Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Die Geologie in der Schule - S. III

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
Vorwort. Über den Unterricht in der Geologie sind schon mancherlei Arbeiten er- schienen. Die meisten von ihnen beziehen sich auf die höheren Schulen. Dieses Buch hat ausschließlich den Unterricht in der Volksschule und in verwandten Schulgattungen (Mittelschule, Bürgerschule) zum Gegenstande. Wenn ich den Titel allgemeiner gewählt habe und von der Schule schlecht- hin spreche, so geschieht das nicht ohne Grund. Ich bin der Ansicht, daß die hier empfohlenen unterrichtlichen Grundsätze und Maßnahmen auch für höhere Schulen ihre Bedeutung haben und daß insofern das Buch auch für diese etwas zu sagen hat. Anfänger sind Anfänger, gleichviel, in welcher Schule sie sitzen. Aber nochmals sei es betont: Das Buch ist für Volks- schulen und verwandte Anstalten bestimmt. — Besonderen Zvert habe ich darauf gelegt, recht viele Einzelheiten praktisch darzustellen und Beispiele ausführlich zu behandeln, Für jeden, der nicht Fachmann auf dem Gebiete der Geologie ist, sind die besten Erörte- rungen über den Geologieunterricht wertlos, wenn ihm nicht zugleich in leichtverständlicher Zveise an Beispielen gezeigt wird, wie sich die Ausführung gestaltet. Die Forderungen, die in dieser Schrift aufgestellt worden sind, werden von den Freunden der Geologie wohl als zu niedrig erachtet werden. Dennoch glaube ich, daß wir froh fein dürfen, wenn sie überall zur Geltung und Durchführung kommen. Es kann ja nicht das Ziel des Unterrichts sein, eine bestimmte Menge geologischen Wissens zu übermitteln. Vielmehr kommt es darauf an, daß die Ainder die geologischen Erscheinungen ver- ständnisvoll sehen, daß sie geologisch beobachten lernen. Das aber lernen sie ohne große Gelehrsamkeit durch sinnliche Anschauung an der heimatlichen Scholle. Bemerken möchte ich noch, daß der Entwurf zu dieser Schrift schon seit Iahren abgeschlossen war, ohne daß ich mich entschließen konnte, ihn zu

2. Die Geologie in der Schule - S. 1

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
Gehört die Geologie in die Volksschule? Es ist sehr interessant, zu beobachten, wie ein jedes Unterrichtsgebiet sich methodisch anders gestallt, wenn die entsprechende Wissenschaft eine erhebliche Wandlung durchmacht. Nicht sogleich, aber doch in absehbarer Zeit macht die Schule den Schritt nach, und in ihrem kleinen Reiche wirkt ein Fort- schritt der Wissenschaft verhältnismäßig viel mehr umwälzend, als im Gebiete der Wissenschaft selbst, weil in der Schule nicht bloß die Behand- lungsweise, sondern auch die Auswahl und Anordnung des Unterrichts- stoffes eine durchgreifende Änderung erfährt. So hat z. B. die Systembildung Linnes dem Naturgeschichtsunterrichte lange Zeit ihren Stempel aufgedrückt. Mit der stärkeren Betonung des Entwicklungsgedankens mußte die Bedeu- tung der einzelnen Aörperformen für die Lebensfunktionen mehr in den Vorder- grund treten: die sogenannte „biologische" Methode hielt ihren Einzug in die Schule. Ähnliche Einwirkungen lassen sich auch an anderen Stellen der Volksschulmethodik beobachten. Und eine solche Wandlung vollzieht sich in unserer Zeit und vor unsern Augen. In der Geologie als Wissenschaft ist in den letzten Jahrzehnten ein Um- schwung eingetreten. Früher war ihre Arbeitsweise mehr systematischer Natur. Systematisch wurden die Formationen gegliedert und gefächert, sy- stematisch die Fossilien geordnet. Das war notwendig, um das reiche Tat- sachenmaterial, das die Forschung zutage gefördert hatte, zu meistern und sicher zu beherrschen. Ein derartiges Stadium hat wohl jede Wissenschaft, wenigstens jede, die sich auf ein reiches Studium realer Tatsachen gründet, einmal durchgemacht. Solange aber eine Wissenschaft auf dieser Stufe steht, ist an ihre Fruchtbar- machung in der Schule nicht zu denken. Die trockene Tatsachenkenntnis macht den Geist nicht satt, wenigstens dann nicht, wenn sie ihm nur in beschränktem Umfange dargeboten werden kann. Es ist allerdings nicht zu bestreiten, und mancher Naturfreund und mancher Fachmann kann es be- zeugen, daß auch das bloße Sammeln und Einordnen von Tatsachenmaterial einen Reiz hat und sogar eine gewisse Befriedigung gewährt, dann nämlich, wenn der Sammler über eine reiche Menge von Tatsachenwissen bereits ver- fügt. Hier ersetzt die Menge des beherrschten Stoffes das, was ihm an innerer Anregung fehlt. Damit erklärt sich von felbst, warum ein so gearteter Unter- haase, Geologie.

3. Die Geologie in der Schule - S. 2

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
2 Gehört die Geologie in die Volksschule? richtsstoff für die Schule nicht geeignet ist. Der geistige Gewinn, der dabei im günstigsten Falle herausspringt, würde zu der Unmasse von Merkstoff, mit der er erkauft werden müßte, in keinem Verhältnis stehen. Selbst wenn die Zeit dazu vorhanden wäre — es wird niemand behaupten wollen, daß eine moderne Schule Zeit zu verschwenden hat —, selbst dann würde die Unfruchtbarkeit seines Beginnens den Lehrer abhalten, solchen Stoff zu be- handeln. Daraus erklärt es sich, warum für die Geologie früher kein rechter Platz in der Schule war. L)eute ist das anders geworden. Mehr als je stehen in der Geologie die Probleme des Werdens im Vordergrunde der wissenschaftlichen Be- trachtung. Die Tatsachenforschung, die systematische Sichtung und Einordnung des neugewonnenen Materials fällt damit nicht fort — darauf kann eine Wissenschaft nie verzichten —, aber sie tritt mehr zurück. Die Geologie hat damit einen erheblich spekulativeren Charakter erhalten. Das Werden der Gesteine in der Gegenwart wird eingehend studiert, damit man daraus Schlüsse auf die Vorgänge der Gesteinsbildung in der Vergangenheit ziehen kann. Und auch in der Versteinerungskunde, in der Paläontologie, hat ganz naturgemäß der Entwicklungsgedanke mancherlei tiefgreifende Änderungen im Gesamtcharakter des Gebietes hervorgerufen. Auch hier tritt die bloße Beschreibung und die systematische Einordnung der Versteinerungen mehr und mehr zurück. Die Erforschung der Lebensweise der fossilen Tier- und Pflanzenwelt wird in steigendem Maße Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung. Auf der ganzen Linie hat also die Geologie ihren Tharakter geändert; in allen ihren Teilen ist sie lebensvoller, beziehungsreicher und damit für den Nichtfachmann interessanter geworden. Daß diese tiefgreifende Veränderung in der Wissenschaft nicht ohne Ein- fluß auf ihre Beurteilung in weiteren Areisen bleiben konnte, ist von vorn- herein klar. Auch hierin ist ein Umschwung eingetreten, und er machte sich schon vor dem "Kriege deutlich bemerkbar und wirkt heute noch weiter: das Interesse des gebildeten Publikums an geologischen Fragen ist heute lebhafter denn je. Das beweist die steigende Menge von volkstümlich-wissen- schaftlichen Büchern über Geologie, die alljährlich erscheinen und lebhaften Absatz finden. Und auch in Zeitschriften und in Vereinen wird der Geologie eine immer mehr steigende Aufmerksamkeit gewidmet. Ja, man kann ohne Übertreibung sagen, daß die Zeit kommt, in der man es einfach als eines Gebildeten unwürdig betrachten wird, auf dem Gebiete der Geologie gar nichts zu wissen. Und das wird in unserm „naturwissenschaftlichen" Jahr- hundert vermutlich recht bald der Fall sein. Es kommt damit in das Bildungsideal unsrer Zeit ein neuer Zug. Und wenn das Bildungsideal sich ändert, dann muß die Schule dieser Tatsache Rechnung tragen: sie muß sich dem veränderten Bildungsideale an- paffen. Das heißt auf unser Gebiet angewandt: die Schule muß der Geologie ihre Aufmerksamkeit zuwenden.

4. Die Geologie in der Schule - S. 3

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
Gehört die Geologie in die Volksschule? 3 Ob und wie weit der Weltkrieg diesen Vorgang beschleunigen wird, das muß noch dahingestellt bleiben. Es liegt aber die Vermutung nahe, daß er darauf fördernd einwirken wird. Der Stellungskampf hat ganz naturgemäß den Blick auf die Verschiedenheiten der Erdschichten gelenkt, ganz besonders auf dem westlichen Ariegsschauplatze, wo das Schützengrabensystem geologisch sehr abwechslungsreiche Gegenden durchschnitten hat und wo bei den Schanzarbeiten manches interessante Gesteinsstück, manche merkwürdige Versteinerung gefunden worden ist. N)ie mancher von den Soldaten, denen solche Stücke in die feinde fielen, mag derartige Dinge zum ersten Male gesehen oder sich zum ersten Male Gedanken über ihre Herkunft gemacht haben. Bedeutete es doch für viele von ihnen eine ganz neue lvelt, die sich ihnen da erschloß. Und gar manchem wird auch eine Ahnung von der praktischen Bedeutung geologischer Aenntnisse für den Bau der Schützengräben usw. zum Bewußtsein gekommen sein. N)ie gesagt, es ist noch nicht an der Zeit, festzustellen, was diese Tatsachen für die U)eiterver- breitung des Interesses an der Geologie zu bedeuten haben werden. Daß sie aber ganz spurlos am deutschen Volksgeiste vorübergehen sollten, das ist schwer denkbar, um so schwerer, als sie ja nur auf einen Vorgang einwirken, der ohnehin schon in lebhafter Entwicklung begriffen war. Jedenfalls steht fest, .daß die Geologie auf dem Marsche ist. Sollen wir nun die Hände in den Schoß legen und ruhig abwarten, bis die äußeren Verhältnisse die Einführung der Geologie erzwingen, so wie sie die Ein- führung anderer Fächer erzwungen haben? Das wäre töricht. Erstens handelt es sich ja genau betrachtet gar nicht um Einführung eines ganz neuen Stoffgebietes; denn dem „Reich der Steine" ist bisher schon immer ein bescheidenes Plätzchen auch in der einfachsten Dorfschule eingeräumt worden. Es handelt sich nur um eine stärkere Betonung und um eine neue Beleuchtung des geologisch-mineralogischen Unterrichtsstoffes. Und zweitens hat die Schule alle Ursache, die Geologie bald herbeizuwünschen. Das Bedürfnis danach ist unzweifelhaft vorhanden, und es verstärkt sich von Jahr zu Jahr. An der Unentbehrlichkeit der Geologie für den Unterricht in der Erd- künde zweifelt heute kaum noch jemand, und alle neueren methodischen Handbücher und Aräparationswerke aus dem Gebiete der Erdkunde ver- treten diesen Gedanken bereits als etwas Selbstverständliches. Und die Erd- künde ist ein <£ach, dem wir mehr und mehr unsere Aufmerksamkeit zu- wenden müssen. Xdir sind ein Volk der Industrie und des Welthandels geworden und werden es von Jahr zu Jahr mehr. Und diese Entwicklung wird durch die Ereignisse des Weltkrieges sicher ganz erheblich beschleunigt werden. Im gleichen Maße gilt es bei unsern Schülern das geographische Interesse wachzurufen und zu pflegen. Die Erdkunde aber beschäftigt sich mit den Beziehungen, die zwischen der Erdrinde und ihren Bewohnern statthaben. Demnach bildet die \ *

5. Die Geologie in der Schule - S. 5

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
Gehört die Geologie in die Volksschule? 5 An dieser Stelle erscheint es aber wichtiger, auf eine andere Seite der Erdkunde stärker hinzuweisen, nämlich auf die Wirtschaftsgeographie Die menschliche Tätigkeit hängt meistens fest zusammen mit dem Boden, auf dem sie sich entfaltet. Das gilt natürlich in erster Linie von den In- dustriezweigen, die sich mit der Hebung der Bodenschätze befassen (Aohlen- und Erzbergbau, Schieferindustrie usw.). Aber auch an anderen Beschäfti- gungsarten ist der Zusammenhang leicht nachweisbar. So sind die Diluvial- Abb. 2. Der Basteifelsen in der Sächsischen Schweiz. gebiete mit ihrem scbwereu, tiefgründigen Lehm- und Lößboden vorzügliche Landwirtschaftsgebiete. Die Buntsandsteingegenden hingegen tragen häufig weite Laubwaldungen und sind daher Gebiete der Forstwirtschaft und der Holzindustrie usw. fernerhin ist der menschliche Verkehr von der Geländeform abhängig. Es ist kein Aufall, daß die wichtigsten Kanäle und viele der größten Eisen- bahnlinien in den diluvialen Urstromtälern entlang führen und daß um- gekehrt die größten Tunnelbauten im gefalteten Gebirge nötig werden.

6. Die Geologie in der Schule - S. 6

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
6 Gehört die Geologie in die Volksschule? Alle diese kleinen Beispiele und hinweise, die sich mit Leichtigkeit ver- mehren ließen, weisen uns darauf hin, daß zum Verständnis der Erd- künde die Geologie nötig ist. Und diese Erkenntnis hat sich schon Bahn gebrochen, indem, wie oben schon angedeutet wurde, alle modernen Lehrbücher für den geographischen Unterricht darauf eingehend Bezug nehmen. Kommt die Verbreitung geographischer Kenntnisse in erster Linie dem werdenden Zvelthandelsvolke zugute, so gilt ein Gleiches hinsichtlich der technologischen Kenntnisse für das werdende Industrievolk. Und da muß gesagt werden, daß gerade um unserer Industrie willen unser Volk neben der Technologie noch recht viel Geologie lernen muß. Der Geologie dankt es die Vorarbeiten für seinen blühenden Kohlenbergbau mit all seinen praktischen folgen für die Textilindustrie und für so viele andere Fabrika- tionszweige und ebenso die Vorarbeiten zu seinen: gewaltigen Eisenerzabbau und der mächtigen, von den Konkurrenzländern gefürchteten Eisenindustrie. Dem blühenden Steinkohlen- und Erzbergbau hat es unser Volk in erster Linie zu danken, daß es im Weltkriege allen Bestrebungen, es durch Ein- kreisung und Abschluß vom Weltverkehr zu ersticken, Trotz bieten konnte; daß es nicht nötig hatte, sein Gold in fremde Länder fließen zu lassen, um nur durchhalten zu können. Der Bergbau aber wäre ohne die £)ilfe der Geologie niemals zu dieser Höhe emporgewachsen. Und so ließe sich auch hier noch vieles anführen. Bei dieser hohen Bedeutung der Geologie ist es unbedingt nötig, daß in unserm Volke geologisches Interesse geweckt und geologische Kenntnisse verbreitet werden. Steinmann hat vollkommen recht, wenn er sagt: „U)er beobachtet hat, welche unglaublichen Verluste an Nationalvermögen ent- stehen durch die fast vollständige Unkenntnis selbst in den elementarsten Dingen (z. B. durch gänzlich aussichtslose Bohrungen auf Erz, Kohle, Zdafser usw.), wer weiß, wieviel Unheil in hygienischer Beziehung durch Unwissenheit in den einfachsten geologischen Verhältnissen angerichtet werden kann (und angerichtet worden ist), wird mir zustimmen, wenn ich die Aus- süllung dieser Lücke in unserm Schulunterricht als eine der wichtigsten For- derungen unserer Schulreform bezeichne/") Nach den seitherigen Ausführungen möchte es scheinen, als sei die Geo- logie in der Schule lediglich ein Hilfsgebiet für die Erdkunde und die Themie (die chemische Technologie). U)äre sie aber nichts weiter als eine dienende Magd für andere, so könnte man gegen ihre Einführung mancherlei Ein- wände erheben, denen man eine gewisse Berechtigung nicht absprechen könnte. So könnte man sagen, daß man irgendwelche zusammenhängenden Beleh- rungen über Geologie entbehren und sich darauf beschränken kann, an den Stellen, wo man ohne eine geologische Erklärung nicht auskommt, diese kurz einzufügen. *) Der Unterricht in der Geologie und verwandten Fächern auf Schule und Univer- sität. — Natur und Schule Bd. Vi, £}eft 6, 5. 265.

7. Die Geologie in der Schule - S. 7

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
Gehört die Geologie in die Volksschule? 7 Demgegenüber muß betont werden, daß die Geologie als Lehrfach ihre Ligenwerte hat, und daß sie um ihrer selbst willen einen Platz im Lehrplan der Schule verdiente, auch wenn sie nicht für andere Fächer von Bedeutung wäre. lvorin bestehen diese Ligenwerte? Zunächst sei betont, daß die Geologie ihren Jüngern die Augen öffnet für die Naturverhältnisse ihrer allernächsten Umgebung. Diesen Vorzug teilt sie mit allen übrigen naturkundlichen Fächern, wenn der Unterricht darin recht gehandhabt wird. Aber schon hierbei zeigt die Geologie ihre Eigenart: In ihr Stoffgebiet fällt unterrichtstechnisch so viel Unscheinbares, so viel in seiner Alltäglichkeit wertlos erscheinendes Beobachtungsmaterial, und dieses wird in so eigenartiger Weise beleuchtet, daß es künftig den betrachtenden Blicken gar nicht mehr unbedeutend erscheint. Wer einmal beobachtet hat, welche Freude den Jungen die Beobachtung einer Regenpfütze macht, nachdem sie gesehen haben, daß das Aufreißen des Bodens beim Eintrocknen der Pfütze den Vorgängen in der Buntsandsteinzeit entspricht, die zur Bildung der Netzleisten (Abb. 9) geführt haben, oder die Beobachtung einer Schlittenbahn, nachdem sie die Bedeutung der Regelation für die Bewegung der Gletscher erkannt haben, die ihnen durch die Betrachtung der Eiszeitspuren nahegebracht worden ist — wer diese Freude am eignen verständnisvollen Schauen an seinen Schülern beobachtet hat, der wird schon deswegen die Geologie nicht missen wollen, weil sie die Sinne schärft und dazu beiträgt, daß nichts dem Zöglinge unbedeutend und verächtlich bleibe, was die Natur dem Auge darbietet. Die Fähigkeit, mit dem geistigen Auge titehr zu sehen, als sich dem leiblichen Auge dar- bietet, die Fertigkeit, im Buche der Natur zwischen den Zeilen lesen zu können, ist eine der schönsten Gaben, die der naturkundliche Unterricht den Schülern mitgeben kann, und ganz besonders kann er dies in der Geologie. Das führt schon hinüber zu dem folgenden Gedanken: Auch in for- maler Einsicht hat die Geologie ihre Eigenwerte. Breiten Raum nimmt im Denken und Forschen des Geologen das Erschließen der Werdevorgänge aus den Eigenschaften des Gewordenen ein. Wir werden auf diesen Punkt noch ausführlich zurückkommen, Hier fei nur so viel bemerkt, daß die Geo- logie der denkenden Überlegung ein weites Feld darbietet, ein Übungsseld, wie es nicht leicht ein zweites naturkundliches Gebiet in dieser Einsicht darzubieten vermag. Wir wollen nicht verkennen, daß ein Spekulieren auf naturkundlichem Gebiete die Schüler zu leichtfertigen Schlußfolgerungen und schnellem Fertigsein mit dem Wort veranlassen kann. Die Zoologie und Botanik sind seit dem Einzüge der biologischen Betrachtungsweise nicht immer frei davon geblieben, das muß ganz offen gesagt werden. Wer aber die nötige Vorsicht walten läßt, durch stetes Zurückgehen aus die Tatsachen eine strenge Kontrolle übt, nichts „unterlegt", wo es nichts „auszulegen" gibt, der wird seine Schüler leicht vor allzuraschem „Erklären" bewahren können, und dem bietet das Durchdenken der Erscheinungen auf dem Gebiete

8. Die Geologie in der Schule - S. 9

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
3» welchem Umfange gehört die Geologie in die Volksschule? 9 der geistigen Reife der Schüler. In den höheren Schulen sind die vor- bedingungen für einen systematischen Unterricht in der Geologie erfüllt, und es ist erfreulich zu sehen, wie er dort mehr und mehr Boden faßt. Es soll hier nun zwar nicht von dem Unterricht an höheren Schulen die Rede sein; ich glaube aber doch, daß mancher der im folgenden dargelegten Gedanken auch auf ihn anwendbar ist. Denn wir haben es überall, in niederen und in höheren Schulen, mit Anfängern zu tun, und unser Ziel ist hier wie dort, nicht Fachleute heranzubilden, sondern Beobachter, Naturfreunde, nicht „virtuosen" des Faches, sondern „Liebhaber". Von der ungeheuren Tatsachenfülle, mit der es die Geologie zu tun hat und die seither der Schrecken aller Anfänger in dieser Wissenschast war (und zum Teil noch ist!), kann man in einfacheren Schulverhältnissen nur das Allerwichtigste, das Allerbedeutsamste darbieten. Das aber ist ohne Schwierigkeit möglich, wenn man die Sache richtig angreift. Denn eine gewisse systematische Vollständigkeit braucht nur zu herrschen in der Er- örterung der allgemeinen Probleme. Und auch hier nur Vollständigkeit bis zu einem gewissen Grade! Davon, daß etwa jede geophyfifche Erschei- nung den "Kindern vorgeführt werden müsse, kann keine Rede sein! Es handelt sich nur darum, daß die wichtigsten geologischen Aräfte in ihren Wirkungen erkannt und gewürdigt werden. Es kommen in Frage: Vulkanismus, tektonische Verschiebungen in der Erdrinde, zer- störende und aufbauende Wirkung von Wasser, Eis und Wind; ausbauende Tätigkeit der Organismen. Wird als richtig anerkannt, daß das Ziel des geologischen Unterrichtes die Befähigung zur geologischen Beobachtung ist und daß dazu die Aenntnis der wichtigsten geologischen Vorgänge nötig ist, so ist damit über das Unterrichtsverfahren, die Stoffanordnung usw. noch nichts gesagt, denn die erforderliche Reihe allgemeiner Begriffe kann dem Zöglinge auf verschiedene Weise dargeboten werden. Die schlechteste Weise ist jedenfalls die, bei der dem Schüler der allge- gemeine Teil der Geologie in systematischer Anordnung vordoziert wird. Der Schüler ist dabei genötigt, jeden allgemeinen Begriff ganz abstrakt zu erfassen, ihn innerhalb seines Zusammenhanges mit andern allgemeinen Begriffen auszudenken und zugleich auch noch den für ihn durchaus nicht selbstverständlichen logischen Faden der ganzen Begriffsreihe zu verstehen. Und das alles ohne die breite Basis der Anschauung. Dieses Verfahren eignet sich allenfalls für Vorgeschulte, die bereits über ein reiches Wissensmaterial verfügen und den Wunsch haben, in dasselbe systematische Ordnung zu bringen, aber nicht sür den Ansänger. Auf dem Lehrpulte der Universität mag es am Platze sein, auf das der Schule gehört es nicht. Steinmann hat völlig recht, wenn er sagt: „Es ist wohl bequem, aber, wie schon öfter betont worden, pädagogisch unrichtig, den Universitätsunterricht einfach in

9. Die Geologie in der Schule - S. 16

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
16 Die geologischen Beobachtungen auf heimatkundlichen Ausflügen. ö* Die geologischen Beobachtungen auf heiinatkund- lichen Ausflügen. „Nichts ist im Verstände, was nicht zuvor in den Zinnen gewesen ist." Diesen Satz und seine unterrichtlichen Folgerungen kann sich der Lehrer und ganz besonders der Lehrer der naturwissenschaftlichen Gebiete gar nicht klar genug vor Augen halten. Durch das Wiedergeben vorgesprochener U)orte wird kein Schüler in das verständnisvolle Beobachten in der Natur eingeführt. Selbst muß er sehen und hören und betasten, ja auch riechen und schmecken, wenn es sein muß. Dann, aber auch nur dann kann in ihm das Interesse an den Naturgegenständen wach werde??, das ganz allein die Grundlage für das eigne, verständnisvolle Beobachten in der Natur ist. Und wir sind in dieser Einsicht im Naturgeschichtsunterrichte wirklich gut daran! Aaum ein zweites Gebiet kann sich dessen rühmen, daß in ihm so viele wirkliche Dinge vor die Sinne der Schüler hingestellt werden können, wie es in der Naturgeschichte der Fall ist. Und auch das fei gesagt, daß wohl kaum in einem zweiten Gebiete so ausgiebiger Gebrauch von der sinn- lichen Anschauung schon immer gemacht worden ist wie hier. Dennoch: Wie vieles könnte in dieser Einsicht noch geschehen, ja, wie vieles muß noch geschehen, wenn der Unterricht seiner Aufgabe in vollem Maße gerecht werden will. U)ie viel häufiger müßte z. B. der Unterricht im Freien abgehalten werden. Das ist eine Forderung, die schon Roßrnäßler ein- dringlich erhoben hat, die aber heute noch längst nicht in wünschenswertem Maße erfüllt wird. Und doch, bei noch schlechterem Unterrichte haben viele von uns recht gut beobachten gelernt dadurch, daß sie gute Bilder benutzt haben. Die Betrachtung von Bildern ist bei weitein kein so schlechter Ersatz für den wirklichen Gegenstand, wie uns manche moderne Methodiker glauben machen möchten. In Zoologie und Botanik läßt sich vieles tatsächlich recht gut im Bilde veranschaulichen. U)ie vielen, die einen schlechten Natur- geschichtsunterricht genossen haben, sind späterhin durch gute Abbildungen in Lehrbüchern die Augen geöffnet worden für die Lebensverhältnisse der Naturwesen. Selbstverständlich sind und bleiben auch in Zoologie und Botanik das Tier und die Pflanze in ihrer natürlichen Umgebung die besten Anschauungsmittel, die es geben kann. Aber die Mängel und Schwächen ihrer bildlichen Ersatzmittel sind immerhin erträglich. Das ist in der Geologie ganz anders. Hier versagen die Abbil- düngen nahezu vollständig; denn eine ganze Menge geologischer Einzel- heiten läßt sich im Bilde nicht wiedergeben. Man denke nur an die bild- liche Darstellung eines Gesteins. Zur Not wird es dem Zeichner ge- lingen, die gröbere Struktur zum Ausdruck zu bringen. Aber damit ist auch das höchste geleistet, was geleistet werden kann, und das reicht nur

10. Die Geologie in der Schule - S. 19

1918 - Leipzig : Quelle & Meyer
Die geologischen Beobachtungen auf heimatkundlichen Ausflügen. 1 9 Was draußen in der Natur dann an geologischen Dingen zu beobachten ist, worauf besonders zu achten ist, das soll an einigen Beispielen gezeigt werden. Als erstes Beispiel diene eine Betrachtung des in Nord- und Mittel- deutschend und in der oberrheinischen Tiefebene weitverbreiteten Löß. Ivo er auftritt, da ist er auch meistens irgendwie erschlossen, sei es in natürlichen Steilwänden (in Hohlwegen), sei es in künstlichen Lößgruben (im Volke meistens Lehmgruben genannt); denn der Löß liefert in den Gegenden, die an festem Gestein arm sind, ein brauchbares Baumaterial („Zdellerwand" im Mansfeldischen). An sich betrachtet ist der Löß ein recht „uninteressantes" Gestein: ohne Schichtung, recht oft ohne Versteinerungen, häufig auch ohne alle Einschlüsse. Und wenn diese vorhanden sind, so sind auch sie wieder eintönig genug. Aber gerade wegen dieser Einförmigkeit sei er herausgegriffen, gerade des- halb ist er geeignet, zu zeigen, daß auch in geologisch „uninteressanten" Gegenden fruchtbringende Beobachtungen möglich sind. Bei unserm Besuche eines Lößausschlusses stellen wir zunächst die sinn- fälligsten Eigenschaften fest: Graugelbe bis braungelbe, feinerdige Masse, Fehlen jeder Schichtung, Fehlen von Einschlüssen. Die letztere Eigenschaft ist besonders dann stark zu betonen, wenn in der Heimat noch diluvialer Geschiebelehm zu beobachten ist; denn das Vorhandensein von Geschieben ist ein auffallendes Kennzeichen des Lehmes, der sonst dem Löß sehr ähnlich sein kann. Dem Löß fehlt auch die Anetbarkeit des Lehmes. Unsre nächste Frage wird nun sein: Zvoraus besteht der Löß? Um diese Frage zu beantworten, reiben wir eine geringe Menge davon zwischen den Fingerspitzen. Dann behalten wir nach kurzer Zeit Feinsand übrig, winzige Splitterchen oder Bröckchen von festem Gestein. Die übrigen Be- standteile sind so feinerdig, daß sie sich in die Riefen der haut einreiben. Betrachtet man den Feinsand mit der Lupe, so zeigt sich, daß die einzelnen Splitterchen scharfkantig sind, nicht gerundet, nicht eiförmig, wie Sandkörn- chen sonst geformt zu sein pflegen, was darauf schließen läßt, daß sie beim Transport nicht an andern Gesteinsbrocken gerieben und abgeschliffen worden sind, wie das beim Transport im Wasser unvermeidlich ist. Die feinerdigen Bestandteile sind hauptsächlich Ton und Aalk. Den Ton erkennt man leicht an dem „Tongeruch", den man wahrnimmt, wenn man den Löß anhaucht. Um den Aalk zu erkennen, betropft man den Löß mit etwas Salzsäure; man erkennt dann den Aalkgehalt an dem Aufbrausen. Die Bestandteile sind also: Feinsand, Ton und Aalk. Die Untersuchung wegen der Ursache der gelben Farbe (Eisenhydr- oryd) läßt sich nicht an Ort und Stelle ausführen. Man nimmt sie also später zu Hause vor. In den oberen Lagen des Löß, gelegentlich wohl auch in der Mitte, beobachten wir eine dunklere, braungefärbte Zone. Dort ist die Masse von 2*
   bis 10 von 1287 weiter»  »»
1287 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1287 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 74
1 21
2 4
3 36
4 57
5 489
6 3
7 348
8 1
9 23
10 94
11 0
12 9
13 8
14 6
15 20
16 132
17 0
18 33
19 84
20 3
21 7
22 3
23 5
24 73
25 35
26 33
27 16
28 45
29 58
30 85
31 1
32 6
33 95
34 5
35 6
36 46
37 695
38 97
39 135
40 1
41 0
42 4
43 95
44 3
45 175
46 6
47 9
48 11
49 5

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 2
1 265
2 1
3 62
4 63
5 8
6 58
7 0
8 6
9 32
10 3
11 27
12 65
13 19
14 6
15 12
16 144
17 501
18 0
19 116
20 0
21 177
22 28
23 53
24 62
25 9
26 13
27 3
28 149
29 4
30 4
31 4
32 12
33 1
34 5
35 4
36 73
37 7
38 44
39 170
40 45
41 31
42 71
43 20
44 10
45 214
46 12
47 1
48 8
49 18
50 3
51 16
52 21
53 7
54 116
55 6
56 3
57 12
58 10
59 22
60 44
61 42
62 1
63 6
64 3
65 7
66 25
67 3
68 28
69 18
70 69
71 19
72 90
73 8
74 0
75 77
76 83
77 684
78 2
79 32
80 24
81 15
82 188
83 23
84 75
85 5
86 4
87 152
88 5
89 0
90 8
91 119
92 393
93 7
94 338
95 4
96 1
97 2
98 52
99 2

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 33
1 25
2 47
3 30
4 0
5 40
6 64
7 49
8 3
9 0
10 9
11 5
12 148
13 80
14 7
15 4
16 0
17 17
18 2
19 16
20 1
21 1
22 1
23 3
24 22
25 39
26 13
27 1
28 41
29 19
30 2
31 4
32 29
33 147
34 58
35 12
36 10
37 0
38 8
39 54
40 4
41 28
42 87
43 93
44 6
45 2
46 26
47 28
48 3
49 4
50 139
51 354
52 92
53 0
54 14
55 0
56 4
57 1
58 2
59 157
60 5
61 16
62 10
63 1
64 3
65 42
66 0
67 3
68 2
69 0
70 1
71 20
72 12
73 1
74 6
75 15
76 2
77 4
78 47
79 1
80 4
81 586
82 23
83 8
84 42
85 3
86 3
87 2
88 1
89 37
90 2
91 15
92 4
93 6
94 4
95 69
96 3
97 11
98 2
99 24
100 204
101 6
102 235
103 3
104 1
105 8
106 16
107 23
108 0
109 3
110 25
111 63
112 56
113 5
114 41
115 1
116 72
117 3
118 3
119 13
120 7
121 71
122 12
123 53
124 65
125 99
126 2
127 18
128 0
129 56
130 1
131 103
132 1
133 30
134 0
135 0
136 84
137 19
138 0
139 6
140 10
141 9
142 40
143 43
144 8
145 15
146 6
147 3
148 1
149 0
150 0
151 47
152 114
153 0
154 25
155 25
156 26
157 11
158 0
159 1
160 3
161 10
162 2
163 0
164 4
165 4
166 11
167 13
168 33
169 25
170 2
171 1
172 4
173 21
174 3
175 135
176 1
177 29
178 0
179 27
180 4
181 5
182 25
183 220
184 1
185 11
186 1
187 4
188 35
189 2
190 19
191 1
192 4
193 2
194 2
195 18
196 169
197 0
198 4
199 9