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1. Provinz Westfalen und die Fürstentümer Waldeck, Schaumburg-Lippe und Lippe - S. 1

1899 - Leipzig : Voigtländer
Landes- und Provinzialgeschichte. Heft 9. Anhang der in R. Voigtllinder's Verlag in Leipzig erschienenen geschichtlichen Lehrbücher. Beorg-Eckert-tnstltol •___________________________________________ für internationale Königreich strömn? Schuibuchforschung Braunschweig Sbutouchbiblioth9m Westfalen und die Fürstentümer Watdeck, Schaumbmg-Lippe und Lippe. Von Dr. Edmund Lange. Mit einer Geschichtskarte. 7. Auflage. 1899. I 3lbriß der westfalischen Geschichte. 1. Westfalen ist stets von Germanen, eben von dem Stamme der Westfalen, dem westlichen Zweige des großen Sachsen st ammes bewohnt worden. Daher zeigen die Bewohner körperlich und geistig noch heute die hervorstechenden Eigentümlichkeiten deutscher Art in besonders reiner Ausprägung. 2. Die Grenzen der preußischen Provinz Westfalen decken sich nicht mit den darüber hinausreichenden Stammesgrenzen. Auch Teile der Provinz Hannover

2. Provinz Westfalen und die Fürstentümer Waldeck, Schaumburg-Lippe und Lippe - S. 3

1899 - Leipzig : Voigtländer
— 3 — zogtums Sachsen. Später aber, bei der Verteilung der Länder Heinrichs des Löwen, kam die Herzog würde für Westfalen an den Erzbischof von Köln (11*0). 7. Seit dieser Zeit finden wir die Vemgerichte in bedeutsamer Thätigkeit. — Eine Reihe von westfälischen Städten, so Soest, Dortmund, Münster und Minden waren angesehene Mitglieder der Hansa; ja das Stadtrecht, das sich in Soest ausgebildet hatte, wurde von Lübeck übernommen und ging auch auf eine ganze Reihevon anderen Städten über, und die sogenannte „Soester Fehde" wurde von vielen bürgerlichen Sängern besungen. 8. Da kam die Zeit der Kirchenreformation. Auch in Westfalen war durch eine Reihe von Vertretern des Humanismus, unter denen Rudolf von Langen hervorragte, der Boden für die neue Lehre vorbereitet. Bald kamen lutherische Schriften ins Land ; verschiedene Fürsten und Herren, ja sogar manche Bischöfe neigten sich der neuen Lehre zu. So gewann sie denn bis zum Anfang der dreißiger Jahre in allen größeren Städten, abgesehen von Paderborn, die Oberhand. Ganz Westfalen und das Gebiet des Niederrheins schien der Reformation zuzufallen. Da ging durch die Wied ertäuferb ew egun g in Münfter (1534—1535) ein großer Teil des den Lutheranern Gewonnenen wieder verloren, und der Verlust wurde nur zum kleinen Teil wieder ersetzt durch das Eindringen der reformierten Lehre in einige Gebiete von Holland her. 9. Unter dem 30jährigen Kriege litt Westfalen nicht ganz so schwer, wie viele andre deutsche Landschaften. Der Friedensschluß kam in Münster, wo in dem alten schönen Rathause noch heute der Friedenssaal gezeigt wird, und in Osnabrück zu stände (1648). Unterdes waren die ersten Teile des westfälischen Landes an Brandenburg gekommen. Aus der Jülich-Cleveschen Erbschaft hatte Kurfürst Johann Sigismund bei der vorläufigen Teilung (1614), die später bestätigt wurde, außer dem zur Rheinprovinz gehörigen Cleve, die Mark mit Hamm und Soest und Ranensberg mit der Hauptstadt Bielefeld erhalten. Dazu kam 1,648 das Gebiet des Bistums Minden. Größere Erwerbungen machte Preußen dann erst wieder im Jahre 1803, als es für seine Verluste auf dem linken Rheinufer u. a. durch das Bistum Paderborn und den größten Teil des Bistums Münster entschädigt wurde. 10. Im Jahre 1807 wurden die verschiedenen Teile des westfälischen Landes nebst mehreren anderen

3. Provinz Westfalen und die Fürstentümer Waldeck, Schaumburg-Lippe und Lippe - S. 5

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aber dessen Dienst, als der Kürfürst sich mit Polen versöhnte. Kerndeutsch gesinnt, zeichnete sich Georg Friedrich später als einer der erbittertsten Feinde Ludwigs Xiv. und als Reichsfeldmarschall gegen die Türken aus. Deshalb ward er 1682 in den Reichsfürstenstand erhoben; 1692 starb er ohne männliche Erben. Ii. Erzählungen aus der westfälischen Geschichte. 1. Die Schlacht tut Teutoburger Walde. Zu Beginn der Kaiserzeit hatten die Züge des Drusus (12—9 v. Chr.) und die Thätigkeit des Tiberius die Anfänge einer Römerherrschaft in Deutschland, bis über die Weser hinaus, begründet. Einigkeit war auch damals nicht die starke Seite unseres Volkes, und so hätte sich vielleicht das Errungene behaupten und sogar noch erweitern lassen, wenn die Eroberer dabei mit vorsichtiger Berücksichtigung der Verhältnisse vorgegangen wären. Aber der Statthalter Quintilius Varus (seit 7 n. Chr.) verfuhr in Deutschland genau wie in dem seit Jahrhunderten an knechtische Unterwürfigkeit gewöhnten Syrien. Erhielt nach römischer Art Gericht und nahm sogar die Verhängung der Todesstrafe in Anspruch; er erhob Abgaben und kränkle aus alle Weise die freiheitsstolzen Germanen. Die Folgen sollten sich bald zeigen. An der Spitze der Römerfeinde stand der junge Cheruskerfürst Arminius, der im Römerheere selbst die Kriegskunst erlernt hatte. Scheinbar ein ergebener Anhänger des Statthalters, bereitete er heimlich eine Empörung vor. Er hatte seine edle Gemahlin Thusnelda ihrem Vater Segestes entführt. Dieser, ohnehin römisch gesinnt, beobachtete argwöhnisch alle Schritte seines Schwiegersohnes und warnte den Varus aufs dringendste. Der Römer aber hielt Verstellung bei den Deutschen sür unmöglich und blieb vertrauensselig. So rannte er in sein Verderben. Arminius hatte eine Anzahl Nachbarvölker zu einem geheimenbunde gewonnen, und als alles bereit war, erhob sich der Verabredung gemäß ein entfernter wohnender Volksstamm. Varus beschloß, gegen ihn aufzubrechen, und ließ trotz neuer Warnungen den Arminius ziehen; denn dieser versprach, die Seinen zur Hülse aufzubieten. Bald kommen die Römer in dichte Wälder. Sturm und Regen bricht los; doch glaubt man sich wenigstens vor Feinden noch sicher. Da aber dringen dichter und dichter Pfeile zwischen den Zweigen durch. Arminius mit den Seinen ist da, aber nicht als Retter, sondern als Feind; der Kamps beginnt. Ob er wirklich genau im heutigen Teutoburger Walde stattfand, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden; aber auf westfälischer Erde ist die Schlacht gewiß geschlagen worden. —

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— 9 — heim und auch die Stadt Dortmund, die alte Nebenbuhlerin von Soest, außerdem viele Grafen jener Gegend auf die Seite des Erzbischofs. Die Lage von Soest war äußerst bedenklich. Doch an den festen Mauern der Stadt prallten alle Angriffe ab. Der Erzbischof in seinem Zorne rief endlich die entsetzlichen Scharen der böhmischen Zebracken, die soeben im sächsischen Bruderkriege zwischen dem Kurfürsten Friedrich dem Sanftmütigen und dem Herzog Wilhelm auf seiten des letzteren gefochten hatten, zu Hülfe. Unter dem Reichsbanner, das Herzog Wilhelm führte, kamen sie herbei, wie es heißt 60 000 Mann stark. Aber die tapferen Bürger verloren auch jetzt den Mut nicht. Ihre Weiber gossen den stürmenden Scharen, wie es in unseren Quellen heißt, „ein siedendes Gebrodel" auf den Kopf, so daß sie schleunigst den Heimweg suchten. Der Erzbischos, aufs äußerste erschöpft, gab nach; im Friedensschluß (April 1449) blieb Soest unter clevischer Schutzherrschaft. Doch seine Blüte schwand mit der Hansa dahin, seit der Handel andere Bahnen einschlug, und heute erinnern nur noch einzelne Bauten, z. B. die herrliche Wiesenkirche, an die frühere große Zeit. 3. Dortmund und die Veme. Wohl jeder westfälische Knabe hat schon in früher Jugend mit heiliger Scheu von der Veme und ihren Schreckensgerichten gehört. Er weiß vielleicht auch, daß eine der heiligsten Stätten dieses geheimen Gerichts unter einer uralten Linde bei Dortmund war. In Anknüpfung an das Gerichtsverfahren unserer heidnischen Vorfahren gab es noch zur Zeit Karls des Großen eine Art Volksgerichte unter Leitung der Grafen. Während sich nun diese überall sonst mit der Zeit völlig umgestalteten, erhielten sie sich in Westfalen neben den neuen herrschaftlichen Gerichten in den sogenannten „Freistühlen". Hier sprach ein „Freigraf" mit seinen Schöffen über die dem Stuhle unterworfenen Freien und deren Freihöfe unter Königsschutz Recht. Zwar waren die Freistühle durch Belehnung oder sonstwie an Stifter, Städte u. f. w. gekommen, und diese hatten daher den Stuhlherrn oder Freigrafen zu bestellen, doch war dem König in den meisten Fällen das Recht geblieben, jene mit dem Blutbann, d. h. mit dem Rechte über Leben und Tod, zu belehnen. Im 13. Jahrhundert nun nahmen gegenüber dem Verfall der höchsten Gewalten die westfälischen Volksgerichte, gewöhnlich Vemgerichte genannt, einen neuen Aufschwung. Sie erweiterten sich unter dem Erzbischof von Köln als Oberstuhlherrn und Stellvertreter des Kaisers zu all-

5. Provinz Westfalen und die Fürstentümer Waldeck, Schaumburg-Lippe und Lippe - S. 10

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— 10 — gemeinen Reichsgerichten. Andererseits beschränkten sie sich ausschließlich aus das sogenannte peinliche Recht, wobei es sich um Leben und Tod handelte, und machten sich besonders die Bestrafung einer bestimmten Art von Verbrechen „gegen Gott, Ehre und Recht zur Aufgabe. Dabei umgaben sie sich aus guten Gründen mit allen Schreckmitteln eines geheimen Justizverfahrens. Zwar gab es auch jetzt noch öffentliche Sitzungen; aber daneben wurden andere eingerichtet, an denen nur Freischöffen unter dem Vorsitz des Freigrafen teilnehmen durften. War in diesen „stillen Gerichten" ein Angeklagter schuldig befunden, so wurde die Acht über ihn ausgesprochen. Ursprünglich hatte jeder Schöffe die Pflicht, ein gesprochenes Urteil, wo und wie er konnte — natürlich gleichfalls heimlich — zu vollstrecken; später wurden dazu wohl auch einzelne Männer bestimmt. Bei der Ausdehnung der Thätigkeit über das ganze Reichsgebiet wurden geheime Erkennungszeichen für die „Wissenden" eingeführt. Die Aufnahme unter ihre Zahl geschah in sehr feierlicher Weise, und zwar stets vor einem west-Mischen Freistuhle. Der Aufzunehmende beschwor in einer altertümlich-feierlichen Formel, daß er die Veme völlig geheim halten wolle und daß er alles vor sie bringen werde, was vor sie gehöre. Dann erfuhr er die heimliche Losung, die vier rätselhaften Worte „Strick, Stein, Gras, Grein" und vor allem ihre Erklärung. Auf Verrat des Geheimnisses stand Todesstrafe. Freischöffe konnte jeder erprobte freie Mann vom Landmann bis zum Kaiser werden. Das heimliche Gericht, das übrigens von Kaiser und Reich als durchaus gesetzlich anerkannt war, durfte nur auf westfälischem Boden, auf „roter Erde" „gehegt" werden, und auch da nur auf den altbekannten Malstätten unter einer Eiche oder Linde, an einem Hagedorn oder Hollunder; nie also hielt es, wie man es wohl in unseren Ritterstücken sieht, seine Sitzungen in unterirdischen Räumen ab. Die Veme findet ihre Rechtfertigung in der furchtbaren Zeit, in der sie auskam. Verfolgte und Bedrückte aus allen deutschen Gauen suchten und fanden hier Schutz. Erst als ruhigere Zeiten kamen und das Volk wieder Vertrauen zu den regelrechten Gerichten faßte, verschwanden die Vemgerichte allmählich von selbst. Aber kümmerliche Reste erhielten sich bei den zähen Westfalen bis in unser Jahrhundert. Das Volk erzählte sich noch lange davon, zum Teil mit den wunderlichsten Übertreibungen. Und machen die heimlichen Richter nicht auch auf uns noch einen fürchterlichen Eindruck, wenn wir sie in Göthes „Götz von Berlichingen" oder Kleists „Käthchen von Heilbronn" vor uns sehen?

6. Provinz Westfalen und die Fürstentümer Waldeck, Schaumburg-Lippe und Lippe - S. 11

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— 11 — i. Munster und die Wiedertäufer. Wie in vielen anderen Orten, so hatte auch in Münster der Humanismus der Reformation vorgearbeitet. Als daher Bernh. Rottmann,ein Kaplan zu St. Moritz vor der Stadt, im resormatorischen Sinn zu predigen begann, fand er starken Anhang. Zwar wußten die Domherren ein Verbot seiner Predigten herbeizuführen; aber nun siedelte er nach der Stadt selbst über, die vom Bischof unabhängig war, predigte noch eifriger als vorher und gewann immer mehr Einfluß. Das Regiment in der Stadt kam bald in die Hände der Neuerer, und der Versuch des Bischofs Franz von Waldeck, die alten Zustände wieder herzustellen, scheiterte; er verstand sich bald zu einem Vergleiche, worin er veriprach, den evangelischen Gottesdienst nicht zu hindern, während die Bürger sich verpflichteten, Domkapitel und Kollegien bei ihrer Religion ungestört leben zu lassen. Es schien wahrscheinlich, daß ganz Westfalen in ruhiger Entwicklung der Lehre Luthers zugeführt werden würde; da kam ein Umschwung. In Münster fehlte ein Mann, der, wie Luther 1522 in Wittenberg, die aufgeregten Geister zu beruhigen vermocht hätte, und deshalb gelangten die Wiedertäufer zum Siege. Ihre Forderungen hatten für den gemeinen Mann etwas Bestechendes; auch wird z. B. die Kindertaufe, die sie verwarfen, in der Bibel nicht geradezu gefordert. Während die katholische Kirche vor allem unbedingten Gehorsam verlangt, legten sie im schroffen Gegensatz dazu den größten Wert auf die „innere Erleuchtung". Die Wiedertäufer wollten einen Bund der Gläubigen ohne jeden Unterschied zwischen Priestern und Laien. Der Grundsatz der wahren Liebe sollte durch Gütergemeinschaft und durch ein friedliches Leben ohne Waffen und Krieg zur wirklichen Durchführung gebracht werden. Das Fest des „Brot-brechens^ (das Abendmahl) war der Mittelpunkt ihrer kirchlichen Lebensgemeinschaft. Die Ehe war bei ihnen ein Vertrag vor der Gemeinde; Vielweiberei wurde rtach alttestamentlichem Vorbild von vornherein hier und da zugelassen; der Glaube an das tausendjährige- Reich und die nahe Wiederkunft Christi war ihnen allen gemeinsam. Die ganze Lehre zeigt bei allem Überspannten und manchem Widerchristlichen doch auch echt christliche Züge. Doch schon ihre Maßlosigkeit macht es begreiflich, daß die Wiedertäufer bis dahin nirgends sich hatten behaupten können. Eifrig lehrten sie zwar christliche Bruderliebe, aber zur Herrschaft gelangt, übten sie sie nicht; ebenso schlug ihr Abscheu vor der Waffengewalt in die fanatischste Kriegswut um. Rottmann hatte, wie es scheint, schon während eines früheren Aufenthaltes in Straßburg Neigung zu wiedertäuferifchen Lehren gefaßt; doch

7. Provinz Westfalen und die Fürstentümer Waldeck, Schaumburg-Lippe und Lippe - S. 14

1899 - Leipzig : Voigtländer
— 14 — Westfale ordentlich Bescheid zu geben imstande sein muß. Wir können es nicht verschweigen: Im großen und ganzen blieb Westfalen bis in unser Jahrhundert hinter gar mancher deutschen Landschaft, die ihm weder an Fruchtbarkeit des Bodens, noch an Tüchtigkeit der Bevölkerung überlegen war, zurück. Spät erst sollte der preußische Staat in den meisten Teilen dieses Gebietes seine lebenschaffende Kraft zeigen können; aber dann geschah es auch in desto schönerer Weise. Was vom westfälischen Land bis dahin preußisch geworden war, kam 1807 mit vielen Nachbargebieten zum Königreich Westfalen unter Jerome Bonaparte. Dieser war am allerwenigsten für die ernsten und zurückhaltenden Westfalen der rechte Herrscher; aber in der Verwaltung, im Handel und Wandel wurde doch vieles besser: eine ganze Reihe von veralteten Besonderheiten der einzelnen Teile verschwanden mit einem Schlage, und diese Fremdherrschaft, der sich das Volk nur widerwillig beugte, war immerhin eine gute Vorschule der kommenden preußischen Verwaltung. Die neue Regierung aber stellte sogleich in dem Frei Herrn Ludwig von Vincke den Mann als Oberpräsidenten an die Spitze der Provinz, der für diese Stellung geradezu geschaffen schien. Er war geboren am 23. Dezember 1774 in Minden, wurde schon 1802 Landrat in seinem Heimatskreise und nach mehrfacher Thätigkeit außerhalb der Provinz 1804 Nachfolger des Freiherrn von Stein als Präsident der Kammer (d. H. Regierungspräsident) zu Münster und Hamm. Bald nach dem Einrücken der Franzosen 1806 begab er sich nach England, um bort im preußischen Interesse thätig zu sein; von 1809—1810 war er Chefpräsident der Regierung zu Potsbam. Dann wibmete er sich in der Heimat eifrigen Stubien zur Volkswirtschaft und Verwaltungslehre. Im Frühjahr 1813 würde er von der französischen Behörbe als verbächtig gefangen gesetzt und dann aufs linke Rheinufer verwiesen. Nach den Siegen der Verbünbeten entfaltete er als Civilgouverneur der westfälischen Provinzen namentlich für die militärische Organisation eine außerordentliche Thätigkeit. Dieser Mann trat 1815 als Oberpräsident an die Spitze der neuen Provinz Westfalen; der höchste Wunsch seines Lebens war erfüllt. Denn so vielseitig er auch durch Stubien und Reisen gebilbet war, vor allem war er doch ein westfälischer Ebelmann geblieben, berb und formlos im Äußeren, fest verwachsen mit dem Boben der Heimat Er verstaub zu verwalten wie wenige, und er kannte das Leben und die Zustände seiner Heimat wie kein anderer. ' Für seine nächste Aufgabe hielt er die Pflege der Selbstverwaltung innerhalb eines kräftigen Bürger-

8. Provinz Westfalen und die Fürstentümer Waldeck, Schaumburg-Lippe und Lippe - S. 2

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und der Fürstentümer Lippe und Waldeck sind von Westfalen bewohnt; andererseits ist die Bevölkerung des südlichen Westfalen z. T. fränkischen Stammes. 3. Das Wald* und Ackerland Westfalen war in den Jahren 12—9 v. Chr. durch Drusus den Römern unterworfn worden. Widerwillig trugen die tapferen Bewohner das fremde Joch, besonders seit Quintilius Varus die kluge Rücksichtnahme seiner Vorgänger beiseite ließ. Der Name der Westfalen erscheint damals noch nicht; sicher ist aber, daß sie zu dem deutschen Völkerbünde gehörten, der im Jahre 9 n. Chr. unter Führung des A r m i n i u s den V a r u s im Teutoburger Walde besiegte. 4. Die Westfalen gerieten zwar für kurze Zeit wieder unter römische Herrschaft, doch kehrten sie bald zur alten Freiheit zurück und hielten, von fremden Einflüssen in ihrer etwas abgelegenen, zunächst noch völlig städtelosen Heimat fast gänzlich unberührt, treu an Sitte und Glauben der Väter fest. Auch die christlichen Glaubensboten, die schon vor den Zeiten des Bonifatius bei ihnen erschienen, hatten keinen Erfolg. So lebten denn die Westfalen noch zur Zeit des Beginns von Karls Sachsenkriegen als Heiden in freien Volksgemeinden ohne König und Priesterschaft. Sie verehrten ihre Götter in Wald und Hain, bei heiligen Quellen oder Bäumen. Nur im Kriegsfälle wählten sie sich aus der Zahl ihrer Edeln einen Herzog. Die Verbindung mit den anderen Zweigen des Sachsenstammes scheint nur sehr locker gewesen zu sein; über die allgemeinen Versammlungen zu Marklo an der Weser fehlt uns jede nähere Kunde. Die Freien zerfielen noch wie ehemals in Edle und Gemeinfreie, die Halbfreien und Unfreien in Gutshörige, Freigelassene und Leibeigene. 5. Da kam im Jahre 772 zum erstenmal Karl der Große ins Land; das Volk betrachtete ihn als Fremden und haßte ihn außerdem als Feind seines Glaubens. Er zerstörte die Eresburg und die rätselhafte Jrminsul. Doch das Land war noch nicht unterworfen, und auch nach dem ersten Reichstag auf westfälischer Erde zu Paderborn (777) kam es noch zu mehrfachen Empörungen; erst Widukinds Unterwerfung und Taufe (785) bezeichnet das Ende der größeren Aufstände. Nun bot auch die Bekehrung zum Christentum keine entscheidenden Schwierigkeiten mehr; neben den alten Klosterkirchen von S o e st und Dortmund entstanden die Bischofsitze Münster, Osnabrück, Paderborn und Minden. 6. Das Land wurde, als sich im römisch-deutschen Reich die Stammherzogtümer herausbildeten, ein Teil desher-

9. Provinz Westfalen und die Fürstentümer Waldeck, Schaumburg-Lippe und Lippe - S. 4

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— 4 — westdeutschen Gebieten als Königreich Westfalen unter Napoleons Bruder Jeröme gestellt, der in Kassel residierte. Doch das Jahr 1813 machte dessen Herrschaft ern Ende, und der Wiener Kongreß gab 1815 auch alle die Landesteile an Preußen, die seit 1 81 6 die Provinz W e st f a l e n bilden; seit der Einverleibung Hannovers (1866) endlich ist so gut wie das ganze alte Westfalen land wieder unter einem Herrscher vereinigt. 11. Die beiden Lippe und Waldeck, deren Bewohner wenigstens teilweise westfälischen Stammes sind, bilden allerdings besondere Fürstentümer. Ihre Anfänge reichen schon in das frühere Mittelalter zurück. Ein Graf Hunold von Lippe wird bereits um die Mitte des 10. Jahrh, erwähnt. Graf Bernhard Ii. gehörte zu den bedeutendsten Männern seiner Zeit. Er hatte treu auf feiten Heinrichs des Löwen gekämpft; später machte er sich um die Ausbreitung des Christentums in Livland verdient und starb als Bischof von Semgallen (1224). Graf Simon V. nahm 1528 die lutherische Lehre an; sein Enkel Simon Vi. trat zur reformierten Kirche über. Im 17. Jahrh, begannen die Teilungen des unterdes erweiterten Gebiets. Der jüngste Zweig des Lippeschen Grasengeschlechts erhielt 1640 die Grafschaft Schaumburg. Unter ihren späteren Inhabern ist der bekannteste der kriegstüchtige Bewunderer Friedrichs des Großen, der portugiesische Feldmarschall Friedrich Wilhelm Ernst, in dessen Militärschule auf dem Wilhelmstein auch Scharnhorst vorgebildet wurde. Sein zweiter Nachfolger trat dem Rheinbund bei und nahm den Fürstentitel an. Die Grafen von Lippe-Detmold waren schon 1720 in den Reichsfürstenstand erhoben worden. Besonders segensreich wurde für das Ländchen die Regentschaft der Fürstin P a u l i n e (1802—20), die noch heute unvergessen ist. 1842 trat Lippe-Detmold dem Zollverein bei; 1866 schloß es sich im Gegensatze zu Lippe-Schaumburg von vornherein an Preußen an. Als erster Inhaber der Grafschaft Waldeck wird Widukind (um 1189) bezeichnet. Die Teilungen blieben auch hier später nicht aus. Doch 1692 wurde das ganze Ländchen, zu dem unterdes auch Pyrmont gekommen war, wieder v n einigt, und 1712 wurde es zum Fürstentum erhoben. — Fürst Georg Viktor, der schon 1862 eine Militärkonvention mit Preußen geschlossen hatte, überließ diesem 1867 die ganze Verwaltung und behielt sich nur wenige Rechte vor. — Europäischen Ruhm gewann unter den Gliedern dieses Hauses Georg Friedrich von Waldeck. Er gehörte bis 1658 zu den bedeutendsten Staatsmännern und Feldherren des Großen Kurfürsten, verließ

10. Provinz Westfalen und die Fürstentümer Waldeck, Schaumburg-Lippe und Lippe - S. 6

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Noch vermögen die Römer am Abend des ersten Tages ein festes Lager aufzuschlagen; am nächsten Morgen geht unter fortwährenden Verlusten und Kämpfen der gefährliche Zug weiter. Am Abend gelingt nochmals die Errichtung eines regelrechten Lagers. Doch es sollte das letzte Mal sein. Am Morgen des dritten Tages giebt Arminius das Zeichen zum Hauptangriss, zum Vernichtung stampf. Alle Tapferkeit der Römer ist vergebens. Bald wird Varus selbst verwundet, zwei seiner Unterseldherren fallen, der dritte macht einen vergeblichen Versuch, sich mit der Reiterei durchzuschlagen. Varus stürzt sich verzweifelnd in sein Schwert, seine drei Legionen sind vernichtet, der Rest ergiebt sich schließlich auf Gnade und Ungnade. Viele vornehme Römer fallen als Opfer an den Altären der Germanengötter; die erbeuteten Adler werden an geweihter Stelle eingegraben. — Ungeheuer war der Eindruck, den die Unglücksbotschaft in Rom machte. Augustus selbst brach in die verzweiflungsvollen Worte aus: „Varus, Varus, gieb mir meine Legionen wieder!" Den Römern gelang es nicht, ihre Herrschaft in jenen Gegenden wieder herzustellen. Zwar gewann des Drusus tapferer Sohn Germanicus in den Jahren 14—16 auf seinen drei Zügen bis nach dem Innern Deutschlands erhebliche Vorteile. Aber ehe er etwas Dauerndes erreicht hatte, wurde er abberufen und nach dem Orient gesandt. Auf seinem zweiten Zuge (15 n. Chr.) hat der junge Held auch die Stätte der Unglücksschlacht besucht. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus schildert uns diesen.vorgang mit all der Anschaulichkeit, die ihm eigen ist. Zahlreich fand man noch die bleichenden Gebeine. Einzelne Soldaten des Germaniens, die unter Varus gedient hatten und dem Verderben entronnen waren, konnten genau über den Verlaus der Unglücksschlacht berichten. Die verlorenen Adler wurden wieder ausgegraben. Schon vorher war Thusnelda, die in des Segestes Hände geraten war, von diesem dem Germanicus als Gefangene überliefert worden. Sie gebar in der Gefangenschaft einen Sohn, über dessen Schicksale nur die Sage zu berichten weiß. Arminius selbst besiegle später noch den mächtigen Markomannensürsten Marbod; aber schon im Jahre 21 oder 22 fiel er von Mörderhand, angeblich, weil er nach der Königsherrschaft gestrebt hatte. Doch wie dem auch sei, er hat die ehrenvollen Worte verdient, mit denen ihm Tacitus ein Denkmal setzt: „Unzweifelhaft Deutschlands Befreier und ein Mann, der nicht gegen die beginnende Macht des römischen Volkes, wie andere Könige und Feldherren, sondern gegen das
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