1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: Meyn, Ludwig, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Sach, August
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Zum Singen und Sagen
(Erster
1. Schäfers Sonntagslicd.
as ist der Tag des Herrn!
Ich bin allein auf weiter Flur;
noch eine Morgenglocke nur;
nun Stille nah und fern!
Anbetend knie ich hier.
O süßes Graun! geheimes Wehn!
als knieten viele ungesehn
und beteten mit mir.
Der Himmel, nah und fern,
er ist so klar und feierlich,
so ganz, als wollt' er öffnen sich.
Das ist der Tag des Herrn.
2. Des Knaben Berglied.
Ich bin vom Berg' der Hirtenknab',
seh' auf die Schlösser all' herab.
Die Sonne strahlt am ersten hier,
am längsten weilet sie bei mir.
Ich bin der Knab' vom Berge!
Hier ist des Stromes Mutterhaus,
ich trink' ihn frisch vom Stein heraus;
er braust vom Fels in wildem Lauf,
ich fang' ihn mit den Armen auf.
Ich bin der Knab' vom Berge!
Der Berg, der ist mein Eigenthum.
Da ziehn die Stürme rings herum,
und heulen sie von Nord und Süd,
so Uberschaüt sie doch mein Lied:
Ich bin der Knab' vom Berge!
Sind Blitz und Donner unter mir,
so steh' ich hoch im Blauen hier;
ich kenne sie und rufe zu:
laßt meines Vaters Haus in Ruh'!
Ich bin der Knab' vom Berge!
Abschnitt.
Und wenn die Sturmglock' einst er-
schallt,
manch Feuer auf den Bergen wallt,
dann steig' ich nieder, tret' in's Glied,
und schwing' mein Schwert, und sing'
mein Lied:
Ich bin der Knab' vom Berge.
3. Der Mai.
Der Mai ist gekommen,
die Bäume schlagen aus.
Da bleibe, wer Lust hat,
mit Sorgen zu Haus!
Wie die Wolken dort wandern
am himmlischen Zelt,
so steht auch mir der Sinn
in die weite, weite Welt.
Frisch auf denn, frisch auf denn!
Im hellen Sonnenstrahl
wohl über die Berge,
wohl durch das tiefe Thal!
Die Quellen erklingen,
die Bäume rauschen all',
mein Herz ist wie 'ne Lerche
und stimmet ein mit Schall.
Und abends im Städtlein,
da kehr' ich durstig ein:
„Herr Wirth, eine Kanne,
eine Kanne blanken Wein!
Ergreife die Fiedel,
du lust'ger Spielmann du,
und manches schöne Liedel,
das sing' ich dazu."
Und find' ich keine Herberg',
so lieg' ich zu Nacht
wohl unter blauem Himmel,
die Sterne halten Wacht.
1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: Meyn, Ludwig, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Sach, August
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
wir spinnen Lustgespinnste
und suchen viele Künste
und kommen weiter von dem Ziel.
Gott, laß dein Heil uns schauen,
auf nichts Vergäuglich's bauen,
nicht Eitelkeit uns freun!
Laß uns einfältig werden
und vor dir hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein.
Wollst endlich sonder Grämen
ans dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod:
und wenn du uns genommen,
laß uns in Himmel kommen,
du lieber, treuer, frommer Gott!
So legt euch denn, ihr Brüder!
in Gottes Namen nieder,
kühl ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott, mit Strafen
und laß uns ruhig schlafen
und unsern kranken Nachbar auch.
10. Wanderers Nachtlied.
Ueber allen Gipfeln ist Nuh,
in allen Wipfeln spürest du
kaum einen Hauch;
die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
ruhest du auch!
11. Der Sänger.
„Was hör' ich draußen vor dem Thor,
was auf der Brücke schallen?
Laß den Gesang vor unserm Ohr
im Saale wiederhallen!"
Der König sprach's, der Page lief;
der Knabe kam, der König rief:
„Laßt mir herein den Alten!"
„Gegrüßct seid mir, edle Herrn,
gegrüßt" ihr, schöne Damen!
Welch' reicher Himmel! Stern bei Stern!
Wer kennet ihre Namen?
Im Saab voll Pracht und Herrlichkeit
schließt, Augen, euch; hier ist nicht Zeit,
sich staunend zu ergötzen."
Der Säuger drückt' die Augen ein
und schlug in vollen Tönen;
die Ritter schauten muthig drein,
und in den Schoß die Schönen.
Der König, dem das Lied gefiel,
ließ, ihn zu ehren für sein Spiel,
eine gold'ne Kette reichen.
„Die gold'ne Kette gieb mir nicht,
die Kette gieb den Rittern,
vor deren kühnem Angesicht
der Feinde Lanzen splittern;
gieb sie dem Kanzler, den du hast,
und laß ihn noch die gold'ne Last
zu andern Lasten tragen.
Ich singe, wie der Vogel singt,
der in den Zweigen wohnet;
das Lied, das aus der Kehle dringt,
ist Lohn, der reichlich lohnet.
Doch darf ich bitten, bitt' ich eins:
laßt mir den besten Becher Weins
in purem Golde reichen."
Er setzt' ihn an, er trank ihn aus:
„O Trank voll süßer Labe!
O wohl dem hochbeglückten Haus,
wo das ist kleine Gabe!
Ergeht's euch wohl, so denkt an mich
und danket Gott so warm, als ich
für diesen Trunk euch danke."
12. Die Gottcsmaucr.
Drauß bei Schleswig an der Psort
wohnen armer Leute viel.
Ach! des Feindes wilder Horde
werden sie das erste Ziel.
Wasienstillstand ist gekündet,
Dänen ziehen aus zur Nacht;
Russen, Schweden sind verbündet,
brechen her mit wilder Macht.
Drauß bei Schleswig, weit vor allen
steht ein Häuslein ausgesetzt.
Drauß bei Schleswig in der Hütte
singt ein frommes Mütterlein:
„Herr, in deinen Schoß ich schütte
alle meine Angst und Pein!"
Doch ihr Enkel, ohn' Vertrauen,
zwanzigjährig, neuster Zeit,
will nicht auf den Herren bauen,
meint, der liebe Gott wohnt weit.
Drauß bei Schleswig in der Hütte
singt das fromme Mütterlein.
„Eine Mauer um uns baue!"
singt das fromme Mütterlein;
„daß dem Feinde vor uns graue,
hüll' in deine Burg uns ein!"
„Mutter", spricht der Weltgesinnte,
„eine Mauer uns ums Haus
kriegt unmöglich so geschwinde
Euer lieber Gott heraus!"
1868 -
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180
14, Das Lied vom Fcldmarschall.
Was blasen die Trompeten? Husaren
heraus!
Es reitet der Feldmarschall im fliegenden
Saus,
er reitet so freudig sein niuthiges Pferd
und schwinget so schneidig sein blitzendes
Schwert.
O schauet, wie ihm leuchten die Augen
so klar!
O schauet, wie ihm wallet sein schnee-
weißes Haar!
So frisch blüht sein Alter wie greifender
Wein,
drum kann er Verwalter des Schlacht-
feldes sein.
Er ist der Manu gewesen, als alles
versank,
der mnthig auf gen Himmel den Degen
noch schwang;
da schwur er beim Eisen gar zornig und
hart,
Franzosen zu weisen die echtdeutsche Art.
Er hat den Schwur gehalten. Als
Kriegsruf erklang,
hei! wie der weiße Jüngling im Sattel
sich schwang.
Da ist er's gewesen, der Kehraus ge-
macht,
mit eisernem Besen das Land rein ge-
macht.
Beilützen auf der Ane er hielt solchen
Strauß,
daß vielen tausend Wälschen der Athem
ging ans;
viel Tausende liefen gar hastigen Lauf,
zehntausend entschliefen, die nie wachen
auf.
Am Wasser der Katzbach, da hat er's
auch bewährt;
da hat er den Franzosen das Schwim-
men gelehrt:
fahrt wohl, ihr Franzosen., zur Ostsee
hinab!
und nehmt, Ohnehosen, den Walfisch
zum Grab!
Bei Wartburg an der Elbe, wie fuhr
er hindurch!
Da schirmte die Franzosen nicht Schanze
noch Burg;
sie mußten wieder springen wie Hasen
über's Feld,
und hell ließ erklingen sein Hussa! der
Held.
Bei Leipzig auf dem Plane, o herr-
liche Schlacht!
da brach er den Franzosen das Glück und
die Macht!
da liegen sie so sicher nach blutigem Fall,
da ward der Herr Blücher ein Feld-
marschall.
Drum blaset, ihr Trompeten! Hu-
saren, heraus!
Du reite, Herr Feldmarschall, wiewinde
im Saus!
dem Siege entgegen, zum Rhein, über'n
Rhein,
du tapferer Degen, in Frankreich hinein!
15. Lützow's wilde Jagd.
Was glänzt dort vom Walde im Sonnen-
schein?
hört's näher und näher brausen.
Es zieht sich herunter in düsteren Reihn,
und gellende Hörner schallen darein
und erfüllen die Seele mit Grausen.
Und wenn ihr die schwarzen Gesellen
fragt,
das ist Lützow's wilde verwegene Jagd.
Was zieht dort rasch durch den finstern
Wald
und streift von Bergen zu Bergen?
Es legt sich in nächtlichen Hinterhalt,
das Hurrah jauchzt, und die Büchse knallt,
es fallen die fränkischen Schergen.
Und wenn ihr die schwarzen Jäger fragt,
das ist Lützow's wilde, verwegene Jagd.
Wo die Reben dort glühen, dort braust
der Rhein,
der Wüthrich geborgen sich meinte;
da naht es schnell mit Gewitterschein
und wirst sich mit rüst'gen Armen hinein,
und springt ans User der Feinde.
Und wenn ihr die schwarzen Schwim-
mer fragt,
das ist Lützow's wilde, verwegene Jagd.
Was braust dort im Thale die laute
Schlacht,
was schlagen die Schwerter zusammen?
Wildherzige Reiter schlagen die Schlacht,
und der Funke der Freiheit ist glühend
erwacht
und lodert in blutigen Flammen.
Und wenn ihr die schwarzen Reiter
fragt,
das ist Lützow's wilde, verwegene Jagd.
Wer scheidet dort röchelnd vom Sonnen-
licht,
unter winselnde Feinde gebettet?
1868 -
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—• 181
Es zuckt der Ted auf dem Angesicht,
doch die wackern Herzen erzittern nicht,
das Vaterland ist ja gerettet!
Und wenn ihr die schwarzen Gefall-
nen fragt,
das war Lützow's wilde, verwegene Jagd.
Tie wilde Jagd und die deutsche Jagd,
auf Henkers Blut und Tyrannen!
Drum, die ihr uns liebt, nicht geweint
und geklagt;
das Land ist ja frei und der Morgen tagt,
wenn wir's auch nur sterbend gewannen!
Und von Enkeln zu Enkeln sei's nach-
gesagt:
Das war Lützow's wilde, verwegene
Jagd!
16. Andreas Hofer.
Zn Mantua in Banden
der treue Hofer war;
in Mantua zum Tode
führt ihn der Feinde Schar.
Es blutete der Brüder Herz;
ganz Deutschland, ach! in Schmach und
Schmerz,
mit ihm das Land Tirol!
Die Hände auf dem Räckcn
Andreas Hofer ging
mit ruhig festen Schritten;
ihm schien der Tod gering,
der Tod, den er so manches Mal
vom Jselberg geschickt ins Thal
im heil'gen Land Tirol.
Doch als aus Kerkergittern
im festen Mantua
die treuen Waffenbrüder
die Hand' er strecken sah,
da rief er aus: „Gott sei mit euch,
mit dem verrath'nen deutschen Reich
und mit dem Land Tirol!"
Dem Tambour will der Wirbel
nicht unterm Schlägel vor,
als nun Andreas Hofer
schritt durch das finstre Thor; —
Andreas, noch in Banden frei,
dort stand er fest aus der Bastei,
der Mann vom Land Tirol.
Dort solltf er niederknieng
er sprach: „Das thu' ich nit;
will sterben, wie ich stehe,
und wie ich stand und stritt,
so wie ich steh' auf dieser Schanz';
es leb' mein guter Kaiser Franz,
mit ihm sein Land Tirol!"
Und von der Hand die Binde
nimmt ihm ein Grenadier;
Andreas Hofer betet
zum letzten Mal allhier;
dann ruft er laut: „So trefft mich recht;
gebt Feuer! — Ach, wie schießt ihr
schlecht!
Ade, mein Land Tirol!"
17. Der gute Kamerad.
Ich hatt' einen Kameraden,
einen bessern sind'st du nit.
Die Trommel schlug zum Streite,
er ging an meiner Seite
in gleichem Schritt und Tritt.
Eine Kugel kam geflogen,
gilt's mir, oder gilt es dir?
Ihn hat es weggerissen,
er liegt mir vor den Füßen,
als wär'ö ein Stück von mir.
Will mir die Hand noch reichen,
derweil ich eben lad'.
Kann dir die Hand nicht geben,
bleib' du im ew'gen Leben
mein guter Kamerad!
18. Und noch ein guter Kamerad.
Es geht bei gedämpfter Trommel
Klang,
wie weit noch die Stätte, der Weg wie
so lang!
O, wär er zur Ruh und alles vorbei,
ich glaub', es bricht mir das Herz entzwei.
Ich hab' in der Welt nur ihn geliebt,
nur ihn, dem jetzt man den Tod doch
giebt!
Bei klingendem Spiele wird paradiert,
dazu bin auch ich, auch ich kommandiert.
Nun schaut er ans zum letzten Mal
in Gottes Sonne freudigen Strahl,
jetzt binden sie ihm die Augen zu!
dir schenke Gott die ewige Ruh!
Es haben die Neun wohl angelegt,
acht Kugeln haben vorbei gefegt,
sie zitterten alle vor Jammer und Schmerz,
ich aber, ich traf ihn mitten in's Herz.
19. Das Mantcllicd.
Schier dreißig Jahre bist du alt,
hast manchen Sturm erlebt,
hast mich wie ein Bruder beschützet,
und wenn die Kanonen geblitzet,
wir beide haben niemals gebebt.
1868 -
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182
Wir lagen manche liebe Nacht
durchnäßt bis auf die Haut;
du allein du hast mich erwärmet,
und was mein Herze hat gehärmet,
das hab' ich dir, Mantel, vertraut.
Geplaudert hast du nimmermehr,
du warst mir still und treu,
du warst getreu in allen Stücken,
drum laß ich dich auch nicht mehr flicken,
du, Alter, du würdest sonst neu.
Und mögen sie mich verspotten,
du bleibst mir theuer doch;
denn wo die Fetzen herunterhängen,
sind die Kugeln hindurch gegangen,
jede Kugel, die machte ein Loch.
Und wenn die letzte Kugel schlägt
ins preuß'sche Herz hinein,
lieber Mantel, laß dich mit mir begraben,
weiter will ich von dir nichts mehr haben,
in dich hüllen sie mich ein.
Da liegen wir zwei beide
bis zum Appell im Grab!
der Appell, der macht alles lebendig,
da ist es denn auch ganz nothwendig,
daß ich meinen Mantel hab!
20. Lied eines deutschen Knaben.
Mein Arm ist stark und groß mein Muth,
gieb, Vater, mir ein Schwert!
Verachte nicht mein junges Blut;
ich bin der Väter werth!
Ich finde fürder keine Ruh'
im weichen Knabenstand!
Ich stürb', o Vater, stolz wie du,
den Tod für's Vaterland!
Schon früh in meiner Kindheit war
mein täglich Spiel der Krieg!
Im Bette träumt' ich nur Gefahr
und Wunden nur und Dieg.
Mein Feldgeschrei erweckte mich
ans mancher 'Türkenschlacht;
noch jüngst ein Faustschlag, welchen ich
dem Bassa zugedacht!
Da neulich unsrer Krieger Schar-
auf dieser Straße zog,
und, wie ein Vogel, der Husar
das Haus vorüberflog:
Da gaffte starr und freute sich
der Knaben froher Schwarm,
ich aber, Vater, härmte mich
und prüfte meinen Arm.
Mein Arm ist stark und groß mein
Muth!
Gieb, Vater, mir ein Schwert!
Verachte nicht mein junges Blut;
ich bin der Väter werth.
21. Der reichste Fürst.
Preisend mit viel schönen Reden
ihrer Länder Werth und Zahl,
saßen viele deutsche Fürsten
einst zu Worms im Kaisersaal.
„Herrlich", sprach der Fürst von
Sachsen,
„ist mein Land und seine Macht;
Silber hegen seine Berge
wohl in manchem tiefen Schacht."
„Seht mein Land in üpp'ger Fülle",
sprach der Kurfürst von dem Rhein,
„gold'ne Saaten in den Thälern,
auf den Bergen edlen Wein!"
„Große Städte, reiche Klöster",
Ludwig, Herr zu Baiern, sprach,
„schaffen, daß mein Land den euren
wohl nicht steht an Schätzen nach."
Eberhard der mit dem Barte,
Würtembergs geliebter Herr,
sprach: „Mein Land hat kleine Städte,
trägt nicht Berge silberschwer;
Doch ein Kleinod hält's verborgen:
daß in Wäldern, noch so groß,
ich mein Haupt kann kühnlich legen
jedem Unterthan in Schoß."
Und es rief der Herr von Sachsen,
der von Baiern, der vom Rhein:
„Graf im Bart, Ihr seid der Reichste!
Euer Land trägt Edelstein."
22. Heil dir im Siegerkrlinz.
Heil dir im Siegerkranz,
Herrscher des Vaterlands!
Heil, König, dir! »
Fühl in des Thrones Glan; -
die hohe Wonne ganz,
Liebling des Volks zu sein!
Heil, König, dir!
Nicht Roß, nicht Reisige
sichern die steile Höh,
wo Fürsten stehn;
Liebe des Vaterlands,
Liebe des freien Manns ^
gründen des Herrschers Thron,
wie Fels im Meer.
1868 -
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184
Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne mir das große Land!
Ist's Land der Schweizer? ist's Tirol?
Das Land und Volk gefiel mir wohl. —
Doch nein rc.
Was ist des Deutschen Vaterland?
Sc nenne mir das große Land!
Gewiß, es ist das Oesterreich,
an Ehren und an Siegen reich. —
O nein rc.
Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne mir das große Land! —
So weit die deutsche Zunge
klingt
und Gott im Himmel Lieder
singt. —
Chor: Das soll es sein! Das soll
es sein!
Das, wackrer Deutscher,
nenne dein!
Das ist das deutsche Vaterland,
wo Eide schwört der Druck der Hand,
wo Treue hell vom Auge blitzt
und Liebe warm im Herzen sitzt. — Das-
soll rc.
D a's ist das deutsche Vaterland,
wo Zorn vertilgt den wälschen Tand,
wo jeder Frevler heißet Feind,
wo jeder Edle heißet Freund,
Chor: Das soll essein! Das soll
es sein!
Das ganze Deutschland soll
es sein!
Das ganze Deutschland soll es sein!
O Gott vom Himmel, sieh darein,
und gieb uns rechten deutschen Muth,
daß wir es lieben treu und gut.
Chor: Das soll essein! Das soll
es sein!
Das ganze Deutschland soll
es sein!
Zweiter Abschnitt.
25. Der Milchtopf.
Gehörig anfgeschiirzt, mit starken
Schritten,
den Milchtopf auf dem Kopf, ging Marthe
nach der Stadt,
um ihre Waare feil zu bieten.
Weil doch nun beim Verkauf ein jeder
Sorgen hat,
so überdachte sie, was, wenn's das Glück
ihr gönnte,
sie wohl damit verdienen könnte.
„Sechs Batzen", dachte sie, „giebt mir
wohl jedermann,
denn in der Stadt ist alles theuer.
Die streich' ich also ein und lege sie
mir an
und kaufe mir, soweit sie reichen, Eier;
die bring' ich wieder in die Stadt.
Das Glück hat oft sein Spiel. Für das,
was ich gewann,
kauf' ich mir lauter Hühner rin.
Da legt mir eine jede Henne;
ich zieh' auch dreimal Brut. Wie wird
sich Marthe freun,
wenn so viel Hühner um sie Nattern!
Die soll gewiß kein Fuchs ergattern.
Sind sie daun groß genug, ss kauf' ich
nur ein Schwän;
die Kleie hab' ich schon dazu.
Das Schwein verkauf' ich auch und kauf'
mir eine Kuh;
die wirft ein Kalb, ein Kalb voll Muth
und Feuer.
Ho, wie es springt! —Hopf, Anne
Marthe, hopf!" —
Hier springt sie. — Gute Nacht Kalb,Kuh,
Schwein, Hühner, Eier!
Da lag der Topf!
26. Die beide» Hunde.
Ein Junker hielt sich ein Paar Hunde
es war ein Pudel und sein Sohn.
Der junge, Namens Pautalon,
vertrieb dem Herrchen manche Stunde.
Er konnte tanzen, Wache stehn,
den Schubkarrn ziehn, in's Wasser gehn,
und alles dieses aus dem Grunde.
Der schlaue Fritz, des Jägers Kind,
war Lehrer unsers Hunds gewesen,
und dieser lernte so geschwind,
als mancher Knabe kaum das Lesen.
Einst fiel dem kleinen Junker ein,
es müsse noch viel leichter sein,
den alten Hund gelehrt zu machen. —
Herr Schnurr war sonst ein gutes Vieh,
doch seine Herrschaft zog ihn nie
zu solchen hochstudierten Sachen;
er konnte bloß das Haus bewachen.
1868 -
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185
Der Knabe nimmt ihn vor die Hand
und stellt ihn aufrecht an die Wand ;
allein der Hund fällt immer wieder
auf seine Vorderfüße nieder.
Man rufet den Professor Fritz.
Auch der erschöpfet seinen Witz.
Umsonst! Es will ihm nicht gelingen,
den alten Schüler zu bezwingen.
Vielleicht, sprach Fritze, hilft der Stock.
Er holt den Stock, man prügelt Schnur-
ren ;
doch bleibt er steifer als ein Bock,
und endlich fängt er an zu murren.
„Was wollt ihr?" sprach der arme Tropf;
„ihr werdet meinen grauen Kopf
doch nimmermehr znm Doctor schlagen.
Geht, werdet durch mein Beispiel klug,
ihr Kinder, lernet jetzt genug,
ihr lernt nichts mehr in alten Tagen."
27. Till Eulcnspicgel.
Till Eulenspiegel zog einmal
mit andern über Berg und Thal.
So oft als sie zu einem Berge kamen,
ging Till an seinem Wanderstab
den Berg ganz sacht und ganz betrübt
hinab;
allein wenn sie berganwärts stiegen,
war Eulenspiegel voll Vergnügen.
„Warum", fing einer an, „gehstdubergan
so froh,
bergunter so betrübt?" „Ich bin", sprach
Till, „nun so.
Wenn ich den Berg hinunter gehe,
so denk' ich Narr schon an die Höhe,
die folgen wird, und da vergeht mir
denn der Scherz;
allein wenn ich berganwärts gehe,
so denk' ich an das Thal, das folgt, und
fass' ein Herz."
28. Johann der Seifensieder.
Johann, der muntre Seifensieder,
erlernte viele schöne Lieder
und sang mit unbesorgtem Sinn
den Tag bei seiner Arbeit hin.
Zu beißen hatt' er oft sehr wenig;
doch war er froher, als ein König,
und seiner hellen Stimme Kraft
durchdrang die ganze Nachbarschaft.
Man horcht, man fragt: „Wer singt schon
wieder?"
„Wer ist's? — Der muntre Seifen-
sieder."
Es wohnte neben diesem an
ein reicher, fauler, feister Mann,
der prassend oft die halbe Nacht durch-
wachte
und dann zur Nacht den lichten Morgen
machte.
Doch schloß er kaum die Augen zu,
so stört' ihn schon in seiner Ruh'
durch seine frohen Morgenlieder
Johann, der muntre Seifensieder.
Drob zürnt der reiche, faule Mann
und hebt, wenn jener singt, voll Un-
muth an:
„Der Geier hole deine Lieder,
vermaledeiter Seifensieder.
Ach! wäre doch, zu meinem Heil,
der Schlaf hier wie die Austern feil!"
Den Sänger, den er früh vernommen,
läßt er des Mittags zu sich kommen
und spricht: „Mein lustiger Johann,
wie geht es euch? Wie fangt ihr's an?
Ein jeder rühmt mir eure Waare.
Sagt, wieviel bringt sie ein im Jahre?"
„Imjahre? Herr, mir fällt nicht bei,
wie groß im Jahr mein Vortheil sei.
So rechn' ich nicht. Ein Tag bescheret,
was der, so auf ihn folgt, verzehret.
Das kömmt im Jahr, ich weiß die Zahl,
dreihundert fünf und sechzig mal."
„Schon recht; doch könnt ihr mir nicht
sagen,
was Pflegt ein Tag wohl einzu-
tragen?" —
„Mein Herr, ihr forschet allzusehr;
der eine weniger, der andre mehr." —
Der reiche Mann, gar sehr erfreut
ob dieser guten Nachricht, beut
dem liederreichen Nachbarsmanu
viel schöne blanke Thaler an,
nur daß er künftig nicht mehr singe
und um den Morgenschlaf ihn bringe.
Johann verspricht's, läuft hocherfreut
mit seinen Thalern heim und scheut
wie Diebesaugen aller Blicke,
ist ganz betäubt von seinem Glücke,
zählt, streichelt, küßt sogar sein Geld
und wähnt sich nun den glücklichsten der
Welt.
Um seinen lieben Schatz zu hüten
und schnöden Dieben Trotz zu bieten,
verwahrt er ihn bei Tag und Nacht
in einem wohlbeschlagnen Kasten;
doch so auch kann er noch nicht rasten,
weil ihm jetzt alles Argwohn macht.
1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: Meyn, Ludwig, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Sach, August
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
186
Sobald sich nur der Haushund reget,
sobald der Kater sich beweget,
springt er erschrocken ans und glaubt,
man hab' ihn wirtlich schon beraubt,
bis, oft gestoßen, oft geschmissen,
sich endlich beide packen müssen.
Er sieht zuletzt, je mehr er spart,
daß Sorge sich mit Reichthum paart,
sieht alle Ruhe, alle Freuden
sich unbarmherzig von ihm scheiden.
Ihm schmeckt kein Essen, schmeckt kein
Trank,
und Seufzer hört man statt Gesang.
Zuletzt erwacht sein vor'ger Sinn;
schnell läuft er zu dem Nachbar hin
und spricht: „Herr, lehrt mich bess're
Sachen,
als, statt des Singend, Geld bewachen!
Nehmt eure Thaler wieder hin
und laßt mir meinen frohen Sinn!
Mag, wer da will, euch euer Gluck be-
neiden !
ich tausche nicht mit euren Freuden.
Mir ward statt Gold und Goldesklang
ein froher Sinn und froher Sang.
Was ich gewesen, werd' ich wieder:
Johann, der muntre Seifensieder."
29. Die Tabakspfeife.
„Gott grüß' euch, Älter! — Schmeckt
das Pfeifchen?
Weis't her! — Ein Blumentopf
von rothem Thon, mit goldnen Reifchen!
was wollt ihr für den Kopf?"
„O Herr, den Kopf kann ich nicht lassen,
er kömmt vom bravsten Mann,
der ihn, Gott weiß es! einem Bassen
bei Belgrad abgewann.
Da, Herr, da gab es rechte Bente.
Es lebe Prinz Engen!
Wie Grummet sah man unsre Leute
der Türken Glieder mähn!"
„Ein andermal von euren Thaten!
Hier, Alter, seid kein Tropf!
nehmt diesen doppelten Dukaten
für euren Pfeifenkopf."
„Ich bin ein armer Kerl und lebe
von meinem Gnadensold :
doch Herr, den Pfeifenkopf, den gebe
ich nicht um alles Gold.
Hört nur: Einst jagten wir Husaren
den Feind nach Herzenslust,
da schoß ein Hund von Janitscharen
den Hanptmann in die Brust.
Ich hob ihn flugs auf meinen
Schimmel, —
er hätt' es auch gethan —
und trug ihn sanft ans dem Getümmel
zu einem Edelmann.
Ich pflegte sein. Vor seinem Ende
reicht' er mir all' sein Geld
und diesen Kopf, drückt' mir die Hände
und blieb im Tod noch Held.
Das Geld mußt du dem Wirthe
schenken,
der dreimal Plünd'rnng litt.
So dacht' ich, und zum Angedenken
nahm ich die Pfeife mit.
Ich trug auf allen meinen Zügen
sie wie ein Heiligthum,
wir mochten weichen oder siegen,
im Stiefel mit herum.
Vor Prag verlor ich auf der Streife
das Bein durch einen Schuß;
da griff ich erst nach meiner Pfeife
und dann nach meinem Fuß."
„Ihr rührt mich, Alter, bis zu Zähren.
O sagt, wie hieß der Mann?
damit auch mein Herz ihn verehren
und ihn beweinen kann."
„Man hieß ihn nur den tapfern
Walter.
Dort liegt sein Gut am Rhein —"
„Das war mein Ahne, lieber Alter,
und jenes Gut ist mein.
Kommt, Freund, ihr sollt bei mir nun
leben.
Vergesset eure Noth!
Kommt, trinkt mit mir von Walter's
Neben
und eßt von Walter's Brot!"
„ Nun, topp! ihr seidsein wackrer Erbe!
Ich ziehe morgen ein,
und euer Dank soll, wenn ich sterbe,
die Türkenpfeife sein."
30. Ibrahim.
Eh' Ferdinand mit frommer Wuth
die Mauren von sich stieß,
floß Omar's junges Heldenblut
durch Gusmann's Ritterspieß.
1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: Meyn, Ludwig, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Sach, August
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
190
der Zöllner sprang zum Dach hinan
und blickt' in den Tumult hinaus.
„Barmherziger Himmel, erbarme
dich!
Verloren! verloren! Wer rettet
mich?"
Die Schollen rollten Schuß auf Schuß
von beiden Ufern, hier und dort;
von beiden Ufern riß der Fluß
die Pfeiler sammt den Bogen fort.
Ter bebende Zöllner mit Weib und
Kind —
er heulte noch lauter, als Strom und
Wind.
Die Schollen rollten Stoß auf Stoß
an beiden Enden, hier und dort;
zerborsten und zertrümmert schoß
ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich.
„Barmherziger Himmel, erbarme
dich!"
Hoch auf dem fernen Ufer stand
ein Schwarm von Gaffern, groß und
klein,
und jeder schrie und rang die Hand;
doch mochte niemand Retter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und
Kind
durchheulte nach Rettung den Strom
und Wind.
Wann klingst du, Lied vom braven Mann,
wie Orgelton und Glockenklang?
Wohlan, so nenn' ihn, nenn' ihn dann!
Wann nennst du ihn, o braver Sang?
Bald nahet der Mitte der Umsturz
sich:
O braver Mann, braver Mann, zeige
dich!
Rasch galopiert ein Graf hervor,
auf hohem Roß, ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war es, voll und straff.
„Zweihundert Pistolen sind zugesagt
dem, welcher die Rettung der Armen
wagt!"
Wer ist der Brave? Jst's der Graf?
Sag' an, mein braver L-ang, sag' an!
Der Graf, beim höchsten Gott, war brav;
doch weiß ich einen bravern Mann.
O braver Mann, braver Mann, zeige
dich!
Schon naht das Verderben sich fürch-
terlich.
Und immer höher schwoll die Flui,
und immer lauter schnob der Wind,
und immer tiefer sank der Muth. —
„O Netter, Retter, komm geschwind!"
Stets Pfeiler bei Pfeiler zerborstund
brach;
laut krachten und stürzten die Bogen
nach.
„Halloh! halloh! frisch auf! gewagt!"
Hoch hielt der Graf den Preis empor.
Ein jeder hört's, doch jeder zagt;
aus Tausenden tritt keiner vor.
Vergebens durchheulte mit Weib und
Kind
der Zöllner nach Rettung den Strom
und Wind.
Sieh', schlecht und recht ein Bauersmann
am Wanderstabe schritt daher,
mit grobem Kittel angethan,
an Wuchs und Antlitz hoch und hehr.
Er hörte den Grafen, vernahm sein
Wort
und schaute das nahe Verderben dort.
Und kühn in Gottes Namen sprang
er in den nächsten Fischerkahn.
Trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang
kam der Erretter glücklich an.
Doch wehe! der Nachen war allzu-
klein,
der Netter von allen zugleich zu sein.
Und dreimal zwang er seinen Kahn
trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang,
und dreimal kam er glücklich an,
bis ihm die Rettung ganz gelang.
Kaum waren die letzten im sichern
Port,
so rollte das letzte Getrümmer fort.
„Hier", rief der Graf, „mein wackrer
Freund,
hier ist der Preis! Komm her, nimm hin!"
Sag' an, war das nicht brav gemeint?
Bei Gott, der Graf trug hohen Sinn;
doch höher und himmlischer wahrlich
schlug
das Herz, das der Bauer im Kittel
trug.
„Mein Leben ist für Geld nicht feil;
arm bin ich zwar, doch hab' ich satt.
Dem Zöllner werd' Euer Geld zu Theil,
der Hab' und Gut verloren hat!"
So rief er mit herzlichem Biedcrton
und wandte den Rücken und ging
davon.
1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
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- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Die Naben ziehen krächzend zumal
nach dem Hochgericht, zu halten ihr Mahl.
„Wen flechten sie auf das Rad zur
Stund' ?
Was hat er gethan? wie ward es kund?"
Die Sonne bracht' es an den
Tag!
36. Kolumbus.
„Was willst du, Fernando, so trüb'
und bleich?
Du bringst mir traurige Mär!"
„Ach, edler Feldherr, bereitet Euch!
nicht länger bezähm' ich das Heer!
Wenn jetzt nicht die Küste sich zeigen will,
so seid Ihr ein Opfer der Wuth;
sie fordern laut wie Stnrmgebrüll
des Feldherrn heil'ges Blut."
Und eh' noch dem Ritter das Wort
entflohn,
da drängte die Menge sich nach,
da stürmten die Krieger, die wüthenden,
schon
gleich Wogen in's stille Gemach,
Verzweiflung im wilden, verlöschenden
Blick,
auf bleichen Gesichtern der Tod! —
„Verräther! wo ist nun dein gleißendes
Glück?
jetzt rett' uns vom Gipfel der Noth!
Du giebst uns nicht Speise, so gieb uns
dein Blut!
Blut!" rief das entzügelte Heer. —
Sanft stellte der Große den Felsenmuth
entgegen dem stürmenden Meer.
„Befriedigt mein Blut euch, so nehmt es
und lebt!
Doch bis noch ein einziges Mal
die Sonne dem feurigen Osten entschwebt,
vergönnt mir den segnenden Strahl.
Beleuchtet der Morgen kein rettend
Gest ad,
so biet' ich dem Tode mich gern;
bis dahin verfolgt noch den muthigen
Pfad
und trauet der Hülfe des Herrn!"
Die Würde des Helden, sein ruhiger
Blick
besiegte noch einmal die Wuth.
Sie wichen vom Haupte des Führers
zurück
ltnb schonten sein heiliges Blut.
„Wohlan denn, es sei noch! doch hebt
sich der Strahl
und zeigt uns kein rettendes Land,
so siehst du die Sonne zum letzten Mal,
so zittre der strafenden Hand!"
Geschlossen war also der eiserne Bund;
die Schrecklichen kehrten zurück. —-
Es thue der leuchtende Morgen nun kund
des duldenden Helden Geschick!
Die Sonne sank, der Tag entwich;
des Helden Brust ward schwer.
Der Kiel durchrauschte schauerlich
das weite, wüste Meer.
Die Sterne zogen still herauf,
doch ach! kein Hoffnungsstern!
Und von des Schiffes ödem Lauf
blieb Land und Rettung fern.
Vom Trost des süßen Schlafs ver-
bannt,
die Brust voll Gram, durchwacht,
nach Westen blickend unverwandt,
der Held die düstre Nacht.
„Nach Westen, o nach Westen hin
beflügle dich, mein Kiel!
Dich grüßt noch sterbend Herz und Sinn,
du meiner Sehnsucht Ziel!
Doch mild, o Gott, von Himmelshöhn
blick auf mein Volk herab!
Laß sie nicht trostlos untergehn
im wüsten Flutengrab!"
Es sprach's derheld, von Mitleid weich;
da — horch! welch eiliger Tritt?
„Noch einmal, Fernando, so trüb' und
bleich?
Was bringt dein bebender Schritt?"
„Ach, edler Feldherr, es ist geschehn!
Jetzt hebt sich der östliche Strahl!"
„Sei ruhig, mein Lieber, von himm-
lischen Höhn
entwand sich der leuchtende Strahl.
Es waltet die Allmacht von Pol zu Pol,
mir lenkt sie zum Tode die Bahn."
„Leb' wohl denn, mein Feldherr, leb'
ewig wohl!
ich höre die Schrecklichen nahn!"
Und eh' noch dem Ritter das Wort
entflohn,
da drängte die Menge sich nach ;
da stürmten die Krieger, die wüthenden,
schon
gleich Wogen in's stille Gemach.