Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
Vorwort.
Als ich mit der Abfassung dieses Lernbuches, das aus dem Ge-
schichtsunterricht der Oberprima hervorgegangen ist, beschäftigt war, er-
schien Bernheim, „Staatsbürgerkunde". In diesem herrlichen Büchlein
sucht der Verfasser die preußische und deutsche Verfassung zu innerem
Verständnis zu bringen: er will dagegen ankämpfen, daß man „Worte
statt Anschauungen, Ansichten statt Einsichten, Notizen statt Zusammen-
hänge" gibt. Er sucht es für Lehrer und reifere Leser dadurch zu er-
reichen, daß er den Entwicklungsgang der Verfassung aufzeigt und durch
übersichtliche Einteilung den Stoff gliedert.
Ich suche dasselbe Ziel für Beamte und Schüler zu erreichen und
bin daher Herrn Professor Bernheim zu großem Dank verpflichtet, daß
er mir gestattet hat, sein Buch, besonders seine Einteilungen, in weit-
gehendem Maße zu benutzen.
Sonst aber habe ich in mehrfacher Beziehung neue Wege einge-
schlagen, damit das Büchlein ein übersichtliches Lernbuch wird.
I. Der Stoss ist möglichst übersichtlich geordnet
a) durch Gegenüberstellung der preußischen und deutschen Verfassung,
der Stadt- und Landgemeinde, des Kreises und der Provinz.
Hierdurch wird nicht nur die Wiederholung bedeutend erleichtert,
sondern vor allem größere Klarheit erzielt. Die Ähnlichkeiten und Ver-
schiedenheiten treten deutlich hervor.
d) durch übersichtliche Tabellen, S. 40, 41, 43, 46.
c) durch die Form von Frage und Antwort, die besonders zur
Vorbereitung für Prüfungen sich empfiehlt.
Ii. Außerdem ist in diesem Lernbuch — was bis jetzt in keinem
Lehrbuch der Bürgerkunde geschehen ist — auch auf die Verfassungs-
änderungen und Wandlungen hingewiesen worden.
Die Verfassuugsurkunden selbst lassen nämlich den tatsächlichen
Rechtszustand nicht erkennen.
I*
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
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Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
4
Vorwort.
1. Sie enthalten viele unwichtige Bestimmungen; wichtige Einrich-
tungen aber sind nur kurz oder gar nicht erwähnt.
2. Der Text ist mehrfach durch Reichsgesetze geändert worden.
3. Durch gewohnheitsrechtliche Bildung sind entscheidende Ver-
änderungen eingetreten, die in den Verfassungen gar nicht erwähnt sind,
die außergesetzlich sind. Diese letzteren sind wohl in juristischen Büchern
zu finden, aber in all den gebräuchlichen Lehrbüchern sind sie auffälliger-
weise gar nicht erwähnt. Bei Glock-Koru z. B. ist der Seniorenkonvent
überhaupt nicht genannt. Dadurch erhält der Leser aber ein falsches,
unrichtiges Bild von unseren Verfassungen.
Es ist doch wohl nicht richtig, daß man die Verfassungseinrichtungen
lernen läßt, die tatsächlich nicht mehr bestehen — z. B. der Kaiser beruft
jährlich den Bundesrat; die Abteilungen wählen die Mitglieder der Kom-
missionen —, dagegen den tatsächlichen Zustand ganz unberücksichtigt läßt.
Wir wollen doch lernen, wie heute der Staat regiert wird. Ich habe
daher immer auf den tatsächlichen Zustand hingewiesen; vgl. S. 17 — 22,
31/32.
Für Verbesserungsvorschläge werde ich stets dankbar sein.
Es ist mir noch eine angenehme Pflicht, den Herren Universitäts-
professoren Dr. Bernheim in Greifswald und Dr. Hatschek in Göttingen,
den Herren Direktor Schierenberg und Professor Ehringhaus in
Bochum, sowie den Herren Rechtsanwalt Dr. Strippel und Oberlehrer
Dr. Samse in Kassel für ihre Verbesserungsvorschläge resp. eingehende
Durchsicht meinen herzlichsten Dank auszusprechen.
Fritz Miringhans.
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch]]
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Grimdzüge der Verfassung. Staatsgebiet.
Preußen. Deutsches Reich.
2. Welches sind die Grundzüge
der preußischen Verfassung? der deutschen Neichsverfassung?
1. Der preußische Staat ist eine kon-
stitutionelle Monarchie;
er besteht aus 12 Provinzen.
2. An der Spitze Preußens steht der
König, dessen Würde im Hause
Hohenzollern nach dem Rechte der
Erstgeburt erblich ist.
3. Die gesetzgebende Gewalt wird
durch den König und den Landtag
ausgeübt.
4. Die vollziehende Gewalt steht
dem König zu.
5. Die richterliche Gewalt wird
durch die Gerichte nach den Ge-
setzen ausgeübt ss. Seite 43).
1. Dasdeutschereich ist ein „Bundes-
staat" in der Form einer konstitutio-
nellen Monarchie;
es besteht aus 26 Staaten.
2. An der Spitze des Reiches stehen
der Bundesrat und der Kaiser;
dieser ist der jedesmalige König
von Preußen mit dem Titel „Deut-
scher Kaiser".
3. Die gesetzgebende Gewalt wird
durch den Bundesrat und den
Reichstag ausgeübt.
4. Die vollziehende Gewalt ist
zwischen Bundesrat und Kaiser ge-
teilt.
5. Die richterliche Gewalt wird
durch das Reichsgericht in Leipzig
nach den Gesetzen ausgeübt.
3. In welche Landesteile zerfällt
Preußen?
In 12 Provinzen.
Man teilt sie ein in 9 alte und
3 neue (1866 erworben).
9 alte: Ostpreußen, Westpreußen,
Pommern, Brandenburg, Posen,
Schlesien, Sachsen, Westfalen,
Rheinprovinz.
3 neue: Hessen-Nassau, Hannover,
Schleswig-Holstein.
das Deutsche Reich?
In 26 Bundesstaaten.
4 Königreiche: Preußen, Bayern,
Württemberg, Sachsen.
6 Großherzogtümer: Baden, Hessen,
Oldenburg, Mecklenburg - Schwerin,
Mecklenburg-Strelitz, Sachsen-
Weimar-Eisenach.
5 Herzogtümer: Anhalt, Braun-
schweig, Sachsen-Altenburg, Sach-
sen - Meiningen, Sachsen - Koburg -
Gotha.
7 Fürstentümer: Waldeck, Reuß alt.
Linie, Reuß jüug. Linie, Schaum-
burg - Lippe, Lippe - Detmold,
Schwarzburg-Rudolstadt,Schwarz-
burg-Sondershauseu.
3 Reichsstädte: Hamburg, Bremen,
Lübeck.
1 Reichsland: Elsaß-Lothringen.
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung]]
TM Hauptwörter (200): [T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat]]
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10
Rechte.
Preußen. Deutsches Reich.
nähme öffentlicher Ämter, bei Er-
werbung von Grundstücken, bei allen
bürgerlichen Rechten (politische Rechte
des Einzelstaates stehen nur den eigenen
Staatsangehörigen des Landes zu).
Anmerkung. „Erst durch die Regelung der Staatsangehörigkeit find die
Deutschen wirklich zu Bürgern eines gemeinsamen Staates und zu Söhnen eines
gemeinsamen Vaterlandes geworden".
5. Die öffentlichen „Rechte der Staatsbürger".
Nach Bernheim.
Im absolut regierten Staat gab es nur „Untertanen" ohne Rechte; erst
durch die Verfassung sind die Staatsangehörigen „Staatsbürger" geworden.
Seit der französischen Revolution zerlegt man die Rechte in zwei Klassen, in
A. Staatsbürgerliche oder politische, die nur Vollbürgern zustehen.
B. Bürgerliche (Grundrechte), die grundsätzlich allen Bürgern zustehen.
Die deutsche Reichsverfassung enthält nichts von den Rechten der
Bürger, da die Verfassungen der Einzelstaaten sie enthalten; Wohl aber
ist eine Reihe wichtiger Rechte durch Neichsgesetz geregelt.
A. Staatsbürgerliche, politische Rechte.
Aufgabe: Sie sichern dem Bürger Anteil an der Staatsgewalt.
1. Aktives und passives Wahlrecht.
2. Das Recht, Schöffe oder „Geschworener" zu werden.
3. Das Recht, öffentliche Ämter zu übernehmen.
1!. Bürgerliche Rechte.
Hier kann man unterscheiden:
nach außen: positive Schntzrechte (Ansprüche ans positive Leistungen),
nach innen: negative Grundrechte (Unterlassen von Eingriffen), auch
Freiheits- und Gleichheitsrechte genannt.
I. Positive Schutzrechte.
Aufgabe: Sie geben einen Rechtsanspruch ans alle Vorteile, die
der Staatsverband als solcher gewährt.
1. Anspruch ans Schutz gegenüber dem Ausland.
2. Anspruch auf Schutz durch inländische Gerichte.
3. Anspruch ans Fürsorge des Staates in der inneren Verwaltung
(gleichmäßige Behandlung).
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen]]
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Rechte.
13
g) Briefgeheimnis.
h) Denkfreiheit. Die Wissen-
schaft und die Lehre ist frei. Jeder auf
Grund des Befähigungsnachweises
dazu Berechtigte darf unterrichten.
1) Preßfreiheit. Jeder darf
durch Wort, Schrift und Druck seine
Meinung frei äußern, die Zensur —
außer für Theater und Kino — ist
abgeschafft.
k) Gewisse ns(Religions)frei-
heit.
l) Beschwerderecht. Jeder darf
sich mit Beschwerden und Bitten an den
Landtag und die Behörden wenden.
g) jedes schwarze Kabinett, in dem
beliebig jede Korrespondenz durch-
schnüffelt wird,
hi) jede Unterdrückung des freien
Wortes auf Rednerbühnen und Kathe-
der, in Literatur und Tagespresse,
jede Gesinnungsschnüffelei, die oft bis
in die Kreise der Familie reichte und
ängstlich jede Äußerung über öffent-
liche Zustände abmessen lehrte,
k) jede Ausschließung pon öffent-
lichen Ämtern und jede Zurücksetzung
wegen des Bekenntnisses,
l) jede Unterdrückung und Be-
strafung des Recht suchenden Bürgers.
Ii. beim Zusammenschluß mehrerer Personen.
a) Verehelichungsfreiheit
(außer beim Militär).
h) Vereinigungsfreiheit zu
religiösen Gesellschaften und zur Aus-
übung der Religion.
c) Vereinsfreiheit.
d) Versammlungsfreiheit
(ohne vorherige polizeiliche Erlaubnis
in geschlossenen Räumen).
Es gibt
a) keine polizeilichen Beschrän-
kungen der Ehe mehr, wie Geneh-
migung, Gemeindeangehörigkeit, guter
Ruf,
h) keine Ketzer- und Judenver-
folgungen, Inquisitionen,
o) keine willkürliche Beschränkung
bei Vereinsbildungen.
d) keine Verfolgungen wie zur
Zeit Metternichs (Burschenschaft).
Anmerkung 1. Selbstverständlich können und müssen viele dieser
Rechte im allgemeinen Interesse beschränkt werden, aber sie sind doch stets
willkürlicher Gewalt entzogen und gesetzlicher Feststellung und Handhabung
unterstellt.
Anmerkung 2. Bei Verhängung des Belagerungszustandes werden
viele Rechte, besonders die persönlichen, wie Preß- und Versammlungs-
freiheit, aufgehoben.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
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14
Pflichten der Bürger.
6. Die Pflichten der Staatsbürger.
Nach Bern heim.
Trotz der Fülle der gewährten Rechte steht auffälligerweise nichts
von Pflichten in der preußischen Verfassung — außer der Wehr- und
Schulpflicht —. Wie kommt das?
Die Verkündigung der Menschenrechte war gegen die bisherige Will-
kürherrschaft des Absolutismus gerichtet. Es kam darauf an, die beein-
trächtigten Rechte der Untertanen gegen alle Beschränkungen zu sichern.
Darum wurde es ängstlich vermieden, von Pflichten zu reden. Man
glaubte später, durch die Ausübung der Rechte in Preußen würden die
Bürger zum Bewußtsein der politischen Pflichten erzogen. Das ist aber
leider nur zum Teil geschehen. Sehr richtig sagt daher Bernheim:
„Man hat es jedenfalls versäumt, auf die Pflichten mit Nachdruck hin-
zuweisen und es den Bürgern einzuprägen, daß sie nicht nur Rechte,
sondern auch Pflichten gegen den Staat haben, ja, daß ihre Interessen
nur in und mit ihm bestehen können, daß sie nichts sind ohne ihn, und
ihr Wohl und Wehe von dem des Staates abhängt. Die Unterlassung
dieses Hinweises hat leider bewirkt, daß in den weitesten Kreisen die
Meinung herrschend geworden ist, wenn es sich um Interessen des Staates
handelt, sei nur von Rechten an denselben die Rede, könne nur davon
die Rede sein, während die Pflichten als ein mißliebiger, von der Staats-
gewalt geübter Zwang angesehen werden. Das ist nicht nur ein Mangel
an Gemeingefühl, sondern auch der politischen Einsicht und Bildung, für
die gründlich zu sorgen man verhängnisvollerweise versäumt hat, als man
dem Volke wesentlichen Anteil an der Regierung des Landes gab."
In der Verfassung stehen nur:
1. die Wehrpflicht bis zum 45. Jahr. Näheres S. 44.
2. die Schulpflicht vom 6. bis 14. Jahr.
Außerdem werden noch folgende Pflichten genannt:
3. die Treupflicht,
4. die Gehorsamspflicht,
5. die Steuerpflicht. Näheres S. 32, 33.
Gerade hier zeigte sich die geringe politische Bildung. Selbst Ge-
bildete schämten sich nicht, die unbedingt nötigen Steuern wider-
willig zu bezahlen oder pflichtwidrig in erbärmlicher Weise sich der
Steuerzahlung zu entziehen. Und doch lehrt gerade ein Blick in
die deutsche Geschichte, daß in dem Mangel an Einkünften vor allem
die Ohnmacht des früheren deutschen Reiches begrünöet war.
6. die Pflicht, bürgerliche Ehrenämter zu bekleiden,
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
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16
Sonderrechte der Staaten.
s
Deutsches Reich.
8. Welche Sonderrechte haben die Bundesstaaten?
Der Reichsgesetzgebung unterliegen
alle Gesetze, die einer einheitlichen
Regelung bedürfen, so das gesamte
Verkehrs-, Rechts-, Militär-, Preß-
und Vereinswesen. Einige Staaten
haben sich 1870 Vorrechte ausbe-
dungen.
A. Sonderrechte in der Or-
ganisation.
1. Preußen hat das Präsidium des
Bundes.
2. Preußen, Bayern, Württemberg,
Sachsen sind im „Ausschuß" für
auswärtige Angelegenheiten.
B. Reservatrechte, das ist Be-
freiung von der Zuständigkeit
des Reiches.
1. Heer.
a) Bayern sieht nur im Kriege
unter dem Oberbefehl des
Kaisers,
d) Bayern, Sachsen und Würt-
temberg haben ein besonderes
Kriegsministerium, alle anderen
Staaten stehen unter dem preu-
ßischen Kriegsministerium.
2. Post.
Bayern und Württemberg haben
eigene Postverwaltung.
3. Handel.
a) Bayern, Württemberg, Baden
haben besondere Biersteuern.
d) Hamburg und Bremen haben
einen Freihafen.
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein]]
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34
Innere Verwaltung. Grundzüge.
Ii. Innere Verwaltung.
Preußen.
Deutsches Reich.
30* Wie ist die innere Verwaltung geregelt^
Es gibt
I.
Ii.
A. Staatsbehörden.
Zentralbehörde.
Staatsministerium.
Mittelbehörden.
a) Provinz: Oberpräsident,
Provinzialrat.
b) Regierungsbezirk:
Regierungspräsident,
Bezirksausschuß.
Land: Landrat, Kreis-
ausschuß.
Stadt.-Bürgermeister,
Stadtausschuß.
o) Kreis.
Iii. Unterbehörden.
t Stadt: Bürgermeister,
Gemeinde. Magistrat.
sland: Bürgermeister.
Gutsbezirk: Gutsvorsteher.
Im Reich gibt es kein Ministe-
rium, der einzige Reichsminister ist
1. der Reichskanzler.
2. Ihm sind Staatssekretäre,
die Verwalter der Reichs-
ämter, die sich allmählich
ausgebildet haben, unterstellt.
3. Für die Finanzen gibt es beson-
dere Reichsbehörden (Reichs-
bank, Rechnungshof, Reichs-
Schuldenverwaltung, Reichs-
Jnvalidenfonds), außerdem
noch richterliche Reichsbe-
hörden.
Provinz:
Kreis
B. Kommunalbehörden.
1. Landesdirektor
st Hauptmann),
2. Provinzialausschuß,
3. Provinziallandtag.
Kreisausschuß,
Kreistag.
Stadt: Magistrat,
Stadtverordneten-
Bersammlung.
Land: Gemeindevorstand,
Gemeindevertretung.
Anmerkung. Siehe Übersicht S. 40.
Gemeinde.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß]]
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c) Gesandtschaftsrecht.
Er ist nicht in der Verfassung erwähnt,
besteht aber tatsächlich.
a) Oberaufsicht über die Verwaltung.
b) Am ts(Ernennungs) Hoheit.
Er ernennt die Minister und die an-
deren Beamten, soweit es nicht gesetz-
lich anders geregelt ist.
c) Militärhoheit.
Oberfeldherr in Krieg und Frieden;
er ernennt alle Offiziere.
6) Finanzhoheit.
1. Er überwacht sie durch Beamte
der Oberrechnungskammer, die er
ernennt.
2. Er hat das Münzrecht.
c) 1. Er ernennt und beglaubigt die c)
Gesandten.
2. Er ist Träger der Reichsgewalt
über Elsaß-Lothringen.
3. Er übt die Schutzgewalt über die
Kolonien.
2. Innere Hoheitsrechte.
.) Er teilt sie mit dem Bundesrat.
Er ernennt die Reichsbeamten, vor
allem den Reichskanzler.
a) Er teilt sie mit dem Kaiser.
Er ordnet Verwaltungsvorschriften
und Einrichtungen an.
b) Er schlägt Reichsbeamte vor und
wählt einige.
Er ist Oberfeldherr des Bun- o)
des Heer es (über Bayern nur im
Krieg), außerdem aber auch der
Marine.
d) siehe unter Kaiser.
1. Oberaufsicht der Finanzen und
Überwachung der Zoll- und Steuer-
verwaltung mit dem Bundesrat.
2. Das Münzrecht hat er nicht, da
es Landessache.
Organe der Staaten: König, Kaiser, Vnndesrat.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten]]
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36
Land- und Stadtgemeinde.
Kommunalverwaltung Preußens.
Landgemeinde. Stadtgemeinde.
33. Geschichtliches.
Durch die Stein-Hardenbergischen
Reformen (1807, 1811) wurde der
Bauernstand aus seiner drückenden
Lage befreit, aber erst durch die
Verwaltungsreform von 1872 (Kreis-
ordnung) wurde den Landgemeinden
Selbstverwaltung gegeben, und erst
1891 wurde sie erweitert und für die
sieben östlichen Provinzen Preußens
einheitlich geregelt.
Durch Stein wurde 1808 die
Städteordnung geschaffen und damit
wieder die Selbstverwaltung einge-
führt, um die Bürger zum Gemeim
sinn zu erziehen. 1831 wurde sie
verändert (mehr Staatsaufsicht), ebenso
1863 (Dreiklassenwahl). Die letztere
gilt für die sieben östlichen Pro-
vinzen. Übrigens gibt es sehr viele,
verschiedene Städteordnungen.
Anmerkung. Für Hessen-Nassau gilt die Land- und Stadtgemeinde-
ordnung von 1897.
34. Wie ist die Selbstverwaltung geregelt^
Die Organe der Landgemeinde sind:
1. Der Gemeindevorsteher (Schulze,
Bürgermeister), in größeren Ge-
meinden der Gemeindevorstand.
2. Die Gemeindevertretung (in klei-
nen Gemeinden die Gemeinde-
versammlung).
35. Gemeindevorsteher.
1. Er wird von der Gemeindevertre-
tung aus der Zahl der Gemeinde-
glieder gewählt auf acht Jahre;
seine Wahl bedarf der Bestätigung
des Landrats.
2. a) Er ist die Obrigkeit der Ge-
meinde,
d) führt deren Verwaltung,
e) vertritt sie nach außen.
Er ist Polizeiorgan.
Die Organe der Stadtgemeinde sind:
1. Der Magistrat (mit dem Bürger-
meister).
2. Die Stadtverordneten-Versamm-
lung.
35. (Ober-) Bürgermeister.
1. Er wird von den Stadtverord-
neten auf zwölf Jahre oder Le-
benszeit gewählt; seine Wahl be-
darf der Bestätigung des Königs.
2. a) bis c) ist Sache des Magistrats;
er leitet und beaufsichtigt nur den
Geschäftsgang.
Oft hat er als staatliches Organ
die Ortspolizei.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]