Vorwort mi* Weiten Auflage.
Die zahlreichen freundlichen Beurteilungen, welche
das vorliegende Buch bei seinem ersten Erscheinen erfahren
hat, siud mir eiue Gewähr dafür, daß demselben anch
die innere Berechtigung zur Existenz nicht fehlt. Der
im Vorworte zur ersten Auflage dargelegte Plau hat so
allgemeine Zustimmung gefunden, daß die Ansichten dar-
über nur in zwei Punkten auseinander giengen. Diese
betrafen aber nicht das, was gegeben , sondern was vor-
enthalten war, nämlich 1) die Apenninen- und Balkan-
Halbinsel, 2) die außereuropäische Welt in allgemeiner
Uebersicht. Daß ich mich bemühet habe den berechtigten
Wünschen und Forderungen nach diesen Seiten entgegen-
zukommen, wird sich hoffentlich aus dieser ueueu Bear-
beituug erkennen lassen. Da dieselbe aber über Erwarten
schnell nöthig wurde — das nonum prematur in an-
num gilt eben nicht leicht für zweite Auflagen von Schul-
schristen —, so bin ich jetzt nicht im Stande zu dem
Danke, den ich hiermit den verehrten Herren sage, die das
Werk durch Rath oder Widerspruch haben fördern helfen,
an diesem Orte anch noch die Gründe darzulegen, warum
ich gerade nur soweit, wie es geschehen, auf die ausge-
sprocheueu Wünsche habe eingehen können. Doch hoffe
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
ich noch Gelegenheit zu finden, sowohl hierüber als über
den geographischen Unterricht in den obern Klassen der
höhern Schulen überhaupt meine Ansichten näher darzn-
legen, und wiederhole hier deshalb ans dem Vorworte
zur ersten Auflage nur den einen Punkt, „daß es die
Selbstthätigkeit des Schülers ist, die auf der ^ober-
steu Stufe auf alle Weise gefördert, freilich auch geleitet
werden soll. Darum, nicht ausgeführte Bilder, sondern
Skizzen habe ich den Schülern bieten wollen, mit deren
Hülfe sie in das vor ihnen wie todt daliegende Kartenbild
wieder Gestalt und Leben zu bringen haben, Skizzen,
die je nach der historischen Bedeutung der betreffenden
Länder bald bloße Umrisse, bald Ansätze zu detailliertem
Ausführungen enthalten, während die Anmerkungen unter
dem Texte Winke für reifere Schüler sind".
Wiesbaden, den 28. September 1874.
Dr. Götze.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
— 5 —
Regelmäßigkeit bei allem Wechsel seiner reichen Natur-
formen zeichnet das deutsche Land aus. Es erhebt sich von den
Nordküsten aus nach Süden in 3 aufeinander folgenden Stufen
als Tiefland, Mittel- und Hochgebirgsland. Die bei-
den ersten bilden durch die ihnen gemeinsamen Flußgebiete des
Rheines, der Weser, Elbe und Oder ein Ganzes mit
nordwestlicher durch den Lauf der Elbe angedeuteter Abdachung,
die dritte Stufe neigt sich mit Ausnahme^ des Vorlandes nach
Osten, angedeutet durch den Lauf der Donau und die Längen-
thäler der Alpen; das Rh ein gebiet verbindet die 3 Stufen.
Die Unterschiede im Klima bei der Ausdehnung des Landes
über 10 Breitengrade werden sammt seiner Einwirkung auf die
Vegetation und Lebensweise durch diese Erhebungsverhältnisse
zum Theil ausgeglichen. Die größten Gegensätze nicht N. und
S., sondern No. und Sw., das dem russischen Coutiuentalklima
zunächst ausgesetzte Ostpreußen und die vor dem Nordost durch
den Schwarzwald gedeckten Rheinufer, und aus kleinstem Räume
zwischen dem den italischen Südwiudeu geöffneten Thale von
Meran, und dem daraus aufsteigenden Oezthaler Ferner. Die
baierische Hochebene aber ähnlich der sächsischen Tiefebene durch
das rauhe, feuchte, veränderliche Klima, das abhängig ist von
ihrer Alpenwand. *) Auf der ersten Stufe, -wie auf der dritten
herrscht das Einförmige, Einheitliche und Große vor, dort die
Ebene, hier das Alpenland; dem entsprechen die großen Staa-
tencomplexe. Zwischen beiden in Mitteldeutschland, dem
Lande des buntesten Wechsels von kleinen Ebenen, Bergen,
Thälern, Flüssen: die Menge der kleinen Staaten.
A. Das Tiefland.
Der mittlere Theil der großen einförmigen europäischen
Tiefebene, von O. nach W. immer mehr durch deu Nordrand
des Mittelgebirges eingeengt. Bei einer Erhebung des Meeres
um 500' würde Deutschland eine Griechenland nahe kommende
Küstenentwicklung haben; die größten Buchten die von Schlesien,
Leipzig, Münster, Cöln. — Spuren des alten Meeres-
bodens u. a.: welliges Laud, die beiden Landrücken, Bern-
stein-, Gyps- und Salzlager, erratische Blöcke.
*) „An dieser stauen sich die kalten Nordwinde auf, die warmen Süd-
winde werden abgehalten."
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Extrahierte Ortsnamen: Rheines Donau Nordost Schwarzwald Meran Mitteldeutschland Deutschland Leipzig
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Stettiner Haff buchtenreich mit vorliegenden höheren und bewal-
deten Inseln: Alfen, Schleswigs Brückenkopf und Rügen,
Stralsunds idyllisches, durch Sturmflutheu zerrissenes Vorland;
in Hinterpommern geradlinige Sandküste, in Preußen durch
Haffbildung und die Halbinsel Samland gegliederte Dünen-
küste. Auch die Ostsee kein unfruchtbares Meer; friedlicher und
blutiger Kampfplatz der nördlichen und südlichen Germanen.
Große Zahl von Seestädten seit der Germanisierung: Lübeck,
im Mittelpunkt des Hansagebietes, nur 8 Meilen von der unte-
ren Elve, einst der nächste Hafen für die gewerblichen sächsischen
und westfälischen Hansastädte; Stettin, der Hafen für das
getreidereiche Oder- und Warthegebiet. Die Seestädte Preußens,
Dan zig und Elbing im fruchtbaren Weichseldelta, Königs-
berg am Pregel und Memel, der Hafen des Niemengebietes,
die nördlichste preußische Stadt, werden durch das Wintereis,
noch mehr durch die nahe russische Zollgrenze beengt.
2. Hinter der Ostseeküste die baltische Seenplatte, die
bis in die Sandflächen Jütlands verlaufende Fortsetzung des
nördlichen uralischen Landrückens, durchschnittlich 3—500' hoch
(Thurmberg in Pomerellen über 1000'), Wasserscheide zahlreicher
Flüsse, meist Acker- oder Waldboden in der Umgebung der Ge-
Wässer, ties durchfurchte öde Sandhöhen besonders in Hinter-
Pommern, mit bedeutendem frnchtbaren Vorlande um das kurische
Haff und die pommersche Bucht. In den östlichen und mittleren
Theilen auch breite Abdachung zu den Sumpfstreifen des Hinter-
landes durch meist öde waldige Sandflächen: in Preußen die
masurische Johauuisburger Wilduiß, westlich der Weichsel
gegen die Oder hin die Tuchler Haide mit der Verbiuduugs-
straße zwischen dem fetten Danziger Werder und der Neu-
mark*), dem südlichsten Theile des ganzen Landrückens. Ab-
dachuugeu der Mecklenburger Platte: Uckermark (zur
Oder), Ruppin^), Prieguitz, Lauenburg lznrhavel und
Elbe).
Die vom sarmatischen und wendischen Tieflande abgewandten
und eigenartigen zum Theil idyllischen Küstenlandschasten
*) Am Sumpfstreifen des Südrandes eine andere Verbindungsstraße
des Ostens und Westens von Thorn aus; beide gedeckt durch Küstrin sin
der Nähe Zorndorf). Hier des „Oberstlieut. Fritz" nationalökonomische
Studien im Hinblick anf jenes Sumpfland, den Warthedistrict.
**) Mit den kleinen Parkseen des Rhin (Rheinsberg); von da über Fehr-
bellin zur ähnlichen Landschaft von Sanssouci.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße]]
TM Hauptwörter (200): [T135: [Haff Stadt Stettin Weichsel Ostsee Insel Memel Königsberg Danzig See], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa]]
— 9 —
den) regiert, das vom Jahdebusen bis ins Osnabrückische sich
erstreckende und von Hannover umschlossene Oldenburg.)
3. Der südliche Landrücken, sandige Fortsetzung des
sogen, südnralischen Höhenzuges, niedriger, unfruchtbarer und
weniger zusammenhängend, als der nördliche. Zwischen der
oberen Oder, die ihn vom Nordabhange der Sudeten trennt, der
oberen Weichsel und dem Quellbezirk der Warthe, der höchste
Theil: Die Tarnowitzer Höhen, der reichste ostdeutsche
Bergwerksbezirk (Kohlen, Eisen, Galmei), zugleich der von vielen
Straßen schon seit alter Zeit durchzogene Grenzbezirk zwischen
preußisch und östreichisch Schlesien, Mähren und Galizien. Von
Oppeln an macht er gleichmäßig mit dem reicheren Vorlande
der Sudeten dem breiten Oderthale Raum, der Mitte Schlesiens
mit der Hauptstadt Breslau (s. d. Sudetenland). Im N. die--
ser Stadt senken sich die Trebnitz er Höhen (Katzengebirge),
in der Richtung des Sumpfgebietes der Bartsch, allmählich zur
Oder. Jenseits derselben beginnt zwischen Gr. G log au*)
und der Katzbachebene von Liegnitz, in größerer Annäherung
an den Fuß der Sudeten, der meist noch 300' hohe Lausitz er
Landrücken, theils mit Kiefern bestanden, theils mageres
Ackerland, durchbrochen von Bober und Neiße (mit freundlichen
Thallandschasien, Weinbau! bis gegen die Oder) und von der
Spree. Zwischen dem wendischen Spreewalde (einer charak-
tervollen Welt für sich) und dem Snmpflande der schwarzen
Elster, und bis gegen Magdeburg hin der Fläming**), mit
geringerer Breite, aber größerer Höhe. Bei Wittenberg
erreicht der Südrand die Elbe. Hier der Uebergang aus Frau-
ken und Thüringen nach der Mark***). Jenseits der Elbe das
waldige Plateau der Altmark, und zwischen Aller und Elbe
die öde, doch kulturfähige Lüne burger Haide, nur noch durch den
Bardengau und das breite Stromthal vom baltischen Landrücken
im Lauenburgischen geschieden.
4. Weiterhin bis zur Nordsee und dem Niederrheiu flaches,
durch große Moore und Flußmarschen unterbrochenes Geestland
*J an der Dresden mit Warschau verbindenden sächsisch-polnischen Königs-
straße.
**) Dessen vlämische Kolonien (v, Albrecht d, Bären gegründet) noch heute
in ihrem Typus von den germanisierten Lausitzern unterschieden. Die großen
Städte Brügge und Nymwegen erkennt man freilich in den Städtchen
Brück und Niemegk nicht wieder.
***) vergl. die Linie Berlin, Großbeeren, Denuewitz, Wartenburg, Leipzig.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
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Extrahierte Personennamen: Bartsch Albrecht_d Albrecht
— 47 —
Skagens Horn, von gefährlichen Sandbänken begleitet*).
Daher hier nur schwache Bevölkerung (1500 auf die Qm.; auf
der folgenden Gruppe 3 — 4000).
b. Die dänische Inselgruppe, das Bild eines von
gewaltiger Meeresströmung von Skagenshorn her zertrümmerten
Festlandes. Hügeliger, fruchtbarer Thonboden: große Ueberein-
stimmuug mit den benachbarten Küsten; Ackerbau, Viehzucht,
Rhedereihauptsächlichste Nahrungszweige. Seeland**), die größte
und bevölkertste dieser Inseln, fast so groß, aber bevölkerter als
Holstein. Liebliche Seen- und Hügellandschaften mit Buchen-
Wäldern und zahlreichen Ortschaften. Natürlicher Mittelpunkt
der dänischen Geschichte: voll von Erinnerungen aus alter Zeit.
Roeskilde (Roßbach) die alte, einst große Königsstadt, bald
überflügelt durch Kopenhagen (Kaufmannshafen), am größten
und sichersten Hafen der Ostsee.
c. Bornholm (10 Qm.) zwischen Rügen und Oeland in
der Verlängerung der Granitplatte von Gothland; in der Mitte
Haide, an den Rändern fruchtbar.
6. Zu diesem Besitzstande kommen die alten unter norwegisch-
dänischer Herrschaft gebliebenen Kolonieen auf dem Wege von
Norwegen nach Grönland („die Beiländer"): die kleine felsige
Gruppe der Farö er (Schafinseln) ***), und nur in geringer Ent-
fernung von Grönland die 1800 Qm. große, geheimnißvolle
Eisinsel: Islands) zwischen dem Parallel vondrontheim und
dem Polarkreise, im W. und N. zerbuchtet, im S. und O. um-
mauert. Ohne die lebendigen, freilich auch zerstörenden vul-
kauischeu Kräfte würde die Insel der tödtenden Macht der nahen
grönländischen Eiszone und der Schnee- und Gletschermassen
(Jökull) im Innern verfallen. Hohes Plateau mit (bis zu
*) Die Schifffahrt wegen der Nebel hier noch gefährlicher, als die durch
die Untiefen des stürmischen Kattegat. — Die Fahrt durch den Sund die kür-
zeste, durch den großen Belt sicherer wegen größerer Tiefe und Breite
(Kriegsschiffe), aber länger; voller Untiefen und daher nur selten benutzt der
kleine Belt.
**) 144, Holstein 152, Schleswig 166 Qm.
***) mit gleichmäßigem Seeklima, rauh, ohne Winterkälte, melancholisch
wie die zahllosen in den Basaltspalten nistenden kommen. Gefährlicher
Vogelfang, Schafzucht und Fischerei nährt die 8—9000 genügsamen Nor-
männer.
f) von Adam von Bremen irrthümlich als des Pytheas Thüle be-
zeichnet.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle]]
— 11 -
die Politik festgestellt.- Die lothringisch-fränkischen Herzogthümer
Jülich, Cleve, Berg") haben fremden Einflüssen kräftiger wider-
standen. Cleve, die erste hohenzollern'sche Residenz in den
Rheinlanden, unfern des oranischen Geldern. Auch im alten
Lothringen entwickelt sich die Zollernmacht vom Tieflande her.
— Von hier Straßen durch und um den Gebirgsrand zur Ver-
biudung mit dem Saal- und Elblande, den alten Billingschen
und Askauischeu Marken gegen die Sorben; dazwischen
das Erzbisthum Magdeburg, dessen christlich-germanische
Mission Hand in Hand mit der Ausbreitung des sächsischen
Rechtes bis tief in Polen hinein auch den Handelsbeziehungen
des großen Stapelplatzes Magdeburg zu Gute kam. — Der
geringe Umfang des Tieflandes zwischen Saale und Elbe, ferner
seine günstige Lage im S. von den zersplitterten wölfischen und
askanischen Besitzungen, zwischen den Abdachungen des Thürin-
ger- und Erzgebirgslandes, erleichterte den Wettinern, den Herrn
der Markgr. Meißen und Landgr. Thüringen «ihre Wiege am
am Fuße des Petersbergs bei Halle) die Vereinigung dieser Land-
striche zu einem größeren Ganzen, dessen Mittelpunkt in der Ebene
von Leipzig (d. i. Liudenstadt), dem großen Knotenpunkt der
Völkerstraßen; dessen Hauptstädte aber an den Ostgrenzen, den
Uebergängen über die Elbe zu den mit Knrsachsen lange ver-
bnndenen Lausitzen: das alte Wittenberg im Kurkreise uörd-
lich, das moderne Dresden in der Markgrafschaft Meißen
südlich, am Fuße des Gebirges.
5. Im östlichen weit umfangreichern Tieflande, dem
vom Bereiche der römisch-kaiserlichen Majestät am entferntesten
gelegenen Landstriche, hat sich eine größere Staatseinheit ent-
wickeln können. Ihr Schwerpunkt in dem durch Havel und
Spree dem Elbgebiete zugehörigen ältesten Theile der Mark
Brandenburg zwischen den beiden Landrücken, mit der Alt-
mark als Stützpunkt jenseits der Elbe, und der Neumark
als Angelpunkt jenseits der Oder; nördlich durch das weite Müu-
duugslaud der Oder skandinavischem Einflüsse ausgesetzt, ehe
Pommern gewonnen war, südlich durch die bis über den Spree-
Wald hineinragende unselbständige Lausitz und deren Herren
beengt. In der Mitte Berlin, das geographische und politische
*) Jülich links des Rheins in der Ebene, Berg (Düsseldorf) rechts zum
^chiefergebirge hinauf. Cleve links und rechts vom Unterrhein zwischen
den Geldernschen Landen b s zur Schenkenschanz vorgeschoben.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T18: [Mark Brandenburg Land Albrecht Friedrich Kaiser Jahr Markgraf Haus Markgrafe], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima]]
- 49 —
lüften weisen über den Ocean nach Amerika hinüber; in Jr-
land, Großbritanniens oceanischem Vorlande, nähert sich die West-
küste Amerika noch mehr als in der hesperischen Halbinsel. Auf
den Süd- und Ostküsten liegen die Berührungspunkte mit Europa.
Die Süd küste, einst durch die Stürme des Kanals von Gal-
lien losgetrennt, trotzdem bei der geringen Entfernung von Dover
nach Calais die Eingangspforte der alten keltischen Bevölkerung
wie der römischen Legionen und des normannisch-französischen
Adels. Die Nordseeküste hat den dorthin neigenden größten
und reichsten Theil des Tieflandes der germanischen Einwände-
rnng aus Deutschland und Skandinavien geöffnet. Hier der
Schwerpunkt und Mittelpunkt der politischen Einheit und Macht.
Erst seitdem ist das Land vor erfolgreichen Invasionen gesichert.
— Die vermittelnde Stellung zwischen dem maritimen Europa
und der oceanischen Welt, die an Griechenland erinnernde Küsten-
entwicklnng, die günstigen Erhebungsverhältnisse, die durch das
Seeklima*) begünstigte Ertragfähigkeit des Bodens, der Reich-
thum an Erzen und Kohlen und die glückliche Mischung der
Bevölkerung zu einem charaktervollen eigenartigen Ganzen auf
germanischer Grundlage**) sind die hauptsächlichsten natürlichen
Ursachen der englischen Macht und Seeherrschaft. Sie erstreckt
sich über Ländergebiete, deren Flächeninhalt nur von dem des
russischen und chinesischen Reiches übertroffen wird.
1) Die Insel Großbritannien***) (kelt: Albion), ein
langgestrecktes gleichschenkliges Dreieck auf der Basis Landsend-
*) Herrschend sind die warmfeuchten Westwinde, unter deren Einfluß
die Smaragdiusel Irland die meisten Regentage, Devonshire nebst der In-
fel Wight (Osborne) das relativ mildeste Klima in Europa hat. Der Win-
ter ist hier nicht kälter als in der Lombardei. Die Ostsee leidet im Früh-
jähr unter den rauhen Nostwinden (doch hat Südschottland noch dieselbe
Temperatur wie Essex), das ganze Tiefland unter dem Nebel; daher der
Spleen.
**) Auch die englische Sprache ein Produkt dieser Mischung. Ihre Aus-
breitung Hand in Hand mit der Ausdehnung der politischen und commer-
ciellen Macht über die ganze Erde. Die englische Literatur dem deutschen
Geiste mchr homogen als die französische. — Der Volkscharakter und die
Gliederung der Stände so wie die Stellung der Kirche zeigt, wie zähes
Festhalten am Alten (auch in den Formen) und freie Bewegung sich gegen-
seitig wohl vertragen.
"*) Britannia major, im Gegensatz zu Brit. minor, der Bretagne. Die
beiden Ränder des äußeren Beckens des Aermelmeeres sind sowohl hinficht-
lich der Bodenverhältnisse als der Bevölkerung einander ähnlich.
Götze, geographische Repetitionen. 4
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt]]
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Extrahierte Personennamen: Osborne
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Amerika Europa Dover Deutschland Skandinavien Europa Griechenland Europa Bretagne
- 50 —
Dover, mit den umliegenden kleinen Inseln über 4200 Qm.
groß, aber mit ebenso viel Bewohnern als Preußens) Das
keltische Element jetzt bis auf Nordschottland und die Hebriden
zurückgedrängt, doch bewahrt das westliche Bergland, namentlich
Wales, die Erinnerung an die frühere Selbständigkeit in der
Pflege der kymrischen Literatur und Sage.
a. Das Königreich England nebst dem Fürstenthum
Wales. Wegen der an beiden Längsseiten tief einschneidenden
Meerbusen ist kein Punkt weiter als 16 Meilen vom Meere
entfernt; die großen Hafenplätze Liverpool, Bristol im W.,
Plymouth und die durch die Insel Wight und den Kriegs-
Hafen Portsmouth gesicherte Rhede von Spithead, gegen-
über dem neuen französischen Kriegshafen Cherbourg, im S.,
London mit seinen befestigten Vorhäfen und Hull im O.,
stehen deshalb, wie die übrigen vielen Häfen, mit allen Punkten
im Innern in Verbindung. Zahlreiche Flüsse, größtentheils dem
Nordseegebiete zugehörig, mit kurzem Laufe, aber reichlicher,
durch die weit hinaufsteigende Meeresflut vermehrter Wasser-
fülle. Die Flußgebiete untereinander und mit den verschiedenen
Busen durch zahlreiche kunstvolle Kanäle verbunden (Bridgewa-
ter), nirgends durch die Gebirge gehindert.
Das Gebirgsland, theils isoliert im W., in den alten
gälischen (kymrischen) Zufluchtsstätten der Halbinseln Corn-
wall und Wales, und der wie letzteres wegen seiner land-
fchaftlichen Reize gepriesenen Grafschaft Cumberland, theils
von der fchottischen Grenze her unter dem Namen des Pennini-
schen Gebirges mitten durch Northumberlaud und als hohe
Peaks um die Tieflandsbucht von Liverpool herum, bis zur
Mitte von England; es überragt nirgends (Snowdon 3500') die
Höhe des Harzes; eine niedrigere Gruppe erreicht zwischen Tees
und Ouse in Jorkshire die Ostküste. Das Gebirgsland bildet
nicht sowohl wegen seiner Erhebung, als in Folge seiner Pro-
dukte einen Gegensatz gegen das östlich davorliegende Tief-
land**): meist von langen nach O. und No. gerichteten Hügeln
*) Trotz der großen Unterschiede in den Bevölkerungszahlen des ge-
werblichen Englands und Hochschottlands und trotz der stätigen Abnahme
der Bevölkerung Irlands durch die Auswanderung geht die Einwohnerzahl
des gesammten Königreiches (mehr als 32,000,000) weit über die Durch-
schnittszahl hinaus.
**) Trotz des Reichthums an Getreide und Vieh ist bei der besonders
seit diesem Jahrhundert durch den Aufschwung der Gewerbe entstandenen
Uebervölkerung stets große Zufuhr nöthig.
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
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Extrahierte Ortsnamen: Dover Wales England Wales Liverpool Bristol Plymouth Portsmouth Rhede Cherbourg London Wales Liverpool England Englands Hochschottlands Irlands
— 51 —
durchzogen und nur um den Washbuseu herum von größeren
Sumpfstrecken (tke Fenn) umgrenzt, hat dieses in England wie
in Irland das Uebergewicht. Eine Linie vom Kanal von Bristol
zum Humber die Grenze beider Theile. Dort die mächtigen Koh-
len- und Eisengruben von Newcastle bis Birmingham^),
die Gruudlageu der englischen industriellen und Handelstätigkeit.
Dort die nirgends erreichte Anzahl großer moderner, in Rauch
gehüllter Fabrik- und Handelsstädte (besonders an der Linie
Liverpool, Manchester, Leeds, Hull) mit dem reichen,
realistisch gebildeten Bürgerstande und dem großen der Schul-
bildung ermangelnden Arbeiter-Proletariat. Hier (old England)
das reiche Acker- und Wiesenland und die großen Parks**) mit
den alten Schlössern, die Latifundien der weltlichen und geist-
lichen Nobility, die alten zum Theil bis über die römische Zeit
hinaufreichenden kleineren Städte ***), unter ihnen die reich dotier-
ten Metropolen der bischöflichen Kirche und der wissenschaftlichen
Bildung (Canterbury, Jork, Oxford, Cambridge;
Eton, Shrewsbury). Hier aber auch London, der größte
Städtecomplex der Welt, auf dem Boden der 3 Königreiche
Essex, Sussex und Kent, der historische (Tower), politische,
geistige und merkantile Mittelpunkt des Reiches, in der Mitte
der fruchtbarsten Grafschaften-f), auf beiden Seiten der schon
unter dem Einflüsse des Meeres stehenden Themse; daher schon
als altbritische Stadt (Londinium bei den Römern) nicht nnbe-
deutend. Durch das hügelige Tiefland gieng auch die große
Römerstraße über Lincoln (Lindum) und Jork (Eboracum)
bis zum vallum Hadrianiff), der alten schottischen Grenze,
zwischen Earlisle und Newcastle, die später des Passes
von Berwick halber bis zur Mündung des Tweed vorgerückt
wurde. Ueber die Flächen führt ferner fast in gerader Linie
von Haftings, vor London, St. Albans (Verulamium)
*) Dazu kommen die Kohlendistrikte von Wales, in denen die Zinn-,
Kupfer- und Bleierze von Cornwall ausgeschmolzen werden.
**) Der Mangel an großen Wäldern wird dadurch nicht ersetzt.
***) Die alten englischen Städte zieren große Kirchen im normannisch-
gothischen Stil, dem die himmelanstrebenden deutschen Thürme fehlen.
f) Das ganze Reich wird in Grafschaften, Shires, (vgl. Scyregeresa,
Sherisf, Earl) oder (in Schottland und Irland) Counties getheilt.
ff) Im Westen ebenfalls viele römische Gründungen bis zur Mündung
des Severn (Sabrina). Die Römer giengen auch hier den warmen Quellen
nach (Bristol. Bath). Nordschottland und Irland blieb ihnen fremd.
4*
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt]]
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