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1. Bürgerkunde - S. 163

1909 - Karlsruhe : Braun
Vom Familienrecht 163 und mindestens 18 Jahre älter als das anzunehmende Kind fein;* 12 auch darf er keine ehelichen Abkömmlinge haben. Der Annahmevertrag muß vor Gericht oder vor einem Notar (in Bayern nur vor einem Notar) abgeschlossen werden und bedarf gerichtlicher Bestätigung. Durch ihn erhält das angenommene Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden (ins- besondere den Familiennamen und das Erbrecht). Dagegen wird durch die Kindesannahme zwischen dem Kinde und den Verwandten des Adoptivvaters kein Verwandtschastsverhältnis begründet; auch hat der Adoptivvater selbst gegenüber dem Adoptivkinde kein Erbrecht. ui Die Vormundschaft. 1. Die Vormundschaft über Minderjährige. Fiir Minderjährige, die nicht unter elterlicher Gewalt 479 stehen oder deren Eltern in keiner Beziehung zur Vertretung des Kindes berechtigt sind, wird vom Vormundschastsgericht (d. h. vom Amtsgericht) ein Vormund bestellt, welcher für die Person des Mündels und für dessen Vermögensverwaltung zu sorgen und in Rechtsangelegenheiten als sein gesetzlicher Vertreter zu handeln hat. Als Vormund wird derjenige bestellt, den die Eltern etwa letzt- 480 willig als solchen bezeichnet haben; in zweiter Linie sind zur Füh- rung der Vormundschaft die Großväter des Mündels berufen. Sind sie nicht mehr am Leben, so wird der Vormund vom Gericht (insbe- sondere aus der Zahl der Verwandten und Verschwägerten des Mün- dels) ausgewählt. Vor dem Großvater eines unehelichen Kindes darf seine Mutter als Vormund bestellt werden. Die Führung der Vormundschaft ist ein Ehrenamt. 481 Die Uebernahme ist eine staatsbürgerliche Pflicht; sie darf nur aus Gründen, welche im Gesetz besonders bestimmt sind, abgelehnt werden.^ Der Vormund wird vom Vormundschaftsgericht zu treuer und gewissenhafter Führung seines Amts eidesstattlich ver- pflichtet. Es liegt ihm zunächst die Aufgabe ob, das vorhandene 12 Von diesem Erfordernisse kann jedoch unter Umständen Befreiung bewilligt werden. 12 Insbesondere darf die Uebernahme einer Vormundschaft ablehnen, wer bereits 60 Jahre alt ist, ferner wer selbst mehr als 4 minderjährige Kinder hat, wer durch Krankheit oder Gebrechlichkeit an der Führung verhindert ist, und wer bereits mehr als eine Vormundschaft oder Pfleg- schaft führt. Frauen sind stets zur Ablehnung berechtigt. Ii*

2. Bürgerkunde - S. 164

1909 - Karlsruhe : Braun
164 Das bürgerliche Recht 482 Vermögen des Mündels zu verzeichnen und das Verzeichnis dem Ge- richt einzureichen. Bei Verwaltung des Vermögens untersteht der Vormund der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts, dem er auch in be- bestimmten Zwischenräumen jeweils schriftlich über die Verwaltung Rechnung abzulegen hat. Die Kapitalien des Mündels sind sicher anzulegen, und zwar, soweit Wertpapiere und Sparkassen in Be- tracht kommen, nur in solchen Wertpapieren und bei solchen Spar- kassen, welche von der Behörde als m ü n d e l s i ch e r14 bezeichnet sind. Wichtigere Verfügungen (z. B. die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, den Abschluß von Miet- oder Pachtverträgen, die Auf- nahme von Darlehen für den Mündel, die Eingehung von Bürg- schaften usw.) darf der Vormund nur mit Genehmigung des Gerichts vornehmen. In der Ueberwachung der Tätigkeit des Vormundes wird das Vormundschaftsgericht unterstützt durch den im Falle eines Bedürf- nisses von ihm zu ernennenden Gegenvormund 15, sowie durch den G e in e i n d e w a i s e n r a t. Letzterer ist auch sonst zur Unter- stützung des Vormundschaftsgerichts in allen vormundschaftlichen An- gelegenheiten des Gemeindebezirks berufen. Der G e m e i n d e w a i s e n r a t besteht in Bayern in Gemein- den mit städtischer Verfassung sowie in sonstigen Gemeinden mit mehr als fünftausend Einwohnern aus einer Mehrzahl von Personen (einem Kollegium), nämlich dem Bürgermeister als Vorsitzenden und einer Anzahl von Waisenräten. In den übrigen Genieinden haben die Aufgaben des Gemeindewaisenrates einzelne Personen, die Wai- senräte, zu erfüllen. In größeren derartigen Gemeinden können auch mehrere Waisenräte ausgestellt werden, doch handeln sie immer nur als Einzelpersonen; jedem wird ein bestinnnter, örtlich begrenzter Bezirk zugeteilt. Die Waisenräte werden gewählt, in den Gemeinden niit städtischer Verfassung von den in einen Wahlkörper vereinigten Magistratsmitgliedern und Gemeindebevollmächtigten, in den übrigen Gemeinden von der Gemeindeverwaltung. Zur Unterstützung des Gemeindewaisenrats können auch W a i - senpslegerinnen aufgestellt werden. Sie werden vom Ge- " In Bayern sind insbesondere nachstehende Wertpapiere für mündelsicher erklärt: Die Pfandbriefe der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, der Süddeutschen Bodenkreditbank, der Baye- rischen Vereinsbank, der Bayerischen Handelsbank und der Vereinsbank m Nürnberg, weiter die Pfandbriefe und die Kommunalobligationen der Baye- rischen Landwirtschaftsbank und der Pfälzischen Hypothekenbank in Ludwigs- hasen a. Rh., endlich die Schuldverschreibungen bayerischer Gemeinden. 15 Ein Gegenvormund ist besonders dann zu bestellen, wenn mit der Vormundschaft eine nicht unerhebliche Vermögensverwaltung verbunden ist.

3. Bürgerkunde - S. 165

1909 - Karlsruhe : Braun
Vom Familienrecht 165 meindewaisenrat, in Gemeinden, in denen der Gemeindewaisenrat nicht als Kolleginm organisiert ist, aber vom Bürgermeister aufge- stellt?« Auf Grund letztwilliger Verfügung der Eltern des Mündels oder 48z in geeigneten Fällen auch auf den Antrag von Verwandten wird end- lich für eine Vormundschaft vom Amtsgericht auch ein Familien- rat eingesetzt: er besteht aus dem Vormundschaftsrichter als dein Vorsitzenden und aus Verwandten oder Verschwägerten des Mündels und tritt an die Stelle des Vormundschaftsgerichts, ist also insbeson- dere zuständig zur Ernennung, Ueberwachung und Entlassung des Vormundes und zur Genehmigung von Rechtsgeschäften desselben. 2. Die Vormundschaft über Volljährige und die Pflegschaften. Volljährige stehen unter Vormundschaft nur dann, wenn 484 sie wegen Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunksucht oder Ver- schwendung entmündigt sind (s. Nr. 347): für sie kommen als Vor- münder in erster Reihe die Eltern und der Ehegatte in Betracht. Während des Entmündigungsverfahrens (s. Nr. 622) werden sie er- forderlichenfalls einstweilen unter vorläufige Vormund- schaft gestellt. Für solche Geschäfte, bei welchen ein Minderjähriger von 485 seinen Eltern oder seinem Vormunde nicht vertreten werden kann, wird ihm zur Vertretung seiner Interessen ein besonderer Pfle- ger bestellt. So z. B. für eine Erbschaftsverhandlung, bei welcher der Vater selbst in der Weise beteiligt ist, daß seine Interessen denen des Kindes zuwiderlaufen, oder für die Verwaltung eines Ver- mächtnisses, das dem Kinde mit der Bestimmung zugewendet wurde, daß dem Vater oder Vormunde die Verwaltung nicht zu- stehen solle. Für einen Volljährigen kann ferner (jedoch in der Regel 486 nur mit seiner Einwilligung) ein Pfleger ernannt werden, wenn er infolge körperlicher Gebrechen (z. B. wegen Taubheit oder Blind- heit) seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag. Ein solcher 10 10 In Bayern sind die Rechte und Pflichten des Vormunds auch den Verwaltungskommissionen einiger städtischer Waisen- häuser eingeräumt. Desgleichen kann bei Minderjährigen, die unter Aufsicht eines Gemeindebeamten in einer Familie oder irr einer Anstalt erzogen werden •— bei unehelichen Kindern auch dann, wenn sie unter Auf- sicht der Gemeindebeamten in der mütterlichen Familie erzogen werden - der G e m e i nd e b e a m te in erster Linie vom Vormundschaftsgerichte als Vormund bestellt werden, also vor den Personen, die zunächst das Recht hätten, Vormund zu werden. Desgleichen können in solchen Fällen den Gemeindebeamten durch Gemeindestatut die Rechte eines Vormunds über- tragen werden. Hier bedarf es also nicht einmal der Bestellung durch das Vormundschaftsgericht.

4. Bürgerkunde - S. 196

1909 - Karlsruhe : Braun
196 Das Zivilprozeßverfahren Wird ferner eine Klage vor einem sachlich oder örtlich unzu- ständigen Gericht erhoben und der Beklagte unterläßt es, die Unzu- ständigkeit geltend zu machen, so gilt sein Schweigen als Zustim- mung. Das Gericht wird daher als aus Grund stillschweigender Ver- einbarung zuständig betrachtet. 4. Ausschließung und Ablehnung der Richter. 582 Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes selbstver- ständlich in den Fällen ausgeschlossen, in denen er selbst Par- tei ist oder eine Partei vertritt oder mit einer solchen nahe verwandt oder verschwägert oder am Ausgange des Rechtsstreits beteiligt ist; ebenso, wenn er in der Sache als Zeuge oder Sachverständiger ver- nommen worden ist oder in einer früheren Instanz als Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat. Abgesehen aber von diesen Fällen kann jede Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit dann ablehnen, wenn irgend ein Grund vorliegt, welcher geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, z. B. wenn er mit einer der Parteien verfeindet oder nahe befreun- det ist. ui. Die Prozeßparteieri. 1. Parteifähigkeit und Prozeßfähigkeit. Streitgenossenschaft. 58z Partei (d. h. Kläger oder Beklagter) kann in einem Zivilprozeß jedermann sein, der rechtsfähig ist (s. Nr. 338), also auch Kinder jeden Alters sowie Entmündigte. Minderjährige und Entmündigte können aber in der Regel ihre Prozefse weder selbst führen noch mit der Prozeßsührung selbst einen Vertreter beauftragen; vielmehr muß für sie im Rechtsstreit ihr gesetzlicher Vertreter (s. Nr. 472 und 479) handeln. Sie sind mithin zwar rechtsfähig und parteifähig, aber nicht p r 0 z e ß s ä h i g? 584 In einem Rechtsstreit können auch mehrere Personen gemein- schaftlich gegen einen Dritten klagen oder zusammen von einem Drit- ten verklagt werden, wenn zwischen ihren Streitsachen ein bestimm- ter Zusammenhang besteht. Z. B. ist es zulässig, daß mehrere Grund- 8 8 Minderjährige sind übrigens nicht in allen Fällen prozeß- unfähig. Es gilt nämlich der Grundsatz, daß jedermann insoweit seine Prozesse selbst führen kann, als er sich auch durch Verträge selbst verpflich- ten kann. Nun können aber minderjährige Personen in gewissen Fallen, wie bei Nr. 346 gezeigt, selbständig Verträge abschließen und daher auch die aus ihnen entspringenden Prozesse selbst führen. Das gleiche gilt für die nicht wegen Geisteskrankheit Entmündigten (s. Nr. 347).

5. Bürgerkunde - S. 167

1909 - Karlsruhe : Braun
Vom Erbrecht 167 Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erb- 489 lassers und deren Abkömmlinge (also die Geschwister, Neffen und Nichten usw.) des Erblassers. Hinterläßt ein kinderlos gestorbener Erblasser seine beiden Eltern, so fällt sein Nachlaß an diese je zur Hälfte. Lebt der Vater oder die Mutter nicht mehr, so treten an die Stelle des verstorbenen Elternteils dessen Abkömmlinge, d. h. zunächst die Geschwister des Erblassers. (Hieraus ergibt sich, daß vollbürtige Geschwister (s. Nr. 468), falls beide Eltern bereits gestorben sind, mehr erben wie halbbürtige; denn sie sind sowohl im Vater- wie im Mutterstamm als Erben berufen, während halbbürtige Geschwister nur entweder im Mutter- oder im Vaterstamm erben.) Ist eines der Geschwister bereits gestorben, so erben dessen Kinder oder Kindes- kinder zusammen dessen Erbteil? Erben der dritten Ordnung sind die Großeltern des 490 Erblassers und deren Abkömmlinge. Hier fällt der Nachlaß an die vier Großeltern zu gleichen Teilen. Der Anteil, der einen bereits ge- storbenen Großelternteil treffen würde, wenn er noch am Leben wäre, fällt an dessen Kinder (d. h. an die Oheime und Tanten des Erb- lassers) oder deren Abkömmlinge (die Geschwister, Geschwisterkinder usw. der Eltern des Erblassers)? Erben der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Hier wie in jeder der fer- neren Ordnungen sind (anders als in den früheren Ordnungen) je- weils die dem Grade nach nächsten Verwandten (s. Nr. 469) zur Erb- folge berufen, mehrere gleich nahe zu gleichen Teilen. 2. Erbfolge des Ehegatten. Der Witwer oder die Witwe einer verstorbenen Person ist 491 neben deren Blutsverwandten als Erbe berufen. Es erbt4 nämlich der überlebende Ehegatte neben Abkömmlin- * ' Sind also z. B. noch der Vater, 2 Geschwister und 3 Kinder eines ver- storbenen Bruders des Erblassers am Leben, die Mutter aber gestorben, so erbt der Vater die Hälfte, jedes der 2 Geschwister ein Sechstel und jedes der Kinder des verstorbenen Bruders den dritten Teil eines Sechstels, d. h. ein Achtzehntel des Nachlasses. 3 Sind Abkömmlinge eines bereits gestorbenen Großelternteils nicht vorhanden, so fällt ihr Anteil dem anderen Teil dieses Großelternpaares oder dessen Abkömmlingen zu; lebt auch dieser andere Teil nicht mehr, noch auch Abkömmlinge von ihm, so erben die andern Großeltern oder deren Abkömmlinge allein. * Das eigene Vermögen des überlebenden Ehegatten und der Anteil, der diesem an dem ehelichen Gesamtgut zusteht, gehören selbstverständlich nicht zum Nachlasse des Erblassers. Hat z. B. der unter Hinterlassung von Kindern gestorbene Erblasser mit seiner Ehefrau in Errungenschaftsgemein- schaft (s. Nr. 462) gelebt und ist bei seinem Tode neben dem eigenen Ver-

6. Bürgerkunde - S. 198

1909 - Karlsruhe : Braun
198 Das Zivilprozeßverfahren 587 3. Die Prozeßkosten und das Armenrecht. Die im Rechtsstreit endgültig unterliegende Partei hat in der Regel alle Kosten zu tragen, also nicht nur die eigenen, son- dern auch die dem Gegner erwachsenen Kosten, sowie die Gerichts- kosten. Wenn dagegen jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so werden die Kosten auf beide Parteien angemessen verteilt. Die von einer Partei der anderen zu erstattenden Prozeßkosten werden nach Beendigung des Verfahrens auf Antrag vom Gericht in einem be- sonderen Beschlusse festgesetzt und können auf Grund dieses sog. K o st e n s e st s e tz u n g s b e s ch l u s s e s zwangsweise beigetrieben werden. Bei den Amtsgerichten kann die Festsetzung sofort im Urteil erfolgen. 588 Die Höhe der Gerichtskosten ist durch das Reichs -Gerichts- ko st engesetz geregelt. Abgesehen von den Auslagen (Zeugen- gebühren, Schreibgebühren usw.) kommen Gerichtsgebühren zur Er- hebung, welche nach dem Wert des Streitgegenstandes abgestuft sind/o imb zwar wird jeweils eine besondere Gerichtsgebühr erhoben für die gesamten miindlichen Verhandlungen, für die Beweisauf- nahmen und für die Entscheidung. 589 Personen, welche nicht imstande sind, die Prozeßkosten aufzu- bringen, dürfen deshalb doch in einem geordneten Staate nicht des Rechtsschutzes entbehren. Es wird ihnen daher, vorausgesetzt, daß ihre Prozeßführung nicht mutwillig oder aussichtlos erscheint, auf Vor- lage eines (in der Regel von dein Armenpflegschaftsrat auszustellen- den) Unvermögenszengnisses fiir den Prozeß das A r m e n r e ch t be- willigt. Damit werden sie einstweilen vom Bezahlen der Gerichts- kosten befreit, und es wird ihnen zugleich ein Gerichtsvollzieher (für die Zustellungen und Vollstreckungen) und, soweit nötig, ein Rechts- anwalt völlig unentgeltlich beigeordnet. iv. Das Verfahren bis zum Urteil. 1. Das Verfahren vor den Landgerichten. 590 Im landgerichtlichen Verfahren muß die Klageschrift von einem beim Gericht zugelassenen Rechtsanwalt bei diesem eingereicht werden. Sie muß (abgesehen von der selbstverständlichen Bezeich- nung der Parteien und des Gerichts) die Tatsachen, auf welche sich der 10 10 Bei einem Prozesse, der sich um einen großen Geldwert dreht, sind daher die Gebühren hoch, mag die Sache einfach oder verwickelt sein. Bei kleinen Streitwerten dagegen sind die Gebühren stets nieder, wenn die Sache auch noch so schwierig ist.

7. Bürgerkunde - S. 199

1909 - Karlsruhe : Braun
Das Verfahren bis zum Urteil 199 Klaganspruch stützt, ferner einen bestimmten Klagantrag, sowie die Erklärung enthalten, daß der Kläger den Beklagten vor das Prozeß- gericht zirr mündlichen Verhandlung lade und ihn auffordere, einen beim Gericht zugelassenen Rechtsanwalt für sich zu bestellen. Der Vorsitzende des Gerichts setzt auf die Klageschrift die Termins- b e st i m m u n g , d. h. den Vermerk, wann die Verhandlung statt- finden soll. Es ist sodann Sache des Klägers oder seines Vertreters, dem Beklagten ein Exemplar der Klageschrift mit der Terminsbestim- mnng zustellen gu lassen.11 Erscheint im Verhandlungstermin der Beklagte trotz ordnungs- 591 mäßiger und rechtzeitiger Zustellung der Klage nicht, so gelten die Tatsachen, welche der Kläger in der Klageschrift behauptet hat, als zu- gestanden; rechtfertigen sie den Klagantrag, so wird auf Antrag des Klägers gegen den Beklagten ein Verfäumnisurteil erlassen. Bleibt dagegen der Kläger im Termine aus, so wird die Klage auf Antrag des Beklagten durch Verfäumnisurteil abgewiesen. Gegen diese Versäumnisurteile kann der Verurteilte binnen zweier Wochen nach der Zustellung den Einspruch einlegen, welcher einer beson- deren Begründung nicht bedarf, und dessen Einlegung zur Folge hat, daß nunmehr der Prozeß weiter verhandelt wird, als wenn das Ur- teil nicht ergangen wäre. Das Urteil bleibt aber zunächst bestehen und kann, wenn es für vorläufig vollstreckbar erklärt ist (vorbehaltlich des künftigen Rückersatzes) einstweilen vollstreckt werden. Erscheinen in einem Verhandlungsterinin beide Streitteile nicht, 592 so ruht das Verfahren, bis eine Partei es durch Ladung des Gegners aufs neue in Lauf setzt. Wenn beide Parteien oder ihre Vertreter erscheinen, aber Vertagung des Termins beantragen, so muß das Gericht diesem Antrag stattgeben.^ Erscheinen beide Teile, so verliest zunächst der klägerische Ver- 59z treter den Klagantrag und der Gegner den Gegenantrag, worauf der ganze Prozeßstoff von den Vertretern in freier Rede und Gegenrede vorgetragen wird und gleichzeitig für die bestrittenen Behauptungen * 12 u Ist der Aufenthalt einer Partei unbekannt, so kann das Gericht auf Antrag des Gegners bewilligen, daß die im Reichtsstreite notwendig wer- denden Zustellungen an sie öffentlich, d. h. durch Anschlag an die Gerichts- tafel und (bei Ladungen) durch Einrückung in Zeitungen erfolgen dürfen. Diese öffentlichen Zust ellungen werden vom Gerichtsschreiber be- sorgt und haben die gleiche Wirkung, wie wenn das zuzustellende Schriftstück der betreffenden Partei selbst übergeben worden wäre. 12 Von diesen Vertagungen auf Antrag der Parteien rührt die oft beklagte lange Dauer mancher Prozesse hauptsächlich her. Terminsver- tagungen finden sehr selten von Amts wegen, sondern meistens auf Antrag der Parteien statt, weil die Vertreter von ihren Parteien noch keine genü- genden Informationen erhalten haben oder anderweit beschäftigt sind.

8. Bürgerkunde - S. 169

1909 - Karlsruhe : Braun
Vom Erbrecht 169 Testamente bezeichneten Ereignisses (meistens mit deni Tod des Vorerben) die noch vorhandene Erbschaft erhält. In solchen Fällen ist der Vorerbe verpflichtet, die Erbschaft dem Nacherben unversehrt zu erhalten; es steht ihm also im wesentlichen nur die Verwaltung der Erbschaft und der Genuß ihrer Einkünfte zu. Seine Ver- sügungsmacht über die Erbschaftsgrundstücke wird in diesem Falle durch einen entsprechenden Grundbucheintrag zugunsten des Nach- erben beschränkt? Der Erblasser kann ferner im Testament ein Vermächtnis 495 anordnen, d. h. einem anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil zuwenden. Mit deni Tode des Erblassers erwirbt der Vermächtnisnehmer noch nicht ohne weiteres den Gegen- stand des Vermächtnisses, sondern nur den Anspruch gegen den mit dem Vermächtnis beschwerten Erben oder Vermächtnisnehmer auf Leistung des gemachten Gegenstandes. Erlaubt ist weiter, daß der Erblasser im Testament einem Erben 496 oder einem Vermächtnisnehmer eine sog. Auflage macht, d. h. die Verpflichtung zu einer bestimmten Leistung (z. B. zur Unterhaltung seines Grabes) auferlegt, ohne einem andern ein Recht auf die Lei- stung zuzuwenden. Bestellt der Erblasser im Testament zugleich einen T e st a - 497 m e n t s v 0 l l st r e ck e r , so hat dieser regelmäßig nicht nur die Ausführung der letztwilligen Verfügungen (z. B. die Auszahlung der Vermächtnisse) zu besorgen, sondern auch die Auseinandersetzung (Teilung) des Nachlasses unter den Erben zu bewirken und, bis dies geschehen ist, den Nachlaß zu verwalten. Der Erblasser kann aber auch (z. B. weil er dem Erben die Fähigkeit, das Vermögen beisammen zu halten, nicht zutraut) dem Testamentsvollstrecker über die Vollziehung des Testaments hinaus die fernere selbständige Verwaltung des Nach- lasses übertragen. 2. Die Fähigkeit zur Testamentserrichtung. Minderjährige können ein Testament (aber kein eigen- 498 händiges Testament, s. Nr. 499) ohne Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters errichten, sobald sie das 16. Lebensjahr vollendet haben. ° Der Erblasser kann aber dem Vorerben auch die unbeschränkte Ver- fügung über den Nachlaß einräumen, indem er den Nach erben nur aus den 1l e b e r r e st, d. h. auf dasjenige einseht, was von der Erbschaft beim Tode des V 0 r e r b e n noch übrig sein wird. Die Nacherbeinsetzung wird z. B. gewählt, wenn ein kinderloser Erb- lasser seine Frau als Erbin einsehen, aber auch verhindern will, daß das Vermögen nach ihrem Tod an deren Verwandte, anstatt an seine eigenen Verwandten falle, oder wenn ein Erblasser seine Enkel vor der Gefahr sichern will, daß sein Sohn die Erbschaft leichtsinnig verbrauche.

9. Bürgerkunde - S. 171

1909 - Karlsruhe : Braun
Vom Erbrecht 171 Nottestament (auch Dorftestament genannt) errichten. Auf gleiche Weise oder vor drei Zeugen kann ein Testament errichtet werden von Personen, die sich an einem dtirch eine Krank- heitsepidemie, Ueberfchwemmnng oder dergleichen abgesperrten Orte aufhalten (sog. A b f p e r r u n g s t e st a m e n t). Ferner kann auf einer Seereife an Bord eines deutschen Schiffes vor drei Zeugen ein sog. Seetestament errichtet werden. Alle diese Testamente haben nur Gültigkeit, wenn der Erblasser stirbt, ehe drei Monate vom Weg- fall der Hindernngsgründe ab verflossen find. Besondere Vorschriften bestehen endlich für die T e st a m e n t e der im Felde befindlichen M i l i t ä r p e r s o n e n und von Angehörigen der Marine. 4. Aufhebung eines Testaments. Da ein Testament den letzten Willen des Erblassers darstellen 502 soll, kann es von ihm bis zu seinem Tode jederzeit widerrufen wer- den. Dieser Widerruf kann entweder in einem anderen Testa- mente ausdrücklich erfolgen oder stillschweigend durch Zu- rücknahme des öffentlich errichteten Testaments aus der amtlichen Verwahrung oder durch absichtliche Vernichtung des eigenhändigen Testaments oder endlich durch Errichtung eines mit dem Inhalte des früheren Testaments sachlich nicht vereinbaren neuen Testaments. 5. Ablieferung und Eröffnung der Testamente. Die Nachlaßgerichte, d. h. die Amtsgerichte, erhalten durch die 50z Standesämter Kenntnis von den Todesfällen. Sie haben dann dafür zu sorgen, daß die Testamente, die der Verstorbene etwa hinterließ, eröffnet, d. h. daß ihr Inhalt zur Kenntnis der Beteiligten gebracht wird. Sie haben die Eröffnung in Bayern in der Regel selbst vor- zunehmen; befindet sich jedoch das Testament verschlossen in der amt- lichen Verwahrung eines bayerischen Notars und hat dieser seinen Amtssitz an einem anderen Ort als das Nachlaßgericht, so hat der Notar die Eröffnung vorzunehmen. Wer ein Testament in Besitz hat, ist verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von dem Tode des Erblassers Kenntnis erhalten hat, an das Nachlaßgericht abzuliefern. Besteht Verdacht, daß jemand ein Testament verheimlicht, so kann er von dem Gericht zur Leistung des Offenbarungseides angehalten werden. 6. Erbverträge und Erbverzichte. Gemeinschaftliche Testamente. Ein Erblasser kann auch über seine künftige Beerbung mit einem 504 andern einen Vertrag (Erbvertrag) schließen, durch welchen er den anderen Teil oder einen Dritten als Erben einsetzt oder Vermächt-

10. Bürgerkunde - S. 172

1909 - Karlsruhe : Braun
172 Das bürgerliche Recht nisse usw. anordnet. Solche Erbverträge" müssen, um gültig zu sein, gerichtlich oder notariell und unter Beobachtung der für- ordentliche öffentliche Testamente vorgeschriebenen Formen abgeschlos- sen werden. Sie können nicht, wie sonstige letztwillige Verfügungen, einseitig, d. h. ohne Zustimmung des anderen Vertragsteils, wider- rufen werden. 505 Ehegatten sind befugt, in einer und derselben Urkunde ein gemeinschaftliches Testament zu errichten. Solche Testa- mente können in der Regel von einem Teil einseitig nur widerrufen werden durch eine dem anderen Ehegatten gegenüber in öffentlicher Urkunde abzugebende Erklärung; nach dem Tode des anderen Ehe- gatten ist regelmäßig der Widerruf ausgeschlossen. Insofern weisen sie also eine gewisse Aehnlichkeit mit den Erbverträgen auf. 506 Zulässig ist endlich auch ein Erbverzichtsvertrag, d. h. ein zwischen dem Erblasser und einem zukünftigen Erben ge- schlossener Vertrag, durch welchen der Erbe ans sein Erbrecht, und damit auch auf sein Pflichtteilsrecht (s. Nr. 607), verzichtet. in. Pflichtteil und Erbunwürdigkeit. 507 Der Grundsatz, daß jeder Erblasser durch letztwillige Verfügun- gen oder durch Erbverträge die Ansprüche der gesetzlichen Erben auf den Nachlaß nach Belieben ausschließen oder beschränken kann, erleidet eine Ausnahme zugunsten der nächsten Angehörigen des Erblassers, nämlich zugunsten seiner Abkömmlinge, seiner Eltern und seines Ehegatten. Diese Angehörigen können nämlich verlangen, daß sie aus der Erbschaft wenigstens den sog. Pflichtteil erhalten. Dieser Pflichtteil beläuft sich aus die H ü l f t e i h r e s g e s e tz l i ch e n Erbteils, d. h. er besteht in der Hälfte des Betrages, den die Pflichtteilsberechtigten als gesetzliche Erben bekommen hätten, wenn der Erblasser nicht anderweit über seinen Nachlaß verfügt hätte?" ° Erbverträge werden besonders häufig zwischen Ehegatten oder Verlobten in derselben Urkunde mit einem Ehevertrage (s. Nr. 461) abgeschlossen, wobei sich beide Teile für den Todesfall Zuwendungen ver- sprechen. Vielfach werden auch Erbverträge mit Verpflegungsverträgen verbunden in der Weise, daß der eine Teil den andern in lebenslängliche Verpflegung übernimmt, wogegen der letztere zugunsten des ersteren von Todes wegen verfügt. 10 Hinterläßt z. B. ein Erblasser seine Witwe und 2 Kinder, so be- trägt der Pflichtteil der Witwe ein Achtel des Nachlasses, der Pflichtteil jedes Kindes dagegen drei Sechzehntel des Nachlasses; denn bei der gesetz- lichen Erbfolge hatte die Witwe ein Viertel und jedes der Kinder die Hälfte der übrigen drei Viertel, also jedes drei Achtel des Nachlasses er- halten.
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