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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bürgerkunde - S. 16

1909 - Karlsruhe : Braun
16 Staatsrecht des Reichs Kämpfe nicht, weil allen Einheitsplänen das Streben der Einzel- staaten nach ungeschmälerter Aufrechterhaltung der neu erworbenen 4' Souveränität entgegen trat. Es bildete sich der Deutsche Bund (von 1815 bis 1866), eine völkerrechtliche Vereinigung ohne starke Zentralgewalt, dessen Organisation ihn von vornherein zur Ohnmacht verurteilte. Eine wenigstens wirtschaftliche Einigung Deutschlands 42 brachte seit 1833 der D e u t s ch e Z 0 l l v e r e i n (s. Nr. 1345), dem die meisten deutschen Staaten (jedoch nicht Oesterreich) angehörten. Der nach der Revolution des Jahres 1848 unternommene Versuch einer Neugründung des Reichs blieb erfolglos, da der von der deut- schen Nationalversammlung in Frankfurt a. M. zum erblichen Kaiser erwählte König von Preußen die Annahme der deutschen Kaiser- würde ablehnte. Durch den Krieg von 1866 wurde endlich zwischen Preußen und Oesterreich die Frage der künftigen Vorherrschaft in Deutschland zugunsten Preußens entschieden und damit der Weg für einen politisch engeren Zusammenschluß der übrigen deutschen Staaten frei gemacht. Das durch Einverleibung eroberter Länder mächtig erstarkte Preußen vereinigte sich zunächst mit den übrigen nördlich des Mains gelegenen 21 norddeutschen Staaten zu dem 43 Norddeutschen Bund, mit dem die süddeutschen Staaten einen Zollvereinigungsvertrag, sowie Schutz- und Trutzbiindnisse ab- schlössen. So traf die französische Kriegserklärung im Jahre 1870 ein Volk, bereit, gemeinsam für seine Freiheit und Ehre zu kämpfen; und auf Frankreichs Schlachtfeldern erwuchs diesem Volke, durch Blut und Eisen geeint, das lang ersehnte neue Deutsche Reich. Die deutsche Kaiserkrone wurde von den vereinten deutschen Fürsten und freien Städten dem siegreichen König Wilhelm von Preußen angetragen und von diesem angenommen. Der 18. Januar 1871, an dem im Spiegelsaale des Schlosses zu Versailles die feierliche Prokla- mation der Herstellung der Kaiserwürde stattfand, gilt als der Tag der Wiedergeburt des Deutschen Reiches? B. Die rechtliche Natur -es Reichs. 44 1. Rechtlich betrachtet ist das Deutsche Reich der Rechtsnachfolger des Norddeutschen Bundes geworden dadurch, daß die vier süddeut- ° In der Proklamation erklärte König Wilhelm, daß er die kaiserliche Würde übernehme, um in deutscher Treue die Rechte des Reiches und sei- ner Glieder zu schützen, Frieden zu wahren, die Unabhängigkeit Deutsch- lands zu stützen und die Kraft des Volkes zu stärken. Den Trägern der Kaiserkrone aber (so schließt die Proklamation) „wolle Gott verleihen, alle- zeit Mehrer des Deutschen Reichs zu sein, nicht in kriegerischen Eroberun- gen, sondern in den Werken des Friedens, auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung".

2. Bürgerkunde - S. 18

1909 - Karlsruhe : Braun
18 Das Staatsrecht des Reichs C. Die 'ilufflstbeii des Neichs. 48 1. Im Deutschen Reiche wird die Staatsgewalt teils vom Reiche, teils von den Bundesstaaten ausgeübt. Beide haben sich in die Er- füllung der staatlichen Ausgaben geteilt, ilnd zwar hat diese Teilung in der Weise stattgefunden, daß diejenigen Gebiete der Gesetzgebung, auf welchen eine einheitliche Regelung notwendig erschien, dem Reiche zugewiesen wurden, während den Einzelstaaten große und wichtige Aufgaben belassen worden sind, hinsichtlich deren eine einheitliche Re- gelung wegen der in den einzelnen Staaten bestehenden Verschieden- heiten der Verhältnisse nicht zweckmäßig wäre. 49 So mußte vor allem im Jutereise der Sicherheit und des An- sehens des Reichs das gesamte Militärwesen und die Kriegsmarine, sowie die Regelung der Beziehungen zum Auslande, nämlich das Gesandtschafts- und Konsulatswesen und der Hauptsache nach die Vertragsschließung nüt fremden Staaten dem Reiche überlassen werden. Ferner verlangten die Bedürfnisse des Verkehrs gebieterisch ein einheitliches Maß-, Münz- und Gewichtssystem, einheitliche Grundsätze für den Handels- und Gewerbebetrieb, eine gemeinsame Regelung des Bank-, des Post- und Telegraphenwesens, einen gleich- heitlichen Schutz des geistigen Eigentums durch die Patent- und Ur- heberrechtsgesetzgebung und einheitliche Grundsätze für das Eisen- bahnwesen und die Seeschiffahrt. Die Viehseuchen konnten nur durch gemeinsame Maßregeln eingeschränkt, die Schädigungen der mensch- lichen Gesundheit nur durch eine einheitliche Gesetzgebung wirksam bekämpft werden. Desgleichen waren die Vorschriften über die Presse, über das Auswanderungswesen und über die Arbeiterversicherung im ganzen Reiche gleichmäßig zu gestalten. Das Rechtsgefühl und die Rechtssicherheit drängten ferner zur Schäftung einer einheitlichen Gesetzgebung über das allgemeine bürgerliche Recht, das Handels- und das Wechselrecht, das Strafrecht und das zivil- und strafgericht- liche Verfahren. Alle diese Gebiete mußten daher der Gesetzgebung des Reichs grundsätzlich überwiesen werden. Endlich mußte dem Reiche, um es finanziell unabhängig zu stellen, das Besteuerungsrecht gegeben werden. Auch bedurfte die einheitliche Zollgesetzgebung, welche be- reits vor Errichtung des Reichs im deutschen Zollverein bestanden hatte, des weiteren Ausbaues. 50 2. Damit ist aber die Zuständigkeit des Reichs nicht völlig er- schöpft und für alle Zeiten festgelegt, vielmehr ist das Reich nach der Verfassung befugt, seine Zuständigkeit auch auf Gebiete auszudehnen, welche bis dahin der Landesgesetzgebung überlassen wurden. Es hat auch von dieser Befugnis, in welcher das Nebergewicht der Staats-

3. Bürgerkunde - S. VI

1909 - Karlsruhe : Braun
Vi für die übrigen deutschen Staaten mit einer Anzahl hierzu besonders berufener Persönlichkeiten zu vereinigen; denn die Besonderheiten der Gesetzgebung, der Verwaltungseinrichtungen usw. der Bundes- staaten sind, wenngleich das reichsgesetzlich oder wirtschaftlich Gemein- same überwiegt, doch so bedeutend, daß eine Darstellung, die den Boden der Wirklichkeit nicht verlieren will, das öffentliche Leben schildern muß, wie es sich in dem betreffenden Einzelstaate gestal- tet hat. Die vorliegende Darstellung umfaßt in den Grundzügen unser Reichs- und Landesstaatsrecht, das bürgerliche Recht nebst Prozeß, das Strafrecht und das Strafverfahren, die Organisation und das Verfahren der gesamten Staatsverwaltung und endlich die theoretische und praktische Volkswirtschaftslehre. Bei der Mannigfaltigkeit dieses Stosses darf der Umfang der Arbeit nicht befremden; wäre es doch schlimm mit unserem öffentlichen Leben bestellt, wenn es sich aus- reichend aus einigen wenigen Seiten schildern ließe. Bei einem Ver- suche, das Ganze noch knapper zu fassen, hätte sich die Gefahr einer trockenen, unverdaulichen Aneinanderreihung von Begriffsbestimmun- gen kaum vermeiden lassen. Nichts aber wäre schlimmer, als wenn aus diesen Gebieten ein bloßes Wortwissen ohne wirkliches Verständ- nis platzgreisen würde. Eindringlich möchte der Verfasser bei dieser Gelegenheit auch vor der etwaigen Auffassung warnen, als solle das Buch der Hauptsache nach Memorierstoss bieten. Um ein richtiges Ersassen des Wesens der einzelnen Rechtsinstitute, Staatseinrich- tungen usw. zu ermöglichen, mußte die Schilderung notgedrungen aus manche Einzelheiten eingehen, welche zusammen ein lebendiges, bleibendes Bild des Ganzen geben sollen, ohne doch deshalb einzeln im Gedächtnisse hasten zu müssen. Für die Art der Darstellung war der Wunsch maßgebend, daß das Buch ebensowohl dem gebildeten Erwachsenen als Wegweiser in das öffentliche Leben der Gegenwart dienen, als zum Unterricht in den höheren Klassen der Gymnasien, Realgymnasien, Realschulen und der diesen gleichstehenden Lehranstalten" (auch in der Hand der * Die Herausgabe eines kürzeren Abrisses der Staats- und Rechts- kunde zum Gebrauch der Schüler an Fortbildungsschulen ist in Aussicht genommen.

4. Bürgerkunde - S. VII

1909 - Karlsruhe : Braun
Vii Schüler) sowie in den Lehrerseminaren verwendbar sein möge. Die Vereinigung beider Zwecke erschien deshalb möglich, weil einerseits der behandelte Stofs auch dem gebildeten Erwachsenen bei uns bis jetzt zumeist noch so unbekannt ist, daß auch ihm gegenüber eine möglichst einfache, jeweils auf die Grundbegriffe zurückgehende Dar- stellung unerläßlich war, und weil anderseits das durch die Tätigkeit des Lehrers unterstützte Verständnis unserer gereifteren Jugend dem- jenigen der Erwachsenen kaum nachstehen wird. Bei einer Arbeit wie der vorliegenden wäre der Rat erfahrener Schulmänner nur ungern entbehrt worden. Ich bin daher für die wertvolle Unterstützung, welche ich dabei seitens der Herren O der- sch u 1 r a t Rebmann und Professor Dr. Weckesser hier fand, diesen sehr zu Dank verpflichtet, dem ich auch an dieser Stelle Ausdruck geben möchte. Karlsruhe, im November 1907 Der Verfasser

5. Bürgerkunde - S. VIII

1909 - Karlsruhe : Braun
Vorwort Zur Zweiten Nnflage Den besten Beweis dafür, wie sehr die Bürgerkunde dem Bedürf- nis der Zeit und des Publikums entgegengekomrnen ist, bildet wohl die Tatfache, daß innerhalb von wenig Wochen ein Neudruck erforder- lich wurde. Ihr verdienstvoller Schöpfer durfte diesen Erfolg leider nicht mehr erleben; das schwere Leiden, trotz dessen er mit bewunde- rungswürdiger Energie das Werk vollendete, hat seiner Schaffens- kraft allzufrüh ein Ziel gesetzt. Diesem Neudruck folgt nunmehr die zweite Auflage, die insbesondere auch die bis zum Herbst 1908 einge- tretenen Aenderungen in der Gesetzgebung berücksichtigt. Mit Dank darf hervorgehoben werden, daß die Großh. Behörden, insbesondere auch die Ministerien, die Bürgerkunde wohlwollend auf- genommen haben. Daß sie auch mit Interesse gelesen worden ist, zei- gen dankenswerte Anregungen aus dem Leserkreise. Möge ihr diese gute Aufnahme auch für die Zukunft erhalten bleiben!

6. Bürgerkunde - S. 23

1909 - Karlsruhe : Braun
Der Kaiser 23 Königswürde untrennbar verbunden derart, daß der jeweilige König von Preußen stets zugleich Deutscher Kaiser ist. Für den Fall einer Verhinderung des Königs von Preußen an der Ausübung der Re- gierung ist dessen versassungsmätziger Vertreter von selbst auch zur Vertretung des Kaisers im Reiche berufen. Da ferner die preußische Königswürde im preußischen Königshause der Hohenzollern erblich 19 ist, so ist auch das deutsche Kaisertum eine erbliche Würde. Nach der Reichsversassung steht dem Kaiser „das Präsidium des 61 Bundes" zu, während die oberste Reichsgewalt bei der Gesamtheit der verbündeten Regierungen, dem Bundesrate, ruht. Gleichwohl ist der Kaiser doch weit mehr als der bloße Präsident dieser Regierungen: vielmehr stehen ihm eine Reihe schwerwiegender Befugnisse zu. welche Sicherheit dafür bieten, daß die kaiserliche Macht nie mehr gn einem bloßen Schattenbild herabsinken kann, wie es im ehemaligen Deutschen Reiche geschah. Zunächst vertritt der Kaiser allein das Reich nach außen; in sei- 62 ner Hand also liegt die ganze äußere Politik; er ist es, der im Namen des Reichs Krieg erklärt20 und Frieden schließt, Bündnisse und Ver> 19 Zur Thronfolge sind in Preußen nur berufen die sog. Agnaten, d. h. solche Familienmitglieder, deren Verwandtschaft mit dem letzten Herrscher ausschließlich durch Männer vermittelt worden ist; nicht erbfolgeberechtigt sind also diejenigen, deren Ver- wandtschaft durch eine Frau vermittelt wurde, die sogenannten K 0 g - naten (z. B. die Söhne einer Tochter des letzten Herrschers). Es herrscht ferner in Preußen wie in allen deutschen Staaten die sog. Linealerb folge: Die zunächst zur Erbfolge berufene Linie wird gebildet aus den Söhnen des letzten Herrschers und deren Nachkommen; erst wenn erbberechtigte Mitglieder dieser Linie überhaupt nicht vorhanden sind, geht die Erbfolge aus den jüngeren Bruder des letzten Herrschers oder auf dessen Abkömmlinge über usw. Innerhalb einer Linie gilt das Recht der Er st gebürt (sog. Primogenitur). Endlich sind Frauen von der Thronfolge ausgeschlossen (sog. sali sch es Gesetz, Nr. 13). Zur Kriegserklärung bedarf der Kaiser jedoch der Zustim- mung des Bundesrats dann, wenn sie nicht durch einen Angriff auf das Reichsgebiet verursacht ist. Der Kaiser kann ferner jeden Teil des Reichsgebiets (abge- sehen von Bayerns nicht nur im Kriege, sondern, wenn die öffentliche Sicherheit bedroht ist (z. B. bei einem Aufruhr oder einer Revolution), auch im Frieden in Kriegszustand oder Belagerungszustand erklären. Die Erklärung soll mit Trommelschlag oder Trompetenschall ver- kündet und durch Anschlag oder durch öffentliche Blätter bekannt gegeben werden. Sie hat zur Folge, daß das Militär unter den Kriegsgesetzen steht, und daß gewisse gemeingefährliche Verbrechen überhaupt strenger bestraft werden. Ferner können die zum Schutze der persönlichen Freiheit und des Eigentums gegebenen Gesetze für die Dauer des Zustandes aufgehoben und besondere Kriegsgerichte zur Aburteilung gewisser Vergehen eingesetzt werden.

7. Bürgerkunde - S. 25

1909 - Karlsruhe : Braun
Der Bundesrat. 25 G. Der Bundesrat. 1. Seine Rechtsstellung und Zusammensetzung. Soweit die Reichsgewalt nicht dem Kaiser übertragen ist, steht 66 sie den „verbündeten Regierungen" zu. Das Organ aber, durch welches die Regierungen diese Gewalt ausüben, ist der Bundes- rat, d. h. die Versammlung von Vertretern aller Regierungen der deutschen Bundes staate n. Die Bundesratsbeschlüsse stellen also den Willen der verbündeten deutschen Regierungen dar.^ Der Bundesrat ist demnach kein Organ der Volks- vertretung; man darf ihn nicht etwa mit einem sog. Herrenhause oder einer ersten Kammer vergleichen; vielmehr verhält er sich zu dem Volksvertretungskörper des Reichstags ähnlich wie in den Einzel- staaten die durch die Ministerien vertretene Landesregierung zu den Landtagen?^ Da die deutschen Bundesstaaten an Größe und Bedeutung sehr 67 ungleich sind, können sie im Bundesrat nicht alle gleiches Stimmrecht haben; es werden daher die Stimmen der kleinsten Staaten im Bun- desrat nur einfach, die Stimmen der größeren Staaten dagegen mehrfach gerechnet, und zwar fallen von den 58 Stimmen, welche der Bundesrat zählt, auf Preußen 17, auf Bayern 6, auf Sachsen und Württemberg je 4, auf Baden und Hessen je 3, auf Mecklenburg- Schwerin und Braunschweig je 2, auf alle anderen Staaten endlich je eine Stimme.^ Jeder Bundesstaat kann soviele Vertreter („B u n d e s r a t s - 68 24 * 26 24 Im Bundesrate üben die Landesherren diejenigen Souveränitäts- rechte gemeinsam aus, auf deren alleinige und selbständige Ausübung sie zugunsten des Reichs mit dessen Gründung Verzicht geleistet haben. 26 Dagegen hat allerdings die Einrichtung und Gestaltung des Bundes- rats, in welchen regelmäßig von den Regierungen nur Persönlichkeiten ent- sandt werden, die mit dem Staats- und Rechtsleben gründlich vertraut sind, die Schaffung eines weiteren Volksvertretungskörpers (Senat oder Herren- haus) neben dem Reichstage entbehrlich gemacht. 2° Die Stimme des F ü r st e n t u m s W a l d e ck , das durch Staats- vertrag ganz in preußische Verwaltung übergegangen ist, wird auch von Preußen geführt, so daß dieses tatsächlich im Bundesrat 18 S t i m m e n hat. Die R eichslande Elsaß-Lothringen sind im Bundesrat nicht vertreten; doch kann der Statthalter zur Vertretung der Landesinter- essen Kommissare mit beratender, nicht beschließender Stimme in den Bundesrat entsenden. Bei der Verteilung der Stimmen im Bundesrat mußten die kleinen Staaten verhältnismäßig günstiger gestellt werden, als die großen. Bei einer Verteilung nach der Einwohnerzahl hätte Preußen mit seinen 37,3 Millionen Einwohnern erheblich mehr als die Hälfte aller Stimmen zu be- ansprucheil, womit den Stimmen der übrigen Staaten jede Bedeutung ge- nommen wäre.

8. Bürgerkunde - S. 27

1909 - Karlsruhe : Braun
Der Bundesrat 27 f cf) r i f t) im Namen des Kaisers durch den Reichskanzler dem Reichs- tag; vorgelegt und dort durch Mitglieder des Bundesrats oder durch besondere Kommissäre vertreten. Uebrigens hat jedes Mitglied des Bundesrats das Recht im Reichstage zu erscheinen und muß daselbst auf Verlangen jederzeit gehört werden, um die Ansichten seiner Regie- rung zu vertreten, und zwar auch dann, wenn diese Ansichten nicht die Zustimmung der Mehrheit des Bundesrats gefunden haben. b. Der Bnndesrat hat aber weiter auch für die A u s f ü h r u n g 7' der Reich sgesetze Sorge zu tragen; ihm liegt also die sog. Exekutive (s. Nr. 11) ob, soweit sie nicht dem Kaiser ausdrücklich über- tragen ist. Hiernach hat in erster Reihe der Bundesrat die Aus- führungs- und die Vollzugsverordnungen zu den Reichsgesetzen zu erlassen und die zur Ausführung erforderlichen Dienststellen und Einrichtungen zu schaffen. Er hat auch die Verwendung der Reichs- einnahmen zu kontrollieren, den Wirtschaftsplan aufzustellen, bei Aufnahme von Anleihen mitzuwirken u. dgl. c. Endlich übt der Bundesrat auch eine Gerichtsbarkeit 72 ans: Er bat Streitigkeiten nicht privatrechtlicher Natur29 z wi f ch e n verschiedenen Bund esstaaten auf Anrufen eines Teils zu erledigen. Sodann ist er berufen, Verfass ungs- st r e i t i g k e i t e n , welche in einem Bundesstaat zwischen Volksver- tretung und Regierung entstehen, im Falle des Fehlens einer zur Entscheidung zuständigen Landesbehörde gütlich auszugleichen oder, wenn das nicht gelingt, im Wege der Reichsgesetzgebung zu erledigen. Endlich hat der Bundesrat, falls ein Bundesstaat seinen Pflichten gegen das Reich nicht nachkommen sollte, die zwangsweise Erfüllung derselben (die sog. Exekution) zu beschließen. 3. Die Verhandlungen des Bundesrats. Der Bundesrat hat seinen S i tz in Berlin. Er wird einberufen 73 durch den Kaiser. Die Berufung muß stets erfolgen, wenn der Reichs- tag versammelt ist und ferner dann, wenn mindestens ein Drittel aller Stimmen es verlangt?" Den Vorsitz führt der Reichskanz- ler oder dessen Stellvertreter; im Falle einer Verhinderung Preu- ßens geht der Vorsitz an Bayern über. Die Verhandlungen sind nicht öffentlich; sie sind durch eine Geschäftsordnung ge- regelt. Zur Vorbereitung der Beschlußfassung, sowie zur selbständigen 74 * * Privatrechtliche Streitigkeiten zwischen den Bundes st aaten werden von den ordentlichen Gerichten entschieden. 's Tatsächlich hat der Umfang der Geschäfte dahin geführt, daß seit 1883 der Bundesrat ständig versammelt gewesen ist; nur des Sommers unter- bricht er seine Geschäfte, jedoch ohne sich aufzulösen.

9. Bürgerkunde - S. 28

1909 - Karlsruhe : Braun
28 Das Staatsrecht des Reichs Erledigung gewisser Angelegenheiten sind beim Bundesrat aus dessen Mitte eine Anzahl dauernder Ausschüsse gebildet, in denen je- weils außer Preußen mindestens vier Bundesstaaten vertreten sind. So besteht ein Ausschuß für das Landheer und die Fe st ungen, ferner solche für Zoll- und Steuerwefen, für Handel und Verkehr, für Justizwesen usw. Ein besonderer Ausschuß für die auswärtigen Angelegen- heiten, in welchem Bayern, Sachsen und Württemberg einen stän- digen Sitz haben, soll Mitteilungen über die auswärtigen Beziehun- gen des Reichs von der Reichsregierung entgegen nehmen und die Ansichten der Regierungen hierüber austauschen. 75 Die Beschlußfassung im Bundesrat erfolgt nach einfacher Stimmenmehrheit der awvesenden Bei Stim- mengleichheit geben die preußischen Stimmen den Ausschlag. Diele Regel erleidet jedoch folgende Ausnahmen: a. Jeder Vorschlag einer Aenderung der Reichsverfassung gilt als abgelehnt, wenn 14 Stimmen dagegen sind. Verfassungs- bestimmungen, durch welche sog. Reservatrechte einzelner Staaten festgesetzt worden sind, können überdies nur mit Zustimmung der berechtigten Staaten geändert werden (s. Nr. 45). 76 b. Ferner steht Preußen das sog. Veto (d. h. Verbietungs- recht) zu hinsichtlich aller Veränderungen in Angelegenheiten des Militärwesens, der Kriegsmarine, gewisser indirekter Reichssteuern und des gesamten Zollwesens. In diesen Angelegenheiten kann also Preußen durch seinen Widerspruch jede Veränderung der bestehenden Gesetze, Verordnungen und Einrichtungen verhindern. Damit sind die wichtigsten Grundlagen des Reichs seinem Schutze anvertraut. c. Bei der Beschlußfassung über eine Angelegenheit, welche infolge von Reservatrechten einzelner Staaten nicht dem ganzen Reiche gemeinschaftlich ist, werden nur die Stimmen der durch die Sache berührten Bundesstaaten gezählt.^ 44. Der Reichstag. 1. Seine Bedeutung und Zuständigkeit. 77 Während der Bundesrat, wie wir oben sahen, die verbündeten deutschen Regierungen vertritt, besteht der Reichstag aus den g e - 31 32 31 Nicht vertretene oder nicht instruierte Stimmen werden nicht ge- zählt. Durch diese Bestimmung sollen Verschleppungen der Beratungen, wie sie beim ehemaligen Bundestag häufig vorkamen, vermieden werden. 32 So sind z. B. in Angelegenheiten der Neichs-Biersteuer die süd- deutschen Staaten nicht stimmberechtigt, weil sie von dieser Steuer ausge- nommen sind.

10. Bürgerkunde - S. 30

1909 - Karlsruhe : Braun
30 Das Staatsrecht des Reichs es ist ferner ein gleiches, weil jedermann, hoch oder niedrig, arm oder reich, nur eine Stimme hat, und es ist ein direktes, weil der Abgeordnete unmittelbar (nicht durch Wahlmänner, s. Nr. 25) gewählt wird. Nicht berechtigt zu wählen sind Personen, welche unter Vormundschaft oder Pflegschaft stehen (z. B. wegen Geisteskrankheit, Trunksucht oder Verschwendung), oder welche sich im Konkurse befinden oder öffentliche Armenunterstützung beziehen oder im letzten Jahre bezogen haben oder endlich solche, denen durch die Strafgerichte die bürgerlichen Ehrenrechte (s. Nr. 228) ent- zogen sind. Um von der Armee jedes politische Parteigetriebe fern- zuhalten, ist ferner bestimmt, daß die zum aktiven Heere gehörigen Militärpersonen (Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften) nicht wählen dürfen; Militärbeamte gehören hierzu nicht. Das fog. p a f s i v e W a h l r e ch t, d. h. die Fähigkeit als Reichs- tagsabgeordneter gewählt zu werden, steht jedem zu, welcher nach obigem aktiv wahlberechtigt ist, jedoch mit der Erweiterung, daß auch aktive Militärpersonen gewählt werden können. Der zu Wühlende mutz aber seit mindestens einem Jahre die deutsche Reichsangehörig- keit besitzen. Die Ausübung des aktiven Wahlrechts ist vom Gesetz dadurch geschützt, daß die gewaltsame Verhinderung desselben mit strenger gerichtlicher Strafe bedroht ist. Anderseits wird auch der verwerf- liche Stimmenschacher (der Kauf und Verkauf einer Wahlstimme) bestraft. 3. Die Wahlkreise. Zum Zwecke der Reichstagswahlen ist das ganze Reich 34 in 397 Wahlkreise eingeteilt. Bei dieser Einteilung, welche der Hauptsache nach aus dem Jahre 1870 stammt, wurde davon ausgegangen, daß auch in den kleinsten Bundesstaaten mindestens ein Abgeordneter gewählt werden sollte, und daß im übrigen auf durchschnittlich 100 000 Einwohner ein Abgeordneter zu kommen habe. Inzwischen hat sich aber die Bevölkerung des Reichs, besonders in den größeren Städten, sehr stark vermehrt, die bisherige Wahlkreiseinteilung ist jedoch ge- blieben, was zur Folge hat, daß in den ländlichen Wahlkreisen jede einzelne Wahlstimme weit schwerer wiegt, als in denen der größeren Städte.3^ 33 " Einschließlich der Reichslande Elsaß-Lothringen; denn auch diese wählen zum Reichstag. Von den 397 Abgeordneten entfallen allein aus Preußen 236, auf Bayern 48, auf wachsen 23, aus Württemberg 17, auf Elsaß-Lothringen 15, auf Baden 14. Die deutschen Schutzgebiete wählen nicht zum Reichstag. 33 So zählt z. B. Berlin zurzeit über 2 Millionen Einwoyner, wählt aber nur 6 Rcichstagsabgeordnete.
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