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1. Von Armin bis zum Augsburger Religionsfrieden - S. VIII

1893 - Altenburg : Pierer
Viii damit bestechen, aber ein tieferes Verstndnis fr die Begebenheiten geht ihm ab. Es sind weiter nichts als leere Worte, die jeglichen Inhaltes entbehren. Und das ist der zweite Krebsschaden, an dem unser Geschichts-Unterricht noch jetzt leidet: Auf Kosten der encyklopdischen Vollstndigkeit wird die Anschaulichkeit hintenangesetzt und dem verderbenbringenden Verbalismus Thr und Thor geffnet. Ein drittes bel des landlufigen Geschichtsunterrichts liegt in der methodischen Zubereitung und Darbietung des geschichtlichen Lehr-stoffes. Meist ist es so. da die wenigen Stze des Leitfadens wenn es hoch kommt, noch einige kurze Bemerkungen vom Lehrer vorerzhlt werden. Darauf folgt das zergliedernde, geist- und herzttende Abfragen, und zuletzt kommt das Wiedererzhlen seitens der Schler. Damit ist die ganze methodische Arbeit erschpft. Von einem logischen Durchdenken des Stoffes, von einem Forschen nach Ursache und Wirkung, von einer Herausarbeitung der treibenden ethischen Ideen ist wahrlich wenig zu spren. Das mu aber doch eine der Hauptaufgaben des Ge-fchichtsnnterrichts sein und bleiben, die Schler einzufhren in den kausalen Zusammenhang der Ereignisse, sie das Warum" und Weil" aufsuchen und verstehen zu lehren. So nur werden wir unsere Schler dahin bringen, da sie einstmals als Reichsgenossen historische Einsicht und historisches Verstndnis in allen das Wohl des Einzelnen wie der Gesamtheit betreffenden Fragen an den Tag legen. Das fehlt aber uuserm gegenwrtigen Geschichtsunterrichte noch zum grten Teile. Daher kommt es auch, da wir so oft das geringe Verstndnis fr geschichtliche Begebenheiten und wichtige Tages-fragen beklagen mssen; daher rhren auch die oft ganz und gar ver-kehrten Ansichten, die so viele Kpfe verirren. Mechanisch wird der Stoff vorgetragen; mechanisch, nur die uerlichkeiten berhrend, fragt man den Stoff ab; mechanisch weil es der Lehrer so erzhlt hat, mu es so gewesen sein wird der Stoff des Leitfadens auswendig gelernt, um bald wieder der Vergessenheit anheimzufallen. So gesellt sich also zu dem Encyklopdismus und zum Verbalismus als dritter im Bunde der Mechanismus, der nicht minder ge-fhrlich ist als seilte vorher gekennzeichneten Brder. Mit Freuden mu es daher jeder Lehrer und Erzieher begren, da uns der Kaiserliche Pdagog" in dieser Hinsicht bahnbrechend voran-gegangen ist und dem Geschichtsunterricht neue Richtlinien vorgezeichnet hat durch seine hchst bedeutsame Kundgebung: Der Geschichtsunterricht mu mehr Religion und Deutschtum betonen und auch die neuere Geschichte weit ausfhrlicher behandeln. Die alten Völker zu kennen, ist wohl schn, aber fr unsere deutschen Sitten und zum Verstndnis der Fragen der

2. Von Armin bis zum Augsburger Religionsfrieden - S. X

1893 - Altenburg : Pierer
X uns hier entgegen, und welche ungeheure Macht liegt in ihnen, sittliches Wohlgefallen im Schler zu erwecken und ihn mit Begeisterung fr unser Volk zu erfllen! Aus der rechten Sellung der Geschichte im Lehrplane resultiert also die Erkenntnis, da zur Charakterbildung die Nationalgeschichte die besten und krftigsten Bausteine zu liefern imstande ist. Doch auch hier ist noch zu sichten und zu scheiden. Der unntze Ballast, der so oft noch um der lieben Vollstndigkeit willen im Schul-schifflein mit gefhrt wird, mu der Bord geworfen werden. Und so kommen wir dahin, nur diejenigen Begebenheiten unterrichtlich zu behandeln, welche von nachhaltiger Wirkung und von bleibender Bedeutung geworden sind und die Haupteigen-tmlichkeiten unseres Volkes in klares Licht stellen; denn was keine Spur zurckgelassen hat im Volksleben oder in der Litteratur, das verdient auch nicht in die Schule hereingezogen zu werden." Und so gewinnen wir Zeit und Muse, uns der Bekmpfung der anderen genannten Schden des landlufigen Geschichtsunterrichtes ernstlich widmen zu knnen. Wie vermgen wir nun diesen Schden erfolgreich entgegenzuwirken? Wenn wir auf die oben dargelegten Mngel zurckschauen, so er-geben sich naturgem folgende drei hchst wichtige Fragen: 1. Soll der Geschichtsunterricht wie bisher chronologisch fortschreiten, oder empfiehlt es sich, von Hhepunkten auszugehen? 2. Darf auch fernerhin die Erzhlung als die einzig zulssige Dar-bietungsform betrachtet werden, oder ist es empfehlenswert, den gesamten Geschichtsunterricht auf Quellenstoffe zu basieren? 3. Inwieweit ist die Pragmatik in der Volksschule zu betonen und in welcher Weise ist derselben in der Volksschule zu ihrem Rechte zu verhelfen? 1. Soll der Gefchichtsuuterricht wie bisher chrouologisch fortschreiten, oder empfiehlt es sich, vou Hhepunkten aus-zugehen? Seit Jahrzehnten hat in unseren Volksschulen die Chronologie den Gang des Geschichtsunterrichts bestimmt, und noch heutzutage wird wohl fast allerwrts der geschichtliche Lehrstoff ausschlielich chronologisch an-geordnet, obwohl bereits von verschiedenen Seiten dagegen angekmpft worden ist. Und warum hlt man so fest an diesem Gange? Jedenfalls macht man Grnde geltend, die seine ausschlieliche Anwendung recht-fertigen. Zwei Vorzge rhmt man dem chronologischen Gange ganz besonders nach? Zum ersten, behauptet mau, entspreche dieser Gang

3. Von Armin bis zum Augsburger Religionsfrieden - S. XI

1893 - Altenburg : Pierer
Xi ganz und gar dem Wesen der Geschichte, welche ja weiter nichts sei als eine stete Fortentwickelung der Menschheit im allgemeinen, der Nation im besoderen. Zum andern, sagt man, biete derselbe aber den Vorteil dar, da man von den einfachen leicht berschaubaren Verhltnissen der Vergangenheit zu den verwickelteren der Gegenwart fortzuschreiten und so dem alten pdagogischen Grundsatze Vom Einfachen zum Zusammen-gesetzten" gerecht zu werden vermge. Diesen hier angefhrten Vorzgen des chronolgischen Ganges lassen sich aber mindestens ebensoviel Mngel gegenberstellen, die, wie wir weiter unten sehen werden, viel schwerer ins Gewicht fallen als jene, weil eben diese Bedenken ihren Ursprung iu der Psychologie haben. a. Der rein-chronologische Gang bercksichtigt die Gesetze des kindlichen Vorstellungslebens in nicht gengendem Mae; insbesondere wird bei diesem Fortschreiten auf die Kongenialitt des Stoffes mit dem kindlichen Vorstellungskreise fast gar keine Rcksicht genommen ; ebenso bleiben bei dem erwhnten Gang die fr einen gedeihlichen Fortschritt alles Unterrichts unentbehrlichen Apperzeptionsgesetze und damit das hieraus resultierende Interesse gnzlich unbeachtet. Daraus ergiebt sich nun, da der an zweiter Stelle angefhrte Vorzug des chronologischen Ganges nicht als stichhaltig befunden werden kann. Denn, obwohl mau im allgemeinen behaupten kann, da die ltere Geschichte einfacher und falicher sei als die neuere und neueste, so wird doch nie-mand in Abrede stellen knnen, da innerhalb einer und derselben Periode der Stoff so verschiedenartig ist, da fr die frhere oder sptere Be-Handlung eines Abschnittes die Chronologie nicht allein magebend sein kann und darf; man wird zugeben mssen, da in dieser Hinsicht auch den Gesetzen der Psychologie Rechnung getragen werben mu. b. Der chronologische Gang vermag aber auch dem An-schanlichkeitsprinzip nicht in der wnschenswerten Weise gerecht zu werden; denn in rascher Folge spielt sich Ereignis um Ereignis vor dem geistigen Auge der Schler ab, in raschem Wechsel tritt Person uach Person auf, im Fluge gleichsam wird das Kind durch die verschiedenen Perioden der Volksgeschichte gefhrt, nie aber findet der Schler Zeit und Muse zu anschauendem Verweilen", so da ein Ver-senken und Vertiefen in den Stoff rein unmglich gemacht wird. Am meisten macht sich dieser Nachteil da geltend, wo die konzentrischen Kreise in grossester Form die Stoffanordnung beherrschen. c. Es folgt hieraus ferner, da bei dem retil-chronologischen Gang der innere Zusammen!)ang dem Schler nicht gengend deutlich wird, ja mitunter gnzlich verloren geht. Der Schler gelangt nicht zu der vollen Erkenntnis, da das eine Ereignis die notwendige Folge eines anderen gewesen ist, er wird nicht zu der Einsicht

4. Von Armin bis zum Augsburger Religionsfrieden - S. XIV

1893 - Altenburg : Pierer
Xiv da seinen Abschlu fand in den Verhandlungen und Bestimmungen des Wiener Kongresses. Der stolze Eroberer ist von seiner Hhe gestrzt, und auch des Gewaltigen Werke haben ihren Untergang gefunden. Nur dem einen Werke des Korsen wird das besttigende Siegel aufgedrckt: der Zerrissenheit Deutschlands. Doch der heie Wunsch, fr dessen Erfllung die Helden der Freiheitskriege freudig ihr Blut opferten, er hat sich erfllt. Wir leben in der Zeit der Erfllung, und es drngt sich uns, wenn wir von jener Zeit scheiden, nun die Frage auf: Wie ist es denn gekommen, da wir wieder ein einiges deutsches Reich und einen Kaiser haben? Der Kindesgeist fordert die Be-antwortung dieser Frage, und so werden wir ganz von selbst darauf hin-gefhrt, diesen groen und wichtigen Zeitabschnitt mit dem deutsch-franzsischen Kriege zu beginnen. Wir schreiten also von jenem Hhepunkte: Sturz des Korsen und Vernichtung seiner Werke" zu dem nchsten Hhepunkte: Vollstndige Erfllung der Wnsche unserer Dichter und Kmpfer der Freiheitskriege." Wie wrde sich nun der Gang gestalten? An die oben erwhnte Hauptfrage: Wie ist es gekommen zc." knpfen wir eine Hauptanalyse, ans welcher sich wiederum das Unterziel ergiebt: Warum feiern wir im neuen Reiche den 2. Sept. als Nationalfesttag und nicht den 18. Januar? So nimmt die Behandlung des deutsch-frauzsischeu Krieges folgenden Verlauf: Schlacht bei Sedan, Kriegserklrung und erste deutsche Siege, der Festungskrieg, die Kaiser-krnnng und der Friede. Im Laufe der Behandlung hat sich gezeigt, da Napoleons Hoffnung sich nicht erfllt hat; zugleich ist aber dadurch die Frage wachgerufen worden: Wie kam es nur, da Napoleon Iii. auf die Hilfe sterreichs und der sddeutschen Staaten rechnen konnte? Ungesucht und ungezwungen schlgt diese Spekulationsfrage nun die Brcke hinber zu dem deutschen Krieg im Jahre 1866. Osterreich ist aus dem Bund geschieden; ja hat mit Napoleon ein Bndnis gegen Prenen geschlossen; auch einzelne deutsche Staaten bestehen nicht mehr. Wodurch ist die Trennung beider Reiche herbeigefhrt worden und wie kommt es, da Hannover und Hessen-Nassau jetzt zu Preußen gehren? das ist die spezielle ber-leituugssrage, mit welcher wir in die Behandlung jenes bedauerlichen, aber fr Deutschlands Gre erforderlichen Bruderkrieges eintreten. Dabei schon mssen die Kmpfe um Schleswig - Holstein erwhnt werden. Wieder eine neue Frage taucht auf: Wie kamen diese beiden Mchte dazu, um Schleswig-Holsteins willen den Kampf mit Dnemark zu führen? Mit derselben erffnen wir die Be-trachtung der Kmpfe an der Schlei und bei Dppel?c. Diese drei

5. Von Armin bis zum Augsburger Religionsfrieden - S. XVI

1893 - Altenburg : Pierer
Xvi Der Hauptvorteil dieses Ganges liegt darin, da er uns bewahrt vor dem Hasten und Jagen nach encyklopdistischer Vollstndigkeit und uns ein rechtes Vertiefen und Versenken in den Stoff ermglicht. Auf der anderen Seite wird man ohne weiteres zugeben, da dieser Gang auch zur Selbstthtigkeit anregt und eine logische Durchdenkung des Stoffes erleichtert. 2. Darf auch fernerhin die Erzhlung als die einzig zu-lssige Darbietungsform betrachtet werden, oder ist es empfehlenswert, den gesamten Geschichtsunterricht auf Quellenstoffe zu beziehen? Bisher hat die Darbietung des Geschichtsstoffes ausschlielich in der Erzhlung von fetten des Lehrers bestanden, entsprechend der uerung Kehrs: Geschichte kann nicht entwickelt, sondern mu erzhlt werden." Noch heutzutage empfiehlt man den freien Vortrag als die einzig richtige und die mgliche Darbietungsform fr die Volksschule. Ihm allein rumt man im Geschichtsunterrichte die Herrschaft ein, unbekmmert darum, da die Schler dabei oft sehr mig gehen. Oder meint man wirklich, die Selbstthtigkeit der Kinder in Anspruch zu nehmen, wenn man die Ge-schichte von ihnen wiedererzhlen lasse, beziehentlich dieselbe abfrage? Das ist freilich ein gewaltiger Irrtum, wenn man meint, durch Vor-und Nacherzhlen, sowie durch das zergliedernde Abfragen wodurch oftmals der Zusammenhang zerrissen wird knne man das kindliche Interesse rege erhalten und den Schler znr Selbstthtigkeit, zum Nach-forschen anhalten! Bei dem blo erzhlenden Vortrage des Lehrers bleibt der Schler rein passiv oder rezeptiv, seine Selbstthtigkeit wird nicht geweckt und beschftigt, vielmehr eingeschlfert und unterdrckt, weil der Erzhlung meist die Anschaulichkeit und lebensvolle Darstellung ab-geht. d. h. die Lebendigkeit, die nur aus dem lebensfrischen Born des gesamten Volkslebens sprudelt. Was sollen wir nun an die Stelle der Erzhlung setzen? Wie man ans dem Gebiete des religisen Unterrichts die Quelle als das vortrefflichste Mittel der Darbietung anerkannt hat, so sollte man auch im Profangeschichtlichen Unterricht den Quellen die ihnen ge-bhrende Stelle einrumen. Damit schlieen wir das Erzhlen des Lehrers keineswegs ans. Die Vor- und Nachteile dieses Verfahrens sorgfltig erwgend, benutzen wir den Vortrag da, wo das Lesen von Quellenschriften oder der darstellende Unterricht nicht anwendbar sind. Finden wir also keine ent-sprechenden Quellenstcke, oder reichen die vorhandenen nicht aus, nun so greifen wir wenn auch der darstellende Unterricht nicht eintreten kamt zum Vortrage. So verleihen wir dem Unterrichte gleichzeitig

6. Von Armin bis zum Augsburger Religionsfrieden - S. XVII

1893 - Altenburg : Pierer
Xvii eine wohlthnende Abwechselung, die das Interesse der Schler mchtig anspornt. Warum aber fordern wir, da der Geschichtsunterricht auf Quellen basiert werde? a. Das Kiud verlangt nach lebensvollen, farbenreichen, individuellen Bildern, worin die Hauptsachen mit epischer Breite erzhlt und mit belebendem Detail ausgestattet sind; denn nur das Epische ist das Lebens-Clement der Jugend, und ein Geschichtsunterricht, dem die epische Flle, das epische Behagen abgeht, ist deshalb ein verfehlter." Wo aber ist solche epische Breite und Flle zu finden? Einzig und allein in den . Quellen; hier ist das belebende und erfrischende Wasser zu suchen, welches die Auen der Kinderseelen ergrnen lt." Darum steige der Lehrer hinab zu den Quellen und schpfe aus dem vollen, lebensprudelnden Born derselben; ja noch mehr: er fhre die Jugend geregelt Weges an deu erquickenden Born heran. Da zieht uns jeder Satz an und setzt uns hinein in das Leben vergangener Tage; der Schler durchlebt im Geiste Schritt fr Schritt noch einmal alles, was sein Volk von Anbeginn seiner Geschichte erlebt hat. Er leidet und duldet mit dem Helden, zieht mit ihm in den heiligen Kampf, in dem es gilt, die teuerste Gter der Nation zu verteidigen; mchtig wird sein Herz erhoben, wenn er mit den groen Helden des Volkes die deutschen Fahnen von Sieg zu Sieg fhrt. Das ist Leben, und das weckt Leben. Wie ganz anders wird uns da zumute, als wenn wir im Leitfaden die drren, nichtssagenden Stze lesen! Denken wir an die oben angefhrten Stze ans der Geschichte Luthers! Wie ganz anders wird da die Wirkung sein, wenn der Schler aus Luthers eigenem Munde den Bericht der den Aufenthalt in Rom vernimmt, wie wir ihn auf Seite 111 unseres Lesebuches finden. Das ist anschaulich, daraus erkennt der Schler erst, was es be-deutet, Luther lernte das tiefe Verderben der rmischen Geistlichkeit kennen." Nur so werden wir unsere Schler hten vor der Ober-flchlichkeit; er wird nicht nur deu Mund brauchen lernen, sondern wird, was er sagt, mit Verstndnis sagen. So frdern also die Quellenstoffe die Anschaulichkeit des Geschichtsunterrichtes und verschlieen dem Verbalismus Thr und Thor. b. Die gesamte Geschichte zeigt einerseits die ueren Schicksale, die ein Volk im Laufe der Zeiten erlebt, und zum andern fhrt sie uns die Entwickeluug unseres Volkes vor Augen, zeigt die einzelnen Entwickelungs-stufen des gesamten religisen, geistigen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens. Wir haben also zwei Hauptseiten der Geschichte zu unterscheiden, b

7. Von Armin bis zum Augsburger Religionsfrieden - S. XVIII

1893 - Altenburg : Pierer
Xviii nmlich bic Geschichte der ueren Schicksale" oder bic politische Geschichte und sodann die zustndliche Geschichte" oder Kulturgeschichte. In welchem Verhltnisse haben beide im Geschichtsunterrichte der Volksschule zu einander stehen? Bisher ist ohne Zweifel einzig und allein nur die eiue Seite der Geschichte betont worden: die Geschichte der ueren Schicksale". Der gesamte Geschichtsunterricht bestand in weiter nichts als in der Vorfhrung der Kriegsgeschichte; Fechten und Totschlagen" war nahezu der einzige Inhalt der Geschichte. Die Kulturgeschichte wurde entweder gnzlich uu-bercksichtigt gelassen, oder wenn es hoch kam anhangsweise und nur extraktartig in mglichster Krze abgethan. Und wie kam man zu einer solchen Bevorzugung der Kriegsgeschichte? Man sagte, der Knabe wolle nur von Thaten und Personen hren, das andere habe fr ihn keinen Reiz, kein Juteresse. Es zeigt diese Behauptung eben wieder, da man nicht vom psychologischen Standpunkte aus die Stoffsichtung vor-nahm. Wollte man sich immer nur daruach richten, was der Kuabc will, was Reiz fr ihn hat", nun so drften wir ihn berhaupt keine Geschichte bieten, ihn hchstens mit Sagen oder allerhand Ruber-geschichteu, in denen mglichst viel abgeschlachtet" werden, abspeisen. Wohin in aller Welt sollten wir dann kommen? So beschaffen war der Geschichtsunterricht vor fnfzig Jahren! Und heute ist man trotz der vielen Mahnrufe bedeutender Pdagogen kaum einen Schritt vorwrts gekommen, wie aus den vorhandenen Ge-fchichtsbchern und -leitfdeu leicht ersichtlich ist. Immer noch legt man das Hauptgewicht auf die politische Seite der Geschichte und erblickt das Heil darin, mglichst viel Schlachten und Feldherren dem Gedchtnisse der Schler anszubrbeu. Diese Einseitigkeit, diese Ungleichheit in der Be-tonung der beiden Seiten der Geschichte trgt nicht zum geringen Teil dazu bei, die Lsung der Aufgabe, die dem Geschichtsunterrichte zufllt, zu erschweren, wenn nicht gar in Frage zu stellen. Darum: Nicht blo die politische Geschichte, sondern auch die ganze Kultur-geschichte mu eine den Bedrfnissen der Volksschule eut-sprechende Stelle im Unterrichte finden; denn auf dem kultur-historischen Hintergrunde gewinnen die geschichtlichen Personen erst wahres Leben und wahre Gestalt. Hier liegen die natrlichen Bedingungen des Handelns, und ein Charakter lt sich voll und wahr erst aus den Formen, Sitten, Bedrfnissen und Bestrebungen seiner Zeit verstehen." Die kulturhistorischen Momente sind es oft ganz allein, welche die Pforten der Aufmerksamkeit ffnen und Sinn und Gemt fr den idealen Gehalt einer historischen Begebenheit empfnglich machen. Durch das Aus-malen der geschichtlichen Szenerie wird das Lebensbild anschaulich, lebendig, das berlieferte in helles Licht gesetzt, soda das Kind, nachdem es in dem

8. Von Armin bis zum Augsburger Religionsfrieden - S. XX

1893 - Altenburg : Pierer
Xx nicht blo Geschichtskenntnis erlangen, nein er soll auch ein Verstndnis fr die Thatsachen bekommen, soll erkennen lernen, wie notwendig das eine Ereignis das andere bedingt hat, er soll das Warum" und Weil" bei allen Ereignissen aufsuchen und verstehen lernen; darum mu er eingefhrt werden in den kausalen Zusammenhang der Ereignisse. Und darin besteht eben der Pragmatismus, den wir fr den Geschichtsunterricht iit der Volksschule fordern. Wird der kausale Zusammenhang schon durch deu von uns auf-gestellten Gang nach Hhepunkten dem Schler klar, so erscheint es uns doch unumgnglich notwendig, ihn weiter einzufhren in die Bedeutung der einzelnen Ereignisse und Zustnde an sich und fr das Ganze. Dazu eignet sich nun unserer Ansicht nach in ganz vortrefflicher Weise der 2. Teil des Lernprozesses: der Abstraktionsproze. Es sei uns darum noch gestattet, in Krze darzulegen, wie wir uns die Ausgestaltung des-selben denken. Wie hat sich der Apperzeptionsproze im Geschichtsnn-terricht zu gestalten? Die rechte Beantwortung dieser Frage bedingt ein Zweifaches: zum ersten mssen wir uns die Aufgabe, welche dem Abstraktiousproze zu-fllt, nochmals vergegenwrtigen, und zum andern mssen wir unser Augenmerk richten auf das Wesen des zu bearbeitenden Stoffgebietes: der Geschichte. Ziller sagt in seiner Allgent. Pd.": Das Allgemeingltige und Notwendige mu aus dem konkreten Inhalte der Synthese so ausgesondert werden, da es doch fort und fort mit ihm zusammenhngt, so, da es auf die Einzelvorstellungen jenes Inhaltes immer wieder einwirken und damit Verbindungen eingehen kann, und umgekehrt so, da die Einzel-Vorstellungen unter ihnen jederzeit sich zu ihm erheben lassen und dadurch Bestimmungen von einem allgemeingiltigen und notwendigen Werte annehmen knnen." Das ist die allgemeine Aufgabe des Abstraktionsprvzesses: die in der Kindesseele schon vorhandenen psychischen Begriffe zu klren, zu ver-bessern und sie den logischen Begriffen als den Idealen anzunhern. Dabei ist zu beachten, da die inneren Beziehungen, welche zwischen An-schauung und Begriff vorhanden sind, nicht verloren gehen, sondern da zwischen beiden eine stete Wechselwirkung mglich ist, oder wie Ziller sagt, da fr das Ausgesonderte der Zusammenhang mit dem, woraus es hervorgehoben ist, gewahrt wird". Soll dies geschehen, so hat die Stufe der Assoziation die Aufgabe, den Abstraktionsproze bei dem synthetisch Neuen der zweiten Stufe und bei dem in lteren Gedankenkreisen Enthaltenen, das damit in Verbindung steht, zustande zu briugeu". Es ist dies also nichts anderes als eine Verknpfung, die sich von den Ber-

9. Von Armin bis zum Augsburger Religionsfrieden - S. XXII

1893 - Altenburg : Pierer
Xxii Wollen wir also der Forderung, da das assoziierte Vorstelluugs-Material nach der eigentmlichen Natur des Unterrichtsgegenstandes sich richten soll", nachkommen, so mssen wir im Abstraktionsproze vor allen Dingen die drei Seiten der Geschichte int Ange behalten und weder rechts noch links davon abweichen. Die besondere Ausgabe des Abstraktionsprozesses im Geschichtsunterrichte besteht also darin, da die drei Seiten der Geschichte (die Politische, kulturelle und ethische) als Mastab fr die Heraushebung des allgemeingiltigen Ma-terials betrachtet werden. Es fragt sich mm, ob die gegenwrtigen Abstraktionen diesen Forde-ruugen entsprechen. Halten wir Umschau auf dem Gebiete der Geschichts-litteratnr! Was finden wir da? Wir wenden unser Hauptaugenmerk auf die vorhandenen Systeme, weil diese ein Spiegelbild der vorauf-gegangenen Assoziationen sind. Dabei machen wir die Wahrnehmung, da sich auf dieser Stufe findet die Geschichtszahl oder Geschichtstabelle. berschriften und Namenreihen, kulturhistorisches Material, religise und ethische Stze. In der That ein buntes Vielerlei! Entspricht nun dieses bunte Vielerlei der doppelten Aufgabe des Abstraktionsprozesses? Das System ist das Ergebnis einer vorausgegangenen Denkoperation, etwas Abstraktes, die gewonnene Einsicht, welche aus der Betrachtung der logischen Beziehungen der Einzelvorstellungen erworben worden ist. Wie steht es nun um die oben erwhnten Systeme? Ist die Geschichtszahl etwas Abstraktes? Waren zur Gewinnung der Zahl etwa Begleichungen, Verknpfungen notwendig oder muten innere Beziehungen aufgesucht werden? Es ist dies keineswegs der Fall; die Zahl mu dargeboten, kann nicht abstrahiert werden; mithin gehrt sie nicht auf die Stufe des Systems, sondern aus die Stufe der Synthese. Sie kann gar keine andere Stelle einnehmen, weil sonst die Darbietnng eine unvollstndige sein wrde. Ereignis und Zahl gehren eng zu-sammen, knnen niemals getrennt werden; eins bedingt das andere. Und nun zu den tabellenartigen Aufzhlungen: Wie ists um diese bestellt? Ihr Inhalt kennzeichnet sie in gengender Weise. Kriege, Schlachten, Personen n. s. w. werden aufgezhlt. Ist dies etwas Ab-straktes? Kein Mensch wird dies behaupten wollen und knnen. Wohl ist hierzu eine gewisse Denkthtigkeit notwendig, aber diese ist doch keines-Wegs zu vergleichen mit derjenigen, welche das Aufsuchen der inneren Beziehungen zwischen den Einzelvorstelluugen bedingt. Auch diese Tabellen entsprechen der allgemeinen Aufgabe der Denkoperation keineswegs, ge-hren aifo auch nicht auf die Stufe des Systems. Es geht dies auch schon daraus hervor, da die voraufgegangenen Assoziationen nirgends

10. Von Armin bis zum Augsburger Religionsfrieden - S. XXIII

1893 - Altenburg : Pierer
Xxiii darauf hinzielen, Geschichtszahl und Geschichtstabelle herauszuarbeiten, ein Beweis dafr, da man sich wohl bewut gewesen ist, da diese nichts Abstraktes sondern etwas Konkretes sind. Aber, so wird man uns entgegnen, sie entsprechen doch dem Wesen der Geschichte! Darauf antworte ich Ja und Nein! Wohl hat es die Namen und Zahlen, mit chronologischen Reihen zu thun, aber diese sind nur die Trger der treibenden Ideen, das uere Getriebe. Die Hauptsache ist und bleibt doch das innere Getriebe! Will man aber dieses genauer kennen lernen, so mu die Erkenntnis der ueren Ge-schehnisse bereits vollstndig bekannt sein, deuu Einsicht kann nie ohne Anschauung gewonnen werden. Demgem gehrt die chronologische Reihe, die Geschichtstabelle nirgends anders hin als auf die Stufe der Synthese und zwar an das Ende derselben, weil sie das Ende der Ein-Prgung darstellt. Nicht anders steht es um die berschriften und Namenreihen, welche wir vielfach auf der Systemstufe verzeichnet findeu. Auch sie sind in ihrer Gestalt nicht Systeme im Geschichtsunterrichte, obwohl zur Erarbeitung einer Disposition mehr Denkfhigkeit erforderlich ist als zum Merken einer Geschichtszahl oder zur Aufzhlung einer chronologischen Reihe. Wollte man die Konsequenzen ziehen, so mte jedes Einteilen und Ordnen des konkreten Materials ein System sein. Wenn Ziller der Systemstnse als ganz besondere Ausgabe die Einordnung des Gewonnenen zuschreibt, so hat er eben sein Augenmerk nur auf die Ordnung des begrifflichen Materielles, und es ist daher falsch zu sageu: Mit demselben Rechte gehrt dann auch die Zusammenstellung der in einer Einheit ge-wonnenen historischen Reihen und ihre Zusammenordnung nach bestimmten Gesichtspunkten hierher." Das Ordnen des konkreten Stoffes ist ein fr allemal Aufgabe der 2. Stufe; denn was auf dieser Stufe dargeboten wird, mu auch bersichtlich sein. bersichtlichkeit befrdert die Klarheit, welche herbeizufhren doch das Hauptziel der Synthese ist. Volle Klar-heit der den konkreten Stoff hat der Schler aber erst dann erlangt, wenn er imstande ist, das konkrete Material in bersichtlicher Weise darzustellen. Darum gehren die berschriften ebenfalls an das Ende der Synthese. So mssen wir also sagen: Geschichtszahl, Geschichtstabelle und Geschichts-Disposition gehren nicht auf die Stufe des Systems, weil sie weder eine Denkoperation wie sie der Abstraktionsproze verlangt erfordern, noch dem inneren Wesen der Geschichte voll entsprechen. Wir kommen nun zur Betrachtung der brigen Systeme! Da tritt uns kulturhistorisches Material entgegen. Ist dies in der gegebenen Form als System im Geschichtsunterricht" anzusehen? Auch dies mu verneint werden; denn was wir hier finden, ist nichts weiter als konkretes
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