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in die weite Welt. Er arbeitete gern, geschwind, >
fleißig und gut. Dadurch gewannen ihn die Mei-
ster, bey denen er in Arbeit stand, so lieb, daß
sie ihm manche Kunstgriffe, wohlfeiler, besser,
und nutzbarer zu arbeiten, zeigten, die er vorher
noch nicht gewußt hatte. Überhaupt wollte er
es nicht immer bey'm Alten lassen, fragte da
und dort gescheidtere Meister um Rath, nahm
sich allenthalben das Beste heraus, probirte es
in den Feyerstuuden, statt daß er in'ö Wirths-
haus ging, und feinen Wochenlohn vertrank oder
verspielte; und wenn dasjenige, was er probirte,
auch gut that, so machte er es fort, und wurde
deßhalb immer verständiger und geschickter.
„Ihr seyd doch ein wackerer Schlossergesell,
mein lieber Thomas!" sagte einmal ein Mei-
ster zu ihm: „aber man kann ein guter Schlosser,
und dabey doch ein böser Mensch seyn. Was mir
besonders au Euch gefallt, ist, daß Ihr Euch
rechtschaffen aufführet."— „Was meine Auffüh-
rung betrifft," antwortete Thomas, „fo bin
ich noch lange nicht derjenige Mensch, der ich
seyn sollte; ich will mich aber bemühen, täglich
besser zu werden." Der Meister klopfte ihm auf
die Schulter, und sagte: „Wer sich bemühet,
täglich ein besserer Mensch zu werden: der ist
mein Mann, dem ich gern die Hand reiche.
Thomas! entschließet Euch, bey mir zu bleiben,
bis ich noch einige Jahre älter werde; ich über-
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lasse Euch dann meine Schlossergerechtigkeit, und
Ihr sollt Meister werden; denn wir brauchen
hier nicht nur gute Handwerker, d. i.,
Männer, die ihre Arbeit wohl verstehen und zu
treiben wissen; wir brauchen auch Leute, die
sich gut aufführen." —
Man wird nie so gut, daß lnan nicht noch
besser werden könnte; und Niemand ist gut,
der sich nicht ernstlich bemüht, immer noch besser
zu werden.
9. Glück und Glückseligkeit ist nicht eines
und dasselbe.
„Wie Einem doch so Alles nach der Quere
gehen kann, sagte Isidor eines Tages. „Herr
Pfarrer! Sie kennen mich; ich bin gewiß der
Mann, der lebet und leben laßt. Dieß sagen
mir (ich will mich nicht rühmen) alle Leute nach.
Ich arbeite und bethe; ich komme mit der ganzen
Gemeinde gut aus, und gebe meinem Nachbar
den letzten Bissen Brod vom Munde weg, wenn
ich sehe, daß er hungriger ist, als ich. Ach!
und doch habe ich Unglück über Unglück, und es
will mir nichts recht von Statten gehen, ich mag
angreifen, was ich will. Sie haben am letz-
ten Sonntage geprediget, daß der Tugendhafte
glücklich ist. Neden Sie, wie es Ihnen um'ö
Herz ist, und sagen Sie, ob ich glücklich
2
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Obgleich er es wohl einfach, wieviel er durch
sein langes Schlafen versäumte, und er auch
bisher öfter schon den Vorsatz faßte, diesen Feh-
ler zu verbessern; so wollte cs ihm doch immer
nicht gelingen, weil er noch nicht Muth genug
hatte, seinen Widerwillen gegen das Gute zu
überwinden. Nun war es im Sommer, und er-
wachte einmal des Morgens um fünf Uhr auf.
Plötzlich siel ihm sein Vorsatz ein, und er dachte
bey sich selbst: „Einmal muß ich doch den An-
fang machen!"
Mit diesem Gedanken sprang er hurtig aus
dem Bette; es ging ihm aber ein Schauder durch
den ganzen Körper: so stark empörte sich seine
Trägheit dagegen!
Er zog sich indeß geschwind an; allein wäh-
rend des Anziehens war es ihm immer noch, als
ob er sich wieder hineinlegen sollte. Ein paar
Mal war er auch wirklich schon in Versuchung,
es zu thun; aber er widerstand glücklich.
Nachdem er sich gewaschen und vollends an-
gezogen hatte, setzte er sich hin, und bereitete
sich zur Schule vor, indem er etwas auswendig
lernte, und eine Aufgabe verfertigte. Mit Ver-
gnügen bemerkte er, daß ihm Alles weit besser
von Staaten ging, als sonst.
Sein Lehrer war den Tag über ganz beson-
ders mit ihm zufrieden, und seine Ältern, welche
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dieses hörten, hatten große Freude. Er selbst
war heiter und vergnügt: es war ihm, alö hätte
er ein neues Leben angefangen. Da dachte er
bey sich selbst: Belohnt sich die kleine Selbst-
überwindung, welche das frühe Aufstehen mich
heute kostete, mit so großem Vergnügen; o, so
wäre ich ja wohl ein rechter Thor, wenn ich's
nicht alle Tage so machen wollte!
Er that's, und mit jedem Morgen ward
cs ihm leichter, eben so frühe aufzustehen. End-
lich wurde cs ihm sogar zur Gewohnheit, so,
daß er niemals länger schlafen und im Bette
bleiben konnte, wenn er auch gewollt hätte.
So geht es mit Allem, was uns Anfangs
sauer wird. Nur frisch daran; nur einige Male
sich gezwungen; und gewiß, es wird mit jedem
Tage leichter — es wird uns endlich zum Ver-
gnügen werden! —
11. Verstand u nd Fleiß sind gar oft mehr
werth, als ein vornehmes Herkomme n.
Ein Edelmann, der auch ein Freund der
Kinder war, und auf dem Lande wohnte, kam
bisweilen in die Schule feines Dorfes, und er-
kundigte sich nach dem Fleiße und nach der Auf-
führung der Kinder. Ein kleiner Knabe, mit
Namen Johann, zog vorzüglich seine Augen
auf sich; denn er war ungemein fleißig und
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sittsam, und beantwortete die Fragen, die der
Schullehrer an ihn stellte, sehr gut. Dieß ge-
fiel dem Edelmanne so wohl, daß er sich ent-
schloß, ihn mit seinem Sohne erziehen, und von
dem Hofmeister, den er für jenen hielt, unter-
richten zu lassen. Sein Water, ein armer Zim-
mermann, war damit sehr wohl zufrieden; denn
er hatte viele Kinder, und konnte bey all seiner
Mühe kaum so viel erwerben, als sie nöthig
hatten.
Bey dem Unterrichte betrugen sich nun die
beyden Knaben sehr verschieden. Junker Karl <
gab sich nicht die geringste Mühe, etwas zu ler-
nen. Wenn ihm der Hofmeister dieses oder jenes
verwies, so pflegte er dann immer zu sagen:
„Was habe ich denn nöthig, mir über den Bü-
chern den Kopf zu zerbrechen? Ich bin ja ein
Edelmann! Mein Stand gibt mir Ehre ge-
nug, und von meinen Gütern habe ich übcrflüßi-
ges Einkommen. Wenn ich reiten und jagen, und
meinen Namen schreiben kann ; so habe ich genug
gelernt."— Den armen Johann verachtete
er, hieß ihn einen dummen Bauernknaben, und
konnte nur durch vieles Zureden dahin gebracht
werden, daß er sich neben ihn sehte. —•
Je mehr aber Johann verachtet wurde,
desto mehr Mühe gab er sich, immer verständiger
zu werden. Er merkte auf Alles, was ihm der
Hofmeister sagte, las gern und fleißig in Bü-
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Extrahierte Personennamen: Karl_< Karl Johann Johann Hofmeister
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sich so viel erwarb, daß er einen Acker kaufen,
und ein Haus bauen konnte. Und doch behielt
er noch so viel übrig, daß er im Stande war,
dem unglücklichen Karl monathlich 10 fl. Al-
mosen zu geben.
12. Lerne Gutes, und thu Gutes, wenn cs
dich auch schwer ankömmt.
„Aber wann sehen wir denn nun alle die
anmuthigen Auen, die grünen Wiesen und die
silbernen Bache, die sich blinkend zwischen durch
schlangeln: die blühenden Gebüsche, welche die
Ufer beschatten, und die unzähligen Dörfer, und
die herrliche Stadt mit ihren glanzenden Thür-
men in der Ferne, welches Sie uns Alles zu zei-
gen versprochen haben?"
So fragten zwey Knaben ihren Lehrer, als
er sie einen hohen Berg hinaufführte, sie das Ver-
gnügen einer weiten Aussicht genießen zu lassen.
„Wir können nicht mehr steigen; wir sind müde!"
klagten sie und ächzten.
Der Lehrer antwortete: „Nicht eher, meine
Lieben ! werdet ihr alle diese Herrlichkeiten sehen,
als bis ihr die Höhe des Berges erreicht habt.
Stellet euch unterdessen im voraus all das Schö-
ne vor, welches euch offenbar werden wird; so
werdet ihr bey diesen erfreulichen Gedanken der
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Lange des Weges und der Mühe des Steigens
halb vergessen.
Und die Knaben thaten das, was der Lehrer
sagte, und vergassen darüber die Beschwerden
des Hinaufsteigens zur Hälfte. -— Nur noch ei-
nen Schritt! da standen sie auf dem Gipfel des
Berges, und alles Entzückende lag vor ihren
Augen ausgebreitet. —- Sie konnten vor Freude
und Erstaunen keine' Worte finden.
Endlich rief Einer derselben aus: „'Ich bin
nicht mehr müde!" Und der Andere: „Führen
Sie uns doch bald wieder auf einen solchen Berg ;
Sie sollen nie wieder unterwegs eine Klage von
uns hören." '
Da antwortete der Lehrer den Knaben:
-»Diesen Gedanken, diesen Vorsatz behaltet, so
lange ihr lebt. Wenn ich zur Vollbringung gu-
ter Thaten, zur Erlernung nützlicher Kenntnisse
euch ermuntere und anleite, und es euch zuwei-
len sauer wird, im Guten standhaft auszuhar-
ren; so denkt: -»Der Lehrer führt uns auf einen
Berg, von welchem aus es eine herrliche Aus-
sicht geben wird-,— eine Aussicht, herrlicher
als diese, nämlich die Aussicht in ein Leben voll
Ehre, voll leickter und glücklicher Thätigkeit,
voll innerer unaussprechlicher Wonne. — Das
bedenkt, meine Kinder! und alle Mühe wird
leicht, ja, nicht selten wird sie ganz vergessen
werden." —
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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27
Ermüdeten Fleiß das Versäumte ziemlich nach,
und freute sich, ordentlich lesen, schreiben und
rechnen gelernet, und sich auch viele Kenntnisse
aus der Neligions - und Sittenlehre gesammelt
zu haben. Am meisten gereichte ihr aber dieß
zur Ehre, daß sie sich redlich beiuühte, Alles
zu thun, was sie als Gottes Willen kennen ge-
lernt hatte.
14. Gesund und frisch seyn, ist besser,
als reich seyn.
Müde von der Arbeit saß einst der Taglöhner
Stephan an der Thür eines Gmhofes, und
verzehrte bey einem Krüglein Bier sein trockenes
Brod. Da kam ein Mann in einem prächtigen
Wagen daher gefahren, hielt vordem Gasthofe
still, und ließ sich Wein und ein Stück Braten
reichen, ohne aus dem Wagen zu steigen. Ste-
phan sah ihm mißvergnügt zu, und dachte:
„Wer eö doch auch so gut haben könnte!" —
Der Manu merkte ihm seine Unzufriedenheit an
der Miene an, und sagte: „Hättest du wohl
Lust, mit mir zu tauschen? “— „Das versteht
sich," antwortete Stephan, ohne sich lange
zu besinnen.
Indeß befahl der Mann seinen Bedienten,
daß sie.ihn aus dem Wagen hcben sollten.—
Welch ein Anblick! Seine Füße waren gelähmt;
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Hülfe des Arrteö war vergebens. Niklas war
dem Tode nahe. Die Neue peinigte ihn. „Ich
muß sterben," jammerte er. „Aber, ach!
gern wollte ich sterben, wenn ich nur nicht selbst
die Ursache meines frühen Todes wäre! Ach!
ach! ich habe mich selbst um's Leben gebracht,
weil ich meinem lieben Vater nicht gehorchen
wollte." — Die Neue war zu spät. Niklas
mußte unter großen Schmerzen seinen Geist auf-
geben. Noch vor seinem Hinscheiden bath er sei-
nen Vater mit Thränen im Auge, er möchte es
doch allen Kindern sagen, „ein schneller Trunk
habe ihn in's Grab gebracht."
16. Gesunde Glieder sind mit keinem
Gelde zu bezahlen.
Ein Lehrer kehrte einmal mit einigen seiner
Schüler, die er zur Ärntezeit auf das Land hin-
ausgeführt hatte, damit ste sähen, wie der Bau-
ersmann im S chweiße seines Angesichts sein Brod
erwirbt, und von demselben Fleiß und Arbeit-
samkeit lerneten, des Abends in die Stadt zurück.
Die Kinder dankten ihm herzlich für das Vergnü-
gen, das er ihnen gemacht hatte, und gaben
ihm von Allem Nechenschaft, was sie überall ge-
sehen und bemerkt hatten.
„Geben Sie doch einem armen, elenden Men-
schen einen Pfennig!" So rief eine Stimme
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Lehrer als gefahrbringend vorgestellt hatten, hieß
er feige Memmen. Er selbst aber hatte keinen
Zeitvertreib so lieb, als denjenigen, wobey es
etwas zu wagen gab.
Sah er irgendwo eine Leiter stehen, so mußte
er hinauf, wenn er auch gleich nicht wußte, ob
sie sicher war und fest stand. Ein paar Nüsse
zu kriegen, wagte er sich auf die schlankesten und
dünnesten Äste der Bäume, und dieß gemeinig-
lich, wenn kein Erwachsener dabey war. — Wo
ein Absatz von fünf bis sechs Stufen war, da
wollte er allezeit darüber springen.
Er hatte zwar schon manchen kleinen Scha-
den genommen, und war wegen seiner kindischen
Verwegenheit von seinen Ältern oft bestraft wor-
den. Allein der Krug geht so lang zum Brun-
nen, bis erbricht: Veit besserte sich nicht, ehe
er nicht durch folgenden Schaden, leider! zu
spät klug geworden war.
Einst sprang er auf Balken herum, die ne-
hen einander abgesondert auf dem Wasser lagen.
Er trat fehl, fiel, brach das Bein, und blieb,
mit dem Arme sich anhaltend, zwischen zwey
Bäumen, mit dem Unterleibe im eiskalten Was-
ser, eine Zeitlang hangen, blödem Jammernden
gleichwohl Jemand zu Hülfe kam.
Er wurde zwar mit genauer Noth gerettet;
aber das Bein wurde nach Erduldung der größ-
3
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TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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