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Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): Mädchen
§ 2. Die folgenden Fränkischen Kaiser.
263
stellte sich aber gleich — auf die Seite von Heinrichs
Feinden. Denn er war diesem gram, weil er mit dem
päpstlichen Banne belegte Räthe noch hei sich behalten
und erledigte Stifter eigenmächtig besetzt hatte. Was
muß Heinrich erfahren! Er empfängt Befe hl von Rom,
er solle bei Strafe des Bannes am 22. Febr.
1076 vor dem Statthalter Christi dort selbst
erscheinen, um sich wegen der ihm schnldgegebenen Ver-
brechen zu verantworten.
So etwas war freilich bisher noch nicht erhört wor-
den! Dessen hatte sich Heinrich nicht im Geringsten ver-
sehen! Er erstaunt und ergrimmt. Und eingedenk dessen,
daß sein Vater Päpste ab- und eingesetzt habe, beruft er
sogleich ein Concil »ach Worms, und läßt hier den
Papst, w e l ch er e i n e n si t t e u r e i n e n W a n d e l f ü h r t e,
wegen erdichteter Schandthaten fur unwürdig erklären,
»och ferner den Stuhl Petri einzunehmen. Den Be-
schluß der Kirchenversammlung schickt er ihm mit einem
Briefe, welcher so anhebt: „Heinrich, nicht durch Gewalt,
sondern nach Gottes frommer Regierung König, an Hilde-
brand, nicht den Papst, sondern den falschen Mönch" —
l>nd so endet: „Du mit Fluch Behafteter, steig herab von
dem angemaßten apostolischen Stuhle, steig herab, steig
herab!"
Als der Papst diese Schriften empfangen und gelesen
hatte, hielt er auch eine Synode, zu Rom, und sprach
auf derselben feierlichst — „im Namen des allmächtigen
Gottes und daß alle Völker wissen und erkennen, daß
Petrus der Fels sei," — d e n Bann über Heinrich
aus, wobei er namentlich alle seine Vasallen und
Unterthanen vom Eide der Treue losband. Eine
Menge päpstlicher Legaten mußte Deutschland durch-
ziehen, überall den Bann verkündigen und Geistliche und
Laien, Hohe und Niedere, ermahnen, dem Gebannten
jeglichen Gehorsam und Dienst zu versagen.
Der leichtsinnige Heinrich wollte sich Anfangs über
die Sache leicht hinwegsetze», aber bald vergieng ihm der
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264
Vili. Das Papstthum
gute Muth und er erschrack heftig. Denn es war eine
große und furchtbare Wirkung, welche der päpstliche Ban«
hervorbrachte. Sogleich' standen die Sachsen wieder in
Waffen gegen ihn, und die ihm gegen sie helfen sollten,
die traten scheu von dein mit der Kirche Fluche Belasteten
ab. Er gab jetzt die Sächsischen Gefangenen lov, aber
das stillte das Toben der Sachsen und die unheimliche
Bewegung in ganz Deutschland nicht.
Die Fürsten versammelten sich zu Tribur, beriethen
sich und ließen ihm dann sagen, „er solle sich vor der
Hand alles königlichen Regiments enthalten, bis der
heilige Vater, welcher auf ihre Bitte im nächsten Früh-
jahre zu einem Reichstag in Augsburg erscheinen werde,
das Urtheil über ihn gesprochen haben werde.
Wenn derselbe ihn dann nicht vom Banne löse und zu
fernerer Regierung fähig erkläre, so würden sie zur Wahl
eines neuen Königs schreiten." So machten die Thö-
richten alle selbst den Papst zu ihrem höchsten
Herrn auch in den Dingen dieser Welt!
Heinrich zeigt sich uns jetzt in einer recht erbärmlichen
Gestalt. Wie er unmäßig trotzig sein konnte, so auch
hinwiederum unmäßig verzagt. Um noch vor dem Reichs-
tage den Papst für sich zu stimmen und insonderheit von
dem so schwer auf ihm liegenden Banne frei zu werden,
entschloß er sich schnell, als ein büßender und flehentlich
Bittender zum Statthalter Christi zu reisen.
Er macht sich niit einem ganz kleinen Gefolge auf
den Weg. Aber seine treue Gattin Bertha, die er
bisher sehr schlecht behandelt hatte, ist bei ihm, die will
ihn in keiner Noth verlassen. Im Januar 1077, mitten
in dem damals besonders strengen Winter, steigt er über
die Eis- und Schneefelder der Alpen. Er muß oft auf
Händen und Füßen kriechen, seine Gemahlin, in eine
Ochsenhaut eingenäht, au Seilen über die gefährlichsten
Stellen hinaufgezogen und herabgelassen werden. Doch
kommen sie glücklich nach Italien hinab.
Unten sammelten sich gleich die Lombarden um
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Extrahierte Personennamen: Muth Heinrich Heinrich Christi Bertha
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§ 2. Die noch folgenden fränkischen Kaiser.
265
ibn, die den Papst haßten, und boten ihni ihre Hilfe zur
Züchtigung desselben an; allein er weist sie zurück, er will
demüthig und reumüthig dem Vater der Christenheit nahen.
Der Papst befand sich schon auf der Reise nach Augs-
burg. Als er zu seiner Verwunderung von dem Ent-
gegenkommen Heinrichs hörte, wich er behutsam seitwärts
ab und sicherte sich auf dem festen Schlosse Canossa
bei der ihm ganz ergebenen Mark graf in Mathilde
von Toscana. Dorthin eilte denn Heinrich, nicht um
den Papst mit eisernen Waffen, sondern mit Bitten und
Thränen zu bestürmen. Da aber Hildebrand sah, wie
derselbe kam, zeigte er sich trotz der dringenden Fürsprache,
welche seine Freundin Mathilde für den Kaiser, ihren
Verwandten einlegte, härter als Canossa's Mauern.
Heinrich wird ganz allein in den Burghof eingelassen
und das Tbor hinter ihm zugeschlossen. Hier muß er,
der erste Monarch der Erde, im Januarfrost, unter
freiem Himmel, nur mit einem wollenen Büßerhemde be-
kleidet, barfuß und mit entblößtem Haupte, fastend vom
Morgen bis zum Abend, drei Tage und drei Nächte
harren. Er fleht und weint ohn Unterlaß „um apo-
stolische Erbarmung"; aber sie ist ferne. Die Burgbe-
wohner, von tiefem Mitleide bewegt, weinen und flehen
mit ihm; sie schreien, der Papst habe kein Herz eines
Apostels, sondern eines Tyrannen! Hildebrand bleibt un-
bewegt und weidet sich hinter den Burgfenstern am An-
blicke des so tief vor ihm gedemütbigten Herrschers. Endlich
am vierten Tage, nachdem ihm Mathilde mit den instän-
digsten Bitten keine Ruhe mehr gelassen, darf der zitternde
Büßer vor ihn kommen. Er blickt ihn strenge an und läßt
sich zuerst von ihm eidlich geloben, daß er sich seinem
Richterspruch aufdem bevorstehenden Reichstage
unbedingt unterwerfen, bis dahin aber auf die Aus-
übung aller königlichen Gewaltverzichten und ganz still
und ruhig zu warten wolle. Dann mildert sich das
strenge Angesicht und er spricht den Bußfertigen vom
Banne los.
Lesebuch der Weltgeschichte H,
12
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von_Toscana Heinrich Heinrich Mathilde Heinrich Apostels Mathilde
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Geschlecht (WdK): Mädchen
296
Viii. Las Papstthum.
Friedrich versicherte ihm, daß er sich nie aufs Steig-
bügelhalten verlegt habe; dach um des Friedens willen
gab er nach und verrichtete den kuriosen Dienst. Jetzt
führte ihn der Papst in die Peterskirche zur Krönung.
Friedrichs Heer hatte in der ungesunden Luft viel
gelitten und mit einem- mäßigen Haufen kehrte er nach
Deutschland zurück. Auf dem Rückwege wollten ihn die
Veroneser und Mailänder verderben. Er mußte im
Etschthale durch einen Engpaß an einem Felsenschlosse
vorüber; hieher hatten sie heimlich viele Mannschaft ge-
legt, um ihn aufzuhalten und zu vernichten. Allein
P fa l z g ra f O t t o von W i t t e l s b a ch rettete Kaiser und
Gefolge, indem er einen noch über die Burg empor-
ragenden Felsen, „der nur Vögeln erreichbar schien," auf
eine fast wunderbare Weise mit 200 leichtbewaffneten
Jünglinge erkletterte. Freudengeschrei von oben erweckt
jubelnden Muth von nuten. Von oben herab und von
unten herauf geht es jetzt über die Feinde in ihrem
Felsennest her und nach furchtbarem Kampfe wird dasselbe
erobert. 500 der Schelme» sind schon getödtet; die noch
lebenden, darunter 12 Adelige, werde» aufgeknüpft. Fried-
rich dankt dem braven Otto und gibt ihm später einen
schönen Lohn.
In Deutschland übte der Zurückgekehrte das Kaiser-
thum mit großer Kraft. Während feinet Abwesenheit
war durch Fehden und Räubereien Ruh und Sicherheit
arg gestört worden; er durchreiste das Reich nach allen
Seiten und stellte durch Urtheil und Strafe überall die
Ordnung wieder her. Er schonte die Großen unter den
Frevlern so wenig als die Kleinen. Den rheinischen
Pfalz grafen Hermann und zehn Grafen mit ihm
ließ er wegen Landfriedensbruch die Strafe des
Hundetragens erleiden; jeder mußte seinen Hund
fast eine Meile fort auf dem Rücken schleppen. Den
Rhein entlang riß er eine Menge Raubschlösser herab.
Die Markgrafschaft Oestreich erhob er zu einem H er-
zogt hum. Einen Bruderkrieg zwischen Polnischen
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrichs Otto Hermann Oestreich
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§ 2. Die noch folgenden fränkischen Kaiser. 267
Die entsetzliche Härte, womit ihn der Stellvertreter
des erbarmuugsreichen Christus behandelt, hatte doch viele
Gemüther entrüstet, und er fand namentlich unter den
Städtern Theilnahme und Hilfe. Er konnte sich ein
Heer am Rheine sammeln. Auch raffte er sich fetzt zu
männlickemmnthe ans, seine Krone bis auf's Aenßerste
zu vertbeidigen. So fiel er in Schwaben ein, griff den
Gegenkönig mit Ungestüm an, jagte ihn hinaus und bis
nach Sachsen. Er erklärte ihn seines Herzogthums ver-
lustig und belehnte mit demselben den ihm treuanhäug-
lichen Grafen Friedrich von Hohenstaufen, dem
er zugleich seine Tochter Agnes zur Gemahlin gab. Hier
taucht in der Geschichte das nachmals so berühmt
gewordene Geschlecht der Hohenstaufen auf.
Ueber diese Wendung der Dinge wurde der Papst
verstntzt und machte jetzt den Politischen. Er fuhr nicht
gleich wieder mit Blitz und Donner zu, er will abwarten;
man weiß doch nicht, ob der Gedemüthigte nicht wieder
emporkommen soll. Seine Gesandten wimmeln durch
Deutschland bin; aber die Sachsen klagen, „daß sie bald
dem Rudolf, bald dem Heinrich die päpstliche Gunst ver-
hießen und von beiden Parteien möglichst viel Geld zögen,
um cs nach Rom zu schleppen." Als jedoch Heinrich,
1080, bei Fla d c n h ei m geschlagen wurde, da — schleu-
derte Hildebrand einen neuen Bannstrahl auf ibn, ans
den Eidbrüchigen, und bestätigte Rudolph als Deutsch-
lands König. Er verfertigte dabei einen schönen Hexa-
meter (Rame einer lateinischen Versart):
„Petra dedit Petro, Petrus diadema Rudolfo“ —
zu deutsch:
„Der Fels (Christus) hat die Krone dem Petrus gegeben ;
Petrus (der Papst) gibt sie dem Rudolf." '
Allein der Herr in der Höhe machte diese Schenkung
schnell und auf ergreifende Weise zu nichte. Denn
noch in dem nämlichen Jahre erfolgte eine zweite Schlacht,
an der Elster nicht weit von Merseburg, in welcher
Rudolf einen tödtlichen Stich in den Leib und dazu einen
12*
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Extrahierte Ortsnamen: Rheine Schwaben Sachsen Deutschland Sachsen Rom Merseburg
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Geschlecht (WdK): Mädchen
293
Viii. Das Papstthum.
gelehrten Juristen, welche sich soviel mit den altrömischen
Gesetzbüchern beschäftigt Hutten, sprachen dem Kaiser eine
Macht zu fast so groß, als sie dereinst die römischen Im-
peratoren besaßen. Das gereichte den für Freiheit
schwärmenden Lombarden zu einem schweren Aergerniß.
Namentlich dänchte es ihnen unerträglich, daß jetzt in
jeder Stadt ein kaiserlicher Beamte, Podefta, d. b. Ge-
walthaber genannt, gelegt wurde. Das am meisten ent-
rüstete Mailand jagte den ankommenden Podesta gleich
davon und reizte auch andere Städte zu solchem Ver-
fahren auf.
Da nahte der Kaiser mit seinem Heere als furcht-
barer Rächer. Er schloß die frevelhafte Stadt ein. Aber
sic ist sehr fest, von hundert Thürmen und viel tausend
Armen vertheidigt. Nur durch Aushungerung scheint sie
bezwungen werden zu können; aber sie hat sich dießmal
mit Proviant wohl versorgt. So zieht sich der Streit
lange fort, der mit großer Erbitterung von beiden Seiten
geführt wird. Der Kaiser schwört, er wolle seine Krone
nicht aufsetzen, als bis er Mailand dem Erdboden gleich
gemacht. Endlich nach zwei Jahren ist es völlig ausge-
hungert und ergiebt sich auf Gnade und Ungnade. Die
Thore öffnen sich und heraus kommen die Bürgermeister
und Edelsten mit auf den entblößten Nacken gebundenen
Schwertern und nach ihnen alle Einwohner der Stadt
barfuß, mit Stricken um den Hals, Asche auf den Häup-
tern und Kreuze in den Hände»; sie werfen sich alle
weinend vor dem Kaiser zur Erde und flehen um Er-
barmn ng.
Friedrich schenkte ihnen das Leben; aber ihre Stadt
„als der Herd aller Unruhen" muß geschleift werden nach
seinem Schwur und sie müssen sich an vier verschiedenen
Orten ihres Gebietes in offenen Märkten ansiedeln.
Merkwürdig ist cs, daß bei der Schleifung Mailands
ihre italienischen Feinde am eifrigsten und thätigsten
sich bezeigten. Die prächtige Stadt liegt in Trümmern,
und Barbarossa setzt seine Krone wieder auf.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Barbarossa Barbarossa
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Geschlecht (WdK): Mädchen
§2. Die noch folgenden fränkischen Kaiser. 269
betete bei seinem Ende: „Herr, gedenke mein nach deiner
Barmherzigkeit; Herr, sei mir Sünder gnädig!"
Hildebrand aber weiß Angesichts des Richterstuhles der
Ewigkeit nur von seiner Gerechtigkeitsliebe und seinem
Sündenhaß zu reden. Wir meinen aufrichtig, er hätte
besser gethan, mit seinen sterbenden Lippen zu sagen:
„Ich habe Christi Wort: Mein Reich ist nicht von dieser
Welt! zu Boden getreten, darum sterbe ich billig in der
Verbannung; der Herr gebe mich nur nicht in die ewige
Verbannung, er sei mir Sünder gnädig!"
Ucbrigens brachte sein Tod dem Kaiser keinen sonder-
lichen Vortheil, und dieser lebte, freilich auch nicht un-
billig, in Kampf, Noth und Jammer bis zu seinem Ende.
Denn Hildebrands Partei wählte einen andern Papst an
dessen Stelle, welcher über Heinrichs Papst die Oberband
gewann und nicht nur den Bannfluch über ihn erneuerte,
iondern auch fortwährend und mit traurigem Erfolge die
deutschen Fürsten und sogar seine cigncnkinder gegen
ihn aufwiegelte. Nachdem er noch zwei aufgetretene
Gegenköuige bekämpft hatte, empörte sich zuerst sein alter
Sohn Konrad, der bisher standhaft für den Vater ge-
stritten, zu seinem tiefen Schmerze wider ihn! Doch dieser
unterlag und Gottes Aun riß ihn in der Blüthe seiner
Jahre hin, 1103. Dann stand aber auch, vom Papste
dazu eingesegnet, sein süngrer Sohn Heinrich gegen
ihn auf, den er hatte zu seinem Nachfolger auf dem Throne
wählen und von dem er sich noch besonders unverbrüch-
liche Anhänglichkeit und Unterwürfigkeit hatte zuschwören
lassen. Auch seine Vasallen wiederholten ihre Treulosig-
keit; die meisten verließen ihn und traten zu dein rebelli-
schen Sohne über; und der arme Vater irrte eine Zeit
lang hilflos im Reich umher.
Indessen gewährten ihm die rheinischen Städte
abermals eine freundliche Aufnahme, und durch ihren Bei-
stand sammelt er ein Heer, mit welchem er sein Kaiser-
rechl behaupten will. Nun fürchtet sich der böse Sohn
und sucht durch schändliche Arglist zu erreichen, was viel«
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Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): Mädchen
300
Vili. Das Papstthum.
siebe, plötzlich brach im Deutschen Lager die Pest aus
und raffte so schnell, daß mancher vor seinem Pferde,
das er besteigen wollte, todt niedersank, den größten Theil
deö Heeres, Hohe und Gemeine, hin. Es war ein grausig
Sterben und Friedrichs Feinde nannten es „eine Strafe
Gottes", was wir zu den „unbegreiflichen Gerichten des
Herrn" zählen. Aber machtlos war der Mächtige setzt,
lind hinter ihm hatten sich unterdessen die Lombardischen
Städte, selbst solche darunter, die es bisher Iren mit dem
Kaiser gehalten, wirklich zu einem gemeinscha ftli chen
Bunde gegen ihn zusammengeschlossen und in Begeiste-
rung geschworen, miteinander „für ihre Freiheit" bis
zum letzten Blutstropfen zu kämpfen. Das waren böse
Verhältnisse für Friedrich, und er mußte froh sein, daß
er nur wie ein Flücl kling mit Wenigen durch die Feinde
hindurch glücklich nach Deutschland entkam. In Susa,
wo er übernachten wollte, verschworen sich die Bürger,
ihn im Schlafe zu ermorden, was aber verrathen ward;
da legte sich der Ritter Herrn a nn von Siebeneichcn,
der ihm ähnlich sah, in sein Bette, während er in Ver-
kleidung entfloh, doch ehrten die Susaner, welche die
Täuschung wahrnahmen, des Dienstmanns Treue und
schonten seines Lebens.
Die Deutschen dankten Gott, ihren lieben Kaiser wieder
zu haben. Während seines Wegseins hatten innere Fehden
ans die störendste Weise überhand genommen. Namentlich
war durch den Uebermuth H ei n r i chs des Löwen, mit
dem derselbe alle seine Nachbarn behandelte, ein großer Krieg
im Reiche entbrannt. Die Erscheinung des Kaisers bewirkte
bald allgemeine Ruhe. Gesegnet herrschend blieb dieser nun
sechs Jahre im Vaterland, ohne doch Italien und die
kaiserlichen Rechte dort ans den Augen zu verlieren. Er
mußte es aber erfahren, wie die verbündeten Lombarden
gemeinsam das von ihm zerstörte M ai la n d wieder auf-
bauten, das sich herrlicher, denn zuvor, aus seinen Ruinen
erbob, ja wie sic dem Kaiser zum Trotz eine neue
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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§ 2. Die noch folgenden fränkischen Kaiser.
271
heilige barmherzige Kirche noch die Todten! Nach so lan-
gem Zeitraum hob der Papst endlich den Bann auf und
Heinrichs Iv. Ueberreste wurde» unter großer Theilnahme
und Rührung des deutschen Volks in der Kaisergruft zu
Spei er bestattet. —
Heinrich V. (1106—1125) besaß viel mehr Krast
als sein Vater und in dieser arbeitete er ernstlich daran,
die herabgekommene Kaisermacht wieder zu heben. Darum
hatte der Papst gar keinen so gehorsamen Sohn an ihm,
als er zu werden versprach, da er noch den kirchlichen
Beistand zur Befriedigung seiner Herrschsucht brauchte.
Er begehrte vom Papste, Paschalis Ii., alles Ernstes
die Zurücknahme des Hildebrandischen Verbots der Laien-
r nv estitur, durch welches das Recht der Regenten hand-
greislich schwer geschädigt ward; denn so waren sie ja nicht
mehr Oberherrn auch über die weltlichen Besitzthümer der
Prälaten. Der Papst wies begreislich sein Ansinnen zu-
rück. Als aber Heinrich a. 1111 mit einem zahlreichen
Heere nach Italien kam, dort eine ungehorsame Stadt
(Rovara) empfindlich züchtigte, auf den R oncalischen
Feldern (in der Nähe von Pia cenz a) den erschrocknen
Lombardischen Fürsten und Städten die Huldigung ab-
nahm, und nun gen Rom dahersnhr, da wurde dem
Paschalis. der kein Hildebrand war, etwas bange und um
mit dem Gefürchteten fertig zu werden, machte er ihm
einen seltsamen Vorschlag: „Der Kaiser solle auf die In-
vestitur verzichten, dagegen alle zeitlichen Güter und
Rechte der geistlichen Stellen zurücknehmen."
Das war dem Kaiser vollkommen recht; wie reich wäre
er da plötzlich geworden! Allein die Bischöfe lärmten und
schrieen dagegen; die wären ja auf einmal arme Hirten
geworden! Also ging das zurück. Der Kaiser bcharrte
bei seiner ersten Forderung; der Papst widerstrebte wie
zuvor. Da legte Heinrich Hand an diesen und der Ge-
fangene gab nach: „Sofern nur der Kaiser sich bei der
Wahl der hohen Geistlichen nicht b e t h e i l i g e,
sollte er diejuvestitur wie früher vornehmen dürfen." Froh
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrichs Heinrich_V. Heinrich_V. Paschalis Heinrich Heinrich Pia Paschalis Heinrich Heinrich
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302
Vlli. Das Papstthum.
Lombarden bei Legnano angriff, 1176. Mit furcht-
barem Ungestüme dringt er in die Feinde und erschüttert
weichen sie zurück. Aber sie ermannen sich wieder und
kämpfen auf Tod und Leben. Friedrichs Fahne wird
genommen, sein Heer zurückgeworfen. Da stürzt er sich
in den dichtesten Hansen der Feinde und würgt unter
ihnen, bis sein Pferd unter ihm zusammenbricht und er
im Getümmel verschwindet. Als sie ihren edeln Herrn
nicht mehr sehen, fliehen die Deutschen alle; die wenigsten
jedoch entkommen, die meisten fallen unter dem Schwerte
der Verfolgenden oder sie enden in den Fluthe» des
Tessino.
Der Kaiser galt für todt und seine Gemahlin legte
Tranerkleider an. Allein nach vier Tagen, es war ihnen
wie ein Wunder! kam er wohlerhalten zu den Seinen
nach Pavia.
In seinem großen Unglücke verließ ihn der Gleich-
muth und die Besonnenheit nicht; und letztere riet!) ihm,
da er von Deutschland so bald keine frische Hilfe erwar-
ten konnte, sich jetzt seinen Gegnern nachgiebig zu zeigen
und ihnen die Hand zum Frieden darzubieten. Er wen-
dete sich zunächst an Alexander 111., welcher sich aus nun-
mehriger Furcht vor allzustark anwachsender Macht der
Lombarden zu einem Uebereinkommen sehr bereit finden
ließ. Friedrich erkannte diesen als den rechtmäßigen
Papst au, indem er seinen eignen fahren ließ, und Ale-
xander sprach den Kaiser hinwiederum vom Banne los.
Zu Venedig hatten die beiden hohen Häupter eine
Zusammenkunft. Der Papst empfieng in seinem vollen
päpstlichen Schmucke den kommenden Kaiser am Thore
der Marcuskirche; Friedrich warf sich vor ihm nieder
und küßte ihm die Füße; der Papst hob ihn auf und
gab ihm den Friedenskuß, dann führte er ihn zu einem
feierlichen Dankfest in die Kirche und segnete ihn. Frei-
lich — d er Papst erscheint hier als der Herr! So
tief mußte in jener Zeit selbst ein Barbarossa vor dem
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Alexander_111. Alexander Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Barbarossa