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1. Geschichts-Bilder - S. 546

1878 - Langensalza : Greßler
546 Wir schließen mit den Worten des Dichters: »Nun laßt die Glocken von Thurm zu Thurm Durch's Land frohlocken im Jubelsturm! Des Flammenstoßes Geleucht facht an, Der Herr hat Großes an uns gethan. Ehre fei Gott in der Höhe«! Anhang. Gotthold Ephraim Lessing. *) (Geh. den 27. Januar 1729. Gest. den 15. Febr. 1781.) Lessing erblickte das Licht der Welt zu Carnenz in der Ober-lausitz, wo sein Vater lutherischer Prediger war. Dieser, ein biederer, frommer und sehr gelehrter Manu, hatte schon früh eine Erziehung erlangt, die sowohl die wissenschaftliche als die christliche Ausbildung des Knaben im Auge hatte. Die Eltern hatten ihn früh beten gelehrt und ihm fleißiges Bibellesen, wie es auch als Andacht im häuslichen Kreise betrieben wurde, zur Pflicht gemacht; ja, die geistlichen lieber, die er lernte, weckten in ihm die ersten funken $ur Begeisterung der Dichtkunst. Mit dieser religiösen Bildung ging die frühzeitige Aufklärung Hand in Hand, indem der Vater schon den fünfjährigen Knaben nicht nur anleitete, was er glauben sondern auch wie und warum er glauben sollte. ' ftrüh sprach sich in dem Knaben der Geist der Selbstständigkeit und das Bewußtsein dessen aus, was feine künftige Bestimmung war. Als ihn ein Maler neben einem Vogelbauer mit einem Vogel dann malen wollte, wie es diesem für das Bild eines Kindes paffend fchten, widersprach der kleine Lessing; er wollte sich lieber unter einem Haufen Bücher gemalt sehen! — Auf der Fürstenfchule zu Meißen, wohin feine Eltern ihn schickten, machte Lefsing frühzeitig gute Fortschritte. Schon hier warb der Trieb des Selbstbenkens mächtig in ihm rege. Die gewöhnlichen Schularbeiten reichten nicht hm, feinen rasch denkenden Geist hinlänglich zu beschäftigen, so daß der Rektor der Schule gegen seinen Vater äußerte: »Das ist ein doppeltes Futter haben muß. Die Lectionen, die Anbern zu schwer werben, sinb ihm fitiberleicht, wir können ihn fast nicht mehr brauchen.« — ©torn Lefsing's wünschten ihn zum Theologen zu machen, die Mutter besonbers trug sich mit dem Gebanken, daß ihr Gottholb Ephraim »ein rechter Gottesmann werbe.« Aber Lessing zeigte keine *) Nach Hagenbach und Weber.

2. Geschichts-Bilder - S. 555

1878 - Langensalza : Greßler
555 Philosophie, Geschichte, Sprachen und den schönen Wissenschaften zuwandte. Ohne irgend einer Hülssquelle gewiß zu sein, ließ sich Herder als Student der Königsberger Hochschule einschreiben. Drei Thaler und acht Groschen waren seine ganze Barschaft. Von seinen Eltern durfte er keine bedeutende Unterstützung erwarten; sein Vater starb schon im nächsten Jahre. Die Geldverlegenheit vermehrte sich, da auch der Chirurgus die Hand von ihm zurückzog. Auf eigene Füße gestellt und nur von wenigen edlen Freunden unterstützt, sollte der allseits gehemmte und gedrückte Genius (eine mit ausgezeichnetem Geiste begabte Person) sich selber Bahn brechen. Der Kampf führte indessen bald zum Siege; über die ersten rauhen Stufen, durch die ersten dunkeln Gänge ging es bald rascher und freudiger dem Tempel des Ruhmes zu. Mit Kraft und Lebensmuth warf sich der junge Student auf mehrere Zweige des Wissens zugleich und schwärmte anfangs wie eine Biene umher, die aus den verschiedenartigsten Blumen Honig saugt; doch blieb sein Hauptstudium die Theologie. Besondere Achtung flößten ihm Kant, Hamann und Lilienthal (Männer, die damals als Lehrer die Königsberger Hochschule zierten) ein. Im Jahre 1763 erhielt Herder ein Stipendium und wurde Gymnasiallehrer am dortigen Friedrichskollegium. Als Lehrer war er ernst und hielt auf Fleiß und Aufmerksamkeit in seinen Klassen; aber eben so streng war er gegen sich selbst. So reifte die feurige Seele des sonst schüchternen Jünglings allmälig zur männlichen Klarheit und Festigkeit heran. Die an-geborne Blödigkeit des Charakters verlor sich mehr und mehr; seine Lebensansicht erweiterte sich, und die Ideen von bürgerlicher Freiheit und bürgerlichem Wohl, mit denen er sich schon lange im Stillen getragen, erhielten jetzt Gestalt und Umriß, wurden zur That und Wahrheit in ihm. Durch Hamanns Empfehlung wurde ihm 1764 in Riga an der Domschule die Stelle als Kollaborator zu Theil. Hier blieb er fünf Jahre, bestand dort ein theologisches Examen und predigte auch öfter. Mit großer Liebe und Begeisterung umfaßte er seinen doppelten Beruf. Bald gewann er das Vertrauen und die Liebe der Schüler im hohen Grade. Seine Lehrmethode war so vortrefflich, daß die Schüler keine Lection mit größerer Lust beiwohnten als derjenigen, die von ihm gegeben ward. Als Prediger gefiel er sich nicht in Phantasiespielen und Wortgeklingel, strebte nicht nach Beifall der Beredsamkeit, sondern nach einer gründlichen Erbauung seiner Zuhörer. Darum suchte ihn auch die Behörde in Riga zu fesseln. Herder aber fühlte Sehnsucht, einen größeren Theil der gebildeten Welt kennen zu lernen. Er entschloß sich, eine Reise ins Ausland zu machen (1769), wozu seine Freunde ihn unterstützten.

3. Geschichts-Bilder - S. 556

1878 - Langensalza : Greßler
556 Zunächst ging Herder über Nantes nach Paris. Hier machte er Bekanntschaft mit den berühmtesten Männern. Nachdem er auch Holland und die Niederlande gesehen, kehrte er über Hamburg nach ?tna Ir1 Vurä?‘ • f f0r ^ise besuchte er Lessing, Clau-; c? ?' Retmams und den Pastor Götze. Unter diesen sehr verschiedenen Geistern trat Claudius, der Wandsbecker Bote am nächsten tn bte Rechte der Herderschen Freundschaft ein. ' Wr{5’men!, Lras-! der ihm in Paris geworben war, den f?ien* tn ?etn-Oldenburg auf Reisen zu begleiten, begab .5 an ^en Hos zu Eutln. Die Reise mit dem Prinzen führte ihn über Darmstadt, wo er die erste Bekanntschaft mit seiner nachmaligen Gattrn (Karolina von Flachsland) machte. In Slrak-bnrg wo Herder sich längere Zeit aufhielt, um zugleich an seinem kranken Auge sich opertren zu lassen, besuchte er G othe und Junget tllmg. Letzterer sagt über Herder in einem Briefe: »Niemals habe er einen Menschen mehr bewundert, als diesen Mann; von tym habe er einen Stoß erhalten zur ewigen Bewegung; er hat nur einen Gedanken, und dieser ist eine ganze Welt.« — »Was in Tri111 ®eifte (sagt Göthe) für eine Bewegung, was in einer solchen Natur für eine Gähmng müsse gewesen sein, läßt sich weder fassen noch darstellen. Groß aber war gewiß das eingehüllte Streben tote man leicht eingestehen wirb, wenn man bebenkt, wie viele ^ahre nachher und was er alles gewirkt und geleistet hat«____________ »^n jemen^ugenbjahrett«, sagt Göthe, »hatte Herber etwas Weiches tn seinem Betragen, das sehr schicklich und anstänbig war, ohne öaft es eigentlich abrett gewesen wäre, ein rundes Gesicht eine bedeutende Stirn, eine etwas stumpfe Nase, einen aufgeworfenen aber angenehmen, liebenswürdigen Mund.« — Wir treten jetzt der Mannesgestalt Herders näher und folgen im tn feiner amtlichen, öffentlichen Wirksamkeit in Kirche und öcfiu.e. rjtn Mai 1771 berief ihn der Graf von Schaumburg--tppe als Konsistorialrath und Superintendenten nach Bückeburg. er ^ anfangs, ungeachtet feines häuslichen Glücks, und schien sich mit dem ernsten Grasen nicht zu verstehen. Trotzdem vergab _ er feinem Berufe nichts, sondern trat mit Freimuts) utto Festigkeit auf. ^ Später lernte ihn der Graf immer höher schätzen, und thr Verhältniß wurde inniger. Besonders aber fanden Herder und feine Gattin in der Gräfin Maria eine herrliche, eben so fromme als teilnehmende Seele, die ihnen mit aufrichtiger Liebe ergeben war. — Seine in Bückeburg gehaltenen Predigten über das leben Jesu brachten bei der Gemeinde großen Eindruck hervor, ^te sind etnem Felde voll ausgestreuter Samenkörner zu ver-gleichen, die alle ihre weitere Befruchtung vom Himmel gewärtigen. Ueberbtes ließ ihm das Amt hinlängliche Muße zur Schriftstellerei. Die frischesten, anregendsten, feurigsten Genüsse der Phantasie und

4. Geschichts-Bilder - S. 557

1878 - Langensalza : Greßler
557 des Herzens gingen hier aus seiner Feder hervor. So die älteste Urkunde des Menschengeschlechts, die er aus einer Empfindung, aus einem Guß und Athem in den Morgenstunden der längsten Sommertage niederschrieb. Außerdem verfaßte er hier die Provinzialblätter und die Philosophie der Geschichte der Menschheit. Ein Versuch, Herdern als Professor nach Göttingen zu ziehen, mißlang nach vielseitigen Unterhandlungen. Da erging von Göthe die vorläufige Anfrage an ihn: ob er die Stelle eines General-Superintendenten in Weimar annehmen wolle? Mit freudigem Herzen ging er auf das Anerbieten ein. Im Frühling 1776 trat er sein neues Amt an. In Weimar fand er einen gesegneten Wirkungskreis, obgleich es auch an harten Kämpfen gegen steifes Formenwesen und gegen niedrige Angriffe nicht fehlte. Herder wurde hier in die engste Verbindung mit den Geistern gebracht, von denen damals überhaupt das neue geistige Leben in Deutschland ausging, mit Wieland, Schiller, Göthe, Jean Paul u. A. Neben seiner vielseitigen Wirksamkeit in Kirche und Schule fand Herder noch Zeit und Kraft genug, Dichter des Cid, Verfasser ästhetischer un ^philosophischer Abhandlungen verschiedenen Inhalts, Sammler von Volksliedern aller Nationen zu werden. Sein Werk über den Geist der hebräischen Poesie, seine Briefe über das Studium der Theologie griffen tief und durchdringend in die Ansichten der Zeit ein, und streueten Samenkörner für die fernere Zukunft aus. Das Schulwesen des Weimarischen Landes verdankte Herdern manches Gute: er drang auf Verbesserung des Gymnasiums, errichtete ein Schullehrer-Seminar, besorgte einen neuen Katechismus, ein neues Gesangbuch und führte zweckmäßige Lehrbücher ein. Leider wurde Herders Gesundheit, besonders seit 1789, öfter gestört. Er sah sich deshalb genöthigt, die Bäder in Aachen, Karlsbad und Eger zu besuchen. Eine Reise nach Italien brachte seinem Körper einigermaßen Stärkung und seinem Geiste Gewinn. Sein Blick für Kunst und Alterthum ward noch mehr geschärft und geübt-Natur und Sitte des Landes fanden an ihm einen seelenvollen Beobachter. Im Jahre 1801 wurde Herder Präsident des Konsistoriums Diese Stellung verwickelte ihn in manche Verdrießlichkeiten. Kurz vor seinem Tode erhielt er von dem Kurfürsten von Baiern für sich und seine Nachkommen den Adelsbrief. Im September 1803 wurde Herders Körper immer schwächer; Gichtanfälle und Ueber-spannung ,der Nerven stürmten wechselweise auf sein edles Leben ein; ärztliche Hülfe war vergebens. Er starb am 18. December 1803 in den Armen seines Sohnes Gottfried. Die entseelte Hülle des

5. Geschichts-Bilder - S. 563

1878 - Langensalza : Greßler
563 Aufnahme in dem Hause des Professors Böhme, der Geschichte und Staatsrecht lehrte. Als Göthe mit dem Plane hervortrat, sich den alten Sprachen und schönen Wissenschaften widmen zu wollen, mißbilligte Böhme dieses Vorhaben und empfahl ihm das Studium-der römischen Alterthümer und der Rechtsgeschichte. In Folge dessen gab Göthe seinen Plan auf und entschied sich für die Rechtswissenschaft. Er ließ sich jedoch nicht abhalten, auch Gellerts Vorlesungen über Literaturgeschichte zu hören. Eines Tages wagte es Göthe, Letzterem einige seiner poetischen Versuche zu zeigen. Diese fanden Gellerts Beifall nicht. Da nahm Göthe Alles, was er an Versen und Prosa geschrieben, und übergab es den Flammen. Durch Schlosser erhielt Göthe Zutritt zu manchen gelehrten und einflußreichen Männern. Von jetzt ab las er fleißig in Les-sings, Gleims, Hallers, Ramlers und Wielands Schriften. Poetischen Stoff aber sammelte er auf einsamen Spaziergängen. Durch den tiefen und bleibenden Eindruck, den Lefstngs »Minna von Barnhelm« auf ihn machte, ward Wolfgang wieder auf die dramatische Dichtkunst hingewiesen; aber ein solches Muster zu erreichen, traute er sich nicht zu. Im Jahre 1769 schrieb er sein erstes Schauspiel: »Die Laune des Verliebten,« das er erst nach mehreren Jahren dem Drucke übergab. Seine Empfindungen legte er von jetzt ab in einzelnen Liedern und Epigrammen nieder; sein früh erwachter Kunstsinn ward gefördert durch den berühmten Direktor Oeser, bei welchem er Unterricht im Zeichnen nahm. Reichen Genuß verschafften ihm besonders die werthvollen Gemälde-und Kupferstichfammlungen mehrerer Leipziger Kunstfreunde, sowie während seines kurzen Aufenthalts in Dresden die Gemäldegalerie. Die Kupferstecherkunst hatte für Göthe einen so unwiderstehlichen Reiz, daß er der Begierde nicht widerstehen konnte, sich selbst in diesem Fache zu versuchen. Erhalten haben sich aus?-jener Zeit noch zwei Landschaften. Im September 1768 verließ Göthe Leipzig und kehrte geistig und körperlich leidend zu seinen Eltern zurück. Nur mühsam verbarg der Vater seinen Unmuth, daß sich sein Sohn anderen Studien gewidmet hatte, als er es wünschte. — Wolfgangs Krankheit entfremdete ihn allen irdischen Angelegenheiten; sein Geist wandte sich dem Himmlischen zu. Wie ihn einst als Kind das alte Testament angesprochen, so beschäftigte er sich jetzt mit den neutestamentlichen Schriften; überhaupt wandte er sich wieder zu philosophischen Studien. In dieser Geistesrichtung begegnete ' ihm eine innig fromme Freundin seiner Mutter, ein Fräulein von Klettenberg, aus deren Unterhaltungen und Briefen Göthe später den Stoff hernahm zu den in seinem »Wilhelm Meister« enthaltenen »Bekenntnissen einer schönen Seele«. Diese Beschäftigungen wurden

6. Geschichts-Bilder - S. 565

1878 - Langensalza : Greßler
selbst. Unter dem Vorsitz einiger Professoren wurde ihm die Doktorwürde zuerkannt. — Ende August verließ der neugebackene Doktor Elsaß und nahm auf seiner Rückreise in das Elternhaus Abschied von seiner wahrhaft geliebten Friederike. Göthe's Empfang" im elterlichen Haufe übertraf feine Erwartungen. Von feinen Leipziger Bekannten fand Wolfgang in Frankfurt seinen nachmaligen Schwager Schlosser und dessen Bruder. Durch seinen Schwager machte er die Bekanntschaft mit dem Kriegszahlmeister Merck in Darmstadt. Dieser veranlaßte den jungen Dichter, seine Fähigkeiten und Kräfte nicht nach verschiedenen Richtungen, sondern dieselben auf einen bestimmten Gegenstands zu verwenden. Unter solchen Aufmunterungen entwarf Göthe die ersten Umrisse zum »Faust«. Der Merck'fche Freundeskreis in Darmstadt nahm den Rathssohn mit großer Freundlichkeit auf. Durch diesen Verkehr sind die Göthe'fchen Lieder »Felsweihe«, »An Psycke«, »An Lila«, »An Urania«, »Elysium« angeregt worden. Außer diesen Dichtungen beschäftigte sich Göthe ganz besonders mit seinem Ritterschauspiel »Götz von Berlichingen«. Als heiteres Weltkind machte er mit Lavater und Basedow (»Prophete rechts, Prophete links, das Weltkind in der Mitte«) von Frankfurt aus die bekannte Rheinreise. Auf den Wunsch seines Vaters mußte Wolfgang im Jahre 1772 Frankfurt verlassen und sich nach Wetzlar begeben, um sich bei dem damaligen Reichskammergericht in der juristischen Praxis zu üben. Die dortigen Amtsgeschäfte erzeugten in ihm einen tiefen Unmuth und beinahe völligen Lebensüberdruß, der noch verstärkt wurde durch den Selbstmord eines seiner Bekannten (Karl Wilhelm Jerusalem). In seiner unmuthigen Stimmung kam ihm sogar einige Mal der Gedanke, sich selbst das Leben zu nehmen. — Während seines Aufenthaltes in Wetzlar kam Göthe in nähere Berührung mit dem Göttinger Dichterbunde, zu welchem die Grafen Stolberg, Voß, Bürger, Hölty u. A. gehörten. Nach Wetzlar hatte der junge Doktor seinen Götz fertig mitgebracht. Erst im Jahre 1773 wurde derselbe, nach einer nochmaligen Umarbeitung, in Hamburg gedruckt. Merck hatte die Druckkosten übernommen, und Göthe mußte das Papier bezahlen. Seinen »Werther« schrieb Göthe in vier Wochen. Am Hochzeitstage seiner Schwester sandte er das Manuscript nach Leipzig an den Buchhändler Weygand. Schon im Jahre 1774 erschien der Roman. — Göthe war, als er dies Werk vollendet, wieder heiterer geworden; er hatte sich aus einem stürmischen Elemente gerettet, auf dem er durch eigene und fremde Schuld, durch Vorsatz und Uebereilung umhergetrieben worden war. Von Wetzlar aus kehrte Wolfgang nach Frankfurt zurück. Man nannte ihn Hierselbst »Advokat«. Mit seiner Rechtsanwaltschaft

7. Geschichts-Bilder - S. 564

1878 - Langensalza : Greßler
564 unterbrochen durch seine Abreise nach Straßburg. Dort sollte Göthe nach seines Vaters Wunsch die juristischen Studien beenden. Am 2. April 1770 laugte er in Straßburg an, eilte sofort zur Plattform des Münsters hinauf und betrachtete die Stadt und die herrliche Umgegend. In den Stein der Plattform meißelte er seinen Namen ein. Nachdem er am Fischmarkt eine kleine Wohnung bezogen hatte, gab er seine Empfehlungsbriefe ab. In Straßburg fand Göthe Interesse an der Arzneikunde, hörte Vorlesungen über Chemie und Anatomie und setzte nebenbei das Studium der Rechtswissenschaft fort. Sein Freund, der Actuar Salzmann, gab ihm vielfache Belehrungen, um im Juristischen sein Examen mit Ehren zu bestehen. Als der Student Göthe zum ersten Male in Straßburg in eine Gaststube trat, fand er an der Tafelrunde mehrere Mitschüler. Alle waren erstaunt über die Schönheit des Jünglings; seine schlanke, mannhafte, breitbrüstige Gestalt, auf dessen kräftigem Nacken sich ein apollonifcher Kopf wiegte, die hohe, breite, freie Stirn mit den langen schön geschwungenen Brauen, unter denen die mächtig großen blauen Augen ihr Feuer hervorstrahlten, die kühne, vorspringende Nase, das energische Kinn, die frischen, vollen, rothen Lippen, das schalkhafte zärtliche Lächeln, Alles dieses machte auf die Anwesenden einen gewaltigen Eindruck. Das wichtigste Ereigniß während seines Aufenthalts in Straßburg war die persönliche Bekanntschaft mit Herder. Mit Offenbeit gab er Letzterem eine treuherzige Schilderung seiner Jugendbeschäftigungen und Liebhabereien. Der herbe Lehrmeister brachte aber dem jungen Studenten das Gefühl bei, daß Alles, war er bisher dichterisch versucht habe, nur Quark und Trödel sei. Dagegen lehrte er ihn mittelbar in die eigene Brust schauen, indem er ihn auf das Ursprüngliche, Naturfrische und Volksmäßige hinwies. Dann machte ihn Herder besonders aufmerksam auf die Poesie der Bibel, auf Homer, Shakespeare und Ossian. Das Studium dieser Schriften bezweckte den Göthe'schen Entwurf zu »Götz« und »Werther«. Während seines Aufenthalts in Straßburg lernte er auch den guten Jung-Stilling und den Dichter Lenz kennen. — Auf seinen Ausflügen in Straßburgs Umgebung machte er Bekanntschaft mit dem Pfarrer Brion und dessen Tochter Friederike in Sesenheim. Ein besonderes Interesse für den jungen Studenten erhielt diese Bekanntschaft durch das mit der Pfarrerstochter angeknüpfte Liebesverhältuiß. Mit dem Frühlingsanbruch von 1771 sproßte ein ganzer »Friederike-Liederstrauß« aus Wolfgangs Herz he'rvor. Göthe's Zeit war beschränkt; er mußte an seine juristischen Examenarbeiten denken. Am 6. August 1771 wählte er sich das Thema zu seiner Dissertation (gelehrte Abhandlung oder Streitschrift)

8. Geschichts-Bilder - S. 566

1878 - Langensalza : Greßler
566 aber war es so, daß Herr Johann Caspar die Prozesse führte und der Herr Sohn seme Zeit auf Leben, Lieben und Lustigfein ver-wandte. - An Gasten fehlte es von jetzt an im Gothischen Haufe nicht; die aufsteigende Ruhmesfonne des jungen Advokaten lockte von nah und fern seine Jugendgenossen an, ebenso wildfremde Wallfahrer. Von Jemen Jugendgenossen sind besonders hervorzuheben Leopold Wagener und Maximilian Klinqer. ^n dieser Zeit dichtete Göthe die Trauerspiele »Clavigo« und »Stella« ebenso das^ heitere Singspiel »Elwin und Elvira«. Den tragischen Stoff »Casar«, welchem er schon zu Straßburg nahe getreten war ließ er fallen, trotzdem ihn Napoleon ant 2. Oktober 1808 zu Erfurt zur Bearbeitung desselben ermunterte. Dagegen schrieb er von orl73r /Jdzohamebs Gesang«, »Prometheus« und »Ahasver«. Aue bret Stücke mußten jeboch toieber zurücktreten vor der Sagen* gestalt des Doktor Faust. y Als Verfasser des Götz und Werther hatte Göche die Auf* merfjamfett eines jungen Fürsten erregt. Es war der nachheriqe Großherzog Karl August von Sachsen-Weimar. Diesem wurde unser Dichter im November 1775 in Frankfurt vorgestellt Noch tn demselben Jahre berief der Fürst den Doktor Göthe als Geheimrath nach Weimar. In frischer, feuriger Jugend, erst 2b .jähre alt, trat Göthe in Weimar ein, nach Hei nse's Schilderung »ein schöner Junge, der vom Wirbel bis zur Zehe Genie und Stärke, ein Herz voll Gefühl, ein Geist voll Feuer mit Adler* flugeln befaß«. Sein Götz von Berlichingen hatte alle Herzen im ©türme erobert; über feinen Werther waren unzählige fühlenbe Herzen m Thränen zerflossen; sein Name war auf Aller Lippen. »Wie, ein Stern«, sagte Knebel, »ging er auf. Jebermann hing an ihm, besonbers die Damen. Er war des jungen, achtzehn* jährigen Fürsten Gast nicht blos, er war fein Freund, fein Bruder. Sie aßen zusammen, oft schliefen sie in einem Zimmer, bisweilen Göthe mit im Fürstenhause, später bisweilen der Herzog in Göthe's Gartenhause. Namentlich wurde der junge Doktor wegen feiner glanzenden Talente, wegen feines frischen, geiftfprubelnben Wesens und seiner Ausgelassenheit von der achtzehnjährigen Herzogin Luise und der erst 36jährigen kunstliebenden Herzogin-Mutter Amalie herzlich aufgenommen. Göthe erkannte und schätzte das Wohlwollen und die Feundschast seines Fürsten; er bemühte sich, dem ihm geschenkten Vertrauen auf jede Weise zu entsprechen. In feinem Lebensplan erwachte damals lebhaftes Interesse an theatralischen Vorstellungen. An der Ilm, in den Buchenwäldern, wurden in Verbindung mit feinen Freunden (Einsiedel, Seckendorf, Mufaus) mehrere kleinere Stücke aufgeführt. Zu diesen gehörte feine »Fischerin«, »Erwin und Elvira«. Später

9. Geschichts-Bilder - S. 567

1878 - Langensalza : Greßler
übernahm Göthe die Leitung eines in Weimar errichteten Liebhabertheaters und spielte selbst einige Rollen in dem von ihm gedichteten »Jahrmarkt zu Plundersweiler«. Außer seinen größeren Werken schrieb er damals das dramatische Gedicht »Epiphanias«. — Der Weimarische Hos war der Sammelplatz der größten Geister jener Zeit. Im Umgang eines so gebildeten und heiteren Kreises, dessen Seele die geistreiche anregende Herzogin Amalie war, im Besitze der Freundschaft und Gunst des Herzogs, bewundert und geschmeichelt von Jedermann, ließ sich Göthe anfangs ganz vom Strudel des Lebens fortreißen, sammelte aber immer reiche Erfahrungen für die Zukunft. Im Jahre 1778 begleitete er seinen Herzog nach Berlin, woselbst er das Wesen des alten Fritz aus eigener Anschauung betrachten konnte. Einen weiteren Ausflug unternahm er mit seinem Fürsten im folgenden Jahre nach der Schweiz. Hier verlebte er mit Lavater genußreiche Tage. Göthe's poetische Thätigkeit wurde zu jener Zeit besonders geweckt durch die Erscheinung von Wielands Oberon. Seine »Jphigenia« und den ersten Entwurf zu seinem Roman »Wilhelm Meisters Lehrjahre« schrieb er in dieser Zeit. Auf einer Reise nach Franken beschäftigte sich Göthe hauptsächlich mit Mineralogie. Am Schluffe des Jahres 1781 hatte er den ersten Akt von seinem »Tasso« beendet. Eine ganz neue Richtung erhielten Göthe's Lebensverhältnisse und seine Thätigkeit, als ihm sein Fürst vergönnte, eine Reise nach Italien zu unternehmen. Er trat diese im September 1786 an. In Italien fand ebensosehr sein reiches Gemüth in seiner Empfänglichkeit für das Hohe und Liebliche, als auch fein tiefer Sinn für Natur und Kunst die vollste Befriedigung. Lebhaft interefsirte er sich in Italien für die Baukunst, fleißig studirte er italienische Schriftsteller, begeistert ward er von dem Eindruck mehrerer Gemälde Raphaels, groß und gewaltig war der Eindruck, den Rom auf ihn machte. Zu Göthe's vorzüglichsten Bekanntschaften in Rom gehörten der Fürst von Lichtenstein, der Dichter Monti, der Schriftsteller Moritz und der Maler Tischbein. In der Weltstadt vollendete Wolfgang Göthe zu Anfang 1787 seine Jphigenia. Um dieselbe Zeit regte sich in ihm die Sehnsucht, wieder in seine Heimath zurückzukehren. Besonders freute er sich auf das Wiedersehen Herders, mit dem er stets in innigen Verhältnissen gelebt hatte. Das Band zwischen Beiden wurde jedoch später lockerer, weil sie eine verschiedene Stellung zur Kant'schen Philosophie einnahmen. Hohes Interesse und eine besondere Vorliebe gewann Göthe für die Botanik. Nebenbei übte sich sein poetisches Talent an dem Trauerspiel »Egmont« und dem Lustspiel »Großcophta«. Nachklänge seines Aufenthaltes in Italien waren die »Römischen Elegien« und

10. Geschichts-Bilder - S. 568

1878 - Langensalza : Greßler
568 die »Venetianischen Epigramme«. Nach dem Ausbruch der französischen Revolution dichtete er das Lustspiel: »Der Bürgergeneral.« — Im Jahre 1792 begleitete der Dichter seinen Herzog in den Krieg gegen Frankreich. Auch hier in dem Kriegstumult regte sich das Dichtertalent und zwar in der Umarbeitung des alten Gedichts »Reinecke Fuchs«, sowie in dem sinnigen Gedicht: »Der neue Amor.« Das wichtigste Ereigniß in Göthe's Leben war unstreitig das sich entwickelnde nähere Verhältniß zu Schiller. Eine vom Letzteren herausgegebene Zeitschrift: »Die Horen«, zu welcher Göthe ebenfalls Beiträge lieferte, war das vermittelnde Band zwischen Beiden. Der Göthe'schen Einladung nach Weimar folgte Schiller. In solcher Stimmung einigten sich die Dichter zur Abfassung der unter dem Namen »Xenien« bekannten Epigramme. Neben den Xenien entstanden damals mehrere Gedichte Göthe's: »Alexis und Dora«, »die Braut von Eorinth«, »der Gott und die Bajadere«, »das Blümlein Wunderschön«, »der Junggesell und der Mühlbach«, »der Müllerin Vorrrath« u. s w. Immer aber blieb »Wilbelm Meister« seine Hauptbeschäftigung. Einen würdigen Gebrauch von seinem poetischen Talent machte Göthe in seinem Gedicht »Hermann und Dorothea«, welches er zu Anfang des Jahres 1798 entwarf. Unterbrochen ward seine Beschäftigung mit dem »Faust« durch eine Reise nach der Schweiz. Hier faßte er die Idee, den Befreier der Schweiz zum Helden eines Gedichtes zu wählen. Bei seiner Rückkehr nach Weimar widmete Göthe vorzugsweise feine Aufmerksamkeit dem Theater. Sein Interesse an der Bühne, durch schriftliche und mündliche Unterhaltung mit Schiller aufs Neue belebt, ward noch höher gesteigert, als I ff land im April 1798 eine Reihe glänzender Darstellungen gab. Das fortgesetzte Studium des Homer führte ihn zu einem Entwürfe des Gedichtes »Achilles«. Dankbar erkannte Göthe den wohlthätigen Einfluß Schillers auf seine poetische Thätigkeit. Er schrieb: »Das günstige Zusammentreffen unserer beiden Naturen hat uns schon manchen Vortheil verschafft. Sie haben mich die Vielseitigkeit des inneren Menschen mit mehr Billigkeit anzuschauen gelehrt, Sie haben mir eine zweite Jugend verschafft und mich zum Dichter gemacht, welches zu sein ich so gut als aufgehört hatte.« Gemeinschaftlich mit Schiller übersetzte er »Mahomed« und »Tancred« von Voltaire. Schiller bearbeitete »Macbeth«. Unter den mannichfachen Beschäftigungen Göthe's, auf die sich die Vielseitigkeit seines Geistes lenkte, überraschte ihn der Tod Schillers. Seine trübe Stimmung über den unersetzlichen Verlust seines Freundes spricht er in den Worten aus: »Ich dachte mich selbst zu verlieren, und verliere einen Freund, und in demselben die Hälfte meines Daseins.« — Trübe Tage brachte ihm auch die Schlacht bei Jena und die allgemeine Plünderung, welche Weimar
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