1877 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 90
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
greifenden Thatsache geworden. Was auch gelehrt werden möge — beite
Zwecke alles Unterrichts, Entwickelung und Übung der Geisteskräfte und An-
eignung fürs Leben nützlicher Kenntnisse und Fertigkeiten, beides: der formale
und der reale Zweck des Unterrichts müssen Hand in Hand gehen — sollen
vor allem in dem vorliegenden Lehr- und Lesebuche Hand in Hand gehen. —
Anlangend den Sprachunterricht, so bieten sich bei der Beschäftigung
der Schüler mit den sie umgebenden Gegenständen auf die unaesuchteste Weise
außer den Dingvorstellungen eine Menge Zahl-, Eigenschasts-, Th ä-
tigkeits-, Orts-, Zeit und Art- und Weisevorstellungen dar. An
diesen Vorstellungen sollen ihnen die Elemente der Sprache anschaulich
gemacht werden. An den Dingvorstellungen sollen sie das Hauptwort, an
den Zahlvorstellungen das Zahlwort, an den Eigenschaftsvorstellungen das
Eigenschaftswort, an den Thätigkeitsvorstellungen das Thätigkeitswort
u. s. w. erkennen lernen. Es ist eine bekannte Sache, daß die bildliche Be-
deutung eines Wortes immer in der wirklichen Bedeutung wurzelt, und daß
die meisten der geistig en, abstrakten Begriffe ihre Grundbedeutung aus
der Sinnen- (Körper-) Welt erhalten haben. Daraus folgt, daß der
Schüler nur in so wert befähigt ist, die uneigentliche, bildliche Bedeutung
eines Wortes aufzufassen, als er die eigentliche, wirkliche Bedeutung
desselben bereits aufgefaßt hat, und daß er abstrakte Begriffe nur in dem
Grade verstehen lernt, in welchem er dieselben auf ihre, der Sinnenwelt ent-
nommene Grundbedeutung zurückzuführen vermag. Beides aber setzt mehr
oder minder Bekanntschaft mit der Wortbildung voraus. Darum soll den
Schülern bei den einzelnen Gegenständen ein Blick in die Etymologie der
Sprache eröffnet werden. Hier wird ihnen z. B. bei. der Beschreibung einer
Pflanze gezeigt, daß ein Blatt, welches in der Gestalt Ähnlichkeit mit schmalen
Bändern hat, bandförmig — und daß es, wenn haarähnliche Auswüchse
sich aus demselben befinden, behaart ist; daß das Blatt, wenn es glatt ist,
Glätte besitzt, und daß es, wenn es glänzt, Glanz hat u. s. w. So
schauen sie an und lernen in der Sprache einsehen, daß man au? Ding-
wörtern Eigenschaftswörter, und aus Eigenschafts-und Thätig-
keitswörtern Dingwörter bilden kann. Das Nöthige über die Bildung
dieser Wörter durch Zusammensetzung, durch Umlautuna, durch Vor-
und Nachsilben oder durch Abkürzung kommt hier überall ungesucht zur
Sprache. Ein wesentlicher Gewinn wird dabei zugleich für die Rech tschrei-
bung erzielt. — So wird nach und nach unter den Nummern I., Ii. und Iii.
ein großer Reichthum an Begriffen gewonnen. Die Begriffe prägen sich den
Schülern ein, und sie lernen einsehen, daß zwar die Dinge, Merkmale und
Thätigkeiten der Dinge außer ihnen, die Begriffe von den Dingen, Merk-
malen und Thätigkeiten aber in ihnen sind. Die gewonnenen Begriffe von
den Dingen, Eigenschaften und Thätigkeiten sollen sie aber auch zu Urtheilen
mit einander in Verbindung dringen. Sie lernen darum ferner von den
Dingen urtheilen: was sie sind und was sie nicht sind, wie sie sind
und wie sie nicht sind, was sie thun und was sie nicht thun — wo, wann,
wie und wem sie etwas thun. So sollen sie außer demwortverständniß auch
in das Sprach Verständniß eingeführt werden — kurz: sie sollen die
Sprache in dem für diese Stufe möglichen Umfang verstehen, sprechen und
schreiben lernen. — Was nun den Umfang des zur Erreichung dieses
Sprach-Zweckesgebotenensp rachsto sses betrifft, so sind die „Denkübungen,
I. Theil von dem praktischen Lehrgänge für den gesammten
deutschen Sprachunterricht von L. Kellner" mit dem Realunterricht
nach Möglichkeit in Verbindung gebracht. Die Anordnung des Lehr- und
Lesebuchs hat einige Abweichungen von der Aufeinanderfolge des in oen
rc. „Denkübungen" enthaltenen Sprachübungsstoffes nöthig gemacht — auch
ist der Übungsstoff an manchen Stellen bedeutend vermehrt worden. —
Hinsichtlich, der Vertheiluny dieses Sprachübungsstoffes aus die elf Abschnitte
des rc. Buches schien es nöthig, dasselbe so anzuordnen und anzudeuten, daß
einerseits dem Lehrer die Übersicht über das Ganze erleichtert und andererseits
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- Autor: Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 90
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
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und aufgeschrieben, dann die Tafeln gewechselt, das Ausgeschriebene nach dem
Buche verbessert, die verbesserte Arbeit von der Tafel, und nun erst werden die
rc. Eigenschaftswörter aus dem Buche gelesen.
Dasselbe gilt von den Thätigkeiten, welche unter Nummer Ii. der Ab-
schnitte Vh., Viii., X. und Xi. überden Beschreibungen genannt sind. Ueberall
Ö anschauen, benennen und buchstabiren; dann aufschreiben, mit dem im
. c Enthaltenen vergleichen, darnach verbessern und endlich von der Tafel
und aus dem Buche lesen.
Erst dann, wenn alle die in kleinerm Druck über einer Beschreibung
stehenden, an dem bezüglichen Gegenstände sich darbietenden Denk- und Sprach-
übungen in der vorhin angegebenen Weise durchgenommen sind, sollen die
Beschreibungen selbst — und können erst dann — von den Schülern mit
wahrem Nutzen gelesen werden. Doch auch hier wird durch Lesen allein
der beabsichtigte Zweck keineswegs erreicht. Die Beschreibungen sollen den
Schülern vielmehr auch Satz vor Satz klar gemacht werden, und dieses
wird eben in dem Grade besser von Statten gehen, in welchem der betreffende
Gegenstand vorher an beschaut und besprochen worden, und die angedeu-
teten Übungen gründlich durchgenommcn sind. Denn eben dadurch ist den
Schülern die in der Beschreibung enthaltene Sach-und Sprachkenntniß
angeeignet worden, ohne welche ein Lesen mit Verständniß — ein Lesen
mit guter Betonung nicht denkbar ist. „Es lernt kein Mensch" — sagt
O. Schulz — „die richtige Betonung aus Regeln und eben so wenig aus
Beispielen, die man der Regel zu Liebe zusammenhäuft. Die richtige
Betonung lernt nur, wer Lesenswerthes mit rechter Aufmerksamkeit lies't und
das Gewicht jedes einzelnen Gedankens sich klar macht." — Wo
sonst die Schüler in den planlos zusammen gewürfelten Lesebüchern vor der
Menge unverstandener Wörter mit dem Lesestücke in der Regel nicht fertig zu
werden und darum zu einer guten Betonung es nicht zu bringen vermochten;
der Lehrer aber vor lauter „Begriffserklärungen" bei allem Fleiße doch keinen
-ntsprechenden materiellen und geistigen Gewinn bei den Schülern erzielen konnte:
da wird es hier nur selten der Fall sein, daß in einer Beschreibung Begriffe
vorkommen, welche nicht durch das Vorhergegangene und aus dem
Zusammenhang dem Schüler leicht klar werden. Wo aber bei den Schülern
das Verständniß irgend welcher Wörter nicht sicher vorausgesetzt werden konnte,
da sind solche,.durch gesperrten Druck ausgezeichnet, um dem Lehrer
einen leichten Überblick darüber zu gewähren, wo es etwa seiner nachhelfenden
Begrisfsentwicklung resp. Erklärung bedürfen wird, die sich indeß jedesmal nur
auf die speziell vorliegende Bedeutung des rc. Worte? zu beschränken hat ohne
eine Verallgemeinerung des rc. Begriffe- erzielen zu wollen. — Ist in der
angegebenen Weise eine Beschreibung durchgenommen und gelesen worden, so
schreiben die Schüler alles, was sie aus derselben aufgefaßt haben, frei — ohne
Hülfe des Buches — auf die Tafel; darnach werden die Tafeln gewechselt
und die aufgeschriebenen Arbeiten mit der im Buche stehenden Lektion verglichen,
resp. die Fehler darnach verbessert. Welch ein weites Feld für fruchtbringende
Übungen im schriftlichen Gedankenausdruck und für — die Recht-
schrerbung! —
Da, wo das Sprachunterrichtsmaterial in den „Denkübungen von
Kellner" sich mit dem eben vorliegenden Realunterricht nicht füglich verbinden
ließ, folgt dasselbe in jedem Abschnitte hinter den Beschreibungen unter der
Überschrift „Aufgaben". -
„Aber, wo bleiben denn die „„moralischen Erzählungen?"", wird mancher
Leser dieses vieleicht schon zu langen Vorworts fragen — wo bleiben die
„„Lesestücke in gebundener und ungebundener Rede zur Beförderung der religiös-
sittlichen Bildung?"" die ja in den meisten Lesebüchern nach altem Brauche
vornan stehen." — Gemach, lieber Frager! — auch diese fehlen nicht — auch
der sittliche Anschauungsunterricht hat, wenn auch nicht Nr. 1., so
doch eine seinem pädagogischen Zwecke weit angemeffenere Stelle gefunden.
Verfasser ist nämlich mit seinem frühern Lehrer, dem Herrn Inspektor
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- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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Die unter Nr. Iv. eines jeden Abschnittes flehenden Lesestiicke und Lieder
bieten reichen Stofs dar zu Gedächtnißübungen — Gedichtchen und Verse,
um die erkannten religiös-sittlichen Wahrheiten tief ins Herz einzuprägen. Tie
Poetischen Stücke sind — ausgenommen die Lieder und Gebete — in fort-
laufenden Zeilen gedruckt, und zwar nicht allein, um Raum nt sparen,
sondern auch, um dem hierbei so leicht einreißenden, singenden Lesetone
vorzubeugen, wobei die richtige Betonung gewöhnlich in den Enden der Zeilen,
statt im Inhalte gesucht zu werden pflegt. Auch bieten diese Stücke auf
diese Weise mannigfaltigen Stoff zu Denk-, Sprach- und Rechtschreibübunaen,
indem die Kinder sie — nach mündlicher Vorbereitung — in Gedichtzeuen
und -Strophen abschreiben und dann auswendig lernen. Ferner können diese
Lesestücke für die Sprachzwecke dadurch fruchtbringend benutzt werden, daß der
Lehrer dieselben mit Auslassungen auf die Schultafel schreibt, und die
Schüler sie — nach vorhergegangener mündlicher Vorbereitung — vollständig
niederschreiben: 1. wörtlich (Niederschreiben aus dem Gedächtniß) — oder
— bei gesteigerter Fähigkeit — 2. allmählich hin und wieder mit andern
Worten (Umschreibung) — oder endlich 3. in ganz freier Nachbildung
(der eigne Aufsah)*).
Nach dem Gesagten ist das rc. Buch also nicht allein ein Lesebuch,
sondern es ist zugleich auch ein Sprach-, Aufsatz-, Rechtschreibübungs-,
Sitten- und Gesangbuch; es ist endlich eine Grundlage für den Unterricht
in der Naturbeschreibung, Naturlehre, Erdbeschreibung und
Himmelskunde. Daher sein Name: Lehr- und Lesebuch.
Schließlich noch die Bemerkung, daß das Buch für Schulen, worin ungünstige
Verhältnisse, namentlich unregelmäßiger oder auf halbe Tage eingeschränkter
Schulbesuch obwalten, vielleicht genügen dürfte. —
Die Bearbeitung eines Lesebuches für Oberklassen — welches sich eng an
das für Mittelklassen anschließen, nach denselben Grundsätzen den geistigen
Gesichtskreis der Schüler über den unmittelbaren Anschauungskreis hinaus
von Stufe zu Stufe immer mehr erweitern und den noch übrigen gramma-
tischen Sprachübungsstofs: die Musterstücke aus dem Ii. und Iv.
Theil des ^Praktischen Lehrganges rc. von L. Kellner" enthalten wird
— ist bereits begonnen.
Und so möge denn das vorliegende Lehr- und Lesebuch bei Schulbehörden
und Lehrern eine freundliche Aufnahme finden, in den Herzen der Jugend des
Guten viel stiften und dadurch Eltern und Lehrern den eben so schwierigen
«ls wichtigen Beruf der Jugenderziehung erleichtern und versüßen helfen.
Werden, im September 1851.
------------------ Haesters.
•) Z. B Seite 6. 1. Der angehende Schüler.
1. Wörtlich (vom Schüler vollständig niederzuschreiben).
Sonst w — i — k—,j — b — i — g—,
Lern' l — r — sch —,
E — n — rn — a — d — M — S —,
Ich-------------. U. s. >v.
2. Hin und wieder mit andern Worten (ungebundene Rede).
Ich war-----, nun--------u. lerne-------.
Sonst saß---dem Sch — der M —, jetzt mag i — z — H-----------bl —
U. s. w.
3. Vanz freie Nachbildung (ungebundene Rede).
Kinder sind noch Nein. Wenn sie größer werden, gehen sie in die Schule. In
der Schule lernen sie lesen, schreiben, zeichnen, rechnen, singen und beten. In
der Schule müssen die Kinder aufmerksam und fleißig sein, sonst lernen sie. > ichls.
Ich will in der Schule immer aufmerksam und fleißig sein, damit ich Alles gut
lerne. Dann hat mich auch mein Lehrer immer recht >ieb.
(Hier hätten wir ein Aufsätzchen, wie es gut geführte Schüler ohne Schwierigkeit zu
liefern im Stande find. Der sinnige Lehrer wird aus dem reichen Material unter
Nr. Iv. die Auswahl schon zu treffen und das Darqebotene zu benutzen wissen.)
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Vorwort zur umgearbeiteten, katholischen
Ausgabe.
Das „Lehr- und Lesebuch für die Mittelklassen der Volks-
schule" ist binnen 5 Jahren in neun Auflagen erschienen, ein Beweis, daß
es seine Anerkennung gefunden, nicht allein von Seiten der Kritik, sondern
auch bei den praktischen Schulmännern.
Bei der Bearbeitung desselben, so wie des Lehr- und Lesebuches für die
Obcrklassen ging Verfasser von der Ansicht aus, daß der spärliche Raum des
Lesebuches durch die Ausnahme besonderer Lehrstoffe des konfessionellen
Religionsunterrichts darum nicht geschmälert werden dürfe, weil diese in
den andern Lehrmitteln der Schuljugend: in dem Katechismus, der bibli-
schen Geschichte und dem Gebet- und Gesangbuch vollständig enthalten
?ind und bei dem speciellen Religionsunterricht ihre volle Berücksichtigung
inden — das Lesebuch daher nur die Bestimmung habe, durch einen gcord-
ueten, geist- und gemüthbildenden Sprach- und Realunterricht den
durch das Leben gesteigerten Anforderungen an die sprachliche und reali-
stische, kurz die intellektuelle Bildung der Jugend zu genügen, und
iierdurch, so wie durch Charakterbilder aus dem Natur- und Men-
chenleben die Bildung von Kops und^herz, und somit die religiös-
ittliche Erziehung im Allgemeinen fördern zu helfen.
Die rasche Verbreitung der rc. Bücher zeugt dafür, daß diese Ansicht von
den Lehrern und Schulleitern vielfach getheilt wird. Aber auch die entgegen-
stehende Ansicht hat ihre Vertreter; denn es sind der Verlagshandlung und
dem Verfasser von vielen Seiten, von einzelnen Geistlichen und Lehrern,
so wie von ganzen Conferenzen wiederholt die Wünsche ausgesprochen
worden — „es möchte den rc. Büchern an den geeigneten Stellen
ein bestimmt ausgeprägter katholisch-kirchlicher Charakter ge-,
geben werden, um sie zur Einführung in kath. Schulen um so
brauchbarer zu machen".
Diesen Wünschen zu entsprechen, erscheint hiermit eine neue, umgear-
beitete Ausgabe des rc. Buches für die Mittelklassen unter dem Titel:
„Lehr- und Lesebuch, oder der sinnliche und sittliche Anschauungs-
unterricht für die Mittelklassen katholischer Volksschulen"«* **)).
Sollte es nun dem Verfasser in Hinsicht der ihm zugegangenen Wünsche
gelungen sein, das Richtige getroffen und ein Lehrmittel geschaffen zu haben,
welches sich als geeignet erweist, für den Unterricht und die Erziehung der
katholischen Schuljugend segensreiche Dienste zu leisten: sosindet
er darin nicht nnr die Zeit und Mühe reichlich belohnt, welche er auf die
Umarbeitung desselben verwendet hat, sondern fühlt sich auch zu um so
größerem Danke verpflichtet für die vielen Winke, welche ihm zu diesem Zwecke
von befreundeter Hand zukamen, sowie für die große Bereitwilligkeit, mit
welcher der Herr Verleger keine Kosten zur Herstellung und guten Ausstattung
dieser Ausgabe gescheut hat").
Werden, im Oktober 1856.
Haesters.
*) Für diejenigen Schulen, welche die alte Ausgabe eingeführt haben und beizubehalten
wünschen, bleibt dieselbe nach wie vor unter ihrem ursprünglichen Titel unverändert
fortbestehen, was man bei Bestellungen gefälligst beachten wolle.
**) Eine neue Ausgabe des Lesebuches für die Oberklaffen unter den Titel: „Lehr und
Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde für die Oberklaffea katholischer „Volksschulen" ist
bereits erschienen. Beide Bücher bilden eia zusammengehörendes, organisches Ganze.
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„Die Welt liegt uns als ein in einander messendes Meer verwirrter An-
schauungen vor Augen; die Sache des Unterrichts ist es, dass er die
Verwirrung, welche in dieser Anschauung liegt, aufhebe, die Gegen-
stände unter sich sondre, die ähnlichen und zusammengehörigen in
ihrer Vorstellung wieder vereinige, sie alle in uns zu deutlichen
Begriffen erhebe. Und dieses thut er, indem er uns die in einander
fliessenden, verwirrten Anschauungen einzeln vergegenwärtigt,
dann uns diese vereinzelten Anschauungen in verschiedenen wan-
delbaren !Luständen vor Augen stellt, und endlich dieselben
mit dem ganzen Kreise unseres übrigen Wissens in Verbindung bringt."
Pestalozzi.
„So lange die Lesebücher, die eigentlichen Unterrichtsbücher der Schule, nicht
mit dem nächsten Anschauungsweise anheben und in gehöriger
Stufenfolge denselben, von Anschauung zu Anschauung fortschreitend,
erweitern, so lange wird es um unsere Schulen nicht besser. Die
Lesebücher müssen mit eisernem Bande Lehrer und Schüler nöthigen,
den Weg der Anschauung zu verfolgen. Das ist die Aufgabe der
Lesebücher. Es ist eine schwierige, vielfach versuchte, aber bis zur
Stunde nicht gelös'te.“ Jt. Wagner.
Das vorliegende Lbhr- und Lesebuch ist auch ein Versuch, den in Vor-
stehendem ausgesprochenen Grundsätzen und Forderungen gemäß, die Aufgabe
eines Lesebuchs für die Mittelklassen der Volksschule zu lösen. Ob dieses
gelungen, darüber steht Verfasser — in eigener Sache — kein Urtheil zu; es
kann seinerseits ein solches von Sachverständigen nur abgewartet werden.
Das Lehr- und Lesebuch ist für Kinder bestimmt, welche eine gute Fibel
durchgemacht, die mechanischen Leseschwierigkeiten überwunden haben. Es soll
dem Anschauungsunterricht in der Volksschule zur Grundlage dienen. Ehe
die Kinder lesen können — in der Unterklasse — soll es bei den Denk-
und Sprechübungen ein Leitfaden für den Lehrer sein. Können die Kinder
lesen — in der Mittelklaffe — so wird es für dieselben ein Lehr- und Lesebuch.
Den Unterrichtsstoff nimmt es nur aus dem Kreise der unmittelbaren
A nschauung dieser Kinder, welcher nicht über Schule, Hau«, Dorf oder Stadt
und deren Umgebung hinausliegt. Die in diesem unmittelbaren Anschauungs-
kreise vorhandenen Dinge sind als Unterrichtsstoff nach dem Orte, wo (oder
dem Raume, in dem) sie sich befinden, in die zehn Abschnitte eingetheilt: I. die
Schule, Ii. das Haus, Iii. die Hausthiere, Iv. der Garten, V. das
Dors, — die Stadt, Vi. das Feld, Vii. der Wald und die Wiese,
Viii. das Wasser, Ix. die Erde, X. die Luft — der Himmel; den Xi.
und letzten Abschnitt bildet der Anschauungsunterricht über den Menschen.
Jeder Abschnitt zerfällt in vier Nummern: I. Namen der Dinge, Ii. Be-
schreibung und Vergleichung dieser Dinge, Iii. Beschreibung des
Ganzen (des Ortes oder Raumes), in welchem die einzelnen Dinge sich
befinden, Iv. der Mensch und das Ganze.
Durch Nummer I. wird bezweckt, daß die Schüler jedes der dort genannten
Dinge anschauen und richtig benennen lernen, und mit dem Wortbilde für das
Ding sich eine Vorstellung von dem Dinge selbst einprägen sollen.
In Nummer Ii. werden dann diese Dinge „einzeln" den Schülern wieder
^vergegenwärtigt", und indem sie nun nach ihren Theilen, nach Zahl, Lage,
Stoff, Gestalt und Farbe, nach Gebrauch und Ursprung, nach ihren Eigen-
schaften und Thätigkeiten, nach Nutzen und Schaden näher angeschaut,
beschrieben und verglichen werden, sollen hier die gewonnenen Vorstellungen
sich zu Begriffen und Urtheilen erweitern. Bei dieser nähern Anschauung
der „einzelnen" Dinge lernen die Schüler dieselben zugleich wieder nach
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nach ihrem Stoff als hölzerne, eiserne, lederne, leinene, thönerne,
steinerne, hörnerne — nach ihrer Gestalt als viereckige, runde,
kurze, lange, hohe, niedrige u. s. w. — und nach ihrer Farbe als weiße,
schwarze, grüne u. s. w. Dinge „vereinigen". In Hinsicht auf ihren
Gebrauch werden die „einzelnen" Dinge wieder „vereinigt" unter den Begriffen:
Gebäude, Geräthe, Speisen, Getränke, Kleidung u. s. w. Nach
ihrem Ursprung lernen die Schüler sie erkennen als Kunst- oder Naturdinge.
Nach ihren Eigenschaften und Thätigkeiten lernen sie die Naturdinge wieder
„sondern" in Thiere, Pflanzen und Mineralien. Die Thiere werden wieder
„gesondert"in: Säuqethiere,Vögel,Amphibien,Fische,Insekten und
Würmer — die Pflanzen in: Bäume, Sträucher, Kräuter, Gräser,
Moose und Pilze — und die Mineralien in Steine, Metalle, Salze,
brennbare und erdige Mineralien. Alle Natur-und Kunstdinge werden
demnächst in den Begriff Körper zusammengefaßt und alle Körper wieder
nach ihren Eigenschaften in: lebende und leblose, große und kleine,
feste und flüssige, auflösbare und unauflösbare, dichte und lockere,
harte und weiche, durchsichtige und undurchsichtige, schwere und
leichte, biegsame, elastische und spröde, schmelzbare und unschmelz-
bare, verbrennbare und unverbrennbare „gesondert". — In dem
Abschnitte „die Luft — der Himmel" lernen die Schüler dann n o ch die H i mm els -
kör per kennen und nun die Erd- und Himmelskörper in den Begriff Welt
zusammen fassen.
In Nummer Hi. wird das Ganze (der Ort, Raum oder das Ding), in
dem sich die einzelnen Dinge befinden, nach seinen Theilen, nach Gestalt,
Ursprung und Zweck, nach seinen Eigenschaften und Thätigkeiten beschrieben
und dabei das Verhältniß der einzelnen Dinge unter sich und zum Ganzen
angeschaut. Überall, wo sich die Gelegenheit dazu bietet, werden endlich die
Schüler auf die anschaubaren Wirkungen der Naturkräfte aufmerksam
gemacht, um aus den anschaubaren Wirkungen die nicht anschaubaren Kräfte
der Naturdinge erschließen, und umgekehrt aus den erkannten Kräften sich
die Wirkungen erklären zu lernen. — Eben so werden sie in dem letzten
Abschnitt: „der Mensch" durch Anschauung und Beobachtung ihrer selbst ange-
leitet, die wichtigsten Geistes-oder Seelenkräste und deren Thätigkeit zu
erkennen. — Auf diese Weise soll durch die Nummern I., Ii. und Hi. eines jeden
Abschnittes die vor den Augen der Schüler „verwirrt" liegende Außenwelt
zur klaren Anschauung gebracht und so zur klaren Innenwelt der Schüler
erhoben — soll Ordnung in die „Verwirrung" gebracht — soll die Erkenntniß
der Schüler allmählich von der „verwirrten" Dunkelheit zur Klarheit
und — wenn's Glück gut ist — von der Klarheit zur Deutlichkeit erhöht
werden. Die Außenwelt erscheint sonach bei dieser betrachtenden Anschauung
nicht so sehr als Selbstzweck, sonder vielmehr als Mittel, die Geistes-
kräfte der Schüler zu Wecken, zu entwickeln und zu üben, und zwar: das
Anschauungsv er mögen durch fort und fort erneuerte Bethätigung des-
selben; das Gedächtniß durch wiederholte Anschauungen, durch Benennen
und Festhalten der gehabten Anschauungen ; den B erst and durch Urtheilen, durch
Vergleichen und Unterscheiden; das Gefühl für Schönheit und Ordnung
durch Erkennen des Schönen und Regelmäßigen, welches die Dinge, besonders
die Naturdinge, überall dem sinnig betrachtenden Auge darbieten. U. s. w.
Daß neben diesem geistbildenden, formellen Zweck alle? Unterrichtes die
Schüler aber auch rückfichtlich des materiellen Unterrichtszweckes nicht leer
ausgehen, sich vielmehr aus die naturgemäßeste Weise die sogenannten ge-
meinnützigen Kenntniffe: die Grundbegriffe der Naturgeschichte, der
Naturlehre, der Geographie, der Himmelskunde u. s. w. lebenvoller
aneignen, als dieses durch an btc Spitze gestellte Systeme und klappernde Gerippe
von Realien möglich ist, darin scheinen sich die übereinstimmenden Urtheile aller
derer immer mehr zu begegnen, bei denen der Anschauungsunterricht zu einer durch-
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durch Zusammenstellung bei Gleichartigen dem Schüler in dem Buche ein
Mittel geboten werde, an der leitenden Hand des Lehrers die Masse des
Stoffes um so leichter zu verarbeiten, die gewonnenen Kenntnisse mit einander
zu verbinden und aus ihnen die Denk- und Sprachgesetze nach und nach selbst
ausfinden zu können. In wie weit es hierbei gelungen, den Sprachunterricht
mit dem Realunterricht zu verbinden, ihn an das frische Leben anzuknüpfen,
und das Lesebuch zum eigentlichen Mittelpunkt des Sprachunter-
richts zu machen, darüber muß das Urtheil der Sachverständigen abge-
wartet werden. —
Es erübrigt noch, über das Wie, über die Behandlung des Sprach-
unterrichtsstoffes das Nöthige zu sagen. Der Name Kellner hat auf dem Ge-
biete des Sprachunterrichts einen so guten Klang, und über den Werth seines
„Praktischen Lehrganges für den aesammten deutschen Sprach-
unterricht" haben Stimmfähige bereits so günstig entschieden, daß es einem
seiner ihm unbekannten Verehrer, der seit einer Reihe von Jahren nach diesem
Lehrgang den Unterricht in der deutschen Sprache ertheilt hat, hier nur noch
gestattet sein möge, im Jntresse eines denklehrlichen, naturgemäßen
Sprachunterrichts den Wunsch auszusprechen, daß Kellner's Sprachwerk
in der Hand keines Lehrers der Volkssch ulen fehlen möchte. Wer
das vorliegende „Lehr- und Lesebuch" hinsichtlich des Sprachunterrichts
fruchtbringend gebrauchen will, der wird sehr wohlthun, sich wenigstens den I.
Theil des rc. Lehrgangs, „die Denkübungen"*), anzuschaffen. Es ist
nämlich, rücksichtlich der Behandlung des rc. Sprachstoffes, in dem Jnhalts-
verzeichniß des Lehr- und Lesebuchs unter den betreffenden Haupt-Überschristen
aus die entsprechenden Lektionen in den rc. „Denkübungen" verwiesen. Dabei
ist zugleich angegeben, was für sprachliche Übungen eben vorgenommen und
welche Kenntnisse dadurch erzielt werden sollen. Manches in diesen Übungen
ist in der Unterklasse, in der Fibel**), schon da gewesen, da ja hier der An-
schauungsunterricht seinen Ansang nimmt. Dabei ist es aber mehr nur um
Gewinnung einer allgemeinen Vorstellung der das Kind umgebenden Dinge
und deren Merkmale und Thätigkeiten zu thun. Was die Kinder in
der Unterklasse angeschaut und benannt haben, wird nun in dem Lesebuche
für die Mittelklasse ausführlicher vorgeführt. Es ist aber keineswegs die
Absicht, daß das, was in dem Lehr- und Lesebuche enthalten ist, bloß von
den Schülern gelesen werden soll. Vor dem Lesen werden vielmehr alle
Dinge, welche in Nummer I. eines jeden Abschnittes benannt sind, und von
denen die Schüler'noch keine Vorstellung haben, der äußeren, sinnlichen Anschauung
derselben wirklich vorgeführt oder — wo dieses nicht möglich ist — durch
Zeichnung oder Vergleichung mit andern, bekannten Dingen eine Anschauung
davon vermittelt. Ist eine Anschauung des Dinges gewonnen, so lernen
die Schüler dasselbe in der Ein- und Mehrzahl richtig benennen; leder Name
wird zuerst von fähigern Schülern, dann vom Chor buchstabirt und nun von
jedem Schüler aus seine Schiefertafel geschrieben. U. s. w. Sind die Schüler
so weit gefördert, daß sie mehrere von diesen Namen behalten können, so nehme
man 10, 20, 30, und mehrere Dinge hintereinander vor, und lasse dann diese
Namen aus dem Gedächtniß niederschreiben. Jetzt werden die Tafeln gewechselt,
die Lesebücher aufgeschlagen und die Schreibfehler angestrichen, welche demnächst
jeder Schüler selbst nach dem Buche verbessern muß. Die verbesserte Arbert
wird nun von der Tafel und endlich die entsprechende Nummer I. im Lesebuche
gelesen. Ebenso mache man es mit den Dingen, welche über jeder Beschreibung
unter Nr. Ii. des I., Ii. und Hi. Abschnittes genannt sind.
Wie im Vorhergehenden die Dinge, so werden unter Nummer Ii. des Iv.,
V., Vi. und Ix. Abschnittes die über den Beschreibungen genannten Eigen-
schaften der Dinge angeschaut, die Eigenschaftswörter genannt, buchstabirt
*) Altenburg b>i Pierer. Ii. Auf!-. 2 Jt. 40 A (da» ganze Werk, 3 Bde. 5 Jl. 30 A).
**) Bergt. Fibel oder der Schreibleseunterricht für dir Unterklassen der Volks-
schule von A. Haesters. Bädeker in Essen.
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- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
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Wagner in Brühl, der Ansicht, daß diejenigen Lesebücher, welche mit denv
sittlichen Anschauungsunterricht ansangen und von ihm zum realen Anschauungs-
unterricht übergehen, „vom hohen Himmel zur niedern Erde herab-
steigen, statt den umgekehrten Weg einzuschlagen". — „Derunter-
richt in der Moral," sagt Wagner, „muß in eben dem Grade sich
erweitern, in welchem sich die sinnlichen Anschauungskreise
erweitern. Umfaßt der sinnliche Anschauungskreis nur erst
die Schule und das elterliche Haus, so muß auch der moralische
Unterricht sich innerhalb dieses Kreises bewegen. Denn nur
in ihm kann dem Kinde zur unmitelbaren, innern Anschauung
gebracht werden, was gut und was böse ist, und was es in
ihm thun und unterlassen muß. Erweitert sich der Kreis über
die Stadt und deren Umgebung, so wird auch der moralische
Unterricht sich durch ihn und in ihm erweitern. Es wird ihm
dann erstzur unmitelbaren, innern Erkenntniß gebracht werden
können, was es in den Häusern anderer Menschen, was es
gegen die Vorgesetzten der Gemeinde, was es auf der Straße
und aus öffentlichen Plätzen, was es auf Feld und Wiese, was es
gegen Reisende u. s. w. zu thun verpflichtet ist. U. s. w." — Diesem
Grundsätze getreu, werden in dem vorliegenden Lehr-und Lesebuche unter Nr. Iv.
eines zeden Abschnittes die sittlichen Beziehungen des Menschen zu dem belr.
realen Anschauungskreise in einer allgemeinen Abhandlung einleitend dargestellt
und dann diese verschiedenen Beziehungen einzeln durch Lebensbilder, ent-
nommen aus den besten Jugendschriften, anschaulich gemacht. Prosaische
Lesestücke und poetische Erzählungen, Gespräche, Briese, Räthsel,
Fabeln, Beschreibungen und Schilderungen, Lehren und Wahr-
heiten wechseln mit einander ab. Bei ihrer Aufeinanderfolge ist, rücksichtlich
ihres Inhaltes, Bedacht darauf genommen, daß sie nicht in planloser,
wirrer Mischung durcheinander stehen. Den Schluß der Abschnitte bilden
Lieder und Gebete. Wo in diesen Lesestücken Begriffe vorkommen, welche
etwa einer nachhelsenden Erklärung des Lehres bedürfen, da sind die sie bezeich-
nenden Wörter, wie in den Beschreibungen im realen Theile, durch gesperrten
Druck ausgezeichnet. Auch hier, wie in dem realen Anschauungsunterricht,,
genügt es, wenn die Kinder das, einen sittlichen Begriff bezeichnende Wort
in dem eben vorliegenden Falle der stehen. Die Verallgemeinerung
der Begriffe — die Abstraktion — macht sich bei ihnen nach und nach von
selbst, wenn sie nur die Einzelheiten, aus welchen die Verallgemeinerung gebildet
wird, vorher in sich klar angeschaut haben. Wenn die Schüler auf die Frage —:
Was heißt das Wort hier in diesem Satze? — im Stande sind, ein anderes,
nahe-sinnverwandtes Wort an die Stelle desselben zu setzen, so hieße
es leeres Stroh dreschen, durch breite Katechisationen denselben zur Verall-
gemeinerung eines Begriffs verhelfen zu wollen, wozu die Besonderheiten noch
nicht alle im Anschauungsunterrichte vorgelegen haben.
Während sonach auf der einen Seite in den Nrn. I., Ii. und Hl. eines
jeden Abschnittes der geistige Horizont der Schüler an den sie umgebenden
Dingen erweitert und geklärt: ihre formale und reale Bildung begründet
worden, sollen sie aus der andern Seite in Nr. Iv. sich selbst in Beziehung
setzen zu dem rc. Anschauungskreise, und Herz und Gemüth bilden an den
hierauf bezüglichen edelsten Erzeugnissen aus unserer Kinder-Litcratur. In
ihnen sollen sie sich selbst anschauen, ihre Pflichten erkennen,
das Herz erwärmen und den Willen stärken für Alles, was wahr,
schön, recht und gut ist. In No. Iv. des letzten Abschnittes lernen sie das
Verhältniß des Menschen zur Natur und zu dem Urquell alles
Daseins, ,u Gott, betrachten — den Menschen als vernünftig-
freies Wesen anschauen und seine Bestimmung hienieden darin
erkennen: Gott und den Nächsten zu lieben, die Tugend zu üben
und diesünde zu meiden, und dadurch sein letzes Ziel, die ewige
Seligkeit, zu erlangen. —
1876 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert, Greef, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Vorwort.
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egt mis als ein in einander fließendes Meer verwirrter Anschauun-
gen vor Augen; die Sache des Unterrichts ist es, daß er die Verwirrung, welche
tn dieser Anschauung liegt, aushebe, die Gegenstände unter sich sondere, die
ähnlichen und zusammengehörigen in ihrer Vorstellung wieder vereinige sie
alle tn uns zu deutlichen Begriffen erhebe. Und dieses thut er, indem er
uns die tn einander fließenden, verwirrten Anschauungen einzeln vergegen-
wärtigt, dann uns diese vereinzelten Anschauungen tn verschiedenen wau.
delbaren Zuständen vor Augen stellt, Und endlich dieselben mit dem
ganzen Kreise unseres übrigen Wissens tn Verbindung bringt."
Pestalozzi.
»So lange die Lesebücher, die eigentlichen Unterrichtsbücher der Schule, nicht mt!
dem nächsten Anschauungskretse anheben und tn gehöriger Stufenfolge
denselben, von Anschauung zu Anschauung fortschreilenv, erweitern, so lange
wird es um unsere Schulen nicht besser. Die Lesebücher müssen mit eisernem
Bande Lehrer und Schüler nöthigen, den Weg der Anschauung zu ver-
folgen. Das ist die Aufgabe der Lesebücher. Es ist eine schwierige, vielfach
versuchte, aber bis zur Stunde nicht gelös'ie. ' M. Wagner.
X)a§ vorliegende Lehr- und Lesebuch ist auch ein Versuch, den in Vorstehendem
ausgesprochenen Grundsätzen und Forderungen gemäß, die Aufgabe eines Lesebuchs
für die Mittelklassen der Volksschule zu lösen. Ob dieses gelungen, darüber
steht Verfasser — in eigener Sache — kein Urtheil zu; es kann seinerseits ein
solches von Sachverständigen nur abgewartet werden.
Das Lehr- und Lesebuch ist für Kinder bestimmt, welche eine gute Fibel durch-
gemacht, die mechanischen Lescschwierigkeitcn überwunden haben. Es soll dem An-
schauungsunterricht in der Volksschule zur Grundlage dienm. Ehe die Kinder
lesen können — in der Unterklasse — soll es bei den Denk- und Sprechübungen
ein Leitfaden für den Lehrer sein. Können die Kinder lesen — in der Mittelklasse
— so wird es für dieselben ein Lehr- und Lesebuch. Den Unterrichtsstoff nimmt
es nur aus dem Kreise der unmittelbaren Anschauung dieser Mnder, welcher
nicht über Schule, Haus, Dorf oder Stadt und deren Umgebung hinausliegt. Die
in diesem unmittelbaren Anschauungskreise vorhandenen Dinge sind als Unterrichts-
stoff nach dem Orte, wo (oder dem Raume worin) sie sich befinden, in die zehn
Abschnitte eingetheilt: I. die Schule, U. das Haus, Hl. die Hausthtere,
Iv. der Garten, V. das Dorf — dir Stadt, Vi. das Feld, Vh. der
Wald und die Wiese, vm. das Wasser, Ix. die Erde, X. die Luft
— der Himmel; den Xi. und letzten Abschnitt bildet der Anschauungsunterricht
über dm Menschen. Jeder Abschnitt zerfällt tn vier Nummern: I. Namen der
Dinge, El Beschreibung und Vergleichung dieser Dinge, Hl Be-
schreibung des Ganzen (des Ortes oder Raumes), worin die einzelnm Dinge
sich befindm, Iv. der Mensch und das Ganze.
Durch Nummer 1. wird bezweckt, daß die Schüler jedes der dort genannten
Dinge anschaum und richtig benmnm lernen, und mit dem Wortbilde für das
Ding sich eine Vorstellung von dem Dinge selbst einprägen sollen.
In Nummer Ii. werden dann diese Dinge „einzeln" den Schülern wieder „ver-
gegenwärtigt" und indem sie nun nach ihren Theilen, nach Zahl, Lage, Stoff,
Gestalt und Farbe, nach Gebrauch und Ursprung, nach chren Etgmschaften und
Thätigkeiten, nach Nutzen und Schaden näher angeschaut, beschrieben und
verglichen werdm, sollm hier die gewonnenen Vorstellungen sich zu Begriffen
und Urtheilen erwesiern. Bei dieser nähern Anschauung der „einzelnen" Dinge
lernm die Schüler dieselben zugleich wieder nach ihrer Zahl als ein-, zwei-
1876 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert, Greef, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
geworden Wad auch gelehrt werben möge — beide Zwecke alles Unterrichts,
Entwickelung und Übung der Geisteskräfte und Aneignung für'8 Leben nützlicher
Kenntnisse und Fertigkeiten, beides: der formale und der reale Zweck des
Unterrichts müssen Hand in Hand gehen — sollen vor allem in dem vorliegende«
Lehr- und Lesebucke Hand in Hand gehen. —
Anlangend den Sprachunterricht, so bieten sich bei der Beschäftigung
der Schüler mit den sie umgebenden Gegenständen auf die ungesuchteste Weise
außer den Dingvorstellungen eine Menge Zahl», Eigenschafts-, Thä-
tigkeits-, Orts-, Zeit- und Art- und Wetsevorstellungen dar. An
diesen Vorstellungen sollen ihnen die Elemente der Sprache anschaulich
gemacht werden. An den Dingvorstellungen sollen sie das Hauptwort, an
den Zahlvorftellungen das Zahlwort, an den Eigenschaftsvorstellungen das
Eigenschaftswort, an den Thätigkeitsoorstellungen das Thätigkeitswort
u. s. w. erkennen lernen. Es ist eine bekannte Sache, daß die bildliche Be-
deutung eines Wortes immer in der wirklichen Bedeutung wurzelt, und daß
die meisten der geistigen, abstrakten Begriffe ihre Grundbedeutung aus der
Sinnen- (Körper-) Welt erhalten haben. Daraus folgt, daß der Schüler
nur in so weit befähigt ist, die unetgentliche, bildliche Bedeutung eines
Wortes aufzufassen, als er die eigentliche, wirkliche Bedeutung desselben
bereits aufgefaßt hat, und daß er abstrakte Begriffe nur in dem Grade ver-
stehen lernt, in welchem er dieselben auf ihre, der Stnnenwelt entnommene
Grundbedeutung zurückzuführen vermag. Beides aber setzt mehr oder mint er
Bekanntschaft mit der Wortbildung voraus. Darum soll den Schülern bet
ven einzelnen Gegenständen ein Blick in die Etymologie der Sprache eröffnet
werden. Hier wird ihnen z. B. bet der Beschreibung einer Pflanze gezeigt, daß
ein Blatt, welches in der Gestalt Ähnlichkeit mit schmalen Bändern hat, band-
förmig — und daß es, wenn haarähnltche Auswüchse sich auf demselben befinden,
behaart ist; daß das Blatt, wenn es glatt ist, Glätte besitzt, und daß es,
wenn es glänzt, Glanz hat u. s. w. So schauen sie an und lernen in der
Sprache einsehen, daß man aus Dingwörtern Eigenschaftswörter, und
aus Eigenschafts- und Thätigkeitswörtern Dingwörter bilden kann.
Das Nöthige über die Bildung dieser Wörter durch Zusammensetzung,
durch Umlautung, durch Vor- und Nachsilben oder durch Abkürzung
kommt hier überall ungesucht zur Sprache. Ein wesentlicher Gewinn wird dabei
zugleich für die Rechtschreibung erzielt. — So wird nach und nach unter
oen Nummern I., I! und in. ein großer Reichthum an Begriffen gewonnen.
Die Begriffe prägen sich den Schülern ein, und sie lernen einsehen, daß zwar die
Dinge, Merkmale und Thätigkeiten der Dinge außer ihnen — die Begriff« von
den Dingen, Merkmalen und Thätigkeiten aber in ibnen sind. Die gewonnenen
Begriffe von den Dingen, Eigenschaften und Thätigkeiten sollen sie aber auch zu
Urtheilen mit einander in Verbindung bringen Sie lernen darum ferner
von den Dingen urtheilen: was sie sind und was sie nicht sind, wie sie
sind und wie sie nicht sind, was sie thun und w§s sie nicht thun — wo,
wann, wie und wem sie etwas thun. So sollen sie außer dem Wortverständniß
auch tn das Sprachverständniß eingeführt werden—kurz: sie sollen die Sprache
in dem für diese Stufe möglichen Umfang verstehen, sprechen und schreiben
lernen. — Was nun den Umfang des zur Erreichung dieses Sprach-Zweckes
gebotenen Sprach st offes betrifft, so sind die „Denkübungen, I. Theil
von dem praktischen Lehrgänge für den gesummten deutschen
Sprachunterricht von L. Kellner" mit dem Realunterricht nach Möglichkeit
in Verbindung gebracht. Die Anordnung des Lehr- und Lesebuchs hat einige
Abweichungen von der Aufeinanderfolge des in den rc. „Denkübungen"
enthaltenen Svrachübungsstoffes nöthig gemacht — auch ist der Ubungsstoff an
manchen Stellen bedeutend vermehrt worden. — Hinsichtlich der Vertheilung
dieses Sprachübungsstoffes auf die elf Abschnitte des rc. Buches schien es. nöthig,
dasselbe so anzuordnen und anzudeuten, daß einerseits dem Lehrer die Übersicht
Über das Ganze erleichtert und andererseits durch Zusammenstellung des Gleich-