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1. Europa's Länder und Völker - S. 8

1832 - Stuttgart : Macklot
8 eines Mannes, der mit allerlei geheimen Mitteln handelt, die Auf- schrift: Wanzenvertilger Ihrermajestät derkönigin. Die merkwürdigsten Gebäude in London sind die Paulskir- che, die Westmünster-Abtei, der Tower, das Monument, die Bank, die Börse, das Museum. Ich werde euch das Umständ- liche davon ein andermal erzählen. Bei Nacht machen die Lichter in den großen Kaufläden ei- nen Theil der Beleuchtung der Straßen aus. Neben jeder Hausthür brennen aber noch besonders zwei Laternen, die ganz von Glas sind, in einer Höhe von sechs Fuß. Eine davon muß der Hausbesitzer, oder der vornehmste Miethsmann unter- halten, die andere besorgt das Kirchspiel. Gleich nach Son- nenuntergang werden sie angezündet, es mag Sommer oder Winter seyn und der Mond scheinen oder nicht. Auch brennen sie fort bis es wieder Tag wird. So ist es nun zu London bei Nachtzeit auf den Straßen fast so hell als am Tage, und vor jedem Hause kann man, wenn man will, Zeitungen und Briefe lesen. — Wie viel Unglück würde in einer so volkreichen Stadt durch die Menge Kutschen, Wagen, Reiter und Fußgänger entstehen, wie viel Diebstähle und Mordthaten würden gesche- hen, wenn die Straßen nicht die ganze Nacht hindurch so treff- lich erleuchtet wären. — Sogar auf die vornehmsten Heerstra- ßen erstreckt sich die Beleuchtung bis auf einige Meilen von London. Ein deutscher Fürst, der zu Nachtzeit in der Stadt anlangte, gerieth daher auf den Gedanken, es sey dieselbe ihm zu Ehren veranstaltet worden, und drückte dem Könige sein Dankgcfühl für eine so große Attention aus. Bald wurde ihm aber sein Irrthum benommen und man lachte in London viel darüber. Bei Tag nimmt sich das Innere der Stadt bei weitem nicht so gut aus'als bei Nacht. Die Häuser sind ganz schwarz von dem unaufhörlichen Steinkohlcndampf. Oft liegt der Ruß so dick darauf, daß man die Kleider damit beschmutzt und ihn mit der Hand abstreifen kann. Deswegen bleiben auch die nied- lichsten Häuser nicht lange schön. Alle werden von Backsteinen aufgeführt; man gibt sich aber nicht einmal die Mühe, sie an- zustreichen, weil man schon weiß, daß sie in kurzem ganz ein- geräuchert seyn werden. Sie sind meistens recht bequem einge- richtet, aber ganz leicht und nichts weniger als für die Ewig- keit gebaut. Der Baumeister steht dabei nur für eine gewisse Anzahl Jahre, z. B. zwanzig, dreißig, vierzig, gut.^ Stürzen sie nach dieser Zeit ein, so findet man das ganz natürlich und läßt sie eben so unhaltbar wieder aufbauen. Sehr viele gehen auch durch Feuersbrünste zu Grunde. Sie sind so dünn, daß in fünf bis zehn Minuten der ganze Bau niedergebrannt ist. Die Feueranstalten sind aber so trefflich, daß selten mehr als ein Paar Gebäude auf einmal in den Flammen aufgehen. Die

2. Europa's Länder und Völker - S. 11

1832 - Stuttgart : Macklot
11 wer seitwärts gekehrt. Bisweilen setzen sie sich auf einen Sat- tel hinter den Reiter. Viel gewöhnlicher wenden sie aber die Zeit nach dem Frühstück zu Morgenbesuchen an, oder sie laufen und fahren nach den Kaufladen herum, lassen sich tausend Dinge zeigen, an denen ihnen nichts liegt, und entfernen sich ohne' etwas zu kaufen. Nie geht eine Engländerin ohne Hut über die Straße, es würde sie sonst unbarmherzig der Pöbel verfolgen, gleich als hatte sie die größte Unanständigkeit began- gen. Zur Abwechslung wird auch manchmal eia Kuchenladen besucht, wo man sich mit Schildkrötensuppe und kleinen war- men Pastetchen etwas zu Gute thut. Gegen fünf Uhr ist es Zeit nach Hause zu gehen und an den Putztisch zu denken, denn selbst die Männer erscheinen bei dem Mittagessen nicht in ihrer Morgenkleidung. Von jetzt an sind alle Geschäfte für den ganzen Tag geendet, man mag nun zu Hause oder zu Gast speisen. In vornehmen Häusern ist sieben Uhr Abends die Stunde zum Mittagsmahl. De»' Tisch ist ge- deckt; das Tischtuch hangt bis zur Erde herab; Dervictten sind nicht gebräuchlich; Jeder nimmt das lange Tafeltuch auf die Kniee. Alle Gerüchte, die zum ersten Gange gehören, stehen auf dem Tische. Die englische Küche behagt aber nicht jedem Gaumen. Vielen Fremden ekelt vor dem blutigen Fleisch, den ungesalzenen Fischet!, dem in Wasser halb ausgekochten Ge- müse. Hasen, Nepphühner und alle Braten kommen ungcspickt auf den Tisch und werden ohne Butter in ihrer eigenen Brühe zubereitet. Die Frau vom Hause legt die reichlich gepfefferte dünne Suppe und das Gemüse rc. vor. Die halbrohen Gemüse müssen ganz frisch aussehen; erst bei der Tafel thut Jeder auf seinen Teller nach Belieben braun geröstete Butter daran. Kar- toffeln fehlen bei keiner Mahlzeit; sie sind blos in Wasserdampf gekocht. Nach der Mahlzeit, vor dem Nachtisch, beginnt das Trin- ken. Der Herr vom Hause erhebt seine Stimme , bittet eine Dame um die Erlaubniß, ein Glas Wein mit ihr'trinken zu dür- fen, und läßt sie selbst bestimmen, ob es weißer oder rother seyn soll. Der Bediente bringt zwei Gläser von der bestimmten Sorte. Die übrigen Gäste sehen stillschweigend der Verhand- lung zu. Zierlich sich gegen einander verbeugend sprechen die beiden handelnden Personen wie im Chor: „Sir, Ihre Gesund- heit!" „Madame, Ihre Gesundheit!" Hiermit trinken sie die Glaser aus und geben sie weg. Nach einer kleinen Weile ertönt dieselbe Aufforderung von einer andern Stimme, dieselbe Cere- monie wird wiederholt und immer wiederholt, bis jeder Herr mit jeder Dame und jede Dame mit jedem Herrn wenigstens einmal die Reihe durchgemacht hat. Unaufgefordert darf keine Frau trinken, wäre sie auch noch so durstig. Auch die Herren müssen sich zu jedem Glase einen Gehülfen erbitten. So kann

3. Europa's Länder und Völker - S. 15

1832 - Stuttgart : Macklot
äußert. Nicht nur heftige Leidenschaften, oft ein bloßer Fall, ein Stoß an den Kopf, eine übermäßige Anstrengung des Ver- standes können uns in einen so traurigen Zustand versetzen. 6. Wettrennen der Engländer. Ein sehr beliebtes Vergnügen in England sind die Wettren- nen. Sie werden auf flüchtigen englischen Pferden von arabi- scher Herkunft gehalten, die oft, in Zeit von acht bis neun Minuten, einen Weg von mehr als fünf Viertelstunden zurück- legen. Von einem Freunde, der ein solches Wettrennen in der Stadt Manchester mit ansah, habe ich folgende Nachrichten davon erhalten, die ich meinen jungen Lesern mittheilen will. Der Platz, auf welchem die Pferderennen gehalten werden, liegt vier englische Meilen weit von der Stadt auf einer An- höhe und ist mit einem Stangengcländer eingefaßt. Die Breite der Bahn mag etwas über zwanzig Fuß betragen. Hart an dieser Bahn ist ein Gebäude, in welchem sich die Aufseher befinden. Auch die Wettenden werden gegen eine Ein- läge von drei und einem halben Schilling darin aufgenommen. Etwas weiter entfernt ist noch ein solches Gebäude für Damen und andere angesehene Personen, die für ihr Eintrittsbillet drei Schillinge bezahlen. Dann kommen große unbedeckte Ge- rüste für Zuschauer, die gern bequem sehen und ein kleines Schau- geld von zwei Schillingen (einem Gulden) nicht scheuen. Viele tausend Menschen haben auf diesen Gerüsten Platz. Die Ucbri- gen, die nicht Lust haben, etwas zu bezahlen, stehen an den Schranken oder auf den Hügeln und Anhöhen rings umher. Oft sind vierzig bis fünfzig tausend Zuschauer zugegen. Auf viele Meilen weit strömen, dieser Lust zu Liebe, zahlreiche Schaaren Menschen von allen Seiten herbei, theils zu Fuß, theils zu Pferd und zu Wagen. Einige Zeit vor dem Tage, wo das Rennen beginnt, gehen die Stewards oder Vorsteher in der Stadt von Haus zu Haus und sammeln freiwillige Beiträge, die Jeder gern gibt, theils aus patriotischem Eifer für solche Volksfeste, theils weil das Geld, das sie kosten, der Stadt durch das Zuströmen der vie- len Fremden reichlich wieder einkommt. Von dieser Beisteuer und dem, was von den vermicthcten Plätzen einkommt, werden die Preise für die Sieger ausgesetzt. Jeder solcher Preis beträgt fünfzig Pfund Sterling (über 500 Gulden rheinisch). An jedem Tage wird einer ausgetheilt, und das Wettrennen dauert 3 Tage. Die Rennpferde werden mit außerordentlicher Sorgfalt er- zogen, gepflegt und zugeritten. Es ist dieß das Geschäft der Jokeis (Pferdcbercitcr), die theils junge Leute, theils auch ge- setzte Männer sind. Die besten Wettläufer gehören meistens reichen Leuten, die auf ein gutes Pferd manchmal gern tausend

4. Europa's Länder und Völker - S. 17

1832 - Stuttgart : Macklot
J7 Laben schon einen berühmten Namen und erregen um desto grös- sere Erwartungen. Ehe der Wettlauf beginnt, werden gedruckte Zettel ausgetheilt, auf welchen angegeben ist, welche Pferde je- den Tag rennen, und von welchen Jokeis sie geritten werden sollen. Am Mittwoch nach Pfingsten nahm die Lustbarkeit ihren Anfang. Zu Tausenden strömte das Volk zu Fuß, zu Roß, und zu Wagen nach der Rennbahn. Um 1 Uhr Nachmittags wurde das erste Zeichen mit der Trompete gegeben, und sogleich wur- den die vier Pferde, die diesen Tag laufen sollten, mit ihren Decken behängt, auf den Platz geführt. Nach denselben erschie- nen auch die vier Reiter mit Sattel und Zeug, und ließen sich vor den Stewards wiegen. Den Pferden wurden hierauf die Decken abgenommen und die Sättel aufgelegt. Das Volk mußte sich aus den Schranken entfernen, und nun bestiegen die Jokeis, auf das zweite Zeichen mit der Trom- pete, ihre Pferde, ließen sie aber von Jemand am Zügel füh- ren, damit dieselben nicht vor der Zeit fortrennen möchten. Beim dritten Trompetenstoß setzten sie sich in Bewegung. Anfangs ritten sie nur einen starken Trab oder kurzen Galopp, bis die Pferde erhitzt waren; so wie sie aber den Stand der Steward- erreichten, flogen sie davon. Der Umkreis der Rennbahn hatte gerade eine englische Meile (20 Minuten^). In zwei Minuten hatten sie diese Meile zurückgelegt. Fünfjährige Pferde mußten die Bahn viermal durchlaufen, also vier Meilen machen, um den Sieg auf diesem Ritt zu erringen. Er wird dem schnell- sten Läufer zuerkannt, wäre er vor dem andern auch nur um die Länge eines Pfcrdekopfes voraus. Die Pferde wurden nun herumgeführt, abgesattelt, abgerieben, abgefegt, und durften eine Stunde lang ruhen, ehe ein neuer Wettlauf begann. Die Reiter werden indessen wieder gewogen, um zu sehen, ob sie sich unterweges nicht leichter gemacht haben; fehlt ein Blei aus ih, rer Tasche, oder haben sie den Hut oder die Peitsche verloren, so können sie nicht gewinnen. Es kann ihnen aber doch etwas von ihrem Gewichte durch die Ausdünstung entgangen seyn, dar- um rechnet man ihnen ungefähr ein Pfund zu gut. Ein Pferd, das nur in einem einzigen Ritte gesiegt hat, kann nie den Preis davon tragen; soll es denselben gewinnen, so muß es wenigstens zweimal alle anderen an Schnelligkeit übertreffen; ist dieß beim zweiten Ritte wirklich der Fall, so ge- winnt es die fünfzig Pfund Sterling, und das Wettrennen hat für diesen Tag ein Ende; ist aber ein anderes Pferd da- erste am Ziel, so muß noch ein dritter, ja manchmal noch ein vierter Lauf versucht werden. Ein Pferd, das schon einen Preis davon getragen hat, darf am folgenden Tage nicht wieder laufen, damit auch an- dere an die Reihe kommen. Die Jokeis aber können täglich Europ. Länd. B

5. Europa's Länder und Völker - S. 19

1832 - Stuttgart : Macklot
’9 Augen. Ehe man sichs versieht, fahren sie wieder auf einander los und lassen nicht nach, bis einer von ihnen in die Flucht gejagt ist. Dann springt der Uebcrwindcr stolz auf einen Stein oder einen Misthaufen und kräht seinen Sieg aus. Schon am folgenden Lage beginnt aber der Kampf von neuem) denn so lange der Gegner noch etwas Kraft in sich fühlt, laßt er den Muth nicht sinken. Daß die Engländer viel Vergnügen an solchen Hahnen- kämpfen finden, ist wohl kein Wunder. Bleiben ja auch wir Deutsche nicht ohne Freude und Theilnahme stehen, wenn wir Gelegenheit haben, einen mit anzusehen. Die Art aber, wie der Britte die Kampflust und den bewunderungswürdigen Muth dieser edeln Thiere zu ihrem Verderben benutzt, ist grausam. Ein Reisender (Herr Küttner), der in England einmal Zeuge von einem Hahnenkamps war, macht uns davon folgende Be- schreibung. Auf einen zirkelrunden Platz, der ungefähr fünfzehn Schritte im Durchschnitt hatte, und ein wenig hoher war als der übrige Boden, wurden zwei Hähne gestellt, die man auf mancherlei Art gegen einander aufhetzte. Das Volk stand um den Platz herum; und ob es gleich größtentheils Pöbel war, wurden doch die Gesetze des Hahnenkampfes so heilig beobachtet, daß keiner, des Drängens ungeachtet, auch nur einen Fuß über die Schran- ken setzte. Die Eigenthümer der Hähne waren Pachter aus der Nachbarschaft. Sie befestigten ihren Thieren lange stählerne Stifte, wie Sporen, an die Füße und stießen sie gegen eins ander. Jeder wettete eine bedeutende Summe auf feinen Hahn, und die Zuschauer stellten wieder besondere Wetten unter sich an. Anfangs sieht man nicht ohne Lust zu, wie die edeln Thiere auf einander herumspringcn, wie sie sich mit den Sporen zu verwunden suchen. Wenn sie sich aber die Augen schon ausge- siochen haben, wenn sie über und über voll Blut sind, dann wird das Schauspiel ekelhaft und empörend, und ich fand diese Menschen sehr unmenschlich, daß sie ihre Hähne, die sich doch kaum mehr von der Stelle bewegen konnten, immer noch gegen einander stießen. Sie thaten es nicht vergeblich, denn-die stol- zen und muthigen Thiere waren so sehr gegen einander aufge- bracht, daß sie bei der äußersten Ermattung doch noch den letz- ten Sprung gegen einander thaten. — Nun wurden sie weg- getragen. gewaschen, gestärkt, und nach einer Stunde mußten sie wieder auf den Platz. Jetzt wurde das Schauspiel noch em- pörender. Man müßte von Natur grausam, oder von Jugend auf daran gewöhnt seyn, um Vergnügen dabei zu finden. Zu- letzt ließen die Tbiere ihre Köpfe zur Erde sinken; aber auch jetzt noch stieß man sie gegen einander; auch jetzt noch griffen sie sich schwankend und halb todt an, bis endlich der eine ohne Bewegung auf dem Boden ausgestreckt liegen blieb. B 2

6. Europa's Länder und Völker - S. 21

1832 - Stuttgart : Macklot
21 finden kein Bedenken, sich mit aufgestreiften Hemdärmeln vor tausend Zuschauern hinzustellen und nach dem Balle zu schla- gen und zu lausen. Gemeiniglich wählt man den Spielplatz in der Nahe eines guten Wirthshauses. Ist aber großer Zulauf, so werden auch Zelte aufgeschlagen, und es finden sich Mar- ketender mit Bier, Wein und Speisen aller Art dabei ein. Bei einbrechender Nacht hört das Spiel auf, und es wird dafür ein Tänzchen gemacht, oder ein anderer Zeitvertreib vor- genommen, wobei die Zuschauer im Freien versammelt bleiben. Von Allen wird dann eine kleine Beisteuer eingesammelt; und hat man so einige Guineen zusammengebracht, so werden sie dem Wirthe übergeben, der dafür die Beleuchtung und alles Nöthige besorgt. Am folgenden Tage hat dann das Crikketspicl seinen Fort- gang. 9. Andere, zum Theil sehr seltsame Spiele und Belustigungen der Engländer. Wollen die Engländer fick bei einem Volksfeste recht satt lachen, so veranstalten sie ein Wettrennen mit zusammengebun- , denen Füßen öderen Säcken. Sie selbst sind bei solchen Be- lustigungen nicht Schauspieler, wie beim Crikket, sondern nur Zuschauer. Gemeiniglich lassen sich arme, aber jovialische Kerls gegen eine kleine Belohnung dazu gebrauchen. Wenn Jemand einen Preis für den Sieger aussetzt, so fehlt es selten an Leu- ten , die sich darum bewerben. Zwei, drei, vier stellen sich in eine Reihe und lassen sich mit einem guten Strick die Beine so enge zusammen binden, daß sie höchstens nur einen handbreiten Schritt machen können. Keiner darf vor dem Andern etwas voraus haben. Nun wird das Zeichen zum Aufbruch gegeben. Das Ziel ist ihnen fünf und zwanzig bis dreißig Schritte weit gesteckt. Es schnell vor den Andern zu erreichen, ist nun die Bemühung eines Jeden. Keiner darf aber den Andern zurückhalten; er muß beide Hände in die Hosentaschen stecken und darf sie unterwegs nicht einen Augenblick heraus ziehen, wenn er nicht etwa in Gefahr kommt zu fallen. Auf das Gesicht Zu stürzen, sich den Kopf zu zer- schlagen, oder einen Arm zu brechen, kann ihm Niemand zu- muthen; darum läßt man ihm den Gebrauch der Hände, einen solchen Unfall abzuwenden. Es ist leicht begreiflich^ daß mancher arme Schelm schon bei dem dritten oder vierten Schritt auf der Nase liegt; jew.ehr sie sich bemühen, den Andern zuvor zu eilen, desto leichter stürzen sie hin, und zwar gemeiniglich in gar sonderbaren Posituren. Noch viel komischere Auftritte entstehen aber beim W^derauf- stehen. Sie wollen recht schnell wieder auf den Füßen seyn, und purzeln darüber, zum großen Vergnügen der Zuschauer,

7. Europa's Länder und Völker - S. 22

1832 - Stuttgart : Macklot
22 wohl zehnmal auf's neue nieder. Die Uebrigen zappeln indessen fort, und Manchem begegnet erst einen Schritt vom Ziel der Un- fall, der seinem Wetteiferer gleich Anfangs widerfahren ist. Ein Anderer streckt die Hände zum Fallen aus und wirft zugleich den Nachbar nieder, wo dann Keiner den Andern mehr aufste- hen lassen will. — Lachlustige Menschen finden da immer Reiz genug zur Erschütterung des Zwerchfells. Noch weit mehr Spaß gewähren die Wettrennen in Säcken. Die Wettläufer werden dabei in einen Sack geschoben, den man ihnen über dem Kopfe zusammen bindet. Durch die Fäden se- hen sie schon so viel, als sie zu sehen brauchen. Stellt euch nun zur Herbstzeit auf dcm^Felde eine Anzahl aufrecht stehender Erdäpfelsäcke vor, die plötzlich anfangen davon zu laufen; eben so nehmen sich unsere Wettläufer aus. Viele sind durch lange Uebung Meister in ihrer Kunst geworden. Oft purzelt ein Sack über den andern; daun entsteht lautes Freudengefchrei un- ter den Zuschauern. Jeder will am schnellsten auf den Füßen seyn und schlägt noch zwei-, drei-, viermal nieder. Steht er endlich aufrecht^ so stolpert er noch einmal über seinen Unglücks- genossen und wälzt sich mit ihm auf der Erde herum. Immer ist die größte Kunst bei solchen Wettrennen, nach dem Falle schnell wieder aufzustehen, denn ohne zu stürzen, erreicht selbst der Geübteste nur selten das Ziel. Einmal kamen bei der Geburtsfcicr der ältesten Prinzessin, Tochter des Königs, folgende Lustbarkeiten zu Maidencastle unweit Dorchester vor. Erstlich wurde von einem Berge ein runder Käse herabge- rollt und demjenigen als Preis versprochen, der ihn im Laufe erhaschen würde, ehe derselbe ein gewisses Ziel erreichte. Da rannten nun mit unglaublicher Schnellfüßigkeit eine Menge Knaben und Mädchen den Berg herab dem Käse nach, aber, wie man leicht denken kann, nicht ohne Unfälle, die den Zu- schauern viel zu lachen machten. Besonders hatten die Mäd- chen ihren Vorwitz oft zu bereuen. Mancher, der den Käselaib schon gefangen hatte, konnte ihn nicht halten, denn man hatte einen von den größten und schwersten gewählt. Ein Anderer schlug, indem er sich bückte, auf die Nase und spuckte Sand und Steine aus. Indessen lief der Käse über das Ziel hinweg, und der Spaß fing auf's neue an. Endlich fing ihn ein stämmiger Knabe; von andern, die zu gleicher Zelt ankamen, wurde er ihm aber streitig gemacht, und nun entstand eine komische Bal- gerei, die ebenfalls zur Lust des Festes gehörte. Zweitens sollte der, der die häßlichsten Gesichter schneiden würde, ein Pfund Rauchtabak erhalten. Auf diesen Preis machten fünf Personen Anspruch, drei Soldaten und zwei An- dere. Der erste lachte auf dreierlei Art, eine scheußlicher und lächerlicher als die andere. Kein Zuschauer, der nahe genug

8. Europa's Länder und Völker - S. 24

1832 - Stuttgart : Macklot
24 Volksversammlungen sehr gewöhnlich. Die Kämpfer sind an der rechten Hand, mit der sie den Prügel halten, mit einem ver- deckten Griffe versehen, damit die Gelenke schlagfrei bleiben. Es regnet, sobald der Kampf begonnen hat, fürchterliche Hiebe, meistens auf den Kopf, und man muß einen derben Stock schla- gen, pariren, oder aushalten können, wenn man sich in dieses Feld wagen will. Wer den Andern so tüchtig trifft, daß sich derselbe glicht langer wehren kann, behält das Feld. Das Ge- fecht währte damals nur zehn Minuten. Aber der Schlag, der den Sieg gewann, war so heftig, daß der Verwundete zurück sank und mehrere Minuten ganz ohne Bewußtseyn in den Ar- men seiner Freunde liegen blieb. — Ist auch ein neuer Hut der Gefahr werth, todt geschlagen zu werden? Ein schöner neuer Hut sollte sechstens auch noch auf eine lustigere Art gewonnen werden. Er wurde demjenigen verspro- chen, der ein in Syrup getunktes und an einer Schnur hangen- des Milchbrödlein mit dem Munde erspringen und erschnappen würde. Mehr als ein Dutzend Knaben bemühten sich darum, und diese Scene war eine der lustigsten. Die Meisten schnapp- ten vergeblich nach dem Brode, und beschmierten nur auf die lächerlichste Art ihren Mund mit dem schwarzbraunen Syrup, den sie, wenn sie daran wischten, zur großen Freude der Zu- schauer, im ganzen Gesicht ausbreiteten. Ein Anderer biß und blieb mit den Zähnen zwischen Himmel und Erde hangen. Sehr lange währte cs, bis es einem gelang, das Brod ganz von der Schnur loszureißen. Siebentens. Man ließ ein munteres Ferkel laufen, und wer es am Schwänze erhaschte, der durfte es behalten. An einem andern Orte durfte es nicht gepackt werden. Das winzig kleine Schwänzchen, das ohnehin'schon schwer zu greifen ist, wurde vorher noch mit Oel und Seife glatt gemacht, so daß es lange die stärkste Hand nicht fest zu halten vermochte. Aus diesen Spielen sicht man zur Genüge, wie sehr im Ganzen die Engländer zur Fröhlichkeit gestimmt sind. Freilich gibt es unter ihnen auch eine Menge freudenlose grießgrämige Kerls, die sehr geneigt sind, sich im Novembermonatc, wo es auf ihrer Insel in der Natur so schwarz und nebelig aussieht, als in ihrer Seele, todt zu schießen, oder zu erhängen, oder in die Themse zu stürzen. Die Seelenkrankheit, die zu solchen Schrit- ten verleitet, nennt man bei ihnen Spleen. Den Gesunden und Glücklichen fällt es aber so wenig ein, als uns Deutschen, die Welt zu hassen und sich einen Tod anzuthun. io. Wetten der Engländer. In keinem Lande der Welt wird so oft und so viel gewet- tet als in England. Man wettet bei Pferderennen, bei Hah- nenkämpfen, bei Spielen und bei tausend andern Gelegen-

9. Europa's Länder und Völker - S. 26

1832 - Stuttgart : Macklot
26 Ich wette, Herr Schulmeister, er kann sein Maul keine zwei Stunden lang halten, ^und wenn der Tod darauf stände. Mo- ses Both, so hieß der Schwätzer, wurde böse darüber und wet- tete mit ihm das Geld, das er morgen von einer Kindtaufe ein- zunehmen hatte. Nun ließ er von diesem Augenblick an keine Sylbe mehr hören undniemand konnte ihn Zum Sprechen brin- gen; man mochte ihn necken, schimpfen, plagen, kurz mir ihm anfangen was man wollte, er blieb stumm. Nun aber gerieth der schelmische Bauer auf den Einfall, der Frau Schulmeiste- rin sagen zu lassen, sie mochte geschwind kommen, denn ihr Mann sey auf einmal so krank geworden, daß er nicht mehr reden könne. Die arme Frau kam sogleich in größter Angst ins Wirthshaus und fragte, wie sich der Mann befinde. Er nickte bloß und schüttelte den Kopf. — „O Moses, schüttle den Kopf nicht; sag' wie ist Dir?" — Keine Antwort. „O sprich, Mo- ses, um Gotteswillen, ich verliere sonst den Verstand." Er schüt- telte wieder den Kopf. Alle Merkmale der Verzweiflung zeig- ten sich nun bei dem Weibe. Sie hielt ihren Moses für verlo- ren; sie weinte, bat, schimpfte, stampfte, fluchte. Moses schwieg wie Papagcno mit dem Schlosse vor dem Munde. Ihre Angst vermehrte sich; sie riß ihre Haube herab, warf sie in eine Ecke der Stube und raufte sich das Haar aus. Das konnte der Mann nicht länger ertragen. Hol' dich der Teufel, einfältige Gans, platzte er heraus, nun kann ich morgen das Kind um- sonst taufen. — Die ganze Wirthshausgefettschaft lachte über diese närrische Scene aus vollem Halse; der durchtriebene Bauer aber strich am folgenden Tage die Taufgcbühren ein. ii. Englische Sonderlinge. Kein Land ist vielleicht so reich an Sonderlingen aller Art, als England. Einer der vornehmsten war ein gewisser Joseph Cap per. In seiner Jugend hatts er die Handlung erlernt und sich in der Folge ein großes Vermögen damit erworben. Nie wollte er heirathen und sich mit Frau und Kindern placken. Am Ende wurden ihm auch seine kaufmännischen Geschäfte zuwider, und er wünschte, sich zur Ruhe zu setzen. In dieser Absicht durch- wanderte er viele Tage lang die weitläufige Stadt London und suchte eine Wohnung; überall fand aber der wunderliche Mann etwas auszusetzen. Ermüdet von einer solchen Reise ging er eines Nachmittags in ein Wirthshaus, die Hörner genannt. Hier aß er einen Schnitt Hammelfleisch und blieb den übrigen Tag sitzen. Er war höchst absprechend und gebieterisch. Abends forderte er nach seiner schnurrenden Art ein Nachtlager; der Wirth antwortete ihm in eben demselben barschen Tone, es sey heute kein Bett mehr zu haben. Gerade diese derbe Manier er- regte bei Capper den Wunsch, sein ganzes Leben hier zuzu-

10. Europa's Länder und Völker - S. 28

1832 - Stuttgart : Macklot
28 richten. Zu diesen gehörte auch die Grille, daß in seiner Gegen- wart Niemand das Kaminfeuer anrühren durfte; er schürte und ordnete es selbst, und wer ihm hätte in sein Amt greifen wol- len, der würde die Schwere seines spanischen Rohres, das er immer bei" sich führte, empfunden haben. Im Sommer war es seine Lieblingsbeschäftigung, mit seinem Rohre in der Wirths- stube die Fliegen todt zu schlagen; da er aber einsah, daß dieß den Gästen eine üble Meinung von ihm beibringen würde, so wußte er sehr sinnreich die Geschichte einer Schelmerei der Va- terlandsfeinde herbeizuführen, die ich, sagte er, hasse und ver- abscheue, und eben so, wie diese Fliegen hier, todt schlagen könnte. — Dieß war die Losung zum Angriffe, und in kurzer Zeit lagen die Getödtcten und Verwundeten in allen Orten des Zimmers zerstreut. — Dieser seltsame Mann lebte in vollkom- mener Gesundheit bis zu seinem sieben und siebzigsten Jahre. Als er krank wurde, wollte er weder Aerzte noch Verwandte rufen lassen, und starb gleich am folgenden Tage. Ein anderer englischer Sonderling, der sich, wie dieser, ein großes Vermögen durch den Handel erworben hatte, vermachte einem Vetter, der nicht Kaufmann war, 60,000 Pfund Ster, ling (über 600,000 Gulden) unter der sonderbaren Bedingung, daß derselbe Tag für Tag, Nachmittags von zwei bis drei Uhr, die Börse besuchen und sich dort eine Stunde lang aufhalten sollte. Unter keinem Vorwände sollte er ausbleiben dürfen, sich durch kein Geschäft, kein schlimmes Wetter abhalten lassen; nur Krankheit allein war eine gültige Entschuldigung, sie mußte aber durch ärztliche Zeugnisse erwiesen werden. Würde der Erbe auch nur ein einziges Mal dieser Verordnung entgegen handeln, so sollten die 60,000 Pfund gewissen Stiftungen zufallen. Warum machte aber der Erblasser zur Pein seines Verwandten eine so seltsame Verfügung? Wie es scheint, blos der Börse zu Ehren, wo er durch glückliche Geschäfte seinen Reichthum er, worben hatte. Der Vetter war nun durch sein Vermachtniß ein sehr wohlhabender, aber ganz unglücklicher Mann. Alle seine Nachmittage waren verdorben; er wohnte fast eine Stunde weit von der Börse ; drei Stunden des Tages gingen also ver- loren. Er konnte nicht mehr ruhig essen, nicht mehr sein Mit- tagsschläfchen halten, wie er es gewohnt war; konnte vor vier Uhr kein Geschäft, keine Lustparthie vornehmen; durfte sich, mit Ausnahme des «sonntags, die ganze Woche hindurch nicht ei- nen einzigen vollen Tag aus London entfernen, keine Reise un- ternehmen, kein Bad besuchen; er mußte täglich eine tödtlich lange Stunde unter Menschen herumgehen, die er nicht kannte, die ihn nicht interessirten; er war ein sclave seines Geldes auf lebenslang geworden. Die Stiftungen, denen das Vermächt, niß zufallen sollte, wenn er die Bedingungen nicht erfüllte, hatten ihre Spionen, die ihm aufpaßten; er durfte es daher nie
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