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1. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. XI

1877 - Stuttgart : Heitz
Xi Zur sechsten Auflage. Bei der Herstellung dieser neuen Auflage ist es zu- nächst mein Bestreben gewesen, das Buch immer mehr zu einer zugleich belehrenden und genußreichen Lectüre zu machen, ohne ihm das Systematische zu benehmen, was es zum Lehrbuche bequem macht. Ich habe deshalb in dem ersten Theile einige schönen Erzeugnisse unserer clas- sischen Literatur als Beispiele hinzugefügt, dagegen die Lehre von den Versfüßen wesentlich vereinfacht. Im zweiten Theile habe ich nüch bestrebt, einige Mängel des Styls zu heben und denselben fließender zu gestalten. Einige Proben aus schlesischen Dichtern, die von wenig Bedeu- tung waren, wurden gestrichen, um Raum für Bedeuten- deres zu gewinnen. Dem Thier-Epos ist ein anderer Platz und an der Hand der neuesten Forschung seine Stellung in der Weltliteratur angewiesen und sein Ver- hältniß zur Fabel bestimmt. Fremde Urtheile sind meist durch eigene, aus den Quellen geschöpfte ersetzt, der Text fast durchgängig eben daher berichtigt. Der dritte Band führt die Geschichte unserer Lite- ratur bis auf die neueste Zeit fort und ist nach denselben Grundsätzen wie die beiden ersten berichtigt und ergänzt. Niemand, der eine frühere Auslage zu benutzen Ge- legenheit hatte, wird in der neuen Etwas, was ihm an dem Buche lieb geworden, vermissen; dagegen haben die Verlagsbuchhandlung sowie der unterzeichnete Heraus- geber Nichts versäumt, demselben einen immer größeren Freundeskreis zu gewinnen.

2. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 1

1877 - Stuttgart : Heitz
Älles, was wir sprechen und schreiben, ist entweder Poesie oder Prosa. Aber nicht alles, was in Versen geschrieben ist oder sich reimt, ist deshalb Poesie. Eben so wenig ist alles, was nicht in Versen ausgedrückt ist, darum Prosa; es kann auch Poesie sein. Der Inhalt also und die Art des Ausdrucks muß entscheiden, ob es Poesie oder Prosa sei. Das, was in Versen geschrieben ist, nennen wir gebundene Rede, gleichviel ob es Poesie oder Prosa ist; denn es giebt auch gereimte Prosa. Das, was nicht in Versen geschrieben ist, heißt ungebundene Rede, und diese kann sowohl Poesie als Prosa sein. Jedoch besteht die meiste Poesie in gebundener, und die meiste Prosa in ungebundener Rede; nur darf dies nicht als Regel angenommen werden. Wodurch unterscheiden sichnunpoesieund Prosa? — Die Prosa drückt das ans, was wir gedacht, die Poesie das, was wir empfunden oder was wir durch die Einbildungskraft erzeugt haben. In jener herrscht also der ruhig betrachtende Ver- stand, in dieser das aufgeregte, begeisterte Gefühl. Jene soll Andere von der Wahrheit dessen, was ich sage, überzeugen; sie sollen meinen deutlich ausgedrückten Gedanken folgen; es sollen dieselben Gedanken in ihnen erzeugt werden, damit sie die Richtig- keit meiner Aussprüche einsehen. Der Hauptzweck der Prosa ist also Wahrheit. — Die Poesie dagegen geht von der Begeisterung des Gefühls für das Schöne, Edle, Große, und von einer lebhaften Einbildungskraft aus. Der Dichter läßt seinen Empfindungen freien Lauf, drückt sie in einer edlen, lebhaften Sprache, in einer ansprechenden Form aus, und findet in dem Herzen jedes fühlenden Literaturgesch. v. Nesselt. I. 6. Aufl. 1

3. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 7

1877 - Stuttgart : Heitz
7 Und sieh, aus den Felsen, geschwätzig, schnell, Springt murmelnd hervor ein lebendiger Quell. (Ebenda.) Und hohler und hohler hört man's heulen. (Derselbe, Taucher.) Von dem Dome Schwer und bang Tönt die Glocke Grabgesang. (Derselbe, Lied von der Glocke.) Die Bildlichkeit des Ausdrucks hängt mit der Fülle der An- schauungen des Dichters zusammen; aber obwohl sich keine Regeln geben lassen, in welchen Fällen der Dichter zu ihr seine Zuflucht nehmen soll, kann er doch vor Abwegen gewarnt werden, auf welche eine zügellose Phantasie ihn führen könnte. Es giebt Fehler a) des einzelnen Bildes und d) der Zusammen- stellung mehrerer Bilder. Unter jene hat man zu rechnen: 1) Die Unrichtigkeit, welche auf einem Verstoß gegen die natürliche Wahrheit der Dinge beruht; 2) die Mattigkeit, wenn der Vergleichungspunkt nicht schlagend genug hervortritt, so daß das Bild als überflüssig erscheint; 3) die Geschmacklosigkeit, wenn das Bild an und für sich widerlich oder ungereimt oder wenn es zu weit hergeholt ist; 4) die Trivialität, wenn ein Bild durch häufigen Gebrauch stereotyp geworden ist. Eine Zusammenstellung oder Häufung von Bildern verleitet zu Katachresen, worunter man Verstöße gegen die Einheit des Bildes versteht, indem der Dichter aus einem Bilde in den eigent- lichen (nicht bildlichen) Ausdruck, oder aus einem Bilde in das andere verfällt: Der Kugel Saat pfeift. — Man muß den Strom der Zeit bei der Stirnlocke fassen. Rhythmus und Metrum. Man verlangt von einem Gedichte auch, daß es Wohl- klang habe. Dieser entsteht theils durch die Wahl solcher Wörter, welche, neben einander gestellt, einen angenehmen Eindruck auf das Ohr machen, theils durch die regelmäßige Abwechselung langer und kurzer Sylben, theils durch den Reim. Wenn wir z. B. in den bekannten Worten Johanna's in Schiller's Jungfrau von Orleans:

4. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 8

1877 - Stuttgart : Heitz
8 Die Waffen ruh'n, des Krieges Stürme schweigen. Auf blut'ge Schlachten folgt Gesang und Tanz; Durch alle Straßen tönt der muntre Reigen, Altar und Kirche prangt in Festes Glanz, Und Pforten bauen sich aus grünen Zweigen, Und um die Säule windet sich der^ Kranz. Das weite Rheims saßt nicht die Zahl der Gäste, Die wallend strömen zu dem Völkerfeste; •— Wohlklang bemerken, so beruht das auf jenen drei Gründen. In der ungebundenen Rede fällt dieser Wohlklang weg (wenigstens wird er nicht verlangt), weil es da weder eine regelmäßige Ab- wechselung langer und kurzer Sylben, noch einen Reim giebt. Der durch die regelmäßige Abwechselung langer und kurzer Sylben entstehende Wohlklang heißt Rhythmus. Er muß sich nach dem Inhalt des Gedichts richten, und also anders sein in einem fröhlichen, als in einem ernsten Gedichte. Wie ist z. B. der Rhythmus so ganz anders in dem Liede: Mir Freude des Lebens Ist Garten und Haus! Man lockt mich vergebens! Ich gehe nicht aus. Im Tummel da zwing' ich So dumm mich und stumm; Hier sing' ich und spring' ich Im Garten herum; und dagegen in dem andern Liede: Trockne deines Jammers Thränen, Heitre deinen Blick; Denn es bringt kein banges Sehnen, Ihn, der starb, zurück u. s. w. (Voß.) Die meisten Gedichte haben ein bestimmtes Metrum, d. i. die langen und kurzen Sylben wechseln auf eine und dieselbe Weise ab. Die langen Sylben bezeichnet man durch einen Quer- strich (-), die kurzen durch ein oben offenes Häkchen (-). Das Metrum des obigen Liedes „Mir Freude" u.s. w. würde also lauten: und des Liedes: „Trockne deines" u. s. w.

5. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 9

1877 - Stuttgart : Heitz
9 Durch die bestimmte Abwechselung beider Sylbenarten (Metrum) entsteht ein musikalischer Takt, den man eben Rhythmus nennt. Es giebt also lange und kurze Sylben. Wie in der Musik 2 Achtel auf 1 Viertel gehen, so nehmen 2 kurze Sylben so viele Zeit weg, wie 1 lange. Z. B. die beiden langen Sylben Hausfrau nehmen eben so viele Zeit weg, als die 3 Sylben Mütterchen, weit in diesem Worte die erste Sylbe lang, die beiden letzten kurz sind, oder, durch Zeichen ausgedrückt, — ist eben so viel wie - ^ Welche Sylben lang sind, lehrt die Aussprache. Namentlich gehören dahin die einsylbigen Hauptwörter, z. B. Baum, Haus, Tod, Mund. Ferner die Gruudsylbe der mehrsylbigen Wörter, z. B. in gebet ist ge lang, in Gebet dagegen ist es bet, weil bei jenem ge, bei diesem bet die Stammsylbe ist; jenes konimt von geben, dieses von beten her. Ebenso ist in eigentlich die Sylbe ei lang, weil sie die Stammsylbe ist. Ueberhaupt be- stimmt in der Regel die Bedeutsamkeit über die Länge oder Kürze der Sylben. Daher ist in den zusammengesetzten zweisylbigen Hauptwörtern das Bestimmungswort länger als das Grundwort, z. B. in Hausfrau, Großmuth, Landgut, Handtuch sind Haus, Groß, Land und Hand länger als Frau, Muth, Gut und Tuch. Wenn ein einsylbiges Haupt- und ein einsylbiges Zeitwort bei- sammen stehn, z. B. Hans ißt, Max schreibt, Fritz läuft, so hat das Hauptwort den Hauptton, wenn der Satz eine Antwort ist auf die Frage: Wer ißt, schreibt, läuft? aber das Zeitwort hat den Hauptton, wenn der Satz auf die Frage antwortet: Was thut Hans, Max, Fritz? In der Regel ist das Zeitwort länger als das daneben stehende Fürwort und Bindewort, z. B. wo weilt er? — Hier ist weilt länger als wo und er. Aus dem- selben Grunde sind die Vorwörter, Bindewörter und Geschlechts- wörter immer kurz, es müßte denn ein besonderer Ton darauf liegen. Aber es giebt auch solche Sylben, die manchmal lang und ein andermal kurz sind. Man nennt sie mittelzeitig, und bezeichnet sie mit: ^ Mittelzeitig sind z. B. die meisten einsylbigen Fürwörter. Rur es ist immer tonlos, mithin auch an sich immer kurz. Aber auch eine an sich kurze Sylbe kann im Verse als lang gelten, wenn sie zwischen zwei andern kurzen Sylben steht, z. B. in Schiller's „Göttern Griechenlands":

6. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 10

1877 - Stuttgart : Heitz
10 Selige Geschlechter, frühere Lesart: Glücklichere Menschenalter Umgekehrt gestatten sich unsere Dichter mit Recht auch bis- weilen die Verkürzung einer an sich langen Sylbe, wenn sie zwischen 2 langen Sylben steht oder im daktylischen Versmaaß auf eine lange Sylbe folgt, z. B. Schiller, das Ideal und das Leben: und des Erdenlebens L ~ 1 Schweres Traumbild sinkt und sinkt und sinkt. Der Spaziergang: von eurem Blute begossen J_ V, Grünet der Oelbaum, es keirnt lustig die köstliche Saat. Die Regeln, die angeben, welche Sylben lang, kurz und mittelzeitig sind, können wir hier nicht anführen. Auch läßt ein einigermaßen geübtes Gehör uns die Länge und Kürze der Sylben leicht erkennen. Was man in der Musik einen Takt nennt, heißt in der Poesie ein Fuß: also diejenigen Sylben, welche man als zusammen- gehörig betrachtet, wenn man einen Vers in seine Theile auflöst. Man nehme z. B. die Verse: Hoffnung ist ein fester Stab, Und Geduld ein Reisekleid, Da man mit, durch Welt und Grab, Wandert in die Ewigkeit. Jede Zeile hat hier 31/2 Füße, deren jeder aus einer langen und einer kurzen Sylbe besteht: Hoffnung | ist ein | fester | Stab u. s. w. Dagegen hat folgender Vers 6 Füße: Glücklicher | Säugling! dir | ist ein un= | endlicher | Raum noch die | Wiege. (Schiller.) Die deutsche Sprache gebraucht meist nur zweisylbige, seltener dreisylbige Füße. Und da die Schönheit des Rhythmus in der

7. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 13

1877 - Stuttgart : Heitz
13 Unnatur dieser Geistesproducte bei. Am besten beurtheilt ihn Schiller in einem Briefe an Göthe: „Die Eigenschaft des Alexandriners sich in zwei gleiche Hälften zu trennen, und die Natur des Reims, aus zwei Alexandrinern ein Couplet zu machen, bestimmen nicht bloß die ganze Sprache, sie bestimmen auch den ganzen innern Geist dieser Stücke. Die Charaktere, die Gesinnungen, das Betragen der Personen, alles stellt sich dadurch unter die Regel des Gegensatzes, und wie die Geige des Musikanten die Bewegungen der Tänzer leitet; so auch die zwei- schenklige Natur des Alexandriners die Bewegungen des Gemüths und die Gedanken. Der Verstand wird ununterbrochen aufge- fordert, und jedes Gefühl, jeder Gedanke in diese Form, wie in das Bette des Prokrustes gezwängt." Die Nachahmung des französischen Geschmacks in der deutschen Literatur führte auch bei uns den Alexandriner ein; er wurde in der Lyrik und im Drama der Lieblingsvers unserer gelehrten Zopfpoesie bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts. Neuerdings hat ihn Rückert mit Glück in der Lehrdichtung angewandt (Brahmanische Erzählungen, Weisheit des Brah manen): Was hat dich, Geist, vermocht, aus Gott hervorzuwallen? Er hat dich nicht verbannt, du bist nicht abgefallen. Die Liebe nur hat dich, die Liebe dich vertrieben; Er wollte, daß er dich, daß du ihn könntest lieben. Wär' er nicht außer dir, wie könnt'st du suchen ihn? Wärst du nicht außer ihm, wie könnt' er an dich ziehn? Bei dem Trimeter, gleichfalls einem sechsfüßigen jambischen Verse, liegt die Cäsur im Gegentheil so, daß sie den Vers nicht in zwei gleiche Hälften scheidet. Der Trimeter ist der Vers der griechischen Tragiker; doch haben ihn auch die Neueren ange- wandt, z. B. Göthe in der „Helena", (3. Akt des 2. Theiles vom Faust) und Schiller in den Montgomery-Scenen der „Jung- frau von Orleans" (Theil Iii.) und in einer Scene der „Braut von Messina." Es kommen auch Jamben mit Anapästen vor, selten Anapäste allein; aber beide mit einander bringen eine recht gute Wirkung hervor; z. B. Doch als die Priester hoben Den blanken Opferstahl,

8. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 14

1877 - Stuttgart : Heitz
u Die Thiere begannen zu toben, Und starben in Wuth und Qual. Es schaut auf das Gewimmel Und auf das Blut, das floß, Mit blauem Auge der Himmel Hernieder erbarmungslos. Unter einer Terzine versteht man drei fünffüßige jambische Verse, deren Reime so verschlungen sind, daß der von zwei ge- reimten Versen eingeschlossene Vers wieder den Haupt-Reim zu der folgenden Terzine bestimmt. Das Schema der Terzine ist also übn, beb, cdc, dcd u. s. w. bis yzyz. Denn um den Reim der letzten Terzine zu vervollständigen, wird den 3 Versen der- selben noch ein vierter zugefügt. Bekanntlich ist die divina comedia des Dante in Terzinen gedichtet. Von deutschen Dichtern haben die Terzine hauptsächlich Chamisso, Rückert, Platen, Herwegh und S all et kultivirt. Zur Probe geben wir das schöne Gedicht von Rückert: Wein und Weinen. Hör' an und lern' in deinem Geist erkennen, Wie tief die Wahrheit in dem Worte spielt, Das blöde Weisheit wohl mag Zufall nennen. Wenn sich dein Aug' im eignen Balsam kühlt Von seinem Schmerz, so nennest du es Weinen; Ein sanfter Laut, bei dem man Thränen fühlt. Und wenn der mütterliche Schooß aus reinen Gluthadern dir die Milch der Freude schickt, So wird auch sie in deinem Mund zu Weinen. Wie Schmerz und Lust in Eines sich verstrickt, So Wein und Weinen ist in Eins erklungen; Wenn du es weißt, sag', welches mehr erquickt? Die schönste Thräne, welche, süß durchdrungen Von Sonneninbrunst, dir die Erde weint, Als goldner Wein ist sie für dich entsprungen. Die schönste Rebe, welche dir erscheint Vom Paradies, und es dich läßt genießen, Ist Liebe, die mit dir sich weinend eint. Soviel der Beeren an der Traube sprießen, Sind soviel Thränen, die geronnen hangen, Um mild an deinem Kuffe zu zerfließen.

9. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 15

1877 - Stuttgart : Heitz
15 Soviel im Auge Thränen dir zergangen, Als soviel Trauben werden sie geronnen Dir einst am Baum der Liebe fruchtend prangen. Hat nicht der Rebstock Augen selbst gewonnen, Um dieser Augen Thränensaft dem Zecher Zu brauen wunderbar zum Rausch der Wonnen? Hat nicht das Auge sich gehöhlt zum Becher, Der mit dem milden Wein sich süllend schwillt, Von dem gesänstigt Hasser wird und Rächer? Ja selbst die Sonne kann ihr leuchtend Bild Nicht schöner als in dem Krystalle schauen, Der aus dem Aug' und aus der Nebe quillt. So laß, o Sohn des Staubs, die reinen lauen Geschwisterstuthen um dein Leben schwellen, Um dich mit Himmelsahnung zu bethauen, Bis selbst du badest in des Himmels Quellen. Die Oktave, (ottave rimc) ober Stanze, welche die italienischen Dichter, wie Tasso und Ariost, in ihren Epopöen anwendeten, besteht aus acht jambischen Zeilen, und jede derselben aus fünf Jamben. Die erste, dritte und fünfte Zeile enthalten Einen Reim, ebenso die zweite, vierte und sechste, und den dritten Reim haben die siebente und achte Zeile, also abababcc. Bei den Italienern sind diese Reime sämmtlich weiblich (d. h. der Reim bildet einen Trochäus), wie in folgender deutschen Oktave: Es tritt ein lieber Mensch in unsre Kreise, Und nah' und näher fühlt man sich verbunden; Die holde Freundschaft wirkt nach alter Weise, Es spricht das Herz, Vertraun hat sich gefunden, Und wie er scherzt und lacht, ist lieblich leise Ein zartes Band um Geist und Herz gewunden; Schon unentbehrlich ist, eh' wir es wissen, Der Freund, und sieh! da wird er uns entrissen. (A. W. Schlegel.) Aber diese streng gebaute Stanze hat bei einer längeren Dichtung für das deutsche Ohr eine zu große Monotonie, beson- ders wegen der unbetonten Endsylben, die bei uns meist nur das tonlose e haben. Um der Strophe mehr Mannigfaltigkeit zu geben, lassen daher unsere Dichter meist weibliche mit männ- lichen Reimen (die in einer betonten Sylbe bestehen) abwechseln.

10. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 16

1877 - Stuttgart : Heitz
16 Aber auch diese Fessel war ihnen mit Recht für ein längeres Gedicht noch zu lästig. Deshalb bediente sich Wieland in seinem „Oberon" einer Strophe (darnach die Oberonsstrophe genannt), welche aus acht jambischen Zeilen besteht, wobei aber die Zahl der Versfüße zwischen vier, fünf und sechs schwankt, während die Reime willkürlich verschlungen sind, und auch drei- silbige Versfüße mit zweisilbigen wechseln. Der Paladin, mit dessen Abenteuern Wir euch zu ergötzen (sofern ihr noch ergötzbar seid) Entschlossen sind, war seit geraumer Zeit Gebunden durch sein Wort, nach Babylon zu steuern. Was er zu Babylon verrichten sollte, war Halsbrechend Werk, sogar in Karl's des Großen Tagen; In unsern würd' es auf gleiche Gefahr Um allen Ruhm der Welt kein junger Ritter wagen. In diesem Versmaaße wollte Schiller ein Heldengedicht von Friedrich dem Großen schreiben und übersetzte in demselben zur Uebung das 2. und das 4. Buch von Virgil's Aeneide. 3. Das daktylische Versmaaß. Es besteht nickt immer blos aus Daktylen (- ~ ~), sondern statt eines Daktylus kaun auch ein Spondeus (—) oder gar ein Trochäus (- stehen, z. B. Süßer I duftet die \ Flur und | kühler j hauchet der | Abend; Nur ein I welkendes I Roth I weilt am a- j zurenen | West. In diesen zwei Versen sind also nur vier Daktylen; dennoch ist es ein daktylisches Versmaaß. Selbst in den Versen, in welchen sich nur Daktylen befinden, ist der letzte Fuß nie ein Daktylus, weil dieser nicht als Schluß eines Verses taugt; z. B. Kennst du das Veilchen, die Zierde des Mai's? Demuth, sie gab ihm den köstlichen Preis. Nur von dem suchenden Auge ge- sehn, Blüht es ver- borgen, doch lieblich und schön. Zum daktylischen Versmaaße gehören als die am häufigsten vorkommenden; a. Der Hexameter. Die alten Griechen und Römer ge- brauchten den Hexameter bei allen ihren Heldengedichten, und auch
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