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1. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 31

1829 - Crefeld : Funcke
31 des Fischfanges soll in den letzten 5 Jahren, gegen frü- her, auffallend abgenommen haben. Die Rheiuschiffer wollen dieses dem Geräusch zuschreiben, welches die Dampfschiffe verursachen (?). Von Amphibien findet man fast nichts als Frösche, Kröten und einige Eideren. Dagegen giebt es ziemlich viele Schmetterlings- und Käferarten. Die Raupen und Gartenschnecken thun nicht selten großen Schaden. Mai- käfer giebt es im Ganzen wenige. In Betracht der Viehzucht ist zuerst die nicht unbe- trächtliche Bienenzucht zu merken, besonders in der Nähe der Heide Bönninger-Hardt, wohin die Bienenstöcke ge- gen die Mitte des Sommers gefahren werden, damit die Bienen aus dem daselbst wachsenden honigreichen Heide- kraute ihre Zellen reichlichst anfüllen mögen. Von Federvieh werden hauptsächlich Hühner, Enten, Gänse, Truthühner und Tauben gehalten. Die Viehzucht ist beträchtlich. Jährlich werden Tau- sende magerer Ochsen und Kühe im Frühlinge auf die fetten Rhcinwiesen getrieben und im Herbste als fettes Mastvieh verkauft. Das Austreiben der Heerden ge- schieht , seitdem alle Gemeindegütcr vertheilt oder ver- kauft sind, nirgends mehr, sondern überall ist die Stall- fütterung eingeführt. Die Landleute halten viel Rind- vieh , schon um des Düngers willen. Außerdem giebt es auch viele Schaafe, die sich jährlich vermehren, und Schweine. Die Pferdezucht ist gering und unbedeutend. Im Durchschnitte mögen sich jetzt im Kreise Geldern 7000 Pferde und Füllen, 24000 Stück Rindvieh, 14000 Schaafe, 1500 Böcke und Ziegen und 7000 Schweine befinden.*) § 9. 7. Die Nahrungszweige der Bewohner. Welches die Nahrungszweige der Bewohner einer Landschaft und namentlich die Haupt-Nahrungszweige sind — dieß hängt theils von den Bedürfnissen der Men- schen überhaupt, theils von den Bedürfnissen der Be- wohner selbst und ihrer Nachbarn, theils und hauptsäch- lich von der Beschaffenheit des Bodens, auf welchem sie leben, und von der Umgebung desselben ab. Die Bc- *) Wie viele Menschen, Pferde und Füllen, Stück Rindvieh, Schaafe, Ziegen und Schweine wohnen nun im Kreise Geldern im Durchschnitte aus einer Quadratmeile?

2. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 33

1829 - Crefeld : Funcke
33 \ die Viehzucht Werth legen. Jeder Bauer hat seine Kühe im Stalle; in der Regel außerdem auch eine oder meh- rere Ziegen; die größeren Bauern haben Schaafheerden, und auch der kleinste mästet im Herbste ^ sein Schweln, so daß er nicht viel Fleisch zu kaufen nöthig hat. Auf den Rheinwiesen weiden Schaaren von Ochsen und Kühen, meist von bunter Farbe, selten einfarbig und roth, gewöhnlich schwarz und weiß. In den Städten werden außerdem städtische Gewer- be getrieben, Handwerke und Künste. Auch blühen in einigen Gegenden Fabriken: in Mörs Baumwollspinne- reien und Flanellfabriken, in Vluyn und andern Orten Webereien, Baumwollfabriken und dgl. Auch werden in vielen Orten des Kreises wollene Tücher, Leinwand, Hüte, Lichter und Seife, Porzellanwaaren, Töpfe und andere Sachen verfertigt. Aber den eigentlichen Reichthum des Landes machen die Fabriken nicht aus, und man hat nicht Ursache, die Verbreitung und Vermehrung derselben auf dem Lande zu wünschen. Denn mit ihnen verbreitet sich der ver- dorbene Geist der Fabrikarbeiter, wie er in allen Fa- brikgegenden der Erde angetroffen wird: Leichtsinn, äu- ßere und innere Rohheit und Gemeinheit, Religions- schwärmerei und Mysticismus, und damit verbünden: Armuth, körperliche Schwäche, besonders Brustschwäche, und Siechthum überhaupt. Die Fabrikarbeiter sind in der Regel die unglücklichsten, ärmsten, bedauernswürdig- sten Menschen. Gott wolle unsern Landleuten ihren stillen Fleiß, ihre Genügsamkeit, ihre Sittsamkeit, ihren einfachen Sinn und ihre Gesundheit erhalten, und deß- wegen die Fabriken von ihnen entfernt halten! Ausgeführt werden: Früchte, Branntewein, Butter, Vieh und manche der oben angeführten Erzeugnisse. Ein- geführt: Metalle aller Art, Metallwaaren, Salz, Stein- kohlen, Porzelan, Pottasche, Wolle, Seide, Baumwolle, Leder, Papier, sogenannte Cotonialwaaren, als Kaffee, Thee, Zucker, dann Wein, Käse, Seefische und andere Gegenstände. Der Durchgangshandel ist nicht unbedeu- tend, besonders auf dem Rheine. Die Waaren, welche aus dem Auslande kommen, müssen an der Gränze ver- zollt werden. Deßwegen werden die westlichen Gränzen von Zollbeamten (Douanen) bewacht, deren Aufmerksam- keit ungeachtet — manche Wauren eingeschwärzt (einge- schmuggelt) werden. Deßhalb wohnen in den Gränzorten m der Regel viele schlechte Menschen. ">iesterw. Geogr. 3

3. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 34

1829 - Crefeld : Funcke
34 § 10. 8. Kirche und Schule und milde Stiftungen. Die Bewohner des Kreises bekennen sich, mit Aus- nahme von 500 Juden, zur christlichen Religion, worun- ter 5 Menoniten sind. In runden Zahlen lebten zu Ende 1827 in dem Kreise 62,000 katholische und 18,300 evan- gelische Christen. In einigen Bürgermeistereien, näm- lich in Hinsbeck, Leuth und Nieukerk leben keine Evan- gelischen, und in den Bürgermeistereien Hörstgen und Neukirchen keine Katholiken; die meisten Juden leben in Mors und die 5 Menoniten in Issum. Jeder Katholik gehört zu einer katholischen Gemein- de, welche eine Kirche hat, mit einem Pfarrer, dem oft noch ein oder mehrere Kaplane und ein Küster beigegc- den sind. Die kirchlichen Gemeinden stimmen leiten mit den Gränzen der Bürgermeistereien überein. Der Pfar- rer besorgt den eigentlichen Gottesdienst und die Seel- sorge , der Küster spielt die Orgel, leitet den Gesang, und verrichtet noch andere kirchliche Geschäfte. Der erste Vorgesetzte der katholischen Geistlichen ist ein anderer Geistlicher, welcher bischöflicher Commissarius oder De- chant heißt. Diese Dechanten, Pfarrer und Kaplane ste- hen unter den Bischöfen oder Erzbischöfen, und weiter hinauf unter dem Papste in Rom. Im Kreise Geldern stehen die katholischen Geistlichen theils unter dem Bi- schof in Münster, theils unter dem Erzbischof in Köln. Der jedesmalige Papst ernennt mit Genehmigung un- seres Königs die Erzbischöfe und Bischöfe; diese bewa- chen die Bildung der Geistlichen auf den Universitäten in Bonn und Münster und in den bischöflichen Semina- rien zu Münster und Köln, ernennen die geweiheten Geistlichen zu Kaplänen und Pfarrern, versetzen sie und setzen sie ab. Die Pfarrer ernennen gewöhnlich ihre Küster, oder die Vorsteher der Gemeinde stimmen mit. Die schönste katholische Kirche des Kreises ist der Dom in kanten. Die evangelischen Gemeinden erwählen ihre Pfarrer (Pastoren) selbst, entweder durch Stimmenmehrheit sämmt- licher Gemeindeglicder, oder der Gemeindevorsteher. Die Königliche Regierung zu Düsseldorf bestätigt die Wahl. Der gewählte und bestätigte wird in der Regel mrt groß- ßer Feierlichkeit abgehol: und in Empfang genommen. Eine Anzahl evangelischer Gemeinden bildet einen Sy- nodalkrcis, wie z. B. die des ehemaligen Fürstenthums

4. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 36

1829 - Crefeld : Funcke
36 (slslffoome) von dem Prediger abkommen. In dieser ge- meinen Redensart drückt sich die gemeine Ansicht des Volks von dem Werthe und dem Zwecke des Unterrichts in dem Christenthum aus — eine Erscheinung, die den Beobachter des Lebens zu einigen Gedanken veranlassen kann. Das Schulwesen des Kreises steht im Allgemeinen nickt hoch. Während der Franzosenherrschaft geschah nichts für diese wichtigen Anstalten, ohne welche keine Art der Bildung, weder in noch außer der Kirche, ge- deiht. Wenn die Schuten gering geachtet oder vernach- lässigt werden, so verbreiten sich Unwissenheit, Dumm- und Rohheit unter dem Volke, und wenn die Schule keinen guten Grund gelegt hat. so arbeiten die Geistlichen häufig umsonst. Deßwegen werfen alle Bürger und Glieder einer Gemeinde ihr besonderes Augenmerk auf den Zustand der Schulen. Weil nun in den frühern Zeiten so wenig für die Schulen von Seiten des Staats und der Gemeinden geschah, indem man ihre Wichtigkeit nickt eingesehen hatte, so sind daher auch die Kenntnisse und Einsichten des Volkes im Allgemeinen gering, und es herrscht unter dem Volke zum Theil noch große Un- wissenheit und geistige Stumpfheit. Seitdem wir aber das Glück haben, unter einer er- leuchteten preußischen Regierung zu stehen, ist für die Schulen viel geschehen, und es wird noch mehr gesche- hen. Durch diesen belebenden Einfluß von oben haben schon viele Gemeinden neue Schulhäuser gebaut, oder die alten verbessert und erneuert, und allmählig sieht man den großen Einfluß einer guten Schule für Sitt- lichkeit und Verbesserung der Lebensverhältnisse ein. — Auch hat die Regierung durch weise und strenge Ge- setze für geregelten Schulbesuch aller schulpflichtigen Kin- der Sorge getragen, so daß es mit den Schulen und dadurch mit der Bildung des Volkes allmählig und rasch immer besser wird. — An den meisten Orten hat jede kirchliche Gemeinde ihre eigene Schule; an vielen Orten bestehen aber auch gemeinschaftliche oder sogenannte Gemeindeschulen. In jenem Falle schlagen die kirchlichen Gemeinden oder in deren Namen die kirchlichen Gemeindevorsteher den Mann vor, den sie zum Lehrer ihrer Schule wünschen. Der Negierung steht das Recht der Bestätigung oder Verwer- fung dieser Wahl zu. Zur Besetzung der Stellen an bürgerlichen Gemeindeschulen thut der Stadtrath oder

5. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 38

1829 - Crefeld : Funcke
38 Einsicht über die eigentlichen Zwecke des menschlichen Lebens gesunde klare Anflehtest über den Berufs- kreis der Einzelnen und seiner Verbindung mit dem Ganzen des Staates und des Lebens, und noch weniger das lebendige Bewußtsein, daß Staat, Kirche und Schule die große Bestimmung haben, das ganze Leben unter den Gesetzen der Ordnung, des Gehorsams und der Zucht nach den Zwecken der bürgerlichen, sittlichen und allgemeinen Ausbildung zu bestimmen und zu ver- edeln. Der Erreichung dieser hohen Zwecke ist die Ge- schichte des Landes nicht günstig gewesen; aus eine dazu unumgänglich nothwendige Organisation des Schulwesens ist zu wenig Werth gelegt worden, und die Kirche hat zu wenig auf die Gestaltung des Lebens eingewirkt. In allen diesen Hinsichten müssen wir noch sehr viel von der Zukunst erwarten. Dazu können wackere Geistliche, die es einsehen, was dem Leben Noth thut, und künf- tige Schullehrer, welche einen Unterricht für's Leben zu ertheilen im Stande sind, und vielseitig gebildete Be- amten außerordentlich viel beitragen. Auch dürfte der Werth eines die Bedürfnisse und den Standpunkt des Volks berücksichtigenden Volksblattes nicht leicht zu hoch angeschlagen werden. Wir entbehren eines solchen gänzlich. Denn Traktätchen, Missionsblätter und andere ähnliche Schriften, die fast allein von dem Volke gelesen werden, ersetzen ein solches Blatt nicht. Die vormalige Oranien- Nassauische Regierung hat durch das Dittenburgcr Jntel- ligenzblatt außerordentlich viel zur Bildung der 4 nas- sauischen Fürstenthümcr beigetragen. tz U. 9. Der Mensch. Für den Menschen ist die Kenntniß des Menschen überall doch das Interessanteste und Wichtigste. Was wäre auch die Natur und die ganze Schöpfung ohne den Menschen? Selbst ein wahres Paradies würde dem Menschen, wenn er es allein bewohnen sollte, langweilig und zuletzt unerträglich werden, dagegen gute Menschen uns den schlechtesten Wohnort in einen angenehmen und freundlichen umwandeln. Außerdem ist die Kenntniß des Menschen und der Menschen sehr lehrreich für uns. Und wenn wir uns schon Mühe geben, einen Stein, eine Pflanze, ein Thier genau kennen zu lernen, so lohnt die Bemühung, unseres'gleichen Eigenthümlichkeiten aufzu-

6. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 39

1829 - Crefeld : Funcke
39 fassen, doppelt die Mühe. Aus diesen Gründen spre- chen wir hier auch noch mit besonderer Ausführlichkeit von den Menschen, welche mit uns denselben Kreis be- wohnen. 1. Abstammung. Die Eigenthümlichkeit eines Volkes hängt größten- theils von dem Menschenstamme ab, dem es angehört. Die Herkunft ist von der größten Bedeutung zur Be- stimmung des Charakters; außerdem aber Beschäftigung, Klima, Religion, Sprache, Sitten und Gebräuche und Regierungsform. Von welchem deutschen Stamme die Bewohner des Kreises Geldern abstammen, ist nicht mit Sicherheit aus- gemacht. Am wahrscheinlichsten sind ihre Vorfahren theils die Gugerner, theils die Ubier, theils die Bataver. Denn die Bewohner scheinen verschiedenen Stämmen anzugehören, wie es die verschiedenen Dialekte und Sit- ten und Gebräuche andeuten. Die Bewohner des ehe- maligen Fürstenthums Mörs (in der Umgegend die Graf- schafter genannt — Mörs war früher eine Grafschaft) sind wahrscheinlich Nachkommen der Gugerner, die übri- gen Bewohner des Kreises aber Abkömmlinge der Ubier und der Bataver. 2. Phy fische (körperliche) Beschaffenheit, Lebensart und Wohnungen. Die Bewohner des Kreises gehören zu derjenigen Mcnschenart(Menschenrasse), deren charakteristische Kenn- zeichen weiße Hautfarbe, rothe Wangen, schlichte Haare und runder Schädel ausmachen, zu den Kaukasiern. Die Männer sind im Durchschnitte mehr groß als klein; 5^ rh. Fuß ist die mittlere Größe. Das weibliche Geschlecht zeichnet sich aber durch besondere Größe und Stärke aus. Daß die Männer weniger stark und blühend sind, halten viele für eine Folge des häufigen Genusses dts Brannteweins. Im Allgemeinen herrscht im Kreise ein sehr guter Gesundheitszustand. Das Klima ist zwar etwas feucht, im Ganzen aber sehr gesund. Die einzige, in manchen Jahren und in manchen Gegenden herrschende, aber an sich nicht tödtliche Krankheit, ist das Fieber (Wechselfieber), wo- ran oft sogar Kinder laborireu. Sicher ist es eine Felgedcr Einwirkung stehender Gewässer und der Ueberschwemmun- gen des Rheins. Mit der Austrocknung der Sümpfe wer«

7. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 40

1829 - Crefeld : Funcke
40 den die kalten Fieber sich mindern. Von den Landleuten, welche im Sommer nach Holland gehen (Hollandsgan- ger), um durch Grasmähen und Heuernten einige Tha- ler zu verdienen, kehren oft viele mit hartnäckigen Wech- selfiebern zurück, welche selbst bei sorgfältiger Behand- lung oft 3—4 Monate währen und nicht selten erst mit dem Tode endigen. Die vor Jahrzehnden häufigen Ster- befälle unter Kindern haben aufgehört, seitdem die Ein- impfung der Kuhpocken (Schutzpocken) allgemein einge- führt ist. Leute von 80—90 Jahren sind gar nicht selten, und daß Männer von 7o Jahren noch ein gesundes und kräftiges Aussehen haben und zum Arbeiten tauglich sind, gehört mehr zur Regel als zur Ausnahme. Die Lebensart der Leute ist meist einfach, doch reich- licher und üppiger als in andern Gegenden Deutschlands. Wer nicht ein ganz armer Bauer ist, hat seinen guten Weizen, Butter, Milch, Käse und Branntewein immer im Hause. Die wohlhabenderen lieben sehr reichliche Mahlzeiten, und bei Festen möchten wohl die Tische vor lauter Uebersiuß brechen. Man liebt mehr Fleisch- als Mehlspeisen. Auch wird außerordentlich viel Butter ge- nossen. Selbst auf feines Backwerk wird, zum Nachtheil der Gesundheit, noch Butter geschmiert. Auch ist der Ge- nuß des Brannteweins, dieses schleichenden Giftes, für Jung und Alt, leider! sehr allgemein geworden. Die Alten leiten oft ihre 6—8jährigen Kinder schon zum Brannteweiutrinken an. Daher ist die Masse (Consum- tion) des jährlich getrunkenen Brannteweins und des da- zu erforderlichen Roggens und der Kartoffeln außeror- dentlich groß. Selbst während der öffentlichen Mahlzei- ten geht das Glas mit Branntewein um, und die Dienst- boten, sowohl die männlichen als die weiblichen, pflegen in der Regel nur um Branntewein zu wetten. Ohne Zweifel trägt der Mangel guten Bieres, welcher in dem ganzen Kreise schmerzlich gefühlt wird, sehr viel zum häufigen Genuß des Brannteweins bei. Zwar wird in einigen Orten, z. B. in Geldern, Rheurdt, Ehrenberg rc. mitunter gutes Bier gebraut; allein man kann nicht sicher darauf rechnen; in keinem Falle ist es mit der Kraft und Gesundheit des niederländischen, sächsischen oder pfälzischen Bieres zu vergleichen. — Die Häuser sind meist alls rothen Ziegelsteinen gebaut und mit Ziegeln oder sogenannten Pfannen gedeckt. Hölzerne Häuier mit Lehmwänden, und mit Stroh gedeckt, verschwinden immer

8. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 42

1829 - Crefeld : Funcke
42 4. Sitten und Gebräuche, Temperament und Cha- rakter der Bewohner. Es ist immer schwer, den Charakter der Bewohner eines Landes unbefangen, treu und wahr aufzufassen, und noch schwerer, ihn also in Worten darzustellen. Ich kann daher hier auch kein vollkommenes Gemälde der Bewohner des Kr. Geldern aufstellen wollen. Ueberdieß ist es ein mißliches Geschäft. Die meisten Menschen er- tragen eher einen Tadel, der ihre Person trifft, als einen Tadel über^ ihre ganze Familie, und diesen eher, als einen, der über den ganzen Volksstamm, dem sie ange- hören, ausgesprochen wird. Wenn man die Vorzüge eines Volksstammes auch noch so vollständig und gebüh- rend anerkennt und herausstellt, dem Gemälde aber ei- nige Schattenstriche beimischt, so erregen letztere ein Ge- fühl, welches leicht die heitere Stimmung, in welche jene Anerkennung der Vorzüge versetzte, übertäubt, und gegen den, der es wagt, seine Meinung offen zusagen, zur ungerechten Beurtheilung verleitet. Welcher West- pbale z. B. würde gern über seinen Stamm das Urtheil Horen: derselbe sei brav, tüchtig, offen, bieder, gastfrei, freiheitliebend, und wie die übrigen guten und preiswür- digen Eigenschaften des Westphaten 'weiter heißen, aber zugleich auch etwas breit, langsam und träge. Doch wir sehen von dieser Unart der menschlichen Natur und des engherzigen landschaftlichen Geistes ab und sagen offen unsere Meinung, wenn es uns, was in der Regel dem Fremdling eher zu glücken pflegt, anders gelungen ist, das Gemeinsame unserer jetzigen Landsleute aufzu- fassen. Wir wollen mit den schlimmen Eigenschaften be- ginnen, und das Beste, wie die Kinder beider Mahlzeit, bis zu Ende verschieben. 1. Langsamkeit und Bedächtigkeit. Der Gugerner thut Alles, was er thut, bedächtig und langsam; nirgends äußert er rasche Thatkraft und rührige Lebendigkeit. Er ist daher das gerade Gegentheil des lebendigen Franzosen. Dieser geht tanzend, jener in abgemessenem Schritte über die Straße und zu der Arbeit. Er theilt diese Eigenschaft mit dem Bewohner des Cle- vischen Landes überhaupt, und steht in diesem Stücke den Bewohnern des Bergischcn Landes gerade gegenüber. Dieser ist feurig, rührig., behende, rasch und kräftig ; kaum hat man ihn gesehen, so ist er auch schon um die Ecke. 'Der Gugerner nimmt sich Zeit. Mit diesem phleg-

9. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 43

1829 - Crefeld : Funcke
43 matischen Temperament streitet nicht der stille, aber lang- same Fleiß der Bewohner, der oben belobt wnrde; denn der langsame und phlegmatische Mensch ist darum noch nicht faul ; aber er nimmt sich zu Allem die Zeit, und er haßt die unruhige Hast lebendiger Menschen. Er thut Alles langsam; langsam geht er zur Arbeit, und langsam, doch stetig, setzt er sie fort; langsam geht er zur Kirche, langsam geht er wieder heraus; selbst bei seinen Spielen und Tänzen liebt das Volk das langsame Tempo. Besonders auffallend ist diese Eigenschaft am weiblichen Geschlechte, das bei entgegengesetzter Eigen- schaft unmöglich die schwere, für lebendige Menschen unerträgliche Last der Kleidung steif und fest beibehalten haben würde. Die Frauen sind in eine Masse wollener Röcke eingehüllt; denn 5, 6 und 7 wollene Kleider bil- den eine Masse und ein ungeheueres Gewicht, das die Form des Körpers ganz verhüllt, ihn zur Schwerfällig- keit nöthigt und im eigentlichen Sinn des Worts an die Erdscholle fesselt. Selbst die 5- und 6jährigen Mädchen der Laudleute, besonders der begüterten — denn viele Kleider, zugleich getragen, gelten für ein Zeichen des Wohlstandes und der Vornehmheit — werden mit Klei- dermassen betastet. Wenn man neben eine also beschwerte Gugeruerin die leicht gekteldete, hoch aufgeschürzte und stinke Schweizerin oder Schwäbin stellt, so glaubt man ganz verschiedene Nationen zu erblicken. Eine bedeutende Anzahl solcher wollenen, bis zur Erde hinabreichenden gefältelten Röcke bilden bei der Verheirathung einen wesentlichen Theil der Ausstattung der Töchter; das Landvolk nennt daher charakteristisch diese Röcke Seelen. Die Kleidung des Landvolks hat sich jedoch in dem letzten Jahrzehend verschönert. Die hohen Absätze unter den Schuhen und die Ohreisen der Weiber sind verschwunden. In der Kleidung der Männer hat vorzüglich die Laud- wehreinrichtung eine günstige Veränderung bewirkt, so wie mau überhaupt jetzt unter der heranwachsenden männl. Jugend der Dörfer mehr Haltung, Anstand, Körperkraft und äußere Sitte bemerkt. Ohne Zweifel wohlthätige Folgen der strengen Militärübungen und des Fefthaltens sittlicher Erscheinungsweise. Die Leser wollen entschuldigen; daß ich mich bei der Kleidung so lange aufhalte, aber dieses Aeußere bezeichnet das Temperament der Menschen. Man würde die Leute zu niehr Behendigkeit anleiten, wenn es gelänge, eine andere Volkstracht einzuführen. Das Phlegma der Leute zeigt sich auch beim Essen.

10. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 44

1829 - Crefeld : Funcke
44 Der Schwabe, dem man mit Unrecht Schwerfälligkeit vorwirft, verzehrt seine frugale Mahlzeit in einer Viertel- oder halben Stunde; der Gugerner liebt es, nicht weniger als eine Stunde vor seinen vollen Schüsseln zu sitzen; er ißt viel und gut. Selbst das Gesinde nimmt sich gern eine volle Stunde Zeit zum Verzehren des Frühstücks. Ueberhaupt zeigt das Volk eine große Neigung zum Vielcffen. An den Kirmeßtagen müssen die Tasche mit Speisen beladen, und jede muß in Massen vorhanden sein. An den gewöhnlichen Tagen ißt der Landmann hauptsächlich Gemüse, weniger Fleisch und noch seltener Suppe; aber sehr viel Butter. Die trefflichen Kartoffeln sind ein Hauptgemüse. Getrocknete Pflaumen und Schnitzen gelten für große Leckerbissen. Mehlspeisen werden nur wenig genossen. Von Fleisch mehr Schweinefleisch und Speck, als Rind- und Kalbfleisch. Fast jeder trinkt täg- lich sein Bier, oder seinen Branntewein, und der Fremde wird gewöhnlich mit einem Glase Branntewein begrüßt, nachdem der Wirth Zucker hineingeworfen und es zum ersten Male selbst ausgeleert hat. Zur Bereitung der Spei- sen bedient man sich im Allgemeinen eiserner Töpfe und Pfannen, so wie der an mehrern Orten des Kreises verfertigten Töpferwaaren, die theils zum Kochen, theils zum Aufbewahren der Speisen, der Milch re. gebraucht werden. Von der Glasur dieser Töpfe bemerkt man keinen nackrheiligen E-nfluß auf die Gesundheit der darin be- reiteten und aufbewahrten Speisen. Nur begüterte Fa- milien haben kupferne Geschirre, welche inwendig verzinnt werden, damit sie der Gesundheit nicht nachtheilig werden. Das Wasser ist im Allgemeinen gesund. Es enthält häufig Schwefeltheile, Kalk, und es ist harter Natur. Daher lassen sich Hülsenfrüchte nicht gut in demselben kochen. Man nimmt deßhalb Flußwasser (sogenanntes weiches Wasser) dazu. Der Branntewein wird meist aus Roggen, oder aus einem Gemenge von Roggen und Kartoffeln gebrannt. Wenn, was sehr selten ist, die Pflaumen gerathen, so benutzt man sie auch zum Brannteweinbrennen. Das Bier ist entweder braun, oder weißlich. Jenes wird aus Dörr-, dieses aus Luftmalz bereitet. Man trinkt cs mehr süß als bitter. Der Kreis erzeugt keinen guten Hopfen. — Das tägliche Leben hat seinen festen Gang. Der fleißige Bauer steht in der Regel mit seinen Knechten und Mägden um 4 Uhr ans oder noch früher, zieht mit ihnen im Sommer aus's Feld; im Winter wird in den
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