Schlußwort.
w£}&eim Rückblick über das Gebotene überkommt den Ver-
fasser des Büchleins ein leises Unbehagen. Wäre es
nicht besser, das Büchlein nicht in die Welt zu senden? Die
Heimatnatur in einige Bogen zwängen wollen, — welch
ein Unterfangen! Große Meister haben es ja wohl fertig
gebracht, aus wenigen Zeilen ein Stück verklärter Natur
aufleuchten zu lassen. Wer aber wird aus einer so nüchternen
Darlegung herauslesen, was sich der Verfasser z. B. bei An-
fügung der Themen dachte? — Lauter leere Hüllen! —
Nur die eifrige, liebevolle Beobachtung der Heimatnatur
kann durch das Tor der Sinne das notwendige Roh-
material in den Geist bringen, aus dem er das zu destil-
lieren hat, was die Hüllen, den Unterricht lebendig macht
und den Kindergeist an diesem Leben entzündet.
Eines tröstet den Verfasser. Zwar gibt es die schönsten
Bücher über die Natur, viele Werke auch, die sich mit dev
alltäglichen Kleinarbeit der Natur beschäftigen; allein es
ist ihm kein Versuch bekannt, der die Heimatkunde in
ihrem ganzen Umfange auf den einen Zweck zuspitzt und
sie gleichsam in den Mittelpunkt des ganzen Unterrichtes
stellt. Der Erstlingsversuch darf also mildernde Umstände
beanspruchen.
Die Arbeit ist aus der Praxis hervorgewachsen, und
da ihr nur eigens Aufschreibungen und Notizen aus zum
Teil weit zurückliegender Zeit zugrunde liegen, so kann
auch ein Literaturnachweis nicht beigebracht werden.
Schufbucof
Brauest
^hulbuchoi.
für H.iv ,
in-*..,
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Das hier vertretene Prinzip der Anschaulichkeit ist
eigentlich schon längst alt genug, um endlich einmal tat-
sächlich durchgeführt zu werden. Ein Dörpseld hat gelehrt
und gewirkt, gekämpft und gestritten für eine richtige
Gruppierung der Lehrgegenstände und hat unwiderlegliche
Nachweise erbracht. Er ist gestorben; aber die Schule hat
seine Ideen immer noch nicht verwirklicht. Von ver-
schiedenen Richtungen der Philosophie, von mannigfaltigen
Berufsklassen, von den gegensätzlichsten Parlamentsparteien
schallt uns der Vorwurf des Mechanismus, verkehrter
Lebensanschauung, der Verkennung wirklicher Volksbedürf-
nisse, der Äußerlichkeit und Oberflächlichkeit :c. entgegen.
Lesen, Schreiben, Rechnen — aber gut, das verlangt man
andererseits ausschließlich. Ach! Das Lesen, Schreiben,
Rechnen, das ist eben die berühmte Pflanze, die keine
Wurzeln und Blätter hat, ist ein Gewächs, das wohl
kümmerliche, taube Blüten treibt, aber keine Frucht. Die
Wurzeln und Blätter, welche die Nahrungszufuhr zu be-
wirken hätten, gute Anschauungen, liegen abgeschnitten im
Realienunterricht. — Wie kann man aber dem Prinzipe
der Anschauung genügen, wenn man das wohlfeilste, beste,
ja einzig mustergültige Anschauungsmittel, eben die Heimat-
natur mit allen ihren Erscheinungen und der unerschöps-
lichen Fülle ihrer Gestalten, Verhältnisse und Zustände
verschmäht oder ganz stiefmütterlich behandelt, statt sie zur
Grundlage, zum Ausgangspunkte und gewissermaßen auch
wieder zum Ziele auf höherer Stufe für den gesamten Unter-
richt zu machen?
Unserer Volksschule wird vorgeworfen, daß sie sich
beim Volke keiner besonderen Beliebtheit erfreue. Gleich-
zeitig gründet man Landwirtschafts- und Winterschulen, zu
deren Besuch kein Zwang besteht. Diese Schulen füllen
sich aber, und damit ist der Beweis für deren Notwendig-
keit geliefert. Auf deutsch heißt das: Die Volksschule und
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die unglückselige Feiertagsschule genügen ihrer Ausgabe
nicht. Oder: Ihr Lehrer seid eurer Verpflichtung nicht
gewachsen. Warum ändert man aber nicht da, wo mit
den billigsten Mitteln allen geholfen wäre?
Die landw. Schulen können auch nicht anders unter-
richten als die Volksschulen; denn jede Mißachtung der
natürlichen incl. psychologischen Gesetze rächt sich am Er-
folge. Sie müssen also ^allerdings mit kleinerer Schüler-,
zahl, mehr Zeit und bei intensiverer Arbeit) mit der denk-
bar größten Anschaulichkeit unterrichten, d. h. mit ernstester
Berücksichtigung der Heimatnatur.
Man wird dagegen einwenden: Die Volksschule kann'
sich niemals einseitig auf ein Gebiet festlegen lassen, sonst
kann sie ihren allgemeinen Zw^ck nicht erreichen und wird
zur Fachschule.
Dieser Einwand hält aber nicht stand.
1. Verlangt kein Einsichtiger von der Stadtschule, daß
sie in gleicher Weise die Natur zur Grundlage des Unterrichts
mache wie die Landschule. Das kann sie nicht, weil sie die
Natur nicht hat, weil sie nur mit Opfern an Zeit und
Geld zu ihr kommen kann und weil sie in einem ganz
andern oder fast gar keinem Verhältnis zu ihr steht. Der
Städter hat dafür anderes, ihm Näherliegendes ins Auge
zu fassen. Ist trotzdem die Natur in der Stadtschule zum
Mittelpunkte gemacht, so ist bewiesen, daß der Lehrplan-
fertiger nicht zu den Einsichtsvollsten zu zählen ist.
2. Die Landkinder wenden sich fast ausnahmslos
wieder dem Geschäfte der Eltern zu, eben dem Landbau,
in welchem sie als Kinder schon mithelfen. Was liegt
also näher, als daß man die Natur, die Arbeit, die daraus
entspringende Gedankenwelt zum Ausgangspunkte nimmt,
da es bessere Apperzeptionshilfen nicht gibt! Wenn dann
3. doch Kinder darunter sind, die dem Bauernstande
nicht angehören und sich andern Berussarten zuwenden,
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— 70 —
so wachsen sie doch ungefähr in den gleichen Verhältnissen,
in der gleichen Welt auf, können davon keinen Schaden
haben, sondern gewinnen damit wahrscheinlich die schönsten
Erinnerungen ihres Lebens.
4. Das Lesen kann man jemand auch aus der Zeitung
lehren, nicht bloß aus der Fibel. Wenn man aber statt
einer Schrift, die das Kind doch nicht versteht, weil die
Gedanken außerhalb des Erfahrungskreises liegen, ein Buch
wählt, das dem Kinde angenehme Unterhaltung, Freude
und Belehrung bietet, so wird nicht bloß das Lesen leichter
gelernt, sondern auch noch manch anderer Zweck nebenbei
erreicht, der noch mehr wert ist als das Lesen. Darum
die Heimatnatur mit dem heimischen Jnteressenkreis und
nicht die weite Welt mit Löwen und Klapperschlangen.
5. Will man sich über einen Besitz so recht von
Herzen freuen, so müssen sich andere mitfreuen. Darum
sollen -die Kinder schon die bewußte Freude über Heimat,
Heimatnatur und Landbau eingepflanzt bekommen, damit
sie als Erwachsene in dem Gedankenkreise sich gefallen,
ihre Grundständigkeit behalten, stolz sind auf ihre berech-
tigte Eigenart.
Damit leistet unsere Schule das Beste. Die Nähr
wurzel unseres Staats- und Geisteslebens bleibt gesund,
solange der Stand am Herzen der Erdenmutter seine kräs-
tigen Herzen, tüchtigen Köpfe und starken Fäuste auch
noch höheren Berufskreisen zuführen kann.
Die Heimatschule wird den allgemeinen Zweck der
Volksschule erreichen und außer ihr keine.
Wir brauchen die Heimatschule, — die Schule, die
in engster Fühlung mit der umgebenden Natur, mit der
Arbeit und dem Geschicke des heimischen Volkstumes steht.
Dann hängt die Schule nicht mehr in der Luft, sondern
sie ruht auf dem festen Urgrund der Erde, eine wahre
Volksschule, die geschätzt wird als kostbarer Besitz.
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— 71 —
Nehmen sich die großen Worte am Schlüsse einer so
einfachen Arbeit eigentümlich aus, so möge man daraus
ermessen, wie wenig der Verfasser den bewegenden Ge-
danken herauszuarbeiten vermochte. Möchte sich nur der
entwickelte Hauptgedanke bei allen Kollegen festsetzen, so
wird bald eine Anzahl von besseren Kräften ihn auch
schöner und vollkommener verwirklichen; denn das ist nicht
die Aufgabe eines einzelnen. Schließlich kann nur die
Zusammenarbeit aller Lehrer eines Landschaftsgebietes
eine wirklich gute Arbeit hervorbringen zum Segen der
H e i m a t s ch u l e.
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— 168
Und als auch der Traum zu Ende war, da war es
pechkohlrabenschwarze Nacht draußen, und nur die Sterne
schienen.
Nachwort
Venn ein Neues geboren werden soll, geht es nicht
ohne schmerzen ab. lvas für ein Dummkopf muß der Nrzt
fein, der, zu einer kreißenden Frau gerufen, die Diagnose
auf eine schwere innere Erkrankung stellt.
heute fallen die ersten welken Blätter. Ein frischer
Morgenwind streift sie von den Bäumen, und taumelnd sinken
sie zu Boden. Und wieder schickt sich das große Sterben in
der Natur an, die ganze Sommerpracht hinwegzunehmen und
auf die Erde zu betten.
So oft man es wiedererlebt, der Nnblick stimmt traurig.
Hlles in der Welt will dauernd bleiben, will unsterblich sein.
Und wir Menschen hängen an allen Stücken dieser Welt und
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170
allgemeinen Uniformierung der Geister schälen sich mehr
und mehr die Individualitäten klar heraus.
Ulan erkennt, daß ein jeder seine spezielle Aufgabe in
der Welt hat und haben muß, und daß er dann der Gesamtheit
am meisten dient, wenn er die besondere Mischung der
Kräfte, die in ihm lebt, höher entwickelt.
So vollzieht sich in unserer Zeit wieder einmal der alte
Prozeß des geistigen Fortschritts, daß sich nämlich aus der
Gleichmäßigkeit der Anschauungen eine bunte Mannigfaltig-
keit entwickelt, die in späterer Zeit dann die jetzt so ausein-
anderstrebenden Geister auf einer höheren Stufe der Ent-
wicklung wieder vereinigen wird.
Ein ewiger Wellenschlag des Lebens! Aber jede Welle
hat ihr eigenes Gesicht. Dem Oberflächlichen nur erscheint
die allgemeine Loslösung der Geister aus der früheren Ge-
bundenheit als Anarchie.
Iedoch nur der Feigling fürchtet sie und der Dummkopf,
der nicht sieht oder sehen will, daß zur Gewinnung einer höhe-
ren Ordnung der Dinge stets ein allerdings immer nur vor-
übergehender Zustand der Unordnung notwendig war und
sein wird.
Präparationsstunden sollen Feierstunden sein. Mir
waren sie ein Stück Gottesdienst. Ie mehr ich mich in einen
Stoff vertiefe, desto mehr weitet sich mir der Blick für die
großen Zusammenhänge des Lebens, desto klarer erkenne ich
die Gleichartigkeit meiner eigenen Arbeit mit der emporfüh-
renden Arbeit aller Zeiten.
Dummheit erscheint mir mehr und mehr als Oberflächlich-
keit im Anschauen, Denken und wollen- der Kampf gegen die
Dummheit aber ist die eine Aufgabe aller derjenigen von jeher
gewesen, die tiefere Wahrheit, reineres fühlen und vernünf-
tigeres wollen aller erstrebten.
So ist im letzten Grunde kein wesentlicher Unterschied
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169
wollen keines missen, selbst nicht das Blättchen am Strauche.
Ists nicht so auch auf geistigem Gebiete? — 3eöe Anschau-
ung, die durch eine neue verdrängt werden soll, wehrt sich
dagegen und sucht sich, solange es nur irgend geht, in den
Köpfen zu behaupten. Und jede Wahrheit, die als Irrtum
erkannt worden ist, sie war einmal ein Stück höchster mensch-
licher Erkenntnis, war einmal jung und schön und mithin be-
zaubernd. Sie hat einmal das herz vieler höher klopfen
gemacht. Und das alles schwingt wohl noch nach und läßt
uns instinktiv mit Wehmut auch dem Sterben in der Welt
der Gedanken und Uleinungen und Ideen gegenübertreten.
Und unsere Zeit ist reich an sterbenden und untergehen-
den Gedanken und Anschauungen. Aber herbst und Frühling
berühren sich in unserer Zeit. Überall keimt es schon und
brichts hervor.
wenn man tiefer in all die Reformbestrebungen unse-
rer Zeit hineinblickt, so erkennt man sie alle als Triebe eines
Stammes, als aus einer Kraft geboren, denn sie alle drängen
auf die Schaffung eines neuen Ulenfchentypus hin und auf
eine höhere und reinere Freiheit.
Ulan strebt aus den Tälern hinauf auf die höhen.
Aber wie schwer ist es noch für so viele, sich von der Sklaverei
obligater Uleinungen und Anschauungen zu emanzipieren.
In der Schule speziell waren wir reaktionär bis in die
Knochen und wollen nun frei werden von dieser Reaktion
in unserm Denken sowohl als auch in unserem handeln.
Religiöse und politische Ansichten werden schon allge-
meiner als Privatangelegenheiten des einzelnen betrachtet,
unsere Lebensgewohnheiten werden öffentlich frei kritisiert,
der Künstler nimmt heute mehr denn je das Recht für sich in
Anspruch, seine Persönlichkeit, d. h. seine Art und weise,
Ulenschen und Dinge zu sehen, der «Öffentlichkeit vorzuführen,
jeder wissenschaftliche Arbeiter geht seinen weg, sucht sich
unbekümmert sein Feld der Tätigkeit usw. usw. Aus der
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TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
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mehr zwischen der Hrbett eines Volksschullehrers und der
eines Neligionsstifters, Gesetzgebers, Erfinders, Dichters usw.
Me helfende Arbeit ist im tiefsten Kerne wesensgleich
und — daher gleichwertig. Vas wird nur derjenige bestreiten,
der nicht selber in irgendeinem Punkte an dem wohle aller
mitgearbeitet hat.
C>b auch die höhe der wogen verschieden ist, aus derselben
Tiefe türmen sich alle empor.
Möchte sich in diesem Luche die reine Freude, die mich
bei seiner Niederschrift erfüllte, widerspiegeln und in gleichem
Maße in dem Herzen eines jeden Lesers lebendig werden!
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]