I. Einiges aus der allgemeinen Erdkunde.
A. Beobachtungen am Himmelsgewölbe.
1. Oer Gesichtskreis oder Horizont. Wenn wir hinaus ins Kreie treten,
dann erscheint über uns der Himmel wie eine nach allen Seiten gebogene Decke
oder wie eine große, hohle halbkugel, die über die Erde gestülpt ist. Diese selbst
hat die Zorm einer weiten, runden Scheibe, in deren Mite wir stehen. Die
Kreislinie, in welcher scheinbar Himmel und Erde zusammentreffen, nennt man
Gesichtskreis oder Horizont. Er ist um so weiter, je höher wir stehen. Oer höchste
Punkt des Himmelsgewölbes liegt senkrecht über unserm Scheitel. Wir nennen
ihn Scheitelpunkt oder Zenit. Oer Punkt,
den unsre Küße einnehmen, ist der Kußpunkt.
2. Die Himmelsgegenden. Um uns
im Horizonte zurechtzufinden, merken wir
vier Hauptpunkte, welche wir Haupthimmels-
gegenden nennen. Oort, wo die Sonne im
Horizont am Morgen aufgeht, liegt Morgen
oder Osten. Wo sie am Abend untergeht,
also Osten gegenüber, liegt Abend oder
Westen. Oie Gegend, in welcher sie mittags
um 12 Uhr steht, heißt Mittag oder Süden.
Ihr gegenüber liegt Mitternacht oder Norden.
Man bezeichnet die Himmelsgegenden auch
mit dem Anfangsbuchstaben 0, W, S, N. Diese
Himmelsgegenden nennt man auch Haupt-
Himmelsgegenden. Zwischen je zwei von ihnen
liegt eine Nebenhimmelsgegend. Zwischen Norden und Osten liegt Nordost (N0),
zwischen Süden und Osten Südost (So), zwischen Norden und Westen Nord-
west (Sw) und zwischen Süden und Westen Südwest (Sw). Suche die Haupt-
und Nebenhimmelsgegenden im Schulzimmer auf!
Oft erblickt man auf hochragenden Dächern senkrechte Eisenstangen mit
vier wagerechten Armen in Kreuzform, welche auf den Armenden die Luch-
staben 0, W, S, N tragen. Sie weisen also nach den vier Haupthimmelsgegenden.
An der senkrechten Stange ist eine Kahne aus Eisenblech befestigt, welche vom
Winde um diese herumgedreht werden kann. Sie zeigt die Himmelsrichtung
an, aus welcher der Wind kommt. Man nennt sie Wind- oder Wetterfahne.
Zeichnet man die Haupt- und Nebenhimmelsrichtungen auf einen Logen
Papier, so erhält man einen achtspitzigen Stern. Den nennt man Windrose.
Der Schiffer befestigt über ihrem Mittelpunkte eine feine Nadel
Zahm, Heimatkunde von Gstpreutzen. 1
flbb. 1.
aus
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TM Hauptwörter (200): [T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone], T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
I. Einiges aus der allgemeinen Erdkunde.
5. vom Sternenhimmel. Wenn der Himmel klar ist, dann erblicken wir
an ihm des Nachts die Sterne. Oer größte unter ihnen ist der Mond. Oft ist
er trotz des wolkenlosen Himmels nicht zu erblicken. Dann sagen wir, es ist
Neumond. 5lber schon nach wenigen Tagen zeigt sich tief am Horizont eine
schmale Lichtsichel, aus der man ein großes deutsches „Z" machen könnte. Oer
schmale Lichtstreifen wächst mit jedem Tage, und schon nach einer Woche hat er
sich zu einer halbkreisförmigen Scheibe ergänzt. Dann haben wir erstes viertel.
Wiederum nach acht Tagen erscheint der Mond als eine volle, glänzende Scheibe
5lbb. 6. Mondgestalten.
am abendlichen Himmel. Wir sagen dann, es ist Vollmond. Wenn du dann
hineinsiehst, so wirst du dunkelblaue Klecken darin erblicken. Das Märchen
erkennt in ihnen den Mann im Monde, der zur Strafe für seine Sonntags-
entheiligung dort oben mit der holzwelle auf
dem Nucken bis in alle Ewigkeit stehen muß.
Allmählich nimmt nun das Licht des Mondes
ab. Vie zuerst erleuchtete rechte Seite rollt sich
mehr und mehr nach innen zusammen und wird
auch zuerst dunkel. Nach einer Woche ist nur noch
die linke Mondscheibe hell. Wir haben letztes
viertel, und du kannst aus der noch vorhandenen
Mondsichel ein großes deutsches „fl" machen.
Wenn wiederum acht Tage vergangen sind,
haben wir wieder Neumond. So wechselt der
Mond seine Gestalt in 28 Tagen.
Ist der Mond am Himmel nicht sichtbar, dann leuchten um so Heller die andern
Sterne. Sie sind so zahlreich wie die Sandkörner am Meeresstrande, und dir
gehen die Augen über, wie dem Nönige in der Geschichte vom hirtenbüblein,
wenn du lange zu ihnen aufblickst. Sie sind an Größe und Helligkeit sehr ver-
schieden. Tinige strahlen in ruhigem, rötlichem Lichte, während andere in
grünlich-bläulichem Lichte unruhig flimmern, vie ersteren heißen Planeten,
die letzteren Kixsterne. vie meisten Kixsterne sind größer als unsere Sonne.
Nur weil sie so ungeheuer weit von uns entfernt sind, kommen sie uns viel
kleiner als diese vor. Sie alle sind aus Gottes allmächtiger Schöpferhand hervor-
gegangen und zeugen von seiner Größe und Macht. Einige von ihnen sind
flbb. 7. Der Große Bär.
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Ii. Heimatkunde der Provinz Ostpreußen.
A. Samlonö.
a) Grenzen. Die Landschaft Samlanö wird im Norden von der Ostsee
und dem Punschen Haff begrenzt. Im Osten bildet die Dehne, im Süden der
pregel und das Zrische Haff die Grenze. Im Westen wird sie von der Ostsee
bespült. Sie hat die Form eines länglichen Vierecks.
1. Die Ostsee wird auch das Baltische Meer genannt. Ihr Wasser ist
schwach salzig und daher für den Menschen nicht genießbar. Es ist von hell-
grüner Zarbe. Die Tiefe der Ostsee ist nicht bedeutend- sie beträgt im Durch-
schnitt 60—80 m. fluch in einiger Entfernung vom Ufer würde ein unter-
gegangenes Schiff mit seinen Nlastspitzen über dem Wasser emporragen. Die
Oberfläche des Meeres heißt der Meeresspiegel. Oft wird er vom Winde
gewaltig aufgewühlt. Dann schleudert die Ostsee haushohe Wellen zum Ufer,
die namentlich im Zrühjahr und herbst bei Nordweststürmen den Schiffen sehr
gefährlich werden können. Das Ufer wird Küste genannt. Diese ist durchweg
flach und sandig. Nur an der Nordseite des Samlandes ist sie an einzelnen
Stellen sehr steil, am bedeutendsten bei Warnicken. Besonders steinig und für
die Schiffahrt gefährlich ist die Nordwestspitze des Samlands. Daher ist dort
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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8 Ii. Heimatkunde der Provinz Ostpreußen.
auf der Nurischen Nehrung und in der Nähe des Haffes wohnten. Es hat die
Zorm eines Dreiecks. Seine Länge beträgt 100 km, seine Breite, die nach Norden
hin allmählich abnimmt, im Süden 45 Km. Das Nurische Haff hat viele flache
Stellen, die man Untiefen nennt. Daher ist es für die Schiffahrt gefährlicher
als das Zrische Haff,- besonders an der Windenburger Ecke, gegenüber der Memel-
mündung, kommen oft Schiffsunfälle vor. Dort ist deshalb ein Leuchtturm erbaut,
von der Ostsee ist das Nurische Haff durch die Nurische Nehrung getrennt.
Diese bildet einen etwa 100 Km langen und zumeist nicht mehr als l.>—1 km
breiten sandigen Landstrich mit gewaltigen Dünen, welche zu den höchsten
der Erde zählen. Das Nehrungsgebiet macht den Eindruck einer Wüste-
daher nennt man die Nurische Nehrung auch wohl die „ostpreußische Sahara".
Einst war diese reich bewaldet und besaß fruchtbares Wiesen- und Ackerland.
Kbb. 9. vünenlandschaft.
Nach dem Abholzen des Waldes aber nahm der Sand überhand. Die See warf
ungeheuere Sandmassen aus, welche der zumeist wehende Nordwestwind land-
einwärts trieb. Es entstanden die heutigen Dünen, welche namentlich bei
Nossitten und Nidden ihre bedeutendste höhe erreichen. Vom §uße der Düne
treibt der Wind die Sandkörnchen bis zum Gipfel hinauf, wo sie dann auf der
Haffseite in die Tiefe stürzen. So bewegen sich die Dünen im Jahre 5—10 m
vorwärts von der See dem Haffe zu. Nlan sagt, sie wandern. Die Wander-
dünen begraben alles, was sich ihnen in den Weg stellt. Nicht allein einzelne
Häuser, ganze Dorfschaften mußten abgebrochen werden, sollte sie der Sand
nicht begraben. Nuf diese Weise sind die Dörfer Nunzen und Narweiten von
Wanderdünen verschüttet worden. In neuerer )eit versucht man die Dünen,
welche fruchtbarem 5lckerlande oder Ortschaften gefährlich werden, wiederum fest-
zulegen. Solches geschieht in der Weise, daß man Zlächen von der Größe eines
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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A. Samland. 9
Quadratmeters mit Zichtenzweigen oder Rohr eingezäunt, das eingezäunte
Stück mit Lehm oder Moorerde belegt und darein ein Lergkieferpflänzchen
setzt, vas ist freilich eine sehr mühsame Arbeit. Aber es ist auf diese Weise
gelungen, den größten Teil der Dünen wiederum festzulegen. Ungefährliche
Wanderdünen läßt man ungehindert fortschreiten, bis sie ins Haff stürzen
und sich, wie der Nehrungsbewohner sagt, ersäufen. Die Kurische Nehrung
wird von vielen Wandervögeln als Zugstraße benützt. Ihr weißer Streifen
zwischen Haff und See gibt ihnen wohl die Flugrichtung an. Namentlich un-
geheuere Krähenschwärme ziehen im herbste über sie hin. Oa die Nehrungs-
bewohner an Fleisch keinen Überfluß haben, so fangen sie die Krähen mit Stell-
netzen und oerzehren sie frisch oder eingesalzen, vie Nehrungsbewohner werden
daher auch „Krähenbeißer" genannt, weil sie den gefangenen Krähen, um sie
schneller zu töten, die Köpfe einbeißen. In Nossitten befindet sich eine Vogel-
flbb. 10. Festgelegte Düne.
warte, von der aus der Wanderzug der Zugvögel beobachtet wird. Die Be-
wohner der Nehrung ernähren sich von Zischerei und Krähenfang, .fluch wird
die Nehrung im Sommer oft von Ladegästen und Sommerfrischlern besucht.
Die bedeutendsten Orte der Nehrung sind Sarkau mit vielen Flunderräuchereien,
Rossitten, Nidden und Schwarzort.
b) Das Landschaftsbild. Oer südliche Teil des Samlandes
bildet ein Flachland mit fruchtbarem Loden. Nur an wenigen Stellen im
Norden erhebt es sich zu mäßigen höhen. Oie bedeutendste von ihnen ist der
Galtgarben. Er bildet den südlichen Eckpfeiler des nach Norden streichenden
fllkgebirges. Nach Westen zieht ein Höhenzug, welcher seinen Abschluß im
Großen Hausen findet. Mit ihm steht der lvachbudenberg in Verbindung,
welcher den höchsten Punkt des Nordrandes der samländischen Küste bildet.
Er fällt nach der See steil ab, während er nach dem Lande zu allmählich in die
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Vorwort.
Die vorliegende Heimatkunde der Provinz Ostpreußen ist in erster Reihe
für blasse Vi der neunstufigen Mittelschulen geschrieben, was freilich nicht
ausschließt, daß sie auch mit einigem Nutzen an anderen Stellen Verwendung
finden könnte. Der nach den ministeriellen Bestimmungen über die Neu-
ordnung des Mittelschulwesens in Preußen vom 3. Februar 1910 aufgestellte
Lehrplan für die Xönigsberger Mittelschulen sieht für die heimatkundliche
Behandlung Ostpreußens ein volles Schuljahr vor. Das muß um so erfreu-
licher sein, da gerade in unseren Tagen nicht allein in pädagogischer, sondern
vor allem auch in sozialer Einsicht mehr denn je die Wichtigkeit dieses Unter-
richtszweiges mit Recht betont worden ist. Denn nur aus der Anhänglichkeit
an die engere Heimat kann die Liebe zum vaterlande erwachsen. Nur unter
der stärkeren Betonung des Heimatprinzips kann ein Geschlecht erstehen,
das an Bodenständigkeit und heimatlichen Selbstbewußtsein reich ist. Sollte
die Krbeit der Erstrebung dieses Zieles dienen, dann mußte sie über den
leitfadenmäßigen Schematismus hinauswachsen, dann mußte sie so angelegt
werden, daß die Schüler sie oft und gerne zur Hand nehmen und sich liebe-
voll in das Dargebotene versenken. Lebenswarme Darstellungen und an-
schauliche Schilderungen mußten geboten werden, auch auf die Gefahr
des Vorwurfes eines Zuviel hin. Es mag daher betont werden, daß die
Arbeit vor allem auch der häuslichen Lektüre nach der unterrichtlichen Be-
Handlung zugute kommen soll. Dahin auch mögen die Sagen verwiesen
werden, die, stilistisch in möglichster Ursprünglichkeit gehalten, gewiß als Bei-
gaben willkommen sein und gerne hingenommen werden dürften.
Der beigefügte reiche Bildschmuck soll einmal das kindliche Interesse
erregen helfen, andererseits aber läßt er auch die Schönheiten unserer Heimat-
Provinz in einer unmittelbaren Anschaulichkeit auf das kindliche Gemüt
wirken, zu der das schildernde Wort allein nicht immer imstande ist. Die
Aufnahmen sind teilweise zu diesem Zwecke eigens vorgenommen und ver-
danken ihre Entstehung Herrn Hermann Schulz in Königsberg. Einzelne
Bilder auch hat der (Dstpreußische Verkehrsverein beigesteuert, dem an dieser
Stelle ebenso wie dem genannten Herrn wärmster Dank abgestattet sein mag.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
A. Samlanö. 11
schöne Sitte freilich eingegangen. Hber noch heute wird der Lerg oft und gern
besucht.
Oer samländische Nordstrand fällt zumeist steil zum Meere ab. Lr gehört
zu den schönsten Teilen von Ostpreußen. Besonders schön ist der Strand zwischen
den Dörfern Neukuhren und Warnicken. Neukuhren liegt ungefähr in der
Mitte der Nordküste und hat einen geräumigen Hafen, in welchem die Zischer-
boote Schutz vor Sturm und Wogendrang finden, westwärts davon liegt der
Ladeort Rauschen, der wohl der schönste Ort an der Nordküste ist. Lesonders
schön sind die um den Mühlenteich gelegenen sanft aufsteigenden, bewaldeten
höhen, aus deren Grün zahlreiche schmucke Villen hervorblicken, üuf dem Mühlen-
dämm breiten vielhundertjährige Linden ihre schattigen Zweige aus. Über das in
neuester Zeit stattlich gewordene Georgenswalde gelangen wir, westlich wandernd,
nach warnicken mit seinem herrlichen park und der berühmten Wolfsschlucht,
i
Abb. 12. Rauschen.
zu der von der Iägerspitze eine steile Treppe hinabführt. Weitere Ladeorte
an der Nordküste sind Groh- und ttlein-ttuhren. Zn der Nähe des ersteren
liegt der eigentümlich geformte Zipfelberg, während bei letzterem Orte sich
der steil zur See abfallende Wachbudenberg erhebt. Den nordwestlichsten Punkt
des Samlandes bildet die steinige Küste von Brüsterort. Ein Leuchtturm
warnt dort die Schiffer vor der Landung.
Die samländische Westküste bietet keine besonderen Naturschönheiten. Dort
liegt an steiler Küste palmnicken, dem wir bei Gelegenheit der Lernstein-
gewinnung noch einen Besuch abstatten wollen. 5luf der schmalen Landzunge,
welche die südliche Verlängerung der samländischen Westküste bildet, liegt der
vornehme und stille Ladeort Neuhäuser.
Der bedeutendste Zluß des Samlandes ist der pregel. Er bildet die Süd-
grenze. Seine Tuellflüsse sind die Kngerapp mit dem Goldapfllch, die pissa
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12
Ii. Heimatkunde der Provinz Ostpreußen.
mit der Rominte und die Inster. Diese Tuellflüsse vereinigen sich unweit
Insterburg zum pregel. Er fließt durch ein weites Wiesental in westlicher
Richtung an den Städten Wehlau und Tapian vorbei. Lei Wehlau nimmt er
von links die Alle auf, die ihn an Länge übertrifft. Lei Tapiau entsendet er
nach Norden die Oeime ins Künsche Haff. Nicht weit von Königsberg, bei dem
Kirchdorfe Krnau, teilt sich der Zluß in den (südlichen) Alten und in den (nörd-
lichen) Neuen pregel. Diese beiden Arme vereinigen sich an der Grünen Brücke
in Königsberg. Etwa eine Nieile unterhalb dieser Stadt ergießt sich der pregel
bei dem Orte Holstein ins Frische Haff.
e) Klimatische Verhältnisse. Das Klima des Samlandes weicht
wenig von dem des übrigen Ostpreußens ab. Die mittlere Jahreswärme beträgt
6—7 0 C. 3m allgemeinen ist wegen der Nähe der See das Klima im Sam-
lande feuchter als im Süden der Provinz. Der Winter ist zumeist lang und
1 ■■■
Abb. 13. Wachbudenberg bei Groß-ttuhren.
schneereich. Nachtfröste dauern oft bis in den Juni hinein. Lesonders sind
wegen ihrer Rauhheit der 11., 12. und 13. Mai, die sogenannten „Eisheiligen",
gefürchtet, deren Eigenart man auf die Eisschmelze im nördlichen Teile der
Ostsee zurückführen will. Auf einen stürmisch-rauhen und kurzen Zrühling
folgt rasch der Sommer. Im allgemeinen bleibt die Entwicklung der pflanzen-
welt gegen den Westen Deutschlands um Z—4 Wochen zurück. Die Winde wehen
zumeist aus westlicher und südlicher Richtung. Im ersteren Salle bringen sie
Feuchtigkeit mit sich, während die Ostwinde trockne Witterung herbeiführen.
Warum?
(1) Die B ewohn er des Sam lande s. Seit den ältesten Zeiten bildete
das Samland einen der am stärksten bevölkerten altpreußischen Gaue. Nur durch
die Hilfe des Böhmenkänigs Ottokar gelang es dem Ritterorden, ihn zu besiegen.
Zn dem Vernichtungskampfe, den der Orden führte, ging ein großer Teil der
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T135: [Haff Stadt Stettin Weichsel Ostsee Insel Memel Königsberg Danzig See], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone]]
A. Samlanö. 13
altpreußischen Bevölkerung zugrunde. Aus allen Gegenden Deutschlands zogen
Kolonisten herbei, welche sich mit den Resten der alten Stammesbevölkerung
vermischten. Mehr jedoch als in andern Gegenden Ostpreußens hat sich der
altpreußische Volksstamm im Samlande erhalten. Er ist noch heute rein deutsch
und zeigt im Gegensatze zum Litauer oder Masuren keine besondere Eigenart,
vie Samländer bekennen sich zur evangelischen Kirche. Auf dem Lande wird
vorwiegend die plattdeutsche Mundart gesprochen.
e) Wirtschaftliche Verhältnisse. Va das Samland bis auf die an-
grenzenden Nehrungen fruchtbaren Loden hat, so treiben die Bewohner in der
Hauptsache Getreidebau und Viehzucht, vas pregeltal ist reich an Wiesen. Aus-
gedehnte Wälder, wie die am Nordende des Krischen Haffes sich hinziehende
Kapornsche Heide, weisen die Bewohner auf Wald- und Forstwirtschaft hin. Auch
gibt es zahlreiche Ziegeleien, welche ihre Produkte namentlich in Königsberg
absetzen, vie Lienenzucht ist seit der ältesten Zeit eine Lieblingsbeschäftigung der
Landbevölkerung. In früheren Jahrhunderten, als man den Gebrauch der Schieß-
waffen noch nicht kannte, richtete man auf der Nehrung Falken zur Zagd ab,
welche in der ganzen Welt berühmt waren und vom Hochmeister des veutschen
Ritterordens an befreundete Fürsten verschenkt wurden, vor allem aber laden
See und Haff die Bewohner der Küste zum Fischfang ein, dem man im Sommer
im Segelkahn, im Winter auf dem Eis des Haffes nachgeht. Berühmt sind die
geräucherten Flundern, die als Leckerbissen in den Handel gebracht werden.
Aber auch vorsche und Zander, Lachse 'und Aale werden gefangen, von Händlern
aufgekauft und nach dem Unlande verschickt. Reiche Erträge bietet auch der
Stichlingsfang, aus welchen man Tran siedet oder in pillau künstlichen vünger
herstellt, vie zahlreichen Teiche bergen den leckeren Karpfen, der namentlich
um die Weihnachtszeit eine allbeliebte Festspeise bildet.
vor allem aber ist die Gewinnung des Bernsteins im Samlande hervor-
zuheben.
vor undenklichen Zeiten breitete sich dort, wo jetzt die Ostsee flutet, ein
mächtiges Waldgebiet aus. Es bestand aus Nadelbäumen, denen ein zäh-
flüssiges harz in großen Massen entquoll. Gewaltige Umwälzungen im Innern
der Erde verschütteten diese üppige Pflanzenwelt, so daß im Laufe von Jahr-
taufenden das harz versteinerte, vann kam wiederum eine Zeit, in welcher
das Meer über diese untergegangene Schöpfung dahinflutete, wie es noch in
unseren Tagen geschieht. Längst ist das holz der Baumstämme verwest. Vas
versteinerte harz aber ist noch vorhanden und wird, namentlich bei Nordwest-
stürmen, von der See ans Ufer geworfen, vas ist der Bernstein. Einschlüsse
von Tannennadeln, Spinnen und Käfern deuten noch heute auf seine einstige
Natur hin.
Vie Gewinnung des Bernsteins erfolgt nun auf verschiedene Weise. Lei
heftigen Nordweststürmen wird das Meer bis auf den Grund von den Wogen
aufgerührt, ver dort wachsende Seetang wird ausgerissen und zum Ufer ge-
worfen. In ihm haben sich die Lernsteinstückchen verfangen, die auf diese Weise
auf den Strand gelangen, um von den Bewohnern aufgelesen und gesammelt
zu werden. Oft auch gehen diese in langen Wasserstiefeln bis zum Leibe
in die See hinein und fischen den Tang nebst dem darin enthaltenen Bernstein,
der nicht viel schwerer als das Wasser ist, mit Keschern heraus. In früherer
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
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14 Ii. Heimatkunde der Provinz Ostpreußen,
Zeit gewann man den Lernstein auch auf folgende Meise: war die See ruhig,
dann fuhr man auf Booten hinaus und hob den blinkenden Stein mit langen
Zangen herauf. Kuch stiegen, namentlich bei Brüsterort, Taucher auf den Meeres-
grund und förderten die Lernsteinstücke zutage.
heute wird der Bernstein zumeist auf bergmännische Art gewonnen.
Das geschieht namentlich in der Knnagrube zu liraxtepellen unweit Palm-
nicken. Ein etwa Z0 m tiefer Hauptschacht führt senkrecht in die Erde
hinein, von ihm führen wagerechte Gänge, sogenannte Stollen, oft kilometer-
weit, ins Land hinein. Man hat festgestellt, daß der Bernstein in der so-
genannten „Blauen Erde" gelagert ist. Diese wird daher mit hacken los-
geschlagen und auf kleinen Wagen, welche von Pferden gezogen werden,
zum Hauptschacht gefördert. Auf der Zörderschale gelangt sie zutage. Die ge-
flbb 14. flnnagrube in Krajtepellen bei palmnicken.
förderte Erde wird nun in breiten, auf dem Boden siebartig durchlöcherten
Rinnen mit Wasser geschlemmt, wobei die Erde wegschwemmt, während die
Steinstückchen zurückgehalten werden, hierauf bringt man sie in sich drehende
tonnenartige Gefäße, die Seesand enthalten. So wird der Bernstein auch von
den letzten erdigen Bestandteilen gereinigt. Klsdann erfolgt die Sortierung.
Die größeren Stücke werden in den Handel gebracht, und es entstehen daraus
Bernsteinspitzen, Ketten, Broschen u. dgl. Dinge mehr. Die kleinen Stückchen
schmilzt man und stellt daraus Lacke und Zirnis her. Auch preßt man sie unter
hohem Druck zu Kunstbernstein oder Kmbroid zusammen, der sich schwer vom
Naturbernstein unterscheiden läßt. Auf bergmännische Weise werden jährlich
im Durchschnitt 5000 Zentner Rohbernstein gewonnen. 1100 Personen finden
dabei Beschäftigung und Brot.
In jüngster Zeit wird der Bernstein auch im Tagebau gewonnen.
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]