Hrsg.: Hausen, Friedrich, Thiel, Oswald, Dahms, Gustav, Werner, Anton von, Zissel, Adolf, Brücke, Th., Ruthe, Paul
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
11
3. Karl der Große wird Römischer Kaiser. Karl der Große hatte
in dreißigjährigem Kampfe alle germanischen Stämme vereinigt. Er war cm
äußerer Macht der gewaltigste Herrscher des Abendlandes geworden. Bei ihm
suchten weltliche und kirchliche Machthaber in ihrer Bedrängnis Schutz und
Hilfe. Auch Papst Leo Iii. hatte,. von einer römischen Partei bedrängt, Karls
Beistand erbeten und bereitwilligst erhalten, weil Karl es für seine Pflicht
hielt, die Kirche und ihre Diener zu schützen. So erwies er sich in jenen
kriegerischen und rohen Zeiten auch als der mächtigste Schirmherr der
Kirche. Wegen seiner Macht und Verdienste krönte ihn darum der Papst im
Jahre 800 im Einverständnis mit den fränkischen und römischen Großen zum
Römischen Kaiser. So war der alte Glanz und Ruhm des römischen
Kaisertums ans einen germanischen Fürsten übergegangen, und ans den
germanischen Völkern beruhte die neue Weltherrschaft. Zugleich genoß hierdurch
Karl erst das rechte Ansetzn bei den romanischen Völkern seines Reiches. Aber
das Kaisertum Karls des Großen war sehr verschieden von dem alten römischen.
Karl betrachtete es als die höchste Ausgabe seines Lebens, die unterworfenen
Völkerschaften auch innerlich zu einem Reiche zu vereinigen, sie alle einem
Glauben, dem christlichen, zuzuführen und sie einem Kaiser dienstbar zu
machen.
Deshalb hob Karl die alten selbständigen Herzogtümer auf und teilte
das Reich in bestimmte Bezirke oder Gaue mit einem Gaugrafen an der
Spitze. Dieser beaufsichtigte die Verwaltung der königlichen Landgüter und
führte im Kriege den Heerbann des Gaues au. Er leitete ferner die Gerichts-
sitzungen, suchte in Gemeinschaft mit den Schöffen das Recht zu finden und
fällte das Urteil. Zur Überwachung größerer Bezirke ernannte Karl je einen
weltlichen und einen geistlichen Send grasen, die alle Vierteljahre ihren
Bezirk bereisen und über weltliche und kirchliche Angelegenheiten dem Kaiser
genauen Bericht erstatten mußten. Die Mark- oder Grenzgrafen hatten
hauptsächlich die Grenzgebiete zu sichern.
Die Gesetze für das ganze Reich wurden auf den alljährlich stattfindenden
Maiseldern (Reichsversammlungen) vorberaten und in Kapiteln (Abschnitten)
abgefaßt, daher Kapitularien genannt.
4. Karls Sorge für das Wohl seines Landes. Karl suchte in seinem
ganzen Lande das Christentum einzuführen und unter seinen Völkern höhere
Bildung und edlere Sitten zu verbreiten. Er gründete Bistümer und Klöster,
hielt auf strenge Kircheuzucht (Sonutagsheiliguug) und gottgefälligen Lebens-
wandel der Geistlichen. Zur Ausbildung der Geistlichen richtete er Kloster-
schulen ein und legte Büchersammlungen an. In Aachen gründete er für die
Söhne der Hofbeanllen die Hosschule und berief gelehrte Männer und Künstler
in das Land, damit sie Wissenschaft und Kunst im Laude verbreiten sollten.
Er förderte den Bau von Klöstern und Kirchen und errichtete mehrere könig-
liche Schlösser (Pfalzen). Auf seinen Gütern und durch die Klöster wurden
große Teile des Landes urbar gemacht; außerdem trugen sie zur besseren
Bearbeitung des Bodens bei. Die Anlage von Obstgärten und Weiupflauzungen
suchte er zu fördern. Um den Verkehr und Handel zu erleichtern, ließ Karl
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl_der_Große Karl Leo_Iii Leo Karls Karl Karl Karl Karl Karls Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karls Karls Karl Karl
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Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Zucht und Ackerbau; in den Städteu und auf den größeren Gütern war die
Bildung eines eigenen Handwerkerstandes im Entstehen begriffen (Schmiede,
Glockengießer, Gold- und Silberarbeiter, Glasmacher). — Das geistige Leben
wurde vorwiegend in den Klöstern, den Dom- und Klosterschulen, gepflegt.
Das Volk blieb ohne jede Schulbildung.
* Heinrich I. (919-936).
1. Seine Wahl. Nach dem Tode König Konrads I. wurde der mächtige
Sachsenherzog Heinrich zum deutschen Könige gewählt. Einer späteren Sage
nach soll Heinrich die Nachricht von der ans ihn gefallenen Wahl beim Vogel-
stellen erhalten haben, weshalb er den Beinamen der „Finkler" oder „Vogel-
steller" erhielt (Gedicht von Vogl).
2. Herstellung der Reichseinheit. Nach dem Tode Karls d. Gr. hatten
die Herzöge der deutschen Stämme allmählich ihre frühere Macht und Selbst-
ständigkeit wiedergewonnen. Vergeblich hatte sich Heinrichs Vorgänger,
Konrad I., bemüht, sie sich wieder zu unterwerfen. Da Heinrich ihrer Unter-
stützung bedurfte, überließ er den Stammesherzögen die Verwaltung ihres
Herzogtums fast vollständig und begnügte sich mit der Oberleitung des Landes
als oberster Richter und Heerführer. Durch solche Klugheit und Mäßigung
brachte er auch die widerstrebenden Herzöge von Schwaben, Bayern und
Lothringen zur Anerkennung seiner königlichen Macht und stellte die Einheit
des Reiches her.
3. Vorbereitung zum Kampfe gegen die äußern Feinde. In den ersten
Jahren seiner Regierung brachen die Ungarn verheerend in Deutschland ein.
Heinrich konnte keinen ernsten Widerstand leisten; doch gelang es ihm, einen
neunjährigen Waffenstillstand zu erhalten. In dieser Zeit gewöhnte er den
sächsischen Heerbann an den Kamps zu Roß und legte in Sachsen und
Thüringen Burgen an, die er mit Mauer und Wall umgab. Jeder neunte
Alaun vom Lande mußte in die Burgen ziehen und die übrigen einen Teil
des geernteten Getreides in die festen Plätze liefern. Diese Burgen ent-
wickelten sich allmählich zu Städten, indem Heinrich die Abhaltung der Gerichts-
tage dorthin verlegte; auch siedelten sich nach und nach Handel und Gewerbe-
treibende an. So entstanden die Städte Quedlinburg, Merseburg, Hersseld,
Goslar (Städteerbauer).
4. Krieg gegen die Slawen. Wohl vorbereitet, zog Heinrich gegen
verschiedene slawische Völkerschaften an der Mulde und zwischen Elbe und
Oder. Er besiegte sie und zwang sie zur Zahlung eines Tributes. Die
Sicherung der Grenzen hatten Markgrafen zu überwachen. An der Elbe
legte er die Burg Meißen an und gründete gegen die Dänen die Mark
Schleswig.
5. Sieg über die Ungarn. Im Jahre 933 brachen die Ungarn aufs
neue verheerend ins Land, wurden aber von Heinrich völlig besiegt (vermutlich
bei Riade, unweit Merseburg).
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Extrahierte Personennamen: Glasmacher Heinrich_I. Konrads_I. Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Vogl Karls Heinrichs_Vorgänger Heinrichs Konrad_I. Konrad_I. Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich_völlig Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Karls Schwaben Bayern Lothringen Deutschland Sachsen Merseburg Goslar Ungarn Ungarn Merseburg
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schwören, künftig keinen Papst ohne seine Zustimmung zu wählen, um zu ver-
hüten, daß ein Unwürdiger den päpstlichen Stuhl einnehme. So erwies sich
auch Otto I. wie einst Karl der Große als ein wahrer Schutz- und
Schirmherr der Kirche und der abendländischen Christenheit.
6. Ottos Tod. Nachdem Otto im Jahre 973 noch das Osterfest mit großem
Glanz im Kreise der Großen und zahlreicher Abgesandter verschiedener Völker
gefeiert hatte, starb er kurz darauf und wurde im Dom zu Magdeburg beigesetzt.
Tie fränkischen Kaiser (1024-1125),
Konrad Ii. und Heinrich Iii. Nach dem Aussterben des sächsischen
Kaiserhauses wühlten die Fürsten den fränkischen Herzog Konrad zum
Kaiser („Die Kaiserwahl" v. Uhland). Er war ein tatkräftiger Herrscher, der
das kaiserliche Ansehen voll und ganz wiederherstellte. Unter seiner Regierung
kam Burgund und mit diesem der westliche Teil der Schweiz zu Deutschland.
Im Osten bezwang er die Polen und machte sie lehnspflichtig; auch brachte
er die Lausitz an das Reich. Da in Unteritalien die Normannen ebenfalls
die Lehnshoheit des Kaisers anerkennen mußten, so erstreckte sich Deutschland
von der Weichsel bis zur Schelde und Rhone und von der Eider bis zum
Golf von Neapel. — Um die kleineren Lehnsträger für sich zu gewinnen,
erklärte Konrad Ii. die niederen Reichslehen in den Familien der Belehnten
für erblich, wie es die Herzogtümer teilweise schon waren. Dadurch
wurden die kleineren Lehnsträger von den großen unabhängiger; sie hatten
nicht mehr den Verlust ihres Lehens zu fürchten und hielten deshalb um so
treuer zum Kaiser, bisweilen auch gegen den Willen ihrer Lehnsherren.
Heinrich Iii. fügte noch Böhmen und Ungarn zum Reiche hinzu, so
daß die Ostgrenze bis an die Karpathen reichte. Unter seiner Regierung
besaß das Deutsche Reich die größte Ausdehnung im Mittel-
alter. — Als streng kirchlicher Mann trat er in Rom dem unwürdigen
Treiben verschiedener Adelsparteien, die gleichzeitig mehrere Päpste eingesetzt
hatten, entgegen. Die Päpste wurden abgesetzt und aus des Kaisers Vorschlag
ein deutscher Bischof zum Papste gewählt.
* Heinrich Iv. (1056—1106).
1. Seine Erziehung. Heinrich kam schon als sechsjähriges Kind zur
Regierung; seine Mutter Agnes führte für ihn die Regentschaft. Der Erz-
bischof Anno von Köln suchte die Regiernngsgewalt in seine Hände zu be-
kommen und entführte deshalb Heinrich nach Köln. Kurze Zeit daraus über-
nahm Erzbischof Adalbert von Bremen die Regentschaft und leitete die
Erziehung des jungen Königs. Adalbert erfüllte Heinrichs Herz mit Miß-
trauen und Haß gegen die Sachsen.
2. Kampf mit den Sachsen. Später legte Heinrich im Lande der Sachsen
Zwingburgen an, von denen aus die Sachsen bedrückt wurden. Diese erhoben
sich und belagerten den Kaiser aus der Harzburg bei Goslar. Nur mit Not
entging er der Gefangenschaft. Aber mit H>ilfe mehrerer Fürsten und Städte
(Worms) besiegte Heinrich die Sachsen an der Unstrut und unterwarf sie.
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Extrahierte Ortsnamen: Ottos Magdeburg Burgund Deutschland Polen Unteritalien Deutschland Neapel Ungarn Rom Sachsen Sachsen Sachsen Sachsen Harzburg Goslar Worms Sachsen
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17
verzichtete durch das Wormser Konkordat (Übereinkunft 1122) aus das Rech!
der Investitur (Belehnung mit Ring und Stab). Von nun an wurden die
Bischöfe von den Domgeistlichen gewählt und ihnen durch Bevollmächtigte des
Papstes Ring und Stab übergeben. Der Kaiser dagegen belehnte die Bischöfe
mit dem Zepter. Er übertrug ihnen damit die Regierung des Bistums.
Die Zeit der sächsischen und fränkischen Kaiser.
Durch die sächsischen Kaiser hatte das Reich gewaltig an Aus-
dehnung gewonnen. Otto der Große war wie einst Karl der Große der
mächtigste Herrscher des Abendlandes. Die Macht der Stammesherzöge
wurde gebrochen, aber die der Bischöfe und Re ichs übte durch große Land-
schenkungen außerordentlich gestärkt. Während aber einerseits die Kaiser durch
ihren Einfluß auf die Papstwahl und durch die Herstellung der Kaiserwürde
an Ansehen gewannen, wurde anderseits die Reichsmacht durch die Kriegs-
züge nach Italien geschwächt. Die letzten sächsischen Kaiser, Otto Ii., Otto Iii.
und Heinrich Ii., fühlten sich vornehmlich als römische Könige und ver-
nachlässigten das Reich. Das Lehnswesen griff immer weiter um sich, und
an Stelle des Heerbannes traten mehr und mehr die Vasallenheere. —
Durch die fränkischen Kaiser (Konrad Ii. und Heinrich Iii.) erlangte die
Kaiserwürde ihre höchste Macht und das Reich seine größte Ausdehnung.
Der Kaiser war der höchste Richter, oberste Kriegsherr und größte Grund-
besitzer im Reiche. Der königliche Hof bestand aus zahlreichen weltlichen
und geistlichen Würdenträgern, die dem Könige bei den Hof- und Reichstagen mit
ihrem Rate zur Seite standen. Die Wanderresidenz von Gau zu Gau und
von Pfalz zu Pfalz wurde wie unter den sächsischen Kaisern beibehalten. Die
Reichsämter außer der Herzogswürde waren erblich geworden, und die ehe-
mals freie Bevölkerung war den großen Grundherren ebenso zinspflichtig
geworden wie die unfreien Handwerker in den geistlichen Städten. Das
Volk gliederte sich in Vasallen, die den Kriegsdienst versahen, und in
Bauern und Handwerker. Der Handel umfaßte vorwiegend Erzeugnisse
des Landes (Getreide, Salz, Metalle, Wachs, Fische, Weine). Da Land-
straßen meist fehlten, so wurden hauptsächlich Wasserstraßen für den Verkehr
benutzt. Die Städte nahmen infolge Verleihung von Marktrecht, Münz- und
Zollrecht einen erhöhten Aufschwung, besonders am Rheine. Das geistige
Leben wurde fast ausschließlich durch die Kirche und in Klöstern gepflegt
Als einer der wichtigsten Unterrichtsgegenstände für die Söhne und Töchter
der vornehmen Familien galt die lateinische Sprache. In dieser Sprache
besang auch die älteste deutsche Dichterin, die Nonne Roswitha (um 950),
die Taten Ottos I. und schrieb eine Geschichte ihres Klosters. Die Aus-
breitung des Deutschtums und die Kolonisation des Ostens machten günstige
Fortschritte.
* Friedrich Barbarossa (Rotbart, 1152—1190).
1. Sein Kampf mit den lombardischen Städten. Friedrich Barbarossa
war der berühmteste Kaiser aus dem Hanse der Hohenstaufen. Sein
Realienbuch. 2
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Hrsg.: Hausen, Friedrich, Thiel, Oswald, Dahms, Gustav, Werner, Anton von, Zissel, Adolf, Brücke, Th., Ruthe, Paul
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
19
eine bedeutende Förderung durch den Handel, der infolge der Kreuzzüge auf-
blühte. Gelegentlich der kirchlichen Feste wurden große Märkte oder Messen
abgehalten. Es entwickelte sich ein wohlhabender Bürgerstand. An Stelle
der Fachwerkbauten traten immer häufiger Steinbauten. Das Handwerk
wurde durch das Zunftwesen geregelt. — Das geistige Leben nahm einen
großen Aufschwung einmal durch die Kreuzzüge (S. 31/32), dann aber auch durch
die Minnesänger.
Das Papsttum.
1. Die Entstehung des Papsttums. Als sich das Christentum in den
ersten Jahrhunderten über fast alle Teile des römischen Weltreiches aus-
gebreitet hatte, stand an der Spitze jeder größeren Gemeinde ein Bischof,
der das kirchliche Leben der Gemeinde überwachte. Unter den Bischöfen
nahmen bald die in Konstantinopel und Rom, den beiden Reichshauptstädtcn,
besonders aber der römische Bischof, eine bevorzugte Stellung ein (Paulus und
Petrus erlitten den Märtyrertod in Rom). Die Bezeichnung Papst, die bis zum
sechsten Jahrhundert allen Bischöfen als ehrende Anrede zukam, wurde von
da ab ausschließlicher Amtstitel des römischen Bischofs. Er galt als der
Nachfolger des Apostels Petrus, dem Christus nach der Lehre der katholischen
Kirche die höchste kirchliche Gewalt übertragen hatte. Auch andere Umstände
trugen zur Erhöhung seiner Macht bei. Rom stand als Hauptstadt des
früheren römischen Weltreiches in hohem Ansehen bei allen Völkern. Es
war jahrhundertelang der Mittelpunkt für Kunst und Wissenschaft. Auch
das Christentum wurde von hier aus über Spanien, Frankreich, England
und Deutschland ausgebreitet (Bonifatius). Die Tochtergemeinden blieben
dann mit Rom in Verbindung und empfingen von hier ans Rat und Beistand.
Dazu kam noch, daß bedeutende Päpste wie Leo I. (Attila) und Gregor I.
(um 600) den übrigen Bischöfen durch die Macht ihrer Persönlichkeit weit
überlegen waren.
2. Begründung der weltlichen Herrschaft des Papsttums. Papst
Zacharias war dem Frankenkönige Pipin dem Kleinen (751) zur Erlangung
der Königswürde behilflich gewesen. Darum verlieh Pipin das den Longo-
barden abgenommene Gebiet um die Mündung des Po dem römischen Stuhle
und legte so den Grund zu der weltlichen Herrschaft des Papsttums. Durch
Schenkungen der späteren Könige und Kaiser und durch Erwerbungen ent-
wickelte sich allmählich der sogenannte Kirchenstaat, den die Kaiser wiederholt
gegen feindliche Angriffe schützen mußten. Hierdurch traten die Päpste be-
züglich des weltlichen Besitzes in ein gewisses Lehnsverhältnis zu dem Kaiser,
wodurch später die heftigen Kämpfe zwischen Kaiser und Papst teilweise ver-
anlaßt wurden.
3. Steigende Macht des Papsttums. Seit Beginn des 11. Jahr-
hunderts sank das Ansehen des Papsttums, weil verschiedene römische
Parteien danach trachteten, einen ihrer Günstlinge auf den päpstlichen Stuhl
zu erheben. Deshalb sahen sich die deutschen Kaiser wiederholt veranlaßt
zur Herstellung der Ordnung einzuschreiten und die Papstwahlen zu regeln
2*
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Extrahierte Ortsnamen: Konstantinopel Rom Rom Spanien Frankreich England Deutschland
Hrsg.: Hausen, Friedrich, Thiel, Oswald, Dahms, Gustav, Werner, Anton von, Zissel, Adolf, Brücke, Th., Ruthe, Paul
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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21
Papsttums erstreckte sich der Einfluß der Kaiser, indem sie zum Heile der Kirche
öfter den Streitigkeiten des römischen Volkes und Adels bei den Papstwahlen
entschieden entgegentraten und die Einsetzung kirchlich frommer Päpste, aber
auch die Absetzung unwürdiger veranlaßten (Heinrich 111.).
3. Der Kampf um die Oberherrschaft. Nach dem Tode Heinrichs Iii.
trat in diesen Verhältnissen ein völliger Umschwung ein. Der erbitterte Kampf
zwischen Gregor Vii. und Heinrich Iv. wurde schließlich nach Verzichtleistnng
Heinrichs V. auf das Recht der Investitur beigelegt. Umso heftiger entbrannte
aber unter den hohenstaufischen Kaisern der Kampf mit den Päpsten aufs neue,
weil die Päpste immer größeren Einfluß auf die Kaiserwahlen erlangt
hatten und weil sie in den Streitigkeiten der Kaiser mit den Fürsten und
Städten öfter gegen den Kaiser Partei ergriffen (Friedrich Barbarossa und
Papst Alexander Iii., Kaiser Friedrich Ii. und Gregor Ix.).
4. Endgültige Beilegung der Streitigkeiten. Da unter diesen Kämpfen
Land und Volk außerordentlich litten, so beschlossen die Kurfürsten durch den
Kurverein Zu Reuse (1338), daß ein gewählter deutscher König keiner
weiteren Bestätigung bedürfe, auch nicht vom apostolischen Stuhle. Ferner
erklärten sie: „Wer von der Mehrheit der Wähler zum römischen König gewählt
ist, hat dieselbe Gewalt wie der gekrönte Kaiser." Durch diese Bestimmungen
und das Wahlgrnndgesetz der „Goldenen Bulle" (1356) wurde jede fernere
Einmischung der Päpste in die Kaiserwahlen beseitigt.
So war durch die Bestimmungen des Wormser Konkordats und des
Kurvereins zu Rense der Machtbereich zwischen Kaisertum und Papsttum genau
abgegrenzt und vor gegenseitigen Übergriffen geschützt.
Tie Besiedelung des Ostens.
I. Brandenburg, Mecklenburg, Pommern. Um die im 10.—12. Jahrh,
eroberten slawischen Länder dauernd dem Deutschen Reiche zu erhalten, suchten
die Fürsten unter den heidnischen Bewohnern die christliche Religion und
deutsche Sprache und Sitte zu verbreiten. So gründete Kaiser Otto I. im
Wendenlande die Bistümer Brandenburg und Havelbcrg sowie Posen im
fernen Polen; auch in Schleswig und Jütland wurden drei Bistümer errichtet.
Das Bistum Magdeburg erhob er zum Erzbistum und ordnete ihm die neu-
gegründeten Bistümer unter. Im zwölften Jahrhunderte eroberte und besiedelte
der Sachsenherzog Heinrich der Löwe das Obotritenland (Mecklenburg) bis
zur Odermündung und errichtete neben Lübeck und Ratzebnrg als drittes
wendisches das Bistum Schwerin. In Pommern hatte bereits der Bischof
Otto von Bamberg (1124) die christliche Lehre mit Erfolg verbreitet (Bistum
Kammin).
Um diese Zeit drang an der mittleren Elbe Markgraf Albrecht der Bär
in das Land der Milzen ein und erwarb im Kampfe die Priegnitz, durch
Verträge das Land an der Havel und Spree (Sage vom Schildhorn). Es
wurden die Bistümer Brandenburg und Havelberg erneuert und Lebns neu
gegründet. Seine Nachfolger, besonders Johann I. und Otto Iii., setzten das
Eroberungs- und Bekehrungswerk erfolgreich fort. Die Zisterzienserklöster
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Hrsg.: Hausen, Friedrich, Thiel, Oswald, Dahms, Gustav, Werner, Anton von, Zissel, Adolf, Brücke, Th., Ruthe, Paul
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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4. Wie die Besiedelung vor sich ging. Gewöhnlich übertrug der
Grundherr (Markgraf, Bischof, Abt) einem erfahrenen, umsichtigen Manne ein
Stück Land, das groß genug zur Anlage eines Dorfes war; bisweilen
nahmen die Ansiedler auch ein entvölkertes Slawendorf in Besitz. Der Leiter
der Ansiedlnng suchte nun eine Anzahl deutscher Familien als Ansiedler zu
gewinnen. Dieses hielt nicht schwer, da die Ansiedler freie Leute wurden und
für eine geringe Zinsabgabe bedeutenden Landbesitz erwarben. Der Leiter
verteilte das überwiesene Land an die Ansiedler und beaufsichtigte die ganze
Anlage. Inmitten des Landes, womöglich an einem Flusse, wurden zu
beiden Seiten der Dorsstraße in langer Reihe die einzelnen Gehöfte angelegt.
Jedes Besitztum bot Raum für die Gebäude, den Hos und Garten; daran
schloß sich Feld, Wiese und Wald. Für die Anlage einer Kirche wurde ge-
wöhnlich in der Mitte des Dorfes der nötige Platz vorgesehen. Zur gemein-
samen Benutzung für alle Besitzer lag außerhalb der Dorfflnr das Weideland
(Allmende). Die Ansiedler führten nun die erforderlichen Gebäude ans,
rodeten, wo es not tat, Wald und Busch aus, legten Sumpf und Moor
trocken und bebauten das Land. Der Unternehmer erhielt einen größeren
Anteil vom Lande; meist wurde ihm das Schultheißenamt (Schulze), die Ge-
richtsbarkeit, die Schankgerechtigkeit, das Recht zur Ausübung der Jagd und
Fischerei, zur Anlage einer Mühle und Schmiede vom Grundherrn über-
tragen. Ost wurde das Schultheißenamt in der Familie erblich (Erbscholtisei-
besitzer). — Von der Dorsanlage der deutschen Ansiedler waren die Slawen-
dörfer sehr verschieden. Bei diesen gruppierten sich die Besitzungen um einen
länglichrunden Platz und ließen meist nur einen Zugang als Straße frei.
* Rudolf von Habsburg (1273-1291).
1. Zustände im Reich. R'ach dem Aussterben des Hohenstansengeschlechts
(1254) war Deutschland längere Zeit ohne ein eigentliches Oberhaupt (Inter-
regnum — Zwischenreich). Fehden, Raubwesen und Faustrecht zerrütteten das
Reich. Ackerbau, Handel und Gewerbe lagen danieder. Um das Reich vor
dem völligen Untergange zu bewahren, wählten die Kurfürsten 1273 den
tapferen und klugen Grafen Rudolf von Habsburg (Schweiz) zum
deutschen Könige („Der Graf von Habsbnrg" v. Schiller). 2. Begründung
der habsburgischen Hausmacht. Das kaiserliche Ansehen war während
der Zeit des Interregnums sehr gesunken, dagegen die Macht der Reichs-
fürsten außerordentlich gestiegen. Daher wollte der mächtige König Ottokar
von Böhmen, der selbst gern Kaiser geworden wäre, die Oberherrschaft des
Kaisers nicht anerkennen. Rudolf zog wiederholt mit Heercsmacht gegen ihn
und besiegte ihn (1278) in der Schlacht auf dem Marchfelde, wo Ottokar
sein Leben verlor. Tie Länder Österreich, Steiermark und Krain gab Rudolf
seinem Sohne Albrecht und begründete damit die habsburgische Hausmacht.
3. Seine Sorge für Ruhe und Ordnung im Reiche. Um dem Raub-
rittertum und Fehdewesen im Reiche ein Ende zu machen, erneuerte er die
alten Landsriedensgesetze, wonach an bestimmten Tagen der Woche und zu
gewissen Zeiten des Jahres bei schwerer Strafe alle Fehden verboten waren.
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Extrahierte Personennamen: Schulze Rudolf_von_Habsburg Rudolf Rudolf_von_Habsburg Rudolf Schiller Ottokar
von_Böhmen Ottokar Rudolf Rudolf Ottokar Ottokar Rudolf Rudolf Albrecht Albrecht
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Marchfelde Krain
Hrsg.: Hausen, Friedrich, Thiel, Oswald, Dahms, Gustav, Werner, Anton von, Zissel, Adolf, Brücke, Th., Ruthe, Paul
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Ferner zerstörte er eine große Anzahl von Raubburgen in Thüringen und
am Rheine und ließ viele widerspenstige Raubritter aufhängen. 1291 starb der
Kaiser in Speyer („Kaiser Rudolfs Ritt zum Grabe" von I. Kerner).
Das Sinken der kaiserlichen Gewalt und Wachsen
der Fürstenmacht.
1. Die deutschen Kaiser im Kampfe mit den altdeutschen Stammes-
herzögen. Karl der Große hatte nach hartem Kampfe die mächtigen deutschen
Stammesherzöge (in Bayern Tassilo, in Sachsen Widukind) beseitigt, die
großen Herzogtümer in Gaue geteilt und die Gauverfassung mit Gaugrasen
und überwachenden Sendgrasen eingeführt (S. 11). Unter den letzten Karo-
lingern, besonders unter Ludwig dem Kinde, gewannen aber die Herzöge
wieder allmählich an Selbständigkeit und wurden unter den sächsischen Kaisern
in ihren Lehen sogar erblich (Bayern, Schwaben). Es kostete den fränkischen
Kaisern große Anstrengung, sich den mächtigen Herzögen gegenüber zu be-
haupten (Herzog Ernst von Schwaben, die Herzöge von Lothringen), so daß
Konrad Ii. und Heinrich Iii. es für gut fanden, sich in den kleinen Lehns-
trägern (Grasen und Ritter) eine neue Stütze der königlichen Macht zu
schaffen, indem sie deren Lehen erblich machten. Hierdurch gewannen aber
auch die kleinen Lehnstrüger an Selbständigkeit (S. 15).
2. Sinken der Kaisermacht durch die Kämpfe zwischen Kaisertum
und Papsttum. Infolge der unheilvollen Kämpfe der letzten fränkischen Kaiser,
Heinrichs Iv. und V. und der hohenstanfischen Kaiser mit den Päpsten
und den lombardischen Städten wurde die Kaisermacht arg geschädigt. Die
lange Abwesenheit der Kaiser vom Reiche hatten die Herzöge benutzt, sich in
ihrem Lande und dem Kaiser gegenüber fast selbständig zu machen (Heinrich
der Stolze und sein Sohn Heinrich der Löwe). Um sich des Beistandes der
mächtigen Fürsten zu versichern, verzichteten die Kaiser zu gunsten der Fürsten
allmählich auf fast alle ihre Rechte, z. B. auf die Erhebung gewisser Zölle
(Fluß- und Straßenzölle) und aus das Münzrecht, auf die Erträgnisse am
Jagd und Fischerei, ans Bergwerken und Salinen. Endlich verschenkten sie
noch beträchtliche Teile des Reichsgutes (Forsten und Ländereien) an die
Fürsten, bis die Wahlsürsten durch ein Gesetz der Verschleuderung des Reichs-
gntes unter Kaiser Friedrich Ii. (1220) ein Ende machten. Schließlich
drückte der traurige Ausgang des Hohenstanfengeschlechtes das kaiserliche An-
sehen so herab, daß sich kein deutscher Fürst zur Übernahme der Kaiserwürde
bereit fand. Die Macht der Fürsten dagegen war derart gestiegen, daß die
folgenden Kaiser nur mit Anstrengung ihre Würde zu behaupten vermochten
(Rudolf von Habsburg und Ottokar von Böhmen).
3. Die unbeschränkte Macht der Kurfürsten. Seit der Hohenstanfen-
zeit war das Recht der alten Volksstämme, den Kaiser zu wählen, auf einzelne
Fürsten übergegangen, die dadurch eine fast unumschränkte Macht erlangten.
Nach dem Reichsgrundgesetz der „Goldenen Bulle" (1356) war den Kurfürsten die
Erblichkeit und Unteilbarkeit der Kurfürstentümer, die höchste Gerichtsbarkeit
in ihrem Lande, ferner freie Verfügung über Bergwerke und Salinen, über
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der_Stolze Heinrich Heinrich Heinrich Friedrich_Ii Friedrich Rudolf_von_Habsburg Rudolf Ottokar_von_Böhmen Ottokar
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Münz- und Zollwesen und endlich die Unverletzlichkeit ihrer Person ebenso
wie dem Kaiser zugestanden; ja selbst der Kaiser konnte von ihnen zur
Rechenschaft gezogen werden. Die religiösen Streitigkeiten des 16. Jahr-
hunderts trugen ebenfalls znr Steigerung der Fürstenmacht bei. Im Augs-
burger Religionsftieden wurde den Reichsständen in ihren Gebieten auch die
oberste Gewalt in Religionssachen zugesprochen (1555).
4. Der weitere Verfall der Kaisermacht im Dreißigjährigen Kriege.
Der große Krieg vernichtete fast den letzten Rest der kaiserlichen Macht-
befugnisse; denn nach dem Westfälischen Frieden konnte der Kaiser ohne Ein-
willigung der Fürsten keinen Krieg erklären, keine Steuer erheben, kein Gesetz
erlassen, während die Landesherren ohne des Kaisers Zustimmung unter-
einander und mit auswärtigen Mächten Bündnisse eingehen dursten und alle
Rechte selbständiger Fürsten besaßen (z. B. der Große Kurfürst).
5. Die Auflösung des römischen Reiches deutscher Nation. Noch
150 Jahre erhielt sich das heilige römische Reich deutscher Nation dem
Namen nach, bis es 1806 durch die Lauheit der deutschen Fürsten zugrunde ging.
* Maximilian I. (1493—1519).
Er war ein durch Leutseligkeit, ritterlichen Sinn und große Kühnheit
ausgezeichneter Herrscher („Die Martinswand" von A. Grün). Man hat ihn
wegen seiner Liebe zu Turnieren den „letzten Ritter" genannt. Durch seine
Vermählung mit Maria boit Burgund, der Tochter Karls des Kühnen, ver-
größerte er die Habsburgische Hausmacht (Erwerbung der Niederlande).
Maximilian führte den „ewigen Landfrieden" ein, der den Fehden der
Ritter und Städte ein Ende machen sollte. An die Stelle der Selbsthilfe
traten nun in Streitfällen die Entscheidungen des Neichskammergerichts,
das zuerst in Frankfurt a. M., daun in Speyer und zuletzt in Wetzlar tagte.
Die Einteilung des Landes in 10 Kreise, denen je ein Kreishauptmann
vorstand, und die Gründung eines Neichsheeres sollten die Verwaltung des
Reiches einheitlicher gestalten und die große Macht der Fürsten beschränken.
Zur Aufrichtuug und Unterhaltung des ständigen Reichsheeres führte er eine
allgemeine Reichssteuer uach dem Vermögen, den „gemeinen Pfennig", ein.
Auch die Anfänge eines geordneten Postwesens zwischen Wien und Brüssel
zur Beförderung von Briefen fallen unter seine Regierung.
* Karl V. und die Reformation.
1. Karl Y. (1519—1556) war der Enkel Maximilians I. und folgte diesem
auf dem deutschen Kaiserthron. Außer Spanien, Deutschland, den österreichischen
und burgundischcn Stammländeru besaß er auch einen Teil von Amerika, so
daß man mit Recht von ihm sagen konnte, in seinem Reiche gehe die Sonne
nie unter. Seine Regiernngstätigkeit wurde vielfach durch Kriege, besonders
mit dem Könige Franz I. von Frankreich, in Anspruch genommen. Das be-
deutungsvollste Ereignis dieser Zeit ist die Reformation durch Dr. Martin
Luther.
2. Ursachen der Reformation. In der Lehre und den Einrichtungen
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Luther
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der christlichen Kirche hatten sich allmählich verschiedene Mißstände eingestellt,
die dringender Abhilfe bedurften. So waren bereits der englische Pfarrer und
Professor Wiclef und nach ihm der böhmische Prediger und Professor
Johann Hus gegen die fast unumschränkte Macht der Päpste, gegen
die Ohrenbeichte, den Ablaß und die Heiligenverehrung entschieden auf-
getreten. Andere ernstgesinnte Männer eiferten gegen die Zunahme der Klöster,
in denen häufig au Stelle von guter Sitte Müßiggang und Wohlleben
herrschten. Viele nahmen auch Anstoß an dem weltlichen Leben und Treiben
zahlreicher Geistlichen und Bischöfe. Anderseits lebte die Masse des Volks
in Unwissenheit und Aberglaube, in Not und Elend dahin. Der Mann, der
die weitverbreitete Unzufriedenheit mit den kirchlichen und wirtschaftlichen Ver-
hältnissen zum Ausbruch brachte, war Dr. Martin Luther.
3. Luthers Lebcnsgaug. Martin Luther, der Sohn eines Bergmannes,
wurde am 10. November 1483 zu Eisleben geboren. Sein Vater erzog ihn
sehr streng. Aus deu Schulen zu Mansfeld, Magdeburg und Eisenach (Frau
Cotta) empfing er die Vorbereitung zum Studium und bezog als achtzehn-
jähriger Jüngling die Universität Erfurt, um nach dem Wunsche seines Vaters
die Rechtswissenschaft zu studieren. Aber die Angst um sein Seelenheil, der
Tod eines Freundes und ein Gelübde, das er während eines Gewitters getan
hatte, bewogen ihn zum Eintritt in das Augustinerkloster zu Erfurt. Trotz
seiner strengen Bußübungen konnte er doch den inneren Frieden nicht finden.
Erst das Studium der Bibel und der Zuspruch seines Vorgesetzten (Johann
v. Staupitz) brachten ihm Beruhigung. 1508 wurde Luther durch den Kurfürsten
Friedrich den Waisen von Sachsen zum Lehrer an die Universität Wittenberg
berufen. 1511 befand er sich im Aufträge seines Ordens in Rom. Nach seiner
Rückkehr wurde er Doktor der Heiligen Schrift und war noch jahrelang als
Professor an der Universität und Prediger an der Schloßkirche in Wittenberg tätig.
4. Beginn der Reformation. Um diese Zeit schrieb Papst Leo X. einen
großen Ablaß aus, dessen Erträge zum Ausbau der Peterskirche in Rom
dienen sollten. Als nun der Dominikanermönch Tetzel diesen Ablaß zu
Jüterbog in schamloser Weise predigte, schlug Luther am 31. Oktober 1517
an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg 95 Sätze (Thesen) an. In diesen
Sätzen wandte er sich gegen den Mißbrauch des Ablasses. — Mit großer
Schnelligkeit verbreiteten sich diese Sätze durch ganz Deutschland. Bald erfuhr
auch der Papst vou ihnen. Er ließ Luther 1518 nach Augsburg laden und
von dem Kardinal Cajetan verhören. Luther weigerte sich aber, seine Lehre
zu widerrufen. Jedoch versprach er bald darauf dem päpstlichen Gesandten
von Miltitz, nicht mehr öffentlich gegen die Lehre der Kirche aufzutreten, wenn
seine Gegner ihn nicht angriffen. Zu diesen gehörte der gelehrte Dr. Eck,
welcher einen Amtsgenossen Luthers zu einer öffentlichen Unterredung
(Disputation) nach Leipzig aufforderte. Auch Luther erschien dort und be-
stritt besonders die Oberherrschaft der Päpste. Dr. Eck erklärte ihn für einen
Ketzer und verklagte ihn beim Papst. Dieser tat ihn in den Bann. Luther
aber verbraunte die päpstliche Bannbnlle vor dem Elstertore zu Wittenberg
(1520). Hiermit sagte er sich gänzlich vom Papste los.
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Extrahierte Personennamen: Johann_Hus Johann Martin_Luther Luthers_Lebcnsgaug Martin_Luther Cotta Johann
v Johann Friedrich Friedrich Leo_X Leo Luther
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