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1. Der Handwerker - S. 58

1908 - Wittenberg : Herrosé
58 mit der Mehrheit der Volksvertretung befindet, und daneben Ministerverantwortlichkeit, d. h. ein Gesetz, das der Volksver- tretung gestattet, einen Minister wegen seiner Tätigkeit strafrecht- lich zur Verantwortung zu ziehen. Außerdem fordert die Volkspartei noch die Beschränkung der Ausgaben für Heer und Marine, Abschaffung aller militärischen Vorrechte. Trennung von Kirche und Staat und raschen Ausbau der wirtschaftlichen und sozialen Hebung der unteren Klassen. Über die Forderungen der bürgerlichen Linken geht die Sozialdemokratie in wirtschaftlicher wie in politischer Hinsicht weit hinaus. Was sie politisch von diesen allen trennt, ist zunächst ihr Kamps gegen die Monarchie. Sie erstrebt die Herstellung einer Republik. Noch bedeutsamer ist das Ziel ihrer wirtschaftlichen Umwäl- zungswünsche. Sie will alle Arbeitsmittel — Grund und Boden, Bergwerke, Maschinen. Verkehrsmittel usw. — zum Staatseigen- tum machen. Alle Arbeit, Industrie, Handel. Landwirtschaft, soll nur für den Staat und nur durch den Staat geschehen, der seinerseits die Pflicht übernimmt, alle Bürger und Bürgerinnen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu ernähren oder ihnen die Mittel dazu zu geben. Die Sozialdemokratie verlangt, daß alle Kinder zunächst aui dieselbe Schule, die Volksschule, kommen und dann diejenigen zum weiteren Studium gelangen, die sich durch Talent und Fleiß auszeichnen. Unterricht und Lehrmittel sollen nichts kosten. Das stehende Heer soll abgeschafft und eine Bürgerwehr, eine Miliz, eingerichtet werden. Kirche und Staat sollen völlig getrennt werden und z. B. Religionsunterricht dem Belieben jedes einzelnen überlassen bleiben. An Stelle der Berufsrichter sollen Volksgerichte treten, die, wie Ärzte. Apotheken, Rechtsanwälte, unentgeltlich ihre Dienste leisten sollen resp. vom Staate direkt bezahlt werden. Das Programm der Sozialdemokratie ist also das radikalste, da es eine völlige Umwälzung unseres ganzen öffentlichen und privaten Lebens erstrebt. Reben den hier näher geschilderten wichtigen Parteien gibt es noch einige kleinere, une Polen, Dänen, Antisemiten, Welfen, Elsässer, deren besondere Bestrebung aus dem Namen hervorgeht. In jedem Reichstage sind außerdem immer ein paar Mitglieder, die sich keiner Partei anschließen, sondern als ..Wilde" sich ihre volle Entschließungsfreiheit wahren und von Fall zu Fall so stimmen, wie es ihnen richtig scheint. Aus „Deutschlands Jugend". Iv. Iahrg. Erich Köhrer. Lies aus der Schulbücberei in Dr. Kroners Bürgerkrunde den Abschnitt: Verfassung und Verwaltung. Maier: Soziale Bewegungen und Theorien.

2. Der Handwerker - S. 59

1908 - Wittenberg : Herrosé
59 31. Von der deutschen Armee. In den letzten Wochen waren die Soldaten unseres Vaterlandes zusammenberufen worden, um im freien Felde und in gewaltigen Massen alles das zu üben, was im Kriege oon Bedeutung ist. In langandauernden Märschen mußte der Soldat beweisen, daß er den Anstrengungen gewachsen ist. die in den Zeiten der Gefahr unerbittlich an seine Kräfte gestellt werden. Das ganze Heer mußte wiederholt bei „Mutter Grün" übernachten; auf offenem Felde wurde geschlafen, und als Kost wurde genossen, was an einfachen Lebensmitteln im Kriege ge- reicht werden kann. Wenn es hinausgeht zu gewaltigem Kampfe, dann gibt es eben nicht jeden Abend freundliche Wirtsleute, und darum mriß der Soldat im Frieden lernen, wie er sich in solchen Zeiten bitteren Ernstes einzurichten hat. Auch Generäle müssen lernen, die großen Massen so zu verwenden, daß der Erfolg des Waffenkampfes hnen zuteil wird. Für gewöhnlich haben sie da- zu keine Gelegenheit. Denn die Ausbildung der Truppen geschieht ja natürlich in kleinen Verbänden. Denken wir z. B. an unsere Fußsoldaten, die Infanteristen, so ist's die Kompagnie, welche die Grundlage des großen Ganzen bildet. Ein Hauptmann befehligt dieselbe; ein Oberleutnant und einige Leutnants helfen ihm, während die wackere Mutter der Kompagnie und verschiedene Unteroffiziere die so ungemein wichtige kleine Arbeit besorgen. Eine Kompagnie hat im Kriegsfälle 250 Mann. Eine solche Ab- teilung vermag schon viel Schaden anzurichten. Denn man muß bedenken, daß die Leute mit ihren vorzüglichen Waffen den gegen- überstehenden Feind noch auf Entfernungen von 1000 m sicher zu treffen vermögen, daß sie auch weiter entfernten Gegnern noch vielen Schaden zufügen können, da die Gewehre ihre Kugeln bis zu 3000 m hinausschießen. Vier dieser Kompagnien bilden ern Bataillon, an dessen Spitze ein Major steht. Das find schon 1000 Mann. Drei dieser Bataillone bilden ein Regiment, dessen 3000 Mann ein Oberst zu befehligen hat. Ein Regiment kann man öfter aufg stellt sehen. Es bildet bereits eine recht lange Linie, und wir freuen uns, wenn wir ein solches mit lustiger Marschmusik an uns vorüberziehen sehen, des festen Trittes, der uns sagt, daß deutsche Soldaten stark und kräftig den Gefahren entgegenzirhen. Wenn wir nun hören, daß Deutschland 216 In- fanterieregimenter bat. zu denen noch 18 Bataillone Jäger und Schützen kommen, dann blicken wir ruhiger in die Zukunft. Seltener schon sieht man die Übungen einer Brigade, deren aus 6000 Mann bestehenden zwei Regimenter ein Generalmajor befehligt. Zwei solcher Brigaden bilden dann eine Division, die also 12 000 Mann im Kriege zählt und die von einem General- leutnant kommandiert wird. Eine solche Division wird dadurch noch bedeutungsvoller, daß zu ihr auch reitende Soldaten, Ka- vallerie, gehören. Marschiert die Division aus, so ist die Ka-

3. Der Handwerker - S. 2

1908 - Wittenberg : Herrosé
2 2. Besuche die Fortbildungsschule! Wolfenbüttel, d. 28. Oktober 1907. Geehrter Herr Walter! Als ich Ostern d. I. einen Lehrherrn für meinen Sohn suchte, hörte ich von verschiedenen meiner Bekannten, daß Sie in Ihrem Fache anerkannt Tüchtiges leisteten. Ich übergab Ihnen deshalb gern meinen Karl als Lehrling und habe auch bis jetzt insofern keine Veranlassung, die getroffene Wahl zu bedauern, als mein Sohn in Ihrer Werkstätte in der Tat eine durchaus zweckent- sprechende Ausbildung erhält. Ich erkenne das mit Dank an, zumal man das leider nicht überall findet. Aber mit der Werkstättenausbildung allein kommt heute keiner mehr zum Ziele, sondern in unsern Tagen muß auch der kleinste Handwerker und Gewerbetreibende die Feder zu führen verstehen, wenn er nicht der Konkurrenz unterliegen will. Man verlangt von ihm beispielsweise, daß er Zeichnungen entwerfen. Eingaben an Behörden, Rechnungen, Geschäftsbriefe, Voranschläge anfertigen kann: ebenso mutz er die Buchführung verstehen u.dgl.m. Alle diese Sachen kann aber mein Sohn in der Fortbildungs- und Gewerbeschule erlernen. Dazu kommt auch, daß hier die in der Volksschule erworbenen Kenntnisse vor dem Vergessen bewahrt und noch erweitert und vertieft werden. Und das ist sehr gut. denn ein Sprichwort sagt mit Recht: „Stillstand ist Rückgang." Ich habe auch nie einen gescheiten Menschen klagen hören, daß er sich zuviel Kenntnisse erworben habe: wohl aber hat es schon mancher in späteren Jahren bedauert, in der Jugend nicht mehr gelernt zu haben. Ich bitte Sie deshalb auf Grund unseres Lehrvertrages drin- gend, meinem Sohne nicht nur den Besuch der dortigen Fort- bildungs- und Gewerbeschule zu gestatten, sondern ihn zu regel- mäßigem Schulbesuch, zu Fleiß und gutem Betragen ausdrücklich anzuhalten. In der Hoffnung, keine Fehlbitte getan zu haben, zeichnet Ihr ergebenster Heinrich Meyer. Aus Wilkes Aufsätzen f. F. Lch. Lies: Karl Krause. — Was aus einem braven Handwerker werden kann. (Scharfs Lesebuch.) „ Jschokke: Handwerk hat goldnen Boden. „ v. Gizyki: Aufwärts, aus eigener Kraft. 3. Nach Mekka. Eine Gesellenwandergeschichte. An der Südwand des Tischlerhauses wucherte üppiger Wein, die Blätter hingen tief und dunkelgrün über die Fenster. „Am 1. April 1814 habe ich ihn gepflanzt, und mein Detel ist an demselben Tage geboren." pflegte Meister Rieper zu sagen, wenn man Stock und Trauben lobte.

4. Der Handwerker - S. 3

1908 - Wittenberg : Herrosé
3 Acht Tage nach Goethes Tode stand er an einem Vorfrüh- lingstage vor dem Weinstock und prüfte die Zweige, wo er ohne Schaden eine Rebe wegnehmen könne, die zu einem Handstock passe. Cr verstand es, schöne Handstöcke zu machen. Der alte Twisselmann ging vorbei. „Na, Rieper, willst einen Stock schneiden?" „Ja, Hans." „Willst wohl etwas in der Hand halten, wenn du zur Wiese gehst?" Rieper zeigte ein süßsaures Lachen. „Das nicht, es ist wegen des alten Jungen." „Was ist es mit dem?" „Er will auf Wanderschaft." „Was will der auf der Wanderschaft?" „Das sage ich auch. Er ist doch Gesell und bleibt auch hier, er kriegt mein Geschäft, ich habe ja nur den einen. Was will er auf Wanderschaft? Aber Kinder haben ihren eigenen Kopf. Ein Jahr will er wandern, nach einem Jahre, sagt er, ist er wieder hier." „Wo will er denn hinwandern?" „Was weiß ich. oben hinauf, nach Deutschland." Detel packte sein Felleisen und legte zur Verwunderung der Mutter ein Buch hinein. „Detel," sagte sie, „das macht ja un- nütz schwer." „Ne.n Mutter," entgegnete er, „das macht leichr." Detel nahm seinen Weinrebenstock und sagte den Eltern „Adjüs". Die Mutter weinte und wollte seine Hand nicht lassen. Dem Detel war es ganz wunderlich ums Herz, daß sich seine Mutter fein Fortgehen so zu Herzen nahm. Er streichelte ihr die Backen und sagte: „Weine nicht, Mutter, ich kann nicht anders, ich habe es geschworen." Da wischte sich die Mutter die Tränen mit der Schürze. Detel tröstete: „Sei nicht bös, Vater, weine nicht, Mutter. Ein Jahr ist schnell vorbei." So ging Detel davon. — Er war ein Grübler und Büchernarr. Schon als Knabe kaufte er sich auf dem Jahrmärkte alte Bücher und las sie immer wieder durch. Als er Geselle geworden war, hatte ihm sein Vater fünf Taler geschenkt. All das schöne Geld hatte er zum Entsetzen der Mutter wieder in Bücher gesteckt. Zwölf hatte er bekommen. Sie sollten alle von demselben Manne sein. Die Reiseschillinge reichten bis Hamburg. Dort arbeitete Detel einige Zeit, verdiente sich etwas und ging dann über die Elbe weiter. In Lüneburg freundete er sich mit einem Pfeifendrechsler an, der aus dem südlichen Holstein stammte. Mit dem ging er zu- sammen weiter nach Süden über die Heide. Wilhelm, so hieß der Drechsler, wunderte sich, daß sich Detel mit einem Buche trage.

5. Der Handwerker - S. 62

1908 - Wittenberg : Herrosé
62 der Zeitabschnitt 1808 bis 1812 unserem Lande gekostet bat. Das waren Friedensjahre. waren Jahre, wo der Präsenzstand der Armee gering, die Dienstdauer so kurz war. wie es nur irgend- wie gefordert werden kann. — und doch durfte Kaiser Napoleon sich rühmen, aus dem damaligen kleinen und armen Preußen eine Milliarde herausgezogen zu haben. Wir sparten, weil wir mußten, an unserer Armee und zahlten zehnfach für eine fremde. Gesammelte Schriften, 1892, Vii. Bd. Moltke. Lies Hübner: Unter der Geißel des Korsen. „ Bahmann: Unter dem französischen Joch. 33. Eine Bismarckrede. Vor dem schlichten Reichstagsgebäude harrt eine große Men- schenmenge auf den Reichskanzler. Man weiß, daß er über die Wehrhaftmachung des Reiches ein wichtiges Wort sprechen wird. Die Tribünen im Reichstagshause sind dicht besetzt; in der Hof- loge bemerkt man das ernste Gesicht des einstigen Thronfolgers, des Prinzen Wilhelm. Von den Reichsboten fehlen nur wenige. Alle fühlen, daß in diesen Stunden die Augen der ganzen Welt auf das schlichte Haus in der Leipziger Straße gerichtet sind. Durch den Saal geht ein unruhiges, erregtes Summen und Flüstern. Plötzlich wird's still; Bismarck tritt in Begleitung seines Sohnes Herbert ein. Der Reichskanzler setzt sich an seinen Platz. Jetzt erhebt er sich, und sein Auge überfliegt die Versammlung. Run spricht er von Deutschlands Lage zu den Nachbarvölkern; dann kommt er zu seinem Hauptzwecke: er rechnet einmal mit Rußland ab. Jedes Wort ist ein helles Licht für Freund und Feind: „Wir wollen gut Freund mit den Russen bleiben; aber wir laufen niemand nach." Ununterbrochen redet er weiter; jetzt tönt's durch seine Stimme wie Waffenklirren. Feierlich ver- kündet er: „Nie wird Deutschland einen Angriffskrieg führen. Aber werden wir herausgefordert, dann wird das ganze Deutsch- land von der Memel bis zum Bodensee wie eine Pulvermine aufspringen. Der feste Mann. der Familienvater, jene Hünen- gestalten, die noch von der Besetzung der Brücke zu Versailles her bekannt sind, werden wieder zu den Waffen greifen, und wir werden wieder mit Gottes Hilfe in gerechter ^ache siegen." Die Herzen der Hörer schlagen; jeder fühlt sich jetzt mit echtem Stolze als Deutscher, And nun schließt der Kanzler mit einem Kernworte: „Wir Deutsche fürchten Gott, und sonst nichts auf der Welt!" >o tlingt's hell und stark in den Saal, iu die Welt hinein. Einen Augenblick Schweigen. Dann bricht ein Jubel los, wie ihn der deutsche Reichstag noch nicht gesehen hat. In unbe- schreiblicher Erregung schütteln die Männer einander die Hände: in wenigen Minuten ist die Heeresvorlage angenommen. Erregt strömen die Abgeordneten auf die Straßen. Wie ein Blitzstrahl fliegt das Wort durch die Menge: „Wir Deutsche fürchten Gott,

6. Der Handwerker - S. 5

1908 - Wittenberg : Herrosé
Als er nun durch den Park ging, da durchrieselte des Tisch- lers Seele eine weihevolle Stimmung, vor der alles Gemeine verging. So stand er vor dem Erabestempel. in dem Schiller und Goethe ruhen. Und wie seine Augen um das Giebelfeld flogen, da legte sich eine Hand auf seine Schulter. Er wendete sich um und sah. Verwunderung und Freude lag in seinem Gesicht; denn sein Freund Wilhelm stand vor ihm und reichte ihm die Hand. „Das half nichts, Detel." sagte er, „ich mußte selbst her." Es hatte nicht ein ganzes Jahr gedauert, am Weihnachtsabend war der Rebstock wieder daheim. „Guten Tag, Vater — guten Tag. Mutter." Ganz unerwartet ist Detel gekommen. Erst hat er den Stock ins Uhrgehäuse gestellt, dann bat er den beiden Alten die Hände geschüttelt. „Seht, nun bin ich wieder hier." Nach Timm Kröger, Heimkehr. Lies das Buch aus der Schulbücherei und spritz Reuters Sanne Nüte. „ Gaudy: Aus dem Tagebuch eines wandernden Schneidergesellen. 4. Sittliche Gefahren des Wanderlebens. Es war ein wunderschöner warmer Herbstmorgen am 13. Ok- tober des Jahres 1819. Da zogen zwei Handwerksburschen lustig und guter Dinge zwischen den Morgennebeln die Straße hin, und sie waren so eifrig im Gespräch begriffen von baldiger, guter Arbeit, von schönen Meisterstöchtern und andern schönen Dingen, daß sie des Gesellen nicht gewahr wurden, der an der Straße unter einem Vogelbeerbaume rastend lag. „Halloh, halt," schrie er den Burschen zu. „ist das Manier und Handwerkskrauch, bei einem alten Burschen so mir nichts, dir nichts vorbeizumarschieren und ihn liegen zu lassen, als wäre er der erste beste Meilenstein? Heran, an meine Seite, ich habe lange kein so verlockendes Ruhepläßchen gehabt — oder geht ihr vielleicht in Arbeit?" Die Angerufenen musterten den alten Burschen, der in seinem Äußeren dem echtesten modernen Wegelagerer glich. Aber sie merkten bald, seine Seele war noch „abgerissener", eine traurige, in Not und Nichtstun verkümmerte Seele in einem traurigen, in Not und Nichtstun verkümmerten Leibe. Er machte emmal ein ganz tüchtiger und sogar hübscher Ge- selle gewesen sein, ehe ihn Wind und Wetter, die Drang- und Mühsale des Straßenlebens so herabgebracht. Finster brütend stand er vor den beiden Zungen Gesellen und betrachtete ihre frischen jugendlichen Gestalten, deren Anblick ihn wohl an eine ferne versunkene Zeit mahnen mochte, wo auch er mit vollem Ränzel und dem Segen des Vaterhauses den Weg in die weite Welt angetreten hatte.

7. Der Handwerker - S. 64

1908 - Wittenberg : Herrosé
64 ,.Das ist die Aufgabe unserer Kriegsmarine, die zu diesem Zweck allerdings noch bedeutend vergrößert werden muß; denn sonst vermag sie bei aller Aufopferung ihre Aufgabe nicht zu erfüllen. Eine große Handelsmarine, wie wir sie haben, kann sich auf die Dauer ohne Kriegsmarine von angemessener Größe nicht halten. Wer da behauptet, daß es anders fei, beweist damit, daß er nichts vom Seewesen und Handel versteht. Ich will Ihnen ein Beispiel erzählen, aus dem hervorgeht, daß schon in friedlicher» Zeiten die Handelsmarine des Schutzes der Kanonen bedarf: „Vor drei Jahren war ich mit reicher Ladung von Kalifornieu unterwegs nach der Heimat. Ich hatte Japan berührt und wurde in den chinesischen Gewässern plötzlich von einem der fürchterlichen Stürme überrascht, die unter dem Namen Taifun bekannt sind Ich will Ihnen nun nicht eine Schilderung der Schrecken eines solchen Wirbelsturmes geben, sondern nur erwähnen, daß mein Schiff den Fock- und Großmast verlor, das Steuer wurde zer- schlagen. Als ein hilfloses Wrack trieben wir der chinesischen Küste zu. Als der Sturm sich gelegt hatte, wurden wir zu unserer Freude von zahlreichen chinesischen Booten umringt; aber bald mußten wir erfahren, daß wir chinesischen Seeräubern in die Hände gefallen waren, die unser Leben bedrohten. Mit Mühe gelang es uns, das nackte Leben zu retten, aber Schiff und Ladung fiel dem schlitzäugigen Gesindel in die Hände. Am Lande er- stattete ich dem nächsten deutschen Konsul sofort Bericht; ein eiliges Telegramm rief unfern kleinen Stationskreuzer sofort an den Tatort. Wenige Tage darauf dampfte er, klar zum Gefecht, in den Hafen ein. Eme sofort eingeleitete Untersuchung lieferte genügendes Beweismaterial, und nun erhielt der oberste Man- darin die Nachricht: es ist dem Kapitän Frisch sofort, d. b. binnen 24 Stunden, eine Entschädigung von 60 000 Dollars zu zahlen oder die Stadt wird bombardiert. Gleichzeitig wurden die Geschütze auf die Stadt gerichtet. Das half! Zunächst suchte der Mandarin zwar noch nach chinesischer Sitte zu feilschen; als wir aber fest blieben, befand sich die ausbedungene Summe eine Stunde vor Ablauf der gesteckten Frist in den Händen des Kon- suls. der sie mir dann aushändigte. Seit jener Zeit fahre ich an keinem unserer Kriegsschiffe vorbei, ohne meine Flagge gedippt zu halten." „Kommen solche Dinge denn heutzutage noch öfter vor?" fragte Rolf, der mit Interesse zugehört hatte, „man sollte doch meinen, daß in friedlichen Zeiten die Schiffahrt vor derartigen Gefahren sicher sei." „O nein." entgegnete der Kapitän, „wir alle, die wir die tropischen Meere befahren, können des Schutzes durch unsere Kriegsflagge gar nicht entbehren und bedauern nur. daß die deutsche Flagge nur über so wenigen Kriegsschiffen weht. Manche Gegenden sind direkt verrufen und werden so viel als möglich von uns gemieden. Im Binnenlande glaubt man gar nicht, was

8. Der Handwerker - S. 7

1908 - Wittenberg : Herrosé
7 Schließlich wurde der alte Landstreicher ganz wehmütig und sagte: „Ich habe niemand auf der Welt, keine Heimat, es ist mir manchmal, als müßte auch ich — — fort mit diesen eitlen Ge- danken. — Geht ihr mit oder nicht?" Er hielt den Burschen seine breite Hand hin. Nach kurzem Bedenken schlugen sie ein „Abgemacht." sagte der Tischler mit zufriedener Miene, jetzt handelt es sich nur noch um einen vierten. Wenn nur ein älterer, gewanderter Bursch käme, der das Land kennt, dann nähme jeder von uns einen von euch ins Geleit, und es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn wir nicht Geld machten wie Heu." Und wirklich, es kam einer, ein Gerber. Der ging auf den Vorschlag bereitwillig ein. Sie fingen an zu fechten und in der nächsten Herberge das Ergebnis zu teilen. Jedoch fand der Schneider bald Arbeit, ebenso der Gerber und der Seiler. Der Tischler trieb aber seine Landstreicherei weiter. Er fand bald noch zwei gleichgesinnte Seelen, die sich nun zusammen- schlossen. Seitdem hat man nichts mehr von ihm gehört. Was wird aus ihm geworden sein mit den beiden Vagabunden? „Sie sind gewandert hin und her. — Sie hatten weder Glück noch Stern — Sie sind gestorben — verdorben!" Nach Josef Meßner: Die Handwerksburschen. Lies Ioh. Westien: Das Zünftige Handwerk — und obiges Buch. „ W. Kirchbach: Das Leben auf der Walze. 5. Schädlichkeit des Alkohols. In einem englischen Wirtshause saß einst ein alter Quäker, also einer von denen, die es mit der Ehrlichkeit besonders streng nehmen und zu jedermann „du" sagen. Da kanr ein Fuhrmann herein, der war halb erfroren, denn er hatte an dem kalten Wintertage lange auf dem Wagen gesessen. „Schnell, Herr Wirt, geben Sie mir einen Schnaps, ich bin halb erfroren!" Gleich danach kam ein anderer, der recht gelaufen und deshalb ganz erhitzt war: „Schnell einen Schnaps, ich schwitze so, daß ich mich nicht erkälte!" Da stand der alte Quäker auf und sprach: „Wirt, gib mir einen Schnaps, ich trinke gern Schnaps!" Der Quäker kam der Wahrheit am nächsten. Die Menschen trinken die geistigen Getränke, weil sie ihnen angenehm sind, und lügen sich dann besserklingende Gründe vor. Einige dieser Vor- wände müssen wir kurz betrachten. „Der Alkohol wärmt," glaubt mancher. Da ist es doch sonderbar, daß die Nordpolfahrer von ihm nichts wissen wollen. Der tapfere Norweger Fridtjof Nansen z. V., der als Erster

9. Der Handwerker - S. 66

1908 - Wittenberg : Herrosé
60 Diese Parklandschaft bildet jedoch nur ein libergangsgebiet. Zieht der Reisende weiter landeinwärts, so erreicht er bald die Hochebenen Innerafrikas, und das Land zeigt nunmehr den aus- gesprochenen Charakter der Steppe. Es fehlen in ihm nicht Hügel und sanfte Vergzüge, auch Bäume und Haine wachsen in feuch- teren Gründen: aber der hohe Graswuchs wiegt nunmehr vor. Hier erreicht aber der Reisende eine wichtige Völkergrenze. Roch ein Tagemarsch durch dieses Erasgelände, und neue Ein- drücke sollen ihn bestürmen und überraschen. Plötzlich begegnen ihm Menschen, die in eigenartigen, hemd- ähnlichen Gewändern einhergehen: Reiter auf kleinen, aber kräf- tigen Pferden sprengen ihm entgegen: die Menschen sind auch dunkelfarbig, aber grundverschieden von den nackten Bantu. Wir haben die Grenzgebiete des Sudan erreicht, der sich im Süden der Sahara erstreckt und Millionen Menschen beherbergt, die bis jetzt mit den Völkern Asiens und Europas in keine engere Berührung gekommen sind und eine Welt für sich bilden. Der Sklave d. 5>aussa. ff. Falkenhorst. Lies Falkenhorst: Inng-Dentschland in Afrika I., 2., 9. 36. Erzeugnisse in Deutsch-Oslasrita. Die natürlichen Erzeugnisse des Landes sind verschiedene Ge- treidearten. Ölfrüchte und Baumfrüchte. An Getreide wächst Mtama (Negerhirse). Maniok, eine mehlige Knollenfrucht, Mais und Reis. Alle diese Feldsrüchte werden angebaut, geben zwei- maligen Ernteertrag im Jahr, sie werden zu Mehl zerstampft und als Brei genossen. Die wichtigsten Ölfrüchte sind Sesam, unserem Raps etwa vergleichbar. Erdnüsse und die Früchte der Kokospalnre. Öl ist ein sehr dankbarer Handelsartikel, sowohl als Speiseöl, wie als Maschinenöl. Das deutsche O b st gedeiht in den tropischen Tiefländern nicht, dafür gibt es hier Bananen. Ananas. Mango und grüne Apfelsinen. Als Haustiere zieht der Neger Rindvieh, soweit es nicht dem Stich der Tsetsefliege ausgesetzt ist, Schafe, Ziegen. Hühner und Enten. Um dem Boden höhere Erträge zu entlocken und Früchte zu erzeugen, die unser gemäßigtes Klima nicht hervorbringt, pflanzen die deutschen Kolonisten Kaffee. Hanfpflanzen. Kautschuk. Baum- wolle. Durch diese Produkte soll die Kolonie für Deutschland erst wertvoll werden. Der arabische (Mokka-) Kaffee gedeiht in Ostafrika sehr gut in Höhenlagen von 800 bis 1200 m. Es gibt zahlreiche Kaffeepflanzungen im Ost- und Westusambara-Ee- birge. Die Kolonie liefert etwa für y2 Million Mark Kaffee im Jahr, aber der Kaffee steht gegenwärtig schlecht im Preise, und die Pflanzer gehen zu anderen, mehr lohnenden Erzeugnissen über. An Hanfpflanzen hat sich die mexikanische S i s a l a g a v e

10. Der Handwerker - S. 67

1908 - Wittenberg : Herrosé
67 am besten bewährt, sie wird in großen Mengen angepflanzt. Die Agaven treiben 2 m lange harte, stachlige Blätter. Diese werden geschnitten und durch Maschinen entfleischt: die zurückbleibenden langen Fasern liefern den Hanf, der geklopft, gewaschen und ge- trocknet wird. Dieser Sisalhanf ist sehr gesucht und steht hoch im Preise. Die Tonne Hanf ist kürzlich in Hamburg mit 950 Mark bezahlt worden. Der Kautschuk wurde früher von den Negern aus dem Ur- walde geholt, er kommt in kleinen Ballen in den Handel. Da aber die Eingeborenem die Lianen und Bäumchen mit dem Messer anschlagen, den Saft austropfen lassen und die Wunde nicht ver- binden. so vertrocknen die Pflanzen, und der Kautschukreichtum versiegt. Deshalb werden Kautschukbäume jetzt in großen Plantagen angepflanzt, sie können vom dritten Jahre an gezapft werden, werden dann sorgfältig verbunden und liefern so jedes Jahr eine bestimmte Menge ihres Saftes. Auf diese Weise wird der Kautschuk ein wichtiger stehender Ausfuhr- artikel: man braucht ihn bekanntlich für Fahrräder, Automobile, bei elektrischen Anlagen, zu Kabeln usw. Deutschland führte 1905 für 142 Millionen Mark Kautschuk ein. Das wichtigste, aber auch schwierigste Produkt ist die Bau m - wolle. Die deutsche Industrie verarbeitet jährlich für etwa 500 Millionen Mark Baumwolle, die sie bisher von Nordamerika, Ägypten und Ostindien bezieht. Von höchster Wichtigkeit für unsere wirtschaftlichen Verhältnisse würde es sein, wenn die deut- schen Kolonien dem Mutterlande diesen Rohstoff lieferten, damit jene große Summe nicht ins Ausland wanderte. Ostafrika ist nun von Sachverständigen daraufhin untersucht worden, und es ist festgestellt, daß sein Boden sich g u t für Baumwollbau eignet. Die Baumwolle verlangt ferner einen streng geregelten Regenfall. Sie bedarf des Regens zur Saatzeit und darf keinen Regen vor und während der Ernte haben, da sich die weißen seidenen Büschel sonst verfilzen und den Glanz verlieren. Die Gegend muß also nach dieser Rücksicht ausgesucht werden. Kilwa, Saadani und das Land südlich des Viktoriasees sind daraufhin als beste Baum- wollgebiete festgestellt worden. Nera-Vaumwolle vom Viktoriasee hat an der Bremer Baumwollbörse den höchsten bisher bezahlten Preis gewonnen (1.02 Mark das Pfund). Während wir somit in Ostafrika die besten Aussichten auf gute Baumwollernten haben, liegt leider eine große Schwierigkeit in der Arbeiterfrage, da die Trägheit und Bedürfnislosigkeit die Neger selbst bei sehr hohen Löhnen von dauernder Plantagenarbeit fernhält. Die Erziehung geschulter Arbeiter und der Bau von Eisenbahnen, ohne die eine Beförderung der Baumwollballen zur Küste unmöglich ist. sind also die Vorbedingungen für die Kultur der Baumwolle in großem Maßstabe. 5lus „Deutschlands Jugend". E. v. Liebert. Lies Grotewold: Unser Kolonialwesen. „ Falkenhorst: Iung-Deutschland in Afrika. Bd. 3—8. „ Scheele: Koloniales Lesebuch.
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