Deutsches Lesebuch
für
Mittel- und Olrerklassen
der
Volksschulen.
Herausgegeben von mehreren öffentlichen Lehrern.
Ausgabe für euangelische Schule«.
Fünfundzwanzigfte Auflage.
Mittels h. Ministerial-Entschließung vom 22. März 1880 in das
Verzeichnis der gebilligten Lehrmittel aufgenommen.
Tetîemngsaî,fscf]jag 75°/0
Nürnberg.
Verlag der Friedr. Kornfchen Buchhandlung.
*3mßo
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium]]
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Wüßtest du, was ich dir tu.
Hättest Sprache du dazu,
Ach, du sprächst mit Beben:
„Nie seh’ ich die Sonne mehr;
In dem Dunkel um mich her
Endet alles Leben.“
Aber, Körnlein, habe Mut!
Sieh, du liegst ja sanft und gut,
Hast bald ausgeschlafen;
Blickst dann aus dem Grab empor,
Blühst als Blume schön hervor,
Bist ganz neu geschaffen.
Ich auch sinke einst hinab
So wie du ins kühle Grab,
Mich auch deckt die Erde;
Aber herrlicher noch ruft
Aus der stillen, düstern Gruft
Mich des Schöpfers „Werde!“ Schmidt.
> * 113. Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren!
Eine arme Bauernwitwe hatte ihren Sohn durch Spinnen
ernährt und ihm, da er auf der Schule war, die Speisen über
Feld zugetragen. Dieser Sohn kam in der Welt sehr hoch hinauf
und gab einst ein großes Gastmahl. Als die Gäste sich im
Vorzimmer versammelten, wurden sie zwei Dinge gewahr, über
welche sie sich sehr verwunderten. Unter einem prächtigen Spiegel
hing ein ganz geringer Knotenstock. Sodann stand ganz oben
an der Tafel ein alter Stuhl mit hoher Lehne und neuem Über-
züge. — Man fragte den Herrn des Hauses, was das bedeute.
Er antwortete: „Ich hatte nichts denn diesen Stab, als ich aus
meiner Mutter Hause ging. Der Stuhl aber ist meiner lieben
Mutter Spinnstuhl gewesen, an welchem sie so viel gearbeitet
hat, daß ich auf der Schule leben konnte."
Als nun die Gäste alle beisammen waren, bat er dieselben,
daß er noch einen fehlenden Gast holen dürfe. Sieh, da kommt
er schon zurück und an seinem Arm führt er sein altes, ge-
krümmtes Mütterlein in Bauerntracht und setzt es auf den Stuhl
obenan. — Es war feine Mutter, die er also ehrte. wn*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
13
^ 14. Der brave Edelknabe.
j
Friedrich der Große hatte aus verschiedenen adeligen Familien
eine Anzahl von Knaben, von denen jede Nacht- einer in seinem
Vorzimmer wachen mußte. Einer von diesen jungen Leuten lebte
in bedrängten Verhältnissen. Sein Vater war tot und seine
Mutter hatte den größten Teil ihres Vermögens verloren; die
Pension aber, die sie bezog, reichte kaum hin um ihr Leben damit
zu fristen. Ihr einziger Trost und ihre Hoffnung war ihr wohl-
geratner Sohn, der für seine Mutter tat, was er nur konnte,
und oft um Geld Nachtwachen für andere übernahm, damit er
seine Mutter reichlicher unterstützen konnte. Einst wachte der
König in der Nacht auf und konnte nicht wieder einschlafen; er
klingelte, es kam aber niemand. Der König stand leise auf um
den Schläfer zu überraschen. Als er in das Vorzimmer trat,
fand er das Licht halb herabgebrannt, den jungen Menschen aber,
mit dem Kopfe auf dem Tische liegend, in tiefen Schlaf ver-
sunken. Neben ihm lag ein angefangener Brief. Der König
blickte hinein und las: „Meine liebe, gute Mutter! Dies ist nun
die dritte Nacht, daß ich für einen anderen die Wache über-
nommen habe; es wird mir zwar herzlich sauer; aber ich denke
doch wach zu bleiben. Es wäre schrecklich, wenn der König
klingelte und wenn ich es nicht hörte. Nun, Gott weiß, wie
gern ich es tue; und Du freuest Dich gewiß auch, daß ich Dir
wieder einmal zehn Taler schicken kann. Wenn ich nur erst
Offizier bin, dann" — — Weiter war der Brief nicht ge-
schrieben. Der König legte das Blatt wieder ebenso hin, ließ den
jungen Menschen ruhig schlafen, ging in ein Nebenzimmer, holte
zwei Rollen Dukaten und steckte sie ihm behutsam in die Seiten-
laschen. Dann ging er zu Bett und schlief ruhig ein. Am Morgen
um sechs Uhr erwachte der Edelknabe und erschrak; denn um fünf
Uhr mußte der König geweckt werden. Aber noch größer wurde
sein Schrecken, als er aufsprang und die schweren Goldrollen in
seinen Seitentaschen fühlte. Schnell sprang er in das Kabinett
des Königs, der schon über eine Stunde bei der Arbeit saß,
fiel ihm zu Füßen, hielt ihm die Rollen Gold entgegen und
rief: „Majestät, ich bin unschuldig; hier will mich jemand inz
Unglück stürzen; ich weiß nicht, wer mir die Rollen in die
Taschen gesteckt hat." — „Sei ruhig, mein Sohn," sprach der
König, „ich weiß alles, ich selbst habe sie hineingesteckt, sie sind
dein!" Der König erkundigte sich nun näher nach allen Ver-
hältnissen, erhöhte die Pension der Mutter, und da der junge Mensch
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_der_Große Friedrich
2
t
f2. Der Sonnenaufgang.
Kommt, Kinder, wischt die Augen au-,
Ts gibt hier was zu sehen,
Und ruft den Vater auch heraus;
Tie Sonne will aufgehen!
Wie ist sie doch in ihrem Lauf
So unverzagt und munter!
Geht alle Morgen richtig auf
Und alle Abend unter.
Von ungefähr kann das nicht sein,
Das könnt ihr euch wohl denken;
Der Wagen da geht nicht allein,
Ihr müßt ihn ziehn und lenken.
So hat die Sonne nicht Verstand,
Weiß nicht, was ihr gebühret;
Drum muß wer sein, der an der Hand
Als wie ein Lamm sie führet.
Und der hat Gutes nur im Sinn,
Das kann man bald verstehen;
Er schüttet seine Wohltat hin
Und lässet sich nicht sehen;
Und hilft und segnet für und für,
Gibt jedem seine Freude,
Gibt uns den Garten vor der Tür
Und unsrer Kuh die Weide.
Und hält euch Morgenbrot bereit
Und läßt euch Blumen pflücken
Und stehet, wann und wo ihr seid,
Euch heimlich hinterm Rücken;
Sieht alles, was ihr tut und denkt,
Hält euch in seiner Pflege,
Weiß, was euch freuet, was euch kränkt,
Und liebt euch allerwege.
Llaudius.
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13. Das Vaterhaus.
Wo’s Dörflein dort zu Ende geht, wo’s Mühlenrad am
Bach sich dreht, da steht im duft’gen Blütenstrauß ein Hütt-
lein klein, mein Vaterhaus.
Da schlagen mir zwei Herzen drin voll Liebe und voll
treuem Sinn; mein Vater und die Mutter mein, das sind die
Herzen fromm und rein.
Darin noch meine Wiege steht, darin lernt’ ich mein
erst’ Gebet; darin fand Spiel und Lust stets Raum, darin
träumt’ ich den ersten Traum.
Drum tausch’ ich für das schönste Schloß, wär’s felsen-
fest und riesengroß, mein liebes Hüttlein doch nicht aus;
denn ’s gibt ja nur ein Vaterhaus. wiedemann.
¿¿^4. Des Frühlings Konzert.
Kaum daß der Winter uns verlassen, und daß der Frühling
eingekehrt, so tönt auch schon auf allen Gassen ein wunderherr-
liches Konzert.
Denn schmetternd ruft die kleine Lerche die Schläfer alle
aus der Ruh’; es klappern ernst die Herren Störche langschnabelig
den Takt dazu.
Der Schwätzer schimpft in seinem Rohre, die Spatzen
zwitschern überall, die Tauben girren auf dem Tore; wie flötet
'üß die Nachtigall!
Und wie die kleinen Bienen summen um jede Blüt’ ohn'
Unterlaß! Und wie die muntern Käfer brummen, als sängen sie
den tiefen Baß!
Der Kuckuck stimmt die Instrumente, die Frösche quaken in
dem Sumpf; dort schnattert eine kleine Ente am Teiche auf dem
Weidenstumpf.
Der Fink in seiner roten Weste, der Stieglitz in dem
bunten Kleid, sie lärmen beide auf das beste, als wären sie gar
nicht gescheit.
Das klingt von unten und von oben gar fröhlich in die
Welt hinein! Das ist ein Singen, Jauchzen, Toben, ein Krächzen,
Schnarchen, Lärmen, Schrei’n!
. _ Doch wie sie auch verschieden scheinen, die Klänge alle, spät
und früh, sie müssen dennoch sich vereinen zu einer einz'gen Melodie.
Die klingt heraus aus dem Getümmel, sie klingt in Tälern
und auf Höh’n: „Ach, gut ist unser Gott im Himmel und
seine Welt ist wunderschön!" W. Köhl«.
1*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
4
■'f5. Das Leben der Singvögel.
Die Singvögel führen allem Anscheine nach ein sehr ver-
gnügtes Leben. Ehe sie noch aus dem Ei schlüpfen, ist ihnen
schon die Wiege bereitet, in der sie groß gezogen p-erden sollen.
Denn wenn sie aus dem Ei kommen, sind sie entweder ganz nackt
oder nur mit einem zarten Flaum bedeckt und können sich gar
nicht helfen. Doch werden sie dann von den Alten mit großer
Sorgfalt gefüttert. Sie brauchen nichts zu tun als, wenn der
Vater oder die Mutter kommt, ihre gelben Schnäbel aufzusperren
und zu zwitschern. Dazu deckt sie die sorgsame Mutter des Nachts
mit ihren Flügeln zu, daß sie nicht naß werden und nicht frieren
dürfen. Sind sie flügge geworden, d. h. sind ihnen die Federn
so weit gewachsen, daß sie fliegen können, so verlassen sie das
Nest und setzen sich auf einen Strauch oder Baum, freuen sich
im Sonnenschein und warten, bis ihnen der Vater oder die Mutter
ein Würmlein, eine Mücke oder ein Käferlein bringt und in den
Schnabel steckt. Denn sich ihre Nahrung selber zu suchen, dazu
sind sie noch zu einfältig. Haben sie endlich auch das gelernt,
und es kommt der Winter herbei, so ziehen sie in zahlreicher
Gesellschaft oder auch einzeln fort, um wärmere Gegenden aufzu-
suchen und da zu warten, bis der Winter vorbei ist. Wenn dann
die Knospen der Bäume schwellen, wenn die Büsche und Hecken
grün werden, ziehen sie wieder in ihre Heimat. Sie verkündigen
uns dann durch ihre Wiederkunft den Frühling. Da trifft sie
indessen freilich manchmal ein Unglück. Sie lassen sich nämlich
bisweilen von warmer Witterung verleiten zu bald auf die Reise
zu gehen. Kommen dann im März oder April noch kalte Tage
mit Schnee und Frost, so müssen gar manche von den armen
Wanderern erfrieren oder verhungern. Bleibt aber das Wetter
warm, so schlagen sie in einem grünen Busche oder auf einem
blühenden Baume ihre Wohnung auf und singen und spielen
miteinander nach Herzenslust. Auch fangen sie an, Grashalme,
Stroh, Moos, Federn u. dgl. herbeizutragen, um ihren künftigen
Jungen im Verborgenen ein warmes, weiches Bett zu bereiten.
Darauf legt das Weibchen Eier und brütet sie aus, während ihm
das Männchen etwas vorsingt. Sind die Jungen ausgekrocheu,
so hören die Alten ganz auf zu singen, weil sie nun alle Zeit
auf die Versorgung ihrer kleinen Nesthocker verwenden müssen.
Wenn sie nun alle diese Arbeit getreulich getan haben, so steht
ihnen noch eine schlimme Zeit bevor, nämlich die Zeit, in der sie
ihre alten Federn verlieren und neue bekommen. Während dieser
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Ach, wie trüb ist meinem Sinn,
Wenn ich in der Fremde bin,
Wenn ich fremde Zungen üben,
Fremde Worte brauchen muß,
Die ich nimmermehr kann lieben,
Die nicht klingen wie ein Gruß!
Sprache, schön und wunderbar,
Ach, wie klingest du so klar!
Will noch tiefer mich vertiefen
In den Reichtum, in die Pracht;
ist mir’s doch, als ob mich riefen
Väter aus des Grabes Nacht.
Klinge, klinge fort und fort,
Heldensprache, Liebeswort!
Steig empor aus tiefen Grüften,
Längst verschollnes altes Lied!
Leb aufs neu’ in heil’gen Schriften,
Daß dir jedes Herz erglüht!
Überall weht Gottes Hauch,
Heilig ist wohl mancher Brauch;
Aber soll ich beten, danken,
Geb’ ich meine Liebe kund,
Meine seligsten Gedanken,
Sprach’ ich wie der Mutter Mund.
M. r. Sctenlcendorf.
fl9. Die Honigbiene.
„Kinder, geht zur Biene hin!“ so beginnt ein wohl-
bekanntes Gedicht. Nun wohl, machen wir diesen Gang!
Wir können hier wirklich recht viel Interessantes sehen
und lernen. Da sind wir denn am Bienenstände. Verhaltet
euch nur ganz ruhig, so werdet ihr nicht gestochen.
Ihr seht hier mehrere Stöcke oder Beuten, deren jede
ein ganzes Bienenvolk enthält; denn wisset, die Bienen leben
in Gesellschaft und haben ähnliche staatliche Einrichtungen
wie die Menschen. Im zeitigen Frühjahr wie im Herbste
werdet ihr nur die kleinen, stechlustigen Bienen zu den Flug-
löchern aus- und einziehen sehen. Das sind die Arbeiterinnen
(Arbeiter gibt’s hier nicht.) Öffnen wir einen Bienenstock
and nehmen wir Wabe um Wabe heraus, — Waben heißen
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung]]
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die schönen Wachstafeln, die sie bauen, — so werden wir
auf einer der mittleren die Königin finden, die bedeutend
größer und von hellerer Färbung als eine Arbeitsbiene ist.
Gegen Mitte des Sommers findet man noch eine dritte Art
vonbienenindenstöcken: die dickköpfigen, plumpen Drohnen.
Die erste Stelle im Bienenstaate nimmt natürlich die
Königin ein. Sie hält ihr Volk zusammen und spornt es zur
Tätigkeit an. Bei ihrem Verluste geht es unter Heulen und
Klagen zugrunde. Aber sie ist auch eine wahre Landes-
und Volksmutter, wie es keine mehr gibt. Das ganze Volk
in allen seinen Gliedern verehrt sie als solche. Alle sind
ihre wirklichen Kinder; denn sie legt die Eier zu allen Bienen
in ihrem Stocke, sie ganz allein. Freilich muß sie täglich
mehr legen als eine Henne, sonst wäre es ihr nicht möglich.
100000 Eier vermag sie mindestens alle Jahre abzusetzen
und diese Fruchtbarkeit bleibt ihr auf Lebensdauer (4—5
Jahre). Aus den Eiern entstehen die vorhin benannten dreier-
lei Bienen und doch legt sie nur zweierlei Eier: männliche
und weibliche. Aus einem weiblichen Ei wird nämlich eine
Königin, wenn es in eine große, runde Königszelle gelegt, da
zur Made erbrütet und als solche mit dem sogenannten könig-
lichen Futtersaft genährt wird; es wird eine kleine Arbeits-
biene daraus, wenn es in eine kleine Zelle gelegt wird und
dann die ausgeschlüpfte Made bei weniger und geringerem
Futter zur Entwicklung kommt. Aus den männlichen Eiern
entstehen nur Drohnen. Ehe eine Königin ausschlüpft, fragt
sie an, ob sie es wagen darf die Zelle zu verlassen. Der
anfragende Ton lautet etwa wie: „Quak, quak.“ Ist schon
eine Königin ausgekrochen, so antwortet diese mit einem
hellen: „Tut, tüt.“ Nun hütet sich die Eingeschlossene
wohl ihre Burg zu verlassen. Erst, wenn ihre tütende Neben-
buhlerin den Stock mit einem Schwarm verlassen hat, schlüpft
sie aus. Alsbald fängt sie nun an zu tüten. Wird ihr nicht
mit Quaken geantwortet, und sind weiter keine jungen
Königinnen in den Zellen, so fühlt sie sich sicher im Stocke.
Das Gegenteil macht auch sie unruhig und veranlaßt sie
ebenfalls mit einem Anhang zu schwärmen. Erst die zuletzt
ausschlüpfende Königin bleibt im Stocke. Nach erfolgter
Befruchtung beginnt in der Regel das Eierlegen. Während
des Legens wird sie von den sie ehrerbietig umgebenden
Arbeitsbienen geliebkost und gefüttert.
Die Arbeitsbienen, ebenfalls aus weiblichen Eiern ent-
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das dort hinten im Eck sitzt und nur seinen Kopf sehen läßt? —
Ich muß doch näher nachsehen. — Dies hölzerne Ding da soll
ein Nest sein? — Und was fyaht ihr denn hineingelegt? —
Scharpie, sagst du? — Dies Wort habe ich in meinem Leben nicht
gehört. — Übrigens sehe ich, daß unsere Kleidung doch noch nicht
ganz bei euch aus der Mode gekommen ist. Dein Weibchen ist
doch noch mehr grün als gelb."
Sieh, so ungefähr würde die Unterhaltung lauten, wenn
du einen Besuch von den Kanarienvögeln bekämest. Über dein
Singen würden sie sich wohl auch wundern und dein gar zu
starkes Schreien und dein Stampfen mit den Füßen würde ihnen
auch nicht gefallen. Du machst mir oft Kopfschmerzen mit deinem
allzu starken Singen und ich hänge dich dann vor das Fenster
hinaus, wo du es aber noch ärger machst. Auch scheint es, du
hast an der Sonne eine besondere Freude und meinst vielleicht,
man höre dich dort, weil du beim Singen so zu ihr aufblickst.
Aber, liebes Tierchen, das ist eine vergebliche Mühe; die ist
weiter weg, als du glaubst.
Wie man sich doch an alles gewöhnen kann! Unsere Kanarien-
vögel werden in Käfigen ausgebrütet und groß gezogen, leben und
sterben in denselben und sind doch so vergnügt, als man es sich
nur wünschen kann. Selbst den Winter hindurch verlieren sie
ihre Fröhlichkeit nicht und singen vom Morgen bis zum Abend.
Nur wenn sie ihre Kleider wechseln, sind sie still und wollen
vielleicht ruhig abwarten, wie das neue ausfällt. Wenn sie aber
dieses anhaben, so geht es mit neuer Kraft los und sie haben
nichts vergessen.
Eine glückliche Zeit für sie wie für alle Vögel ist die
Brutzeit. Da haben sie vollauf zu tun. Das Weibchen brütet
den ganzen Tag und das Männchen füttert es, wie dies seine
Schuldigkeit ist. Es lobt ihn aber auch in recht zärtlichen Tönen
dafür, wenn er aus seinem Kropfe hervorholt, was er für das-
selbe gesammelt hat.
Rühren sich aber einmal die Jungen in den Eiern, so ist
das Weibchen immer in Gedanken bei denselben. Es sagt auch
leise zu seinem Männchen: „Jetzt kommen sie bald!" — „Das
ist recht!" antwortet dieses. Bekommt endlich ein Ei einen Sprung,
und geht es an das Ausschlüpfen, dann sieht das Weibchen alle
Augenblicke nach und hilft dem Jungen und das Männchen guckt
auch zu, hilft mit und trägt den abgelösten Eideckel fort, damit
das neugeborne Vögelein nicht hart liege. Es ist ja noch ganz
nackt und blind und kann sich selbst nicht helfen.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
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Weil nun so zarte Kinderchen noch keine harte Kost ver-
tragen können, so füllt zuerst das Männchen seinen Kropf, dann
füttert er sein Weibchen und dieses läßt das Fressen in seinem
Kropfe erst weich werden. Dann hebt es sich ein wenig in die
Höhe und ruft seinen Kinderchen zu: „Herzchen, liebe, machteure
Schnäbel auf!" Dies lassen sie sich nicht zweimal sagen. —
Wenn sie dann voll gefüttert sind, so schlüpfen sie unter die
warmen Federn ihrer Mutter und diese macht es ihnen so be-
quem, als es ihr nur möglich ist. — Können sie später besser
verdauen, so füttert das Männchen sie selbst und gibt ihnen
manchmal tüchtige Brocken. Sind endlich ihre warmen Kleidchen
fertig, so denkt die Mutter auch an kein Wärmen mehr und
macht sich Bewegung, die sie nach einem so langen Sitzen sehr
notwendig braucht.
Bisweilen orgelt man den jungen Kanarienvögelchen Stückchen
vor, die sie bald gut lernen. Die Kanarienvögel machen
auch manchmal große Reisen, aber nur auf dem Rücken von
Vogelhändlern und zwar immer in großen Gesellschaften. Öfters
müssen sie auch Kunststückchen lernen; aber dann sind sie zu
bedauern; sie müssen da Hunger leiden und werden noch dazu
Mißhandelt. ev-ich«
1-8. Versuchung.
Gar emsig bei den Büchern
Ein Knabe sitzt im Kämmerlein;
Da lacht herein durchs Fenster
Der lust'ge, blanke Sonnenschein
Und spricht: „Lieb Kind, du sitzest hier?
Komm doch heraus und spiel bei mir!"
Den Knaben stört es nicht;
Zum Sonnenschein er spricht:
„Erst laß mich fertig sein!"
Der Knabe schreibet weiter;
Da kommt ein lustig Vögelein,
Das picket an die Scheiben
Un£ schaut so schlau zu ihm herein.
Erruft: „Komm mit! Der Wald ist grün,
Der'himmel blau, die Blumen blühn!"
Den Knaben stört das nicht;
Zum Vogel kurz er spricht:
„Erst laß mich fertig sein!" —
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund]]