Zweites B u ch.
Von der Vereinigung Th ü ring en 6 mit
Meißen bis zur Verbindung des Herzog-
thums und der Kurwürde Sachsen mit
diesen Ländern, 124? bis 1423.
Eilftes Capitel.
Von Heinrich des Erlauchten Kampf um Thü-
ringen und von seiner Kinder und Enkel
Kriegen.
Ntarkgraf Heinrich war in der vollen Blüthe seiner
Kraft und hatte sich dnrch seine Kriegsthaten einen hochbe-
rühmten Namen gemacht, als ihm Thüringen zufiel.
Durch diese Erbschaft schien das Haus Wettin auf den
Gipfel der Macht zu gelangen, denn sein Landgebiet wurde
durch Thüringen mehr als verdoppelt, und zudem ge-
hörten sowohl seine Stammlande als die ihm zugefallenen
zu den reichsten und bestgelegenstcn im deutschen Reiche.
Allein Markgraf Heinrich gelangte nicht sogleich zum ru-
higen Besitz des Landes, sondern mußte einen langen schwe-
ren Krieg deshalb führen, und am Ende doch einen großen
Theil davon abtreten, um das Uebrige seinem Stamme zu
retten, da auch Andere, und nicht ohne gute Gründe, An-
sprüche auf die Erbschaft machten. Mit diesem Erbschafts-
streit hatte es folgende Bewandniß:
Markgraf Heinrich war der Sohn Juttas, einer
4*
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Ntarkgraf_Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
,'4
Siebentes Capitel.
Meißen unter den erblichen Markgrafen aus
dem Hause Wettin bis zur Vereinigung mit
Thüringen, von 1123 bis 124 7.
Der erste bekannte Stammvater des glorreichen Für-
stenhauses Wettin, welches noch gegenwärtig auf dem
sächsischen Königsthrone fitzt, war Dietrich, ein lehns-
freiec Adeliger aus dem,Hause Buzizi im Schwaben-
gau, der 982 gestorben sein soll. Sein Sohn Dedo er-
warb einen Theil des Hosgau und die Burg Zörbig.
Er wurde 1009 vom nordsächsischen Markgrafen Wer-
ner erschlagen, und hinterließ einen Sohn Dietrich Ii.,
der 1017 die Grafschaft Ei len bürg erbte. Dieser starb 1034,
und hinterließ sechs Söhne, von denen Dedo und Thimo
die Vater, ersterer von Heinrich dem Aelteren, letzterer
von Konrad waren. Konrad oesaß schon große Güter,
als er die Negierung der Mark übernahm, und da er ein
Vetter des Kaisers Lothar war, so wurde er noch mit
vielen Besitzungen beliehen. Durch den Tod seines Bru-
ders Dedo erbte er dessen Güter, und 1155 belieh ihn
auch der Kaiser mit der Markgrafschaft Niederlausitz;
die Landschaft Budissin und Nisani erwarb er 1144.
Konrad warein streitbarer Fürst, der in Italien, dann
gegen Alb recht den Bären und gegen Polen tapfer
focht, zweimal eine Pilgerschaft nach dem heiligen Grabe
that, und dann einen Kreuzzug gegen die Obotriten
machte. Er ward seiner Tapferkeit wegen der Große ge-
nannt.
Markgraf Konrad theilte i. I. 1156 seine Länder
unter seine 5 Söhne, legte die Negierung nieder, und ging
in das von ihm reichbegabte Kloster auf dem Peters-
berge, woselbst er schon ein Jahr darauf starb. Sein
ältester Sohn Otto, nachmals mit dem Beinamen der
Reiche, folgte ihm in der Regierung der Meißner
Mark, die Oberlausitz fiel aber an den Kaiser zurück.
Otto's Regierung ist sehr wichtig für sein Land ge-
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Extrahierte Personennamen: Thimo Heinrich Heinrich Konrad Konrad Konrad Lothar Dedo Konrad Konrad Konrad Otto
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worden. Er stiftete 1162 das Kloster Altenzelle, und
schenkte dazu 800 Hufen Land. Zu dieser Schenkung ge-
hörten auch die Dörfer Christiansdorf und Losnih,
und ein Theil des Waldes M i r i q u i d i. Als dieser Wald
ausgerottet werden sollte, wurden Silberadern entdeckt*).
Otto tauschte nun die beiden Dörfer und den Wald im
I. 1174 gegen die Stadt Roßwein ein, berief Berg-
leute vom Harz, und ließ den Bergbau fleißig betreiben.
Die Entdeckung dieser Bergwerke, wovon die Gegend das
Erzgebirge genannt wird, hat die segensreichsten Früchte
für das Land und die Fürsten gehabt. Die Stadt Frei-
berg wurde deshalb 1179 gegründet, und die Gegend
durch die Bergarbeiter stark bevölkert; Markgraf Otto er-
hielt aber von den Bergwerken eine reiche Ausbeute, die
er zur Aufnahme des Landes- verwandte. Er befestigte
die Städte Freiberg und Leipzig, kaufte die Herrschaft
Weißenfels und noch viele andere Güter in Thürin-
gen, und baute die Burg Landsberg. Da aber durch
den Bergseegen der Verkehr im Lande sich vergrößerte, so
stiftete Markgraf Otto zwei Jahrmärkte mit großen
Vorrechten in Leipzig, aus welchen nachmals die beiden
Hauptmeffen entstanden sind. So ist unter diesem Mark-
grafen durch die Auffindung der Bergwerke der Grund zu
dem nachmaligen großen Wohlstände des Landes und zum
Reichthum seiner Regenten gelegt worden. Verdient der
gute Gebrauch, den Markgraf Otto der Reiche von den
Schätzen machte, die er durch den Bergbau gewann, dank-
bare Anerkennung, so darf doch nicht verschwiegen werden,
daß er in seinen letzten Negierungsjahren durch die unbe-
dachtsame Nachgiebigkeit gegen die Vorliebe seiner Gemah-
lin Hedwig für ihren jüngcrn Sohn Dietrich viel Un-
heil über sein Land, über seine Familie und über sich
selbst gebracht hat. Sein ältester Sohn Alb recht sollte
nach deutschem Rechte, und wie auch üblich und billig,
die Markgrafschaft Meißen erben, dem jüngern Die-
trich war die Herrschaft Weißenfels nebst einigen an-
dern Gütern zugedacht. Die Markgräfin Hedwig aber,
*) Nachandern haben Salzsuhrlcute bei der Ausbesserung des
Weges die Silberadern gefunden.
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Extrahierte Personennamen: Otto Otto Otto Otto Otto Otto Hedwig Hedwig
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schwer, bei vielen ganz unmöglich auszumitteln, ob sie
Allode oder Neichslehne waren. Außer der Herzogin S o- '
phie von Brabant, die zum wenigsten ganz Hessen;
und einen großen Theil von Thüringen forderte, ver-
langte Graf Siegfried von Anhalt, Herzog Albrecht
von Braun schweig, als Verlobter der Tochter Sophi-
ens, verlangte Graf Herman n von Henneberg, Hein-
richs des Erlauchten Stiefbruder, endlich auch der'
Herzogin Sophie Schwester, eine Klosterfrau, Antheil an
den Allodien; der Erzbischof von Mainz aber forderte alle
thüringischen Güter, die Main zische Lehne waren,
zurück. Endlich wollten auch die thüringischen Vasallen
dem Markgrafen Heinrich nicht huldigen, er mußte sie mit
den Waffen in der Hand dazu zwingen, und erst nachdem
er sie in einer Schlacht besiegt, leisteten sie ihm 1249 zu
Weißenfels die Huldigung. Unterdeffen hatte der Her-
zog von Braunschweig Minden, das Landgericht an
der Lüne, die Duderstädter Mark an sich gerissen,
und die Landschaft an der Werra überfallen. Die hes-
sischen Lehnsträger aber und auch piele thüringische
erklärten sich für die Herzogin Sophie. Damit nun nicht
in dem Streit dieser Beiden um die Erbschaft, das Land der
Raub der Nachbarn werden möchte, so schloß der Mark-
graf mit der Herzogin Sophie einen Vergleich auf io
Jahre, nach welchem er als Vormund Heinrichs des
Kindes Hessen und die Wartburg verwalten wollte, cs
sei denn, daß ein Kaiser oder Fürstcnrath den Streit frü-
her entscheiden sollte. Als aber 1254 der Erzbischof Ger-
hard von Mainz dem Markgrafen die Neichslehne in
beiden Landen verlieh, da glaubte die Herzogin Sophie
ihres Sohnes Rechte gefährdet und verbündete sich deshalb
mit Herzog Albrecht dem Großen von Braunschweig,
dem sie ihre Tochter zur Gemahlin gab, und mit dessen
Schwester Adelheid ihren Sohn verlobte. Markgraf
Heinrich gab der Herzogin Gutensberg zurück, um den
Krieg zu vermeiden, da er aber die thüringischen Al-
lode nicht zurückgeben wollte, so behielt Herzog Albrecht
die Landschaft an der Werra und rückte mit einem Heere
in Thüringen ein, und nun begann ein heftiger 7jahri-
ger Krieg, in welchem Thüringen auf eine gräuelvolle
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Extrahierte Personennamen: Siegfried_von_Anhalt Siegfried Albrecht
von_Braun Albrecht Graf_Herman_n_von_Henneberg Sophie_Schwester Heinrich Heinrich Heinrichs Ger- Albrecht_dem_Großen_von_Braunschweig Albrecht Adelheid Heinrich Heinrich Gutensberg Albrecht Albrecht
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Vaters Beistand gegen den feindlichen Bruder erhielt.
Dietrich trieb nun Albrecht von Weißenfels zurück,
und der Landgraf schlug ihn 1194 bei Reveningen aufö
Haupt, so daß er sich kaum ins Kloster auf dem Peters-
berge retten und von da, in eine Mönchskutte verhüllt,
nach Leipzig entkommen konnte.
Dies war aber noch nicht das einzige Uebel, welches aus
dem schmählichen Bruderzwiste entsprang. Der Kaiser
Heinrich Vi., ein habsüchtiger und gewalttätiger Fürst,
bekam ein Gelüste nach den reichen Meißnischen Berg-
werken, und meinte, daß es bei dem Zanke der beiden
Brüder nicht schwer halten würde, sich der Markgrafschaft
zu bemächtigen. Er sandte deshalb ein Heer nach Mei-
ßen. Albrecht glaubte den Kaiser durch vernünftige
Vorstellungen auf andere Gedanken zu bringen, und reiste
zu ihm nach Italien. Allein er richtete nicht nur nichts
aus, sondern erfuhr auch, daß ihm nach dem Leben gestellt
würde; darum kehrte er eilig zurück, und legte ^Besatzungen
in die Städte Meißen, Leipzig und Eam bürg, um
sich der kaiserlichen Kriegsmacht zu erwehren. Ec starb
aber gleich nach seiner Zurückkunft plötzlich auf dem Wege
von F reib erg nach Meißen an Gift, welches ihm sein
ehemaliger Günstling beigebracht hatte; wenige Wochen dar-
auf ward auch seine Wittwe Sophia vergiftet. Ob Kai-
ser Heinrich Vi., oder die Mönche zu Alten zelle den
Giftmischer gedungen hatten, ist nicht auszumitteln, doch
fällt der stärkste Verdacht auf den ersten.
Dietrich von Weißenfels befand sich eben auf
einer Wallfahrt nach dem heiligen Lande, als sein Bruder
starb, und nun sah es bedenklich um seine Erbschaft des
Markgrafthums, aus, denn Niemand war vorhanden, der
sie! für ihn vertheidigt hätte. Zum Glück für ihn starb
der Kaiser Heinrich, und somit hatten auch die Angriffe
auf Meißen ein Ende. Dietrich kehrte 1198 aus dem
heiligen Lande zurück, und vertrieb mit dem Beistände sei-
nes Schwiegervaters die kaiserlichen Kriegsvölker aus der
Markgrafschaft. Doch auch seine Unterthanen, und besonders
die Frei b erg er leisteten ihm dabei wackeren Beistand.
Bald darauf fing der Streit der beiden Gegenkönige, Phi-
lipp von Schwaben und Otto von Braunschweig
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_von_Weißenfels Albrecht Heinrich_Vi Heinrich Albrecht Heinrich_Vi Heinrich Heinrich Heinrich Otto
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um die deutsche Krone an. Dietrich war auf Seiten
des crsteren, er gerieth deshalb mit seinem Schwiegervater
und mit seinem Schwager, dem Könige von Böhmen,
in Zwiespalt; nachdem aber König Philipp 1208 durch
Meuchelmord umgekommen, trat er auf König Otto's
Seite. Bald darauf im I. 1210 ftarb die Nochlitzer
Nebenlinie der Wettiner -aus, und Markgraf Dietrich
erbte alle deren osterländische Besitzungen. Die Mark-
grafschaft Ni cd er lau sitz, die als ein erledigtes Lehn an
das Reich zurückgefallen war, erhielt er für 10,000 Mark
Silber vom Könige zur Lehn. Im Uebrigen war Mark-
graf Dietrichs Regierung höchst unruhig, und keine glück-
liche zu nennen. Es wurde ihm nicht mit Unrecht vorge-
worfen, daß er die Geistlichkeit zu sehr auf Kosten des
Landes begünstige. Darüber gerieth er mit der Stadt
Leipzig in einen ärgerlichen Streit. Er gründete näm-
lich 1213 in Leipzig das Thomaskloster, und machte
demselben große Schenkungen, weil er aber dadurch die
Gerechtsame der Leipziger beeinträchtigte, so wurden
diese darüber sehr mißvergnügt. Bald darauf verlegte er
auf Anrathen des Abts vom Thomaskloster ein Nonnen-
kloster nach Leipzig, und verordnete, daß die Nonnen ein
Chor neben den Mönchen in der Thomaskirche haben
sollten. Das wollten die Leipziger nicht leiden, sie setz-
ten sich dagegen, vertrieben den Abt, zerstörten den ange-
fangenen Bau, und verbündeten sich mit dem oster län-
dischen Adel, der eben auch unzufrieden mit dem Markgrafen,
war, daß er der Geistlichkeit so viele Vortheile zuftießen
ließ. Der Adel war so erbittert, daß er 1214 Meuchel-
mörder gegen den Markgrafen ausschickte. Diese erreichten
ihre Absicht zwar nicht, doch wurde die Nachricht von des
Markgrafen Tode verbreitet, und darauf griffen die Adli-
gen und die Leipziger zu den Waffen. Beinahe 2 Jahr
lang wurde nun'ein verheerender Krieg geführt. Dietrich
belagerte Leipzig vergebens, und mußte endlich im I.
1216 mit den Empörern einen Vergleich schließen, in wel-
chem er alle ältern Vorrechte bestätigte, auch besonders ver-
sprach, keine neuen Festungswerke oder Burgen bei der
Stadt anzulegen, und eine völlige Vergessenheit alles Vor-
gefallenen bewilligte. Dieser Vergleich sollte von den Land-
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Markgraf_Dietrich Dietrichs
29
ständen zu Meißen, zu Culmen, von den osterländi-
schen zu S k ö l e n bestätigt werdend Dietrich hatte aber
nur nachgegeben, weil ihm die Mittel fehlten, den Krieg
fortzusetzen, er war nicht Willens das Abgedrungene zu
halten. Als ihn im I. 1217 König Friedrich Ii. be-
suchte, kam er mit diesem und seinem Gefolge nach Leip-
zig. Unvermerklich schlichen sich aber mehrere Kciegsleute
in die Stadt, den Klöppel aus der Sturmglocke ließ der
Markgraf fortnehmen, und dann wurden die Leipziger
plötzlich überfallen und überwältigt; doch ging es ohne
Mord und Plünderung ab. Die Stadt verlor nun einen
Theil ihrer Vorrechte, ihre Mauern, Wälle und Graben
wurden zerstört; dagegen drei feste Schlösser erbaut, in
die der Markgraf Besatzungen legte. Nunmehr durften die
Leipziger keine offenbare Auflehnung wieder wagen, und
der Bau des Thomasklosters ward beendigt. Der Adel
legte aber die Waffen noch nicht nieder, sondern verbündete
sich mit dem Erzbischof Al brecht von Magdeburg, und
die Fehde wahrte fort bis zu des Markgrafen Tode; er er-
folgte am 17. Februar 1221, und zwar wurde Dietrich
von seinem Arzt vergiftet, den die aufrührerischen Unter-
tanen mit 50 Mark zu der Schandthat erkauft hatten.
Dietrich hatte wahrend seiner ganzen Regierung mit den
Gegenkönigen, mit Verwandten, mit bösen Nachbarn und
mit empörten Unterthanen kämpfen müssen, und war so-
gar von dem Papst mit dem Bann und Interdict bedroht
worden, daher erhielt er den Beinamen der Bedrängte.
Nach Dietrichs Tode gerieth das Land in eine
große Gefahr, denn der Erbfolger Heinrich, der nach-
mals den Beinamen des Erlauchten erhielt, war bei
dem Tode seines Vaters erst 3 Jahre alt, und cs entstand
ein heftiger Streit wegen der Vormundschaft. Zwar hatte
Dietrich seinen Schwager, den Landgrafen Ludwig
Iv. von Thüringen zum Vormunde verordnet, dem auch
die Landstände huldigten, allein die Mutter Heinrichs
bestand auf die Mitvormundschaft; und der Bischof von
Merseburg wollte sie in allen Gebieten ausüben, die
merseburgifche Lehne waren. Der edle Markgraf stritt
zwar wacker für die Rechte seines Mündels, allein Hein-
richs Mutter hatte sich zum 2ten Male mit dem Grafen
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Ii Friedrich Dietrichs Heinrich Heinrich Ludwig
Iv Ludwig Heinrichs Heinrichs
56
Denkungsart und so anstößige Sitten, daß er mit vollem
Recht den Beinamen f,bcc Ausgeartete" erhalten hat.
Zuerst fing er 1268 einen Streit mit seinem Bruder D i et-
rich an, und beide zogen mit großen Heeren gegeneinander.
Ihrem Oheim, dem Bischof Dietrich von Naumburg,
gelang es jedoch die feindlichen Brüder zu versöhnen. Dar-
auf. gerieth Alb recht mit seinem eigenen Vater in Streit,
und welche arge Gesinnung er gehabt, geht daraus hervor,
daß er, als er 1270 sich zu unterwerfen gezwungen war,
eine Urkunde ausstellen und beschwören mußte, daß er
seinen Vater und dessen Räthe nie gefangen nehmen, dessen
Städte und Schlösser nie erobern und sich mit seinem Bru-
der nie gegen ihn verbünden wolle. Nicht weniger schänd-
lich als gegen den Bruder und den Vater handelte der ent-
artete Fürst gegen seine eigene Gemahlin und Kinder. Er
hatte sich 1254 mit Margaretha, der Tochter des Kaisers
Friedrichii. vermählt, und mit ihr als Brautschatz für
10,000 Mark Silber als Pfandstück das Pleißnerland
erhalten. Seine Gemahlin hatte ihm drei Söhne Hein-
rich, Friedrich und Diezmann geboren. Markgraf
Albrecht hegte aber eine strafbare Neigung gegenzdaö
Hoffräulein Kunigunde von Eisenberg und kränkte
seine edle Gemahlin nicht nur durch Untreue, sondern auch
dnrch rohe Behandlung und Verfolgungen. Endlich wollte
er sie sogar in der Nacht erdrosseln lassen, doch ein armer
Eselstreiber, der zu dem Morde gedungen war, verrieth
den gottlosen Anschlag, und die unglückliche Fürstin ent-
floh mit Hilfe ihres Hofmeisters Vargula. Bei dem
Abschiede von ihren Kindern biß sie aus Schmerz ihren
zweiten Sohn Fiedcich, der ihr Liebling war, in die
Wange, wovon er den Beinamen der Angcbissene oder
„mit'der gebissenen Wange führte." Die Landgräfin fand
eine Zuflucht in Frankfurt am Main, starb aber bald
vor Gram.
Das waren die traurigen Folgen von Markgraf Hein-
richs übereilter Theilung, der, nachdem er seinem ältesten
Sohne ein so großes Landgebiet abgetreten hatte, nicht
mehr Macht genug besaß, ihn mit Strenge von seinen
Ausschweifungen und Ungerechtigkeiten abzuhaltcn. Bald
nachdem die Markgräfin Margaretha gestorben war,
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Margaretha Friedrich Friedrich Albrecht Albrecht Kunigunde_von_Eisenberg
92
v die Stadt seinem Bruder Wilhem entsagen und ihm al-
lein huldigen und Hilfe leisten solle. Da ging der ganze
Nath mit dem greisen Bürgermeister Niklas Weller an
der Spitze, mit entblößten Häuptern und mit Sterbekleidern
auf dem Arm zum Kurfürsten und Weller sagte: der Rath
hatte beiden Fürsten gemeinschaftlich den Treueid geleistet,
und lieber wolle er sein graues Haupt vom Rumpfe tren-
nen lassen — und wie er so auch die übrigen Nathsherrn
— als die Leschworne Pflicht verletzen. Da klopfte ihm
der Kurfürst auf die Achsel und sagte: „Nicht Kopf ab,
Alter, solcher redlicher Männer bedürfen wir noch ferner."
Bald nach dem Blutbade bei Gera rückten die beiden
Heere gegen einander, um in der Nahe dieser Stadt die
Entscheidungsschlacht zu liefern. Da begegneten sich die
fürstlichen Brüder auf dem Felde und wurden, nach einem
kurzen Gespräch, einig, in Leipzig eine Zusammenkunft zu
halten. Als daselbst, und auch später in Mühlhausen
keine völlige Ausgleichung erfolgte, da von beiden Theilen
die Rache das Feuer der Zwietracht wieder anzufachen such-
ten, so kamen sie zu Anfang des Jahres 1451 in Naum-
burg zusammen. Hier söhnten sie sich am 27sten Januar
aufrichtig wieder mit einander aus, und von da ab ist die
Eintracht nimmer wieder zwischen ihnen unterbrochen wor-
den. Dieser jammervolle Bruderzwist giebt den Fürsten ein
warnendes Beispiel, zu welchen unheilvollen Schritten sie
verleitet werden, wenn sie eigennützigen, ränkesüchtigen
Räthen ihr Vertrauen schenken und nicht selbst genau prü-
fen, was -zr ihrem und zu ihres Landes Besten dient.
Mußten hier ooch erst viele Tauseude unschuldig das Leben
opfern und aber viele Tausende Hab und Gut verlieren,
ehe die Fürsten es einsahen, daß sie blos um die unlau-
teren Absichten ihrer Räthe zu befördern, ihrer Länder Wohl-
fahrt und ihre eigene Ruhe aufs Spiel gesetzt hatten. Das
wnrde besonders dem Herzoge Wilhelm recht einleuchtend.
Der Haupturheber aller Irrungen, Graf Apel von Vitz-
thum fiel kurz nach dem Blutbade zu Gera, wahrschein-
lich weil er zu dieser Unthat gerathen, in Ungnade bei dem
Herzoge und pilgerte nach Rom. Während seiner Abwe-
senheit war der Friede zu Naumburg geschlossen zu des-
sen Bedingungen es gehörte, daß Apel gegen Empfang
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Extrahierte Personennamen: Wilhem Niklas_Weller Weller Wilhelm Graf_Apel_von_Vitz- Apel
Extrahierte Ortsnamen: Gera Leipzig Mühlhausen Naum- Gera Rom Naumburg
93
seiner Stammgüter und des gezahlten Geldes die fränki-
schen Gebiete wieder abtreten solle. _ Er weigerte sich aber
dessen nicht nur, sondern er beleidigte den Herzog durch.
Wort und That, und da ihm endlich mit Waffengewalt nach
dreijährigem schwerem Kampfe die fränkischen Gebiete
entrissen worden waren, da floh er nach Böhmen, und
suchte nicht nur dem Herzog Feinde zu erwecken, sondern
machte sogar Anschläge gegen sein Leben.
Achtzehntes Capitel.
Der Prinzenraub. Herzog Wilhelms und Kur-
fürst Friedrichs fernere Begebenheiten^
Zu den bösen Früchten des heillosen Bruderkrieges
gehörte auch der berühmte Prinzen raub, der das Met-
ti nische Fürstenhaus in Schrecken und Gefahr setzte und
ein Zeugniß von der Rohheit und Verwilderung der Gemü-
ther in jenen Zeiten giebt. An des Kurfürsten Hof lebte
ein tapferer Ritter Kunz von Kaufungen, der ihm viele
treue Dienste geleistet hatte und deshalb bei seinem Lehnsherrn
in Gunst und Ansehen stand. In dem Bruderkriege verlor
er seine Güter in Thüringen, wofür ihm aber der Kur-
fürst die Güter gab, die dem Apel von Vitzthum im
Meißnischen gehört hatten. Nach dem Naumburger
Frieden sollte Kunz seine thüringischen Güter wieder
in Empfang nehmen und die Meißnischen zurückge-
den; das letztere wollte er aber nicht und der Kurfürst nahm
sie ihm mit Gewalt, erklärte aber dabei, daß er, wenn
Kunz sich dadurch beeinträchtigt glaubte, ihm vor Schieds-
richtern zu Rechte stehen wollte. Damit war Kunz aber
nicht zufrieden, sondern drohte, er werde das ihm wider-
fahrene Unrecht an des Kurfürsten Fleisch und Bein zu rächen
wissen und floh nach Böhmen, wo er mit dem Vitz-
thum und andern Unzufriedenen böse Anschläge gegen den
Kurfürsten machte. Damals hielt der Kurfürst zu Alten-
burg Hof, und Kunz hatte daselbst den Küchenjungen
Hans Schwalbe gewonnen, der ihm von Allem Kunde
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