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1. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen - S. 110

1822 - Elberfeld : Büschler
lio Iii. Ztr. Das Mittelalter. Von 768 — 1517. und Halberstadt, die Stephanskirche in Wien, die St. Sebatduskirche in Nürnberg, die Elisabetbkirche in Mar- burg, gehören zu den ausserordentlichen Gebäuden; und so könnten ihrer noch viele in den deutschen Städten ge- nannt werden. — Um nun die großen Kirchen auch im Innern würdig auszuschmücken, mußten die Maler und Bildhauer, die Holzschneider und Glasmaler helfen, und daher blühten diese Künste auf das herrlichste. Die Werke aus jenen Zeiten, die mit Unrecht von man- chem barbarisch genannt worden sind, dienen noch immer als Muster für uns. Auch die Dichtkunst und die Musik wurden nicht versäumt. Sie dienten, sowohl die kirchlichen Feste, als die der geistlichen und weltlichen Fürsten und der reichen Bürger in den Städten, zu verherrlichen. Da war kein Gast so willkommen, als der Sänger, welcher die Hel- denthaten der Vorfahren, den Ruhm der Geschlechter, die Schönheiten der Natur, die Erhabenheit des Schöpfers, oder irgend ein schönes menschliches Gefühl zum Klang der Harfe besang. Die Dichtkunst war so hoch geehrt , daß Kaiser und Könige, Herzöge, Grafen und Ritter, sie übten und ei- nen hohen Ruhm darin fanden, wenn ihre Lieder von ei- nem Ende des deutschen Landes bis zum andern gesungen wurden. Die ernstern Wissenschaften, die Erforschung der Re- ligion, der Geschichte, der Philosophie, die Naturkunde und Mathematik, waren vorzüglich das Eigenthum der Geistlichkeit. Diese hatte dazu durch ihren Stand selbst den ersten Beruf, und besonders boten die stillen Mauern der Klöster fast den einzigen schicklichen Platz da- zu dar. Das Leben der Ritter, selbst das der Bürger in den Städten, war zu unruhig und kriegerisch; es gehört Fleiß, Geduld, Ruhe und eine lange Zeit dazu, um sich eine gründliche Kenntniß der Wissenschaften zu erwerben. Auch hatte man damahls die Buchdruckertunst noch nicht, wodurch nützliche Bücher so leicht vervielfältigt und ver- breitet werden können. Damahls mußte ein Buch so oft- mahl abgeschrieben werden, als man es haben wollte; und welch außerordentlich mühsame Arbeit war das! Wer hät- te Zeit und Geduld dazu gehabt, wenn es nicht die Mön- che in den Klöstern gethan hätten! Ohne sie wären die wichtigsten Bücher über unsere Geschichte, und so viele andere nützliche Werke, gänzlich verloren gegangen.- Uud wenn wir die künstliche und mühsame Schrift, zum Theil mjt schön ausgemalten Buchstaben und mit Bildern am »

2. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen - S. 111

1822 - Elberfeld : Büschler
Schilderung des Mittelalters.____________1u Rande des Pergaments auf jeder Seite, betrachten, so müssen wir über den außerordentlichen Fleiß aufs höchste erstaunen. > Aber dennoch mußten die Bücher damahls so selten und kostbar seyn, daß nur sehr wenige Menschen zu dem Besitze eines Buches gelangen konnten, lind hiermit kom- men wir auch auf eine der schlimmen Seiten jenes Zeit- alters, die wir über seinen Vorzügen nicht verschweigen dürfen; das ist nemlich der Mangel an gutem Un- terricht für die Jugend wie für die Erwachsenen. Es gab nur sehr wenige S ch u la n st a l t c n bei den Klö- stern und in den Städten, und diese waren noch dazu nicht sehr zweckmäßig eingerichtet. Die Mehrzahl des Volkes, besonders auf dem Laude, wuchs in Unwissenheit heran und steckte daher tief- in Dummheit und Aberglauben be- graben. Und wenn einer in späterem Alter auch gern noch etwas lernen wollte, so fehlte ihm das erste Hülfsmittel dazu, nemlich gute Bücher. Daher kam es, daß in jener Zeit so viele natürliche Erscheinungen Angst und Schrecken unter den Menschen verbreiteten. Da erschien kein Ko- met, keine Mond - und Sonncnfinsterniß, kein Nordlicht, ohne ganze Lander in Bestürzung zu setzen, weil man fest glaubte, die Welt werde nun untergehen, oder doch ir- gend ein großes Unglück, Pest, Hungersnoth, Krieg und Erdbeben entstehen. Und weil die Menschen die natürli- chen Gesetze so wenig kannten, so gebrauchten sie auch nicht die rechten Mittel gegen die Uebel, die wirklich eintraten. Verderbliche Seuchen haben in den ältern Zeiten fast Jahr um Jahr in irgend einem Lande gewüthet und so fürchter- liche Verheerungen angerichtet, daß es nichts Traurigeres geben kann, als die Beschreibungen davon zu lesen; und ein Mißwachs, wie wir ihn vor einigen Jahren gehabt haben, hätte damahls, weil man noch so wenig Gegenan- stalten im Großen hatte, vielen Tausenden von Menschen das Leben gekostet. — Darum ist die Wohlthat nicht genug zu preisen, wenn der Mensch in seiner Jugend in den Kenntnissen unterrichtet wird, wodurch er sich und andern nützlich werden, und wenn er zugleich Gott und die Welt von einer Seite kennen lernt, daß er sich seines Lebens freuen kann! — Kein Stand war, wie wir eben erwähnt haben, damahls so versäumt, als 3. Der Bauernstand. — Dieser war der eigentlich- gedrückte Stand. Außer, daß er in Unwissenheit und Aber- glauben niederlag , wurde er auch in der Knechtschaft er- halten. Denn als freie Grundbesitzer hatten sich nur sehr

3. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen - S. 112

1822 - Elberfeld : Büschler
112 Iw. Ztr. Das Mittelalter. Vou 768 — 15-17. _______ wenige von ihnen zu erhalten vermögt; die meisten waren einem benachbarten Edelmann oder Stifte dienstbar gewor- den , waren an den Boden,. den sie bauten, mit Weib und Kindern gebunden, und mußten den Ertrag ihres sauern Schweißes größtenthcils ihren Herren überlassen. Dann fehlt aber dem Menschen der Muth, ans freier Lust flei- ßig zu seyn, wenn er nicht für seine Nachkommen arbeiten kann. Dazu waren sie wehrlos, denn man hielt keinen Unfreien würdig, die Waffen zu führen. —- Doch fingen die Landbauer seit den Krenzzügen an, sich nach und nach einigermaßen ans diesem Zustande emporzuarbeiten. Der Papst hatte befohlen, daß jedem Knechte, der das Kreuz nehmen und nach dem heiligen Grabe ziehen wollte, die Freiheit gegeben werden müßte. Dadurch erwarben Tau- sende ihre Freiheit. Vou den vielen Rittern, die eben- falls nach dem gelobten Lande zogen, kamen die mei- sten nicht wieder, uttd in der langen Ungewißheit, ob sie todt, und wer bei manchem der Erbe sey, machten sich wieder viele der Leibeigenen frei. Hauptsächlich aber be- nutzten sie die Streitigkeiten zwischen dem Adel und den Städten, suchten bei einer benachbarten Stadt, die mit ihrem Herrn im Kriege war, Schutz, zahlten ihr ein Schutz- geld, und wurden dafür als Ausbürger angenommen. Wenn die Adtichen auf diese Weise nicht alle ihre Unterthanen in der Nähe der Städte verlieren wollten, so mußten sie ih- nen lieber selbst die Freiheit für eine Summe Geldes oder für bestimmte und lecchtere Dienste verkaufen. So haben die freien Bürger der Städte auch sehr bedeutend gehol- fen, daß nach und nach wieder ein Stand freier Bauern in Deutschland aufgekommen ist. Es ist damit aber lang- sam gegangen. In den schlimmsten Zeiten des Fanstrechts drückte die allgemeine Unsicherheit, die das Hauptübel dersel- den war, vorzüglich den Landmann. Er war keinen Tag sicher, daß nicht die benachbarten Edelleute auf seinen Fel- dern ihre Fehde ausfochtcn, mit den Hufen ihrer Pferde seine Saaten zerstampften und vielleicht gar in dem allge- meinen Tumult seine Hütte über seinem Kopfe ansteckten. Wie glücklich können wir uns fühlen, daß die öffentliche Sicherheit so viel besser geworden ist, daß wir die Land- straßen bereisen und' am Abend uns ruhig zum Schlafe in unserm Hanse niederlegen können. Der, welchem Unrecht geschehen ist, kann sein Recht finden und auch der Vor- nehmste und Mächtigste muß dem Spruch der Gerichte ge§ horchen. Damahls galten die Gerichte gar wenig, cs sen denn, daß einmahl ein recht kräftiger Kaiser ihnen durch

4. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen - S. 113

1822 - Elberfeld : Büschler
Schilderung des Mittelalters. 11z starke Strafbcispiele wieder auf einige Zeit Ansehen gab. Sonst wurde das Wort des Richters nicht gehört, und ein jeder that, wozu er die Macht in Händen hatte. 4. Die Vehmgerichte.— Unter diesen Umstän- den bildeten sich in Westphalen die sogenannten heimlichcu- odcr Vehmgerichte, und breiteten sich von da auch in au- dere Gegenden aus. In Dortmund war der Hauptstnhl dieser Gerichte. Sie standen unmittelbar unter dem Kai- ser und richteten in seinem Namen über alle schwere Ver- brechen. Um ihren Sprüchen mehr Schreckhaftes zu ge- den, wurden diese Gerichte heimlich, in stiller Nacht und in entlegener Gegend, in Wäldern und Felsenhöhlen, oder in unterirdischen Gewölben, gehalten. Wenn jemand da- hin geladen werden sollte, so'mußten die Bannbothen oder Gerichtsdiener den Ladungsbrief, der mit 7 Siegeln des Vehmgerichteö versehen war, bei Nachtzeit an die Woh- nung deö Angeklagten oder an das nächste Heiligenbild an- schlagen, und zum Zeichen, basi sie dagewesen, drcispäh- ne von den Pfosten des Hauses oder von dem nächsten Baume schneiden. Ost schlugen sie auch drcimahl an das Thor des Hauses, und cs war ein fürchterlicher Klang in den Ohren der Bewohner, der so durch die Nacht scholl; denn nur wegen schwerer Verbrechen wurde man vor die Vchme geladen. — Wollte sich der Geladene stellen, so mußte er um Mitternacht ans dem nächsten Kreuzwege bei seiner Wohnung erscheinen, und dann wurde er mit ver- bundenen Augen an die geheime Stelle des Gerichts, und so auch wieder weggeführt, wenn er unschuldig befunden war. Wurde er als schuldig erkannt, so war meistens die Todesstrafe sein Loos; bisweilen auch Landesverwei- sung, und cm gelindesten Falle Geldstrafe. Kam der An- geklagte aber auf dreimahlige Ladung gar nicht vor Ge- richt , so hatte er dadurch selbst seine Schuld anerkannt, und wenn er noch so weit stoh, so ereilte ihn der Dolch der Fronbothen doch früh oder spät. Denn es waren ih- rer viele, und sie hatten ihre geheimen Kundschafter über- all ; ein feierlicher Eld hielt sie gebunden, daß sie ihr Ge, heimniß weder Vater noch Mutter, weder Bruder noch Frcuttd, entdecken dursten. Unter einander erkannten sie sich an geheimen Zeichen. Eine lange Zeit hielt die Furcht vor diesen Gerichten manchen von dösen Thaten zurück. Nachher aber artete das Gericht selbst aus; schlechte Menschen drängten sich hinein und übten, unter dem Deckmantel desselben, die grausamsten Handlungen gegen unschuldige Menschen aus. Es verbreitete sich ein allgemeiner Hast gegen die Vchmge, Kühle. d. G. f. Dolkàschutsn. &

5. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen - S. 114

1822 - Elberfeld : Büschler
114 M. Ztr. Das Mittelalter. Von 768 — 1517. richte; Fürsten, Ritter und Städte schlossen Bündnisse ge- gen dieselben, und endlich wurden sie durch den ewigen Landfrieden des Kaisers Marimilian I. im I. 1495 gänz- lich aufgehoben und die öffentlichen Gerichte wieder in ihre Ehre eingesetzt. 5. Die Städtebündnissc.— Sebr merkwürdig sind noch aus der Zeit des Mittelalters die Bündnisse mehrerer Städte zu gemeinschaftlichem Schutz und Vortheil. So errich- teten gerade in der Zeit des Interregnums 70 Städte am Rhein und in der Umgegend den rheinischen Bund, und später andere in Schwaben den schwäbischen Städtebund, der nicht weniger zahlreich war. Da die kaiserliche Majestät den feindlichen Absichten der Fürsten gegen die Städte nicht mehr Einhalt thun konnte, mußten diese wohl durch Bereinigung ihrer Kräfte sich selbst zu schützen suchen. Der größte Bund unter allen war aber der Hansen bnnd. Er entstand ursprünglich aus einem Bündnisse zwischen Hamburg und Lübeck im I. 1241, um gemein- schaftlich die Landstraße zwischen der Trave und Elbe vor Räuberei zu beschützen. Bald kamen noch mehrere Städte dazu, und nach 50 Jahren zählte der Bund schon 60 Städ- te vom Niederrhem bis nach Preußen und Liefland, spä- terhin gegen 100. Der Handel war das Hauptgeschäft dieses Bundes, und derselbe wurde bald der ausgcbreitet- stc in der Welt. Sie hatten ihre Waaren-Niederlagen zu Rovgorod in Rußland, zu Bergen in Norwegen, zu Brüg- ge in Flandern und zu London. Keiner hatte solche Flot- ten aus dem Meere, wie die Hansa; jedermann bewarb sich um ihre Freundschaft; ja, ihre Flotten und Heere ha- den die Hauptstädte Lissabon und Kopenhagen erobert und das Königreich Dänemark für Geld feil geboten. Wo sie an einem Kriege Theil nahmen, da gaben sie den Ans- schlag. Die Stadt Lübeck war das Haupt des ganzen Bundes, und übrigens nahmen sehr viele Städte, beson- ders im nördlichen Deutschland, daran Theil, unter an- dern : Hamburg, Bremen, Stade, Kiel, Wismar, Rostock, Stralsund, Stettin, Stargard, Magdeburg, Braunschwcig, Hildesheim, Hannover, Lüneburg, Osnabrück, Münster, Eoeofetd, Soest, Dortmund- Köln, und mehrere andere. Dieser Bund hat ein paar Jahrhunderte hindurch im größten Glanze bestanden und ist erst späterhin, als durch die Entdeckung Amerika's und des Seeweges nach Ostin- dien der Handel eine ganz andere Richtung nahm, nach und nach gesunken und endlich ganz zerfallen.

6. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen - S. 115

1822 - Elberfeld : Büschler
115 Kaiser auö verschiedenen Häusern. 127o - 1437* 47. Rudolf von Habsburg. 1273 — l29l. Als Richard von Cornwallis gestorben war und Al« phons von Kastilien gar nicht nach Deutschland kam, ver- sammelten sich die deutschen Fürsten, um einen andern Kaiser zu wählen. Zu mächtig wollten sic ihn nicht ha- den, damit er ihre eigene Macht, die in der Zwischenzeit sehr gewachsen war- nicht wieder verkleinerte; aber er sollte doch ein kräftiger Mann seyn und der bösen Unord- nung im Vaterlande steuern.---Der Erzbischof von Maynz lenkte die Wahl auf den Grafen Rudolf von Habs-i bürg; dieser hatte nur ein kleines Erbthcit im Elsaß und in der Schweiz, und konnte sich mit den mächtigen Rcichs- fürsten gar nicht messen; aber er war ein tapferer, redli- cher und kluger Ritter, und hatte sich durch rühmliche T'ba-r tcn die Achtung der Menschen zu erwerben gewußt. Wo cs ein Unrecht zu bestrafen gab, da lieb Graf Rudolf gern seinen Arm, und es hatten ihn große Städte, namcutlich Straßburg am Rhein und Zürch in der Schweiz, zu ihrem Schirmherrn erwählt. Schon fein äußeres Ansehen er« weckte Zutrauen und Achtung. Er war sehr groß, hatte ein blasses, ernstes Gesicht mit einer großen Adlernase; aber wann er redete, so lag Freundlichkeit und Redlich- keit in seinen Mienen. Der Erzbischof von Maynz hatte ihil kennen gelernt/ als er eine Reise nach Nom machen mußte und der vielen Räubereien wegen nicht wagte, den laugen Weg allein zu ziehen. Da bat er den Grafen Rudolf um sicheres Geleit von Straßburg an bis durch die Schweiz in das Akpengcbirge Rudolf zog mit ihm und holte ihn auch auf der Rückreise wieder ab; und bei dieser Gelegenheit erkannte der Erz- bischof die vorzüglichen Eigenschaften dieses tapfern und biedern Grafen. Als derselbe nun, ans seinen Rath, zum König gewählt war, reiste der Burggraf von Nürnberg, Friedrich von Hohenzollern, der ein Schwager Rudolfs war, zu ihm, es ihm anzukündigen. Er traf ihn eben bei der Belagerung der Stadt Basel, welche einige von seft ncn Freunden aus ihren Mauern vertrieben hatten. Ru- dolf konnte der Botschaft kaum Glauben beimessen, so we- rtig fome er an die deutsche Kaiserkrone gedacht, bis auch der Reichsmarschall Graf Pappenhcim ankam. Nun s'hrckx H *

7. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen - S. 116

1822 - Elberfeld : Büschler
116 Hi. Ztr. Daö Mittelalter. Doy 768 — 1517. tc er sogleich Botschaft in die Stadt, kündigte ihr seine ' Erhebung an und bot ihr, weil er nun der Mächtigere war, großmüthig den Frieden an. Dankbar nahmen ihn die Bürger an und wünschten ihm Glück. Darauf reiste Rudolf nach Aachen und wurde feierlich gekrönt. Als er nach der Krönung die Reichsfürsten mit ihren Ländern von Neuem belehnen wollte, — das mußte jeder neue Kaiser thun, — fehlte das Reichsscepter, worauf die Für- sten schwören mußten. Alle waren in Verlegenheit; aber Rudolf ergriff ein dastehendes Crucifir, küßte cs und hielt cs den Fürsten zur Eidesleistung hin. „Denn, sprach er, dies Zeichen, durch weiches die Welt erlöset ist, mag uns wohl als Scepter dienen." Seine größte Sorge wollte Rudolf auf die Wieder- herstellung her Ordnung und des Landfriedens in Deutsch- land selbst richten. Nach Italien zu gehen und dort seine Zeit und vielleicht viel Blut seiner Unterthanen zu ver- schwenden, dazu hatte er nicht Lust. Er pflegte zu sagen: „Italien gleiche der Höhle des Löwen, in welche viele Fnßtapfen der Kaiser hinein aber wenige herausgingen." — Aber auch in Deutschland war es nicht so leicht, alle Widerspenstigen zum Gehorsam zu bringen. Besonders weigerte sich der stolze Otokar von Böhmen, ebenfalls ein deutscher Reichsfürst, der sich eingebildet hatte, er müffe, als der Mächtigste, Kaiser werden, den ehemaligen Gra- fen von Habsburg als seinen Oberherrn anzuerkennen. Er wollte weder die Belehnung seiner Länder von ihm an- nehmen, noch sich bei ihm wegen der Klagen, die gegen ihn erhoben wurden, rechtfertigen. Er hatte nämlich/aus- ser Böhmen, auch die östreichischen Länder durch Geld und Erbschaft an sich gebracht, behandelte sie aber mit Harte. Als er sich nun offenbar gegen die kaiserliche Gewalt auf- lehnte, wurde der Reichstrieg gegen ihn beschlossen und Rudolf rückte rasch mit seinem Heere vor Wien. Der Kö- nig kam aus Böhmen herbei, die Hauptstadt Oestreichs zu beschützen; aber er fühlte sich doch zu schwach, als er nun dem Reichsoberhaupte gegenüber stand und schloß lieber einen Frieden, worin er Oestreich abzutreten und den Kai- ser als Lehnsherrn anzuerkennen versprach. Er sollte zu dem Ende in Rudolfs Lager kommen und kniefällig Abbit- te thun. Er kam; aber um seinen Reichthum zu zeigen, mit einem großen, glanzenden Gefolge, und selbst in Gold und Purpur gekleidet; Rudolf dagegen war so einfach und prunklos, daß er selbst als Kaiser noch das graue Kriegs- wams trug, welches er in früherer Zeit als Graf von Habsburg getragen hatte. Der König Ottokar hatte oft

8. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen - S. 117

1822 - Elberfeld : Büschler
117 Kaiser aus verschiedenen Häufeln» über dieses graue Wams gespottet; jetzt sprach Rudolf; „Der König von Böhmen hat oft über mein graues Wams gelacht, heute soll mein graues Wams über ihn lachen." Und nun befahl er seinen deutschen Rittern, dem Könige in ihrem schönsten Waffenschmuck entgegen zu reiten; er selbst aber empfing ihn, auf seinem Stuhle sitzend, in sei- nem grauen Wams, und der stolze, Ln Purpur strahlende, König mußte vor ihm auf die Knie fallen. Seine Demuth war nicht Ernst gewesen. Als die deutschen Reichövvlker, wie immer nach geendigtem Feld- zuge, nach Hause zurückgekehrt waren, und Rudolf nur mit seinen getreuen schwäbischen und elsaßischen Rittern noch in Wien war, rüstete Ottokar plötzlich ein neues Heer aus und warb viele Hülfsvölker. Mit diesen rückte er ge- gen Wien. Rudolf ging ihm kühn entgegen, obgleich er viel schwacher an Mannschaft war. Nicht weit von Wien, auf dem Marchfelde, kam cs zur entscheidenden Schlacht. Man stritt mit großer Erbitterung. Unter dem böhmischen Heere waren mehrere Ritter, die sich verbündet hatten, den Kaiser selbst aufzusuchen und niederzumachen. Einer von Ihnen, Heinrich von Fnllenstein, erblickte ihn i>nd sprengte mit eingelegter Lanze auf ihn los. Rudolfs als geübter Ritter, wich dem Stoße aus und rannte dagegen seine eigne Lanze durch das Augenloch des Helmes seinem Gegner gerade in's Auge, daß er todt vom Pferde stürz- te. Aber in demselben Augenblicke durchbohrte ein ande- rer der Verbündeten, ein thüringischer Ritter von riesen- mäßiger Größe, sein Pferd mit der Lanze, daß es nieder- stürzte. Laut frohlockte jener über den Fall des Königs; dieser aber deckte sich glücklich mit seinem Schilde, daß die über ihn wcgsprengenden Pferde ihn nicht zertraten, und 4 bestieg darauf rasch ein anderes Pferd welches ihm einer seiner Ritter brachte. Nun ging es mit erneuerter Kraft gegen den Feind, und dieser gerieth bald in's Weichen. Der Böhmenkönig selbst floh, aber einige steiermärkische Ritter, deren Anverwandten er vor mehreren Zähren grau- sam hatte hinrichten lassen, holten ihn ein und tödtcten ihn. Sein Heer wurde gänzlich geschlagen. Der Tag der. Schlacht -war der 26. August des Jah- res 1278, und dieser Tag ist der Grünhungütag der Grö- ße des Habsburgisch-östreichischen Hauses. Demi nach die- sem Siege belehnte der Kaiser, mit Einwilligung der deut- schen Ehurfürstcn, seine Söhne A l b r e chr und Rudolf mit den östreichischen Ländern, die er mit Schweiß und Blut dem Böhmischen Hause abgewonnen hatte. Die noch übrigen Zahre seines Lebens wandte Rudolf

9. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen - S. 118

1822 - Elberfeld : Büschler
118 Iii, Ztr. Das Mittelalter. Non 788 — 1517. vorzüglich dazu an, den Landfrieden herzustellen. Er gab strenge Gesetze gegen den Mißbrauch des Faustrechts und zog selbst im Reiche umher, dieselben Im Ausübung zu bringen. Wo er eine Raubburg fand, zerstörte er sic, ließ die Räuber hinrichten und erlaubte dagegen andern, friedlichen Reichsständen, in ihrem eigenen Gebiete Bur- gen zum Schutze gegen jene anzulegen. Auf einem Znge nach Thüringen hat er unter andern 68 Raubbnrgen zer- stört und 29 Raubritter hinrichten lassen. Dem Grafen Eberhard von Würtemberg, der den Wahlsprnch hatte: „Gottes Freund und aller Welt Feind", und der sich nicht 'zur Ruhe bequemen wollte, zerbrach er die Mauern seiner Hauptstadt Stuttgart). Rudolf war schon hoch in Jahren; er war über 50 Jahre alt gewesen, als er Kaiser wurde; und wurde zu- letzt so kränklich, daß ihm die Aerzte nur durch ihre Kunst Las Leben noch fristeten. Endlich, als er eben noch eine Reise am Rheinstrome machte, den er besonders liebte, kündigten sie ihm die Nähe des Todes au, gerade als er im Schachbrett spielte. „Wohlan, sprach er, nach Spei- rr, zu den Gräbern der Kaiser!" Aber er kam nur bis Germershcim, wo er am 30. Scpt. 1291, in seinem 74. Lebensjahre, starb. Er wurde nach Speyer gebracht und neben dem König Philipp begraben. Seine Redlichkeit war noch lauge nachher zum Sprichwort im Munde des Volkes. 48. Adolf pon Nassau. 1^92 — s298. Nach Kaiser Rudolfs Tode hat unser Vaterland nur wenig große Herrscher mehr gehabt, und die Kaiscrwürd? selbst hat immer mehr an ihrem alten Ansehen verloren. Die deutschen Fürsten hatten es sich zum Grundsatz ge- macht, so wenig i 5 möglich Kaiser aus demselben Hause auf einander folgen zu lassen, damit es ja nicht das An- sehen gewönne, als sey die Würde erblich, und damit nicht der Sohn die Grundsätze def Naserc« und Großvaters ver? folgte und so vielleicht die kaiserliche Macht wieder über die der Fürsten erhöbe. So wählten sie auch zu Rudolfs Nachfolger nicht seinen Sohn Albrecht, sondern den Gra- fen Adolf von Nassau, der noch geringer au Macht, als einst der Graf von Habsburg, übrigens aber, gleich wie er, als tapferer Ritter geachtet war. Adolf nahm die Würde gern an und gedachte sie eben so, wir sein Vor- gänger, zu der Erhebung seines Geschlechtes zu benutzen. Allem das Schicksal bot ihm nicht so günstige Gelegenheit dazu dar, und er selbst besaß auch nicht die Festigkeit und Größe der Gesinnung, um sich ganz würdig dabei zu be-

10. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen - S. 119

1822 - Elberfeld : Büschler
Kaiser aus verschiedenen Häusern. Im nehmen. Um Geld zu gewinnen, ließ er sich mit dem Kö- nige von England in ein Bündniß gegen Frankreich ein, nahm von jenem eine beträchtliche Summe und verwandte sie darauf, seinen Nachkommen ein größeres Land zu kau- fen. Es traf sich nemlich, daß zwischen dem Markgrafen von Thüringen, Albrecht dem Unartigen, und seinen Söhnen erster Ehe ein Streit war wegen offenbarer Ungerechtigkeit des Va- ters. Dieser wollte seine ältesten Söhne verstoßen und sein Land dem jüngsten, ans einer zweiten Ehe, zuwenden; und da er dieses nicht durchsetzen konnte, so verkaufte er das ganze Land an den Kaiser, um wenigstens das Kanfgcld dem jüngeren zu geben. Adolf ließ sich von der Lust zu dem schönen thüringischen Lande verblenden, ging die Ungerecht tigteit ein, und er, der die Unterdrückten hätte beschützen und das Recht bewahren sollen, führte nun selbst einen ungerechten Krieg gegen die unglücklichen Söhne des Mark- grafen. Dieses und manches andere verdroß die deutschen Fürsten sehr; sic hielten eine Versammlung und setzten Adolf ab: „weil er Kirchen verwüstet, von einem Gerin- geren, (dem König von England, denn damahls galt der deutsche Kaiser noch als der erste Fürst in der ganzen Chri- stenheit,-') Geld genommen und den Landfrieden nicht beschützt habe." Statt seiner erwählten sic den Albrecht von Oestreich, den sie früher nicht gewollt haben. Es kam zum Kriege, denn Adolf hatte auch noch Anhänger, und bei Worms trafen die beiden Gegner im I. 1.299 auf einander. Aber Adolf verlor die Schlacht und selbst sein Leben, 49. Albrecht I. 1298 — 1308. Albrecht hat eben so wenig, als Adolf, etwas ordent« liches für Deutschland ausgerichtet. An Kraft fehlte es ihm nicht, aber wohl an der Güte und Freundlichkeit, welche die Herzen der Menschen gewinnt. Sein Streben ging nach Geld und Gut und nach Vergrößerung seiner Herrschaft, und er hat dazu nicht immer die besten Mittel gebraucht. Dieses Bestreben aber hat ihm keinen Vortheil, und endlich, nachdem er 10 Jahre regiert hatte, sogar den Tod gebracht, wie wir weiter unten hören werden. Befreiung der Schweiz. 1308. — Die Habsbnr- gischcn Stammgüter lagen, wie wir wissen, in der Schweiz und machten einen Theil der jetzigen Schweizer Kantone ans. Ein anderer Theil der Schweiz, namentlich die so- genannten Waldstädte, Schwyz, Uri und Unterwalden, waren freie Glieder des deutschen Reiches und standen un- ter keinem Herrn, alo nur unter dem Kaiser. Albrecht l.
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