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1. Geschichtsbilder - S. 61

1890 - Leipzig : Richter
— Giranten waren Bänke angebracht, und in großen Truhen ober Laben verwahrte die Hausfrau Kleiber und Wäsche. Die Fenster waren klein und bestauben aus runben, in Blei gefaßten Scheiben. In den frühesten Zeiten des Mittelalters waren freilich Glasfenster nur in den Häusern der Reichen zu finben. Ärmere mußten sich mit kleinen burchfcheiuen-ben Horntafeln ober mit ölgetränktem Pergament begnügen. Unsern Morgenkaffee ersetzte eine Milchsuppe ober ein Warmbier, unsere Kartoffeln ein Mus aus Hafermehl. Das Fleisch liebte man stark gewürzt. Das Lieblingsgewürz war Pfeffer, und man nannte sogar jebe Gewürzbrühe, die man zu dem Fleische bereitete, einen Pfeffer, auch wenn gar kein Pfeffer barem war. Noch heute heißen bestimmte Gewürzkuchen Pfefferkuchen, obgleich kein Pfeffer zu ihnen üertpcnbet wirb. 7. Die Bewohner der mittelalterlichen Stabte waren ein einfaches, tüchtiges und frommes Geschlecht. Fleißig und arbeitsam waren die Hanbwerker. In strenger Zucht würden die Lehrlinge gehalten, und nur nach der Anfertigung eines von allen Meistern als tabellos be-funbenen Meisterstückes konnte der Geselle ein Meister werben. Darum waren aber auch die Werke beutscher Handwerker auf allen Märkten gesucht und von beutfehen und auslänbischen Fürsten begehrt. Noch heute werben solche, die sich jahrhunbertelang erhalten haben, als Vor-bilber und Muster hochgeschätzt. Unternehmenb war der mittelalterliche Kaufmann. Die Kaufleute in Nürnberg, Augsburg, Ulm, Nörb-lingen, Regensburg zogen über die Alpen und holten in italienischen Ha'fenftäbten die Waren des Morgenlcmbes: Seibeustoffe, kostbare Waffen, Gewürze 2c. Den Kaufleuten von Straßburg, Mainz, Köln re. biente der Rhein als Hanbclvftrafee, und auf dem Meere fuhren sie bis England. Norbbeutsche Hanbelsstäbte wie Bremen, Hamburg, Lübeck. Rostock, ©trat)und, Stettin re. befuhren mit ihren Schiffen die Norb-unb Ostsee und trieben Ha übe l bis Rußlcmb. So sammelte sich in den bentschen Städten großer Reichtum an. Von den Häusern der großen Kaufleute in Nürnberg ober Augsburg sagte bamals ein Reifenber, der König von Schottland wohne nicht so prächtig. Da gab es mit kostbaren Gemälben gezierte Wänbe, buntgemalte Fensterscheiben, Hausgeräte mit der kunstvollsten Schnitzarbeit verziert, golbene und silberne Gefäße von der Hand der kunstreichsten Golbschmiebe. Besonbers den Rathäusern, die zum Teil noch heute die Zierben beutscher Städte sinb, sah mau es an, daß sie von Bürgern erbaut waren, die mit dem Gelbe nicht zu geizen brauchten und die einen lebcnbigert Sinn für das Schöne hatten. Wie begeistert der alt-beutfche Bürger für das Schöne war, das lehren auch die mit kostbaren Werken der Bilbhauer, Erzgießer und Schlosser geschmückten Brunnen aus den öffentlichen Plätzen der Städte. Aber die frommen Bürger der alten Zeit statteten auch die Gottes-

2. Geschichtsbilder - S. 63

1890 - Leipzig : Richter
— 63 ■—■ Man hatte nämlich gelernt, daß man mit Hilfe eines Pulvers, das aus Holzkohle. Schwefel und Salpeter bestand, schwere Geschosse von Stein oder Eisen aus weiter Entfernung auf die Feinde schleudern konnte, wenn man Pulver und Geschoß in eine eiserne Röhre lud und das Pulver dann entzündete. 2. Die Sage erzählt, ein Mönch, Berthold Schwarz in Freiburg in Baden, habe diese Wirkung des sogenannten Schieß-pulvers zuerst entdeckt, und man hat daher auch im Jahre 1853 zu Freiburg dem Berthold Schwarz ein schönes Denkmal errichtet. Wirklich ist im 14. Jahrhunderte, in welchem Schwarz lebte, das Pulver zuerst im Kriege angewendet worben, aber gekannt hatte man es schon früher. Nur hatte man es noch nicht zum Schießen, sonbern nur zum Sprengen von Felsen und Mauern angewenbet, sowie zum Schleuberu von Raketen, durch die man entfernte Gebäube in Branb setzen wollte. Run aber benutzte man es auch zum Schleubern von Geschossen ans Stein ober Eisen. Zuerst schleuberte mau Steinkugeln aus großen Mörsern, die man auch Donnerbüchsen nannte. Diese schwerfälligen Geschütze benutzte man aber nur bei Belagerungen von Städten ober Burgen. Später verfertigte man kleinere eiserne Rohre, die ein Mann in der Hand tragen konnte, ober die man, wenn sie größer waren, auf Räberu mit in die Schlacht fuhr. Aus ihnen schleuberte man mit Hilfe des Schießpulvers eiserne Kugeln gegen die Feinde, und man nannte die kleineren, welche ein Mann trug, Hanbbüchsen ober auch Musketen, die von Pserben gezogenen aber Felbschlangen. Später erhielten die Schießwaffen noch anbere Namen, z. B. Kanonen, Flinten, Pistolen. Flinten gab es erst, seit man ein den Gewehren ein sogenanntes Schloß anbrachte, bei dem ein Stahl gegen einen Feuerstein schlug nnb so Funken erzeugte, durch die das Pulver entzünbet würde. Der Feuerstein hieß in der älteren deutschen Sprache Flins ober Flint, und daher kommt der Name des Gewehrs. Bor der Ersinbnng des Steinschlosses mußte das Pulver in dem Gewehrlaufe durch einen glimmenben Strick, welchen man Lunte nannte, entzünbet werben. Von den großen Felbschlangen und Mörsern erhielt gewöhnlich sebes einzelne Geschütz noch seinen besonberen Namen, und zwar oft einen scherzhaften. So nannte man ein Geschütz, das beim Los-brennen einen furchtbaren Donner erzeugte, den „Burlebaus"; ein sehr großes Geschütz, dessen gewaltige Kugeln die Mauern vieler Raubburgen zerstört haben, das aber seiner Größe wegen nur sehr schwer fortzubewegen war, hieß die „faule Grete"; eine große Feldschlange hieß die „Nachtigall", und man scherzte, sie singe den Feinben gar üble Lieber vor. 3. Bücher, wie die, aus benen jetzt die Kinder das Lesen lernen, hat es nicht zu allen Zeiten gegeben. Es gab Zeiten, in benen die

3. Geschichtsbilder - S. 65

1890 - Leipzig : Richter
— 65 — 4. Ein großer Fortschritt war es, als man nicht mehr ganze Seiten in Holz ausschnitt, sondern lauter einzelne Buchstaben, die man dann so zusammensetzte, daß sie den Wortlaut einer Seite ergaben. Hatte man die Seite abgedruckt, so konnte man die Buchstaben wieder auseinandernehmen und den Wortlaut einer neuen Seite damit zusammensetzen. Die Stäbchen, auf denen die Buchstaben ausgeschnitten wurden und die anfangs aus Holz. später aus Metall waren, nannte man mit einem fremden Worte Lettern, und so redete man nun von beweglichen Settern. Der Ruhm, diese erfunden zu haben, gebührt einem Deutschen, dem Mainzer Bürger Johann Gutenberg, und es war um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts, als diese Erfindung gemacht wurde, also ungefähr hundert Jahre nach der Erfindung der Schießgewehre. Johann Gutenberg war nicht reich und seine vielen Versuche hatten ihn schon viel Geld gekostet, ehe sie völlig gelangen. Da verband er sich im Jahre 1450 mit Johann Fan st, einem anderen Mainzer Bürger, der ein reicher Mann war und das Geld zu weiteren Versuchen hergab. So gelang es nach und nach, die Settern zu gießen und zwar aus einer Metallmischung, die weder zu hart noch zu weich war, so daß beim Drucken weder das Papier durchschnitten, noch auch die Buchstabenform breit gedrückt wurde. Endlich trat auch Peter Schösser, der Schwiegersohu Fausts, mit in das Geschäft ein. Er war ein gelehrter Mann, der beim Drucken dafür sorgte, daß keine Fehler in den Büchern standen. Gutenberg hatte früher schon Abc-Bücher, Gebetbücher, lateinische Sprachlehrbücher u. a. gedruckt; nachdem nun die Ersindung sehr vervollkommnet und auch eine bequeme Druckerpresse von Gutenberg hergestellt worden war, wollte man als erstes größeres Werk eine lateinische Bibel drucken. Gutenberg freute sich schon auf die Zeit, wo man den Seilten würde Bibeln zum Kaufe anbieten können, die viel billiger waren als die von Mönchen geschriebenen, und er hoffte dann auch einigen Gewinn für seine vielen, Mühen davon zu haben. Aber als sein Fleiß und seine Knnst ihm Früchte tragen sollten, ward er um diese von feinen Genossen betrogen. Faust verlangte Zurückerstattung des Geldes, das er ihm zu seinen Versuchen geliehen hatte, und da Gutenberg noch nicht zahlen konnte, so forderte Faust, daß von nun an die Druckwerkstatte mit alleu ihren Einrichtungen ihm allein gehöre. Faust und Schöffer kannten ja das Geheimnis der Ersindung, und so konnten sie nun Gutenberg entbehren. 5. Gutenberg war nun ärmer als zuvor und nicht einmal imstande, seine Erfindung selbst zu verwerten. Da erbarmte sich seiner ein wohlhabender Bürger, Konrad Hummer. Der gab ihm Geld, daß er eine neue Druckwerkstätte einrichten konnte, und in dieser druckte Gutenberg als erstes größeres Werk ein großes lateinisches Wörterbuch. Später druckte er noch manches herrliche Bnch: mit der lateinischen 3t. Richter, Geschichtsbilder. 5

4. Geschichtsbilder - S. 66

1890 - Leipzig : Richter
— 66 — Bibel waren ihm aber Faust und Schösser zuvorgekommen, die das in Gemeinschaft mit Gutenberg begonnene Werk vollendet hatten. Gutenberg starb im Jahre 1468. Er hatte noch erlebt, daß die von ihm erfundene hochwichtige Kunst in vielen Städten bekannt und ausgeübt wurde. Man hatte zwar den Drnckergehilfen das Versprechen abgenommen, das Geheimnis niemand zu verraten; als aber in einer Fehde die Stadt Mainz erobert und fast ganz zerstört wurde, wobei auch die Druckwerkstütten Fausts und Guteubergs nicht verschont blieben, da hielten sich die Drnckergehilfen nicht mehr an ihr Versprechen gebunden; sie wanderten aus und gründeten in verschiedenen deutschen Städten neue Druckereien, z. B. in Straßburg, Augsburg und Köln. Am Schlüsse des fünfzehnten Jahrhunderts gab es schon in zweihundert Städten Druckereien. Jetzt waren Bücher nicht mehr etwas so Seltenes und Teueres, und da nun die Leute Bücher haben konnten, so gaben sie sich auch Mühe, lesen zu lernen. Die Mönche waren freilich über die billigen Bücher nicht sehr erfreut, weil ihnen nun ein Teil ihres Erwerbes entging, und sie nannten die Erfindung Gutenbergs eine Teufelskunst. 11. Martin Luther. 1. Martin Luther wurde geboren am 10. November 1483 zu Eisleben, wohin seine Eltern erst kurze Zeit vorher gezogen waren. Sein Vater, Hans Luther, stammte aus dem zwischen Eisenach und Salzungen gelegenen Dorfe Möhra, wo der Großvater ein Bauerngut befaß. Hans Luther war Bergmann und hoffte, in Eisleben besseren Verdienst zu finden, er zog aber schon ein halbes Jahr nach Martin Luthers Geburt nach Mansfeld, wo der Silberbergban in besonderer Blüte stand. Neben Martin wuchsen im Hause noch drei Brüder und drei Schwestern auf, und die Eltern mußten bei so großer Kinderzahl und bei geringem Einkommen gar sparsam wirtschaften. Luther selbst schrieb später: „Meine Eltern sind erstlich arm gewesen; mein Vater war ein armer Häuer (Bergmann), und die Mutter hat das Holz auf dem Rücken heimgetragen. Sie haben sich's lassen blutsauer werdeu, damit sie uns Kinder erzogen haben." Als der Vater bemerkte, daß sein Sohn Martin von Gott mit guten Anlagen des Geistes begabt war, wünschte er, daß er einmal etwas Tüchtiges lernen möchte. Schon im zartesten Alter mußte der Knabe die Schule zu Mausfeld besuchen. Bei schlechtem Wetter trug der Vater den Kleinert auf den Armen in die Schule. Auch ein älterer Schüler trug ihn manchmal ans dem Rücken dahin. Als Martin und dieser Schüler schon längst Männer waren, schenkte ihm Luther einst eine Bibel, in die er eine Erinnerung an jenen, dem Knaben erwiesenen Liebesdienst geschrieben hatte.

5. Geschichtsbilder - S. 67

1890 - Leipzig : Richter
— 67 — In der Schule ward Luther, wie sein Vater es wünschte, sehr streng gehalten. Er erzählt selbst, wie er an einem Bormittage fünfzehnmal nacheinander mit der Rute gestrichen worden sei. Deshalb darf man aber noch nicht denken, daß Luther ein böser und ungehorsamer Schüler gewesen sei. In jenen Zeiten wurden die Schulkinder schon bei den geringsten Anlässen geschlagen, und man konnte sich damals einen Lehrer ohne Rute in der Hand kaum denken. Auch im Hause war die Erziehung eine sehr strenge, und die Mntter ließ es an Ernst und Strenge nicht fehlen, wenn der Vater durch seine Arbeit meist vom Hanse ferngehalten war. Luther schreibt: „Meine Mutter stäupte mich einmal um einer geringen Nuß willen, daß das Blut danach floß." 2. Da Luthers Vater wohl merkte, daß sein Martin in der Mansfelder Schule nicht viel würde lernen sönnen, so brachte er ihn auf die Schule zu Magdeburg. Aber er blieb hier nicht lauge. Schon nach einem Jahre brachte ihn der Vater auf die Schule zu Eisenach, weil die Eltern hofften, daß er dort bei Verwandten der Mutter mancherlei Unterstützung werde genießen können. In Eisenach mußte der Knabe seinen Unterhalt dadurch erwerben, daß er in Gemeinschaft mit anderen Schülern vor den Thüren der Bürger um Brot sang. Durch das Singen von frommen lateinischen Liedern, welche die Knaben bei dem Kantor in der Schnle lernten und dann Sonntags im Gottesdienste und bei den wöchentlichen Singumgängen vor den Thüren der Bürger sangen, haben sich in jener Zeit und noch lange nachher viele arme Schüler ihren Lebensunterhalt erwerben müssen. Eine reiche Bürgersfrau in Eisenach, Frau Ursula Cotta, hatte, wenn die Schüler vor ihrer Thüre sangen, immer ihre besondere Freude an dem kleinen Luther, dessen liebliche, klare Stimme man vor allen heraushörte, und an dessen frommen Mienen man erkannte, wie andächtig er bei dem Singen war. Sie gewann den Knaben fo lieb, daß sie ihn ganz in ihr Hans aufnahm und feiner wie eine Mutter pflegte. Luther hat für solche Liebe Frau Cotla immer ein dankbares Andenken bewahrt, und als er später schon Professor in Wittenberg war, vergalt er ihre Wohlthat dadurch, daß er ihren Sohn, der in Wittenberg studierte, in sein Haus aufnahm und auch ihm in fremder Stadt ein zweites Elternhaus bereitete. An der Schule zu Eisenach gab es sehr tüchtige Lehrer, und da Luther ein fleißiger und gewissenhafter Schüler war, so machte er bald große Fortschritte. Am Schlüsse seiner Schulzeit beherrschte er die lateinische Sprache, die damals der Hauptunterrichtsgegeustand war, so gut, daß ernicht nur lateinische Aufsätze schreiben, sondern auch lateinische Gedichte machen konnte. 3. Vier Jahre blieb Luther in Eisenach. Dann bezog er, achtzehn Jahre alt. die Universität Erfurt. Rach dem Willen seines

6. Geschichtsbilder - S. 72

1890 - Leipzig : Richter
— 72 — ihm dann das freie Geleit nicht halten. Luther aber sprach: „Und wenn so viel Teufel in Worms wären, als Ziegel auf den Dächern, wollte ich doch hineingehen." Der Rat zu Wittenberg hatte ihm zu der Reise ein Wäglein geschenkt, das zum Schutze gegen Sonne und Regen mit einer Decke versehen war. Unterwegs ward Luther namentlich in Erfurt und in Eisenach von den Einwohnern festlich empfangen, und man ließ ihn nicht eher wieder ziehen, als bis er auch eine Predigt in diesen seinen früheren Wohnorten gehalten hatte. Und als er in Worms ankam, waren, um den kühnen Mönch zu sehen, mehr Leute auf deu Straßen, als wenn ein zum Reichstage kommentier Fürst seinen Einzug hielt. ^chon am Tage nach seiner Ankunft wurde Luther vor den Reichstag beschickn. Ehe er in den Saal trat, klopfte der die Wache haltende tapfere Landsknechtsführer Georg von Frundsberg ihm auf die Schulter und sprach: „Mönchlein, Mönchlein, du gehest jetzt einen Gang, dergleichen ich und mancher Oberste auch in der allerernstesten Schlacht nicht gethan haben. Bist du aber auf rechter Meinung und deiner Sache gewiß, so fahre in Gottes Namen fort und sei nur getrost, Gott wird dich nicht verlassen." Im Saale wurden Luther die beiden Fragen vorgelegt, ob er die auf einem Tische ausgelegten Bücher als von ihm geschrieben anerkenne, und ob er das darin Gesagte widerrufen wolle. Die erste Frage bejahte Luther, wegen der zweiten über bat er sich Bedenkzeit aus. Am zweiten Tage danach ward, Luther wieder vor den Reichstag gefordert. Da sprach er, er wolle auf die zweite Frage eine Antwort geben, die weder Hörner noch Zähne habe. Dann forderte er, man möge ihm aus der^ heiligen Schrift beweisen, daß er unrecht gelehrt habe, und er schloß seine Rede mit den Worten: „Mein Gewissen ist gefangen in Gottes Wort. Widerrufen kann und will ich nicht, dieweil es nicht geraten ist, etwas wider das Gewissen zu thun. Hier stehe ich; ich kann nicht anders. Gott helfe mir! Amen." Getrosten Mutes ging Luther in seine Herberge zurück. Der Kurfürst Friedrich der Weise aber sprach zu seinem Hofprediger: „Schön hat Pater Martin heute geredet vor dein Kaiser und vor den Fürsten des Reiches; er ist mir fast zu herzhaft gewesen." Unbehelligt trat Luther die Heimreise an. Aber bald nach der Abreise erließ der Kaiser einen Befehl, durch welchen Luther nach Ablauf der Tage des freien Geleits in die Reichsacht erklärt ward. Darin war ausgesprochen, niemand sollte Luther „hausen, Höfen, ätzen oder tränken, niemand ihm mit Worten oder Werken behilflich sein", sondern man sollte ihn, wo und wann man ihn fände, gefangen nehmen und an den Kaiser abliefern. Niemand sollte auch seine Bücher kaufen, verkaufen, lesen, drucken oder abschreiben, sondern dieselben sollten vertilgt werden. 8. So drohte Luther die höchste Gefahr, aber schon war er in

7. Geschichtsbilder - S. 73

1890 - Leipzig : Richter
— 73 — Sicherheit. Auf der Heimreise war Luther in Möhra eingekehrt; als er aber vou da weiter fuhr, ward er im Walde von zwei Rittern überfallen. Die rissen ihn aus dem Wagen, hoben ihn auf ein Pferd und brachten ihn so nach der Wartburg. Das alles war im Aufträge des Kurfürsten Friedrich geschehen, der dadurch Lutheru vor den Nachstellungen seiner Feinde sichern wollte. Auf der Wartburg mußte Luther deu Namen „Junker Jörg" führen, Nitterkleider tragen und Haar und Bart wachsen lassen. Er mußte wohl auch zu Zeiten mit auf die Jagd gehen, aber er fand daran kein Nergnügeu. Lieber saß er daheim in seiner Zelle, studierte und schrieb. Auf der Wartburg begann er das Werk, mit dem er dem deutschen Volke das größte Geschenk gemacht hat, die Übersetzung der Bibel in die deutsche Sprache. So fleißig war er, daß er in den zehn Monaten seines Wartburgaufenthaltes fast das ganze neue Testament übersetzte. Auch einige kleinere Schriften schrieb er da, die feine besten Freunde in Wittenberg, die allein von feinem Aufenthalte wußten, drucken ließen. Da erfuhren nun die, die Luther schon als einen Toten oder als einen von feinen Feinden Gefangenen beklagt hatten, daß der teure Gottesmann noch lebe und in Sicherheit fein müsse. Ans Briefen, die feine Freunde in Wittenberg ihm durch die nach der Wartburg gehenden kurfürstlichen Boten zusandten, erfuhr er, daß einzelne Anhänger der neuen Lehre allerlei Unordnung anrichteten, vorschnelle Neuerungen trafen und z. B. keine Bilder in den Kirchen mehr dulden wollten. Da ward Luther bange, daß das Werk der Erneuerung der Kirche auf falfehe Wege geraten könnte; er verließ feine sichere Burg und kehrte trotz Bann und Acht nach Wittenberg zurück. Unterwegs schrieb er von Borna aus einen Brief an den Kurfürsten, worin er ihm feinen Dank ansfprach für deu Schutz, den er ihm auf der Wartburg hatte angedeihen lassen, worin er aber auch voll frohen Gottvertrauens schrieb: „Ich komme gen Wittenberg in gar viel einem höheren Schutze denn des Kurfürsten. Hier kann kein Schwert raten oder helfen, Gott muß hier allein schaffen ohne alles menschliche morgen und Zuthun." Als er in Wittenberg ankam, stillte er die Unruhe bald. Er predigte eine Woche lang jeden Tag, und immer konnte die Kirche die Zuhörer kaum faffen. Von den Bildern aber sagte er, man solle sie zwar nicht anbeten, wie es früher geschehen fei, aber man solle sich ihrer freuen als eines Schmuckes der Kirchen. 9. In Wittenberg wohnte Luther noch immer in dem Augustiner-klofter, obgleich die meisten Mönche aus demselben fortgezogen waren, * weil sie wie Luther meinten, daß man Gott in der treuen Erfüllung eines weltlichen Berufes eben so wohl oder noch besser dienen könne als im Kloster. Und als Luther im Jahre 15*25 sich verheiratete,

8. Geschichtsbilder - S. 74

1890 - Leipzig : Richter
schenkte ihm der Kurfürst das unterdessen ganz leer gewordene Kloster znr Wohnung. Luthers Gemahlin war Katharina von Bora. Sie war schon als Kind in das Kloster Nimptschen bei Grimma gebracht worden. Als Luthers Schriften über das Klosterleben auch iu diesem Kloster bekannt wurden, hatten neun Nonnen, und nnter ihnen mich Katharina, den Wuusch, aus dem Kloster ins Leben zurückkehren zu können. Sie wendeten sich an Luther mit der Bitte, für ihre Befreiung zu sorgen, und unter Luthers Vermittelung wurden sie durch deu Torgauer Bürger Leonhard Koppe heimlich befreit. Katharina fand ein Unterkommen in der Familie des Stadtschreibers Reichenbach in Wittenberg, und hier lernte sie Luther kennen. Dieser dachte gar nicht daran, sich zu verehelichen, vielmehr ließ er Katharina, um sie versorgt zu wissen, vorschlagen, einen seiner Freunde, einen Prediger, zu heirateu. Sie aber erklärte, nie werde sie diesen heiraten, wohl aber könnte sie sich entschließen, Luthers Weib zu werden. Als Luther das erfuhr, entschloß er sich rasch, und er hat seinen Entschluß nie bereut. Er schrieb später einmal: „Mir ist's, Gott Lob, wohlgeraten, denn ich habe ein frommes, getreues Weib", und in seinem Testamente rühmt er von seiner Gattin, daß sie ihn „allezeit lieb und wert gehalten." Zur Hochzeit waren auch Luthers Eltern geladen, die sich dieser Veränderung im Leben ihres Sohnes von Herzen freuten. In dem Klostergebäude schaltete Katharina nun als nichtige Hausfrau , arbeitsam und sparsam. In ihrem Garten pflanzte, goß und jätete sie fleißig, um das Gemüse für die Mahlzeiten zu erbauen, sie fütterte ein Schwein heran, um für den Winter Fleisch und Wurst im Vorrat zu haben, sie nahm Kostgänger ins Haus und vermehrte so die Einnahmen der Wirtschaft. Ihr Fleiß und ihre Sparsamkeit waren recht nötig, da Luthers Einnahmen gering waren, er aber gern sehr freigebig war. Kein Notleidender ging uugelpeist und uubescheukt aus feinem Hause; einmal, als seine Gattin krank war, verschenkte er sogar, da er sonst kein Geld hatte, seiner Kinder Patengeld, das die Mutter immer sorglich gehütet hatte. Wenn Luther, wie es bei seinem übermäßigen Arbeiten oft der Fall war, krank darniederlag, pflegte sie ihn sorgsam, und sie verstaud sogar verschiedene kräftige Heiltränke und Stärkküchlein zu bereiten. Von diesen, deren heilsame Wirkung er oft erprobt hatte, nahm er auch auf seine Reisen mit. 10. Iu dem Jahre, in welchem Luther heiratete, verlor er seinen Beschützer, den Kurfürsten Friedrich den Weisen, durch den Tod. Aber der nächste Kurfürst, Johann der Beständige, Friedrichs des Weisen Bruder, war Luther und seinem Werke ein ebenso eifriger Beschützer. Ans Luthers Anraten veranstaltete Kurfürst Johann eine Untersuchung, wie es in seinem Lande um Kirchen und Schulen bestellt sei. Luther, sein Freund Melanchthon und andere fromme Männer durchreisten die einzelnen Bezirke des Kurfürstentums. Da fanden sie

9. Geschichtsbilder - S. 75

1890 - Leipzig : Richter
— 75 — fretlid) viel Unwissenheit. Luther schrieb damals: „Hilf, lieber Gott, wie manchen Jammer habe ich gesehen, daß der gemeine Mann doch so gar nichts weiß von der christlichen Lehre, sonderlich auf den Dörfern!" Auf einem Dorfe fand man einen Pfarrer, der kaum das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis hersagen konnte. In einem andern Dorfe konnten die Bauern nicht ein einziges Gebet. Da ließ Luther die Kircheupostille drucken, ein Predigtbuch, aus dem die Pfarrer lernen sollten, wie man eine Predigt mache, und die Pfarrer, die das gar nicht konnten, sollten daraus der Gemeinde wenigstens vorlesen. Luther schrieb auch den großen Katechismus, worin er den Pfarrern und Lehrern Anweisung gab, wie sie in der Predigt und im Unterrichte die Hauptstücke der christlichen Lehre erklären sollten, und für die Kinder "schrieb er den kleinen Katechismus, worin er die christlichen Hauptstücke kurz in Fragen und Antworten erfsärte. Luther "wünschte auch, daß in der Kirche deutsche Lieder gesungen würden, die die Gemeinde mitsingen könnte. Darnm dichtete er selbst solche Kirchenlieder, und er ermahnte auch seine Freunde dazu. In dem ersten Gesangbüchlein, das er drucken ließ, waren nur 8 Lieber enthalten, darunter 4 von Luther; aber schon ein Jahr danach ließ er ein neues drucken, welches 25 Lieder enthielt, darunter 18 von Luther. Die bekanntesten Lieder Luthers sind das Weihnachtslied: „Vom Himmel hoch, da komm ich her" und das Lied: „Ein' feste Burg ist unser Gott." Auch die drei ersten Hauptstücke brachte Luther in Lieder, damit sie das Volk immer wieder höre und lerne: „Dies sind die heiligen zehn Gebot", „Wir glauben all an einen Gott" und „Vater unser im Himmelreich." Einen großen Teil der Arbeitszeit Luthers nahm die Vollendung der Bibelübersetzung in Anspruch. Und gar gewisseuhast nahm er es mit dieser Arbeit. Immer versuchte er noch allerlei daran zu bessern, und alle Wochen kam er etliche Stunden mit Melanchthon und anderen gelehrten Männern, mit Predigern und Universitätslehrern zusammen, um zu beraten, wie wohl hier oder da noch ein besserer Ausdruck zu finden sei. Da saßen die Männer vor ihren hebräischen, griechischen und lateinischen Bibeln, verglichen und berieten und wendeten ihre beste Arbeitskraft an das teure Wort Gottes. 11. Von vieler Arbeit war Luther krank und schwach geworden, und er fühlte, daß er wohl nicht mehr lange leben würde. Eine Vorlesung vor seinen Studenten schloß er einst mit den Worten: „Unser Herr Gott gebe, daß mau's nach mir besser mache; ich kann nicht mehr, ich bin schwach. Bittet Gott, daß er mir ein gutes, seliges Stuudleiu verleihe." Wo aber dieser arbeitsmüde Mann noch zu raten und zu helfen wußte, dachte er nicht ein sich und an seine Hinfälligkeit, sondern nur an die, die seiner Hilfe bedurften. So war er auch bereit, auf den Wunsch der Grasen von Mansfeld nach Eisleben zu kommen, um in einem Streite, den dieselben über die Einkünfte ihrer Bergwerke hatten, zu vermitteln und

10. Geschichtsbilder - S. 78

1890 - Leipzig : Richter
ungestört zu lassen. Diese Urkunde nannte man den Majestätsbrief, weil des Kaisers Majestät ihn unterschrieben hatte. 2. Kaiser Rudolf starb bald. und es folgte ihm sein Bruder-Matthias. Auch ihn wählten die Böhmen zu ihrem Könige, aber auch er mußte den Majestätsbrief unterschreiben. Da geschah es nun unter seiner Regierung, daß der Abt des Klosters Braunau in Böhmen eine Kirche, welche sich die Evangelischen erbaut hatten, schließen ließ und allen Gottesdienst in derselben un er-sagte. Der Erzbischof von Prag ließ sogar in dem Städtchen Klostergrab eine lutherische Kirche, die noch nicht ganz fertig war, wieder niederreißen. Da beklagten sich die böhmischen Protestanten bei dem Kaiser-Matthias und erinnerten an den Majestätsbrief. Die Antwort des Kaisers fiel aber sehr ungnädig aus. Er schrieb ihnen, sie sollten sich ruhig verhalten, sonst werde er sie als Empörer behandeln. Die Protestanten konnten kaum glauben, daß ein Kaiser, der ihnen durch die Unterschrift des Majeftütsbriefes freie^Religiousübuug versprochen hatte, eine solche Antwort geben könnte. Sie meinten, die Antwort sei wohl nur von den kaiserlichen Statthaltern in Prag ausgegangen, die eifrige Katholiken waren. Darum zogen die Protestanten unter der Anführung eines der vornehmsten unter ihnen, des Grafeu Matthias von Thuru, nach dem Schlöffe in Prag und fetzten die Statthalter zur Rede. Als diese schroff antworteten, riß den Protestanten die Geduld. Sie ergriffen die beiden Statthalter Martinitz und Slawata und warfen sie zum Fenster hinaus in den tiefen Schloßgraben. Und den ganz unschuldigen Schreiber Fabricius, der in demselben Zimmer arbeitete, warfen sie auch noch hinterher. Zum Glück kamen alle drei ohne ernstlichen Schaden davon; aber die Gewaltthat gegen die kaiserlichen Diener war zugleich eine Auflehnung gegen den Kaiser selbst, und so wurde der Prager ^eu st erst» rz die Veranlassung zu viel Unglück und Blutvergießen. Vom Jahre 1618 an, in welchem diese Gewaltthat geschah, rechnet man den Anfang eines Krieges, der dreißig Jahre lang Deutschland verwüstet hat. 3. Der Kaiser rüstete alsbald ein Heer, aber die Protestanten unter der Führung des Grafen Matthias von Thnrn leisteten ihm tapfern Widerstand. Da starb Kaiser Matthias und es folgte ihm Kaiser Ferdinand Ii. Von ihm hatten die Protestanten nichts Gutes zu erwarren, denn er hatte einst gesagt, er wolle lieber über eine Wüste, als über ein Land voll Ketzer regieren. Darum war es mich nicht zu verwundern, daß er auf die Böhmen sehr erzürnt war und den begonnenen Krieg fortsetzte. , . Die Böhmen wollten ihn aber nicht als ihren König anerkennen und wählten den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz zu ihrem
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