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1. Abriss der Geschichte des Grossherzogtums Hessen für höhere Lehranstalten - S. V

1902 - Hannover : Manz & Lange
Vorbemerkung Die hessischen Lehrpläne für Gymnasien und Realgymnasien verlangen, dass der Geschichtsunterricht in den oberen Klassen die Entwickelung Hessens besonders berücksichtigt. Wenn nun hierbei ein Lehrbuch nicht zu Grunde gelegt wird, sö sind die Erfolge trotz aller Opfer an Zeit meist recht gering. In dieser Erkenntnis richtete ich vor einigen Jahren an die Verlagsanstalt Manz & Lange die Bitte, sie möchte das Martens’sche Lehrbuch der Geschichte, das an vielen hessischen Anstalten eingeführt ist, durch einen Anhang über hessische Geschichte ergänzen. Umfragen der Verlagsanstalt bei verschiedenen hessischen Schulmännern, ob sie einen solchen Leitfaden abfassen wollten, führten zu keinem Ergebnis. So entschloss ich mich denn, selbst diese schwierige Aufgabe zu übernehmen. Obwohl der Abriss zunächst als eine Ergänzung des Lehrbuches von Martens gedacht ist, so lässt er sich doch, da sein Inhalt durch sich verständlich ist, neben jedem anderen Lehrbuch verwenden. Im allgemeinen ging ich auf die quellenmässigen Bearbeitungen der einzelnen Zeitabschnitte zurück; aus diesem Grunde glaubte ich auch die verdienstvollen Arbeiten von Müller, Berger, Soldan und Soldan-Velke nicht zu Rate ziehen zu dürfen. Vielleicht überrascht auf der einen Seite der Umfang des Abrisses. Aber ich wollte eher zu viel als zu wenig bieten. Wenn die Zeit drängt, so mögen die Anmerkungen und das Kleingedruckte übergangen werden. Auf die in den Anmerkungen enthaltenen Einzelheiten aber konnte ich nicht verzichten; sie beleben den Stoff und werden erfahrungsgemäss von den Schülern mit Interesse entgegengenommen. Auf der anderen Seite mag manchen das Gebotene nicht befriedigen, weil die Geschichte einzelner heute zum Grossherzogtum gehöriger Territorien keine Berücksichtigung gefunden hat. Aber grade dies geschah nicht ohne Grund. Wenn in Mainz über die Mainzer, in Worms über die Wormser, in Friedberg über die Friedberger und in Alzey über die Pfälzer Geschichte ein Überblick ge-

2. Abriss der Geschichte des Grossherzogtums Hessen für höhere Lehranstalten - S. VI

1902 - Hannover : Manz & Lange
Vi Vorbemerkung. geben wird und wenn in Büdingen und Laubach interessante Einzelheiten über die dortigen Dynastengeschlechter mitgeteilt werden, so ist dies gewiss am Platze und geeignet, das Interesse für die Heimat zu erhöhen. Aber in einem Abriss der hessischen G-eschichte ist für die Lokalgeschichte kein Platz. Für die Geschichte unseres heutigen hessischen Staates, der sich aus so verschiedenartigen Bestandteilen zusammensetzt, bilden einzig die Geschicke unseres Fürstenhauses den Mittelpunkt. Über den Zeitpunkt, an dem die hessische Geschichte systematisch behandelt werden soll, kann man verschiedener Meinung sein. Am meisten dürfte es sich empfehlen, erst nach Abschluss der ganzen deutschen Geschichte die Landesgeschichte zu erörtern. Gerade dieser Behandlungsweise kommt der Abriss besonders entgegen. Indem er die hessische Geschichte mit den gleichzeitigen Ereignissen der Reichsgeschichte in Beziehung bringt, bietet er zugleich die Grundlage für eine systematische Repetition der Reichsgeschichte; letztere wird für die Schüler dadurch interessanter, dass sie nach einem Gesichtspunkte erfolgt, der bis dahin in dem Unterricht nicht in den Vordergrund trat. Zum Schlüsse spreche ich Herrn Professor Dr. Karl Wenck in Marburg für einzelne, höchst wertvolle Winke sowie Herrn Oberlehrer Bodenstein in Bensheim und Herrn Prof. Dr. .Seidenberger in Friedberg für Unterstützung bei dem Drucke der Arbeit meinen herzlichsten Dank aus. Bensheim, den 9. Juni 1902. Dr. H. Sehrohe.

3. Abriss der Geschichte des Grossherzogtums Hessen für höhere Lehranstalten - S. 4

1902 - Hannover : Manz & Lange
4 Hessen als unmittelbarer Bestandteil des Reiches. Trajan kam der Pfahlgraben, zur Ausführung; er war als Grenzschutz gegen germanische Einfälle bereits unter Domitian beschlossen worden. Dieser Grenzwall (Limes transrhenanus) begann bei Rheinbrohl, überschritt bei Ems die Lahn, zog sich über den Taunus hin, auf dem die Saalburg in die Befestigung hineingezogen wurde, erreichte in der Nähe von Grüningen, südöstlich Giessens, seinen nördlichsten Punkt und wurde dann durch die Wetterau hinab bis zum Main bei Gross - Krotzenburg geführt.j) Infolge dieser Grenzbefestigung trat eine friedliche Zeit ein; erst unter Marc Aurel gerieten die Chatten mit den Römern wieder in Krieg. Seitdem brachte die Offensive der Germanen dem Römerreich immer neue Verluste. Unter Gallienus (253—268) gingen alle Besitzungen, welche die Römer auf dem rechten Rheinufer nördlich des Maines hatten, für immer in die Hände der Alemannen, Franken und Chatten über. 392 wird der Name Chatten zum letztenmal von einem römischen Historiker genannt. Für mehr als 3 Jahrhunderte verschwindet er aus der Geschichte, um gegen 720 in der Form Hassi wieder aufzutauchen. In der Zwischenzeit gab der Niedergang der alemannischen Macht und ihre Beschränkung auf süddeutsche und schweizerische Gebiete den Chatten Gelegenheit zu umfangreicher Kolonisationstätigkeit. Die fruchtbare Wetterau, die Taunusgegend und das Land zu beiden Seiten des Mains, Gebiete, die sie zum Teil schon vor Errichtung des Limes besessen hatten, nahmen sie nunmehr in Beschlag. Wahrscheinlich verbreiteten sie sich auch über die seither alemannischen und dann burgundischen Siedlungen in den heutigen Provinzen Starkenburg und Rheinhessen. § 2. Hessen als unmittelbarer Bestandteil des Reiches und das Emporkommen der Grafen-geschlechter. 3 In dem erwähnten Jahre 392 erscheinen die Chatten bereits in enger Beziehung zu dem Bunde der Franken, und zwar standen sie den Franken am nächsten, die man als die Salier zu bezeichnen pflegt. Dennoch muss der Zusammenhang zwischen Franken *) Soweit kommt der obergermanische Limes für das Grossherzogtum Hessen in Betracht. Von Klein - Krotzenburg bis Miltenberg bildete der Main die Grenze zwischen Römern und Germanen. Von hier setzte sich der Limes fort bis Lorch an der Rems. Dass der Limes, etwa von Langenschwalbach bis Klein-Krotzenburg, in grossem Bogen die Wetterau umschloss, erklärt sich daraus, dass die schon länger hier wohnende römische und halbrömische Bevölkerung sowie deren fruchtbare Grundstücke geschützt werden sollten.

4. Abriss der Geschichte des Grossherzogtums Hessen für höhere Lehranstalten - S. 5

1902 - Hannover : Manz & Lange
Die Bekehrung der Hessen zum Christentum. 5 lind Chatten sehr lose gewesen sein. Hierauf deutet schon der Umstand hin, dass der Übertritt Chlodwigs und seiner Franken zum Christentum die Chatten noch zwei Jahrhunderte lang ganz unberührt liess. Nach Chlodwigs Tod (511) bildete das chattische Land einen Teil des fränkischen Ostreiches Austrasien. An den siegreichen Kämpfen, die Chlodwigs Nachfolger mit den Thüringern führten, beteiligten sich auf seiten der Franken auch die vormaligen Chatten; ebenso wie die Franken schickten auch sie Kolonien in das besiegte Thüringen. Wie anderwärts im Reiche der Merowinger, so stand auch in dem späteren Hessen an der Spitze jedes Gaues statt des früheren Häuptlings oder Fürsten (princeps) ein königlicher Beamter, Graf genannt, der die Rechte des Königs in seinem Bezirk übte. Diesem lag im Frieden die Rechtspflege und im Krieg die Führung der vom Gau gestellten Streitkräfte ob; ausserdem erhob er die königlichen Einkünfte und ernannte die Vorsteher der Hundertschaften, die früher von diesen selbst gewählt worden waren. Als königliche Beamte erhielten die Grafen von dem König aus seinem Eigentum Grundbesitz zur Benutzung. Seit den letzten Karolingern vererbten die Grafen ihre Ämter und damit den ihnen vom König überlassenen Besitz; sie waren nämlich aus Beamten des Königs dessen Lehensleute geworden. Hessen gehörte damals zum Bereich des Grafengeschlechtes der Konradiner, die schon unter Ludwig dem Frommen im Lahngau nachweisbar sind. Unter Ludwig dem Kinde geriet Konrad, der dritte Graf dieses Namens, in Kampf mit dem Grafen von Babenberg,l) der ebenfalls am Main und Mittelrhein sehr begütert war und Konrads Einfluss auf Ludwig das Kind brechen wollte. Nach Besiegung des Babenbergers wurde Konrad Herzog von Franken. Als er 911 den deutschen Thron bestieg, erhielt sein Bruder Eberhard die fränkische Herzogswürde. Da Eberhard (939) im Kampfe gegen die königliche Gewalt fiel und keine Kinder hinter-liess, so behielt Otto I. Franken für sich. Unter Kaiser Konrad ü. gelangten in Hessen wieder einzelne Geschlechter zu besonderem Ansehen, so die Grafen von Ziegenhain, Gleiberg und Battenberg. Alle diese überragten jedoch an Ansehen die Grafen Werner und die Gisonen von Gudensberg. § 3. Die Bekehrung der Hessen zum Christentum. Wie am Rhein und Main, wie in Bayern und Thüringen, so 4 hatten die iroschottischen Mönche, die seit 600 den ihnen eigen- J) Babenberg = Bamberg, wo sie eine Burg hatten. Sie waren ursprünglich Grafen vom Gau Tullifeld westlich von Meiningen; ihre Nachkommen wurden die bekannten Markgrafen und Herzöge von Österreich.

5. Abriss der Geschichte des Grossherzogtums Hessen für höhere Lehranstalten - S. 6

1902 - Hannover : Manz & Lange
6 Die Bekehrung der Hessen zum Christentum. tümlichen Missionseifer auf deutschem Boden betätigten, auch in Hessen Niederlassungen gegründet und Heiden bekehrt. Aber ihre Pflanzungen waren zu vereinzelt und zu wenig organisiert; darum konnte die Bekehrung eines ganzen Volksstammes von ihnen nicht ausgehen. Diese Aufgabe löste, was die Hessen anlangt, Bonifatius. 722 kam er von Thüringen nach Oberhessen; an der Ohm (Amana) gründete er damals, unterstützt von zwei vornehmen hessischen Brüdern, Amöneburg als „Zelle“1) für Mönche und taufte viele tausend Heiden. Die Erkenntnis, dass seine Wirksamkeit erspriesslicher werde, wenn er die bischöfliche Würde und den Schutz des fränkischen Majordomus erlange, veranlasste ihn noch im Jahre 722 nach Rom zu reisen. Als Bischof und mit Empfehlungsschreiben an Karl Martell kehrte Bonifatius nach Deutschland zurück. Zunächst suchte er Karl Martell persönlich auf, dann eilte er nach Hessen. Hier fällte er in der Gegend des Dorfes Geismar in dem Amte Gudens-berg die heilige Eiche Donars (724). Durch diese Tat gewann er abermals viele Hessen für das Christentum. 782 legte er den Grund zu dem Kloster Fritzlar, das sich eben so wie Amöneburg um die Christianisierung Hessens grosse Verdienste erwarb.2) Mit der Gründung des hessischen Bistums Büraburg, das zunächst für das fränkische Hessen errichtet wurde, führte Bonifatius sein Bekehrungswerk in dieser Gegend der Vollendung entgegen. Dieser Bischofssitz befand sich auf dem durch Natur und Kunst befestigten Bürberge; später wurde er nach Fritzlar verlegt. Als Karl der Grosse das Bistum Paderborn errichtete, wurde das sächsische Hessen diesem, das fränkische Hessen aber dem Erzbistum Mainz zugewiesen. 5 Die kirchliche Einteilung bis zur Reformation war folgende: Das Gebiet am linken Ufer der Diemel, der grösste Teil von Waldeck, die Herrschaft Itter am linken Ederufer gehörte zu dem Bistum Paderborn. Der untere Lahngau bis Wetzlar und Giessen stand unter dem Erzbistum Trier, das obere und mittlere Fuldatal unter den Abteien Fulda und Hersfeld. Der grösste Teil des Hessenlandes aber gehörte zu dem Erzbistum Mainz *) Bei den zahlreichen hessischen Ortsnamen auf „zell“ darf man nicht immer an Klöster selbst denken. Auf den Feldern errichtete man cellae d. h. Vorratskammern, in die man die dem Kloster gehörige Ernte einbrachte; nach dem Namen der beaufsichtigenden Mönche unterschied man die cellae z. B. Maberzell (= Mauruszell), Gläserzell (= Nicolauszell), Pilgerzell (= Pelegrinuszell). 2) Für die kulturelle Entwickelung Hessens wurde das ebenfalls von Bonifatius gegründete Kloster Fulda sowie das von Lullus errichtete Kloster Hersfeld von grösster Bedeutung, ersteres besonders durch seine Klosterschule, letzteres zum Teil durch seine Bibliothek.

6. Abriss der Geschichte des Grossherzogtums Hessen für höhere Lehranstalten - S. 9

1902 - Hannover : Manz & Lange
Hessen mit Thüringen vereinigt. 9 wird darum in der Reihe der thüringischen Landgrafen als Ludwig I, bezeichnet. Sein Sohn : Ludwig Ii. (1140—1172) war mit Judith, einer Stiefschwester 7 Kaiser Friedrichs I., vermählt. 1158 und 1161 unterstützte er Friedrich bei seinen Kämpfen in Oberitalien. Sein Sohn war: Ludwig Iii. (1172—1190). Er begleitete Friedrich auf seinem letzten Zuge nach Italien. Im März 1188 nahm er mit dem greisen Kaiser das Kreuz. Im Gegensatz zu diesem nahm er seinen Weg durch Italien und fuhr von Brindisi nach Tyrus. Bei der Belagerung von Akkon (1189/90) verrichtete er Wunder an Tapferkeit. Ein körperliches Leiden zwang ihn jedoch (1190) zur Rückkehr; unterwegs starb er. Ihm folgte sein Bruder: Hermann I. (1190—1217). Er hatte bei Übernahme der Landgrafschaft mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die geistlichen Stifter Mainz und Hersfeld zögerten, ihm die Kirchenlehen zu übertragen, die sie seither seinen Vorfahren verliehen hatten. Hermanns Vetter, Kaiser Heinrich Vi., hätte die Landgrafschaft gern als erledigtes Lehen eingezogen. Schliesslich erlangte Hermann von beiden Seiten die Belehnung. Während seiner ganzen Regierung nahm er eine schwankende Haltung zwischen den Staufern und deren Gegnern ein. Er hoffte so sein Land zu erweitern, aber die erstrebte territoriale Geschlossenheit der Landgrafschaft erreichte er nicht. Zu den grossen deutschen Dichtern seiner Zeit, zu Wolfram von Eschenbach und Waltlier von der Vogelweide, hatte er Beziehungen. Die Sage von dem Sängerkrieg auf der Wartburg weist darauf hin, dass sein Hof einen Anziehungspunkt für die ritterlichen Sänger bildete. Auf ihn folgte sein Solm: für die Grafen, welche trotz der Auflösung der Gauverfassung im wesentlichen im Umfang ihres alten Amtsbezirks die gräflichen Befugnisse, vor allem die hohe Gerichtsbarkeit, den Wildbann und das Geleitsrecht behauptet hatten. Sie standen im Gegensatz zu den Teil- oder Kleingrafen und zu den Titulargrafon. Wahrscheinlich hat es aber in Thüringen mit dem Landgrafentitel eine andere Bewandtnis. Da sich hier kein Stammesherzogtum bildete, so gab es auch keinen bestimmten Vorsitzenden, wenn sich die Grafen und Bischöfe dieser Landschaft zur Aufrechterhaltung des Landfriedens zusammenfanden. Darum übertrug man den Vorsitz bei diesen Landfriedensgerichten jedesmal einem besonders angesehenen Grafen des Landes, der dann als „Graf von Thüringen“ erschien. Indem ein Grafengeschlecht dauernd diese Vertrauensstellung genoss, entwickelte sich der Begriff „Landgrafen von Thüringen“.

7. Abriss der Geschichte des Grossherzogtums Hessen für höhere Lehranstalten - S. 12

1902 - Hannover : Manz & Lange
12 Hessen als selbständiges Territorium. Hermanns von Salza Deutschordensmeister war, zu dessen Anhängern gehörte. Nach dem Tode Konrads (1240) aber konnten die Staufer nicht mehr unbedingt auf Heinrich rechnen. Doch bewirkte Friedrichs Ii. persönlicher Einfluss und vor allem der Tod des jungen Landgrafen Hermann (1242), dass Heinrich zunächst noch auf der stauflschen Seite aushielt. Wenn er sich nämlich den Gegnern Friedrichs zugewandt hätte, so wäre zweifellos von diesem die Landgrafschaft als erledigt eingezogen worden. Einige Monate nach der Absetzung Friedrichs Ii., im April 1246, forderte dann der Papst die deutschen Fürsten auf, den Landgrafen von Thüringen zum König zu wählen; seine Ergebenheit gegen den päpstlichen Stuhl und der Umstand’ dass er vorübergehend im Auftrag Friedrichs die Reichsverweserschaft geführt hatte, empfahlen den Landgrafen zum Gregenkönig. Heinrich Raspe errang jedoch nur geringe Erfolge gegen die Staufer; bereits am 17. Februar 1247 starb er, ohne Kinder zu hinterlassen.’ m. Zeitraum. Hessen als selbständiges Territorium Ms zur endgültigen Teilung der Landgrafschaft (1247-1567), Bei dem Tode Heinrich Raspes standen Heinrich der Erlauchte, Markgraf von Meissen, und Sophie, Herzogin von Brabant, als Enkel des Landgrafen Hermanns I. auf einer und derselben Stufe der Verwandtschaft.1) Aber nach den Rechtsgrundsätzen der damaligen Zeit ging der Tochtersohn der Sohnestochter voraus. Deshalb hatte auch der Kaiser bereits 1243 Heinrich von Meissen und nicht Sophie von Brabant die Anwartschaft auf die demnächst erledigte Landgrafschaft Thüringen zugesprochen. Diese beanspruchte dementsprechend für Leitung Konrads von Marburg, eines sittlich einwandfreien, aber für heutige Begriffe übermässig strengen Priesters, führte sie ein Leben grösster Abtötung, bis sie am 17. November 1231 im Alter von 24 Jahren verschied. Am 1. Mai 1236 wurden im Beisein Friedrichs Ii. die Gebeine Elisabeths, die am 1. Juni 1235 heilig gesprochen worden war, in feierlicher Weise in einen kostbaren Schrein gelegt. Später fanden diese in der nach Elisabeth benannten, gotischen Marburger Elisabethenkirche (begonnen 1235, vollendet 1283) ihre Ruhestätte. *) Siehe die Stammtafel Seite 7.

8. Abriss der Geschichte des Grossherzogtums Hessen für höhere Lehranstalten - S. 14

1902 - Hannover : Manz & Lange
14 Hessen als selbständiges Territorium. den Pfalzgrafen von Tübingen Giessen und früher gleibergische Besitzungen. Heinrich hinterliess bei seinem Tode (1308) drei Söhne, aus erster Ehe Otto, aus zweiter Johannes und Ludwig. (Siehe die Stammtafel Seite 11.) Letzterer starb als Bischof von Münster (1309—1357). Otto erhielt Oberhessen mit Marburg, Johannes Niederhessen mit Kassel; aber nur letzterer empfing die kaiserliche Belehnung. Bei seinem Tode hinterliess Landgraf Johannes (f 1311) nur eine Tochter; es vereinigte darum Otto das gesamte Hessen in seiner Hand. Da Kaiser Heinrich Vii. damals schon in Italien weilte, so konnte Otto bei ihm die Belehnung nicht nachsuchen. Nach Heinrichs Heimgang (1313) aber vermochte er nicht, sich Ludwig dem Bayern (1314 —1347) anzuschliessen; denn dessen tätigster Parteigänger war der Erzbischof Peter von Mainz, mit dem Otto wegen einiger Mainzer Lehen im Streit lag. Darum schlug er sich auf die Seite Friedrichs von Österreich, bei dessen Krönung in Bonn (1314) er anwesend war. Nach der Schlacht bei Mühldorf (1322) liess sich Otto dann von König Ludwig belehnen. Im folgte sein ältester1) Sohn 11 Heinrich Ii. (1328—1377), der seine beiden jüngeren Brüder Ludwig und Hermann mit kleineren Gebieten und Jahresrenten abfand. Er erwarb durch Kauf die Herrschaft Spangenberg, weitere Teile des Reinhardswaldes, die Herrschaften Romrod und die Hälfte von Schmalkalden; gemeinsam mit dem Erzbischof von Mainz besetzte er die Herrschaft Itter. Noch wichtiger ist Heinrichs Regierung in anderer Beziehung; in ihr wurde nämlich die Landeshoheit der Landgrafen von Hessen wesentlich weiter gebildet. So befreite Karl Iv. (1355) alle Untertanen des Landgrafen von der Berufung an solche Städte, welche damals in bürgerlichen Streitigkeiten als Oberhöfe des Reiches fungierten. Ausserdem wurden dem Landgrafen, der bereits den Freistuhl von Grebenstein besass, die Freistühle von Zierenberg und Schartenberg an der Diemel verliehen. Indem sich der Landgraf selbst an die Spitze dieser Gerichtssprengel stellte und sich in den Gerichtssitzungen vertreten liess, sicherte er sich in diesen sächsischen Teilen seines Gebietes die alte gräfliche Gerichtsbarkeit, wie er sie in den fränkischen bereits besass. Hätte sich der Landgraf nicht diese Freistühle verleihen lassen, so wären diese von dem Kaiser an Adlige geringeren Standes vergeben worden. Die Landeshoheit des Landgrafen kam auch in den Steuern zum Ausdruck, die er erhob und zum Teil zu persönlichen Zwecken verwendete. Sie x) Sein zweiter Sohn Otto war von 1327—1361 Erzbischof von Jkfagdeburg.

9. Abriss der Geschichte des Grossherzogtums Hessen für höhere Lehranstalten - S. 16

1902 - Hannover : Manz & Lange
16 Hessen als selbständiges Territorium. ältesten Tochter Heinrichs Ii. berechtigtere Ansprüche auf die Nachfolge in der Landgrafschaft zu haben als Hermann der Gelehrte,1) dessen Vater, Ludwig, der jüngere Bruder Heinrichs Ii. war. In dieser Not fanden Heinrich Ii und Hermann in dem Grafen Ruprecht von Nassau und in den Markgrafen Friedrich, Balthasar und Wilhelm von Meissen, Langrafen von Thüringen, treue Bundesgenossen. Mit letzteren errichteten sie am 9. Juni 1873 eine Erbverbrüderung. Hierdurch sicherten sich beide Fürstenhäuser gegenseitige Hülfe in allen Bedrängnissen und Beerbung beim Erlöschen des Mannesstammes zu. Ihre Länder erklärten sie für unveräusserlich und schlossen weibliche Erbfolge in ihnen aus. Rechtskräftig wurde dieses Abkommen durch die kaiserliche Bestätigung, die am 6. Dezember 1373 zu Prag erfolgte. Da der Krieg mit der Ritterschaft2) fortdauerte und neue Zwistigkeiten mit benachbarten Territorien ausbrachen, so sahen sich die Landgrafen zur Erschliessung aussergewöhnlicher Geldquellen gezwungen. Demzufolge schrieb Landgraf Hermann im Oktober 1375 mit Einwilligung der Städte ein allgemeines Ungeld auf Weizen, Korn, Gerste, Hafer, Wein, Bier, Fleisch, Leder, Leinwand, Tuch, Gewandschnitt, Wolle, Wachs, Kupfer, Zinn, Messing und Eisen aus. Indem die Städte auf diese W^eise Anteil an der Verwaltung des Landes erhielten, entwickelten sie sich zu einem der drei Landstände, an deren Willen die Landgrafen späterhin bei Erhebung von Steuern,-Einführung von Gesetzen und dergl. gebunden waren. Auch mit den Erzbischöfen von Mainz lag Hermann der Gelehrte wiederholt im Kampf. Der Landgraf war nämlich darauf bedacht, den Einfluss, den der Erzbischof in den kirchlichen Angelegenheiten Hessens übte, wenn möglich, völlig zu beseitigen; der Erzbischof dagegen bemühte sich, seine kirchliche Jurisdiktion möglichst zu er- veranlassten ihn Zwistigkeiten seiner Eltern zu seinen Fahrten. Auf diesen kam er an den Hof der Grafen von Kleve, die mit dem hessischen Hanse verwandt waren. Unerkannt bekleidete er in Kleve die Stelle eines Schützenhauptmannes, bis ihn ein Herr von Homberg bei der Durchreise erkannte. Dietrich von Kleve gab nun Otto seine Tochter Elisabeth zur Gattin. Mit dieser lebte er dann in Frankenberg in Hessen. Von 1340 an war er Mitregent seines Vaters; er starb aber vor diesem 1366, ohne männliche Erben zu hinterlassen. *) Mit Hermann hofften seine Gegner leichtes Spiel zu haben; denn sie hielten ihn infolge seiner gelehrten Studien für unerfahren im Kriege; sie sagten darum spottweise: „Wir wollen den Baccalaureus reisig machen.“ 2) Der Sternerbund löste sich nach 1374 auf; nach ihm entstanden noch verschiedene andere Rittergesellschaften, wie die der Falkner.

10. Abriss der Geschichte des Grossherzogtums Hessen für höhere Lehranstalten - S. 17

1902 - Hannover : Manz & Lange
Hessen als selbständiges Territorium. 17 weitern. Das Schisma, das in diesen Zeiten gerade bestand, begünstigte den Kampf. So erlaubte zum Beispiel Papst Gregor Xii. dem Landgrafen, alle erledigten Pfarrstellen, deren Patronat ihm zukomme, ohne Rücksicht auf den Erzbischof von Mainz zu präsentieren; dieser hing nämlich dem Gegner Gregors Xii., dem Papste Alexander Y., an; an Stelle des Erzbischofs aber solle der Decan des St. Martinsstiftes in Kassel die neuernannten Geistlichen in ihre Stellen einführen, die Anhänger Alexanders V. dagegen ihrer Stellen entsetzen. Ohne dass eine Aussöhnung mit dem Erzbischof von Mainz erfolgt war, starb Hermann; seine zweite Gemahlin Margaretha aus dem Hause Hohen-zollern war bereits vor ihm gestorben. Es folgte dem Vater der Sohn aus dieser Ehe, der ihn allein überlebte: Ludwig I.1) (1413—1458). Da Ludwig bei dem Tode Hermanns 13 des Gelehrten erst 11 Jahre zählte, so stand er zunächst (bis 1417) unter der Vormundschaft einiger hessischer Räte und seines Schwagers, des Herzogs Heinrich von Braunschweig-Lüneburg. Mit den Erzbischöfen von Mainz kam es wiederholt zu Vergleichen, aber die Streitigkeiten lebten immer wieder auf. Die Belehnung mit Hessen empfing Ludwig durch König Sigismund zu Konstanz am 25. Mai 1417. 1420 be- gleitete dann der Landgraf den König auf seinem ersten Zuge gegen die Husiten; später begnügte er sich damit, zu den Reichstruppen Mannschaften zu stellen. Im Jahre 1431 erneuerte Ludwig die Erbverbrüderung, welche Heinrich Ii. mit dem thüringisch-meissenischen Hause eingegangen hatte. 1434 bestätigte Sigismund dies Abkommen, jedoch mit der ausdrücklichen Erklärung, dass durch dasselbe das vom Reiche abhängige sächsische Kurland und die mainzischen Lehen in Hessen und Thüringen nicht berührt würden. Auch durch den Erwerb der Grafschaft Ziegenhain und Nidda vermehrte Ludwig sein Ansehen. Graf Johann von Ziegenhain und Nidda, der den Landgrafen 1428 auf einer Reise2) ins heilige Land begleitet hatte, starb nämlich 1450, ohne männliche Erben zu hinterlassen. Ludwig bestimmte nun die Äbte von Fulda und Hersfeld, welche die Grafschaften als Lehen vergaben, ihn als Lehensträger anzu- J) Wohl deshalb, weil er in den Streitigkeiten der Grafen von Henneberg-Schleusingen und der Herzöge von Sachsen vermittelte, erhielt er den Beinamen „der Friedfertige“ oder der „Friedsame". 2) Auch später noch unternahm Ludwig Reisen. 1445 begab er sich zur Vermählung des früheren Herzogs von Bayern, des nunmehrigen Königs von Dänemark, Schweden und Norwegen, mit Dorothea von Brandenburg-Hohenzollern nach Kopenhagen. Im Jubeljahre 1450 stattete er Rom einen Besuch ab und erhielt vom Papste die goldene Rose und den Titel eines, princeps pacis. Dr. Schrohe, Geschichte des Grossherzogtums Hessen. 2
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