie an?
4. Alle Einwohner einer Stadt oder eines Dorfes bilden eine bürger-
liche Gemeinde. Das Oberhaupt derselben ist in den Städten der Bürger-
meister, auf den Dörfern der Orts Vorst eh er. Jedermann ist dem Bürger-
meister oder Ortsvorsteher Achtung und Gehorsam schuldig. Dieseu Männern
zur Seite stehen Ratmänner. Die Ratmänner werden von den Bürgern
auf mehrere Jahre gewählt. Bürgermeister oder Ortsvorsteher und die
Ratmänner bilden in den Städten den Magistrat, den Stadtrat oder die
weltliche Obrigkeit, in den Dörfern gewöhnlich Gemeinderat genannt.
Derselbe verwaltet die Angelegenheiten der Gemeinde. Der Bürgermeister
sieht in derselben auf Ordnung, setzt die Steuern der einzelnen Bewohner
des Ortes fest und leitet die Ausgaben und Einnahmen der Gemeinde.
Ihm zur Seite steht noch der Orts er heb er, in den Städten Stadtkäm-
merer genannt; er zieht die Steuern von den Leuten ein und zahlt die
Ausgaben der Gemeinde. Der Bürgermeister überwacht die Landwege und
läßt neue Wege anlegen oder die schadhaften ausbessern. Der Bürgermeister
sorgt auch dafür, daß die öffentlichen Gebäude, welche der Gemeinde gehören,
in gutem Zustande erhalten werden. Zuweilen versammelt der Bürgermeister
oder Ortsvorsteher deu Magistrat oder Gemeinderat zu einer Beratung der
gemeinsamen Angelegenheiten. Diese Versammlung findet in den Städten
in der Ratsstube des Rathauses, in den Dörfern in der Wohnuug des
Ortsvorstandes oder im Schulzimmer statt.
5. Alle Menschen eines Ortes, welche einerlei Glauben habeu und zu
derselben Kirche gehören, heißen eine kirchliche Gemeinde oder eine Pa-
rochie. Oas Oberhaupt derselben ist der Pfarrer. Er bildet mit einigen
anderen Männern den Kirchenrat. Die Kirchenräte werden von den Mit-
gliedern der Kirchengemeinbe gewählt. Der Kirchenrat verwaltet die kirch-
lichen Angelegenheiten. Verbinden mehrere Ortschaften sich zur Unterhaltung
einer gemeinsamen Kirche, so bilden sie einen Kirchen-Verband oder ein
Kirchspiel. — Die bürgerliche Gemeinde sorgt für Errichtung einer oder
mehrerer Schulen für ihre Kinder. Die Schul-Angelegenheiten verwaltet der
Orts-Schulvorstand. Jedes Mitglied desselben heißt Schulvorsteher.
Die Schulvorsteher werden aus den Mitgliedern der bürgerlichen und kirch-
lichen Gemeinde. ans^ mehrere Jahre gewählt. An der Spitze des Orts-
Schulvorstandes steht ^.der Orts-Schulinfpektor (bei uns der Pfarrer) und
der Bürgermeister. Jener besucht oft die Schule und sieht nach ob die Kinder-
regelmäßig zur Schule kommen und fleißig lernen; dieser sorgt dafür, daß
die Schulhäuser in gutem Zustande verbleiben und es nicht an notwendigen
Dingen in der Schule fehle. Unterhalten mehrere Ortschaften zusammen
eiue gemeinsame Schule, so bilden sie einen Schnl-Verband. Uber dem
Orts-Schnlvorstand steht der Ober-Schnlinspektor.
6. Die Umgebung des Wohnortes.
1. Jeder Ort hat verschiedene Ausgänge. Von denselben führen Wege
in die Umgebungen des Ortes. Man gelaugt in Garten, Feld, Wiese,
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]
— 25 —
ab, welche nach Hameln führt; 7) die Obernkircher Straße von der Westen-
dorfer Landwehr nach Obernkirchen, 8) die Steinberger Straße von der
Berliner Straße zwischen Rinteln und Engern ab bis nach Steinbergen; sie
setzt sich bei der Bernser Landwehr fort in 9) die Rodenbergs Straße nach
Rodenberg und Nenndorf; 10) die Nenndorfer Straße, welche von Minden
kommt und über Beckedorf und Nenndorf nach Hannover führt; bei Becke-
dorf läuft von ihr 11) die Sachsenhäger Straße aus; 12) die Wunstorser
Straße von Nenndorf über Haste nach Wunstorf; 13) die Lauenauer Straße
von Rodenberg nach Lauenau; 14) die Steinbruchs-Straße von der Obern-
kircher Straße ab nach den Bückeberger Steinbrüchen. — Von den zahlreichen
Kommunalwegen, welche die einzelnen Ortschaften verbinden und von
diesen bisher unterhalten wurden, ist der Landweg auf dem linken Weserufer
über Exten, Strücken u. s. w. ins Hannoversche am längsten. Den Eisen-
bahnen und einigen Landstraßen nach sind Telegraphenlinien gezogen. In
Rodenberg ist eine Telephonstation. Zwischen Rinteln und Rodenberg,
zwischen Rinteln und Bückeburg und zwischen Rodenberg und Haste ist Post-
Verbindung. — Die Straßen werden von dem ständischen Baumeister in
Rinteln mit Hilfe der Wegebau-Aufseher und Wegewärter in Ordnung gehalten.
13. Die Bewohner des Kreises.
1. Bei der letzten am 1. Dezember 1880 stattgefundenen Volkszählung
hatte der Kreis Rinteln 19 438 männliche und 20106 weibliche, zusammen
39 544 Einwohner. Diese gehören 8 540 Haushaltungen an, wohnen iil
5 Städten (mit 11259 Einw.), 96 Dörfern und gegen 45 einzelnen Ge-
Höften in 6 011 Wohnhäusern. Außer 400 Juden, 250 Katholiken und
2400 Reformierten zählen die übrigen Kreisbewohner zur lutherischen Kirche.
Es giebt 21 protestantische Pfarreien oder Kirchspiele im Kreise, 19 lutherische
und 2 reformierte, nämlich in Rinteln und Möllenbeck. In Rinteln ist eine
katholische Gemeinde; Synagogen-Gemeinden befinden sich in den Städten.
Die evangelische Jugend wird unterrichtet in 55 Elementarschulen von etwa
80 Lehrern; außerdem hat Rinteln ein Gymnasium und ein Technikum.
Mehrere Landgemeinden sind auswärts eingepsarrt und eingeschult.
2. Die Hauptbeschäftigung unserer Kreisbewohner ist Ackerbau;
selbst die Bürger in den Städten treiben mit wenigen Ausnahmen Ackerbau.
Derselbe wird namentlich auf den großen Gütern sehr gründlich betrieben;
auch die Bauern beobachten immer mehr eine bestimmte und zweckmäßige
Fruchtfolge und wissen den Acker immer besser zu benutzen. Der landwirt-
schastliche Verein des-Kreises läßt sich die Hebung der Landwirtschast sehr
angelegen sein. Da unser Kreis viele und ausgezeichnete Wiesen hat, so
ist die Viehzucht, besonders die Pferde- und Rindviehzucht, nicht minder
bedeutend. Um die Verbesserung des Viehstandes ist man stets bemüht.
Die meisten Kleingrundbesitzer'treiben als Nebenbeschäftigung ein Handwerk
oder Gewerbe. Viele Kreisbewohner sind ausschließlich Handwerker, und
wohl in keinem Dorfe fehlt ein Schuhmacher und Schneider. In den Städten
wohnen viele Kaufleute und Krämer; die Dorfwirte haben in der Regel
auch einen Kramladen. Ein Teil der Kreisbewohner ist genötigt, sich als
Tagelöhner ihr Brot in den Steinbrüchen, durch Feld- und Straßenarbeiten,
im Winter durch Holzhauen u. s. w. zu verdienen. Andere finden Befchäf-
tigung in den Bergwerken als Bergleute, oder als Steinhauer in den
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus]]
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Sandsteinbrüchen, oder als Fabrikarbeiter in den Fabriken. Noch jeden
Frühjahr gehen viele aus dem Süden des Kreises nach Holland und Nord-
deutschend als Ziegeleiarbeiter, und früher gingen viele aus der Umgegend
von Rodenberg nach Holland zum Mähen. Viele ernähren sich von der Be-
reitung der Leinwand; die Bewohner der hochgelegenen Dörfer auf dem
linken Weserufer sind meist Leinweber. Im Weserthal vermag auch eins
der Tochter des reichsten Bauern den Webstuhl zu regieren. An'den langen
Winterabenden aber sind hier, wie überall bei uns auf dem Lande, 'die
Mädchen und Frauen mit Flachsspinnen beschäftigt; auch die männliche Be-
volkernng nimmt wohl Anteil daran. Dabei werden kernige Volkslieder
gesungen und echte Volksmärchen erzählt. Die Schiffahrt auf der Weser hat
sehr abgenommen. Die übrigen Einwohner im Kreise haben sich dem Be-
amtenstande und den sonstigen öffentlichen Berufen gewidmet. Kein Kreis-
kind, das Lust zur Arbeit hat, braucht Hunger zu leiden, und im allgemeinen
herrscht viel Wohlstand im Kreise.
3. Die Bewohner unsers Kreises sind Nachkommen der alten Sachsen und ein
schöner, kräftiger und ziemlich gut beanlagter Menschenschlags Reich an echter Volks-
tümlichkeit, tritt in dem Schanmbnrger noch vielfach in Gestalt, Sprache, Sitte und Kleidung
der alte sächsische Stamm hervor. Am meisten sind die Bewohner des Amtes Rodenberg,
die sich durch kräftigen Körperbau und einfache Lebensweise auszeichnen, den Sitten ihrer
Väter treu geblieben. Der Bewohner des Weserthales dagegen ist für das Neue em-
pfänglich und ahmt in vielfacher Beziehung dem Städter nach. Im allgemeinen ist der
Schaumburger fleißig und ausdauernd, treu, schlicht und bieder, aber auch kräftig und
derb bis zur Grobheit. Mit stolzem Selbstbewußtsein nennt er sich einen Schanmbnrger.
Er hängt mit Liebe an seiner Heimat und mit Treue und Ergebenheit an seinem Laudes-
herrn. — Die bei uns gesprochene Sprache ist die plattdeutsche; auch die Bürger in den
Städten bedienen sich meistens derselben. Die Mundarten sind in den einzelnen Gegenden
des Kreises sehr verschieden; fast jeder Ort zeichnet sich durch eine besondere Klangfarbe
seiner Laute aus. Während im Weserthal eine weiche und wohlklingende Mundart herrscht,
ist die im Rodenbergischen rauh und schnarrend. Bemerkenswert ist, daß es dem Schaum-
burger große Schwierigkeit verursacht, den 3. und 4. Fall zu unterscheiden, und daß er
statt „nur" das unbestimmte Fürwort „man" gebraucht.
Nach altem sächsischen Rechte wird bei uns der Grundbesitz nicht geteilt,
sondern der Vater überläßt das Gut dem ältesten Sohne ganz, und dieser
hat au die übrigen Geschwister nur eiue Herausgabe zu entrichten. Daher
finden sich bei uns große Bauerngüter und schöne Dörfer vor. Letztere sind
nach altsächsischer Weise angelegt, die sich durch die zerstreute Lage der ein-
zelnen Häuser und Gehöfte kenntlich macht. Es herrscht auch noch auf dem
Laude der altsächsische Häuserbau. Wohnhaus, Scheune und Stallungen sind
nämlich eins; das große Scheunenthor ist zugleich auch die Hausthür; zu
beideu Seiten der Tenne sind die Viehstülle, sodaß die Krippen unmittelbar
von der Tenne aus beschüttet werden. Im Hintergrunde des Hauses befinden
sich die Stuben, Kammern und Küche. Im Norden des Kreises trifft man
noch viele Strohdächer an; doch dürfen solche der größern Feuergefährlichkeit
halber bei Neubauten nicht mehr angebracht werden. Der massive Häuserbau
findet immer mehr Eingang. — Die noch vielfach bei neuerbauten Häusern
aus einen Hauptbalken geschriebenen Reimsprüche legen Zeugnis von der
Gottesfurcht des Volkes ab. Allgemein verbreitet ist noch die aus der Heid-
uischeu Vorzeit stammende Sitte, am ersten Osterabend auf den Höhen sogen.
Ostersener anzuzünden. Bei den alljährlich gefeierten Schützenfesten und
Erntebieren, sowie bei Hausrichtungen und Hochzeiten geht es hoch her.
Besonders werden im Amt Rodenberg die Hochzeiten mit größter Pracht und
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung]]
Extrahierte Personennamen: Rodenberg Rodenberg
Extrahierte Ortsnamen: Holland Holland Weserthal Sachsen Weserthal Rodenbergischen
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vielen Besonderheiten gefeiert. Sonst haben sich in den verschiedenen Ge-
genden des Kreises noch besondere Sitten und Gebräuche erhalten.
Leider ist noch viel Aberglauben im Volke vorhanden; besonders ist der
Glaube an die Macht der Hexen noch nicht ganz verschwunden. Personen,
die Blut und Wunden besprechen, haben guten Ruf. Viele glauben noch an
Gespenster, und an manchen Stellen im Kreise soll es nicht geheuer sein,
weil es da mitternachts zwischen 12 und 1 spukt. Wenn eiue Glas- oder Tops-
scherbe irgendwo in der Sonne blinkt, so „sonnt sich daselbst Geld;" wer
nachts stillschweigend hingeht, vermag den in der Erde verborgenen Schatz
zu heben, sobald er aber spricht, ist Geld und Hoffnung aus Reichtum und
gute Tage wieder verschwunden, und erst nach sieben Jahren erscheint der
Schatz von neuem. - Obgleich viele geringe Leute auf dem Lande gewöhn-
lich nur Sonntags Fleischspeisen genießen, so leben sie im allgemeinen doch
noch besser als viele andere Einwohner im deutschen Vaterlande. Zu wün-
scheu wäre ein mäßigerer Genuß des verderblichen Branntweins, und nament-
lich konnte in manchen Wohnungen der Dorfbewohner mehr Ordnung und
Reinlichkeit herrschen.
4. Die Kleidung der Schaumburger, besonders die der Frauen, ist
in den einzelnen Gegenden verschieden. Der wichtigste Stoff für dieselbe ist
noch immer, trotz der weit billigeren Banmwollenzenge, die Leinwand und
der Beiderwaud. Em Verschen lautet: „Kleider machen Leute; der Spruch
ist nicht wahr; Silber, Gold und Seide trägt wohl mancher Narr! Selbst
gesponnen, selbst gemacht, rein dabei — ist Bauerntracht." Die gewohnliche
Kopfbedeckung des Landmanns im Weserthal ist ein kleiner runder Hut oder
eiue Kappe, in der Gegend von Oldendorf eine hohe und breite Pelzmütze.
Während die Frauen im Weserthal meist Kleider aus einfarbigem Beider-
wand tragen, sind die Kleider der Frauen „hinter'm Berge" aus grünge-
streistem, in der Umgegend von Apelern aus rotgestreiftem Doppelzeuge.
Die Tracht der Bewohner im Amt Rodenberg ist wegen ihrer Mannig-
faltigkeit und Farbenpracht eine der eigentümlichsten. Die Kopfbedeckung der
Männer besteht hier aus einer beutelartigen, wollenen oder baumwollenen
Mütze mit herabhängender ynaste; Sonntags oder wenn der „Rodenberger"
über Feld geht, trägt er eine schwarze Pelzmütze und nur bei festlichen Ge-
legenheiten einen rauhen Cylinderhnt. Während er für die Woche kurze
weiße oder blaue Hosen mit Schnallen, lange schwarze Strümpfe und einen
blauen Sackkittel trägt, hat er zum Ausgehen einen weißen Kittel mit langen
Schößen; für den Kirchgang sind der Rock und die langen Hosen aus schwarzem
Tuch. Die Weste ist mit vielen bunten Knöpfen besetzt. Noch mehr füllt
die wahrhaft malerische Tracht der Frauen in die Augen. Das Haar ist
vorn in einen Zopf gewunden und mit einer handhohen, bünderreichen Mütze
bedeckt. Um den Hals ist eine dicke Bernsteinschnur mit breitem, silbernen
Schloß geschlungen. Daran ist entweder ein roter Wollgarnzopf oder eine
buntfarbige Bandschleife befestigt, welche zierlich über den Rücken herabfällt.
Den Oberleib bekleidet eiu schwarzes, mit rotem und blauem Band einge-
saßtes Mieder, das vorn durch eiu herzförmiges, mit bunten Knöpfen besetztes
Zeugstück (Brusttuch) zusammengehalten wird. Darüber wird ein schwarzes
wollenes, mit bunter ^eide dnrchsticktes Tuch getragen, das durch ein rundes,
silbernes Brustschild befestigt wird. Von den Hüften fällt gewöhnlich nur
ein aus rotem Wollzeug angefertigter Rock mit blauer Einfassung herab.
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
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Die nackten Arme sind bis zum Ellenbogen mit bunten „Handschuhen" be-
deckt, und der Hals ist von einem breiten, schneeweißen Kragen umrahmt.
Schwarze oder bunte Strümpfe und weit ausgeschnittene Schuhe mit hol-
zernen Absätzen vollenden den Anzug. Im Sommer hängen die Weiber
beim Ausgehen noch eine großes weißes Laken um und im Winter einen
roten Mantel mit schwarzen Blümchen. Bräute und Patinnen tragen aus
dem Kopfe einen hohen, von Perlen, Spiegelchen und Goldslittern strahlenden
„Kranz." Als Abendmahls-Anzug ist der Rock schwarz, Tuch und Schürze sind
weiß. Die Ohr- und Trauringe sind bei den „Rodenbergern" aus Silber.
14. Einteilung des Kreises.
Hinsichtlich der Rechtspflege zerfällt der Kreis Schaumburg in die vier
Ämter oder Amtsbezirke Rinteln, Oldendorf, Obernlirchen und
Rodenberg. Jedem Amtsgerichte steht ein Amtsrichter vor.
A. Amts-Bezirk Rinteln.
Er umfaßt den westlichen Teil der südlichen Kreishälfte und enthält
12 303 Einwohner in 1 Stadt, 25 Dörfern und 17 Hosen.
1. Der Hauptort und Sitz des Amtsgerichts ist die Stadt Rütteln.*)
Sie liegt am linken flachen Weserufer, wo die Exter mündet, und war früher
befestigt. Außer den Grüben sind auch noch zum Teil die Wälle (Apfel-
und Blumenwall) und Mauerreste vorhanden. Die freundliche und regel-
mäßig gebaute Stadt hat drei Thore, das Weser-, Oster- und Seethor.
Die Zahl der Einwohner betrügt 4334. Sie beschäftigen sich teils mit
Ackerbau, teils mit Handel und Gewerbe; auch giebt es viele Handwerker.
Unter den Gebäuden zeichnen sich aus die schone, im 13. Jahrhundert er-
baute Nikolaikirche, das neue Gymnasialgebäude, das Krankenhaus, die re-
formierte Kirche und einige Privatgebäude. Rinteln ist der Sitz des Land-
ratsamtes; es hat ein besuchtes Gymnasium, ein Technikum, eine Buchhandlung
und 2 Druckereien. Als Knotenpunkt mehrerer Straßen hat die Stadt
regen Verkehr. Jährlich werden hier außer den gewöhnlichen Jal>r- und
allmonatlichen Viehmärkten zwei Messen abgehalten. Über die neue schone
Weserbrücke gelangt man an einer Reihe stattlicher Gebäude vorüber nach
dem Gasthof Bünte, dem Bahnhof und der seit einigen Jahren betriebenen
Glasfabrik.
2. Zu dem Amtsbezirke gehören die Kirchdörfer Möllenbeck (572
Einw.) mit schöner Kirche, Domäne und alten Klostergebäuden, Exten (790
Einw.), ein Dorf alten Ursprungs mit einem dem Herrn von Meyen ge-
hörigen Gut mit schönem Park, einem Eisenhammer und 2 Messerfabriken,
— Hohenrode und Deck bergen. Auf dem linken Weserufer liegen weiter
die Ortschaften Hessendorf, Nottbergen, Krankenhagen, Uchtdorf,
*) Die Stelle, wo jetzt Rinteln steht, hieß ursprünglich Bleckenstädl und war nur mit einigen Fi>cher-
Hütten und einer Kapelle, der Ringelklause, besetzt. Dagegen befand sich auf dem rechten We>eruser
nach Dankersen hin schon im 12. Jahrhundert ein Dorf Rinteln (Rentene). Adolf Iv. von Schaum
bürg baute 1226 die jetzige Stadt und verlegte anch ein Kloster aus dem Dorfe dahin. Das Dorf
hieß seitdem Altrinteln und ging im 15. Jahrh. ganz aus; mir Feld namen erinnern noch an sein
einstiges Vorhandensein. Die aufblühende Stadt sank im 30jährigen Kriege in ihrem Wohlstande «ehr.
Im ^ 1633 wurde dieselbe von den Kaiserlichen mehrere Tage hindurch beschossen, bis Herzog Georg
von Branuschweig die Belagerer vertrieb. Von 1621—1809 hatte Rinteln eine Universität, von 1668
bis 1807 war es Festung. Jerome hob die Universität auf und lieh die Festuugswerke teilweise
schleifen. Das Feld zwischen dem Bahnhofe und der Bünte ist jetzt zur Anlage eines neuen c-tadt^
teils abgemessen worden
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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Extrahierte Personennamen: Rodenberg Adolf Adolf Georg
von_Branuschweig
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Sarbeck, Strücken, Rumbeck (610 Einw.), Friedrichshöhe, Volksen,
Wöseberg, Wennenkamp, Friedrichswald und Goldbeck (562 Einw.).
Goldbeck liegt 3 Stunden von Rinteln und ist der südlichste und höchste
Ort im Kreise. Einzelne Gehöfte links der Weser sind: die Ellerburg, der
große Kroll, der kleine Kroll, Strüvensiek, Kehl, Ellerbruch und Maßberg.
— Auf dem rechten Weserufer liegen die Ortschaften Todenmann, ein
häufig besuchter Vergnügungsort, durch feine Kirschenzucht bekannt, Engern,
Ahe,'Kohlenstädt', Kleinenwieden, Westendorf mit der Westendorfer
Landwehr, wo sich eine Ziegelei befindet, Ostendorf und Rosenthal.
Einzelne Gehöfte sind: das v. Ditfurtsche Gut Dankersen, Groß- und
Klein-Neelhos, Brinkhof, Echtringhausen, die Domäne Coverden und
die Schaumburg. Bestimmung der Lage! — Südlich von Hohenrode liegen
die Ruinen der Hünenburg, die der Graf von Roden einst baute; auf dem
Wettanz hielt er Gericht.
In Möllenbeck gründeten im Jahr 896 eine vornehme Frau Hildburg, die Stifterin von S Kirchen, die
sie als ihre Töchter vorzustellen liebte, und der wendische Priester Volkhard ein Kloster, in dem »»versorgte
Frauen und Jungfrauen Aufnahme fanden. Zweimal bran»te das Kloster, das rasch emporblühte, nieder,
aber erst im 13. Jahrh. geriet es in Verfall. Da kaufte es 1444 der Augustinern,önch Hermann Buschke für
seinen Orden. In kurzer Zeit waren die zerfallenen Gebäude wieder hergestellt, nene Besitzungen wurden
erworben und die alten Gebäude später sogar erneuert und nach einer dritten Feuersbru»st von neuem voll-
endet. Nachdem das Kloster 1558 die Reformation hatte annehmen müssen, machte ihm der 30jährige Krieg
ein Ende. Auch das Dorf, das schon frühzeitig neben dem Kloster bestanden, veischwand. Hessen legte anf
den verwüsteten Klosterfeldern 1668 eine Kolonie an. die Höchte, das jetzige Hessendorf. Allmählich entstand
auch das Dorf Möllenbeck wieder; die Kirche wurde erst 1836 wieder hergestellt. Das ehenialige Borwerk des
Klosters wird verpachtet. Die Klostereinkünfte werden teilweise zur Unterstützung unbemittelter Studierender
verwandt.
B. Amts-Bezirk Oldendorf.
Derselbe umfaßt den östlichen Teil der südlichen Kreishälfte und hat
1 Stadt 21 Dörfer und einige Höfe mit 8 465 Einwohnern.
1. Der Sitz des Amtsgerichts ist Oldendorf. Die Stadt liegt nicht
weit vom rechten Weserufer an der Berliner Straße, 3 Std. von Rinteln.
Sie hat drei Thore, das Weser-, Oster- und Westerthor, eine zerfallene
Ringmauer und einen alten Stadtgraben. Oldendorf hat 1590 Einwohner,
deren Hauptnahrungsquelle Ackerbau ist; sie treiben aber auch Handel und
Gewerbe. Bekannt sind Oldendorfs Leinenhandel, seine Lohgerbereien und
seine Schuhwaren. Es giebt hier 2 v. Münchhausensche Rittergüter. Bei
dem Bahnhof steht die neue Zuckerfabrik Schaumburg.
Oldendorf wird früher, wie der Name besagt, ei» Dorf gewesen sein; bereits 1336 hatte es Stadtrechte.
Ein Kloster zu Minden legte darin den Paterhof an. zu dem außer einem kleinen Teil des Süntels auch
segelhorst gehörte. Im Jahre 1477 stiftete Graf Erich von Schaumburg ein Schwesterhaus, welches 1696 die
Stadt erwarb, um es zu einer Schule oder einem Armenhause einzurichten. Oldendorf war der erste Ort in
der Grafschaft, welcher die Reformation einführte. Im 30jährigen Kriege mußte es hart leiden. Früher lag
die Stadt dicht a» der Weser. Dieselbe teilte sich nämlich in zwei Arme und bildete eine Insel, zu der über
beide Arme Brücken führten. Während die Brücke über den linken Arni, die letzige Weser, spurlos verschwu»-
den und durch eine Fähre ersetzt ist, erinnern die 5 steinernen Pfeiler, die einen Steg tragen, noch an den
icchten Arm. Die Abdämmung desselben soll erst im vorigen Jahrhundert durch einen wohlhabenden Olden-
dorfer, »amen« Jost, bewirkt worden fein. Der Sage »ach soll „Jöstche»" in der Fischbecker Kirche begraben
liegen. ei habe aber im Tode keine Ruhe gefu»den und spuke nicht nur in der alten Weser und im Steinbrink,
sondern strecke stets ein Bein aus dem Sarge. Obgleich man den Sarg zugenagelt habe, sei der Deckel immer
wieder aufgesprungen und der verhängnisvolle Fuß von neuem herausgekommen.
2. Zu dem Amtsbezirke gehören die Kirchdörfer Großenwieden
(755 Ew.) mit einer Fähre, Segel Horst mit einer Brennerei, Krücke-
berg, Fischbeck (753 Ew.) mit einem adeligen Fräuleinstift und einer
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TM Hauptwörter (200): [T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus]]