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Es kamen und schwanden die Rächer wie Schatten der Nacht. Bald
hier, bald dort fiel ein Römer im Engpaß. In dem Gedränge konnte
Varns die Gefahr nicht überschauen; er befahl, geschloffenen Marsch zu
halten, aber in der Wildniß war dies unmöglich. Endlich neigte sich der
Tag und Varns gebot dem Heere, Halt zu machen, sich zu verschanzen,
so gut es ginge, und zu verbrennen, was vom Gepäck überflüssig sei und
im Zuge nur hindern könne. Am andern Tage rückte das Heer, immer
von den Deutschen umschwärmt, doch in bester Ordnung in der Ebene
weiter, die sich an der Werra ausdehnt, und gelangte in die Gegend von
Detmold, wo die hohe Teutoburg ragte. Da ward auf Ein Mal jeder
Busch lebendig, aus jeder Bergschlucht raschelte es wie viel hundert
Schlangen empor und die uralten Bäume schüttelten, wie sonst nach dem
Wetter Regentropfen, jetzt Pfeile ohne Zahl auf die erschrockenen Römer
herab. Der Himmel wollte auch nicht feiern und half den Deutschen mit
Sturm und Regen. Von den Güssen unterwühlt, sank die deutsche Erde
unter des Römers Füßen ein; im losen Erdreich schwankend, vom Sturm
gerüttelt, stürzten die deutschen Eichen über die Unterdrücker hin und zer-
malmten sie im Fall. Ueberall dringen die Deutschen heran; Schritt für
Schritt kämpft der Feind um den Boden, auf dem er steht, um den Weg,
um jeden Baum und Stein, und er kommt nicht eher zu Athem, als bis
die Nacht hereinbricht. Da läßt Varus abermals Lager schlagen und er-
mattet sinken die Römer hin; aber in jedem Augenblick scheucht der Deut-
schen Kriegsgeheul sie aus der kurzen Nachtruhe empor. Als der dritte
Morgen tagt, entdecken sie erst, wie licht es in ihren Reihen geworden ist.
Mann an Mann geschlossen brechen sie auf und kommen auf's offene Land, das
die „Senne" heißt. Da sehen sie mit Grausen die ganze Masse der Eid-
genossen vor sich entfaltet. Ringsum Deutsche, nirgends ein Ausweg!
Für alle Tapferkeit ist nichts mehr feil als der Tod. Jauchzend stürzt
jetzt die Eidgenossenschaft in der verzweifelnden Römer starre Reihen.
„Die Freiheit, die Freiheit!" schallt's wie Donner des Himmels den
Römern in die Ohren. Wie die Saat unter Hagelschloßen sinken die
Tapfersten unter deutschen Hieben nieder. Hermann selbst ist überall;
hier ordnet er als Feldherr die Schlacht und ruft: „Drauf, Brüder, drauf!"
Dort kämpft er mit der Kraft von zehn Männern, Stirn an Stirn; kein
Eidgenosse, der nicht mit ihm um den Preis wetteifert! Des Feindes
Schaaren sind zersprengt, nur wenige wilde Haufen ragen noch aus dem
Meer der Schlacht empor. Jetzt lvird die Flucht allgemein; doch die
Meisten rennen blind in die Spieße der Deutschen. Da faßt Verzweiflung
das Herz des Varus und er stürzt sich in sein eigenes Schwert*), um sein
Unglück und seine Schmach nicht zu überleben. Nur Wenige aus dem
großen Römerheere entrinnen; die Meisten liegen auf dem Wahlplatz.
*) Germanikus soll später die Gebeine dieses Feldherrn auf das befestigte Lager
bei Xanten (castra vetera), das von Varns angelegt war, gebracht haben, während
sein Haupt dem Markomannenkönig Marbod geschenkt wurde, der es an Augustus sandte.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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TM Hauptwörter (200): [T56: [Römer Rhein Varus deutsche Armin Jahr Hermann Land Deutschland Tiberius], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Varus Hermann Varus Germanikus Markomannenkönig_Marbod Augustus
9
aber zog stolz und in Siegeshoffnung durch den Teutoburger Wald heran.
Da fand er auch den Wahlplatz, wo die Legionen gefallen waren, und
begrub die meisten Gebeine feiner erschlagenen Landsleute. Noch standen
die Altäre, ans welchen die Hauptleute der Römer den Göttern geopfert
waren. Germanikus zog Rache schnaubend tiefer in's Land hinein; da
kam wiederum Hermann wie im Sturm mit seinen Schaaren herbei und
schlug die Römer zurück. Die flohen in Eile bis hinter den Rhein.
Doch Germanikus rüstete sich mit neuer Macht und bot alle List und
Kriegskunst auf. An den Meeresküsten fuhr er mit einer Flotte bis hin
zur Ems; von dorther drang er jetzt in's Land. Da wichen die Cherusker,
in der Gegend, wo heutzutage Minden steht, hinter die Weser zurück
und erwarteten ihn zur Schlacht. Bevor sie begann, sah Hermann seinen
Bruder Flavins auf feindlicher Seite stehen und rief ihm zu: „O komm'
herüber zu deinem freien Volk, mein Bruder! Was kämpfest du in den
Reihen der Römer gegen dein eigenes Vaterland? Kennst du die alten
Eichen nicht mehr? Hörst du nicht, wie sie dir Grüße zuranschen aus
unserer Knabenzeit? Wirf hin, wirf sie von dir die goldenen Ehrenzeichen,
mit denen die Römer deine Knechtschaft vergülden! Wie ist es doch viel
schöner, von freien Brüdern geliebt zu sein und auf heimischer Erde zu
sterben!" Aber Flavins war zum Römer geworden und hatte kein Herz
mehr für solche Worte. Da gebot Hermann voll Grimm die Schlacht;
sie dauerte vom Morgen bis tief in die Nacht. Klug hatte Hermann den
Plan erdacht und bestellt; doch die Wuth des Kampfes verdarb das
Wohlersonnene. Die Cherusker rannten von den waldigen Hügeln, wo
Hermann sie aufgestellt, zu früh in's Thal hinab. Dadurch entstand Ver-
wirrung. Die Römer benutzten sie, drangen von allen Seiten vor und
wurden Meister des Schlachtfeldes. Da stürmte Hermann hoch zu Roß
wider die Bogenschützen und bahnte sich endlich eine Gasse. Plötzlich stieß
er wieder gegen eine lebendige Mauer; das waren die römischen Bundes-
genossen aus Gallien, aus Tyrol, vom Lech. Verwundet, daß das Blut
ihm über's Gesicht rann und ihn unkenntlich machte, brach der tapfere
Held dennoch durch und gewann das Freie.
Wie aber die Römer den Rückzug antraten, stand alles Volk in den
Gauen wider sie auf und abermals ward grimmig geschlagen bis tief in
die Nacht. Die Römer nannten's einen Sieg, zogen sich aber doch eiligst
zurück. Daraus fuhren sie auf der Ems in's Meer, dort zerstörte der
Sturm ihre Flotte. Ungebeugt durch diesen Verlust griff Germanikus
die Chatten und Marsen an, legte das Land wüst und hoffte mehr denn
je, Deutschlands Meister zu werden. Doch der Kaiser Tiberius, eifer-
süchtig auf den Ruhm des tapfern Germanikus, rief ihn zurück und sprach
dabei ein Wort, das sich leider zu allen Zeiten als wahr erwiesen hat:
„Sicherer als durch fremde Waffen wird die Kraft der Deutschen durch
sie selbst gebrochen!"
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Extrahierte Personennamen: Germanikus Hermann Germanikus Hermann Hermann_voll_Grimm Hermann Hermann Hermann Tiberius Tiberius
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das in sich zusammenbrach, seitdem Treue und Redlichkeit daraus ver-
schwunden waren.
Damals lebte im Lande der Bataver (an den Rheinmündungen),
welches Volk schon lange zu den Römern als Bundesgenosse gestanden
hatte, ein Mann, Namens Civilis, den sie über eine Abtheilung seiner
Landsleute gesetzt, welche in ihrem Heere dienten. Er hatte nur ein Auge,
sah aber damit besser, als hundert Andere mit zwei Augen, die Noth und
Schmach seines Vaterlandes und wie niederträchtig die geizigen, wollüstigen
Römer darin walteten. Diese aber erkannten bei Zeiten sein vater-
ländisches Herz, darum legten sie ihn in Fesseln, ja ermordeten sogar
seinen Bruder, der eben so gesinnt war. Endlich gaben sie den Civilis
wieder frei; doch er ließ sich Bart und Haupthaar wachsen und that
einen Eid, nicht eher wolle er sein Haar scheeren, als bis er Rache ge-
uommen habe. „Dulden wirs länger, daß sie unsere Knaben nach Rom
schleppen und unsere Greise zu Soldaten pressen, um schweres Lösegeld
zu gewinnen?" —• so rief der Brave seinen Landsleuten zu, und alle
sprachen einmüthig: „Nein!" und hoben die Waffen. Alsbald schickte er ins-
geheim Botschaft an die Andern, die in Mainz den Römern dienten, und
an die Friesen und Kanine säten; diese beiden Völker stimmten ihm
bei, daß die Fremdherrschaft nicht länger zu ertragen sei, und alle zu-
sammen schlugen die Römer. Da ward es auch den Belgiern warm
um's Herz und den Deutschen über'm rechten User des Rheinstroms, und
jene Bataver, welche in Mainz lagen, eilten zu ihren Brüdern.
Im Lande der Brukterer war um jene Zeit eine Jungfrau, vor
deren Augen die Zukunft offen lag; die hieß Velleda. Alles deutsche
Volk verehrte sie und horchte gläubig auf ihre Worte. Sie selber sprach
nur mit ihren Verwandten; diese allein und kein Fremder durfte zu dem
Thurm kommen, in dem sie wohnte; der stand in tiefer Waldeinsamkeit
an den Ufern der Lippe. Jetzt, als die Bataver, von Civilis angeführt,
den Krieg um die Freiheit begannen, sprach die begeisterte Jungfrau: „Die
Götter billigen den Kampf und die Römer werden im alten Lager
(castra vetera — Tanten am Rhein) untergehen!" Auf dies Wort
griffen auch die Brukterer und Teuchterer zu deu Waffen, eilten zu den
Batavern und alle Verbündeten stürmten auf das „alte Lager" ein,
worin sich die Römer verschanzt hatten und mit dem Muth der Ver-
zweiflung wehrten. Nachdem sie wegen anhaltender Hungersnoth schon
ihre Pferde verzehrt hatten, baten die Uebriggebliebenen um das Leben
und freien Abzug, was Civilis, ihre Tapferkeit achtend, ihnen auch gewährte.
Nun erst hielt Civilis sein Gelübde für gelöst, und im Angesicht des gan-
zen Heeres ließ er sich wieder Bart und Haupthaar scheeren; den besten
Theil der Beute schickte er aber der Seherin Velleda.
2.
Nun verbündeten sich auch die Gallier mit den Deutschen, aber den
Letzteren gereichte dieser Bund zum Verderben. Der römische Kaiser
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Extrahierte Personennamen: Namens_Civilis Velleda
Extrahierte Ortsnamen: Rheinmündungen Rom Mainz Rheinstroms Mainz Rhein
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merkte, daß das Volk hierüber aufgebracht war und ihn für den Brand-
stifter hielt, so wälzte er die Schuld sogleich von sich ans die armen, ver-
haßten und verachteten Christen. Ihre Martern waren ihm nun ein eben
so angenehmes Schauspiel, wie vorher der Brand der Stadt. Die Christen
wurden gefoltert, mit glühenden Eisen gesengt, von wilden Thieren zerrissen.
Um den Anblick noch interessanter zu machen, wurden sie mit brennenden
Stoffen bestrichen und dann angezündet. Nero gab zu diesem schrecklichen
Schauspiele seine Gärten her und fuhr selber in einem Prachtwagen
zwischen den Todtenfeuern hindurch, um sich an dem gräßlichen Schauspiele
zu ergötzen. Auch die Apostel Paulus und Petrus wurden von seiner Ver-
folgungswuth betroffen; jener wurde als römischer Bürger enthauptet,
dieser jenseits der Tiber gekreuzigt.
Nach dem Brande bauete Nero seine Hauptstadt prächtiger wieder
auf, als sie vorher gewesen war, und sein neuer Palast wurde „das
goldene Haus" genannt, wegen der unermeßlichen Verschwendung von
Gold und Edelsteinen, von denen alle Zimmer blitzten. Doch nicht genug,
daß er Künstler für sich arbeiten ließ, er wollte auch selber als Künstler
verehrt sein und allen Andern den Rang ablaufen. An dem großen Wagen-
rennen im Circus nahm er selbst persönlichen Antheil, er trat als Sänger
und Dichter öffentlich ans, und die Lobeserhebungen eines Heeres von
Schmeichlern, das ihn umgab, verrückten ihm vollends das Gehirn. Er
unternahm eine eigentliche Kunstreise nach Griechenland, um in den grie-
chischen Kampfspielen den Preis zu erwerben, den er auch von den bereits
zu Speichelleckern herabgesunkenen Griechen erhielt. Nero brachte aus
Griechenland nicht weniger denn 1800 Kronen mit, die man ihm als
König der Sänger, Dichter, Wagenlenker und Ringer dort gespendet hatte.
Sein Einzug in die Hauptstadt war überaus prachtvoll. Hier erschien er
aus August's Wagen, in Purpur gekleidet und mit dem Laube des Oel-
baums, dem Stirnschmucke der olympischen Sieger, bekränzt. In der
Hand trug er die pythische Kroue, und die 1800 übrigen wurden vor ihm
hergetragen. Neben ihm saß Diodorus, ein Tonkünstler, und dann folgte
eine unermeßliche Schaar von Sängern, welche seine Siege in ihren Liedern
feierten. Der Senat, die Ritter und das Volk begleiteten diesen kindischen
Aufzug, die Luft erscholl von Beifallsrufen, die ganze Stadt war erleuchtet
und die Straßen dufteten von Weihrauch. Wohin er trat, bluteten zur
Feier seiner Rückkehr die Schlachtopfer, das Pflaster war mit Safran be-
streut und Guirlanden von Blumen und Bändern strömten aus allen
Fenstern auf ihn nieder.
2.
Nero hatte seine Gemahlin verstoßen und dann vergiften lassen; dann
mordete er seine eigene Mutter und seinen Lehrer und Rathgeber Seueka,
weil gegen diese sein Mißtrauen rege geworden war. Oft hörte man ihn
sagen, es sei ihm lieber, gehaßt als geliebt zu werden. Und fort und fort
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Apostel Paulus Nero Rathgeber_Seueka
19
2
Nach Vespasian s Tode regierte sein trefflicher Sohn Titus, von seinem
dankbaren Volke „die Liebe und Wonne des Menschengeschlechts" genannt.
Seine Regierung war kurz, aber segensreich. Das Erste war, daß er die
geheimen Ankläger abschaffte. Er hatte das Gelübde gethan, Keinen zum
Tode zu verurtheilen, und hielt es auch treulich. Wo er Jemandem etwas
Gutes erweisen konnte, that er es mit Vergnügen, und sein Grundsatz
war, daß Niemand von einem Kaiser mißvergnügt fortgehen dürfe. Be-
wnndernswerth war seine Großmnth, mit welcher er denen vergab, die
ihn beleidigt hatten. Nie wollte er eine Klage gegen Solche zulassen, die
Uebels von ihm redeten. ,,Reden sie," sprach er, „mit Unrecht Uebels
von mir, so wird sie schon ihr Gewissen zeihen; reden sie aber mit Recht Uebels
von mir, so wäre es Unrecht, die zu bestrafen, welche die Wahrheit reden."
Einst stifteten zwei junge Römer von Adel (Patricier) gegen ihn eine
Verschwörung an. Sie wollten- zu einer bestimmten Zeit das Kapitol in
Brand stecken, im Tumult den Kaiser ermorden und sich dann des Thrones
bemächtigen. Aber ihr Vorhaben wurde entdeckt und der römische Senat
verurtheilte sie zum Tode. Titus sollte dies Urtheil bestätigen; aber er
war weit entfernt davon, ja er vergalt vielmehr seinen Feinden Böses
mit Gutem. Er ließ beide Patricier vor sich kommen, stellte ihnen vor,
daß nicht durch Schandthaten, sondern durch den Willen der Götter die
Herrschaft verliehen werde, ermahnte sie dann, mit dem Stande zufrieden
zu sein, in welchem sie sich befänden, und versprach, was sie sonst ver-
langten, ihnen gern bewilligen zu wollen. Darauf zog er Beide an seine
Tafel und unterhielt sich mit ihnen auf das Freundschaftlichste. Am andern
Tage wurde ein Fechterspiel gegeben. Titus erschien im Amphitheater,
nahm seinen gewöhnlichen Platz ein und ließ jene beiden Patricier neben
sich setzen. Die Waffen der Fechter wurden einer alten Gewohnheit gemäß
ihm überreicht und so groß war sein Zutrauen zu denen, die kurz zuvor
sein Leben bedroht hatten, daß er ihnen diese Waffen in die Hände gab.
Auch gegen seinen Bruder Domitian bewies Titus die größte Sanft-
muth. Domitian, ein herrschsüchtiger und blutgieriger Mensch, hörte nicht
auf, ihm Nachstellungen zu bereiten. Titus wußte es; aber weit davon
entfernt, ihn deshalb zur Strafe zu ziehen, vergab er ihm nicht nur,
sondern ließ ihm auch die Ehrenstellen, die er bis dahin bekleidet hatte,
und erklärte ihn sogar zu seinem Nachfolger. Ja oft bat er ihn im Ge-
heimen und mit Thränen: „Bruder! Liebe mich, wie ich dich liebe!"
3.
Unter dem guten Kaiser Titus wurde Italien von drei großen Un-
glücksfällen heimgesucht. Der Vesuv hatte seit undenklichen Zeiten nicht
mehr gespieen, und hätte er nicht noch fort und fort geraucht, würde mau
den Vulkan für ganz erloschen gehalten haben. Um so unerwarteter kam
der entsetzliche Ausbruch am 24. Aug. 79 n. Chr. Unl 1 Uhr Mittags stieg
von dem Berge eine Ungeheure Rauchwolke auf, die sich immer weiter aus-
breitete. Ein der Naturkunde ergebener Mann, Plinius der Aeltere,
2*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T181: [Rom Kaiser Sohn Stadt König Nero Romulus Jahr Tarquinius Tod], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Vespasian Titus Titus Titus Domitian Titus Domitian Titus
20
der sich gerade in der Gegend aufhielt, weil er Befehlshaber der in dem
Meerbusen liegenden Flotte war, wollte das merkwürdige Phänomen in
der Nahe schauen. Er befahl den Schiffern, ihn nach der andern Seite
des Meerbusens nach dem Vesuv hin zu fahren, so sehr auch die er-
schrockenen Menschen ihn davon abmahnten. Eine Menge Fahrzeuge mit
Flüchtlingen begegneten ihm, die alle über den kühnen Mann staunten, der
so ruhig der Gefahr entgegeneilte. Schon siel die Asche häufig aus der
Luft herab, und wurde, je näher das Schiff kam, desto dichter und glü-
hender; ein dumpfes Rollen ward gehört; heiße Steine flogen umher und
schlugen rechts und links in das Wasser. Einen Augenblick schwankte
Plinins, ob er doch nicht lieber umkehren sollte; dann rief er aber: „Mit
den Muthigen ist das Glück!" Er befahl, gerade nach dem nahen Ufer
zu steuern. Dort lag eine Stadt, worin er einen lieben Freund hatte; bei
dem wollte er die Nacht zubringen. Aber er fand schon das ganze Hans in
Verwirrung; die Fahrzeuge waren bereits bepackt, um eilig an Bord gehen
zu können, sobald der Wind sich drehete und die Rauch- und Aschensäule
nach der Stadt zu getrieben würde. Plinins sprach den guten Leuten Muth
ein, ließ sich, um sie recht sicher zu machen, ein Bad geben, aß mit Ap-
petit und machte allerhand Scherz. Indessen schlugen aus mehreren Stellen
des Berges Feuerströme heraus; Flammen durchzuckten die Finsterniß.
Alle blieben wach; doch Plinins legte sich ruhig zu Bette. Nach einigen
Stunden aber mußte man ihn wecken,, denn die Asche und die Steine sielen
so dicht, daß man fürchtete, die Hausthür möchte versperrt werden. Die
Erde begann immer heftiger zu schwanken, jeden Augenblick besorgte man
den Einsturz des Hauses; und doch auch wagte man sich nicht aus dem-
selben heraus, weil die glühenden Bimssteine dicht wie Hagel sielen. Endlich
wurde der Aufbruch beschlossen. Jeder band sich ein Kopfkissen ans den
Kopf, um die Steine abzuwehren, und nun ging die Wanderung durch
die stockfinstere Nacht, die Sklaven mit Fackeln voraus. Als der stark-
beleibte Mann, ans die Schultern zweier Sklaven gestützt, so forteilte,
erhitzte er sich durch die Anstrengung, und stürzte plötzlich, vom Schlage
getroffen, todt zu Boden. Die Uebrigen aber eilten weiter, um sich der
drohenden Gefahr zu entziehen, und erst einige Tage später konnte man
den Leichnam des Plinins aufsuchen, um ihn zu bestatten.
Der Neffe des Alten, der jüngere Plinins, war indessen in der -
Stadt, in welcher der Oheim wohnte, mit seiner Mutter zurückgeblieben.
Hier war er Zeuge der schrecklichen Naturerscheinung, und wir haben noch
zwei Briefe übrig, worin er dieselbe beschreibt. Auch an diesem auf der
andern Seite des Meerbusens liegenden Orte wurde stündlich das Erdbeben
ärger; das Hausgeräth bewegte sich und die Häuser schwankten. Der
Sohn flieht mitten in der Schreckensnacht mit seiner alten Mutter an das
Gestade des Meeres, um dort den Tag abzuwarten. Dort hörten sie den
Einsturz vieler Häuser, das Meer schlägt schäumende Wellen und wirft
die Seethiere und Muscheln weit auf's Land. Es ist Morgen geworden,
aber die Sonne kann nicht durch den Aschenregen dringen, und es bleibt
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
22
Hof und die Zimmer mit schönem Mosaikboden geziert, d. h. es sind' größere
und kleinere Steinchen von verschiedener Farbe zusammengesetzt. Der Hof
war mit 45 Marmorsäulen umgeben und in einem Winkel desselben be-
fanden sich zierliche Nischen für die Hausgötter.
In einem andern Hause fand man 1700 Bücherrollen, die ans einem
Repositorium der Reihe nach aufgestellt waren, — das war eine Bibliothek.
Denn die Alten hatten weder solches Papier, wie wir, noch wurden ihre
Bücher so gebunden wie die uusrigeu. Man schrieb vielmehr auf die
eine Seite einer Pergameuthaut und legte dieses Pergament dann aufgerollt
hin. Oder mau bereitete sich ein Papier aus der Zwiebel der in Aegypten
häufig wachsenden Papyrusstaude, indem mau die Häute der Zwiebeln ab-
schälte, sie einweichte, dann über einander legte und so lauge schlug, bis sie
breiartig wurden. Aus dieser breiartigen Masse bildete man dann große
Bogen, auf welche man, wenn sie getrocknet waren, die Buchstaben mit
schwarzer Farbe auftrug. Von dieser Art waren jene pompejanischen
Rollen; aber sie waren von der heißen Asche ganz verkohlt, und als mau
sie auseinander rollen wollte, fielen sie wie mürber Zunder zusammen.
So viel über Pompeji und Herkulanum. Aus jenes Unglück folgte
eine Feuersbrunst in der Hauptstadt Rom, und dann wieder eine schreck-
liche Pest, die Tausende von Menschen hiuwegrasste. Der menschenfreund-
liche Titus war überall mit seiner Hülfe gegenwärtig, wo die Noth am
größten war. Das Wohlthun war seine Lust, und er pflegte jeden Tag
für verloren zu achten, au welchem er seinen Mitmenschen nicht genützt hatte.
Leider sollte seine treffliche Regierung nur zwei Jahre währen; er starb,
vielleicht durch seinen heimtückischen Bruder Domitian vergiftet.
Traf an.
1.
Trajau, ein Spanier von Geburt, war der erste Ausländer aus dem
römischen Kaiserthrone. Schon ausgezeichnet als Feldherr, wurde er einer
der besten Kaiser, die regiert haben. Auch unter seiner zwanzigjährigen
Regierung fehlte es nicht an Unglücksfällen aller Art; hier zerstörte ein
Erdbeben ganze Gegenden, dort entstand eine Hungersnoth und Rom litt
durch Feuersbrünste, bei denen auch Nero's goldenes Haus, auf welchem
wohl der Fluch des Himmels ruhen mußte, abbrannte. Aber Trajan's
milde Hand linderte, dem Titus gleich, überall das Unglück. Unter dem
abscheulichen Domitian waren wieder die heimlichen Angebereien eingerissen;
Trajau reinigte Rom von dem Gesindel der Ankläger, die so vieler un-
schuldiger Menschen Leben auf ihrem Gewissen hatten; er ließ sie auf
Schiffe packen und schickte sie auf wüste Inseln, wo sie kein Unheil stiften
konnten. Die vorigen schlechten Kaiser hatten sich ängstlich mit Wache
umgeben und waren doch ermordet worden. Trajan umgab sich daher mit
einer stärkern Wache, mit der Liebe seiner Unterthanen. Er ließ auch seine
Bildsäulen nicht ausstellen, um verehrt zu werden, denn in den Herzen
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T181: [Rom Kaiser Sohn Stadt König Nero Romulus Jahr Tarquinius Tod], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast]]
Extrahierte Personennamen: Titus Domitian Domitian
24
Viele betheuerten, sie wären Christen'gewesen, aber davon zurückgekommen,
und ihre ganze Verirrung habe darin bestanden, daß sie an einem be-
stimmten Tage (Sonntags) vor Tagesanbruch zusammengekommen wären,
Gesänge an Christus und an Gott gerichtet und sich durch einen Eid ver-
bunden hätten, sich des Diebstahls, Raubes und Ehebruchs zu enthalten,
ihr Wort treu zu erfüllen und jedes anvertraute Gut treu wieder zu über-
liefern. Darauf wären sie auseinander gegangen, bald aber wieder zu-
sammengekommen, um mit einander eine unschuldige und gewöhnliche
Mahlzeit (das hl. Abendmahl) einzunehmen. Ich habe an den Christen
überhaupt kein Verbrechen, sondern nur einen thörichten, übertriebenen Aber-
glauben gefunden." Welch' ein schönes Zeugniß für die unsträflichen Sitten
der ersten Christen, und obendrein aus dem Munde eines Heiden, der sie
zum Tode verurtheilen zu müssen glaubte! — Trajan antwortete dem
Plinins: „Aufsuchen mußt du die Christen nicht; werden sie als solche aber
überführt, so müssen sie freilich bestraft werden. Sagt einer, er sei kein
Christ mehr, so sprich ihn los, auch wenn der Schein gegen ihn wäre.
Auf Anzeigen von Leuten, die sich nie nennen, nimm gar keine Rücksicht."
Als der Kaiser nach Antiochia kam, ließ er den Hirten der christlichen
Gemeinde daselbst, den Bischof Ignatius, vor sich bringen. Trajan
fuhr ihn hart an und schalt ihn einen vom bösen Geiste Besessenen, da
er unermüdlich seine Befehle verletzte und auch Andere mit in's Verderben
fortrisse. Der alte ehrwürdige Mann entgegnete sonder Furcht: „Richt der
verdient den Namen eines vom bösen Geiste Besessenen, welcher als Diener
Gottes Jesum freudig in seinem Herzen trägt, sondern der, welcher
ihn verlängnet." Und als er weiter bekannte, daß es nur Einen Gott
gäbe und daß die Götter der Heiden solche böse Geister wären, ließ ihn
der Kaiser sofort in Fesseln legen und nach Rom zum Tode abführen. Hier
wurde er öffentlich in der Rennbahn unter dem Jubel des heidnischen
Pöbels zwei hungrigen Löwen vorgeworfen und gierig von ihnen ver-
schlungen. Die christlichen Brüder aber sammelten sorgfältig die übrig
gebliebenen Gebeine des Märtyrers und brachten sie als heilige Reliquien
nach Antiochia.
Markus Aurelius (168 n. Chr.).
Der Kaiser Antonin der Fromme hatte den Markus Aurelius
und Lucius Berus an Sohnes Statt angenommen, und Beide kamen
(161 n. Chr.) zugleich zur Regierung. Zum ersten Male herrschten jetzt
zwei Kaiser nebeneinander; aber welcher Unterschied zwischen beiden! Berus
war roh, träge, ausschweifend; und seine Neigung zum Bösen ward nur
durch das höhere Ansehen des Markus Aurelius im Zaume gehalten oder
unschädlich gemacht. Mark Aurel, auch der „Philosoph" genannt, war ein
Philosoph (Weltweiser) in Lehre und Leben, voll heiligen Eifers für seine
Pflichten, streng gegen sich, nachsichtig gegen Andere und unermüdet thätig.
Fand er auch zuweilen, ans Gefälligkeit gegen das Volk, sich bei den
öffentlichen Schauspielen ein, so pflegte er während derselben zu lesen, oder
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verlesen worden wären, und kaum war er aus der Kirche zurückgekommen,
so entsagte er seinen Gütern. Seine liegenden Gründe, 300 fruchtbare
Aecker, schenkte er den Einwohnern seines Dorfes; seine bewegliche Habe
aber verkaufte er, und das hierdurch gelöste Geld vertheilte er unter die
Armen. Nur Weniges behielt er für seine Schwester zurück, und auch
dieses nur ans kurze Zeit. Denn ats er wieder in die Kirche gekommen
war und daselbst die Worte des Evangelii (Matth. Vi. 34): „Sorget
nicht für den andern Morgen re." gehört hatte, so vertheilte er alles Geld,
was er noch hatte, und verschaffte seiner Schwester ein Unterkommen bei
frommen Jungfrauen, wo sie nachmals die Erzieherin vieler andern Jung-
frauen und so gleichsam die Mutter der Nonnen wurde. Er selbst aber
begab sich außerhalb des Dorfes in die Einsamkeit.
2.
Es liegt im Charakter kraftvoller Menschen, den einmal ergriffenen
Lebensplan mit unverdrossenem Eifer zu verfolgen, und sich durch vor-
kommende Schwierigkeiten mehr anfeuern als abschrecken zu lassen. Auch
^ Antonius bewies dies durch sein Beispiel. Fest entschlossen, nach Ascetenart
zu leben, blieb er dieser Lebensart unverbrüchlich treu, und suchte es darin
weiter als seine Vorgänger zu bringen. Zuerst hielt er sich au das Bei-
spiel eines frommen Greises, der nicht weit von seinem Dorfe in der Ein-
samkeit lebte. Dann suchte er auch die übrigen Asceten der Umgegend auf
und bestrebte sich, die guten Eigenschaften derselben, als die Geduld des
Einen, das eifrige Gebet des Andern, das häufige Fasten des Dritten
in sich zu vereinigen. Dies gelang ihm, und bald gewann er durch sein
frommes Leben die Achtung Aller, die ihn kannten. Da suchte ihn, wie
es heißt, der Teufel bald durch Reizungen zur Wollust,, bald durch furcht-
bare Erscheinungen zu verführen; aber vergebens! Antonius blieb standhaft
und vertrieb den Teufel durch Anrufung Gottes. Er behandelte seinen
Körper mit größter Strenge, brachte oft ganze Nächte schlaflos hin, schlief
auf der bloßen Erde, aß erst gegen Sonnenuntergang, fastete oft drei bis
vier Tage nacheinander, genoß nie Fleisch und Wein, sondern nur Brod,
Salz und Wasser, und verschmähete das Salben mit Oel als Sache der
Weichlichkeit.
Hiermit noch nicht zufrieden, verließ er seinen bisherigen Aufenthalt
und begab sich zu den entlegenen Grabmälern, wo er in einem derselben
eingeschlossen lebte. Aber auch hier hatte er, der Sage zufolge, vor dem
Teufel keine Ruhe, sondern wurde von ihm auf alle Weise geplagt, ja oft
mit Schlägen gemartert. Halbtodt wurde er eiues Tages von einem
Freunde, der ihm Brod bringen wollte, aus seiner Höhle getragen und in
eine Kirche gebracht. Dort kam er wieder zu sich, und sogleich verlangte
er, in sein Grabgewölbe zurückgeführt zu werden. Hein Freund erfüllte
dies Verlangen. Matt und so erschöpft, daß er nicht aufstehen konnte,
kam Antonius in seine Einsamkeit zurück. Da überfiel ihn abermals der
Teufel, umringte ihn mit tausend Schreckgestalten und peinigte ihn mit
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Extrahierte Personennamen: Antonius Antonius Antonius Hein Antonius Antonius
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erzogen, , aber auch in den Kenntnissen und Wissenschaften der Aegypter
unterrichtet. Als er zwanzig Jahre alt war, wurde er ausgehoben, um
unter dem Maximin, einem Gegner des Kaisers Konstantin, als
Soldat zu dienen. So kam er nach Theben, wo er von seinen Hütern
sehr hart behandelt wurde. Aber mit dieser Härte wetteiferte die Mild-
thätigkeit der Christen. Unaufgefordert nahmen sie sich des Pachomius
und seiner Gefährten an und brachten ihnen Nahrungsmittel und andere
Erquickungen. Durch diese Mildthätigkeit wurde Pachomius so gerührt,
daß er sich entschloß, sobald er wieder frei wäre, dem Gott der Christen
zu dienen und seine Mitmenschen so zu lieben, wie die Bekenner Jesu.
Schon dieser Entschluß erhob ihn weit über die niedrige Gemeinheit seiner
Gefährten, und bald fand er auch Gelegenheit zur Ausführung desselben.
Der Krieg des Maximin nahm mit dem Tode desselben ein schnelles Ende
und die von ihm geworbenen Truppen erhielten den Abschied. So wurde
auch Pachomius wieder in Freiheit gesetzt. Alsbald ging er in eine Kirche
Ober-Aegyptens, wo er im Christenthum unterrichtet,. getauft und in den
Schooß der katholischen Kirche aufgenommen wurde. Aber noch floh ihn
die Ruhe. Die Ketzereien der damaligen Zeit, besonders die Streitfragen
über die Gottheit Jesu, bestürmten sein Inneres. Er wandte sich daher
unter Gebet und Thränen an Gott, um zu erfahren, wo Wahrheit zu fin-
den sei. Und Gott offenbarte ihm, die Kirche, in welche er aufgenommen
sei, die sei auch die rechte. Von nun an hing er fest an derselben, seine
bangen Zweifel hörten auf und er beschloß,- ein einsames Leben zu führen,
um sich Gott völlig zu weihen.
2.
Im großen Ruf der Heiligkeit stand damals Palämon, ein Einsiedler,
der sich zwischen dem Nil und dem Rothen Meer aufhielt. Zu ihm ging
Pachomius, um sich nach ihm zu bilden. Der Greis stellte ihm alle Be-
schwerlichkeiten des einsamen Lebens vor, aber der muthvolle Jüngling ließ
sich dadurch nicht abschrecken. Da öffnete ihm Palämon die Thür seiner
Zelle, nahm ihn bei sich auf und bildete ihn weniger durch Lehren — denn
er sprach wenig — als durch sein ernstes, sich immer gleich bleibendes
Beispiel. Von ihm lernte Pachomius alle Arten von Selbstpeinigungen,
durch die sich die Asceteu der damaligen Zeit abzuhärten suchten; z. B.
mit Brod und Salz zufrieden sein und Gemüse mit Staub und Asche ver-
mischt genießen; ferner, um sich des Schlafes zu erwehren, Sand von
einem Orte zum andern tragen und mit nackten Füßen durch stachlichte
Dornen gehen. Noch rühmlicher aber nahm Pachomius zu in gottseligen
Gesinnungen. Die heilige Schrift las er oft und übte sich in dem, was
er daselbst vorgeschrieben fand. Oft brachte er ganze Nächte im Gebete
zu, und Bitte um Reinheit des Herzens und Bewahrung vor den Ver-
suchungen des Satans war vorzüglich der Gegenstand seiner Gebete. Pa-
lämon freute sich über seinen Zögling; Gott aber, der ihn also leitete,
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Extrahierte Personennamen: Maximin Konstantin Jesu Maximin Gott Pachomius