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Da ist die Kote, die wird aus alter Gewohnheit erst abge-
sucht. Aber nur deswegen, denn im Mai, da mag Goldhals keine
trockene Wursthaut und harte Käserinde. Halt, da ist ja schon
jemand! Goldhals macht von der Pritsche aus einen langen Hals.
Ach so, Sie sind es! Ein kleines graues Geschöpf sitzt dort und
knabbert an einem Brotrest, den es in den Pfötchen hält. Schon
hat der Marder es am Nacken. Einmal noch quietscht der Bilch
und zuckt mit der buschigen Rute, dann läßt er alle viere hangen.
Ein bißchen wenig daran, denkt Goldhals, als er den armen
Siebenschläfer verspeist; im Oktober sind sie fetter. Drei Viertel
davon läßt er auf dem Tische liegen, dann verschwindet er in dem
Pflanzgarten. Dort ist nichts, nicht einmal eine Maus, nur eine
Kröte, die ihn mit entzündeten Augen boshaft ansieht. Goldhals
schüttelt sich vor Ekel und huscht weiter, den Holzweg entlang,
den Hang herab, an dem Born vorbei, in dessen Becken die
Unken läuten, in den Schälwald hinein und hinaus, bis an den
Bach. Dort gibt es immer etwas: junge Wasseramseln oder Berg-
bachstelzen, einmal sogar sechs junge Eisvögel auf einmal, fett
wie Schnecken; ein andermal erwischte er eine zweipfündige
Forelle, die nach einem Maikäfer aufging, auch fette Reitmäuse
lebten dort, und wintertags gab es dort Schlehen und Hagebutten.
Heute gab es gar nichts als Unannehmlichkeiten. Der Waldkauz
wurde unverschämt. Er hatte seine drei quappenfetten flüggen
Jungen in der Eiche sitzen und stieß in einemfort knappend und
fauchend nach ihm, bis er geärgert in den Wald zurückkehrte.
Gibt es unten nichts, gibt es oben vielleicht etwas, dachte
Goldhals und huschte an einer Eiche empor. Dort saßen drei
Eichkatzenkobel. Im ersten war nichts, im zweiten dasselbe und
im dritten ebenso viel. Wenn es so bleibt, dachte Goldhals,
dann kann ich Maikäfer fangen, und wütend holzte er von ei-
ner Eiche zur andern. Halt, da riecht’s ja nach Specht! Hinein
mit der Nase in das Loch. Autsch, da hat er eins darauf. Mutter
Spechten versteht keinen Spaß. Als er sich verdutzt die Nase
reibt, saust sie an ihm vorbei. Hops! Jawohl, das ging da-
neben. Aber die Jungen! Ach ja, der Specht ist auch nicht
so dumm, er macht das Loch nicht so groß, daß ein Marder
hinein kann.
„Wenn nicht, dann nicht,“ faucht er und holzt weiter.
Sitzt da nicht ein Taubennest? Ja, da sitzt ein Taubennest!
Taubeneier schmecken fein, junge Tauben noch viel feiner; natür-
lich nur, wenn man sie hat. Das ist diesmal nicht der Fall.
Klapp, klapp, da geht die Taube ab. „Na, dann ein andermal!“
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
578
mit dem Verspeisen seiner Pflanzung so lange warten, bis sie faul
geworden ist. Das kann aber oft lange dauern, und darum befeuch-
tet er das untere Ende mit einer scharfen Flüssigkeit, welche die
Verwesung beschleunigt. Von den verfaulten Enden beißt er große
Stricke ab und ist wohl gar der Meinung, das schmecke ebenso gut
wie das leckerste Butterbrot. Bei seiner nächtlichen Pflanzarbeit er-
wischt er hier und da auch die welk herabhangenden Blätter von
neu gesetzten Kohl-, Runkel- oder Blumenpflanzen, und indem er
diese in seine Röhre herabzerrt, zieht er vielleicht auch die Pflanze
rnit rrm, so daß sie den Kopf irr der Erde hat und vor Schrecken
das Wachsen vergißt. Wenn die Mutter am andern Morgen diese
Arbeit des Regenwurms besieht, so macht sie wohl ein verwundert
Gesicht dazu und meint wohl gar, das sei nicht mit rechten Dingen
zugegangen, oder irgendeirrer habe ihr zur Nachzeit einen lockern
Streich gespielt.
Der Regenwurm ist für seine Arbeit in der Erde aufs beste
ausgerüstet. Den Kopf gebraucht er als Bohrer. An jeder Seite
des Körpers aber hat er zwei Reihen Hakenborsten. Diese Borsten
sind die „Steigeisen", mit denen der Wurm sich an den Wänden
seines senkrechten Ganges festhält, um nicht wieder in die Tiefe zu
fallen, und mit deren Hilfe er in den Röhren so munter auf- und
niedersteigt, als sei er ein gelernter Schornsteinfegermeister. Auch
beim Kriechen auf der Erde leisten sie ihm gute Dienste. Wenn
man den Wurm mit dem Finger leicht von hinten nach vorn streicht,
so kann man die Borsten fühlen.
Der Regenwurm liebt den Regen, und diese Vorliebe hat ihm
auch seinen Namen eingebracht. Er ist ein nächtliches Tier, und
wenn die Menschen zu Bette gehen, fängt er erst an aufzustehen.
Dann bewegt er sich mit einer Munterkeit und Schnelligkeit über
den feuchten Boden, die man ihm gar nicht zugetraut hätte. Und
doch hat ihm unser Herrgott weder Augen noch Ohren mit auf den
Lebensweg gegeben, und Werkzeuge zum Schmecken und Riechen
hat man auch noch nicht an ihm auffinden können. Dennoch ist
unser Regenwurm nicht so kurz weggekommen, wie es den Anschein
hat. Betritt man nachts einen Garten, in dem viel Regenwürmer
sind, mit einer Laterne, so ziehen sich die nächtlichen Spaziergänger
mit einer Schnelligkeit zurück, daß man förmlich ein leises Sausen
vernimmt. Also kann er doch nicht völlig blind sein. Ohren hat
der Regenwurm auch nicht. Sein Gefühl ist aber dafür so fein,
daß er jede leise Erschütterung des Erdbodens merkt und sich eiligst
in seine Röhre zurückzieht. Der Regenwurm muß auch Geschmack
und Geruch haben, denn er hat gewisse Lieblingsspeisen und weiß
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T84: [Körper Kopf Tier Fuß Bein Insekt Eier Zahn Nahrung Haut], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
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ein, und immer noch sucht Goldhals im taufeuchten Felde, die
Wasserfurchen entlang- schleichend, die Koppelweg-e hinauf- und
hinabhuschend; aber kein Hummelnest findet er, keinen bewohn-
ten Hamsterbau, kein Hühnergelege, kein Junghäschen. Und wenn
ihm der Magen auch schief hängt, es wird Zeit, an den Heimweg
zu denken. „Der Tag ist keines Marders Freund," das hat die
Mutter ihn gelehrt.
Dreihundert Schritte vor dem Walde stutzt er und richtet
sich auf: Der graue Pfahl dort vor ihm bewegte sich doch? Und
daneben, die zwei braunen Dinger erst recht! Und jetzt trägt der
Wind ihm die bösen Witterungen zu, die die Mutter ihn meiden
hieß, die Witterung von Mensch und Hund.
Mit einem Riesensatz ist er im nassen Klee. Höchste Zeit,
denn da hört er es zischen, flüstern: „Hu faß!“ und hinter ihm
her leuchtet es. Schnell in den Brombeerbusch, wo er am dicksten
ist. Aber die Hunde achten der Dornen nicht. Heraus und in
den Wasserdurchlaß! Aber auch dahinein folgen ihm die Teckel.
Und über der Erde poltert es. Schnell aus dem andern Ende
heraus, aber das geht nicht, ein schwarzes, nach Hund riechendes
Ding steckt darin.
Da fährt Goldhals herum und will den Hund überrollen;
der aber faßt zu, jault auf, denn scharfe Fänge griffen um seine
Lefzen, aber jetzt fühlt Goldhals sich vom andern Teckel am
goldenen Halsfleck gepackt, und hinaus geht die Balgerei aus dem
Durchlaß. Draußen greift der erste Dackel ihn am Hinterteil, und
so wird Goldhals langgezerrt. Zwei auf einen, das ist zuviel,
und nun weiß er, daß es aus ist mit Freijagd in Berg und Busch.
Noch einmal, ehe sein Bewußtsein erlischt, fällt der Mutter War-
nung ihm ein: „Der Tag ist keines Marders Freund; die Nacht
ist gut und lieb."
253* «¡Häufe iltt Sonu Von Joseph Laufs.
/schattenlos, eine blondgoldige Fläche, erstreckte sich das Clever
Feld bis zu den dunkelblauen Waldungen. Die Weizenschläge
hatten noch einen grünlichen Anflug, wohingegen die Roggenfelder
bereits in dem goldigen Ton der vorgeschrittenen Reife erstrahlten.
Hin und wieder flammte der Mohn auf. Wie brennende Punkte
lag er inmitten der Myriaden von Halmen. Ein heißer Windhauch
zog über die Ebene und wellte das Korn dem Sonnenfeuer entge-
gen, das schon Anstalten machte, tiefer und tiefer zu sinken. Noch
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau]]
580
Unter den Insektenlarven sind solche, die eine scharfe Flüssig-
keit auf eine ziemliche Entfernung zu schleudern vermögen. Bei
uns tut das namentlich die dicke fleischfarbige, oben braune Raupe
des Weidenbohrers; sie spritzt in der Bedrängnis einen grünlichen
Saft etwa zwei Fuß weit ans dem Maul. Dieser ist stark ätzend
und von so eigentümlich scharfem Geruch, daß eine geübte Nase das
Tier mehrere Meter weit wahrnimmt, selbst dann, wenn es ruhig
im Holze nagt.
Die Ameisen beißen und stechen nicht bloß, sondern sie spritzen
auch ihre Säure aufs Geratewohl dem Feinde entgegen. Stört
man einen Haufen der gewöhnlichen braunen Waldameisen, schlägt
etwa ein paarmal mit der Hand aus ihn und halt dann die Hand
in 1h Fuß Höhe über den Haufen, so kann man sehen, wie die
laufenden Tierchen anhalten und ihren Hinterleib aufwärts krünm
men. Betrachtet man dann die Sache von der Seite, in der Art.
daß man über den Haufen weg gegen das Helle blickt, so sieht man
Hunderte von feinen Flüssigkeitsstrahlen emporschießen, die etwa
zwei Dezimeter hoch reichen; das ist die Abwehr der Ameisen.
Manche Seetiere schießen dein, der sie aus dem Meere her-
vorhebt, einen kräftigen Wasserstrahl entgegen. In diesem wie in
andern Füllen ist die ausgespritzte Flüssigkeit nicht gerade schädlich,
aber das Plötzliche des Schusses genügt, um einen zaghafteren Feind
zu schrecken, und damit ist sein Zweck erfüllt. Selbst der Mensch
läßt sich, wenn er nicht vorbereitet ist, durch derartige Mittel sehr
leicht zum Loslassen bewegen.
Es mag unter den kleinen und verborgenen Tieren, deren
Lebensweise wenig genau bekannt ist, noch manche ähnliche Ein-
richtung geben, von der wir nichts wissen. Im Pflanzenreich sind
die Schleudervorrichtungen gleichfalls weit verbreitet, und dort sind
sie noch auffallender als im Tierreich. Denn das Tier benutzt seine
Muskeln, regelrechte Bewegungsorgane, zum Auswerfen des Ge-
schosses; die Pflanze aber hat keine Muskeln, und demgemäß müssen
ihre Wurforgane jedesmal besondere Einrichtungen sein. Diese die-
nen durchweg ein und demselben Hauptzweck, der Samenverbreitung,
und sie beruhen auch durchgängig auf ein und demselben Prinzip:
durch das Wachstum werden in einzelnen Fruchtteilen elastische
Spannungen hergestellt, die schließlich zu einem jähen Platzen führen.
Schon bei sehr niedrig stehenden Gewächsen, wie Pilzen und
Flechten, findet man in den Fruchthältern eigene Schleuderorgane,
meist in Form von Spiralzellen aus stark elastischem Zellstoff. Zur
Zeit der Reife sind diese Spiralen gespannt wie elastisch zusammen-
gedrückte Sprungfedern; es kommt ein Augenblick, wo die umliegen-
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T84: [Körper Kopf Tier Fuß Bein Insekt Eier Zahn Nahrung Haut], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei]]
538
hockender Stellung, die Schwänzchen sorglich zur Seite gelegt, Mäus-
chen bei Mäuschen, Schwänzchen bei Schwänzchen, Köpfchen bei
Köpfchen, umspannten mit ihren Vorderfüßchen den Halm und
schnitten ihn kurz über dein Erdreich ab, so daß nur die leere
Stoppel zurückblieb.
Er glaubte üerfteirteru zu müssen. „Ktsch!" machte er. Ja-
wohl und prosit die Mahlzeit! Die sonst so scheuen Tierchen ließen
sich in ihrer Arbeit nicht stören, sahen ihn mit ihren Nagerge-
sichtchen frech an, ohne auch nur im entferntesten auf Fluchtversuche
zu sinnen, und schroteten weiter.
„Hiäh! -— Hiäh!" Die Vögel hatten niedrigen Flug genom-
men. Ab und zu fiel einer ins Korn und steuerte mit der gewonne-
nen Beute einem Findling oder vereinzelt stehenden Baume zu.
Der Kornhändler taumelte durch die sich kreuzenden Gassen. Je
weiter er kam, um so größer stellte sich ihm die unheimliche Tätig-
keit der nagenden Tiere vor Augen. Schwadronenweise zogen die
Mäuse jetzt von Acker zu Acker. In den Furchen wimmelte es von
den winzigen Nagern. Röhre bei Röhre; sein Fuß sank ein in-
folge der Minierarbeit der geschäftigen Tierchen, und, was er vor-
hin von der Ferne aus nicht wahrnehmen konnte, hier, inmitten der
wogenden Frucht, gewann er ein klares Bild von dem bereits vor-
geschrittenen Unheil. Ganze Partien waren den feinen Zähnchen
schon zum Opfer gefallen. Wie pockennarbige Stellen lag es auf
den vergoldeten Feldern. Und immer das Rascheln, das entsetzliche
Rascheln!
Eine Ähre sank um, dort eine zweite, fünfzig, hundert auf ein-
mal — ungezählte Ähren wurden erbarmungslos zu Boden gezogen.
Unermüdlich, furchtbar, entsetzlich, nicht zu begreifen war die Ar-
beit der huschenden Wühler. Zu Hunderten und Tausenden schlüpf-
ten sie durch die engen Gäßchen, leckten die Pfötchen, wetzten die
Zähnchen, quieksten bei ihrem tollen Geschäft und schnitten die
Halme. Sie scheuten sich nicht, über die Wege zu springen, die
langen Schwänzchen über des Fremden Schuhwerk zu schleppen und
mit ihrer geheimsten Beute in die zunächst gelegenen Röhren zu
tauchen.
Inmitten des weiten Feldes stand ein ruppiger Scheumann.
Durch zwei in Kreuzform verbundene Knüppel mit einem darüber
gezogenen abgelegten Jackett war dieser Popanz gebildet. Lustig von
dem Hut sang eine Goldammer ihre einfache Strophe in den kom-
menden Abend. In den Roggenschlag springen, den oberen Knüppel
ergreifen und wieder zurück auf den Weg — diese drei Maßnahmen
wurden in einer Gedankenspanne von den: unglücklichen Kornhändler
539
bewältigt. Bratsch . . . ! Er schlug auf die huschenden Mäuse ein.
Doch seine Kräfte erlahmten. Immer neue der schnellfüßigen Nager
hüpften und huschten über den Weg, duckten sich in Furchen und
Löchern, schnitten und grapsten und kümmerten sich nicht um ihre
Genossen, die bereits ans dem Felde der Ehre lagen und noch im
Tode ihre schneeweißen Zähnchen bewundern ließen. Für zehn er-
schlagene rückten fünfzig frische Kräfte ins Treffen.
Da gab der Kornhändler das aussichtslose Rennen auf, wischte
sich den Schweiß von der Stirn, warf den Knüppel ins Korn und
ging seines Weges. Traurig sah er in das ersterbende Licht des
friedlichen Abends. Er hätte weinen können vor lauter Entsetzen.
254. Stchttlätzg. Von William Marshall.
Gestern sind die Starmätze im Garten meines Nachbars ein-
gezogen. Die Sonne schien mit schwacher Kraft auf den
Wipfel der alten Platane nebenan, und auf einmal schlug ein
lieber schnalzender Frühlingston von dorther an mein Ohr.
Gleich rief ich meinem Jüngsten, dem Franz, zu: „Franz, drü-
den in Nachbars Garten sind die Stare eingezogen!“ Da kam
er gesprungen, sang dazu: „Juchheirassassassa, und die Stare,
die sind da!“ und gesellte sich zu mir, um vom Fenster meines
Arbeitszimmers aus Beobachtungen anzustellen.
Es sind ihrer zwei drüben im Garten. Gewiß das näm-
liche Pärchen, das im vorigen Jahre hier seine Jungen groß-
zog, und wir wollen uns freuen, daß die Tierchen den langen,
bangen Winter überstanden haben und sich wieder in unserer
Nachbarschaft einfinden. Der eine der beiden Vögel, das Männ-
chen jedenfalls, sitzt oben auf der äußersten Spitze des höchsten
Zweiges der Platane, der Morgensonne zugewendet, und sein
Hals- und Brustgefieder schimmert in ihren Strahlen. Den
Kopf trägt er hochgestreckt, die spitzen Federchen seiner Kehle
heben und senken sich, den Oberkörper wendet er jetzt rechts,
dann links und schlägt sich mit den Flügeln die Seiten. Auch
die Schwanzfedern spreizen sich auseinander und falten sich
wieder zusammen. Und welche Fülle von Tönen! — In wun-
derlicher Folge und von teilweise ganz unbestimmbarer Klang-
farbe reihen sie sich aneinander. Schnurrende, klatschende,
schnalzende Laute, dazwischen der Lockruf einer Henne, das
„Dschülp“ eines Spatzen und der kurze, kläffende Sopranton
540
eines sehr jungen Hundes. Da — horch! Er hat den eigen-
tümlichen Pfiff, mit dem ich meine Kinder zu rufen pflege,
noch nicht verlernt; er flicht ihn in seinen Morgengesang auch
heute noch ein mit ebensolchem Behagen wie im Vorjahr, wo
er oft Veranlassung zu Irrtümern gab und die Kinder gelau-
fen kamen, um zu fragen, was mein Begehr sei. Es ist ein
seltsames Frühliedchen, das sich Matz aus der kleinen Brust
quetscht und trommelt; er ist dabei aber von der Vorzüglich-
keit seiner Leistung offenbar völlig durchdrungen, das zeigt
sein beharrlicher Eifer und das Schneiden seiner Kapriolen.
Währenddessen ist die Gattin an den Starkasten geflogen.
Sie untersucht das Bauwerk genau von innen und von außen.
Auf dem Stängelchen vor dem Flugloch sitzt sie, guckt in den
Kasten, nimmt mit aufgesperrtem Schnabel wie mit einem
Zirkel das Maß des Schlupfloches, guckt noch einmal hinein,
kriecht endlich flink in das Innere, kommt aber gleich wieder
heraus. Es scheint ihr da drinnen etwas nicht gefallen zu
haben. Sie schwirrt zu ihrem Manne hinauf und unterbricht
ihn rücksichtslos mitten in seiner schönsten Stelle. Ihr liegen
jetzt wichtigere Dinge im Kopfe als Morgenmusiken. Offen-
bar hat sie ihrem Hans Matz sehr belangreiche Mitteilungen
zu machen. Sie setzt sich neben ihn und schnurrt eifrigst auf
ihn ein. Er macht sich vor Überraschung ganz schlank, end-
lich fliegt er rasch auf den Brütekasten zu und gerade durch
das Flugloch hinein, erscheint aber auch gleich wieder drau-
ßen. Loheben Matz ist unmittelbar hinter ihrem Hans her-
geflogen, es folgt eine neue kurze Unterredung, und beide
kriechen in hoher Aufregung hintereinander in den Kasten.
Sie kommen heraus und zerren mit allen Zeichen des Abscheus
an einem großen Klumpen von Werg, Heu, Federn, Papier-
schnitzeln, und der Himmel mag wissen, von was noch!
Einige Spatzen haben schon seit geraumer Zeit, erst aus
der Ferne, dann näherrückend, das Tun und Treiben der beiden
Stare mit offenbarem Mißtrauen und Mißbehagen beobachtet.
Ich weiß auch weshalb! im Winter nämlich haben die braven
Nachbarn die Wohnung der verreisten Starenleute für sehr be-
haglich befunden, sie ohne viel Fragen bezogen und auf ihre
Art eingerichtet. Auf ihre Art! Alles alte Gerümpel, schmutzig
oder nicht, haben sie eingetragen, wenn es nur versprach,
warm zu halten; der Wohnraum war überhaupt zu groß für
sie und unbehaglich bei der Kälte, also mußte er gehörig aus-
gepolstert und ausgestattet werden, und das hat denn eine
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Matz Hans_Matz Matz Hans
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den Gewebe nicht mehr stark genug sind, um sie zurückzuhalten, die
Feder schnellt los, streckt sich gewaltsam gerade, fliegt aus ihrem
Behältnis heraus, reißt dabei die benachbarten Keimkörner mit sich
und verstreut sie über die Umgebung der Mutterpflanze.
Von den höhern, blühenden Gewächsen besitzen viele Kapseln,
die zur Zeit der Reife elastisch gespannt sind, mit einer gewissen
Gewalt aufspringen und ihre Samenkörner kräftig umherschleudern.
Setzt man sich an wannen Sommertagen an den Rand eines Ge-
treidefeldes, so hört man oft bei einiger Aufmerksamkeit ringsum
eiu feiues Knisteru und Rasseln; das sind die Samenkapseln der
llnkränter, welche in der Sonnenhitze zerspringen und ihren Inhalt
über den Boden verstreuen.
Eine bei uns sehr bekannte Pflanze hat diese Schleuder-
fähigkeit zu besonderer Vollkommenheit ausgebildet, das ist das
„Kräutchen rühr mich nicht an", die gelbblühende wilde Balsamine,
welche in ganz Deutschland an feuchten Standorten häufig zu finden
ist. Sie gehört sicherlich zu den Gewächsen, die zuerst die Aufmerk-
samkeit der Menscheu auf die Wuuder der Botauik geleukt haben;
denn man kann annehmen, daß schon seit Jahrtausenden die Hälfte
aller spielenden Kinder sich gelegentlich mit dem Abfeuern der
Balsaminenfrüchte unterhalten hat. Diese sind aus fünf Lüngs-
streifen zusammengewachsen; jeder einzelne Streifen besitzt noch eine
innere Verstärkungsleiste, und zur Zeit der Reife sind diese stark
elastisch gespannt, so daß sie das Bestreben haben, sich aufzurollen.
Solange die Pflanze in Ruhe bleibt, kanu die Spannung einen
ziemlich hohen Grad erreichen, ohne daß die Frucht zerreißt; wenn
aber der leiseste Druck den Zusammenhang der Fasern irgendwie
lockert, gewinnen die elastischen Kräfte die Oberhand, die ganze
Frucht springt der Länge nach auf, die Streifen rollen sich mit
äußerster Plötzlichkeit gegen die Spitze hin zusammen, und die
Samenkörner werden heftig abgeschleudert; sie spritzen oft zwei
Meter weit. Auch das Veilchen kann dieses Kunststück. Es klemmt
seine harten glatten Samen zwischen die vertrocknenden Fruchtklappen
und knipst sie dann weg, ähnlich wie ein mutwilliger Junge einen
Kirschkern zwischen beu Fingern wegqiletscht.
Noch besser aber verstehen einige ausländische Vettern die
Schießknnst.
Berühmt ist namentlich ein südamerikanischer Baum, der deu
Namen Sandbüchsenbanin führt. Die abgefallenen Früchte trocknen
ein und zerspringen dann mit lautem Knall. Dabei schleudern sie
den Samen weit umher, manchmal 15 m weit. Ein englischer Ge-
lehrter hatte ein Exemplar der Frucht mit nach England gebracht
582
und in einem Kästchen verwahrt. Eines Tages zersprang dieses
mit einem pistolenschußähnlichen Knall, und es fanden sich nachher
nicht bloß die Stücke der Frucht, sondern auch Trümmer des Käst-
chen im Zimmer verstreut.
268. Blumen und Insekten. B°» K°°isch,
^sie Pflanze sitzt im Boden fest. Da sie aber für das Wichtigste
^ in ihrem Leben, die Fruchtbildung, in vielen Fällen der Mit-
wirkung anderer Pflanzen nicht entraten kann, so ist sie ans fremde
Hilfe angewiesen. Als solche werden außer dem Wind in der Regel
die Insekten in Anspruch genomnlen, aber auch Schnecken und
Wirbeltiere (Vögel) haben gelegentlich als Spediteure des Pollen-
staubes zu dienen.
Nim liefert freilich kein Tier diesen Dienst ohne entsprechende
Gegenleistung, und diese Gegenleistung muß von der Psianze in
auffälliger Weise dargeboten werden, um Zugkraft für das Tier
zu haben.
Das beliebteste Mittel der Pflanze zur Anlockung des ge-
waltigen Heeres der Kerbtiere besteht in der Verabreichung bevor-
zugter Nahrungsstoffe. Die Pflanze bietet den Insekten Honig an
und sucht sich ihnen durch Ausstreuung süßer Düfte, manchmal auch
dkirch glänzende Farben auf weite Strecken hin bemerkbar zu
machen.
Viele der honigsuchenden Insekten sind recht bequeme Herren,
die sich nur dort niederlassen, wo das Absitzen ohne Unannehmlich-
keit geschehen kann. Deshalb haben viele Pflanzen besondere Flug-
bretter ausgebildet, Sitzbänkchen sozusagen, die sie vors Haus
stellen als Einladung an Madame Hummel, daß sie gütigst ein
wenig Platz nehmen und sehen möge, wie herrlich man eingerichtet
sei. Zu diesen Pflanzen gehören die Knabenkräuter und die meisten
Lippenblütler, und ihre Unterlippe ist der besagte Stuhl. Weil es
aber auch ungebetene Gäste gibt, mit denen die Pflanze um alles
in der Welt nichts zu schaffen haben mag, so setzt sie diesen schon
von vornherein dadurch den Stuhl vor die Tür, daß sie ihre
Kronenröhre, die ja der Eingang zum Honigkeller ist, mit beson-
deren Haardickichten, Vorsprüngen kind Leisten oder kleinen Dörn-
chen auskleidet, die dem Zudringlichen jeden Eintritt umnöglich
machen, geradeso wie ein Stacheldrahtzaun.
Indessen der Besuch allein tut es noch nicht, und damit, daß
Madame Hummel oder Biene ihren Rüssel in die Kronenröhre steckt
und den Honig so schmackhaft findet, daß sie bereit ist, bald wieder-
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T84: [Körper Kopf Tier Fuß Bein Insekt Eier Zahn Nahrung Haut], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
542
Eigentümer sind schlau und vorsichtig und lassen ihr Heim
nicht aus den Augen. Einer der beiden Gatten ist immer in
der Mähe, wehrt selbst ab und ruft den Ehegenossen zu Hilfe.
Endlich geben die zudringlichen Spatzen die Sache als hoffnungs-
los auf, und die Stare finden den verdienten Frieden.
255. Brutkästen für Bögel. V°„ Marti» Br»°ß.
Cvn den meisten Gegenden Deutschlands sind die Starenkästen ein
Aj ganz bekannter, alltäglicher Anblick, so daß wir nur wenig ans
sie achten und es uns kaum vorstellen können, wie man vor ver-
hältnismäßig noch recht kurzer Zeit gar nicht daran dachte, Freund
Star auf diese Weise an Hof und Garten zu fesseln. Und wie hat
sich der Starenkübel im Laufe der Zeit vervollkommnet! Die zwei
oder drei Dutzend Starkasten, die einst mein Vater in unserm Garten
anbringen ließ, hatte der Holzhacker aus fichtenen oder kiefernen
Brettern roh zusammengefügt. Regen und Sonne trieben das Holz
natürlich bald auseinander, so daß aus den klaffenden Häuschen nur
zu oft das Nistmaterial heraushing. Jedes Frühjahr mußte die
Mehrzahl ausgebessert werden, wenn man nicht befürchten wollte,
daß der erste beste Sturm die Kasten stückweise davontrug. Trotz
dieser Mißstände muß ieh aber der Wahrheit die Ehre geben und
gestehen, daß nur selten eins der Häuschen unbewohnt blieb; ja
Stare und Sperlinge stritten sich häufig genug um den Besitz der
fragwürdigen Wohnungen. Es war oft ein Mordskandal da oben
in den Bäumen, zumal sich meist die ganze Nachbarschaft am Kampfe
beteiligte. Uns Buben aber bereitete es immer die höchste Be-
friedigung, wenn wir sahen, wie die freche Spatzenschar von beit
rechtmäßigen Besitzern der Wohnung hinausgeworfen wurde; nur
ausnahmsweise gelang es den Spatzen, das Feld zu behaupten.
Heute nun kauft man nett und sauber gearbeitete Starkasten
in allen Geschäften, die mit Gartenmöbeln handeln. Sehr praktisch
sind die Nistkästen, die den Namen des Freiherrn v. Berlepsch
tragen.
Sehr häufig wird der Fehler begangen, daß man erst im
Frühjahr an die künftige Brutstätte denkt, wenn die von der Wan-
derung heimgekehrten Stare durch ihr Schnalzen und Pfeifen den
Vogelfreund an sein Liebeswerk erinnern. Viel praktischer ist es,
bereits im Spätherbst, etwa im November, die Nistkästen aufzu-
hängen. Nur der eine Umstand ist unangenehm, daß bei zeitigem
Aushängen der Nistkästen sich so oft die Sperlinge in ihnen festsetzen.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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