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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 534

1910 - Dortmund : Crüwell
534 Da ist die Kote, die wird aus alter Gewohnheit erst abge- sucht. Aber nur deswegen, denn im Mai, da mag Goldhals keine trockene Wursthaut und harte Käserinde. Halt, da ist ja schon jemand! Goldhals macht von der Pritsche aus einen langen Hals. Ach so, Sie sind es! Ein kleines graues Geschöpf sitzt dort und knabbert an einem Brotrest, den es in den Pfötchen hält. Schon hat der Marder es am Nacken. Einmal noch quietscht der Bilch und zuckt mit der buschigen Rute, dann läßt er alle viere hangen. Ein bißchen wenig daran, denkt Goldhals, als er den armen Siebenschläfer verspeist; im Oktober sind sie fetter. Drei Viertel davon läßt er auf dem Tische liegen, dann verschwindet er in dem Pflanzgarten. Dort ist nichts, nicht einmal eine Maus, nur eine Kröte, die ihn mit entzündeten Augen boshaft ansieht. Goldhals schüttelt sich vor Ekel und huscht weiter, den Holzweg entlang, den Hang herab, an dem Born vorbei, in dessen Becken die Unken läuten, in den Schälwald hinein und hinaus, bis an den Bach. Dort gibt es immer etwas: junge Wasseramseln oder Berg- bachstelzen, einmal sogar sechs junge Eisvögel auf einmal, fett wie Schnecken; ein andermal erwischte er eine zweipfündige Forelle, die nach einem Maikäfer aufging, auch fette Reitmäuse lebten dort, und wintertags gab es dort Schlehen und Hagebutten. Heute gab es gar nichts als Unannehmlichkeiten. Der Waldkauz wurde unverschämt. Er hatte seine drei quappenfetten flüggen Jungen in der Eiche sitzen und stieß in einemfort knappend und fauchend nach ihm, bis er geärgert in den Wald zurückkehrte. Gibt es unten nichts, gibt es oben vielleicht etwas, dachte Goldhals und huschte an einer Eiche empor. Dort saßen drei Eichkatzenkobel. Im ersten war nichts, im zweiten dasselbe und im dritten ebenso viel. Wenn es so bleibt, dachte Goldhals, dann kann ich Maikäfer fangen, und wütend holzte er von ei- ner Eiche zur andern. Halt, da riecht’s ja nach Specht! Hinein mit der Nase in das Loch. Autsch, da hat er eins darauf. Mutter Spechten versteht keinen Spaß. Als er sich verdutzt die Nase reibt, saust sie an ihm vorbei. Hops! Jawohl, das ging da- neben. Aber die Jungen! Ach ja, der Specht ist auch nicht so dumm, er macht das Loch nicht so groß, daß ein Marder hinein kann. „Wenn nicht, dann nicht,“ faucht er und holzt weiter. Sitzt da nicht ein Taubennest? Ja, da sitzt ein Taubennest! Taubeneier schmecken fein, junge Tauben noch viel feiner; natür- lich nur, wenn man sie hat. Das ist diesmal nicht der Fall. Klapp, klapp, da geht die Taube ab. „Na, dann ein andermal!“

2. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 578

1910 - Dortmund : Crüwell
578 mit dem Verspeisen seiner Pflanzung so lange warten, bis sie faul geworden ist. Das kann aber oft lange dauern, und darum befeuch- tet er das untere Ende mit einer scharfen Flüssigkeit, welche die Verwesung beschleunigt. Von den verfaulten Enden beißt er große Stricke ab und ist wohl gar der Meinung, das schmecke ebenso gut wie das leckerste Butterbrot. Bei seiner nächtlichen Pflanzarbeit er- wischt er hier und da auch die welk herabhangenden Blätter von neu gesetzten Kohl-, Runkel- oder Blumenpflanzen, und indem er diese in seine Röhre herabzerrt, zieht er vielleicht auch die Pflanze rnit rrm, so daß sie den Kopf irr der Erde hat und vor Schrecken das Wachsen vergißt. Wenn die Mutter am andern Morgen diese Arbeit des Regenwurms besieht, so macht sie wohl ein verwundert Gesicht dazu und meint wohl gar, das sei nicht mit rechten Dingen zugegangen, oder irgendeirrer habe ihr zur Nachzeit einen lockern Streich gespielt. Der Regenwurm ist für seine Arbeit in der Erde aufs beste ausgerüstet. Den Kopf gebraucht er als Bohrer. An jeder Seite des Körpers aber hat er zwei Reihen Hakenborsten. Diese Borsten sind die „Steigeisen", mit denen der Wurm sich an den Wänden seines senkrechten Ganges festhält, um nicht wieder in die Tiefe zu fallen, und mit deren Hilfe er in den Röhren so munter auf- und niedersteigt, als sei er ein gelernter Schornsteinfegermeister. Auch beim Kriechen auf der Erde leisten sie ihm gute Dienste. Wenn man den Wurm mit dem Finger leicht von hinten nach vorn streicht, so kann man die Borsten fühlen. Der Regenwurm liebt den Regen, und diese Vorliebe hat ihm auch seinen Namen eingebracht. Er ist ein nächtliches Tier, und wenn die Menschen zu Bette gehen, fängt er erst an aufzustehen. Dann bewegt er sich mit einer Munterkeit und Schnelligkeit über den feuchten Boden, die man ihm gar nicht zugetraut hätte. Und doch hat ihm unser Herrgott weder Augen noch Ohren mit auf den Lebensweg gegeben, und Werkzeuge zum Schmecken und Riechen hat man auch noch nicht an ihm auffinden können. Dennoch ist unser Regenwurm nicht so kurz weggekommen, wie es den Anschein hat. Betritt man nachts einen Garten, in dem viel Regenwürmer sind, mit einer Laterne, so ziehen sich die nächtlichen Spaziergänger mit einer Schnelligkeit zurück, daß man förmlich ein leises Sausen vernimmt. Also kann er doch nicht völlig blind sein. Ohren hat der Regenwurm auch nicht. Sein Gefühl ist aber dafür so fein, daß er jede leise Erschütterung des Erdbodens merkt und sich eiligst in seine Röhre zurückzieht. Der Regenwurm muß auch Geschmack und Geruch haben, denn er hat gewisse Lieblingsspeisen und weiß

3. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 536

1910 - Dortmund : Crüwell
536 ein, und immer noch sucht Goldhals im taufeuchten Felde, die Wasserfurchen entlang- schleichend, die Koppelweg-e hinauf- und hinabhuschend; aber kein Hummelnest findet er, keinen bewohn- ten Hamsterbau, kein Hühnergelege, kein Junghäschen. Und wenn ihm der Magen auch schief hängt, es wird Zeit, an den Heimweg zu denken. „Der Tag ist keines Marders Freund," das hat die Mutter ihn gelehrt. Dreihundert Schritte vor dem Walde stutzt er und richtet sich auf: Der graue Pfahl dort vor ihm bewegte sich doch? Und daneben, die zwei braunen Dinger erst recht! Und jetzt trägt der Wind ihm die bösen Witterungen zu, die die Mutter ihn meiden hieß, die Witterung von Mensch und Hund. Mit einem Riesensatz ist er im nassen Klee. Höchste Zeit, denn da hört er es zischen, flüstern: „Hu faß!“ und hinter ihm her leuchtet es. Schnell in den Brombeerbusch, wo er am dicksten ist. Aber die Hunde achten der Dornen nicht. Heraus und in den Wasserdurchlaß! Aber auch dahinein folgen ihm die Teckel. Und über der Erde poltert es. Schnell aus dem andern Ende heraus, aber das geht nicht, ein schwarzes, nach Hund riechendes Ding steckt darin. Da fährt Goldhals herum und will den Hund überrollen; der aber faßt zu, jault auf, denn scharfe Fänge griffen um seine Lefzen, aber jetzt fühlt Goldhals sich vom andern Teckel am goldenen Halsfleck gepackt, und hinaus geht die Balgerei aus dem Durchlaß. Draußen greift der erste Dackel ihn am Hinterteil, und so wird Goldhals langgezerrt. Zwei auf einen, das ist zuviel, und nun weiß er, daß es aus ist mit Freijagd in Berg und Busch. Noch einmal, ehe sein Bewußtsein erlischt, fällt der Mutter War- nung ihm ein: „Der Tag ist keines Marders Freund; die Nacht ist gut und lieb." 253* «¡Häufe iltt Sonu Von Joseph Laufs. /schattenlos, eine blondgoldige Fläche, erstreckte sich das Clever Feld bis zu den dunkelblauen Waldungen. Die Weizenschläge hatten noch einen grünlichen Anflug, wohingegen die Roggenfelder bereits in dem goldigen Ton der vorgeschrittenen Reife erstrahlten. Hin und wieder flammte der Mohn auf. Wie brennende Punkte lag er inmitten der Myriaden von Halmen. Ein heißer Windhauch zog über die Ebene und wellte das Korn dem Sonnenfeuer entge- gen, das schon Anstalten machte, tiefer und tiefer zu sinken. Noch

4. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 580

1910 - Dortmund : Crüwell
580 Unter den Insektenlarven sind solche, die eine scharfe Flüssig- keit auf eine ziemliche Entfernung zu schleudern vermögen. Bei uns tut das namentlich die dicke fleischfarbige, oben braune Raupe des Weidenbohrers; sie spritzt in der Bedrängnis einen grünlichen Saft etwa zwei Fuß weit ans dem Maul. Dieser ist stark ätzend und von so eigentümlich scharfem Geruch, daß eine geübte Nase das Tier mehrere Meter weit wahrnimmt, selbst dann, wenn es ruhig im Holze nagt. Die Ameisen beißen und stechen nicht bloß, sondern sie spritzen auch ihre Säure aufs Geratewohl dem Feinde entgegen. Stört man einen Haufen der gewöhnlichen braunen Waldameisen, schlägt etwa ein paarmal mit der Hand aus ihn und halt dann die Hand in 1h Fuß Höhe über den Haufen, so kann man sehen, wie die laufenden Tierchen anhalten und ihren Hinterleib aufwärts krünm men. Betrachtet man dann die Sache von der Seite, in der Art. daß man über den Haufen weg gegen das Helle blickt, so sieht man Hunderte von feinen Flüssigkeitsstrahlen emporschießen, die etwa zwei Dezimeter hoch reichen; das ist die Abwehr der Ameisen. Manche Seetiere schießen dein, der sie aus dem Meere her- vorhebt, einen kräftigen Wasserstrahl entgegen. In diesem wie in andern Füllen ist die ausgespritzte Flüssigkeit nicht gerade schädlich, aber das Plötzliche des Schusses genügt, um einen zaghafteren Feind zu schrecken, und damit ist sein Zweck erfüllt. Selbst der Mensch läßt sich, wenn er nicht vorbereitet ist, durch derartige Mittel sehr leicht zum Loslassen bewegen. Es mag unter den kleinen und verborgenen Tieren, deren Lebensweise wenig genau bekannt ist, noch manche ähnliche Ein- richtung geben, von der wir nichts wissen. Im Pflanzenreich sind die Schleudervorrichtungen gleichfalls weit verbreitet, und dort sind sie noch auffallender als im Tierreich. Denn das Tier benutzt seine Muskeln, regelrechte Bewegungsorgane, zum Auswerfen des Ge- schosses; die Pflanze aber hat keine Muskeln, und demgemäß müssen ihre Wurforgane jedesmal besondere Einrichtungen sein. Diese die- nen durchweg ein und demselben Hauptzweck, der Samenverbreitung, und sie beruhen auch durchgängig auf ein und demselben Prinzip: durch das Wachstum werden in einzelnen Fruchtteilen elastische Spannungen hergestellt, die schließlich zu einem jähen Platzen führen. Schon bei sehr niedrig stehenden Gewächsen, wie Pilzen und Flechten, findet man in den Fruchthältern eigene Schleuderorgane, meist in Form von Spiralzellen aus stark elastischem Zellstoff. Zur Zeit der Reife sind diese Spiralen gespannt wie elastisch zusammen- gedrückte Sprungfedern; es kommt ein Augenblick, wo die umliegen-

5. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 538

1910 - Dortmund : Crüwell
538 hockender Stellung, die Schwänzchen sorglich zur Seite gelegt, Mäus- chen bei Mäuschen, Schwänzchen bei Schwänzchen, Köpfchen bei Köpfchen, umspannten mit ihren Vorderfüßchen den Halm und schnitten ihn kurz über dein Erdreich ab, so daß nur die leere Stoppel zurückblieb. Er glaubte üerfteirteru zu müssen. „Ktsch!" machte er. Ja- wohl und prosit die Mahlzeit! Die sonst so scheuen Tierchen ließen sich in ihrer Arbeit nicht stören, sahen ihn mit ihren Nagerge- sichtchen frech an, ohne auch nur im entferntesten auf Fluchtversuche zu sinnen, und schroteten weiter. „Hiäh! -— Hiäh!" Die Vögel hatten niedrigen Flug genom- men. Ab und zu fiel einer ins Korn und steuerte mit der gewonne- nen Beute einem Findling oder vereinzelt stehenden Baume zu. Der Kornhändler taumelte durch die sich kreuzenden Gassen. Je weiter er kam, um so größer stellte sich ihm die unheimliche Tätig- keit der nagenden Tiere vor Augen. Schwadronenweise zogen die Mäuse jetzt von Acker zu Acker. In den Furchen wimmelte es von den winzigen Nagern. Röhre bei Röhre; sein Fuß sank ein in- folge der Minierarbeit der geschäftigen Tierchen, und, was er vor- hin von der Ferne aus nicht wahrnehmen konnte, hier, inmitten der wogenden Frucht, gewann er ein klares Bild von dem bereits vor- geschrittenen Unheil. Ganze Partien waren den feinen Zähnchen schon zum Opfer gefallen. Wie pockennarbige Stellen lag es auf den vergoldeten Feldern. Und immer das Rascheln, das entsetzliche Rascheln! Eine Ähre sank um, dort eine zweite, fünfzig, hundert auf ein- mal — ungezählte Ähren wurden erbarmungslos zu Boden gezogen. Unermüdlich, furchtbar, entsetzlich, nicht zu begreifen war die Ar- beit der huschenden Wühler. Zu Hunderten und Tausenden schlüpf- ten sie durch die engen Gäßchen, leckten die Pfötchen, wetzten die Zähnchen, quieksten bei ihrem tollen Geschäft und schnitten die Halme. Sie scheuten sich nicht, über die Wege zu springen, die langen Schwänzchen über des Fremden Schuhwerk zu schleppen und mit ihrer geheimsten Beute in die zunächst gelegenen Röhren zu tauchen. Inmitten des weiten Feldes stand ein ruppiger Scheumann. Durch zwei in Kreuzform verbundene Knüppel mit einem darüber gezogenen abgelegten Jackett war dieser Popanz gebildet. Lustig von dem Hut sang eine Goldammer ihre einfache Strophe in den kom- menden Abend. In den Roggenschlag springen, den oberen Knüppel ergreifen und wieder zurück auf den Weg — diese drei Maßnahmen wurden in einer Gedankenspanne von den: unglücklichen Kornhändler

6. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 539

1910 - Dortmund : Crüwell
539 bewältigt. Bratsch . . . ! Er schlug auf die huschenden Mäuse ein. Doch seine Kräfte erlahmten. Immer neue der schnellfüßigen Nager hüpften und huschten über den Weg, duckten sich in Furchen und Löchern, schnitten und grapsten und kümmerten sich nicht um ihre Genossen, die bereits ans dem Felde der Ehre lagen und noch im Tode ihre schneeweißen Zähnchen bewundern ließen. Für zehn er- schlagene rückten fünfzig frische Kräfte ins Treffen. Da gab der Kornhändler das aussichtslose Rennen auf, wischte sich den Schweiß von der Stirn, warf den Knüppel ins Korn und ging seines Weges. Traurig sah er in das ersterbende Licht des friedlichen Abends. Er hätte weinen können vor lauter Entsetzen. 254. Stchttlätzg. Von William Marshall. Gestern sind die Starmätze im Garten meines Nachbars ein- gezogen. Die Sonne schien mit schwacher Kraft auf den Wipfel der alten Platane nebenan, und auf einmal schlug ein lieber schnalzender Frühlingston von dorther an mein Ohr. Gleich rief ich meinem Jüngsten, dem Franz, zu: „Franz, drü- den in Nachbars Garten sind die Stare eingezogen!“ Da kam er gesprungen, sang dazu: „Juchheirassassassa, und die Stare, die sind da!“ und gesellte sich zu mir, um vom Fenster meines Arbeitszimmers aus Beobachtungen anzustellen. Es sind ihrer zwei drüben im Garten. Gewiß das näm- liche Pärchen, das im vorigen Jahre hier seine Jungen groß- zog, und wir wollen uns freuen, daß die Tierchen den langen, bangen Winter überstanden haben und sich wieder in unserer Nachbarschaft einfinden. Der eine der beiden Vögel, das Männ- chen jedenfalls, sitzt oben auf der äußersten Spitze des höchsten Zweiges der Platane, der Morgensonne zugewendet, und sein Hals- und Brustgefieder schimmert in ihren Strahlen. Den Kopf trägt er hochgestreckt, die spitzen Federchen seiner Kehle heben und senken sich, den Oberkörper wendet er jetzt rechts, dann links und schlägt sich mit den Flügeln die Seiten. Auch die Schwanzfedern spreizen sich auseinander und falten sich wieder zusammen. Und welche Fülle von Tönen! — In wun- derlicher Folge und von teilweise ganz unbestimmbarer Klang- farbe reihen sie sich aneinander. Schnurrende, klatschende, schnalzende Laute, dazwischen der Lockruf einer Henne, das „Dschülp“ eines Spatzen und der kurze, kläffende Sopranton

7. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 540

1910 - Dortmund : Crüwell
540 eines sehr jungen Hundes. Da — horch! Er hat den eigen- tümlichen Pfiff, mit dem ich meine Kinder zu rufen pflege, noch nicht verlernt; er flicht ihn in seinen Morgengesang auch heute noch ein mit ebensolchem Behagen wie im Vorjahr, wo er oft Veranlassung zu Irrtümern gab und die Kinder gelau- fen kamen, um zu fragen, was mein Begehr sei. Es ist ein seltsames Frühliedchen, das sich Matz aus der kleinen Brust quetscht und trommelt; er ist dabei aber von der Vorzüglich- keit seiner Leistung offenbar völlig durchdrungen, das zeigt sein beharrlicher Eifer und das Schneiden seiner Kapriolen. Währenddessen ist die Gattin an den Starkasten geflogen. Sie untersucht das Bauwerk genau von innen und von außen. Auf dem Stängelchen vor dem Flugloch sitzt sie, guckt in den Kasten, nimmt mit aufgesperrtem Schnabel wie mit einem Zirkel das Maß des Schlupfloches, guckt noch einmal hinein, kriecht endlich flink in das Innere, kommt aber gleich wieder heraus. Es scheint ihr da drinnen etwas nicht gefallen zu haben. Sie schwirrt zu ihrem Manne hinauf und unterbricht ihn rücksichtslos mitten in seiner schönsten Stelle. Ihr liegen jetzt wichtigere Dinge im Kopfe als Morgenmusiken. Offen- bar hat sie ihrem Hans Matz sehr belangreiche Mitteilungen zu machen. Sie setzt sich neben ihn und schnurrt eifrigst auf ihn ein. Er macht sich vor Überraschung ganz schlank, end- lich fliegt er rasch auf den Brütekasten zu und gerade durch das Flugloch hinein, erscheint aber auch gleich wieder drau- ßen. Loheben Matz ist unmittelbar hinter ihrem Hans her- geflogen, es folgt eine neue kurze Unterredung, und beide kriechen in hoher Aufregung hintereinander in den Kasten. Sie kommen heraus und zerren mit allen Zeichen des Abscheus an einem großen Klumpen von Werg, Heu, Federn, Papier- schnitzeln, und der Himmel mag wissen, von was noch! Einige Spatzen haben schon seit geraumer Zeit, erst aus der Ferne, dann näherrückend, das Tun und Treiben der beiden Stare mit offenbarem Mißtrauen und Mißbehagen beobachtet. Ich weiß auch weshalb! im Winter nämlich haben die braven Nachbarn die Wohnung der verreisten Starenleute für sehr be- haglich befunden, sie ohne viel Fragen bezogen und auf ihre Art eingerichtet. Auf ihre Art! Alles alte Gerümpel, schmutzig oder nicht, haben sie eingetragen, wenn es nur versprach, warm zu halten; der Wohnraum war überhaupt zu groß für sie und unbehaglich bei der Kälte, also mußte er gehörig aus- gepolstert und ausgestattet werden, und das hat denn eine

8. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 581

1910 - Dortmund : Crüwell
581 den Gewebe nicht mehr stark genug sind, um sie zurückzuhalten, die Feder schnellt los, streckt sich gewaltsam gerade, fliegt aus ihrem Behältnis heraus, reißt dabei die benachbarten Keimkörner mit sich und verstreut sie über die Umgebung der Mutterpflanze. Von den höhern, blühenden Gewächsen besitzen viele Kapseln, die zur Zeit der Reife elastisch gespannt sind, mit einer gewissen Gewalt aufspringen und ihre Samenkörner kräftig umherschleudern. Setzt man sich an wannen Sommertagen an den Rand eines Ge- treidefeldes, so hört man oft bei einiger Aufmerksamkeit ringsum eiu feiues Knisteru und Rasseln; das sind die Samenkapseln der llnkränter, welche in der Sonnenhitze zerspringen und ihren Inhalt über den Boden verstreuen. Eine bei uns sehr bekannte Pflanze hat diese Schleuder- fähigkeit zu besonderer Vollkommenheit ausgebildet, das ist das „Kräutchen rühr mich nicht an", die gelbblühende wilde Balsamine, welche in ganz Deutschland an feuchten Standorten häufig zu finden ist. Sie gehört sicherlich zu den Gewächsen, die zuerst die Aufmerk- samkeit der Menscheu auf die Wuuder der Botauik geleukt haben; denn man kann annehmen, daß schon seit Jahrtausenden die Hälfte aller spielenden Kinder sich gelegentlich mit dem Abfeuern der Balsaminenfrüchte unterhalten hat. Diese sind aus fünf Lüngs- streifen zusammengewachsen; jeder einzelne Streifen besitzt noch eine innere Verstärkungsleiste, und zur Zeit der Reife sind diese stark elastisch gespannt, so daß sie das Bestreben haben, sich aufzurollen. Solange die Pflanze in Ruhe bleibt, kanu die Spannung einen ziemlich hohen Grad erreichen, ohne daß die Frucht zerreißt; wenn aber der leiseste Druck den Zusammenhang der Fasern irgendwie lockert, gewinnen die elastischen Kräfte die Oberhand, die ganze Frucht springt der Länge nach auf, die Streifen rollen sich mit äußerster Plötzlichkeit gegen die Spitze hin zusammen, und die Samenkörner werden heftig abgeschleudert; sie spritzen oft zwei Meter weit. Auch das Veilchen kann dieses Kunststück. Es klemmt seine harten glatten Samen zwischen die vertrocknenden Fruchtklappen und knipst sie dann weg, ähnlich wie ein mutwilliger Junge einen Kirschkern zwischen beu Fingern wegqiletscht. Noch besser aber verstehen einige ausländische Vettern die Schießknnst. Berühmt ist namentlich ein südamerikanischer Baum, der deu Namen Sandbüchsenbanin führt. Die abgefallenen Früchte trocknen ein und zerspringen dann mit lautem Knall. Dabei schleudern sie den Samen weit umher, manchmal 15 m weit. Ein englischer Ge- lehrter hatte ein Exemplar der Frucht mit nach England gebracht

9. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 582

1910 - Dortmund : Crüwell
582 und in einem Kästchen verwahrt. Eines Tages zersprang dieses mit einem pistolenschußähnlichen Knall, und es fanden sich nachher nicht bloß die Stücke der Frucht, sondern auch Trümmer des Käst- chen im Zimmer verstreut. 268. Blumen und Insekten. B°» K°°isch, ^sie Pflanze sitzt im Boden fest. Da sie aber für das Wichtigste ^ in ihrem Leben, die Fruchtbildung, in vielen Fällen der Mit- wirkung anderer Pflanzen nicht entraten kann, so ist sie ans fremde Hilfe angewiesen. Als solche werden außer dem Wind in der Regel die Insekten in Anspruch genomnlen, aber auch Schnecken und Wirbeltiere (Vögel) haben gelegentlich als Spediteure des Pollen- staubes zu dienen. Nim liefert freilich kein Tier diesen Dienst ohne entsprechende Gegenleistung, und diese Gegenleistung muß von der Psianze in auffälliger Weise dargeboten werden, um Zugkraft für das Tier zu haben. Das beliebteste Mittel der Pflanze zur Anlockung des ge- waltigen Heeres der Kerbtiere besteht in der Verabreichung bevor- zugter Nahrungsstoffe. Die Pflanze bietet den Insekten Honig an und sucht sich ihnen durch Ausstreuung süßer Düfte, manchmal auch dkirch glänzende Farben auf weite Strecken hin bemerkbar zu machen. Viele der honigsuchenden Insekten sind recht bequeme Herren, die sich nur dort niederlassen, wo das Absitzen ohne Unannehmlich- keit geschehen kann. Deshalb haben viele Pflanzen besondere Flug- bretter ausgebildet, Sitzbänkchen sozusagen, die sie vors Haus stellen als Einladung an Madame Hummel, daß sie gütigst ein wenig Platz nehmen und sehen möge, wie herrlich man eingerichtet sei. Zu diesen Pflanzen gehören die Knabenkräuter und die meisten Lippenblütler, und ihre Unterlippe ist der besagte Stuhl. Weil es aber auch ungebetene Gäste gibt, mit denen die Pflanze um alles in der Welt nichts zu schaffen haben mag, so setzt sie diesen schon von vornherein dadurch den Stuhl vor die Tür, daß sie ihre Kronenröhre, die ja der Eingang zum Honigkeller ist, mit beson- deren Haardickichten, Vorsprüngen kind Leisten oder kleinen Dörn- chen auskleidet, die dem Zudringlichen jeden Eintritt umnöglich machen, geradeso wie ein Stacheldrahtzaun. Indessen der Besuch allein tut es noch nicht, und damit, daß Madame Hummel oder Biene ihren Rüssel in die Kronenröhre steckt und den Honig so schmackhaft findet, daß sie bereit ist, bald wieder-

10. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 542

1910 - Dortmund : Crüwell
542 Eigentümer sind schlau und vorsichtig und lassen ihr Heim nicht aus den Augen. Einer der beiden Gatten ist immer in der Mähe, wehrt selbst ab und ruft den Ehegenossen zu Hilfe. Endlich geben die zudringlichen Spatzen die Sache als hoffnungs- los auf, und die Stare finden den verdienten Frieden. 255. Brutkästen für Bögel. V°„ Marti» Br»°ß. Cvn den meisten Gegenden Deutschlands sind die Starenkästen ein Aj ganz bekannter, alltäglicher Anblick, so daß wir nur wenig ans sie achten und es uns kaum vorstellen können, wie man vor ver- hältnismäßig noch recht kurzer Zeit gar nicht daran dachte, Freund Star auf diese Weise an Hof und Garten zu fesseln. Und wie hat sich der Starenkübel im Laufe der Zeit vervollkommnet! Die zwei oder drei Dutzend Starkasten, die einst mein Vater in unserm Garten anbringen ließ, hatte der Holzhacker aus fichtenen oder kiefernen Brettern roh zusammengefügt. Regen und Sonne trieben das Holz natürlich bald auseinander, so daß aus den klaffenden Häuschen nur zu oft das Nistmaterial heraushing. Jedes Frühjahr mußte die Mehrzahl ausgebessert werden, wenn man nicht befürchten wollte, daß der erste beste Sturm die Kasten stückweise davontrug. Trotz dieser Mißstände muß ieh aber der Wahrheit die Ehre geben und gestehen, daß nur selten eins der Häuschen unbewohnt blieb; ja Stare und Sperlinge stritten sich häufig genug um den Besitz der fragwürdigen Wohnungen. Es war oft ein Mordskandal da oben in den Bäumen, zumal sich meist die ganze Nachbarschaft am Kampfe beteiligte. Uns Buben aber bereitete es immer die höchste Be- friedigung, wenn wir sahen, wie die freche Spatzenschar von beit rechtmäßigen Besitzern der Wohnung hinausgeworfen wurde; nur ausnahmsweise gelang es den Spatzen, das Feld zu behaupten. Heute nun kauft man nett und sauber gearbeitete Starkasten in allen Geschäften, die mit Gartenmöbeln handeln. Sehr praktisch sind die Nistkästen, die den Namen des Freiherrn v. Berlepsch tragen. Sehr häufig wird der Fehler begangen, daß man erst im Frühjahr an die künftige Brutstätte denkt, wenn die von der Wan- derung heimgekehrten Stare durch ihr Schnalzen und Pfeifen den Vogelfreund an sein Liebeswerk erinnern. Viel praktischer ist es, bereits im Spätherbst, etwa im November, die Nistkästen aufzu- hängen. Nur der eine Umstand ist unangenehm, daß bei zeitigem Aushängen der Nistkästen sich so oft die Sperlinge in ihnen festsetzen.
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