Der große Kurfürst. Die Schlacht von Fehrbellin. § 460—462. 281
§ 460. So war der Krieg überall zu Ende geführt. Aber die Verbün-
deten des Kurfürsten hatten bereits mit Ludwig Xiv. ihren Frieden ohne ihn
gemacht (zu Nymwegen 1678 § 436.). Es war der Neid Oestreichs, das
den bisher treu Verbündeten im Stiche ließ. Gegen Ludwig Xiv. allein ge-
lassen, der alsbald Cleve, dann Mark, Ravensberg und Minden besetzte, ver-
mochte Friedrich Wilhelm nichts, und Ludwig verlangte die Zurückgabe alles
dessen, was den Schweden abgenommen war. Seufzend bequemte sich endlich
der Kurfürst, wünschend, daß aus seinen Gebeinen der Rächer erstehen möge,
der die Schmach an dem treulosen Bundesgenossen vergölte. Im Frieden von
St. Germain 1679 gab er alles eroberte Land den Schweden zurück, die
somit noch ferner deutsches Reichsland behaupteten.
§ 461. Zu dieser Kränkung für den Kurfürsten kam eine neue. Im
Jahre seines Sieges bei Fehrbellin (1675) war das Herzogshaus von Liegnitz,
Brieg, Wohlau ausgestorben und nach dem alten Vertrag von 1537 (8 450.)
mußten auch diese Länder an Brandenburg fallen. Aber Oestreich behauptete
sie als böhmisches Lehen für sick und zog sie ein (nur später gab es an den
Kurfürsten den Kreis Schwiebus als eine geringe Entschädigung). Man
konnte es in Wien unverblümt hören, ,,es gefalle Kaiserlicher Mayestät nicht,
daß sich ein neues Vandalenreich an der Ostsee hervorthue." Selbst die Türken-
hilfe, die der Kurfürst mehrfach in der nun folgenden Bedrängniß Oestreichs
bot (§ 440.) ward abgelehnt, weil man bei solcher Gelegenheit eine kriegerische
Besetzung dieser Provinzen fürchtete. — Tief verstimmt über seine Bundesge-
nossen, näherte sich Friedrich Wilhelm in den Jahren nach dem Frieden von
St. Germain mehr Ludwig Xiv.; ein unnatürliches Verhältniß, das auch nicht
lange Bestand hatte. Ja er that mehr. Spanien schuldete ihm aus dem letzten
Kriege noch Hilssgelder, die es nun nickt zahlen wollte. Da griff er es mit
seiner kleinen Flotte zur See an. Friedrich Wilhelm hatte nämlich schon vor
dem Kriege, überzeugt, wie wichtig eine Seemacht sei, begonnen, mit Hilfe hol-
ländischer Schisfsbaumeister sich eine Flotte zu verschaffen; sie bestand damals
aus zehn Fregatten, die bereits den Schweden schwer zu schaffen gemacht hatten.
Mit dieser Flotte nahm er verschiedene spanische Handelsschiffe als gute Prise;
dagegen mißrieth es freilich, die Silberslotte, die alljährlich die Schätze der ame-
rikanischen Bergwerke nach Spanien trug, aufzuheben, und von Stürmen und
dem überlegenen Feind gedrängt, mußten die brandenburgischen Schiffe in einem
portugiesischen Hafen Zuflucht suchen. — Um dieselbe Zeit gelang es ihm, durch
Einmischung in einen Streit der Familie der Cirksena in Ostfrisland
(8 319.) mit Einwilligung des Kaisers die Städte Emden und Greetsyl,
die besten Hafenpunkte an der Nordsee, die den Dollart beherrschen, zu besetzen.
So fingen durch den großen Kurfürsten die abenteuerlichen Pläne Wallensteins
auf eine deutsche Seemacht langsam und praktisch zur Wahrheit zu werden an.
Da eine Seemacht ohne Colonien nicht denkbar ist, so besetzte er, nach Unter-
handlungen mit verschiedenen Negerstämmen, einen Strich an der Goldküste in
Afrika, wo das Fort Groß-Friedrichsburg gebaut ward, und erhandelte von
den Dänen einen Theil der Insel St. Thomas in Westindien. Doch hatten
diese an ungünstigen Orten gegründeten, und bald noch vom Neid der Holländer
bedrohten Colonien kein Glück, und wurden bereits von seinem zweiten Nach-
folger ganz aufgegeben.
8 462. So war Friedrich Wilhelm rastlos thätig, selbst da, wo seiner
geringen Macht die Verhältnisse überwältigend in den Weg traten. Mit Lud-
wig Xiv., diesem so anders gearteten Herrscher, zerfiel er bald über die Pro-
testanten. Dieser hatte 1685 das Edict von Nantes, das den Hugenotten Dul-
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Extrahierte Ortsnamen: Fehrbellin Germain Schweden Fehrbellin Liegnitz Brieg Brandenburg Wien Ostsee Spanien Ostfrisland Nordsee Afrika Groß-Friedrichsburg Westindien Nantes
282 Der große Kurfürst. Die Schlacht von Fehrbellin. § 462—463.
düng gewährte, aufgehoben, und diese seine andersgläubigen Unterthanen auf jede
mögliche Weise gedrängt, um sie zur katholischen Kirche zurückzuführen; denn wie
er nur einen Königswillen kannte, so erkannte er auch nur einen Glaubenin
Frankreich an. Der große Kurfürst, der sich als den Beschützer aller Protestan-
ten fühlte und auch in allen deutschen Ländern, wo man sie bedrückte, sich ihrer
eifrig und wirksam annahm, öffnete den armen Flüchtigen, die ihren Gewerb-
fleiß und ihre Geschicklichkeit mitbrachten, seine Länder. Schon darüber zürnte
Ludwig; dann aber bot der Kurfürst dem Vetter seiner Frau, Wilhelm Iii.
von Oranien (§ 438.), die Hand, um ihm den englischen Thron verschaffen zu
helfen, von welchem jener, im Einverständniß mit dem großen Adel Englands,
seinen Schwiegervater Jakob Ii. herabzustürzen sich anschickte. Ludwig Xiv.,
in dessen Sold und Abhängigkeit Jacob Ii. stand, erfuhr von diesen Verhand-
lungen und faßte neuen Haß gegen Friedrich Wilhelm. Doch erlebte letzterer
die Ausführung dieser Plane nicht mehr, aber hinterließ sie als erste Ausgabe
seinem Sohne Friedrich Iii.
§ 463. So steht der große Kurfürst als der einzige, wahrhaft große
Herrscher da, den Deutschland im 17. Jahrhundert hervorgebracht. Er hat
dem so traurigen Westfälischen Frieden seine ersten Segnungen abgewonnen.
Denn, indem derselbe Deutschlands Reichsform auflöste und aus den Fürsten
souveräne Herren machte, hat Friedrich Wilhelm auch zuerst als solcher gehan-
delt, aber im Sinne und zum Heile Deutschlands; er hat die neue Macht auf-
gebaut, die au die Stelle des verfallenen Kaiserthums hinaufwachsen mußte.
Bei seiner geringen Macht hat er durch Bündnisse, die er in und außer Deutsch-
land schloß, das Uebergewicht eines Reiches in Europa zu hindern gewußt,
besonders dem übermächtigen Ludwig Xiv. engegengearbeitet. Seine Pfade hat
später der Oranier Wilhelm Iii. (§ 438.) mit größerer Macht und darum mit
noch größerem Erfolge betreten. In den oft treulosen und gewaltthätigen
Staatskünsten seiner Zeit wohl erfahren, hat er seinen Einfluß aufzubauen ver-
standen, indem er nicht minder ein kühner Kriegsmann war; mit geringen
Mitteln hat er einen großen Staat begründet? Aber die Heldengestalt des
großen Kurfürsten verwandelt sich in die eines sorgenden Hausvaters, wenn wir
seine innere Verwaltung betrachten. Weise und sparsam erhöhte er die Hilfs-
quellen seines Landes, und obwohl er die Steuerkraft desselben stark anspannte,
so wuchs doch der Wohlstand der Bevölkerung. Die Aufnahme der französischen
Flüchtlinge, denen dann sein Sohn in Berlin eine eigene Colonie einräumte,
hob die noch in der Kindheit liegende Industrie. Durch Straßen und Kanäle
erleichterte und mehrte er den Verkehr. Sein Hauptwerk in dieser Beziehung
ist der Friedrich-Wilhelms- oder Müllroser-Canal, der Oder und Spree
und somit Oder und Elbe verband. Und dieser Mann, der das Größeste in
seinem Geiste umfaßte, dessen Gesandte und dessen Hof bei feierlichen Gelegen-
heiten der Sitte der Zeit gemäß in glänzenden! Prunk auftraten, war daheim
einfach, schlicht bürgerlich und kindlich. Er hat in Potsdam selber die Karpfen-
teiche gefischt, im Lustgarten von Berlin seine Tulpenzwiebeln begossen, den ersten
Blumenkohl in den Marken gezogen, und die eingekauften Singvögel selbst vom
Markte im Käfig nach Hause getragen. Als politischer Charakter nicht immer
vorwurfsfrei (gleich Gustav Adolf), war er im häuslichen Leben voll tiefer,
echter Frömmigkeit. In würdiger, liebevoller Weise stand ihm seine erste Ge-
mahlin, Louise Henriette von Oranien, die Dichterin des frommen Liedes ■
„Jesus meine Zuversicht" zur Seite. Als er starb, hinterließ er in Nord-
deutschland eine zwar noch nicht zusammenhängende, doch so bedeutende Staats-
macht, daß ihr zum Königreiche nur noch der Name fehlte.
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Extrahierte Ortsnamen: Fehrbellin Frankreich Englands Deutschland Deutschlands Deutschlands Europa Berlin Friedrich-Wilhelms- Potsdam Berlin Nord-
deutschland
Preußen als Königreich. Friedrich I. Friedrich Wilhelm I. § 464—465. 283
8. Preußen als Königreich. Friedrich I. (1688 — 1713).
Friedrich Wilhelm I. (1713-1740.)
§ 464. Dem großen Kurfürsten folgte sein Sohn, Friedrich Iii. Der
Vater hatte die Fähigkeiten desselben gering angeschlagen — geringer, als sie
waren, und zwischen Vater und Sohn war deshalb nicht immer das beste Ein-
vernehmen gewesen. Oestreich hatte den Erbprinzen mehrfach unterstützt und,
früheren Verabredungen gemäß, gab er als Kurfürst an dasselbe den Kreis
Schwiebus zurück (1694), bewahrte sich aber auch ausdrücklich die alten Rechte
auf die schlesischen Herzogthümer. Auch in seiner äußeren Politik war er nicht
unbedeutend. Indem er nach des Vaters Plan Wilhelm Iii. bei seiner Lan-
dung in England unterstützte, waren es brandenburgische Truppen, die diesen
Befestiger der englischen Freiheit und Macht in seinen Palast nach Whitehall
führten. Als Ludwig Xiv. den dritten Raubkrieg (den Pfälzischen § 438.)
begann, und der Kaiser Leopold (mit dem Türkenkrieg beschäftigt) zögerte, das
Reich zu vertheidigen: einigte er, seines Vaters würdig, Sachsen, Hannover,
H-ssen-Kassel zu einem Bündniß, erschien, wie einst der große Kurfürst, persön-
Ita) m Rhein und leitete die Eroberung von Bonn, in welche Stadt sich die
Franzosen geworfen hatten. Gleich seinen Vorfahren sorgte auch er für die
Erweiterung seines Staates.*)
§ 465. Seine größte Bedeutung aber hat er dadurch, daß er das Kur-
fürstenthum Brandenburg zum Königreich Preußen erhob. Es
ging, wie gezeigt, in diesem Jahrhundert Ludwig's Xiv. ein Streben nach Glanz
durch die größeren wie kleineren Höfe, für welches kein Regent empfänglicher
war, als Friedrich. Damals waren gerade (und zwar mit Friedrichs Unter-
stützung) die beiden norddeutschen Häuser, Sachsen und Hannover, zu hohen
Ehren in Europa gestiegen (ß 447.). Gleichen Glanz für sein Haus wünschte
unstreitig auch Friedrich; aber dies Haus war vom Vater her, den einst schon
Ludwig Xiv. aufgefordert hatte, sich zum König zu machen, wirklich an könig-
licher Macht wenigstens den kleineren Königreichen Europas gleich. Schon
zählte sein Landesgebiet an 2000q Meilen und gerade damals waren die Um-
stände für diesen letzten, langvorbereiteten und ersehnten Schritt sehr günstig.
Ums Jahr 1700 erschütterten zwei gewaltige Kriege Europa. Im Norden hatte
Rußland unter Peter dem Großen, Polen unter August Ii. und Dänemark unter
Friedrich Vi. einen Bund gegen den jungen, heldenmüthigen Karl Xii. von
Schweden geschlossen, der, mit dem stürmischen Kriegsgeist seiner Ahnen vor-
brechend, im sogenannten nordischen Kriege schnell einen Gegner nach dem
andern demüthigte. Im Süden aber bereitete sich der spanische Erbfolge-
krieg (§ 442. ff.) vor. Der Kurfürst stand also wieder in der glücklichen
Lage, sich von allen Seiten umworben zu sehen. Da, besonders seit Oestreich
eifrig um seine Freundschaft, seinen Beistand sich bemühte, näherte sich für Frie-
drich der günstige Moment, um mit Zustimmung des Kaisers und seiner Ver-
bündeten sich den Königstitel in seinem außerdeutschen souveränen Lande Preußen
*) Quedlinburg erkaufte er von dem verschwenderischen August Ii. von Kur-
sachsen; aus der Oranischen Erbschaft (8 250 Anm.) fielen ihm, nach Wilhelms Iii.
Tode, die Grafschaften Lingen (wozu Tecklenburg schon früher erkauft war) und
Mörs zu; außerdem erwarb Friedrich Iii. in der Schweiz aus derselben Erbschaft das
Fürstenthum Neufchatel und Valengin.
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Extrahierte Ortsnamen: England Whitehall Sachsen Hannover Rhein Bonn Sachsen Hannover Europa Europas Europa Schweden Quedlinburg Wilhelms Lingen Tecklenburg
284 Preußen als Königreich. Friedrich I. Friedrich Wilhelm I. § 465—467.
beizulegen (denn für feine deutschen Länder war dieß, so lange er nicht aus dem
Reiche ausschied, unmöglich). Zwar meinte der kluge und weitblickende Prinz
Eugen: „daß die Minister des Henkers wertst seien, die kaiserlicher Mayestät ge-
rathen, die preußische Krone anzucrkennen;" doch überwog in Wien der augen-
blickliche Vortheil. Und so setzte Friedrich am 18. Januar 1701 zu Königs-
berg mit gewaltigem Pomp sich und seiner Gemahlin die Königskrone aus, und
nannte sich fortan Friedrich I., König in Preußen. Dieser Schritt er-
hielt seine Bedeutung erst von der Zukunft. Er sprach damit, sagt Friedrich
der Große, gleichsam zu seinen Nachfolgern: „Ich habe Euch einen Titel er-
worben, macht Euch dessen würdig; ich habe den Gruud zu Eurer Größe ge-
legt, Ihr müßt das Werk vollenden."
Z 466. Dem Sinne des Königs entsprach es, den neuen Königstitel
auch mit königlicher Pracht zu umgehen. Er machte Berlin zu einer Residenz,
die auch gleichsam nur nach dem Maße der Zukunft angelegt war. Die Pracht-
bauten Schlüters erhoben sich, das königliche Schloß, das Zeughaus,
Charlottenburg; die lange Brücke ward mit der Reiterstatue des großen Kur-
fürsten von der Hand desselben Künstlers geziert. Die Stadt wuchs um einen
ganz neuen Theil, die Friedrichsstadt, die schöne Straße „unter den Linden"
entstand. Mit ihm wetteiferte seine feine, geistvolle Gemahlin, Sophie Char-
lotte von Hannover, die Freundin des großen Gelehrten Leibnitz (§ 449.)
in Begünstigung von Wissenschaft und Kunst. Nach des letzteren Plane ward
in Berlin die Academie der Wissenschaften gegründet (1711). Aber auch un-
mittelbar wohlthätige Anstalten traten in Preußen ins Leben: so die Universität
Halle 1694, neben der an demselben Orte Hermann August Franke's be-
wunderungswürdige Schöpfung, das Waisenhaus, entstand (§ 449.). Auch
fuhr Friedrich I. fort, im großen Sinne seines Vaters Religionsfreiheit walten
zu lassen und überall ein Schirmer der Protestanten zu sein. Ueber seine
Prachtlicbe freilich vergaß er die alte weise Sparsamkeit, die fast allen Hohen-
zollern eigen gewesen; das Land seufzte unter Steuerdruck, und während Preußen
der Leitung des, mit Undank belohnten, Eberhard von Dunkelmann bis nach
der Königskrönung viel zu danken hatte, gingen seine Finanzen unter dem Ein-
stnsse des gewandten aber leichtsinnigen Colb von Wartenberg dem völligen
Zerfall entgegen. Auch waren die letzten Jahre des Königs durch Krankheit
und andere herbe Schickungen sehr trübe. Dieß war die Kehrseite des Glanzest
Glücklicher Weise erhielt er in seinem Sohn einen Nachfolger, der gerade in
dem vom Vater vernachlässigten Finanz- und Verwaltungsfache ein Meister war.
§ 467. Friedrich Wilhelm I. (1713—1740) war das Gegenthei.
von seinem Vater: straff, einfach, soldatisch, sparsam und nur dem Praktischen
zugewandt, entbehrte seine Persönlichkeit des Glanzes, den man damals für einen
Fürsten nöthig hielt. Er verschmähte ihn grundsätzlich; gegenüber der französi-
schen Sittenlosigkeit, wie sie fast alle Höfe beherrschte, wollte er ein guter und
strenger deutscher Hausvater, sowohl in seiner Familie als auch in seinem Lande
sein: gegenüber französischem Modetand und Prunk sollte deutsche fromme Sitte
bei ihm herrschen. Schon in dieser Charakterstärke, mit der er sich dem Strome
seiner Zeit entgegenwarf, zeigt sich Friedrich Wilhelm I. groß; er zeigte sich so
noch vielmehr in dem Sinn und Geist, wie er die Verwaltung seines Staates
ordnete. Alle Zweige derselben liefen in dem Generaldirektorium zusam-
men; über alle hatte er, gleich einem großen Gutsbesitzer, selber die Uebersicht,
in allem schärfte er Sparsamkeit ein. So schuf er nach eigenem Vorbilde einen
Beamtenstand, der einfach, knapp gehalten, aber gewissenhaft gleich dem König
selbst, die Maschine der Staatsverwaltung ausmachte; eine Staatsordnung, an
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Friedrich Wilhelm_I. Eugen Eugen Friedrich Friedrich Friedrich_I. Friedrich_I. Friedrich
der_Große Friedrich Sophie_Char-
lotte_von_Hannover Leibnitz Hermann_August_Franke's August Friedrich_I. Eberhard_von_Dunkelmann Wartenberg Friedrich Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Wien Berlin Charlottenburg Berlin Generaldirektorium
286 Preußen als Königreich. Friedrich I. Friedrich Wilhelm I. § 468—469.
Herren Ländern zusammengeworbenen Leuten eingeübt; doch konnte zu einiger
Entschuldigung die Rohheit der Soldaten selber dienen.
8 469. Nicht häufig hat Friedrich Wilhelm I. in Kriege eingegriffen.
Als er zur Regierung kam, schloß der spanische Erbfolgekrieg, und im Frieden
von Utrecht (§ 444.), dem er beitrat, erhielt er, noch aus der oranischen Erb-
schaft, einen Theil des Herzogthums Geldern (§ 361.). Doch hat er später
noch zweimal sein Heer benutzt. Zum ersten Male gegen die Schweden.
Karl Xii., der im nordischen Kriege seine glänzende Laufbahn begonnen
(§ 465.), hatte vor allem August Ii. seinen schweren Zorn suhlen lassen, und
das unglückliche Sachsen büßte so den Ehrgeiz seines der Fremde zugewandten
Königs. Denn 1706 war Karl auch in Sachsen eingebrochen, hatte es furcht-
bar ausgesogen, und hier mitten in Deutschland von August Ii. den Frieden
zu Altranstedt 1707 erzwungen. Nebenbei hatte er, dem Beispiel seines
großen Vorfahren Gustav Adolfs getreu, den hart gedrückten Protestanten in
Schlesien von Oestreich Duldung erzwungen. Darauf hatte er sich in die Oeden
Rußlands gestürzt, war bei Pultawa von Peter dem Großen geschlagen 1709,
und vertrotzte danach bei den Türken fünf kostbare Jahre, während -welcher seine
Feinde, Rußland, Polen, Dänemark, von allen Seiten nach Schwedens Ländern
griffen. Da auch Vorpommern von Rußland und Dänemark- bedroht war,
hatte die Schwedische Regentschaft in des Königs Abwesenheit den König Frie-
drich Wilhelm 1713 selber aufgefordert, als neutrale Macht das Land zu be-
setzen. Da aber der Commandant von Stettin die Stadt nicht ohne besonderen
Befehl seines Königs hatte herausgeben wollen, hatten Sachsen und Russen sie
mit den Waffen erobert, dieselbe aber später gegen 400,000 Thaler Kriegskosten
an Friedrich Wilhelm I. abgegeben. Als Karl Xii. endlich von den Türken
zurückkehrte, 1714, wollte er von diesem ganzen Vertrage und von Rückzahlung
jener Summe nichts wissen. So trat denn Friedrich Wilhelm I. den Feinden
Karls, obwohl er ihn persönlich hochhielt, bei. Er belagerte ihn zugleich mit
den Dänen in Stralsund, und nahm die Stadt. Kaum rettete sich Karl Xii.
selbst, und zwar durch Friedrich Wilhelms edelmüthige Schonung. Noch ehe
dann Karl Xii. vor Friedrichshall 1718 sein trauriges Ende fand, brach
Schwedens Macht unter ihm zusammen. Die Preußen besetzten abermals Vor-
pommern und nahmen auch Rügen und Stralsund; Georg I., seit 1714 König
von England, doch in seinem Herzen noch immer Hannover zugewandt, kaufte
für Letzteres die durch Dänemark besetzten schwedischen Gebiete von Bremen
und Verden, welche es im Frieden von Stockholm 1720 dauernd erwarb.
Dänemark dagegen brachte den Theil ^ von Schleswig an sich, der dem Hause
Holstein-Gottorp (§ 254. Anm.) gehörte, mit welchem Karl Xii. verschwägert
war. An Preußen kam durch diesen Frieden Vorpommern bis zur Peene:
nur die äußerste Spitze des Landes mit Greifswald, Stralsund und der Insel
Rügen blieben noch schwedisch (bis 1815). Friedrich Wilhelm freute sich be-
sonders über die Erwerbung von Stettin, da er durch diese Seestadt „einen
Fuß am Meere habe, um am Commercio der ganzen weiten Welt Antheil neh-
men zu können." So war denn die eine Macht, die durch den 30 jährigen
Krieg sich eingedrängt, wieder vom deutschen Boden gestoßen, besonders durch
preußische Waffen Dagegen freilich hatte sich unter Peter des Großen kühner
Regierung Rußland erhoben, welches die meist deutsch colonisirten Ostseeländer,
Livland, Esthland, Carelien, Jngermannland, durch den Frieden von
Nystädt 1721 von Schweden (§ 398), abgetreten erhielt, und auch bereits in Kurland
seine Herrschaft feststellte. — Rußland ward nun die Großmacht, die an Schwedens
Stelle ein drohendes Uebergewicht im Norden Europas erlangte. Es waren
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Friedrich Wilhelm_I. Friedrich_Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I. Karl_Xii Karl August Karl Karl August Gustav_Adolfs Gustav Adolfs Oestreich Peter_dem_Großen Wilhelm Friedrich Wilhelm_I. Karl_Xii Karl Friedrich Wilhelm_I. Karls Karl_Xii Karl Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Karl_Xii Karl Schwedens Georg_I. Dänemark Karl_Xii Karl Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Utrecht Schweden Sachsen Sachsen Deutschland Polen Dänemark Schwedens Stettin Sachsen Karls Stralsund England Stockholm Schleswig Greifswald Stralsund Stettin Livland Esthland Carelien Jngermannland Schweden Kurland Schwedens Europas
Friedrich's Ii. Jugend- und Regierungsantritt. § 472—474. 289
durch Süddeutschland im Jahre 1730 ausführen wollte. Entdeckt, verhaftet,
vom Vater mißhandelt, ward er gefangen als Deserteur vor ein Kriegsgericht
gestellt; eine Zeitlang schien es, als wolle der Vater Ernst machen mit der
Drohung der Todesstrafe, welche auszusprechen jedoch das Kriegsgericht sich
standhaft weigerte. Doch endete durch Henkersschwert sein Freund und der
Helfer seiner Flucht Lieutenant von Katte, unter dem Fenster von Friedrich's
Gefängniß in Küstrin. In dieser Noth bildete in Friedrich sich ein männlich
kräftiger, aber auch herber, scharfer, verschlossener Sinn, im schroffen Gegensatz
gegen sein zugleich edles, weiches und der Liebe und Freundschaft bedürftiges
Herz. Er gab dem strengen Vater nach, wo er konnte, fügte sich später in
die, von demselben ihm bestimmte Ehe (mit Christine von Braunschweig-Bevern)
und lebte ihm auch da zu Gefallen, wo seine Neigungen ganz andere waren.
Der Vater aber ließ den Prinzen erst eine strenge, ihm sehr heilsame Arbeits-
zeit aus der Domänenkammer zu Küstrin durchmachen, nahm ihn dann, bei der
Vermählung der Prinzeß Wilhelmine mit dem Markgrafen von Baireuth, wie-
der zu Gnaden an, ja schenkte ihm später Schloß Rheinsberg bei Neu-
Nuppin. Hier hielt der Prinz seit 1736 seine eigene Hofhaltung, und verlebte
seine glücklichsten Tage im Kreise geistvoller Freunde, die gleich ihm Musik, Li-
teratur. Witz und feine Unterhaltung liebten. Der polnische Thronsolgekrieg
(H 470.) führte ihn 1734 auf kurze Zeit zu einem ersten Feldznge unter dem
nun gealterten Prinz Eugen an den Rhein, ließ ihn aber mehr die Schwächen
des bereits sinkenden östreichischen Heerwesens erkennen, als daß er ihn militärisch
sehr gefördert hätte. Sonst beschäftigte er sich mit eifrigen Studien, die sowohl
dem Staatswesen, der Kriegs- und Regterungskunst, wie den schönen Wissen-
schaften angehörten. Nur die ihn ganz genau kannten, wußten, daß sein Herz
auch von kriegerischem Ehrgeiz brannte, und daß er, mehr noch als ein Dichter
und Philosoph, ein großer König zu sein wünschte.
§ 473. Als er dem Vater, zu dem in der letzten Zeit das Verhältniß
ein fast herzliches geworden war, folgte (31. Mai 1740), glaubten die meisten
seiner Unterthanen, es werde nnn eine goldene, ungestörte Zeit des Friedens,
der Künste und Wissenschaften beginnen. Der junge König schien diese Wege
auch wirklich einschlagen zu wollen. Er ries den, vom Vater „bei Strafe
des Stranges" aus Halle verwiesenen Philosophen Wolf (§ 449.) nach Preußen
zurück, gab die Riesengarde und die wilden Jagdvergnügungen des Vaters auf
und zog geistreiche Franzosen an die neu belebte Akademie. Seine ersten
Gesetzesverfügungen hoben Reste'alter Barbareien, z. B. die Folter, auf. Dann
ließ er sich in den Hauptstädten der Provinzen huldigen, machte die alte Reise-
route des Vaters an die hohenzollernschen Höfe in Süddeutschland (§ 276.)
und ging dann von Straßburg den Rhein hinab nach Cleve. Hierher ließ er
Voltaire kommen, den französischen Dichter und Philosophen, der sich schon
mit einem königlichen Jncognitobesuch in Brüssel geschmeichelt hatte. Dann
kehrte er nach Potsdam, wo seit seines Vaters Zeiten die Residenz war, zurück.
§ 474. Da starb Karl Vi., 20. Okt. 1740, und laut der pragmatischen
Sanction (§ 446) sollte ihm in den östreichischen Erblanden seine Tochter Ma-
ria Theresia folgen. Preußen hatte zwar unter Friedrich Wilhelm I. die
pragmatische Sanction anerkannt, aber nur vorbehaltlich seiner Ansprüche auf
Berg, welche, wie oben gezeigt, vom Kaiser Karl Vi. gefliffentlich hintangesetzt
waren. Der gegenwärtige Augenblick war für Friedrich zu günstig, als daß er
ihn hätte verpassen sollen. Er hatte unzweifelhafte Rechte auf die schlesischen
Herzogtümer. Auf diese Rechte berief sich jetzt Friedrich Ii., obwohl in sei-
nem Geiste die Lust zu handeln und zu erwerben ohne Zweifel noch mehr den
David Müller. Geschichte des deutschen Volkes. 19
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Extrahierte Personennamen: Ernst Katte Friedrich Christine_von_Braunschweig-Bevern Wilhelmine Baireuth Eugen Eugen Cleve Karl_Vi Karl Theresia Friedrich_Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I. Karl_Vi Karl Friedrich Friedrich Friedrich_Ii Friedrich David_Müller David
Extrahierte Ortsnamen: Küstrin Friedrich Rheinsberg Rhein Süddeutschland Rhein Potsdam
1. u. 2. schlesische Krieg. Der östreichische Erbfolgekrieg. §. 475—477. 291
Ordenslande Preußen weder als Reichsland gerechnet noch mit eingekreist (§ 244.)
worden. Doch das Volk fühlte und dachte deutsch, und fast am frühesten, mit
warmem Eifer, nahm es die Reformation auf, die von den Fürsten und Ebel-
leuten des Landes gleicherweise begünstigt wurde und' fast ohne Widerstand
siegte. Aber feit der Mühlberger Schlacht (§ 365.), mehr noch seit Rudolfs
und Ferdinand's Ii. jesuitischer Regierung, besonders seit dem Siege am weißen
Berge und Fricdrich's V. Fall (§ 387.] hatten unaussprechliche Bedrückungen
begonnen. Die politische wie die religiöse Freiheit des Landes ward gebrochen,
und noch unter Leopold I. (Ferdinand's Ii. abgeschwächtem Ebenbilde) war der
Druck und die Verfolgung der gequälten Protestanten so arg, daß sogar der
durch das Land ziehende Karl Xii. (§ 469.) seine gewichtige Stimme für sie
beim Kaiser erheben mußte. Trotz aller Bedrückung, die auch unter Karl Vi.
nicht aushörte, blieben aber die Protestanten im Lande zahlreich und mächtig,
und sie waren geneigt, jetzt in den einrückenden Preußen eher Befreier als Er-
oberer und Feinde zu sehen.
§ 476. Mit dem Einrücken in Schlesien aber hatte der junge König einen
europäischen Krieg entzündet. Denn gleichzeitig und durch Preußens Vorgehen
noch mehr ermuthigt, trat auch der Kurfürst von Baiern mit Ansprüchen aus
sämmtliche deutsch-östreichische Erblande hervor. Dieser, Karl Albert, leitete
seinen Stamm von einer Tochter Kaiser Ferdinand's I. her und berief sich aus
ein Testament desselben, welches nach Aussterben der männlichen (in der Thal
aber hieß es nur der „ehelichen") Nachkommenschaft, dem Hause Baiern das
Successionsrecht zusagte; auch war seine Gemahlin eine Tochter Kaiser Joseph's I.
Obwohl ein sehr untüchtiger Mann, ohne Geld, ohne Heer und ohne alle nöthigen
Vorbereitungen, erhob er doch seine Ansprüche, vertrauend auf die Hilfe Frank-
reichs, die der ränkevolle, sittenlose Hof Ludwig's Xv. ihm auch zusicherte, und die
er durch schimpfliche Demuth sowie durch Verheißung neuer Abtretungen am
Rhein erlangt hatte. So begann gleichzeitig mit Friedrich's erstem schlesischen
Kriege (1740 -1742) von dieser andern Seite der östreichische Erbfolge-
krieg (1740 —1748). Den genannten Mächten, die sich zu Nymphen-
burg, einem baierischen Luftschlosse, feierlich verbündeten (1741), schlossen sich
noch Spanien, Sardinien und später auch Sachsen an. In letzterem Lande
hatte August des Iii. Minister, der gewissenlose und eitle Brühl, allen Ein-
fluß über seinen schwachen Monarchen, und man hoffte leichten Kaufes in Böhmen,
Mähren und Schlesien gleichfalls große Gebiete erwerben zu können. Für
Maria Theresia erklärten sich nur England, Holland' und Rußland, ohne jedoch
gleich thatkrästig in den Krieg einzugreisen. —
§ 477. Friedrich Ii. hatte den nun eintretenden Fall des Ablebens
Karl's Vi. längst in's Auge gefaßt, und benutzte die ihm vom Vater hinter-
lassenen, von ihm noch vermehrten Truppen, sowie den wohlgefüllten Schatz des
Staates auf das rascheste und beste. Plötzlich, im Dezember 1740, war er in
Schlesien eingerückt und hatte das Land fast ohne Schwertschlag besetzt, denn
Maria Theresia war aus einen Angriff von dieser Seite her nicht gefaßt und hatte
nur geringe Besatzung hier. Den Oberbefehl über die Preußen führte der junge
König selber. Breslau, das sich gewisser reichsstädtischer Freiheiten erfreute, ward
für neutral erklärt, dann Glogau erobert, und Neiße und Brieg einstweilen ein-
geschlossen. Erst nachdem er sich Schlesiens bemächtigt und in einer öffentlichen
Kundmachung seine Anrechte auf dies Land dargelegt hatte, ließ er in Wien er-
klären: er wolle Maria Theresia bei der pragmatischen Sanction schützen, wenn
sie seine Rechte auf Schlesien anerkenne. Da dies Anerbieten zurückgewiesen
ward, so nahm der Krieg seinen Fortgang. Mit dem Frühling 1741 erschien
19*
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Extrahierte Personennamen: Rudolfs Leopold_I. Karl Karl_Vi Karl Karl_Albert Karl Demuth August Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich_Ii Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia Maria_Theresia Maria Theresia
Extrahierte Ortsnamen: Rudolfs Baiern Baiern Rhein Spanien Sardinien Sachsen England Holland Karl's Breslau Brieg Wien
1. u. 2. schlesische Krieg. Der östreichische Erbfolgekrieg. § 480—481. 293
1743). Karl Albert, aus seinem Lande vertrieben, war in der kläglichsten Lage.
Darauf schlossen Oestreich, England, Holland und Sardinien ein
neues Bündniß zu Worms, in welchem der Königin alle ihre Länder gewähr-
leistet (garantirt) wurden, ohne daß Schlesien hiebei namhaft oder ausdrücklich
ausgenommen ward. Auch Sachsen, das sich durch den Breslauer Frieden in
seinen Hoffnungen ans Oberschlesien von Friedrich getäuscht sah, ward für den
Bund gewonnen. Friedrich Ii. sah in alle dem mit Recht einen sich vorberei-
tenden Angriff, um ihm Schlesien wieder zu entreißen, und die Klugheit gebot,
Baiern und Frankreich nicht ganz erst niederwerfen zu lassen. So erklärte er
sich für den bedrängten Kaiser, und zog mit 80,000 Mann „kaiserlicher Hilfs-
völker" in Böhmen ein (im August 1744), während zu gleicher Zeit die Fran-
zosen wieder vom Rhein her vordrangen. So begann der zweite schlesische
Krieg 1744—1745. Friedrich fand Böhmen fast unbesetzt, nahm Prag, und
drang bis weit in den Süden vor. Dennoch endete der Felozug dieses Jahres
nicht günstig für ihn. Mangel, die Feindseligkeit der katholischen Bevölkerung,
und die Zerstörung einiger seiner Vorrathsmagazine, zwangen ihn, gegen den
Herbst sich nach Schlesien zurückzuziehen. Ja, da die Franzosen ihm von Westen
her wenig Hilfe schafften, so konnten die Oestreicher in dies Land nachdringen,
und im Laufe des Winters einen großen Theil desselben besetzen. Zu ihnen
hatten sich die Sachsen gesellt, und Friedrich fand im folgenden Jahre, 1745,
einen überlegenen Feind sich gegenüber und sah sich in um so größerer Be-
drängniß, als seine Kaffen erschöpft waren. Aber die glänzende Schlacht von
Hohensriedberg oder Striegau (4. Juni 1745) rettete ihn. Das preu-
ßische Fußvolk wie die Reiterei wetteiferte hier in Heldenthaten; das einzige Re-
giment Bayreuth unter General Geßler nahm 66 Fahnen. Der Sieg machte
es ihm möglich, ganz Schlesien vom Feinde zu reinigen und sogar nach Böhmen
einzudringen. Hier stellten sich ihm neue Schwierigkeiten entgegen und schon
war er aus dem Rückwege nach Schlesien, da übersiel ihn der überlegene Feind
bei Sor (30. Sept. 1745); aber wieder wandte die preußische Tapferkeit die
Ucberraschung in Sieg. Friedrich kehrte jedoch nach Schlesien zurück. Der
Feind hielt ihn für so geschwächt, daß Oestreicher und Sachsen einen Angriff
auf die Marken zu unternehmen gedachten. Aber bei Hennersdorf (in der
Nähe von Görlitz) schlug er die Sachsen und rückte dann auf Dresden zu,
während von Magdeburg her Elbaufwärts Leopold von Dessau heranzog.
Schon unterhandelte England über den Frieden, als dieser, angespornt durch ein
scharfes Schreiben des Königs, Sachsen und Oestreicher auf den übereisten Höhen
bei Kess.elsdorf (unfern Dresden) angriff und schlug (15. Dec. 1745.). Es
war die letzte Heldenthat des „alten Dessauers," der bald darauf starb. Dem
Siege folgte der Friede von Dresden auf dem Fuße 25. Dec. 1745. Er
war einfach eine Bestätigung des Breslauer Friedens, nur mit sehr ungünstigen
Bedingungen für Sachsen; auch wandte jetzt Friedrich seine Kurstimme dem Ge-
mahl der Kaiserin, Franz von Lothringen zu, der bereits als Franz I.
zum Kaiser gewählt war.
8 481. Außerdem aber hatte Friedrich während dieses Krieges noch eine
andere höchst wichtige Erwerbung gemacht. Durch seinen Bundesgenossen, Kaiser
Karl Albert, erhielt er die Bestätigung einer alten Anwartschaft des Hauses
Brandenburg auf Ostfrisland. Als hier 1744 das Haus der Cirksena aus-
starb (Z 319) besetzte er dasselbe mit kaiserlicher Bewilligung und zog es zu
Preußen. Das Land, sehr günstig am Meere belegen, erfreute sich zwar von
nun an Friedrichs besonderer Fürsorge, eine Seemacht aber von hieraus (wie
sein Ahn, der große Kurfürst, es im Auge gehabt) hat Friedrich, der von Land-
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Extrahierte Personennamen: Karl_Albert Karl Friedrich Friedrich Friedrich_Ii Friedrich August Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Leopold_von_Dessau Leopold Friedrich Friedrich Franz_von_Lothringen Franz Franz_I. Friedrich Friedrich Karl_Albert Karl Friedrichs Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: England Holland Sardinien Worms Sachsen Oberschlesien Baiern Frankreich Rhein Sachsen Hohensriedberg Schlesien Sachsen Sachsen Dresden Magdeburg England Sachsen Dresden Dresden Sachsen Brandenburg Cirksena
300 Der 7jährige Krieg, V) Die Jahre 1758 und 1759. § 493-494.
Sie, daß Sie Preußen sind. Ist aber einer unter Ihnen, der sich fürchtet,
die letzte Gefahr mit mir zu theilen, der kann noch heute seinen Abschied er-
halten, ohne einen Vorwurf von mir zu hören." Des Königs großes Auge
ging fragend in der Versammlung umher: auf allen Gesichtern war die Ant-
wort der erprobten Männer in glänzenden Zügen zu lesen; dann fuhr er im
Ton des Königs fort: ,,Das Regiment Cavallerie, das nicht gleich, wenn es
befohlen wird, sich unaufhaltsam in den Feind stürzt, lasse ich gleich nach der
Schlacht absitzen und mache es zu einem Garnisonregimente. Das Bataillon
Infanterie, das, es treffe worauf es wolle, nur zu stocken anfängt, verliert die
Fahnen und die Seitengewehre und ich lasse ihm die Borten von der Monti-
rung abschneiden. Nun leben Sie wohl, meine Herren; in kurzem haben wir
den Feind geschlagen, oder wir sehen uns me wieder." — Der Tag der Schlacht
brach an (5. Dec. 1757). Die Soldaten stimmten den Gesangvers an: „Gieb
das ich lhu' mit Fleiß, was mir zu thun gebühret " Aus den Schaaren der
aufreitenden Seidlitz'schen Kürassiere rief es wohlgemuth: Es ist heute wieder
der fünfte! und „Roßbach!" hallte die Antwort durch das Heer. Friedrich
aber rief seinen treuen Ziethen heran und ließ sich einen Offizier mit 50 Mann
zur Bedeckung geben. „Ich muß mich, sprach er zu diesem, heut mehr aus-
setzen als gewöhnlich. Falle ich, so bedeckt Er den Körper gleich mit Seinem
Mantel, und sagt Keinem ein Wort. Die Schlacht geht fort und der Feind
— der wird geschlagen." Friedrich benutzte auch hier mit meisterhaftem Blick
die Beschaffenheit der Gegend, die er noch dazu ganz genau von früheren Ma-
növern her kannte. Hinter einer Wand niederer Hügel zog er unbemerkt den
größten Theil feiner Infanterie zusammen und warf sie dann, in der sogenannten
schiefen Schlachtordnung, auf den überraschten linken Flügel der Oestreicher.
Als diese noch einmal durch einen großen Reiterangriff den Sieg an sich zu
reißen suchten, faßte sie Seidlitz mit seiner Reiterei und schlug dann auch den
rechten Flügel in der Ebene zu Boden. Der Sieg war erfochten und die kalte
Herbstnacht breitete sich über das blutige Schlachtfeld; da erhob ein preußischer
Grenadier den Gesang: „Nun danket Alle Gott", und aus tief bewegter Seele
fiel sein ganzes Bataillon ein, dann Regiment auf Regiment, auch die Feld-
musik begleitete feierlich, und das ganze Heer sang „mit Herz und Mund und
Händen das Lied zu Gottes Ehr." — Friedrich, der an demselben Abend zu
Lissa nur durch seine große Geistesgegenwart persönlicher Gefangennahme ent-
ging, trieb den Feind noch vor Ende des Jahres aus ganz Schlesien, nahm
Breslau wieder, und ging auch jetzt noch ohne Verlust und mit glänzendem
Ruhm aus dem Feldzuge dieses Jahres.
5. Der siebenjährige Krieg 1756 — 1763. 1») Die Jahre
1758 u. 1759.
§ 494. Noch vor Ende des Jahres 1757 ward Seitens der Engländer
der Krieg auf dem Festlande kräftiger angegriffen. Der große Minister Pitt
setzte im Parlament die Verwerfung der Convention von Kloster Zeven (§ 491.)
und die Rückberufung Cumberland's durch; dann ward Friedrich der Große
aufgefordert, dem englisch-deutschen Hilfsheer einen Feldherrn vorzuschlagen.
Einen solchen gab der König in dem Herzoge Ferdinand von Braun-
schweig, der auch im Winter 1758 den Feldzug gegen die Franzosen eröfsnete,
die, ohne Zügel und Zucht, jetzt unter Clermont standen. Er scheuchte sie
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich_der_Große Friedrich Ferdinand
Der 7jährige Krieg, b) Die Jahre 1758 und 1759. § 494-496. 301
in eiliger Flucht aus den Winterquartieren in Hannover und Westfalen, bis
zum Niederrhein, trieb sie hinüber und lieferte ihnen, im Laufe des Sommers,
die siegreiche Schlacht bei Crefeld (23. Juni). Als später ein französisches
Heer unter Soubise über den Mittelrhein rückte, mußte er zurückgehn, doch gelang
es ihm, den Westen bis zur Weser hin selbst gegen den tüchtigeren General
Contades gedeckt zu halten.
§ 495. Friedrich hatte zuerst Schweidnitz wieder erobert; dann machte
er einen Einfall nach Mähren. Er glaubte so am besten Sachsen vor einem
Angriff der Oestreicher zu decken, denn hier stand sein Bruder, Prinz Heinrich,
mit nur geringen Streilkräften. Die Belagerung von Olmütz hielt ihn dann
bis in die Sommermonate auf; hier wurden die Aussichten immer ungünstiger,
zumal seit die Oestreicher unter Laudon einen Munitionstransport, den Ziethen
heranführen sollte, aufgefangen hatten. Er hob deshalb die Belagerung auf,
und durch einen bewunderungswürtigen Rückzug brachte er sein Heer durch
Böhmen über Königgrätz nach Landshut. Hier trafen ihn neue schlimme Nach-
richten. Die Russen unter Fermor waren abermals in Preußen einge-
rückt, halten diesmal die ganze Provinz besetzt, diese aber wie ein erobertes
Land, in welchem auch schon der russischen Kaiserin gehuldigt war, gnävig be-
handelt. (Friedrich hat die willige Unterwerfung der Provinz nie verziehen und
sie nie wieder betreten). Dann waren sie mit furchtbaren Verwüstungen durch
Pommern und die Neumark vorgedrungen bis zur Oder, und standen jetzt
in der Nähe des von ihnen eingeäscherten Küstrin auf dem rechten Ufer der-
selben. Da eilte Friedrich zum Schutz und zur Rache herbei. Das verödete
Land, der Jammer seiner geplünderten Unterthanen entrüsteten ihn so, daß er
gebot, keinen Pardon zu geben. Auch bei den Russen reizte die Nachricht da-
von die Erbitterung, und es stand eine furchtbare Entscheidung bevor. Friedrich
traf den 50,000 M. starken Feind bei Zorndorf (25. Aug. 1758), noch
nach alter halb-barbarischer Weise in ein großes Schlachtviereck aufgestellt; es
begann eine furchtbare Blutarbeit, da die (zum Theil betrunkenen) Russen nicht
vom Platze wichen und reihenweise mit den Kolben niedergeschlagen wurden.
Zuletzt nahm Seidlitz, der Sieger von Roßbach, mit der Reiterei die feind-
lichen Kanonen und rollte den einen Flügel auf. Die Russen zogen sich zurück,
aber auch die Preußen hatten schwere Verluste gehabt, und es hatte sich gezeigt,
daß die alten Kerntruppen dahin waren. —
§ 496. Nun eilte Friedrich nach Sachsen, wo sein Bruder Heinrich nur
mühsam sich der Oestreicher unter Daun und der Reichsarmee erwehrte, ohne
daß er zuvor Schlesien, wo inzwischen seine Hauptfestung Neisse ihm entrissen
wurde, entsetzen konnte. Auf die Nachricht von seinem Annahen legte sich ihm
Daun zwischen Bautzen und Görlitz in den Weg. Friedrich aber, der diesen
vorsichtigen, zögernden General zu sehr verachtete, bezog unter den Augen des-
selben beim Dorfe Hochkirch ein sehr ungünstig gelegenes Lager, trotz der Ab-
mahnung aller seiner Generale. Drei Tage stand Friedrich auch unangefochten,
bis er am Tage des festgesetzten Abmarsches in der Frühe des 14. Oktobers
hier überfallen wurde. In dem brennenden Dorfe selbst erhob sich ein ver-
zweifelter Kampf; die Preußen wurden hinausgeschlagen und verloren eine
Menge Geschütze; Friedrich selbst war in Lebensgefahr, an seiner Seite fielen
seine Freunde Keith und der Herzog Franz von Braunschweig; aber
dennoch wich der Muth und die Ordnung nicht von der braven Schaar. Schon
11 Tage nachher stand Friedrich, der seinen Bruder Heinrich an sich gezogen,
in Schlesien und entsetzte Neisse und Kosel. Auch dieses Jahres Feldzug hatte
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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TM Hauptwörter (200): [T198: [Friedrich Schlacht Heer Schlesien Sachsen Armee Sieg General Mann Feind], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T170: [Schlacht Leipzig Franzose Preußen Napoleon Heer Herzog Ferdinand Jena Braunschweig]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Seidlitz Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Keith Franz_von_Braunschweig Franz Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich