8
Antiquitäten der Römer.
Straßen in der Stadt (vici, d. h. Reihen von Gebäuden,
nur einige hießen via6): am berühmtesten die via subura in der
Regio Coelimontana, feie via sacra am Palatinus (in zwei Armen),
die via lata (s. Regio Vii).
Brücken: Acht Brücken führten bei Rom über den Tiber:
1) Pons subliciusj Pfahlbrücke (a sublicibus), zuerst von Holz
— angelegt durch Ancus Marcius, dann von Stein — als solche (nach
dem Erbauer) pons aemilius, nördlich am Aventinus, nach dem
Ianiculum führend. 2) Rons palatinus s. senatorius, die
erste steinerne Brücke, feit 515 u. c., dem Palatinus gegenüber. 3)
Rons fabricius und 4) Pons cestius führte nach der Tiber-
insel. 5) Rons ^aniculensis s. janicularis. 6) Rons va-
ticanus s. triumphalis. 7) Pons aelius, vom Kaiser Ha-
drian erbauet. 8) Pons milvius (mulvius), 2 Millien nördlich von
der Stadt.
Landstraßen, viae: Die von den Römern angelegten Land-
straßen gehören zu den großartigsten ihrer Bauunternehmungen; man
nahm dazu entweder, und zwar anfänglich durchweg, harte Steine
(theils Kieselsteine, silices., theils Quadersteine, saxum quadratum),
oder groben Kies (glarea). Den Namen erhielten die viae ent-
weder von ihren Erbauern oder von den Städten, wohin sie führten;
viae privatae oder publicae hießen sie, je nachdem sie aufgrund
und Boden von Privatleuten oder des Staates angelegt waren. Wichtig
waren besonders die Via au relia längs der Küste von Etrurien nach
Pisa hin, Via fiaminia durch Etrurien nach Ariminum, Via va-
leria in das Land der Marsen und Sabiner, Via latina, südöstlich
von der vorigen, Via appia, die berühmteste von allen (regina via-
rum), aus Quadersteinen, angelegt durch den Eensor Appius Clau-
dius im I. 441 u. c., von der porta capena ausgehend, durch einen
Theil der pomptinischen Sümpfe, anfänglich nur bis Capua, später bis
Brundisium (zum Theil noch erhalten).
Oeffentliche Plätze:
1) Fora, von Gebäuden umschlossene Plätze in.der Stadt, theils
bestimmt a) zu öffentlichen Verhandlungen, theils b") zum Kauf und
Verkauf von Maaren. Unter denen, welche die erstere Bestimmung
hatten, war bei weitem am berühmtesten das Forum roman um
(vêtus, magnum) zwischen dem Palatinus und Capitolinus, läng-
lich rund (in der Länge von O. nach W.), schon durch Romulus ange-
legt, durch Tarquinius Priscus mit Säulengängen und Tabernen um-
geben, seit derselben Zeit auch mit Privatgebäuden, an deren Stelle
später zum Theil öffentliche kamen. — Auf dem Forum befanden sich:
a) Eine Bildsäule des Marsyas, als Sinnbild der Freiheit.
b) Die Roftra, eine für die Redner im Comitium eingerichtete
Erhöhung (suggestus), geschmückt durch einen Theil der den Antia-
ten abgenommenen Schiffsschnäbel (rostra). Liv. Viii, 14.— Cäsar
richtete neue Rostra ein (rosira julia), wahrscheinlich vor dem von ihm
am Forum erbaueten Tempel.
c) Das comitium, für die Volksversammlungen bestimmt, im
Allgemeinen mit zum Forum gehörig, zuweilen aber auch als beson-
derer Platz dem übrigen Theile desselben entgegengesetzt, seit dem An-
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9
Einleitender Theil: Chorographische Uebersicht.
fange des zweiten punischen Krieges mit einem von Säulen getragenen
Dache überbauet. ^ ^ „
' d) Die Curia hostilia, so genannt von Tullus Hostilius,
ein zu Rathssibungen bestimmtes Gebäude, hinten an den Fuß des
Palatinus sich lehnend, vorn nach dem Comitium hin gerichtet. — Die
Curia julia, erbauet durch Casar, eingeweihet durch Augustus.
e) Daskutcaldes Attius Navius, in der Nähe d es Co-
mitiums und der Curie (in gradibus ipsis ad laevam curiae. Iliv. I,
36). Verschieden davon scheint gewesen zu sein
fj £)aé Puteal Libonis s. scribonianum, wo dal? Tri-
bunal des Prätors sich befand und die Geldwucherer zusammenz ukom-
men pflegten. Horat. Serm. Ií, 6, 35. Epistt. I, 19, 8. ^
g) Unter den Basiliken am Forum waren am berühmtesten die
Basílica porcia, B asili ca aemilia und Basilica julia.
Oestlich vom Forum magnum legte Cäsar das Forum julium
an, nördlich von diesem, nahe daran, Augustus das Forum Augusti
(mit den Bildsäulen der römischen Feldherren, welche triumphirt hatten),
am Fuße des Quirinalis Nerva das Forum Nervae, ebenfalls am
Fuße des Quirinalis nach dem Capitolinus zu Trajan das Forum
ulpium s. Trajani. An der nordöstlichen Ecke des Palatinus la.;
das Forum boarium, so genannt von dem Bilde eines Ochsen,
nicht Viehmarkt. Ovid. Fast. Vi, 478.
Vieh- und Waarenmärkte waren: das Forum sua-
rium, piscarium, olitorium, pistorium.
2) Campi, freie Plätze in der Stadt, mit Rasen bewachsen, be-
stimmt zu Spielen, gymnastischen Uebungen, Spaziergängen, öffent-
lichen Zusammenkünften u. dergl. Am berühmtesten ist
Der Campus martius, auch vorzugsweise blos Campus
genannt, ein großer, mit Gras bewachsener Platz zwischen dem Liber
und dem Pincius, Quirinalis und Capitolinus, einst ein Besitzthum
der Tarquinier, nach Vertreibung des Tarquinius Superbus (Eiv. Ii,
5 — oder schon vorher?) dem Mars geweihet — daher der Name ^).
(Ara Martis Liv. Xl, 45.) Versammlungsort der comitia centu-
riata. Bis Aurelian lag dies Feld außerhalb der Stadtmauer.
3.
Dessentliche Gebäude:
Tempel (templa, lana, aedes) in sehr großer Zahl, über 400,
darunter die berühmtesten: der von Tarquinius Superbus auf dem
Kapitol erbauete, jedoch erst nach seiner Vertreibung geweihete Tem-
pel des Jupiter Capitolinus (Liv. I, 50), mit 3 Kapellen:
a) des Jupiter (in der Mitte), b) der Juno, c) der Minerva, mehrmals
durch Brand zerstört und immer prächtiger wiederhergestellt (zuletzt von'
Domitian) — das Pantheon, angelegt durch Agrippa für Jupiter
Ultor — der von Augustus auf dem Palatinus erbauete Tempel des
*) Stad) Gell. Vi, 7 war der Campus tiberinus sive martius dem
römischer^ Volke von der Vestalin Caja Tarratia geschenkt; es scheint indeß
campus tiberinus nichts ganz identisch zu sein mit campus martius; wahr-
scheinlich waren es zwei von einander verschiedene Plätze, jedoch zusammen-
grenzend und jener nach und nach im Namen dieses mit einbegriffen.
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Extrahierte Personennamen: Tullus_Hostilius Augustus Daskutcaldes_Attius_Navius Puteal_Libonis Cäsar Augustus Nerva Ovid Dessentliche_Gebäude Capitolinus Domitian Agrippa Augustus Caja_Tarratia
13
Einleitender Theil: Chorographische Uebersicht.
sie suchten ihre Sprache — namentlich dadurch, daß sie die Jurisdiktion
nur lateinisch ausübten — zur herrschenden zu machen und dies ist ihnen
auch bis auf die Länder gelungen, wo das Griechische, dem sie selbst
zum Theil sich beugten, schon herrschend war; sie legten große Heer-
straßen an- Wie tief römisches Wesen, außer in Italien, besonders in
Gallien, Spanien und Nord-Afrika (Karthago) Eingang gefunden hatte,
das zeigt deutlich die Geschichte der letzten Periode der röm. Literatur.
Zur Zeit der Republik wurden die verschiedenen Lander, so
wie sie zum Reiche gekommen waren, nach gewissen allgemeinen Grund-
sätzen über Provinzial-Einrichtung organisi'rt ($ 50 ff.) und dann jede
einzelne mit Rücksicht auf die augenblicklichen Verhältnisse und in Ab-
hängigkeit von den Ansichten und dem Charakter des jedesmaligen
Statthalters verwaltet; Augustus machte eine Eintheilung der Pro-
vinzen in provinciae Caesaris 8. principales und pro-
vinciae senatus s. populi und gab jeder von beiden Arten eine
besondere Organisation; einige der späteren Kaiser, namentlich Ha-
drian und Konstantin, machten Aenderungen in der Eintheilung;
Theodosius theilte das Ganze in zwei Reiche.
I. Europäische Länder.
6.
I. Hispania (Ibcria nach dem Fluß Iberus, Hesperia nach
der westlichen Lage, Celtiberia nach den Bewohnern-, die pyrenäische
Halbinsel.— Grenzen: In W. Oeeanus atlanticus, in N. Sinus
aquitanicus s. mare cantabricum s. britannicum s. gallicum, in
No. Pyrenaei montes, in O. und S. das Mare internum, das Fre-
tum gaditanum s. Herculis s. Hispaniae. — Flüsse: Iberus
(Ebro), Durius (Duero), Tagus(£ajo), Minius(Minho), Anas
(Guadiana), Baetis (Guadalquivir). — Gebirge: Pyrenaei
montes, Idubeda, Orospeda, Marianus M. (Sierra Mo-
rena),Ilipula (Sierra Nevada). Vorgebirge: C alpe (Gibraltar).
— Bewohner: Aus der Vermischung der eingewanderten Kelten,
Celtae, mit den ihrem Stamme nach unbekannten Ureinwohnern
waren die Celtiberi entstanden; neben diesen gab es eine Menge
Völkerschaften mit verschiedenen Namen. Außerdem setzten sich
Phöniker, Griechen und Römer hier fest. — Theile: Zur Zeit
der Republik zerfielhispanien in 2theile: Hispania citerior
und Hispania ulterior, zusammen auch wohl Hispaniae ge-
nannt; Augustus theilte das Land in 3 Provinzen (H. ulterior
in Lusitania und Baetica): 1) Lusitania (zwischen dem Duero und
Guadiana): Augusta emerita (Merida), Olisipo (Lissabon) .
2) Baetica (Andalusien und Granada): Hispalis (Sevilla)'
Cadcs (Cadix), Corduba (Cordova). 3) Hispania citerior
s. Tarraconensis (das ganze übrige Spanien): Tarraco (Tar-
ragona), Caesar Augusta (Saragossa), Carthago nova (Car-
tagena), Toletum (Toledo), Ilerda (Lerida), Saguntus, Nu-
mantia, Mantua (Madrid). — Inseln: a) Baleares: Ba-
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Extrahierte Personennamen: Augustus Konstantin Theodosius I._Hispania Anas
(Guadiana Augustus Cordova Hispania Caesar_Augusta Toledo Lerida
18
Antiquitäten der Römer.
(Canne), Barium (Bari), Venusia (Venosa), Geburtsort des
Horaz. b) Calabria (Japygia, Messa pia), die Landzunge am
tarentinischen Meerbusen (oft zu Apulien gerechnet): Brundisium
(Brindisi); 1 aren tu in (Taranto), Rudiae, Geburtsort des En-
nius. e) Lucania, vom Silarus bis zum Laus (Laino): Pae-
stum s. Posidonia (Pesti), Velia s. Elea, Me tapón tum,
Heraclea, Sybaris, Thurii, d) Bruttium (das jetzige Ka-
labrien): Consentia (Cosenza), Mamertum, Pandosia,
Rhegium.
Inseln bei Italien: a) Größere: 1) Sicilia, auchsi-
cania genannt von den alten Einwohnern Sicani, zu welchen von
Italien her die nach der gewöhnlichenannahme von ihnen verschiedenen
Siculi— daher Sicilia— gekommen waren (wahrscheinlich sind
wohl Sicani und Siculi dasselbe Volk), auch Trinacria von den
3 Hauptvorgebirgen: Peiorum, Pachynum, Lilybaeum.—
Gebirge: von O. nach W. erstrecken sich nicht weit von der Nordküste
die Montes Heraei oder Junonii., von diesen ab ein Zweig nach
So., Eryxm. in W., Aetna M. in O. — Fluß Himera. —
Fruchtbarer Boden : das Land war die Kornkammer Rom's. — Städte:
Zancle, spater Messana; Catana; Leontini; Syracu-
sae (cmö 5 Städten bestehend) ; Cela,, Agrigentum C'sixquyag);
Heraclea Minoa; Selinus; S_egesta; Panormus; Hi-
mera; Ernia in der Mitte der Insel.
2) Sardinia mit den Städten Caralis und Olbia.
3) Corsica mit der Stadt Alalia.
b) Kleinere: Palmaria an der Küste von Latium; Pan-
dataria, südlich davon; Capreae, südwestlich von Neapel; Ae-
oliae insulae s. Vulcaniae s. Liparenses; Aegates
insulae in W. von Sicilicn; Melite (Malta).
8.
V. Die Süddonauländer, unter Augustus unterjocht:
1) Rhaetia propria s. prima, südlich bis zu den großen nord-
italischen Seen (§ 7), westlich biè zu den Alpes Penninae, östlich
bis zum Aenus (Graubünden, Tyrol, Trident und Veltlin). Flüsse:
Rhenus, Athesis, Aenus (Inn), Städte: Curia (Chur),
Tri de nt um (Trident), Aenipons (Inspruck), T eri oli (Tyrol).
2) Vindelicia s.rhaetia secunda (ein Theil von Schwaben und
Baiern): Augusta Vindelicorum (Augsburg), Br igantium
(Bregenz), Regina Castra (Regensburg), Batava Castra
(Passau). 3) Noricum, das Land der Boji (die noch nach Vinde-
lieien hinein wohnten) und der Ta uri sei (die sich bis in Pannonien
hineinzogen), der größere Theil von Oestreich und ein Theil von Baiern:
Juvavia (Salzburg), Bojodorum (Innstadt), Lentiai(8inj).
4) Pannonia (die Länder von der Donau bis zur Sau, ostwärts
von Noricum): a) Pannonia superior s. occidentalis s.
prima, der westliche Theil: Vindobona (Wien), Aemona (Lau-
bach); b) Pannonia inferior s. orientalis s. secunda,
der östliche Theil: Taurunum (Belgrad oder Semlin), Sirmium
(Szrem). 5) Illyricum s. Illyria, im weiteren Sinne )ämmtliche
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22
Antiquitäten der Römer.
Theil wieder in den Grundbestandtheilen der Römer enthalten waren
und mehrere derselben im Laufe der Zeiten nicht ohne Einfluß auf Rom
geblieben sind: die italischen Völkerschaften, insbesondere die mittel-
italischen, waren es, welche zuerst unterworfen wurden, Antheil an den
Bürgerrechten erhielten und so mit den Römern in mannigfaltige Be-
rührungen traten; sie waren es, aus denen zum großen Theile die Heere
bestanden, welche den Erdkreis eroberten und den römischen Namen und
römisches Wesen über fast alle damals bekannten Länder und Völker
verbreiteten. Nur sehr wenige Denkmäler geben uns eine unmittelbare
Kunde von ihnen; römische und griechische Schriftsteller berichten Man-
ches über sie — diese Nachrichten aber sind mangelhaft und nicht durch-
aus zuverlässig und so muffen wir uns mit dem begnügen, was sich über
Abkunft, Verwandtschaft und Charakter derselben durch Combination
mit einiger Sicherheit oder wenigstens Wahrscheinlichkeit aufstellen läßt.
13.
Sicherlich ist das alte Italien der Hauptsache nach durch Einwan-
derungen von No. und O. her bevölkert und man scheint im Allgemei-
nen annehmen zu können, daß die Völker, welche später kamen, die
früher gekommenen immer weiter nach S. drängten und daß somit
diejenigen, welche wir im S. finden, die ältesten Bewohner gewesen
sind. _
1) Der illyrische ütaratn. Die meisten Völker, welche zu
diesem Stamme gerechnet werden, wohnten im südlichen Theile Ita-
liens und zwar waren es namentlich nach W. zu, in Lukanien und
Bruttien, die O e n o t r e r mit den C h o n e r n, I t a l e r n und M o r -
geten, nach O. zu von Melapont bis zum Berge Garganus, die
Messapier (Iapygier) mit den Salentinern und Kalabrern, die
Peuketier und Daunier. Nördlich von diesen Völkern hatten sich,
am adriatischen Meere entlang, noch einzelne Spuren des illyrischen
Stammes erhalten: als eine Mischung von Illyriern und Sabinern
erscheinen die P e l i g n er; illyrisch nennt Heroll. I, 196 die Veneter.
— Der ganze Stamm, von welchem der epirorische wohl nicht verschie-
den war, scheint in einiger, wenn auch nicht gerade naher Verwandt-
schaft mit den Griechen gestanden zu haben.
2) Die Sikuler. In uralten Zeiten wohnten in Latium die
Sikuler und zwar erstreckten sich ihre Wohnsitze bis in Umbrien hin-
ein; später wurde ihre Hauptmaste durch die vor den Sabinern weichen-
den Ausoner nach S. hin gedrängt und sic ging dann nach dem von
ihnen so genannten Sicilien über. Ueber die Herkunft dieses Volkes sind
die Nachrichten und Ansichten widersprechend: man halt sie theils für
verwandt mit den Griechen (so Niebuhr), theils für barbarischen, na-
mentlich keltischen Stammes (so Wachsmuth S. 78); das steht fest, daß
Reste von ihnen in Latium geblieben sind und daß so sikulisches Wesen
in das römische eingedrungen ist.
3) Dieopiker, Osker, Ausoner.
Von dem Tiberis südlich durch Kampanien hin bis zur Mischen
Meerenge und von den Apenninen westlich bis zur Meeresküste wohnten
in ganz alter Zeit die O p i k e r und Osker, auch Ausoner genannt.
Später scheinen sie sich nur in dem Gebirge zwischen Latium und Kam-
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23
Zweiter Theil: Die altitalischen Völkerschaften rc.
Manien erhalten zu haben alsaurunker, Ausoner undsidici-
a e r. Einer ihrer Stämme erhielt den Namen Volsker; wahrschein-
lich gehörten auch die Aequer zu ihnen. Die oskische Sprache war
über einen großen Theil des südlichen Italiens verbreitet; nach Niebuhr
S. 73 zeigt sich in ihr der nicht griechische Grundtheil des Lateinischen.
4) Die Sabiner und die von diesen ausgegangenen
Völker (Sa bell er).
Die Sabiner, ein ursprünglich kleines Bergvolk, hatten zum
Ursi'tz Amiternum in der Mitte Italiens auf der Höhe der Apenninen;
von hier'aus verdrängten sie lange vor der trojanischen Zeit einerseits
dieumbrer, andererseits die Aboriginer und dehnten sich dann allmälig
immer weiter aus, so daß sie endlich, unter die früheren Besitzer ge-
mischt, das ganze Land zwischen Umbrien und dem Berge Garganus,
den nordöstlichen Strich von Latium (am linken Tiberuser bis südlich
vom Anio), Kampanien und das Innere von Lukanien besaßen. Auch
Rom hat von ihnen einen Theil seiner Bevölkerung erhalten. Zu der
Zeit, wo die Römer sich über Latiums Grenze auszudehnen ansi'ngen,
und noch später waren die Sabiner das mächtigste Volk in ganz Ita-
lien, indessen hatte sich ihr Stamm in eine Menge Zweige getheilt —
diesen einzelnen Völkerschaften war der Genuß der größten Freiheit das
Höchste, mehr als Größe und Macht; so dachten sie nicht an politische
Einheit und dadurch wurde es den Römern möglich, sie nach und nach
zu unterwerfen. Diese Völker waren die Samniter, Picenter,
Lukaner, Bruttier, Mar ser, Marruciner, Peligner, Ve-
ftiner, auch wohl die Herniker. „Strenge der Sitten und freudige
Genügsamkeit war der eigenthümliche Ruhm der saüellischen Gebirgs-
völker, vor anderen aber der Sabiner und der vier nördlichen Kantone
(Marser, Marruciner, Peligner, Vestiner), den sie bewahrten, als zu
Rom die alte Tugend aus dem Herzen und dem Acußerlichen schon
lange verschwunden war. Sonst sind wenige Nationen in ihren Stäm-
men sich'so unähnlich gewesen, wie dieses große Volk: die Samniter,
Marser und Peligner kriegslustig, der Freiheit bis in den Tod treu;
die Picenter schlaff und verzagt; die Sabiner fromm und gerecht; die
Lukaner zerstörend und räuberisch. Die kampanischen Ritter waren ihren
Stammvätern gänzlich entfremdet. Alle Sabeller, am meisten aber
die Marser, waren Zeichendeuter, vornämlich des Vogelfluges; die
Marser rühmten sich auch, Schlangenbeschwörer zu sein." (Niebuhr I.
S. 111 — 112.)
5) Die Umbrer.
In der vorhistorischen Zeit^) waren die Umbrer ein mächtiges
Volk: ihre Herrschaft erstreckte sich damals, außer über das noch später
nach ihnen genannte Umbrien, wahrscheinlich auch.über den südlichen
Theil von Etrurien und die nachher sabinische Landschaft zwischen den
Apenninen und dem Tiber. Bedeutende Höhe der Kultur scheinen sie nie
erreicht zu haben. Durch die Etrusker besonders wurden sie geschwächt;
von diesen haben sie zum Theil Sprache', Opfer und Sitten angenom-
men. Den Römern leisteten sie nur geringen Widerstand. Man ver-
muthet, daß sie keltischen Stammes gewesen sind.
*) Nach Cato war ihre Stadt Ameria 964 I. vor dem Perserkriege gegründet.
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Extrahierte Personennamen: Cato
Extrahierte Ortsnamen: Italiens Niebuhr
S. Italiens Umbrien Berge_Garganus Latium Kampanien Rom Umbrien Etrurien
51
Dritter Lh eil, Iste Abth., 2tes Kap.: Landesregierung.
Kaisern nur gewisse Provinzen überwiesen; 4) die Uebertragung
der höchsten Gewalt an Einzelne für außerordentliche Falle, was
mit den Worten geschah: Dent operam 8. videant (Co88.), ne quid
respublica detrimenti capiat; 5) die Unterhandlungen' mit
fremden Staaten und die Wahl aller Gesandten; 6) die Zuer-
kennung von Ehrenbezeugungen, namentlich des Triumphes,
und Ehrentiteln (auch an Fremde, z. B. rex); 7) bis zur Decem-
viralgesetzgebung das Recht, über Krieg und Frieden zu be-
schließen und Truppenaushebungen anzuordnen, seitdem wenigstens
das Recht, vor jedem Volksbeschluß über Krieg und Frieden ein
8ctum zu machen und dies der Volksversammlung vorzulegen, und
die Leitung des ganzen Kriegswesens; 8)eintheilderkriminal-
rechtspflege (wie weit, ist nicht klar); 9) die Diktatorwahl.
Während das Volk die majestas besaß, wurde dem Senate au-
ctoritas beigelegt.
41.
Die Versammlungen des Senates waren theils gewöhnliche
(8enatus ordinarius s. legitimus) und zwar zur Zeit der Republik
monatlich drei: an den Kalenden, Nonen und Idus, seit Augustus,
wo die Senatsgeschäfte verringert wurden, nur zwei: an den Kalen-
den und Idus, theils außerordentliche (8enatus indictus); beide muß-
ten in der Regel nach Aufgang der Sonne eröffnet und vor Untergang
derselben geschlossen werden. An den Eomitialtagen und den diebus
atris, nach Cäsar's Ermordung auch an den Id. Mart., konnte der Se-
nat nicht zusammenkommen; seit Augustus wurden in den Monaten
September und Oktober keine regelmäßigen Sitzungen gehalten — es
blieb für diese Zeit nur eine gewisse Anzahl durch's Loos gewählter Se-
natoren in Rom. Das Recht, Senatsversammlungen zu berufen, hatten
nur die Magistrate, welche Fasces als Insignien führten und das im-
perium besaßen, außer diesen noch die Volkstribunen und auch noch der
praelectus urbi Latinarum causa. (Gell. Xiv, 7: Dictatores, Con-
sules, Praetores, Tribuni plebis, Interrex, Praefectus urbi —
Tribuni militares, Decemviri, Triumviri reipublicae constituendae.
Befanden sich mehrere von diesen zugleich in Rom, so stand ihnen das
Recht in der angegebenen Ordnung zu. ¡Senatum cogere, indicere, in
senatum vocare, agere cum Patribus, senatum consulere.) Die
Zusammenberufung geschah durch einen Herold (praeco) und Bothen,
welche auf das Land gingen (viatores), oder, besonders im letzten Jahr-
hunderte der Republik, durch ein Edikt. Versammlungsort konnte nur
ein solcher sein, der von den Augurn besonders dazu geweihet war:
entweder eine von den Curien (Curia Hostilia, Pompeja,
Julia u. a.) oder ein dazu bestimmter Tempel (gewöhnlich Capito-
lium, Templum Concordiae, Apollinis, Martis,
Bellonae u. a>); wenn ein Feldherr um die Ehre des Triumphes
anhalten wollte und wenn feindliche Gesandte angehört werden sollten,
mußte die Versammlung außerhalb der Stadt gehalten werden (im
Tempel des Apollo, des Mars oder der Bellona). Wer ohne genügen-
den Grund ausblieb (Krankheit, Alter von 60 Jahren), mußte eine
Geldstrafe erlegen. Waren nun die Senatoren in gesetzmäßiger Anzahl
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Extrahierte Personennamen: Augustus Augustus Julia Martis
25
Zweiter Theil: Die altitalischen Völkerschaften rc.
Daunier, Liburner, Veneter unter diesem Nationalnamen begriffen wer-
den können. Von den Oenotrern und Peuketiern wird geradezu erzählt,
daß sie eine von Oenotros und Peuketios, des Lykaon Söhnen, siebzehn
Menschenalter vor den troischen Zeiten aus Arkadien nach Italien ge-
führte Kolonie seien; wenn nun auch diese Erzählung ein Mährchen ist,
so läßt sich doch die Verwandtschaft zwischen jenen Völkern und den
Arkadern (als Pelasgern) nicht leugnen. Noch finden wir von einer
anderen pelasgischen Kolonie berichtet: ein Zug dieses Volkes sei, aus
Thessalien von Hellenen verdrängt, über das adriatische Meer gefahren,
bei Spina (an der Mündung des Padus) gelandet, habe sich von da
nach Sw. gewandt und sich in Tyrrhenien und an dem Ttberis fest-
gesetzt; selbst über Kampanien sollen sie sich ausgedehnt und Neapolis
und Pompeji inne gehabt haben. Es scheint nicht, als ob genügende
Gründe da wären, die Sage von dieser Wanderung (mit Niebuhr) zu
verwerfen, mag auch die ganze Ansiedelung in Rücksicht der Ausdehnung
nicht so bedeutend gewesen sein.
8) Die Aboriginer; die Latiner.
Latium war vermöge seiner Lage dasjenige Land Italiens, in wel-
chem die meisten Völkerschaften zusammentrafen — Umbrer, Pelasger,
Sabiner, Ausoner, Sikuler vermischten sich hier mit einander. Das so
entstandene alte Mischvolk nannte man später Aboriginer (ab
origine).
Aus dieser Masse heraus bildeten sich die Latiner, so genannt
nach dem von ihnen bewohnten Lande Latium, ursprünglich also nicht
ein geschlossener Volksstamm, sondern ein Völkergemisch. Nach einer spä-
ter zu Rom allgemein geglaubten und vom Staate anerkannten Sage *)
soll Aeneas auf seiner Flucht von Troja nach Latium gekommen sein,
sich mit dem damals hier herrschenden Könige Latinus vereinigt, die
Stadt Lavinium gegründet und den mit seinen Trojanern gemischten
Aboriginern den Namen Latini gegeben haben. Dreißig Städte fin-
den wir hier spater zu einem Bunde vereinigt, keine mit politischer Ue-
bermacht, jede einzelne mit der größten Selbstständigkeit; unter ihnen
ward für die Folgezeit am bedeutendsten Alba. — Daß im Latinischen
zwei gänzlich verschiedene Elemente, ein griechisches und ein ungriechi-
sches, enthalten waren, darüber stimmen Alte und Neue überein; durch
welches Volk aber das griechische, durch welches das ungriechische Ele-
ment hineingekommen sei, darüber weichen die Ansichten von einander
ab. Niebuhr leitet jenes von den Sikulern her, die er für ein Volk
griechischen Stammes erklärt, dieses von den aus der Gegend um den
Werg Velino den Anio hinab erobernd nach Latium gekommenen Sacra-
nern oder Casci, die nach ihm zum oskischen Stamme gehörten (S. 82
—87); Andere dagegen sehen gerade in den Sikulern den unariechischen
(keltischen) Bestandtheil.
*) S. Niebuhr's berühmte Kritik dieser Sage S. 187 ff.
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28
Antiquitäten der Römer.
Unglücksfall (besonders durch Gefangenschaft) oder dadurch, daß sein
Vater ihn verkaufte, gerieth. Nach dem Besitzer unterschied man:
i) Sklaven der Republik (servi publici), welche auf Kosten des
Staates zu öffentlichen Bauten (zur Reinigung der Kloaken, zur Be-
aufsichtigung der Wasserleitungen), zur Bedienung obrigkeitlicher Per-
sonen, bei'm Seewesen u. s. w. unterhalten wurden, und 2) Sklaven
der Privatpersonen (servi privati, familia), deren Anzahl sich
in den blühenden Zeiten bei einzelnen Römern in die Tausende belief.
Nach den verschiedenen Geschäften theilte man sie in folgende Klassen:
a) familia urbana, z. B. Hausbedienten; dispensator, procurator,
ratiocinator, cubicularius, admissionalis, cinerarius, tonsor, li-
brarius , anagnostes, servus a manu (ab epistolis) et ad manum,
a bibliotheca, puer a veste et ad vestes, medicus, nutritor, nutrix,
paedagogus, obsonator, diaetarius, structor, diribitor, carptor,
praegustator, pocillator, ostiarius (puer a janua), mediastinus rc. ;
außer dem Hause: servus insularis (Hciuserauffeher), balneator,
horarios, viridarius, sellarius, tabellarius, vocator, pedissequus,
nomenclator rc. b) Familia rustica zur Besorgung ländlicher Arbei-
ten, z. B. villicus, villico, actor, sutores, sarcinatores, textores,
rhedarii; pistores, molitores, aratores, satores, messores, vin-
ctores, venatores, magister pecorum, bubulci rc.
16,
Die Sklaven wurden nicht als Personen, sondern als Sachen be-
trachtet, die der Herr nachwillkühr verkaufen, vererben und verpfänden
konnte. Diejenigen, welche im Hause als Sklaven geboren waren,
vernae, und solche Sklaven, die sich durch Bildung und Brauchbarkeit
auszeichneten, genossen in der Regel ein milderes Schicksal; gegen die
übrigen erlaubte man sich dagegen harte Behandlung (Anschließung an
Ketten in den ergastula) und selbst empörende Grausamkeit, so daß
verschiedene Male gesetzliche Einschränkungen nothwendig wurden.
Geißelschläge, Brandmarkung, besonders für fugitivi (stigmata^ in-
scribere, inscriptus, literatos) und Kreutzigung waren die gewöhn-
lichen Strafen dieser Unglücklichen. Sie wurden ordentlicher Weise
weder zum Kriegsdienste zugelassen, noch konnten sie Zeugniß ablegen,
noch ohne den Willen des Herrn Eigenthum erwerben, noch ein Testa-
ment machen (die servi publici jedoch bis zur Hälfte ihres Peculiums).
Zu ihrem Unterhalte erhielten sie täglich oder monatlich (diarium, men-
strum), die servi publici jährlich (annuum) etwas Gewisses an Geld
und Lebensmitteln; was sie davon ersparten oder auf eine andere Art
mit Bewilligung ihres Herrn sich erwarben, war ihr Eigenthum (pe-
culium), womit sie sich manchmal ihre Freiheit erkauften. — Eine
eigentliche Ehe (connubium) fand unter ihnen nicht statt; die Verbin-
dung, welche sie eingehen konnten, hieß contubernium (contuber-
nales); die daraus hervorgehenden Kinder waren vernae s. ver-
naculi. — Sämmlliche Sklaven in einem Hause bildeten eine fa-
milia,' jedoch bezeichnet familiares auch freie Hausgenossen, im
Gegensatz zu den 8ervi. (Es umfaßt familia alle in der potestas des
Hausherrn befindlichen Personen, also auch die Kinder.) — Den Na-
men erhielten sie theils nach dem Vornamen ihres Herrn, so Marcipor,
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TM Hauptwörter (200): [T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]