Vorwort zur ersten Auflage.
9jzit Recht wird int Unterrichtsplane der höheren Lehranstalten neuerdings der Erdkunde ein größeres Gewicht beigelegt als früher. Eben deshalb sind um so höhere Anforderungen an ein Lehrbuch zu stellen, das als Grundlage des Unterrichts dienen will. In erster Linie muß dabei ein Hauptnachdruck auf die Behandlung der natürlichen Gestaltung der Erdoberfläche gelegt werden, und dessen, was man — nicht ganz passend — als physische Erdkunde zu bezeichnen Pflegt. Mehrere neuere Lehrbücher behandeln diese letztere in der That auch ausführlicher als dies früher geschah, aber zum Teil keineswegs in der richtigen Art und Weise. Denn was dort als physische Erdkuude gegeben wird, ist mitunter nichts als ein Exkurs in das Gebiet der populären Naturwissenschaften, wobei bisweilen sogar bloße Hypothesen oder ganz zweifelhafte Thatsachen in breiter Weise erörtert werden. Aber auch abgesehen von solchen Fehlern, ist doch klar, daß Auseinandersetzungen über die Natur der Nebelflecke oder den Bau der Sonne, populäre Entwickelungen über die Art und Weise, wie die Gezeiten Zustandekommen, oder Darstellungen der „Meteorologie nach ihrem gegenwärtigen Standpunkte" nicht in ein Lehrbuch der Erdkunde für höhere Schulen gehören. Gewisse Thatsachen aus den einzelnen naturwissenschaftlichen Disziplinen müssen beim Unterrichte in der physischen Erdkunde zur Sprache kommen; wer aber z. B. bei allgemeiner Charakterisierung der Vulkane sofort die vulkauischen Theorien der Geologie hinzugibt, verkennt vollständig den Standpunkt der Schule! Maßhalten ist in dieser Beziehung das erste Erfordernis. Wie weit es in dem vorliegenden Buche dem Verfasser gelungen ist, die soeben angedeutete Klippe zu umgehen, muß derselbe dein Urteile der Fachlehrer anheimstellen.
Was die Beschreibung der Oberflächengestaltung der Erde anbetrifft, so ist sie in zusammenhängender Form und vollkommen unabhängig von der Politischen Einteilung durchgeführt worden. Die Praxis zeigt, daß jede andere Anordnung nicht allein zu gewissen Willkürlichkeiten, sondern auch vielfach zu unklaren Anschannngen führt.
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Vi
Vorwort zur ersten Auflage.
Die Menge der Namen und Zahlen wurde auf das unumgänglich erforderliche Maß reduziert. Nichts ist fo sehr geeignet, das bildende Moment, welches im geographischen Studium gegeben ist, zu unterdrücken, als der Wust von Namen und Zahlen, womit sich, besonders früher, Lehrer wie Schüler plagten! Während dagegen in den für den physikalischen und chemischen Unterricht bestimmten Lehrbüchern ein großes (bisweilen vielleicht zu großes) Gewicht auf die bildliche Darstellung von Apparaten und Erscheinungen gelegt wird, kommen die bisherigen geographischen Schulbücher der Beschreibung so gut wie gar nicht durch bildliche Darstellung zu Hilfe. Und doch kann gerade in der Erdkunde das Wort den Mangel der Anschauung am wenigsten ersetzen! Für das Verständnis der individuellen Eigentümlichkeiten und deren Rückwirkung auf die Kulturentwickelung ist es von Wichtigkeit, daß der Schüler eine bestimmte Vorstellung gewinne, wie sich beispielsweise das Deutsche Mittelgebirge auch in seinen äußeren Formeu von den Alpen oder den Gebirgen der Auvergne unterscheidet, oder wie ungleich der Anblick der Pampas und der Flächen Südafrikas ist. In dieser Beziehung sind gute Abbildungen ganz unersetzlich. Der Verfasser befand sich in der angenehmen Lage, die großartigen Hilssmittel der Verlagshandlung für illustrative Zwecke benutzen zu können; er hat jedoch vor allen Dingen gesucht, auch hier Maß zu halten und das Charakteristische nicht durch Häufung von Übergangsformen zu verwischen.
Was die eingedruckten Karten betrifft, so sind sie lediglich Orientierungsmittel und gehören recht eigentlich zum Texte des Buches. Solche Karten dürsen nicht den Zweck verfolgen, den Atlas überflüssig zu machen; wo sie mehr enthalten als dieser, verlieren sie ihre Existenzberechtigung. Auch daun sind sie überflüssig, wenn der Schüler sich nur ebenso mühevoll in der Textkarte wie im Atlas zurecht findet. Von diesem Gesichtspunkte aus wolle man manche scheinbar recht leere Karte des vorliegenden Buches beurteilen. Anderseits sollen bei der politischen Beschreibung der einzelnen Staaten die Textkarten zur Auffrischung der bereits erworbenen Kenntnis der physischen Gestaltung dienen.
Der dritte Abschnitt des Buches erscheint im Vergleich mit fast allen anderen geographischen Schulbüchern besonders arm an Namen und Zahlen. Dafür war der Verfasser bestrebt, zwar nur kurze aber möglichst deutliche Schilderungen von Land und Leuten der bedeutenderen Staaten zu geben, natürlich streng im Rahmen des pädagogisch Gestatteten. Eine eingehende Behandlung erfuhr das Deutsche Reich, daneben die Österreichisch-Ungarische Monarchie; überhaupt wurden diejenigen Staaten besonders hervorgehoben, die zu Deutschland aus irgend einem Grunde eine nähere Beziehung haben.
Den letzten Abschnitt des Buches bildet die astronomische Erdkunde. Daß sie hierhin und nicht an den Anfang versetzt wurde, hat pädagogische
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Vorwort zur zweiten Auflage.
Vii
Gründe, die nicht hervorgehoben zu werden brauchen. Den bisherigen geographischen Schulbüchern fehlt dieser Abschnitt meist vollständig, trotzdem sich das Bedürfnis desselben gelegentlich recht fühlbar macht. Der Verfasser war bestrebt, die astronomischen Erscheinungen nur so weit zu entwickeln, als die Gesichtspunkte der Erdkunde thatsächlich erfordern. Innerhalb dieser Grenzen wurde dagegen eine ziemlich vollständige und schulgerechte elementare Entwickelung versucht.
Der Text ist durch zwei verschiedene Schriftsorten unterschieden, entsprechend den Anforderungen der mittleren und der oberen Klassen. Die Bezeichnung der Aussprache fremdsprachlicher Namen -wurde dem alphabetischen Inhaltsverzeichnisse gehörigen Orts beigefügt. Als Schulatlanten, die sich zur Benutzung neben dem vorliegenden Lehrbuche besonders eignen, möchte der Verfasser den Schulatlas von Stieler, denjenigen von Lichtenstern und Lange, sowie Andree-Putzger's ausgezeichneten Gymnasial- und Realschulatlas bezeichnen.
Somit empfiehlt der Verfasser das vorliegende Lehrbuch dem Wohlwollen der kompetenten Beurteiler bestens, um so mehr als auch die Verlagsbuchhandlung das Ihrige gethan und den Preis überaus billig gestellt hat. Diejenigen Herren Fachlehrer, welche das Buch ihrem Unterrichte zu Grunde legen wollen, werden freundlich ersucht, ihre begründeten Ausstellungen, an denen es trotz aller Sorgfalt des Verfassers ja gewiß nicht fehlen wird, diesem gütigst mitteilen zu wollen, damit denselben möglichst Rechnung getragen werden kann.
Köln, im August 1879.
Der Verfass er.
Vorwort zur zweiten Auflage.
erste Auflage dieses Lehrbuchs der Erdkunde hat von seiten der fach-männischen Kritik sowohl öffentlich als in privaten Inschriften an den Verfasser eine überaus beifällige Beurteilung erfahren. Es war dies ein um so güustigeres Zeichen, als bei den dermaligen Zuständen des geographischen Unterrichts, ein Buch wie dieses, gegen alt eingebürgerten Schlendrian und damit gegen mancherlei Vorurteile anzukämpfen hatte. Der Verfaffer war sich von Anfang an wohl bewußt, daß sein Buch zwar den Schüler entlastet, indem
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Viii
Vorwort zur zweiten Auflage.
es ihn mit zahlreichen leeren Namen verschont, daß es aber seiner ganzen Anlage nach sehr viel höhere Anforderungen an den Lehrer stellt, als solches bei den landläufigen geographischen Schulbüchern der Fall ist. Sehr erfreulich und ein günstiges Vorzeichen für die fernere gedeihliche Entwickelung des geographischen Unterrichts ist es, daß gerade dieser Umstand, von zahlreichen Fachlehrern in Zuschriften an den Verfasser, mit dem Gefühle der Befriedigung hervorgehoben wurde. Die Zeiten sind glücklich vorüber, wo sich ereignen konnte, was Herr Direktor Dronke in Trier in seinem jüngst erschienenen Buche, „Die Geographie als Wissenschaft und in der Schule" (Bonn 1885), auf S^ite 12 fo drastisch schildert.
Die zweite Auflage des vorliegenden Buches ist sorgsam überarbeitet worden, wobei alle mir bekannt gewordenen berechtigten Wünsche soviel als thunlich berücksichtigt sind. Infolgedessen wurde besonders die Zahl der landschaftlichen Ansichten vermehrt, auch sind gewisse Städtetypen zur Darstellung gebracht worden, wobei natürlich maßvolle Beschränkung als Hauptgesichtspunkt zu gelten hatte. Ferner wurden die Längen und Areale außer in Meilen und Quadratmeilen auch in Kilometern und Quadratkilometern angegeben. Der Verfasser hat diese letzteren Zahlen aus kleiner Schrift im Text über die ersteren setzen lassen, denn für den Vergleich tellurischer Größenverhältnisse untereinander, ist die Meile zweifellos das bequemere Maß, weil sie kleinere Zahlen erfordert.
Von Schulatlanten, welche neben dem vorliegenden Lehrbuche am geeignetsten zu benutzen sind, wären zu nennen: in erster Linie Diercke nndgaeb-ler's Schulatlas (Braunschweig, G. Westermann), dann Andre e-Putz-ger's Gymnasial- und Realschulatlas (Leipzig, Velhagen und Klasing), endlich der altbewährte, jedes Jahr sich verjüngende Stieler'sche Schulatlas (Gotha, I. Perthes).
Köln, im März 1885.
Der Verfasser.
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Lrste Abteilung.
Physische Erdkunde.
§. i.
Gestakt und Umdrehung der Grde.
Die Erde hat im allgemeinen die Gestalt einer Kugel und dreht sich in 24 Stunden einmal um sich selbst iu der Richtung von West nach Ost. wodurch die Abwechselung von Tag und Nacht entsteht.
Bei allseitig freiem Ausblicke erscheint der sichtbare Teil der Erdoberfläche als kreisförmige Scheibe, deren Rand Horizont genannt wird. Am deutlichsten zeigt sich dies auf dem Meere. Außerdem bemerkt man dort, daß jedes Schiff, welches sich dem Beobachter aus hinreichend großer Entfernung nähert, gewissermaßen aus dem Wasser aufzutauchen scheint. Zuerst sieht man (Fig. 1) die
Fig. 1.
Masten a, und erst wenn das Schiss den Horizont Hh erreicht hat, wie in b, ist es vollständig sichtbar. Nähert sich das Schiss dem Beobachter noch mehr, so scheint es (wie in c) vom Horizont herabzusteigen. Hieraus folgt, daß die Meeresoberfläche nicht eben, fortdern gekrümmt ist. Da die Erscheinung sich in gleicher Weise allenthalben auf dem Meere wiederholt, so muß dessen Oberfläche überall gleichmäßig gekrümmt sein, wie es bei einer Kugel der Fall ist. Auch das Festland nimmt an dieser allgemeinen Gestalt teil, wovon man sich durch Beobachtung in sehr flachen Gegenden überzeugt.
Weitere Beweise für die Kugelform der Erde liefern: die Erdumsegelungen, welche bei Verfolgung derselben Richtung zum Ausgangspunkte zurückführen; das
Klein, Lehrbuch der Erdkunde. 1
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2
Mathematische Einteilung der Erdoberfläche.
Sichtbarwerden von anderen Sternen Uber dem Horizonte, wenn man den Standpunkt auf der Erde wechselt; der stets runde Schatten der Erde bei Mondfinsternissen.
§. 2.
Mathematische Einteilung der Erdoberfläche.
1. Bei der Umdrehung der Erde (wie jeder Kugel) bleiben zwei Punkte ihrer Oberfläche in Rnhe, sie werden Pole genannt. Die gedachte gerade Linie, welche beide Pole der Erde verbindet, heißt Erdachse.
Die Kreislinie, welche man sich auf der Erdoberfläche so gezogen denkt, daß sie allenthalben gleichweit von den Polen entfernt ist, wird Äqnator genannt. Derselbe teilt die Erdoberfläche in zwei Halbkugeln. Diejenige, auf welcher wir wohnen, heißt die nördliche, die entgegengesetzte die südliche Halbkugel. Ebenso heißt der Pol, welcher sich aus unserer Halbkugel befindet, Nordpol, der entgegengesetzte Südpol.
Wie jeder Kreis wird der Äquator in 360 gleiche Teile oder Grade geteilt. Jeder Halbkreis, der durch einen dieser Teilpunkte geht und bis zu den beiden Polen reicht, führt den Namen Mittagslinie oder Meridian. Alle Orte, welche anf demselben Meridian liegen, haben zu gleicher Zeit Mittag.
Teilt man irgend einen Meridian vom Äquator bis zu jedem der beiden Pole iu je 90 Grad und legt durch die Teilpunkte dem Äquator parallele Kreise, so erhält man die Breiten- oder Parallelkreise. Der Äquator ist der größte Parallelkreis; alle übrigen werden um so kleiner, je weiter sie von ihm entfernt sind, und die beiden Pole als äußerste Parallelkreise sind endlich bloße Punkte.
Meridiane und Parallelkreise bilden ein Netz von Linien auf der Erdoberfläche, durch welches die Lage jedes Punktes derselben genau bezeichnet werden kann.
Als Ansangsmeridian nahm man in Deutschland bisher denjenigen an, welcher über die Insel Ferro geht, und zählte von hier gegen Osten die einzelnen Meridiane bis 360° rund um die Erde. Die Entfernung des Meridians, der über einen beliebigen Ort geht, von dem Anfangsmeridiane wird die geographische Länge dieses Ortes genannt. Häufig zählt man 180° nach Osten und 180° nach Westen. In diesem Falle muß der geographischen Länge hinzugefügt werden, ob sie östlich oder westlich vom Anfangsmeridian zu verstehen ist.
In Frankreich galt seit alters als Anfangsmeridian die Mittagslinie von Paris, in England diejenige der Sternwarte zu Greenwich.
In jüngster Zeit (1884) ist auf einem zu diesem Zwecke in Washington veranstalteten internationalen Kongresse der Beschluß gefaßt worden, allgemein als Anfangsmeridian die Mittagslinie von Greenwich anzunehmen und die geographischen Längen ostwärts und westwärts bis 180° zu zählen.
Der Abstand des Parallelkreifes eines Ortes vom Äquator wird die geographisch e Breite dieses Ortes genannt. Der Äquator hat 0° geographische Breite und man zählt von ihm bis zum Nordpole 90 nördliche und bis zum
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Westen Frankreich Paris England Washington Nordpole
Mathematische Einteilung der Erdoberfläche. 3
Südpole 90 südliche Breitengrade. Dem entsprechend bezeichnet man die geographische Breite eines Ortes als nördliche oder südliche Breite, je nachdem der Ort nördlich oder südlich vom Äquator liegt.
2. Die beiden Parallelkreise, welche sich 231/20 nördlich und 23v20
Ng. 2.
s
südlich vom Äquator befinden, führen den Namen Wendekreise. Den ersten (nördlichen) nennt man Wendekreis des Krebses, den andern (südlichen) Wendekreis des Steinbocks.
Die beiden Parallelkreise, welche sich je 23y2° von den beiden Polen befinden, heißen Polarkreise und man bezeichnet den einen als den nördlichen, den andern als den südlichen Polarkreis.
Durch die Wende- und Polarkreise wird die Erdoberfläche in fünf Regionen abge-
' teilt, welche den Namen Zonen führen,
nämlich:
a) die heiße (tropische) Zone zwischen den beiden Wendekreisen po und rgsföig. 2);
b) die nördliche gemäßigte Zone zwischen dem Wendekreise des Krebses po und dem nördlichen Polarkreise st-,
c) die südliche gemäßigte Zone zwischen dem Wendekreise des Steinbocks rq und dem südlichen Polarkreise uv-,
d) die nördliche kalte Zone, vom nördlichen Polarkreise st umschlossen;
e) die südliche kalte Zone, vom südlichen Polarkreise uv umschlossen.
Die Trennung der fünf Zonen durch die Wende- und Polarkreise ist bloß eine mathematische, indem die Zonen selbst an ihren Grenzen nicht scharf abgeteilt sind, sondern allmählich ineinander übergehen.
In der heißen Zone, die nur zwei Jahreszeiten (Regenzeit und trockne Jahreszeit) besitzt, zeigt sich das Tier- und Pflanzenleben am zahlreichsten und verschiedenartigsten entwickelt. Dem Menschen ist sreilich die tropische Tierwelt nur wenig nutzbar, meistens schädlich (wie z. B. in Indien, wo Tiger die fruchtbarsten Distrikte unsicher machen und durch Schlangenbiß jährlich Tausende von Menschen umkommen), dasür gewährt ihm die Pflanzenwelt der heißen Zone Gewürze, Nahrungs- und Arzneimittel in unerschöpflicher Fülle. Gewisse tropische Gegenden haben sich unter dem Einflüsse der Sonnenhitze und Feuchtigkeit seit vielen Jahrtausenden mit ungeheuren (Hr-) Wäldern bedeckt, welche keines Menschen Fuß zu durchdringen vermag; andere Regionen (besonders sumpfige) sind die Ausgangspunkte tätlicher Fieber.
Weniger reich an Naturprodukten, aber für den Ausenthalt und die geistige Entwickelung des Menschen weit geeigneter sind die gemäßigten Zonen, besonders die nördliche. Hier, unter angenehmen Himmelsstrichen, in der anregenden Abwechselung von Frühling, Sommer, Herbst und Winter, hat sich die Menschheit zur höchsten Kultur entwickelt, und die Stammsitze der Völker, welche die Erde beherrschen, finden sich in der nördlichen gemäßigten Zone.
Am ungünstigsten sind die kalten Zonen gestellt. Meist mit Eis und Schnee bedeckt, kann der Boden dort in der kurzen Sommerzeit, die aus den langen, strengen
1*
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Das Wasser.
7
Wie das Land in fünf Erdteile, fo zerfällt das Meer in fünf Hauptmeere oder Ozeane, nämlich:
180000 000 qkm
der Große Ozean oder das Stille Weltmeer 3 300 000 Q.-Meilen Flächeninhalt
90 000 000 qkm
der Atlantische Ozean............................. 1 640000 Q.-Meilen „
73 000 010 qkm
der Indische Ozean................................ 1 320000 Q.-Meilen
20 000 000 qkm
das Südliche Eismeer............................ 360000 Q.-Meilen „
11 000 000 qkm
das Nördliche Eismeer........................... 200 000 Q.-Meilen „
§• 5.
Pas Wasser.
Das Wasser der Erdoberfläche ist entweder stehendes oder fließendes. Ersteres zeigt vorzugsweise das Meer, obgleich auch hier mehr oder weniger Bewegung durch Wind, Wellen u. s. w. stattfindet; letzteres findet sich vorwiegend auf dem Festlande in Gestalt von Quellen, Bächen, Flüssen n. s. w.
1. Das Meer (Weltmeer, Ozean) umgibt als große zusammenhängende Wassermasse das Land von allen Seiten. Seine User, Küsten (Gestade) genannt, schneiden häufig bogenförmig in das Land ein und bilden dann Meer* bnfen oder Golfe, bei geringerer Ausdehnung Buchten (Baien), deren äußere, zum Ankergrund der Schiffe geeignete Teile, Reeden heißen. Die fchmale Wasserverbindung zweier Meereheißt Meerenge, Straße oder Kanal, bisweilen Sund.
Tiefe, steile, nicht selten sich gabelnde, meist senkrecht ins Land eindringende Schluchten an gebirgigen Küsten heißen Fjorde.
Diese Bildung ist auf gewisse Gegenden beschränkt. In Europa findet sie sich vom nördlichsten Punkte bis zu 51° n. B. ant südwestlichen Ende Irlands. In Nordamerika tritt sie an -der Ostküfte bis 44° n. 33., an der Westküste bis 47° n. B. aus; an der Ostküste Südamerikas findet sie sich bis 42° f. 33. Die Insel Neu-Seeland zeigt ebensalls einige fjordähnliche Bildungen bis zu 45° s. B. Nach Peschel ist das Auftreten sjordartiger Küstenzertrümmerung bedingt durch steile Ausrichtung der Küste, hohe geographische Breite und reichliche atmosphärische Niederschläge.
Das Wasser des Meeres unterscheidet sich von dem fließenden Wasser des Festlandes durch seiueu Salzgehalt. Derselbe ist jedoch keineswegs in allen Gegenden des Meeres gleich groß. Am geringsten ist er da, wo große Flüsse sich in den Ozean ergießen, am größten in den Meeresteilen der heißen Zone.
Das Salz des Meeres ist überwiegend (zu %) reines Kochsalz (Chlornatrium); außerdem enthält das Meerwasser noch eine große Anzahl von einfachen Stössen (chemischen Elementen), wie Kalium, Magnesium, Aluminium, Brom, Jod, Schwefel, Kupfer, Blei, Silber. Beim Gefrieren scheidet das Seewasser die fremden Bestandteile, besonders das Salz, aus, so daß aufgetautes See-Eis trinkbares Wasser liefert. Wo das Meerwasser Bodenvertiefungen ausfüllt und nachher verdunstet, läßt es feine Salze als eine den
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Extrahierte Personennamen: Peschel
Extrahierte Ortsnamen: Atlantische_Ozean Indische_Ozean Ozean Europa Irlands Nordamerika Westküste
8
Tas Wasser.
Boden bedeckende Kruste zurück. Solche Salzkrusten finden sich an gewissen Stellen der Erdoberfläche und es wird hieraus (und aus anderen Gründen) wahrscheinlich, daß an jenen Punkten in früheren Zeiten das Meer flutete.
Die Farbe des Meerwassers ist im allgemeinen grünlichblau, doch wechselt sie je nach der Tiefe der Wasserschicht sowie der Beleuchtung und Bewölkung des Himmels. Die offene See mit ihren großen Tiefen wird von deu Schiffern vorzugsweise „Region der blauen Wasser" genannt.
Tie Durchsichtigkeit des Meerwassers ist in einzelnen Teilen des Ozeans merkwürdig groß. In einem gewissen Teile des Indischen Ozeans soll man noch Korallen in 50 m Tiefe erkennen. Von der Durchsichtigkeit der Westindischen,See, die den Ungewohnten leicht schwindeln macht, berichtete schon Kolumbus mit Erstaunen.
Im allgemeinen läßt das Seewasser Licht nur bis zu einer Tiese von höchstens 300 m hindurch, so daß alle tieferen Regionen der See in ewiger Nacht begraben liegen.
Die Tiefe des Meeres ist sehr ungleich. Während die See an einzelnen Stellen sehr seicht ist, findet das Senkblei an anderen in 8000 m Tiefe keinen Grnnd. Am genauesten sind die Tiefenverhältnisse des nördlichen Atlantischen Ozeans bekannt. Die größten Tiefen übersteigen hier nur selten 6000 m, meist findet sich bei 4000 m der Grund. Letzterer ist außerordentlich eben; weite Flächen wechseln mit sanft ansteigenden Erhebungen oder flachen Thalmulden. Der südliche Teil des Atlantischen Ozeans scheint weniger tief zu sein, indem die Tiefseemessungen (Lotungen) nirgendwo 6000 m ergeben. Über die Tiefen der übrigen Ozeane sind bis jetzt nur wenige Angaben bekannt. Im nördlichen Großen Ozean hat man stellenweise erst in 8500 rn Tiefe deu Meeresboden erreicht.
Auch aus dem Meeresboden, soweit man ihn bis jetzt erforscht hat, wechseln Höhen und Tiefen miteinander, doch besitzt er, im Gegensatz zur trocknen Erdoberfläche, eine mehr einförmige Gestalt, die von allmählich aufsteigenden Bodenanschwellungen und absteigenden, weit ausgedehnten Einsenkungen unterbrochen wird. „Diese Gleichmäßigkeit der Fläche des Meeresbodens wird im wesentlichen hervorgebracht durch das Niedersinken der animalischen Reste der das Meer bewohnenden zahlreichen Tiere nach dem Absterben derselben und durch den Mangel an starker Bewegung des Wassers in den großen Tiefen" (Boguslawski).
Die Temperatur des Meeres ist in den Gegenden der heißen Zone am höchsten und beträgt dort etwa 27°(£. Gegen die beiden Pole und ebenso nach der Tiefe hin nimmt die Wasserwärme langsam ab. Selbst in der heißen Zone ist die Temperatur des Wassers in Tiefen von 4000 bis 5000 m meist nur io C. über dem Gefrierpunkte.
In den Polargegenden sind größere oder geringere Strecken des Meeres zugefroren; doch zeigen sich dieselben durchaus nicht als ebene Fläche, sondern stets mit zahlreichen Erhöhungen bedeckt, die in allen Regenbogenfarben glänzen. Solche Eisfelder haben bisweilen eine Größe von mehreren Quadratmeilen und werden von den Strömungen des Meeres fortbewegt. Von ihnen zu unterscheiden sind die bisweilen grotesk geformten Eisberge (Fig. 5), welche nicht aus offener See entstehen, sondern ihren Ursprung wahrscheinlich mächtigen Gletfcherfragmenten verdanken, die an den polaren Küsten ins Meer stürzen. Das Gleichgewicht dieser Eisriesen ist nur ein unsicheres (labiles), daher der Schisser ihre Nähe meidet. Die Region des treibenden Eises auf dem Meere kündigt sich schon von weitem durch einen Hellen Streifen am Horizonte an, den Eis bl ick.
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Das Wasser. 9
Über Klippen und Untiefen ist die Meerestemperatur niedriger (wahrscheinlich weil die kälteren Wasser aus den Abgründen der See längs den Klippen aufsteigen), so daß das Thermometer für den Schiffer ein Mittel zum Erkennen von seichten Meeresstillen bildet.
Fig. 5.
Schwimmender Eisberg.
Die Oberflache des Meeres (der Seespiegel) ist nahezu allenthalben gleich, doch können örtliche Ursachen, Winde, Strömungen, eigentümliche Küsteu-bildnngen, eine zeitweise Verschiedenheit des Niveaus benachbarter Meeresteile hervorrufen.
Neuere Untersuchungen haben übrigens wahrscheinlich gemacht, daß die Meeresoberfläche gegen die Kontinente hin ansteigt, also dort höher liegt, wie auf den offenen Ozeanen fern vom Festlande.
Die Bewegungen des Meeres erfolgen:
a) Durch die Wellen, welche entweder brandend an steilen, felsigen Küsten zurückprallen, oder auf hoher See lang, mächtig, gemessen, auftreten und mehr durch horizontale Ausdehnung als durch Höhe imponieren. Die Ursache dieser Wellen ist der Wind, der die Wasseroberfläche schräg trifft und aus der horizontalen Lage drückt. Durch den Sturm wird die See zu fehr bedeutender Wellenbewegung aufgeregt, aber türm- oder berghohe Wellen gibt es nicht.
Im Mittelländischen Meere erreichen die Wellen niemals eine größere Höhe als 3 m über dem ebenen Seespiegel. Im Großen Ozean hat man beim Sturme häufig Wogen von 8 bis 10 m Höhe beobachtet. Dagegen findet ein höheres Anschwellen der Wafsermasfen statt, wo sich an steilen Felsküsten die Kraft der vorangehenden und nachfolgenden Wellen bricht. Diese Brandungen find in dem Maße stärker, als das Meer an der betreffenden Stelle eine größere Tiefe besitzt. Der Gewalt solcher Wogen vermag auf die Dauer nichts zu widerstehen.
b) Durch die Gezeiten (Ebbe und Flut), welche infolge der Anziehung des Mondes und der Sonne entstehen, in mächtigen aber flachen Anschwellungen sich durch den Ozean fortpflanzen und an den Küsten ein regelmäßiges Steigen
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