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Vorwort.
^ie veränderte Tendenz dieses Lehrbuches hat/ wie be-
reits in der Vorrede zu der ersten Abtheilung desselben
bemerkt worden/ seine gänzliche Umarbeitung zur noth-
wendigen Folge gehabt.
Ganz vorzugsweise mußte diese dritte Abtheilung
von solcher Veränderung berührt werde«/ da in den der
ersten Auflage des Werkes beigegebenen Tabellen nur ein
Theil ihres Stoffes andeutungsweise enthalten war.
— Die veränderte Aufgabe verlangte nicht blos/ diese
Tabellen in eine andere/ bequemere Form zu schmelzen/ son-
dern auch eine bedeutende Erweiterung und vornehmlich
eine wissenschaftliche Behandlung des Materials.
Sollte das Buch nicht ein gewöhnliches und/ —
da wir deren mehrere recht brauchbare und fchätzenswerthe
besitzen/ — zugleich ein entbehrliches Kompendium wer-
den: so mußte eö/ neben seiner didaktischen und hodegctischen
Tendenz/ auch die andere/ wichtigere nicht vernachlässi-
gen/ den Lehrer/ für den es vorzugsweise bestimmt ist/
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Vorwort.
Vii
harren aus den staubigen Schatzkammern der Wissen-
schaft hervorzusuchen/ und in gangbare Münze auszu-
prägen. — Daher ist auch der Verfasser überall bemüht
gewesen/ seinen Stoff zu popularisiren/ und einem
größeren Kreise bereit und bequem zu machen/ was er
selbst/ was der Einzelne überhaupt nur durch langwieri-
ges Bemühen auszubeuten hoffen durfte. —
In dem vorliegenden Bande der letzten Abtheilung
dieses Werkes sind die ethnographischen Verhält-
nisse und Erscheinungen synthetisch zusammengefaßt
worden/ die in dem folgenden zweiten Bande analytisch
dargelegt werden sollen. Der umgekehrte Weg/ scheint
eö/ wäre zwar bequemer und in pädagogischem Sinne
auch methodischer gewesen; allein ohne die vorangegan-
gene Entwickelung der allgemeinen Gesetze des Völkerle-
bens würden entweder alle Einzelnheiten desselben todt
und farblos geblieben sey«/ oder es hätten unendliche
Wiederholungen eintreten müssen, die den Umfang des
Buches unnöthig vergrößert, den Zusammenhang des
Stoffes zerrissen, die wissenschaftliche Übersicht erschwert -
haben würden. —
Auf solche Weise ist in diesem Bande versucht wor-
den, alle ethnographischen Phänomene in ihrem wahren
wissenschaftlichen Zusammenhange, nicht nach äußeren,
sondern nach inneren Eintheilungsgründen zu behan-
deln; — auf solche Weise erscheint dieses Büchlein in
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
4 Abschn. 1. Physiologische Mannigfaltigkeit und Einheit des Menschen.
Wenn wir sonach die Menschennatur, in bcr Gesammt-
heit ihrer Erscheinungen, füglich mit einem reich belanbten
Baume vergleichen mögen, der seine Äste und Zweige allsei-
tig, hoch hinauf, von der Wurzel, mit der er im Boden haf-
tet, bis zum Wipfel, mit dem er die Sonne grüßt, ausge-
breitet und ans ihnen einen unüberschaulichen Reichthum von
Blüthen und Früchten entfaltet hat: so drängen sich dem Be-
schauer, der es versucht, das wundervolle Gewächs in der
ganzen, ungetheiltcn Fülle seines Seyns aufzufassen, unwill-
kührlich mehrere Reihen gewichtiger Fragen auf, an deren
Beantwortung die höchsten und die tiefsten Bestrebungen des
menschlichen Geistes geknüpft sind: Wie ist die Beschaffen-
heit dieses Baumes, — welches sind seine Organisationsge-
setze, seine Lebcnsbcdingnngcn? — Wo wurzelt er, — wie
und wohin, nach welchen Gesetzen hat er seine Zweige ver-
breitet, seine Blüthen, seine Früchte entfaltet? —- Woher
stammt er, — welches ist die Geschichte seines Keimens und
Wachsens, seines Aufblühens und Fruchttragens? — Wozu
ist er bestimmt, — welches ist der Zweck seines Daseyns im
Ganzen und Großen, wie in der Mannigfaltigkeit seiner ein-
zelnen Erscheinungen? — In diesen unmittelbar und unge-
sucht sich aufdrängenden Fragen, deren Reihenfolge von dem
Standpunkte bedingt wird, den der Beschauer gewählt hat,
deren Mannigfaltigkeit aber den dargebotenen Stoff keineswc-
ges erschöpft; in diesem Wie? — Wo? — Woher? —
Wozu? — und ihrer Beantwortung liegt die Aufgabe des
Physiologen, des Geographen, Historikers und Philosophen,
deren Lösung von dein einen oder dem andern bisher mit
verschiedenem Glücke versucht worden ist. Und wiewohl kei-
ner unter ihnen sich mit der einseitigen Erforschung einer
dieser Fragenreihcn begnügen darf, ohne seine Bestrebung zu
beeinträchtigen; wiewohl jeder derselben zur genügenden Bear-
beitung seines Stosses helfender Fingerzeige der Mitforscher
wesentlich bedarf: so leuchtet doch auch die Nothwendigkeit
ein, diejenige Betrachtungsweise festzithalten, die der einmal
gewählte Standpunkt erheischt. —
Wenden wir uns somit, — die weitere Ausführung die-
6 Abschn. 1. Physiologische Mannigfaltigkeit und Einheit des Menschen.
Platzes mit seinen Besonderheiten, mit seiner Ausstattung und
seinem Hausrath geliefert worden, und der wichtigste Theil
der geographischen Lehre, die Lehre von den Bewohnern,
noch zurück; so erfordert die Betrachtung der geistig be-
lebten Geschöpfe des Erdballs, nach ihren Verbreitungsver-
Haltnissen, nach ihren Eigenthümlichkeiten, — in Stammesart,
Sprache, Lebensweise und Gesittung, — nach dem gesetzmäßigen
Natuw Zusammenhange zwischen diesen Eigenthümlichkeiten und
der Landesart, dem Boden, auf dem sie emporgekeimt, einen
weiteren Spielraum. Und so wie der Mensch, mit Recht,
die Krone der irdischen Schöpfung genannt worden ist, so
bietet auch erst eine solche Betrachtung seines Daseyns den
Schlußstein für jedes ächte Lehrgebäude der geographischen
Wissenschaft. — Nnr erst nach dieser, erst nachdem sie in
ihren Rückwirkungen auf den Menschen und auf den Gang
seiner geistigen Entwickelung ganz aufgefaßt und begriffen wor-
den sind: können die physischen Verhältnisse der Erdräume
in ihrer vollkommenen, in ihrer eigentlichsten geographischen
Bedeutung hervortreten. —
Wenn die topische Geographie, durch die Lehre von
den geometrischen Verhältnissen des Erdballs, voll den Lagen,
den Elltfernungen, den Dinlensionen der Länder, Meere uird
Ströme, Nachricht gab von den ursprünglichen Beziehun-
gen der verschiedenen Örtlichkeiten der Erdrinde zu
einander; wenn die physische Geographie diese Beziehungen
näher bestimmte, naturgemäß ausprägte, und den gesetzmäßi-
gen Zusammenhang zwischen der todten und der or-
ganisirten Schöpfung im Allgemeinen nachwies: so lehrt
die politische Geopraphie nicht nur die Beziehungen bei-
der zur Menschenwelt, sondern anch die Wechselwir-
kungen, die zwischen dieser und jenen stattfinden, indem sie
Das, was durch das Leben und Weben der Menschheit, durch
ihren mehr oder minder siegreichen Kampf mit der Natur in
die Welt und in die Wissenschaft gekommen, theilweise gleich-
falls in ihr Gebiet zieht. Erst auf solche Weise gewinnen
dann die geographischen Thatsacheil und Erscheinungen ihre
wahren Verhältnisse und ihren vollen Inhalt, — treteil
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe]]
8 Abschll. 1. Physiologische Mannigfaltigkeit uild Einheit de-S Menschen.
Dies ist aber grade die vorzüglichste Aufgabe der poli-
tischen Geographie, welche somit zwar den Stoff großeu-
thcils mit der Statistik gemein hat, aber in der Form, der
Behandlungsweise sehr wesentlich von ihr abweicht. Denn
wo diese, durch Zahlen- und Daten-Reihen, durch Schilde-
rung und Herleitung des Bestehenden, die Darstellung des
Staats-Organismus, in der Verknüpfung seiner Glieder
und Lebensäußerungen, beabsichtigt: da beschränkt sich die po-
litische Geographie auf die Schilderung der gegenwärti-
gen menschlichen Zustände, wie sich solche in dem Leben der
verschiedenen Völker und Völkervereiue, der heimathlichen
Natur gemäß, aussprechen, — ohne sich in statistische
Einzelnheiten zu verlieren, ohne einen politischen Ne-
bengedanken und Nebenzweck zu verfolgen; sie hebt da-
gegen die Individualität der Nationen und gesellschaft-
lichen Verbände, in ihrem Zusammenhange mit der Natur
und der Geschichte, in ihrer durch lokale und historische Ele-
mente bedingten Eigenthümlichkeit, einfach und anschaulich her-
vor, um daraus einerseits ihre Stellung und Bedeutung
zu anderen Völkern, so wie zur ganzen Menschheit, an-
dererseits aber auch, umgekehrt, den rückwirkenden Einstuß
dieser ihrer Weltstellung auf die eigene National-Eigenthüm-
lichkeit herzuleiten. —
. Solcher Art ist die mannigfaltige, umfangreiche Aufgabe
der politischen Geographie, eine Aufgabe, welche innerhalb der
engen Grenzen dieser Schrift freilich nur annäherungsweise
zu lösen möglich seyn wird.
Hat es diese also mit der Menschheit in ihrer geo-
graphischen Auffassung zu thun, so erscheint eine kurze Erör-
terung über die Natur und Organisation des Menschen
ganz sachgeinäß, als der erste Schritt, um dem vorliegenden
Gegenstände näher zu kommen. —
ß. 2* Der Mensch int Zusammenhange mit der
Schöpfung.
Unter allen irdischen Geschöpfen, die Gottes Wille ins
Daseyn rief, erscheint der Mensch als das vollendetste; er ist
das jüngste, letztgcschaffene Glied in der Reihe der Lebendi-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
10 Abschn. l. Physiologische Maimigfaltigkeit und Einheit des Menschen.
Durch ihn wird dem Auge der freie Hinblick zum Himmel
hinauf und über die ganze Natur gestattet, die dem Men-
schen als Erbe zugefallen ist. Außerdem begünstigt ihn der
kunstreiche Bau feiner Hände, die, zum Tasten und Be-
greifen organisirt, den Bildern, die das Auge vor die Seele
spiegelt, Gestalt verleihen, und den Begriff ihres Wesens
erschließen. Und während die, durchgängig aus starken, mit
spitzigen, schneidenden Zähnen bewehrten Kiefern bestehenden,
Frcßwcrkzenge des Thieres mehrentheils durch ihre große Aus-
bildung das Vorwalten niederer Triebe bekunden, und den
größten Theil des Kopfes einnehmen, hat die Natur, um den
Organen des Denkens Raum zur Ausbildung zu gönnen,
den Mund des Menschen auf den kleineren, unteren Theil
des Hauptes beschränkt und, — nach Herders schönem Ans-
drucke, — da sfelbe Organ, was in feiner thierischen Be-
stimmung an den beschämenden Zusammenhang mit der Thier-
welt erinnert, geadelt, indem sie cs gleichzeitig zum Dollmet-
scher des Geistes machte, und die Zunge, die Lippen, die Stimm-
werkzeuge zur Sprache, dem ausschließlichen Privilegium
des Menschen, organisirte. —
Durch alle diese und andere Vorzüge, die in ihrer Kör-
perlichkeit allerdings noch immer die Verwandtschaft mit
der Thierwelt bekunden, ist dennoch zugleich eine unüberfchreit-
bare Kluft zwischen dieser und dein Menschen geöffnet wor-
den: denn sie genügen, um feine Stellung an der Spitze der
Lebendigen zu erklären; denn sie sind die Träger des unsterb-
lichen Geistes, jenes unbegreiflichen göttlichen Hauches,
der des Menschen ganzes Wesen durchdringt, und ihn in
dem Grade mit dem Himmel befreundet, in dem er, dnrch
den Körper, mit der Erde verwandt ist. — Diese seine gei-
stige Ausrüstung ist es, welche ihn aus dem Zustande
wehrlos-nackter Hülflofigkeit auf den Herrensitz in
der Schöpfung gehoben hat, welche ihm das warme Natur-
kleid des Thieres, seine natürliche Bewaffnung entbehrlich
macht, welche feiner ganzen Organisation eine allen widrigen
Naturcinflüssen trotzende Geschmeidigkeit und Biegsamkeit und
eine Ausdauer verleiht, deren kein Thier fähig ist. Durch sie
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee]]
Kap. 2. Von der körperlich verschiedenen Ausprägung des Menschen. 11
hat er unter allen Himmelsstrichen eine Heimath gefunden,
und seine Herrschaft über die ganze Erde und über alle seine
zu ewiger Unmündigkeit organisirten Mitgeschöpfe ausgebrei-
tet; durch sie hat er sich befreit von den Fesseln des In-
stinkts, der allem thierischen Thun den Stempel des dum-
pfen, naturnothwendigen Triebes aufdrückt, und ist endlich m
die lichteren Regionen des Bewußt sey ns, der moralischen
Freiheit hinaufgestiegen. Durch sie ist er, endlich, zur Unter-
scheidung von Recht und Unrecht, zum Verständniß des
Gewissens, zur Erkenntniß seines Schöpfers und Meisters
gelangt, und zu der tröstlichen Überzeugung, daß sein geistiges Ich
fortleben wird, wenn sein thierischer Leib in Staub zerfällt.
Diese, die göttliche Natur im Menschen verklärt sein
ganzes Daseyn; sein Antlitz, seine Miene spiegeln den Ge-
danken wieder, der sein Inneres belebt und in tönenden, ar-
rikulirten Lauten von der Lippe geboren wird; — er lacht; —
ihm ist die Thräne gegeben. Und wer noch zweifeln wollte an
der unermeßlichen Verschiedenheit zwischenthier und
Mensch, Den könnte man noch an das traurige Vorrecht
des menschlichen Wahnsinns, an die Freiheit, selbst das Wi-
dernatürliche zu wollen und auszuführen, an die Möglichkeit
des ^lbstmordcs erinnern, dessen kein Thier mit Absicht
fähig ist. —
Zweites Kapitel.
Voll der körperlich verschiedenen Ausprägung des
Menschen.
§. 3. Individualität.
Durch die ganze Schöpfung geht der Drang nach
Individualisirung. Jedes Glied derselben hat etwas
Besonderes für sich, was es von jedem anderen, selbst dem
ähnlichsten, unterscheidet, so wie jedes Blatt am Baume
nie einem anderen vollkommen gleich ist. — Dieser Drang
fpucht sich aber anl stärksten aus, wo die Organisation zur
höchsten Mannigfaltigkeit und Unabhängigkeit gediehen ist,
und auch deswegen muß daher der Mensch als die Krone
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Kap. 3. Von der verschiedenen geistigen Ausprägung der Menschheit. 27
präge hervorruft, als in der Menschheit; wenn derselbe in ihr
noch eine andere höhere Bedeutung, eine unendliche Modín
lations-Fähigkeit durch ihre geistige Natur erhält: so muß
auch die schwächere oder stärkere Ausprägung der Indivi-
dualität im graden Verhältniß stehen mit der geringeren oder
größeren Entwickelung der menschlichen Geistesthätigkeit. Und
überall wo diese, wie im Kinde, noch ganz unansgebildet er-
scheint, oder wo sie, wie bei Einzelnen oder bei ganzen Stäm-
men, in der Knechtschaft der Natur befangen ist, da kann
auch die Individualität nicht weit über die Ausprägung des
Thierischen hinaus gedeihen, wie das traurige Beispiel gan-
zer Stämme und Völker beweiset, die in ihren Trieben und
Neigungen fast so einartig, so beschränkt erscheinen, als das
Thier des Waldes, welchem sie nachstellen, wenngleich der
schärfere Blick des Beobachters auch hier noch tausend feine
Abschattungen des individuellen Gepräges entdecken mag. —
Der menschliche Organismus ist indeß, ungeachtet seiner
zwiefachen Natur, eine untheilbare Einheit; alle Kräfte
und Thätigkeiten desselben müssen gleichzeitig «nb gleich-
mäßig dem inwohnenden Streben nach individueller Gestal-
tung Raum geben. Und weil dieses Streben ein gesetzmäßi-
ges, mit der Organisation innig verwebtes ist, so kann auch
die Individualität in ihrer Erscheinung nur ein ans der Ver-
schmelzung des thierischen und geistigen Faktors zu vollkom-
mener Einheit der Gestaltung gelangtes Produkt seyn. Die-
ses Produkt ist überall nur die Menschennatnr, die mensch-
liche Individualität im Gegensatze zu der thierischen, und
in sofern immer Eines und dasselbe, aber verschieden ausge-
drückt durch die verschiedene Größe seiner beiden einzelnen
Faktoren, deren einer stets in eben dem Maaße wächst, als
der andere sich verringert. Diese Faktoren — die körperliche,
die geistige Individualität — bilden somit mannigfaltige Ver-
hältnißzahlen, und der wechselnde Exponent derselben ist das,
was man „Temperament" nennt.
Hierin fällt das innere und äußere, das geistige und
körperliche Leben des Menschen zusammen, und eben darum
ist das Temperament der kürzeste, aber zugleich der umfas-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Kap. 2. Von der körperlich verschiedenen Ausprägung des Menschen. 13
dnalität mit der größeren ober geringeren Einfachheit der
Nahrungs- und Lebensweise, mit der mehreren oder minderen
Verbreitungsfähigkeit der verschiedenen Geschöpfe Hinweisen:
so kommen wir doch, mit der Anwendung dieser Erfahrung
auf den Menschen, nicht weiter, als höchstens bis zur noth-
durstigen Erklärung jener erwähnten Familien- und Stam-
mesthiimlichkeit, die dennoch in sich wiederum aufs mannkg-
faltigstc gespalten und geschieden erscheint. Denn unter den ein-
förmig und ausschließlich von Fisch oder Früchten lebenden
Stämmen, die seit Jahrtausenden eine und dieselbe Scholle
bewohnen, hat der schärfere Blick nichts desto weniger die
mannigfaltigsten Abschattungen, nicht nur der Physiognomien
und Körperbildungen, sondern selbst der Temperamente und
Geistesanlagen beobachtet, wenngleich freilich in einem gerin-
geren Grade, als unter anderen, weniger einfachen Verhält-
nissen. —
§. 4. Gattungsgesetz.
Wenn man daher die Erforschung dieses Geheimnisses
aufgeben muß, so läßt sich doch der ferneren Betrachtung
dieses Gegenstandes eine fruchtbare Seite abgewinnen, wenn
man die Frage auswirft, wie weit jener Jndividualisations-
Drang in der Schöpfung und zunächst im Menschen sich
geltend mache, — ob die durch ihn erzeugte Mannigfaltigkeit
eine unbegrenzte und schrankenlose sey, oder ob die Natur dem
daraus nothwendig erfolgenden Zerfließen aller Organisations-
formen nicht eine bestinunte Grenze gesetzt habe. Dies ist
aber allerdings der Fall. Denn neben dem beweglichen Stre-
den nach Besonderheit macht sich ein anderes eben so be-
stimmt geltend, wodurch das Mannigfaltige zur Einheit
zurückgeführt tmb das Individuelle mit der Natur tuib
mit jeder anderen gleichartigen Individualität in Ver-
bindung gehalten wird. — Dieses Streben, welches gleich-
artige Bildungen durch unauflösliche Bande an einander
fesselt, und für ewig Alles aus einander hält, was durch
bleibende und wesentliche organische Verschiedenheiten zur Be-
sonderheit bestimmt worden ist, bedingt den Begriff der Gat-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Kap. 3. Von der verschiedenen geistigen Ausprägung der Menschheit. 29
wird, „daß immer das Neue demsesbcu Bilde nacharte,
welches tu dem verwandten Alten ausgeprägt war, und daß
alles Kommende dem Vorhandenen und Entfliehenden sich
nachbilden muß" *).
Hierin liegt aber zugleich, daß das Streben der Natur,
stets Individuelles und möglichst viele Individualitäten zu
erzeugen, — den durch die höheren Einheiten (der Familie,
des Stammes, Volkes) bestimmten Bildungsgesetzen unbe-
schadet, — auf eine Verschiedenheit der Bildungen und Cha-
raktere nicht nur gleichzeitig neben einander — dem Raume
nach, — sondern auch nach einander — der Zeit nach
gerichtet seyn muß: — ein Streben, wodurch, innerhalb der
Grenzen des Familien-, Stammes- und National-Kreises, eine
beständige innere Bewegung, ein ewiger Wechsel erzeugt wird.
Die Persönlichkeit mit ihrer individuellen Eigenthümlichkeit
vergeht, die Familie, der Stamm, noch länger das Volk, er-
hält sich in eigenthümlicher Individualität und Ausprägung;
am dauerndsten die Varietät und die ganze Menschheit. Wann
aber durch historische Bewegungen, neue Vermischungen und
Verschmelzungen entstehen, dann geht eine Nationalität in
der anderen auf, und eine dritte wird gebildet, die sich
' nun wieder in gewissen Formen und Charakteren eigcnthüm-
lich erhält und bewegt, bis auch sie verschwindet oder in
eine andere, oft spurlos, verwächs't. Und wenn man an ei-
nigen Familien und Völkern ein leichtes Aufgeben der eige^
nen, ein schnelles Verschmelzen und Hinübertreten in eine
andere Individualität, umgekehrt aber, bei anderen (z. B.
bei den Juden) ein zähes Festhalten an den nationellen For-
men, Vorsiellungsweisen re. beobachtet: so ist jene biegsame
Umschmelzbarkeit, diese spröde Starrheit eben anch nur als
ein integrirender Theil des nationellen Gepräges anzusehen,
wie jede andere Eigenthümlichkeit. — Auf solche Weise ist
es mit den Familien, den Stämmen, den Völkern im Gro-
st en, wie mit den Individuen im Kleinen; die Bewegung
i" und zu gewissen Eigenthümlichkeiten ist eine unendliche,
Spring Ueber die Begriffe von Gattung, Art rc. S. 4t.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]