Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Darstellender Anschauungsunterricht - S. III

1914 - Langensalza : Kortkamp
Darstellender ~ Anschauungsunterricht bearbeite! von Dr. pbil. E. Dickhosj, Stadt- und Kreisschulinspektor in Berlin Otto Schmidt, Karl Groch, Rektor in Berlin Lehrer in Berlin mit zahlreichen Textzeichnungen von Ernst Redlich, Lehrer in Berlin Zweite und dritte Auflage 1914 Friedrich Kortkamp Inhaber Kortkamp & Scholz (Schulbuchhandlung von F. G. L. Greßler) Langensalza.

2. Darstellender Anschauungsunterricht - S. VII

1914 - Langensalza : Kortkamp
- Vii - neuer geistiger Inhalt entsteht, der sich als inneres Erlebnis darstellt. Auch in anderer Hinsicht rechtfertigt sich der Titel des Werkes. Es will nicht bloß den psychischen Erwerb der heimatlichen Sach- Vorstellungen selbsttätig gestalten lehren, sondern auch die äußeren Formen des Darstellens pflegen, namentlich auch durch diebetätigungderhand. Die Verfasser haben sich bei jedem Anschauungsstoffe gewissenhaft gefragt, welche für das geistige Wachs- tum der Kinder wichtigen Stoffe sich zur Behandlung besonders eig- nen: seien es Stoffe sprachlicher Darstellung in Prosa oder Poesie, seien es Rätsel oder Scherzfragen, seien es Dinge, die ein körperliches Gestalten durch Formen, Legen, Ausschneiden, einfache, vom Kinde darstellbare Zeichnungen oder Lehrerskizzen an der Wandtafel als besonders zweckmäßig erscheinen lassen. Nahezu 150 Zetchentäfelchen sind in den Text bei den einzelnen Abschnitten eingefügt. Sie geben in körperhafter Zeichnung die Formübungen, in Silhouettenform die Ausschneideübungen und in Strichzeichnungen die Legeübungen mit Stäbchen an. Die Schüler- und die Lehrerzeichnungen sind in einfachen Rissen gezeichnet: viele Bilder deuten für den weniger zeichenkundigen Lehrer auch reichlich zeichnerische Hilfen an. Diese Dinge aber werden nicht als die Hauptsache im Unterricht angesehen, sie dienen wesentlich nur zur Klärung in den Fällen, wo sie besser als das Wort die Anschauung darstellen oder die sprach- liche Darstellung unterstützen. Seinen Stoffen nach trägt das Werk zunächst den Charakter eines Berliner Heimatbuches. Für die Auswahl waren in erster Linie die Forderungen des neuen Berliner Grundlehrplans maß- gebend Wenn aus diesem Grunde die heimatkundlichen Stoffe der großstädtischen Kultur in erster Reihe darin vertreten sind, so haben die Verfasser doch auch die Momente berücksichtigt, ohne die für die Städter ein Umgang mit der Natur nicht gut möglich ist. Zudem sind auch die Stoffe nicht außer Betracht gelassen, die für Kinder ein- facher Schulverhältnisse und des Landes unterrichtliches Interesse die- ten und daher Behandlung verdienen. Eine sachliche Ergänzung mit Rücksicht auf die besonderen lokalen Verhältnisse wird sich unschwer vornehmen lassen, ja ergibt sich mitunter von selbst auf Grund der Schülerantworten. Der praktische Teil zeigt die Lehrstoffe in syste- matischer Folge; die theoretischen Bemerkungen dazu enthalten auch den Plan des heimatkundlichen Unterrichts. Wir haben nicht die Absicht verfolgt, dem Lehrer ein Gängelband für den Un- terricht anzulegen, es kam uns darauf an, die Anschauungs- stoffe in methodischem Aufbau zu zeigen. Das Erarbeiten all dieser Vorstellungen kann nicht in einem Buche, sondern nur in der Schul- stube gezeigt werden. Darum sind wir auch in der Beigabe von

3. Darstellender Anschauungsunterricht - S. 35

1914 - Langensalza : Kortkamp
— 35 — hat, täuscht über den wahren Inhalt hinweg. Erst wenn der Inhalt vollständig geworden ist und die Eigenschaften als in einem logischen Zusammenhange stehend erkannt werden, ist es eine brauchbare Münze des mündlichen Verkehrs und des Bildungserwerbs. Eine allgemeine Bedeutung kommt den sprachlichen Zeichen erst dann zu, wenn die Anschauung so weit entwickelt ist, daß das Wort mehr als eine ?-ndividualbenennnng bedeutet. Diese Verallgemei- nerung, die zum begrifflichen Denken schließlich hinführt, muß der Anschauungsunterricht leisten. Erst wenn das Wort „Vogel" nicht wie auf der primitiven Stufe nur einen unbestimmten Eindruck wiedergibt, auch nicht bloß etwa einen bestimmten Kanarienvogel, den das Kind kennt, bedeutet, sondern wenn in diesem Worte die Merkmale sich aussprechen, die durch die Ähnlichkeiten im Bau und Leben dieser Tiere bestimmt werden, ist das Ziel der Anschauungs- arbeit erreicht. Wenn der klärende und erweiternde Anschauungs- Unterricht diese Arbeit leistet, vermehrt er nicht nur den Sprachschatz des Kindes, der Ausdruck wird nun zu einem Netz, das die Seele auswirft, um neue Anschauungen zu fangen, wie S t e i n t h a l sich ausdrückt. Es ist für den Spracherwerb wichtig, die Entwickelung so zu leiten, daß die F o r m e n des Dialekts den Ausgangs- punkt für unterrichtliche Belehrungen bilden. Man soll nicht ver- langen, daß der Gebrauch der hochdeutschen Sprachform der u n- bedingte Ausdruck der Anfänger sei. Man darf die Antwor- ten im Dialekt zunächst ruhig entgegennehmen und wird sie sogar in freundlichem Entgegenkommen als willkommene Beiträge schätzen. Nur vorsichtig führt man diese Ausdrücke so in die hochdeutsche Form über, daß das Weben des lebendigen Sprachgeistes bei der Um- gestaltung nicht unterbrochen wird. Keineswegs darf sich der Lehrer befugt halten, einen spezifisch heimatlichen Ausdruck, eine mundartliche Wendung, wenn sie sachlich richtig ist, aus sprachlichen Gründen als falsch zu bezeichnen. Das geschilderte Zusammenweben der Ausdrücke erhält bei der Erörterung der Ableitungen erhöhte Bedeutung. Wenn dem Kinde, wie K. R i ch t e r in seinem bekannten Werke über den Anschauungs- Unterricht anführt, der Zusammenhang zwischen „Weizen" und „weiß", „heizen" und „heiß", „spicken" und „Speck", „nisten" und „Nest", „Schelle" und „schellen", „sprengen" und „springen", „Spin- ne", „spinnen", „spannen", „widerspenstig" u. a. m. zum Bewußtsein gebracht wird, so geht ihm ein ganz neues Licht auf über die Ent- stehung und Bildungsweise einer ganzen Anzahl ähnlicher Wörter, deren Bedeutung es wohl ahnte und oberflächlich verstand, die aber nun einmal einen ganz neuen Inhalt bekommen. Ähn- liches gilt auch bei Zusammensetzungen und ganzen Redewendungen. 3*

4. Darstellender Anschauungsunterricht - S. 37

1914 - Langensalza : Kortkamp
— 37 — Die Aktivität aber, die das Ziel der Kulturpädagogik unserer Zeit ist, bildet zugleich das Mittel zur Entfaltung der Kräfte. Wenn K ü h n e l in seinem Werke „Moderner Anschau- ungsunterricht" (Leipzig, Klinkhardt. 4./5. Aufl. S. 92 ff.) als Grund- sätze für unseren Unterricht den Obergedankenderanschau- ung, die tatsächliche sinnliche Nähe des Objekts for- dert, das wirklich und allseitig erforscht wird, für die D e u t l i ch k e i t der sinnlichen Erfahrung mit größtem Nachdruck auftritt und dem Wirklichkeitssinn in der logischen Schluß- folgerung aus den beobachteten Tatsachen so hohen Wert beimißt, so stimmen wir ihm, wie unsere Ausführungen zeigen, in vollen: Umfange zu. Aber wir heben gleichzeitig hervor, daß für die schöpferische Synthese zu diesen Bedingungen die Z i e l v o r st e l- lung mit ihrer leitenden Kraft treten muß, die Ziel- Vorstellung, die sich zwar in fortleitenden Einzelheiten nach dem In- halt der jeweiligen Untersuchung wandelt und sogar heterogene Be- standteile aneinanderfügen darf, die aber in ihrem inneren Sinn zu- sammengehalten werden muß durch das Grundthema, das schon der Ausgangspunkt als Problem aufrollte. So wird der Weg in der Bildung der Anschauung von Schritt zu Schritt zur Erziehung denkender, fühlender und wollender Kulturträ- ger führen. S. Die Stoffe des Anschauungsunterrichts. Der bisherige Anschauungsunterricht hat in der neueren Zeit durch Gansberg und Scharrel mann scharfe Angriffe erfahren. Mit poetischem Blick haben sie das Leben des Alltags durchdrungen und gefunden, daß hier sch ätzenswerte Ele- mente des Geisteslebens zu finden sind. Sie sind für die Verwendung dieser kraftbildenden Nährstoffe und die Gestaltung eines innigen Verhältnisses in der Schülergemeinschaft eingetreten. Sie haben eindringlich gezeigt, daß nur ein lebensvoller herzhafter Unter- richt das kindliche Geistesleben vollkräftig entwickelt und haben den Weg gewiesen, auf dem man in die Schule Lebenslust und Freude bringen kann. Wer die Welt mit Dichteraugen sieht, wie diese beiden Methodiker, übersieht aber leicht nach der anderen Seite hin wichtige Faktoren bei der Bildung der Anschauungen, wenn er nicht gar trügerischen Boden betritt. Gansberg will zunächst dem Anschauungsunterricht in der Groß- stadt die st ä d t i s ch e Kultur erschließen. Er meint, daß Stadt- kinder an den dörflichen und naturgeschichtlichen Stoffen des bis- herigen Unterrichts kein ursprüngliches Interesse hätten, weil diese

5. Darstellender Anschauungsunterricht - S. 38

1914 - Langensalza : Kortkamp
Verhältnisse der städtischen Lebensgemeinschaft zu ferne lägen und zu gering an Umfang und Tiefe wären. Er erwartet von der unter- richtlichen Beachtung des alltäglichen Lebens in Haus und auf der Straße der Großstadt bessere Lehrerfolge, als von der Besprechung von Lerche, Bienchen, Böckchen, Gänschen und Häschen; denn das Stadtkind kenne diese Dinge nicht, und darum leben diese Dinge für es nicht. Sie bieten der Phantasie nichts, „nichts als Aufzählungen, Feststellungen, Begleichungen und Beschreibungen", und dabei schläft die Klasse ein. Zunächst ist es nun, nach Meinung aller unbeirrten Pädagogen, das Ziel des Anschauungsunterrichts, das gesamte Kulturgut in seinen elementaren Formen den Kinderaugen zu er- schließen. Dazu gehört auch neben der Kultur der Stadt die Natur, die jede Stadt umgibt, die mit tausend und abertausend Beziehun- gen ins steinerne Meer hineinreicht. Es wäre ein grobes Versehen, wollte man die Natur und das Leben der Tiere und Pflanzen vom Lehrplan der Großstadt ausschließen, die Apperzeptionsstützen zur Auffassung jener in manchen Schriften geschmähten Naturdinge dürfen nicht fehlen. Andererseits hat Gansberg Recht, wenn er die bis- herige Vernachlässigung des Stadtlebens und der großstädtischen Verhältnisse bekämpft. Es gibt schlech- terdings auch für dos Stadtkind im Stadtleben weite Gebiete, die wertvolles Bildungsgut enthalten, das nicht vernachlässigt werden darf. Freilich wird die Behandlung der Naturgegenstände in der Stadt eine andere sein müssen als auf dem Lande, wo alles lebens- frisch ist; aber diese Art der Berücksichtigung ist eine Frage der M e- t h o d e und nicht eine der S t o s s a u s w a h l. Eine weitere Gegnerschaft ist im Anschauungsunterricht dem Stoffgebiete der Beschreibungen erwachsen. Die konkreten Dinge, die in natura vor die Seele treten und betrachtet werden, sollen kein geeigneter Anschauungsstoff sein, nur das Leben an den Dingen, „wie sie leben, sich verändern, wie sie wirken und mit andern Dingen Verbindungen eingehen —" erscheint Gansberg als das Alleinwichtige. Die Schilderungen und Erzählungen sind ihm demnach die hervorragendsten Mittel, das Leben zur Darstellung zu bringen, und die Pflege der Phantasie, das Schaffen eines neuen Bildes aus der Erinnerung ist ihm wichtiger als die Sinnesbildung. Gansberg will lieber ganz fernliegende Stoffe an die Kinder heranbringen, er verlangt nur, daß Leben und Funktion in ihnen dargestellt werden können. Er will den Anschauungsunterricht sogar zu einem Weltanschauungsunterricht hinaufführen. Dieses Emporbilden soll durch belebende Ideen geschehen, die auch noch dem Lehrer zu denken geben. „Sie sollen nicht ausgesprochen werden, sie sollen nur durchklingen, ahnen lassen, sollen dem Unter-

6. Darstellender Anschauungsunterricht - S. 2

1914 - Langensalza : Kortkamp
— 2 — gung keineswegs das unterscheidende Prinzip, der Arbeitsgedanke will vielmehr aufgefaßt werden als eine Methode der geifti- gen Bildung. Bevor wir die Durchführung des Arbeitsgedan- k e n s auf dem Gebiete des elementaren Sachunterrichts zeigen, müssen wir die allgemeinen Vorfragen erörtern, die zur Fundierung eines didaktischen Hilfsbuches notwendig sind. Diese Vor- fragen sind zunächst psychologischer Art. Es muß die Frage beantwortet werden, welche Ansätze die Natur des Kindes für die Gestaltung des Weges der Selbsttätigkeit besitzt. Dabei werden einer- seits die Ergebnisse der Psychologie des Kindes berück- sichtigt werden müssen, andrerseits wird der Lernprozeß in seinen G r u n d z ü g e n darzustellen sein. Erst nach der Erledi- gung dieser Vorfragen können die eigentlichen Fragen aufgerollt werden, die nach den Bedingungen forschen, unter denen die Übermittelung des Bildungsgutes vor sich gehen kann. Der Hauptteil unserer Arbeit ist freilich nicht theoretischer Art. Die Skizzierung des Stoffes in der Gestalt, die für den Arbeits- prozeß die günstigste zielfördernde Gelegenheit auf- weist, haben wir als unsere Hauptaufgabe betrachtet. Das psychologische Hauptmoment für die Grundlegung des An- schauungsunterrichtes besteht notwendig in der Untersuchung der An- läge des Kindes und der Beschaffenheit des kindlichen Anschauungs- kreises. Über beide Untersuchungsgegenstände liegt eine ganze An- zahl von Veröffentlichungen vor. Aber man kann kaum sagen, daß diese Fragen zu einem befriedigenden Abschluß gekommen seien. Ganz im Gegenteil behaupten die wissenschaftlichen Vertreter der Psychologie des Kindes, daß wir mit unseren Untersuchungen über die psychologischen Prozesse der Kindesseele, über ihren geistigen Ur- bestand, ihren Umfang und Fortschritt erst am Anfange der Ar- b e i t stehen. Man darf im allgemeinen sagen, daß das sechsjährige Kind mit allen geistigen Funktionen ausgestattet ist, die auch der Erwachsene ausübt; aber sie haben weder die Stärke noch die V o l l k o m- m e n h e i t des reiferen Alters. Das Gleichgewicht der geistigen Kräfte schwankt so sehr, daß man ein Kind in geistiger Beziehung nicht als einen kleinen Erwachsenen ansehen darf, wie es die psycho- logische Grundlegung der offiziellen Pädagogik noch vor wenigen Iahren fast durchweg getan hat. Das kindliche Geistes- leben ist vielmehr von dem des Erwachsenen außer- ordentlich verschieden. Zunächst können wir feststellen, daß der Umfang seiner Erfahrungen bedeutend geringer ist. Dem Kinde fehlt die große Menge von Erfahrungen, die der Er- wachsene zur selbständigen Führung seines Lebens bedarf. Es sind

7. Darstellender Anschauungsunterricht - S. 40

1914 - Langensalza : Kortkamp
— 40 — in der Schule. Aber sein Anschauungsunterricht will die Beobach- tungen und Erfahrungen, die in der freien Zeit im Hause und auf der Straße erworben worden sind, sammeln, und er gibt sich dabei dem Glauben hin, daß damit, „das ist selbstverständlich, auch die Sinnestätigkeit in jeder Stunde wieder aufs neue angeregt wird". „Wir wünschen", sagt er, „daß das Kind die Anschauung wieder- gibt, die es sich selbst in seinem individuellen Leben erworben hat." Hier scheint ein verhängnisvoller Irrtum vorzuliegen, indem Sinnestätigkeit und Erinnerungsvorstel- lungen einander gleichgesetzt werden. Wir können darum auch nicht zustimmen, wenn Gansberg weiter schreibt: „Wir treiben mithin echteste Menschenbildung und Geisteserziehung, wenn wir erstens Tag für Tag vor den Augen der Kinder bunte, reichbelebte, rein persönliche Bilder aus der Menschenwelt entwerfen, und wenn wir zweitens so langsam, so Stück für Stück und Strich für Strich an diesen Bildern arbeiten, daß die Klasse ganz von selbst mit gleich- artigen Beiträgen in unsere Arbeit sich einfügt, und das brächte zweierlei Gewinn mit sich: erstens belebenden Einfluß auf die Vor- stellungs- und Darstellungskraft des Kindes — aus Denkern werden Dichter — zweitens belebenden Eindruck auf die Beobachtungs- und Auffassungskraft der Kinder — aus Dichtern werden Seher." Wir glauben nicht recht an die Ursprünglichkeit und Sinnesfrische dieser Beobachtungen aus allgemeinen psychologischen Erfahrungen über die Beschaffenheit der kindlichen Vorstellungen und möchten auch die Kinder weniger zu Dichtern, als zu tüchtigen Menschen des Alltags mit klaren und deutlichen Begriffen bilden, die nüchtern und objektiv Tatsachen festzustellen vermögen und aus ihnen Schlüsse und Folge- rungen herleiten können. Die von den Modernen so sehr verpönten Gegenstände „das Pult, der Schrank, der Stuhl" sind gewiß „ehr- würdige" Anschauungsgegenstände: aber sie sind durchaus als solche nicht unbrauchbar, wenn man nur dafür sorgt, daß unser Tisch, unser Pult, unser Stuhl besehen und besprochen wird, und wenn man an diesen und andern Gegenständen mit der sinnenfälligen Beschreibung gewisse partielle Vorstellungen, namentlich Farben- und Raumvorstellungen (rechts, links, halb, oben, unten u. a. m.), Zahl- Vorstellungen, Zeitvorstellungen, Formenkunde gewinnen kann, wenn weiterhin Vergleiche angestellt und Unterschiede beobachtet werden. Wird die Aufmerksamkeit daran gewöhnt, die wahrgenommenen Teil- objekte in einer gewissen Ordnung zu beobachten, dann ist die Zeit für diese Übungen außerordentlich nützlich verwendet. Wir halten darum in Übereinstimmung mit der exakten Psychologie die Forde- rung aufrecht, daß neben die Erzählung im An- schauungsunterricht auch die Beschreibung zu setzen ist. Gerade auf der Stufe, die die Vorbereitung auf den

8. Darstellender Anschauungsunterricht - S. 41

1914 - Langensalza : Kortkamp
— 41 — Späteren naturgeschichtlichen und heimatkundlichen Unterricht bedeutete legen wir der Frage: Wie ist der Tisch? vor der kausalen Behand- lung der andern Fragen: Wie wird das Ding gebraucht? oder: Wie äußern sich die Lebensanschauungen der Naturgegenstände? großen Wert bei. Erst dadurch, daß die kausalen Verknüpfungen sich auf klar beobachtete Tatsachen und saubere Unterscheidungen gründen, er- halten sie den L e b e n s w e r t, der in den aktiven Vorgängen über- Haupt liegt. Wir möchten, um dem „dichterischen Sehen" zu genügen, nicht an jeden Lehrer die Forderung stellen, ein Dichter zu werden: wir fürchten, mit dieser Forderung wenig Erfolg zu haben. Dafür aber sollen die poetischen Erzählungen des Märchens in unserm An- schauungsunterricht eine wichtige Stelle haben: denn das Märchen ist durch Dichter geschaffen worden nicht in bloßer Wiedergabe eines Naturvorganges, sondern aus verdichteter Erfahrung, aus seinem Lebenskern und seines Herzens Tiefe. Darum sind auch diese lus- tigen Kinder der Phantasie in höherem Maße auf die Wirklichkeit und ihre Beobachtung gegründet, als es bisweilen scheinen mag: es kann sie nur der recht verstehen, der ein starkes Wirklichkeit s- g e f ü h l hat und die Dinge von Haus aus kennt und empfindet. Treffend sagt darüber Itschner in seiner Unterrichtslehre („Unter- richt gefaßt als Entbindung gestaltender Kraft", 2. Band, 2. Hälfte, S. 275 ff.): „Aus dem Wesen der Dinge schießen die Szenen an, schürzen sich die Konflikte, ergeben sich die Lösungen, So umspannt die Phantasie das Gewölbe der königlichen Schatzkammer mit tausend Fäden der Lüsternheit, und sie erfaßt auch, wie man sich des Schatzes bemächtigen kann, und wäre er noch so sehr behütet? Wer kann hindern, daß einer zum Schlüsselloch eindringt? Freilich geht es nicht bei jedem. Flugs erfindet sie dies Geschöpf: den Daumenlang: also e i n Eingang bleibt durch jede Tür. Diese ganze Schöpfung wird aber erst so recht lebendig dem, der sich das Wesen der Tür vergegen- wärtigt. Wie lebt dann das Märchen, wie lebt die Tür? Das ist aber etwas für unsere Kinder? Sie haften nicht allzulange am Gegen- ständlichen, sie schwingen sich gern ins Übersinnliche und Zeitlose. Deshalb lieben sie auch so sehr das Märchen, sie werden es aber umsomehr genießen, je besser sie eingedrungen sind ins Wesen der Dinge, die gestaltend eingegriffen haben." Märchen werden als Kunstwerke erzählt, und für ihre Be- Handlung gelten all die Grundsätze, die man bei der Behandlung eines Kunstwerkes beachten muß. Die kleinen Erzählungen aber, die im ersten Schuljahr aus dem Spiel und dem Leben der Kinder ent- wickelt werden, dürfen nicht vom Lehrer vorerzählt werden. Der Lehrer braucht nur das Thema zu nennen, die Zielvorstellung an- zudeuten, um das G e st a l t e n d e r E r z ä h l u n g durch die Arbeit

9. Darstellender Anschauungsunterricht - S. 42

1914 - Langensalza : Kortkamp
— 42 — der Klasse wachzurufen. Das Ziel gibt nur die Flugrichlung des von der Phantasie getriebenen lustigen Fahrzeuges an, die Aufmerksam- keit belebt die Apperzeption, und die Zusammenfassung rundet das kleine Bild ab, das durch die Anschlußstoffe des Formens, des Malens und hie und da auch durch poetische Stoffe ergänzt wird. Auch das Rätsel gehört in den Anschauungsunterricht. Es ist gewißlich wahr, daß das Rätsel, das schlichte Volksrätsel zumal, keine Sache des Verstandes ist, sondern eine Sache der Anschauung, „daß es in erster Linie eine Schöpfung der künst- lerischen Gestaltungskraft stets gewesen ist, eine Schleifstätte sozu- sagen von der plastischen Vorstellung von der Natur und ihrer Dinge und nicht eine Sache des scharfen Sinnes." So haben bedeutende Forscher des Sprachgeistes das Rätsel bezeichnet, und die Erfahrung gibt uns Recht, daß manches Rätsel, an dem der Erwachsene mit scharfem Verstände sich müht, von dem sinnlich denkenden Kinde wie eine Nuß mit leichter Schale aufgeknackt wird. Durch die L e f e b u ch st o s f e, die wir zunächst im Anschluß an einige weit verbreitete Bücher gegeben haben, wollen wir Hin- weise darauf geben, daß der Anschauungsunterricht nicht isoliert stehen, sondern in vielseitige Beziehung auch zum Stoffe des Lesebuchs, insbesondere zu dem poetischen Stoffe treten soll. In den meisten Fällen werden die Verse und Reime A n s ch l u ß st o s s e sein: zuweilen wird es sich jedoch als nützlich er- weisen, daß sie als Ausgangs stosse der Behandlung dienen. Wir fügen hier den Verteilungsplan an, den wir un- ferer Stoffsammlung zugrunde gelegt haben und lassen ihm einige methodische Bemerkungen folgen, die für die Behandlung als Er- läuterungen und Richtlinien gelten sollen. In sachlicher Beziehung sind es die Bestimmungen des neuen Berliner Lehrplans. Als Z i e l des Anschauungsunterrichts sehen wir die Klärung des kindlichen Vorstellungskreises und seine Erweiterung durch Erfahrung an. Daneben soll das Kind befähigt werden, sich über die Sachen und Tatsachen seiner Umgebung in einfacher Weise auszudrücken. Die Stoffe des ersten Schuljahres nehmen wir aus der näheren Erfahrungswelt des Kindes. Das 5)aus, die Schule, die nächste Umgebung und deren Veränderung in den Jahreszeiten be- zeichnen die Sachgebiete. An diese schließen sich leichte Märchen, Fabeln und Erzählungen an. Der Lehrstoff des z w e i t e n Schul- j a h r e s rückt die Tätigkeiten in den Vordergrund, die in Landwirtschast, Gartenbau, Gewerbe und Verkehr in den örtlichen Verhältnissen besonders hervortreten. Selbstverständlich werden nur die Stoffe berücksichtigt, denen das Kind innerlich nahesteht. Wie im ersten Schuljahre schließen sich hieran ebenfalls Märchen, Fabeln und Erzählungen. Für das dritte Schuljahr tritt die 5) e i-

10. Darstellender Anschauungsunterricht - S. 43

1914 - Langensalza : Kortkamp
— 43 — mal in besonderem Sinne in den Vordergrund, und wir rechnen dahin alle Erscheinungen, die auf den Ausflügen als Tatsachen be- obachtet werden können. Dazu gehören die Straße und ihr Verkehr, die nähere Umgebung der Schule, die bekanntesten Pflanzen, Tierr- und Gesteine der Heimat und auch die geschichtlichen Erinnerungen, die dem Kinde naheliegen. Wir nehmen zugleich darauf Rücksicht^ die erdkundlichen Grundlagen zu gewinnen und die Wiedergabe der Geländezeichen auf dem Stadtplane und der Landkarte zum Ver- ftändnis zu bringen. Die nachfolgenden Erläuterungen und methodischen Bemerkungen wollen weniger Vorschriften als vielmehr Richtlinien sein, in denen die Behandlung der Anschauungsstoffe erfolgt. Der heimatkundliche Anschauungsunterricht soll mit dem Deutsch- Unterricht innig verknüpft sein. Daneben ist er S t a m m u n t e r- r i ch t, der durch seinen Lehrstoff die später auftretenden Fächer Geschichte, Raumlehre, Naturkunde und Erdkunde in sich oereinigt und vorbereitet. Er ist nach der Art seines Betriebes E r f a h- rungsunterricht, nach seinem Inhalt Heimatkunde, nach- seiner Form Sprach- und Darstellungsunterricht. Er- folgt einem Plane, der von jeder Schule für ihre Umgebung auf- gestellt werden muß. Viele Stoffe werden bei einer passenden Ge- legenheit erklärt. Kleine Spaziergänge, ferner auch allerlei Dinge, die von den Kindern mitgebracht werden, können als Anknüpfungs- punkte dienen. Die gewonnenen Vorstellungen werden durch die Sprache, das Formen, das malende Zeichnen, das Ausschneiden und das kindliche- Spiel zum Ausdruck gebracht. In der Behandlung verdient ganz besonders im Anfang die erzählende Form vor der Be- fchreibung den Vorzug, natürlich nur, wenn sie durch die* Sachlage gegeben ist. Diesen Richtlinien wollen wir nur wenige Worte von all- gemein er didaktischer Bedeutung hinzufügen, die im Anschauungsunterricht aber besonders beherzigenswert sind. Wie jede wahre Bildnngsarbeit, so ist auch der Anschauungsunterricht Arbeit im Dienste der Persönlichkeitsbildung. Wenn der An- schauungsunterricht lebenweckende Kraft betätigen soll, so muß er- such Eindrücke hervorbringen, die den Charakter des Lebendigen an sich tragen. „Neues Leben aber kann toter Stoff nur erhalten in einer lebendigen Menschenseele. Es ist wie der Atemhauch des Schöpfers, was da plötzlich die tote Materie umwebt und durchdringt und ihr den Charakter des Lebens schenkt. Schon das Kind betätigt sich belebend, wenn es in seinem Spiel den Stecken zum Pferde, den Stiefelknecht zur Puppe werden läßt. Aber seine lebensspendende' Kraft versagt, wo es sich um Kulturstufen höheren Grades handelt.
   bis 10 von 419 weiter»  »»
419 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 419 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 84
1 6
2 0
3 15
4 0
5 274
6 0
7 63
8 0
9 3
10 1
11 0
12 0
13 0
14 0
15 7
16 55
17 0
18 1
19 50
20 0
21 13
22 0
23 0
24 11
25 0
26 0
27 1
28 0
29 0
30 65
31 0
32 0
33 10
34 0
35 0
36 1
37 7
38 11
39 9
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 98
46 0
47 0
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 1
1 0
2 0
3 16
4 0
5 0
6 8
7 0
8 0
9 0
10 1
11 2
12 63
13 2
14 0
15 0
16 134
17 8
18 0
19 23
20 0
21 31
22 0
23 0
24 76
25 0
26 0
27 4
28 21
29 0
30 0
31 0
32 5
33 0
34 0
35 1
36 12
37 0
38 0
39 30
40 13
41 0
42 56
43 1
44 0
45 174
46 2
47 0
48 3
49 6
50 0
51 0
52 0
53 0
54 60
55 0
56 0
57 0
58 0
59 0
60 0
61 0
62 0
63 0
64 0
65 0
66 10
67 0
68 0
69 1
70 2
71 0
72 3
73 0
74 0
75 42
76 37
77 209
78 0
79 21
80 0
81 11
82 26
83 0
84 78
85 0
86 0
87 61
88 0
89 0
90 0
91 109
92 71
93 1
94 144
95 0
96 0
97 0
98 0
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 13
1 0
2 0
3 60
4 0
5 0
6 2
7 0
8 1
9 0
10 0
11 0
12 128
13 51
14 0
15 0
16 0
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 11
25 24
26 0
27 0
28 51
29 13
30 0
31 0
32 2
33 1
34 3
35 0
36 0
37 0
38 0
39 3
40 0
41 0
42 74
43 39
44 0
45 0
46 22
47 13
48 0
49 0
50 45
51 145
52 3
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 0
59 4
60 1
61 0
62 0
63 0
64 0
65 1
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 0
72 1
73 0
74 0
75 24
76 0
77 0
78 0
79 0
80 0
81 17
82 2
83 0
84 43
85 0
86 0
87 0
88 0
89 24
90 0
91 0
92 0
93 0
94 0
95 3
96 0
97 0
98 0
99 0
100 2
101 1
102 15
103 0
104 0
105 0
106 1
107 0
108 0
109 0
110 8
111 25
112 2
113 1
114 38
115 0
116 4
117 0
118 0
119 3
120 0
121 3
122 0
123 28
124 44
125 89
126 0
127 1
128 0
129 8
130 1
131 21
132 0
133 1
134 0
135 0
136 33
137 18
138 0
139 0
140 0
141 0
142 7
143 0
144 0
145 0
146 0
147 0
148 0
149 0
150 0
151 0
152 33
153 0
154 14
155 0
156 0
157 1
158 0
159 0
160 0
161 0
162 0
163 0
164 7
165 0
166 0
167 3
168 71
169 5
170 0
171 2
172 1
173 8
174 0
175 13
176 0
177 1
178 0
179 2
180 2
181 0
182 0
183 169
184 0
185 1
186 0
187 0
188 0
189 0
190 0
191 0
192 0
193 0
194 1
195 4
196 33
197 0
198 0
199 2