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1. Geschichte des deutschen Volkes - S. 281

1867 - Berlin : Vahlen
Der große Kurfürst. Die Schlacht von Fehrbellin. § 460—462. 281 § 460. So war der Krieg überall zu Ende geführt. Aber die Verbün- deten des Kurfürsten hatten bereits mit Ludwig Xiv. ihren Frieden ohne ihn gemacht (zu Nymwegen 1678 § 436.). Es war der Neid Oestreichs, das den bisher treu Verbündeten im Stiche ließ. Gegen Ludwig Xiv. allein ge- lassen, der alsbald Cleve, dann Mark, Ravensberg und Minden besetzte, ver- mochte Friedrich Wilhelm nichts, und Ludwig verlangte die Zurückgabe alles dessen, was den Schweden abgenommen war. Seufzend bequemte sich endlich der Kurfürst, wünschend, daß aus seinen Gebeinen der Rächer erstehen möge, der die Schmach an dem treulosen Bundesgenossen vergölte. Im Frieden von St. Germain 1679 gab er alles eroberte Land den Schweden zurück, die somit noch ferner deutsches Reichsland behaupteten. § 461. Zu dieser Kränkung für den Kurfürsten kam eine neue. Im Jahre seines Sieges bei Fehrbellin (1675) war das Herzogshaus von Liegnitz, Brieg, Wohlau ausgestorben und nach dem alten Vertrag von 1537 (8 450.) mußten auch diese Länder an Brandenburg fallen. Aber Oestreich behauptete sie als böhmisches Lehen für sick und zog sie ein (nur später gab es an den Kurfürsten den Kreis Schwiebus als eine geringe Entschädigung). Man konnte es in Wien unverblümt hören, ,,es gefalle Kaiserlicher Mayestät nicht, daß sich ein neues Vandalenreich an der Ostsee hervorthue." Selbst die Türken- hilfe, die der Kurfürst mehrfach in der nun folgenden Bedrängniß Oestreichs bot (§ 440.) ward abgelehnt, weil man bei solcher Gelegenheit eine kriegerische Besetzung dieser Provinzen fürchtete. — Tief verstimmt über seine Bundesge- nossen, näherte sich Friedrich Wilhelm in den Jahren nach dem Frieden von St. Germain mehr Ludwig Xiv.; ein unnatürliches Verhältniß, das auch nicht lange Bestand hatte. Ja er that mehr. Spanien schuldete ihm aus dem letzten Kriege noch Hilssgelder, die es nun nickt zahlen wollte. Da griff er es mit seiner kleinen Flotte zur See an. Friedrich Wilhelm hatte nämlich schon vor dem Kriege, überzeugt, wie wichtig eine Seemacht sei, begonnen, mit Hilfe hol- ländischer Schisfsbaumeister sich eine Flotte zu verschaffen; sie bestand damals aus zehn Fregatten, die bereits den Schweden schwer zu schaffen gemacht hatten. Mit dieser Flotte nahm er verschiedene spanische Handelsschiffe als gute Prise; dagegen mißrieth es freilich, die Silberslotte, die alljährlich die Schätze der ame- rikanischen Bergwerke nach Spanien trug, aufzuheben, und von Stürmen und dem überlegenen Feind gedrängt, mußten die brandenburgischen Schiffe in einem portugiesischen Hafen Zuflucht suchen. — Um dieselbe Zeit gelang es ihm, durch Einmischung in einen Streit der Familie der Cirksena in Ostfrisland (8 319.) mit Einwilligung des Kaisers die Städte Emden und Greetsyl, die besten Hafenpunkte an der Nordsee, die den Dollart beherrschen, zu besetzen. So fingen durch den großen Kurfürsten die abenteuerlichen Pläne Wallensteins auf eine deutsche Seemacht langsam und praktisch zur Wahrheit zu werden an. Da eine Seemacht ohne Colonien nicht denkbar ist, so besetzte er, nach Unter- handlungen mit verschiedenen Negerstämmen, einen Strich an der Goldküste in Afrika, wo das Fort Groß-Friedrichsburg gebaut ward, und erhandelte von den Dänen einen Theil der Insel St. Thomas in Westindien. Doch hatten diese an ungünstigen Orten gegründeten, und bald noch vom Neid der Holländer bedrohten Colonien kein Glück, und wurden bereits von seinem zweiten Nach- folger ganz aufgegeben. 8 462. So war Friedrich Wilhelm rastlos thätig, selbst da, wo seiner geringen Macht die Verhältnisse überwältigend in den Weg traten. Mit Lud- wig Xiv., diesem so anders gearteten Herrscher, zerfiel er bald über die Pro- testanten. Dieser hatte 1685 das Edict von Nantes, das den Hugenotten Dul-

2. Geschichte des deutschen Volkes - S. 282

1867 - Berlin : Vahlen
282 Der große Kurfürst. Die Schlacht von Fehrbellin. § 462—463. düng gewährte, aufgehoben, und diese seine andersgläubigen Unterthanen auf jede mögliche Weise gedrängt, um sie zur katholischen Kirche zurückzuführen; denn wie er nur einen Königswillen kannte, so erkannte er auch nur einen Glaubenin Frankreich an. Der große Kurfürst, der sich als den Beschützer aller Protestan- ten fühlte und auch in allen deutschen Ländern, wo man sie bedrückte, sich ihrer eifrig und wirksam annahm, öffnete den armen Flüchtigen, die ihren Gewerb- fleiß und ihre Geschicklichkeit mitbrachten, seine Länder. Schon darüber zürnte Ludwig; dann aber bot der Kurfürst dem Vetter seiner Frau, Wilhelm Iii. von Oranien (§ 438.), die Hand, um ihm den englischen Thron verschaffen zu helfen, von welchem jener, im Einverständniß mit dem großen Adel Englands, seinen Schwiegervater Jakob Ii. herabzustürzen sich anschickte. Ludwig Xiv., in dessen Sold und Abhängigkeit Jacob Ii. stand, erfuhr von diesen Verhand- lungen und faßte neuen Haß gegen Friedrich Wilhelm. Doch erlebte letzterer die Ausführung dieser Plane nicht mehr, aber hinterließ sie als erste Ausgabe seinem Sohne Friedrich Iii. § 463. So steht der große Kurfürst als der einzige, wahrhaft große Herrscher da, den Deutschland im 17. Jahrhundert hervorgebracht. Er hat dem so traurigen Westfälischen Frieden seine ersten Segnungen abgewonnen. Denn, indem derselbe Deutschlands Reichsform auflöste und aus den Fürsten souveräne Herren machte, hat Friedrich Wilhelm auch zuerst als solcher gehan- delt, aber im Sinne und zum Heile Deutschlands; er hat die neue Macht auf- gebaut, die au die Stelle des verfallenen Kaiserthums hinaufwachsen mußte. Bei seiner geringen Macht hat er durch Bündnisse, die er in und außer Deutsch- land schloß, das Uebergewicht eines Reiches in Europa zu hindern gewußt, besonders dem übermächtigen Ludwig Xiv. engegengearbeitet. Seine Pfade hat später der Oranier Wilhelm Iii. (§ 438.) mit größerer Macht und darum mit noch größerem Erfolge betreten. In den oft treulosen und gewaltthätigen Staatskünsten seiner Zeit wohl erfahren, hat er seinen Einfluß aufzubauen ver- standen, indem er nicht minder ein kühner Kriegsmann war; mit geringen Mitteln hat er einen großen Staat begründet? Aber die Heldengestalt des großen Kurfürsten verwandelt sich in die eines sorgenden Hausvaters, wenn wir seine innere Verwaltung betrachten. Weise und sparsam erhöhte er die Hilfs- quellen seines Landes, und obwohl er die Steuerkraft desselben stark anspannte, so wuchs doch der Wohlstand der Bevölkerung. Die Aufnahme der französischen Flüchtlinge, denen dann sein Sohn in Berlin eine eigene Colonie einräumte, hob die noch in der Kindheit liegende Industrie. Durch Straßen und Kanäle erleichterte und mehrte er den Verkehr. Sein Hauptwerk in dieser Beziehung ist der Friedrich-Wilhelms- oder Müllroser-Canal, der Oder und Spree und somit Oder und Elbe verband. Und dieser Mann, der das Größeste in seinem Geiste umfaßte, dessen Gesandte und dessen Hof bei feierlichen Gelegen- heiten der Sitte der Zeit gemäß in glänzenden! Prunk auftraten, war daheim einfach, schlicht bürgerlich und kindlich. Er hat in Potsdam selber die Karpfen- teiche gefischt, im Lustgarten von Berlin seine Tulpenzwiebeln begossen, den ersten Blumenkohl in den Marken gezogen, und die eingekauften Singvögel selbst vom Markte im Käfig nach Hause getragen. Als politischer Charakter nicht immer vorwurfsfrei (gleich Gustav Adolf), war er im häuslichen Leben voll tiefer, echter Frömmigkeit. In würdiger, liebevoller Weise stand ihm seine erste Ge- mahlin, Louise Henriette von Oranien, die Dichterin des frommen Liedes ■ „Jesus meine Zuversicht" zur Seite. Als er starb, hinterließ er in Nord- deutschland eine zwar noch nicht zusammenhängende, doch so bedeutende Staats- macht, daß ihr zum Königreiche nur noch der Name fehlte.

3. Geschichte des deutschen Volkes - S. 283

1867 - Berlin : Vahlen
Preußen als Königreich. Friedrich I. Friedrich Wilhelm I. § 464—465. 283 8. Preußen als Königreich. Friedrich I. (1688 — 1713). Friedrich Wilhelm I. (1713-1740.) § 464. Dem großen Kurfürsten folgte sein Sohn, Friedrich Iii. Der Vater hatte die Fähigkeiten desselben gering angeschlagen — geringer, als sie waren, und zwischen Vater und Sohn war deshalb nicht immer das beste Ein- vernehmen gewesen. Oestreich hatte den Erbprinzen mehrfach unterstützt und, früheren Verabredungen gemäß, gab er als Kurfürst an dasselbe den Kreis Schwiebus zurück (1694), bewahrte sich aber auch ausdrücklich die alten Rechte auf die schlesischen Herzogthümer. Auch in seiner äußeren Politik war er nicht unbedeutend. Indem er nach des Vaters Plan Wilhelm Iii. bei seiner Lan- dung in England unterstützte, waren es brandenburgische Truppen, die diesen Befestiger der englischen Freiheit und Macht in seinen Palast nach Whitehall führten. Als Ludwig Xiv. den dritten Raubkrieg (den Pfälzischen § 438.) begann, und der Kaiser Leopold (mit dem Türkenkrieg beschäftigt) zögerte, das Reich zu vertheidigen: einigte er, seines Vaters würdig, Sachsen, Hannover, H-ssen-Kassel zu einem Bündniß, erschien, wie einst der große Kurfürst, persön- Ita) m Rhein und leitete die Eroberung von Bonn, in welche Stadt sich die Franzosen geworfen hatten. Gleich seinen Vorfahren sorgte auch er für die Erweiterung seines Staates.*) § 465. Seine größte Bedeutung aber hat er dadurch, daß er das Kur- fürstenthum Brandenburg zum Königreich Preußen erhob. Es ging, wie gezeigt, in diesem Jahrhundert Ludwig's Xiv. ein Streben nach Glanz durch die größeren wie kleineren Höfe, für welches kein Regent empfänglicher war, als Friedrich. Damals waren gerade (und zwar mit Friedrichs Unter- stützung) die beiden norddeutschen Häuser, Sachsen und Hannover, zu hohen Ehren in Europa gestiegen (ß 447.). Gleichen Glanz für sein Haus wünschte unstreitig auch Friedrich; aber dies Haus war vom Vater her, den einst schon Ludwig Xiv. aufgefordert hatte, sich zum König zu machen, wirklich an könig- licher Macht wenigstens den kleineren Königreichen Europas gleich. Schon zählte sein Landesgebiet an 2000q Meilen und gerade damals waren die Um- stände für diesen letzten, langvorbereiteten und ersehnten Schritt sehr günstig. Ums Jahr 1700 erschütterten zwei gewaltige Kriege Europa. Im Norden hatte Rußland unter Peter dem Großen, Polen unter August Ii. und Dänemark unter Friedrich Vi. einen Bund gegen den jungen, heldenmüthigen Karl Xii. von Schweden geschlossen, der, mit dem stürmischen Kriegsgeist seiner Ahnen vor- brechend, im sogenannten nordischen Kriege schnell einen Gegner nach dem andern demüthigte. Im Süden aber bereitete sich der spanische Erbfolge- krieg (§ 442. ff.) vor. Der Kurfürst stand also wieder in der glücklichen Lage, sich von allen Seiten umworben zu sehen. Da, besonders seit Oestreich eifrig um seine Freundschaft, seinen Beistand sich bemühte, näherte sich für Frie- drich der günstige Moment, um mit Zustimmung des Kaisers und seiner Ver- bündeten sich den Königstitel in seinem außerdeutschen souveränen Lande Preußen *) Quedlinburg erkaufte er von dem verschwenderischen August Ii. von Kur- sachsen; aus der Oranischen Erbschaft (8 250 Anm.) fielen ihm, nach Wilhelms Iii. Tode, die Grafschaften Lingen (wozu Tecklenburg schon früher erkauft war) und Mörs zu; außerdem erwarb Friedrich Iii. in der Schweiz aus derselben Erbschaft das Fürstenthum Neufchatel und Valengin.

4. Geschichte des deutschen Volkes - S. 284

1867 - Berlin : Vahlen
284 Preußen als Königreich. Friedrich I. Friedrich Wilhelm I. § 465—467. beizulegen (denn für feine deutschen Länder war dieß, so lange er nicht aus dem Reiche ausschied, unmöglich). Zwar meinte der kluge und weitblickende Prinz Eugen: „daß die Minister des Henkers wertst seien, die kaiserlicher Mayestät ge- rathen, die preußische Krone anzucrkennen;" doch überwog in Wien der augen- blickliche Vortheil. Und so setzte Friedrich am 18. Januar 1701 zu Königs- berg mit gewaltigem Pomp sich und seiner Gemahlin die Königskrone aus, und nannte sich fortan Friedrich I., König in Preußen. Dieser Schritt er- hielt seine Bedeutung erst von der Zukunft. Er sprach damit, sagt Friedrich der Große, gleichsam zu seinen Nachfolgern: „Ich habe Euch einen Titel er- worben, macht Euch dessen würdig; ich habe den Gruud zu Eurer Größe ge- legt, Ihr müßt das Werk vollenden." Z 466. Dem Sinne des Königs entsprach es, den neuen Königstitel auch mit königlicher Pracht zu umgehen. Er machte Berlin zu einer Residenz, die auch gleichsam nur nach dem Maße der Zukunft angelegt war. Die Pracht- bauten Schlüters erhoben sich, das königliche Schloß, das Zeughaus, Charlottenburg; die lange Brücke ward mit der Reiterstatue des großen Kur- fürsten von der Hand desselben Künstlers geziert. Die Stadt wuchs um einen ganz neuen Theil, die Friedrichsstadt, die schöne Straße „unter den Linden" entstand. Mit ihm wetteiferte seine feine, geistvolle Gemahlin, Sophie Char- lotte von Hannover, die Freundin des großen Gelehrten Leibnitz (§ 449.) in Begünstigung von Wissenschaft und Kunst. Nach des letzteren Plane ward in Berlin die Academie der Wissenschaften gegründet (1711). Aber auch un- mittelbar wohlthätige Anstalten traten in Preußen ins Leben: so die Universität Halle 1694, neben der an demselben Orte Hermann August Franke's be- wunderungswürdige Schöpfung, das Waisenhaus, entstand (§ 449.). Auch fuhr Friedrich I. fort, im großen Sinne seines Vaters Religionsfreiheit walten zu lassen und überall ein Schirmer der Protestanten zu sein. Ueber seine Prachtlicbe freilich vergaß er die alte weise Sparsamkeit, die fast allen Hohen- zollern eigen gewesen; das Land seufzte unter Steuerdruck, und während Preußen der Leitung des, mit Undank belohnten, Eberhard von Dunkelmann bis nach der Königskrönung viel zu danken hatte, gingen seine Finanzen unter dem Ein- stnsse des gewandten aber leichtsinnigen Colb von Wartenberg dem völligen Zerfall entgegen. Auch waren die letzten Jahre des Königs durch Krankheit und andere herbe Schickungen sehr trübe. Dieß war die Kehrseite des Glanzest Glücklicher Weise erhielt er in seinem Sohn einen Nachfolger, der gerade in dem vom Vater vernachlässigten Finanz- und Verwaltungsfache ein Meister war. § 467. Friedrich Wilhelm I. (1713—1740) war das Gegenthei. von seinem Vater: straff, einfach, soldatisch, sparsam und nur dem Praktischen zugewandt, entbehrte seine Persönlichkeit des Glanzes, den man damals für einen Fürsten nöthig hielt. Er verschmähte ihn grundsätzlich; gegenüber der französi- schen Sittenlosigkeit, wie sie fast alle Höfe beherrschte, wollte er ein guter und strenger deutscher Hausvater, sowohl in seiner Familie als auch in seinem Lande sein: gegenüber französischem Modetand und Prunk sollte deutsche fromme Sitte bei ihm herrschen. Schon in dieser Charakterstärke, mit der er sich dem Strome seiner Zeit entgegenwarf, zeigt sich Friedrich Wilhelm I. groß; er zeigte sich so noch vielmehr in dem Sinn und Geist, wie er die Verwaltung seines Staates ordnete. Alle Zweige derselben liefen in dem Generaldirektorium zusam- men; über alle hatte er, gleich einem großen Gutsbesitzer, selber die Uebersicht, in allem schärfte er Sparsamkeit ein. So schuf er nach eigenem Vorbilde einen Beamtenstand, der einfach, knapp gehalten, aber gewissenhaft gleich dem König selbst, die Maschine der Staatsverwaltung ausmachte; eine Staatsordnung, an

5. Geschichte des deutschen Volkes - S. 286

1867 - Berlin : Vahlen
286 Preußen als Königreich. Friedrich I. Friedrich Wilhelm I. § 468—469. Herren Ländern zusammengeworbenen Leuten eingeübt; doch konnte zu einiger Entschuldigung die Rohheit der Soldaten selber dienen. 8 469. Nicht häufig hat Friedrich Wilhelm I. in Kriege eingegriffen. Als er zur Regierung kam, schloß der spanische Erbfolgekrieg, und im Frieden von Utrecht (§ 444.), dem er beitrat, erhielt er, noch aus der oranischen Erb- schaft, einen Theil des Herzogthums Geldern (§ 361.). Doch hat er später noch zweimal sein Heer benutzt. Zum ersten Male gegen die Schweden. Karl Xii., der im nordischen Kriege seine glänzende Laufbahn begonnen (§ 465.), hatte vor allem August Ii. seinen schweren Zorn suhlen lassen, und das unglückliche Sachsen büßte so den Ehrgeiz seines der Fremde zugewandten Königs. Denn 1706 war Karl auch in Sachsen eingebrochen, hatte es furcht- bar ausgesogen, und hier mitten in Deutschland von August Ii. den Frieden zu Altranstedt 1707 erzwungen. Nebenbei hatte er, dem Beispiel seines großen Vorfahren Gustav Adolfs getreu, den hart gedrückten Protestanten in Schlesien von Oestreich Duldung erzwungen. Darauf hatte er sich in die Oeden Rußlands gestürzt, war bei Pultawa von Peter dem Großen geschlagen 1709, und vertrotzte danach bei den Türken fünf kostbare Jahre, während -welcher seine Feinde, Rußland, Polen, Dänemark, von allen Seiten nach Schwedens Ländern griffen. Da auch Vorpommern von Rußland und Dänemark- bedroht war, hatte die Schwedische Regentschaft in des Königs Abwesenheit den König Frie- drich Wilhelm 1713 selber aufgefordert, als neutrale Macht das Land zu be- setzen. Da aber der Commandant von Stettin die Stadt nicht ohne besonderen Befehl seines Königs hatte herausgeben wollen, hatten Sachsen und Russen sie mit den Waffen erobert, dieselbe aber später gegen 400,000 Thaler Kriegskosten an Friedrich Wilhelm I. abgegeben. Als Karl Xii. endlich von den Türken zurückkehrte, 1714, wollte er von diesem ganzen Vertrage und von Rückzahlung jener Summe nichts wissen. So trat denn Friedrich Wilhelm I. den Feinden Karls, obwohl er ihn persönlich hochhielt, bei. Er belagerte ihn zugleich mit den Dänen in Stralsund, und nahm die Stadt. Kaum rettete sich Karl Xii. selbst, und zwar durch Friedrich Wilhelms edelmüthige Schonung. Noch ehe dann Karl Xii. vor Friedrichshall 1718 sein trauriges Ende fand, brach Schwedens Macht unter ihm zusammen. Die Preußen besetzten abermals Vor- pommern und nahmen auch Rügen und Stralsund; Georg I., seit 1714 König von England, doch in seinem Herzen noch immer Hannover zugewandt, kaufte für Letzteres die durch Dänemark besetzten schwedischen Gebiete von Bremen und Verden, welche es im Frieden von Stockholm 1720 dauernd erwarb. Dänemark dagegen brachte den Theil ^ von Schleswig an sich, der dem Hause Holstein-Gottorp (§ 254. Anm.) gehörte, mit welchem Karl Xii. verschwägert war. An Preußen kam durch diesen Frieden Vorpommern bis zur Peene: nur die äußerste Spitze des Landes mit Greifswald, Stralsund und der Insel Rügen blieben noch schwedisch (bis 1815). Friedrich Wilhelm freute sich be- sonders über die Erwerbung von Stettin, da er durch diese Seestadt „einen Fuß am Meere habe, um am Commercio der ganzen weiten Welt Antheil neh- men zu können." So war denn die eine Macht, die durch den 30 jährigen Krieg sich eingedrängt, wieder vom deutschen Boden gestoßen, besonders durch preußische Waffen Dagegen freilich hatte sich unter Peter des Großen kühner Regierung Rußland erhoben, welches die meist deutsch colonisirten Ostseeländer, Livland, Esthland, Carelien, Jngermannland, durch den Frieden von Nystädt 1721 von Schweden (§ 398), abgetreten erhielt, und auch bereits in Kurland seine Herrschaft feststellte. — Rußland ward nun die Großmacht, die an Schwedens Stelle ein drohendes Uebergewicht im Norden Europas erlangte. Es waren

6. Geschichte des deutschen Volkes - S. 289

1867 - Berlin : Vahlen
Friedrich's Ii. Jugend- und Regierungsantritt. § 472—474. 289 durch Süddeutschland im Jahre 1730 ausführen wollte. Entdeckt, verhaftet, vom Vater mißhandelt, ward er gefangen als Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt; eine Zeitlang schien es, als wolle der Vater Ernst machen mit der Drohung der Todesstrafe, welche auszusprechen jedoch das Kriegsgericht sich standhaft weigerte. Doch endete durch Henkersschwert sein Freund und der Helfer seiner Flucht Lieutenant von Katte, unter dem Fenster von Friedrich's Gefängniß in Küstrin. In dieser Noth bildete in Friedrich sich ein männlich kräftiger, aber auch herber, scharfer, verschlossener Sinn, im schroffen Gegensatz gegen sein zugleich edles, weiches und der Liebe und Freundschaft bedürftiges Herz. Er gab dem strengen Vater nach, wo er konnte, fügte sich später in die, von demselben ihm bestimmte Ehe (mit Christine von Braunschweig-Bevern) und lebte ihm auch da zu Gefallen, wo seine Neigungen ganz andere waren. Der Vater aber ließ den Prinzen erst eine strenge, ihm sehr heilsame Arbeits- zeit aus der Domänenkammer zu Küstrin durchmachen, nahm ihn dann, bei der Vermählung der Prinzeß Wilhelmine mit dem Markgrafen von Baireuth, wie- der zu Gnaden an, ja schenkte ihm später Schloß Rheinsberg bei Neu- Nuppin. Hier hielt der Prinz seit 1736 seine eigene Hofhaltung, und verlebte seine glücklichsten Tage im Kreise geistvoller Freunde, die gleich ihm Musik, Li- teratur. Witz und feine Unterhaltung liebten. Der polnische Thronsolgekrieg (H 470.) führte ihn 1734 auf kurze Zeit zu einem ersten Feldznge unter dem nun gealterten Prinz Eugen an den Rhein, ließ ihn aber mehr die Schwächen des bereits sinkenden östreichischen Heerwesens erkennen, als daß er ihn militärisch sehr gefördert hätte. Sonst beschäftigte er sich mit eifrigen Studien, die sowohl dem Staatswesen, der Kriegs- und Regterungskunst, wie den schönen Wissen- schaften angehörten. Nur die ihn ganz genau kannten, wußten, daß sein Herz auch von kriegerischem Ehrgeiz brannte, und daß er, mehr noch als ein Dichter und Philosoph, ein großer König zu sein wünschte. § 473. Als er dem Vater, zu dem in der letzten Zeit das Verhältniß ein fast herzliches geworden war, folgte (31. Mai 1740), glaubten die meisten seiner Unterthanen, es werde nnn eine goldene, ungestörte Zeit des Friedens, der Künste und Wissenschaften beginnen. Der junge König schien diese Wege auch wirklich einschlagen zu wollen. Er ries den, vom Vater „bei Strafe des Stranges" aus Halle verwiesenen Philosophen Wolf (§ 449.) nach Preußen zurück, gab die Riesengarde und die wilden Jagdvergnügungen des Vaters auf und zog geistreiche Franzosen an die neu belebte Akademie. Seine ersten Gesetzesverfügungen hoben Reste'alter Barbareien, z. B. die Folter, auf. Dann ließ er sich in den Hauptstädten der Provinzen huldigen, machte die alte Reise- route des Vaters an die hohenzollernschen Höfe in Süddeutschland (§ 276.) und ging dann von Straßburg den Rhein hinab nach Cleve. Hierher ließ er Voltaire kommen, den französischen Dichter und Philosophen, der sich schon mit einem königlichen Jncognitobesuch in Brüssel geschmeichelt hatte. Dann kehrte er nach Potsdam, wo seit seines Vaters Zeiten die Residenz war, zurück. § 474. Da starb Karl Vi., 20. Okt. 1740, und laut der pragmatischen Sanction (§ 446) sollte ihm in den östreichischen Erblanden seine Tochter Ma- ria Theresia folgen. Preußen hatte zwar unter Friedrich Wilhelm I. die pragmatische Sanction anerkannt, aber nur vorbehaltlich seiner Ansprüche auf Berg, welche, wie oben gezeigt, vom Kaiser Karl Vi. gefliffentlich hintangesetzt waren. Der gegenwärtige Augenblick war für Friedrich zu günstig, als daß er ihn hätte verpassen sollen. Er hatte unzweifelhafte Rechte auf die schlesischen Herzogtümer. Auf diese Rechte berief sich jetzt Friedrich Ii., obwohl in sei- nem Geiste die Lust zu handeln und zu erwerben ohne Zweifel noch mehr den David Müller. Geschichte des deutschen Volkes. 19

7. Geschichte des deutschen Volkes - S. 291

1867 - Berlin : Vahlen
1. u. 2. schlesische Krieg. Der östreichische Erbfolgekrieg. §. 475—477. 291 Ordenslande Preußen weder als Reichsland gerechnet noch mit eingekreist (§ 244.) worden. Doch das Volk fühlte und dachte deutsch, und fast am frühesten, mit warmem Eifer, nahm es die Reformation auf, die von den Fürsten und Ebel- leuten des Landes gleicherweise begünstigt wurde und' fast ohne Widerstand siegte. Aber feit der Mühlberger Schlacht (§ 365.), mehr noch seit Rudolfs und Ferdinand's Ii. jesuitischer Regierung, besonders seit dem Siege am weißen Berge und Fricdrich's V. Fall (§ 387.] hatten unaussprechliche Bedrückungen begonnen. Die politische wie die religiöse Freiheit des Landes ward gebrochen, und noch unter Leopold I. (Ferdinand's Ii. abgeschwächtem Ebenbilde) war der Druck und die Verfolgung der gequälten Protestanten so arg, daß sogar der durch das Land ziehende Karl Xii. (§ 469.) seine gewichtige Stimme für sie beim Kaiser erheben mußte. Trotz aller Bedrückung, die auch unter Karl Vi. nicht aushörte, blieben aber die Protestanten im Lande zahlreich und mächtig, und sie waren geneigt, jetzt in den einrückenden Preußen eher Befreier als Er- oberer und Feinde zu sehen. § 476. Mit dem Einrücken in Schlesien aber hatte der junge König einen europäischen Krieg entzündet. Denn gleichzeitig und durch Preußens Vorgehen noch mehr ermuthigt, trat auch der Kurfürst von Baiern mit Ansprüchen aus sämmtliche deutsch-östreichische Erblande hervor. Dieser, Karl Albert, leitete seinen Stamm von einer Tochter Kaiser Ferdinand's I. her und berief sich aus ein Testament desselben, welches nach Aussterben der männlichen (in der Thal aber hieß es nur der „ehelichen") Nachkommenschaft, dem Hause Baiern das Successionsrecht zusagte; auch war seine Gemahlin eine Tochter Kaiser Joseph's I. Obwohl ein sehr untüchtiger Mann, ohne Geld, ohne Heer und ohne alle nöthigen Vorbereitungen, erhob er doch seine Ansprüche, vertrauend auf die Hilfe Frank- reichs, die der ränkevolle, sittenlose Hof Ludwig's Xv. ihm auch zusicherte, und die er durch schimpfliche Demuth sowie durch Verheißung neuer Abtretungen am Rhein erlangt hatte. So begann gleichzeitig mit Friedrich's erstem schlesischen Kriege (1740 -1742) von dieser andern Seite der östreichische Erbfolge- krieg (1740 —1748). Den genannten Mächten, die sich zu Nymphen- burg, einem baierischen Luftschlosse, feierlich verbündeten (1741), schlossen sich noch Spanien, Sardinien und später auch Sachsen an. In letzterem Lande hatte August des Iii. Minister, der gewissenlose und eitle Brühl, allen Ein- fluß über seinen schwachen Monarchen, und man hoffte leichten Kaufes in Böhmen, Mähren und Schlesien gleichfalls große Gebiete erwerben zu können. Für Maria Theresia erklärten sich nur England, Holland' und Rußland, ohne jedoch gleich thatkrästig in den Krieg einzugreisen. — § 477. Friedrich Ii. hatte den nun eintretenden Fall des Ablebens Karl's Vi. längst in's Auge gefaßt, und benutzte die ihm vom Vater hinter- lassenen, von ihm noch vermehrten Truppen, sowie den wohlgefüllten Schatz des Staates auf das rascheste und beste. Plötzlich, im Dezember 1740, war er in Schlesien eingerückt und hatte das Land fast ohne Schwertschlag besetzt, denn Maria Theresia war aus einen Angriff von dieser Seite her nicht gefaßt und hatte nur geringe Besatzung hier. Den Oberbefehl über die Preußen führte der junge König selber. Breslau, das sich gewisser reichsstädtischer Freiheiten erfreute, ward für neutral erklärt, dann Glogau erobert, und Neiße und Brieg einstweilen ein- geschlossen. Erst nachdem er sich Schlesiens bemächtigt und in einer öffentlichen Kundmachung seine Anrechte auf dies Land dargelegt hatte, ließ er in Wien er- klären: er wolle Maria Theresia bei der pragmatischen Sanction schützen, wenn sie seine Rechte auf Schlesien anerkenne. Da dies Anerbieten zurückgewiesen ward, so nahm der Krieg seinen Fortgang. Mit dem Frühling 1741 erschien 19*

8. Geschichte des deutschen Volkes - S. 293

1867 - Berlin : Vahlen
1. u. 2. schlesische Krieg. Der östreichische Erbfolgekrieg. § 480—481. 293 1743). Karl Albert, aus seinem Lande vertrieben, war in der kläglichsten Lage. Darauf schlossen Oestreich, England, Holland und Sardinien ein neues Bündniß zu Worms, in welchem der Königin alle ihre Länder gewähr- leistet (garantirt) wurden, ohne daß Schlesien hiebei namhaft oder ausdrücklich ausgenommen ward. Auch Sachsen, das sich durch den Breslauer Frieden in seinen Hoffnungen ans Oberschlesien von Friedrich getäuscht sah, ward für den Bund gewonnen. Friedrich Ii. sah in alle dem mit Recht einen sich vorberei- tenden Angriff, um ihm Schlesien wieder zu entreißen, und die Klugheit gebot, Baiern und Frankreich nicht ganz erst niederwerfen zu lassen. So erklärte er sich für den bedrängten Kaiser, und zog mit 80,000 Mann „kaiserlicher Hilfs- völker" in Böhmen ein (im August 1744), während zu gleicher Zeit die Fran- zosen wieder vom Rhein her vordrangen. So begann der zweite schlesische Krieg 1744—1745. Friedrich fand Böhmen fast unbesetzt, nahm Prag, und drang bis weit in den Süden vor. Dennoch endete der Felozug dieses Jahres nicht günstig für ihn. Mangel, die Feindseligkeit der katholischen Bevölkerung, und die Zerstörung einiger seiner Vorrathsmagazine, zwangen ihn, gegen den Herbst sich nach Schlesien zurückzuziehen. Ja, da die Franzosen ihm von Westen her wenig Hilfe schafften, so konnten die Oestreicher in dies Land nachdringen, und im Laufe des Winters einen großen Theil desselben besetzen. Zu ihnen hatten sich die Sachsen gesellt, und Friedrich fand im folgenden Jahre, 1745, einen überlegenen Feind sich gegenüber und sah sich in um so größerer Be- drängniß, als seine Kaffen erschöpft waren. Aber die glänzende Schlacht von Hohensriedberg oder Striegau (4. Juni 1745) rettete ihn. Das preu- ßische Fußvolk wie die Reiterei wetteiferte hier in Heldenthaten; das einzige Re- giment Bayreuth unter General Geßler nahm 66 Fahnen. Der Sieg machte es ihm möglich, ganz Schlesien vom Feinde zu reinigen und sogar nach Böhmen einzudringen. Hier stellten sich ihm neue Schwierigkeiten entgegen und schon war er aus dem Rückwege nach Schlesien, da übersiel ihn der überlegene Feind bei Sor (30. Sept. 1745); aber wieder wandte die preußische Tapferkeit die Ucberraschung in Sieg. Friedrich kehrte jedoch nach Schlesien zurück. Der Feind hielt ihn für so geschwächt, daß Oestreicher und Sachsen einen Angriff auf die Marken zu unternehmen gedachten. Aber bei Hennersdorf (in der Nähe von Görlitz) schlug er die Sachsen und rückte dann auf Dresden zu, während von Magdeburg her Elbaufwärts Leopold von Dessau heranzog. Schon unterhandelte England über den Frieden, als dieser, angespornt durch ein scharfes Schreiben des Königs, Sachsen und Oestreicher auf den übereisten Höhen bei Kess.elsdorf (unfern Dresden) angriff und schlug (15. Dec. 1745.). Es war die letzte Heldenthat des „alten Dessauers," der bald darauf starb. Dem Siege folgte der Friede von Dresden auf dem Fuße 25. Dec. 1745. Er war einfach eine Bestätigung des Breslauer Friedens, nur mit sehr ungünstigen Bedingungen für Sachsen; auch wandte jetzt Friedrich seine Kurstimme dem Ge- mahl der Kaiserin, Franz von Lothringen zu, der bereits als Franz I. zum Kaiser gewählt war. 8 481. Außerdem aber hatte Friedrich während dieses Krieges noch eine andere höchst wichtige Erwerbung gemacht. Durch seinen Bundesgenossen, Kaiser Karl Albert, erhielt er die Bestätigung einer alten Anwartschaft des Hauses Brandenburg auf Ostfrisland. Als hier 1744 das Haus der Cirksena aus- starb (Z 319) besetzte er dasselbe mit kaiserlicher Bewilligung und zog es zu Preußen. Das Land, sehr günstig am Meere belegen, erfreute sich zwar von nun an Friedrichs besonderer Fürsorge, eine Seemacht aber von hieraus (wie sein Ahn, der große Kurfürst, es im Auge gehabt) hat Friedrich, der von Land-

9. Geschichte des deutschen Volkes - S. 300

1867 - Berlin : Vahlen
300 Der 7jährige Krieg, V) Die Jahre 1758 und 1759. § 493-494. Sie, daß Sie Preußen sind. Ist aber einer unter Ihnen, der sich fürchtet, die letzte Gefahr mit mir zu theilen, der kann noch heute seinen Abschied er- halten, ohne einen Vorwurf von mir zu hören." Des Königs großes Auge ging fragend in der Versammlung umher: auf allen Gesichtern war die Ant- wort der erprobten Männer in glänzenden Zügen zu lesen; dann fuhr er im Ton des Königs fort: ,,Das Regiment Cavallerie, das nicht gleich, wenn es befohlen wird, sich unaufhaltsam in den Feind stürzt, lasse ich gleich nach der Schlacht absitzen und mache es zu einem Garnisonregimente. Das Bataillon Infanterie, das, es treffe worauf es wolle, nur zu stocken anfängt, verliert die Fahnen und die Seitengewehre und ich lasse ihm die Borten von der Monti- rung abschneiden. Nun leben Sie wohl, meine Herren; in kurzem haben wir den Feind geschlagen, oder wir sehen uns me wieder." — Der Tag der Schlacht brach an (5. Dec. 1757). Die Soldaten stimmten den Gesangvers an: „Gieb das ich lhu' mit Fleiß, was mir zu thun gebühret " Aus den Schaaren der aufreitenden Seidlitz'schen Kürassiere rief es wohlgemuth: Es ist heute wieder der fünfte! und „Roßbach!" hallte die Antwort durch das Heer. Friedrich aber rief seinen treuen Ziethen heran und ließ sich einen Offizier mit 50 Mann zur Bedeckung geben. „Ich muß mich, sprach er zu diesem, heut mehr aus- setzen als gewöhnlich. Falle ich, so bedeckt Er den Körper gleich mit Seinem Mantel, und sagt Keinem ein Wort. Die Schlacht geht fort und der Feind — der wird geschlagen." Friedrich benutzte auch hier mit meisterhaftem Blick die Beschaffenheit der Gegend, die er noch dazu ganz genau von früheren Ma- növern her kannte. Hinter einer Wand niederer Hügel zog er unbemerkt den größten Theil feiner Infanterie zusammen und warf sie dann, in der sogenannten schiefen Schlachtordnung, auf den überraschten linken Flügel der Oestreicher. Als diese noch einmal durch einen großen Reiterangriff den Sieg an sich zu reißen suchten, faßte sie Seidlitz mit seiner Reiterei und schlug dann auch den rechten Flügel in der Ebene zu Boden. Der Sieg war erfochten und die kalte Herbstnacht breitete sich über das blutige Schlachtfeld; da erhob ein preußischer Grenadier den Gesang: „Nun danket Alle Gott", und aus tief bewegter Seele fiel sein ganzes Bataillon ein, dann Regiment auf Regiment, auch die Feld- musik begleitete feierlich, und das ganze Heer sang „mit Herz und Mund und Händen das Lied zu Gottes Ehr." — Friedrich, der an demselben Abend zu Lissa nur durch seine große Geistesgegenwart persönlicher Gefangennahme ent- ging, trieb den Feind noch vor Ende des Jahres aus ganz Schlesien, nahm Breslau wieder, und ging auch jetzt noch ohne Verlust und mit glänzendem Ruhm aus dem Feldzuge dieses Jahres. 5. Der siebenjährige Krieg 1756 — 1763. 1») Die Jahre 1758 u. 1759. § 494. Noch vor Ende des Jahres 1757 ward Seitens der Engländer der Krieg auf dem Festlande kräftiger angegriffen. Der große Minister Pitt setzte im Parlament die Verwerfung der Convention von Kloster Zeven (§ 491.) und die Rückberufung Cumberland's durch; dann ward Friedrich der Große aufgefordert, dem englisch-deutschen Hilfsheer einen Feldherrn vorzuschlagen. Einen solchen gab der König in dem Herzoge Ferdinand von Braun- schweig, der auch im Winter 1758 den Feldzug gegen die Franzosen eröfsnete, die, ohne Zügel und Zucht, jetzt unter Clermont standen. Er scheuchte sie

10. Geschichte des deutschen Volkes - S. 301

1867 - Berlin : Vahlen
Der 7jährige Krieg, b) Die Jahre 1758 und 1759. § 494-496. 301 in eiliger Flucht aus den Winterquartieren in Hannover und Westfalen, bis zum Niederrhein, trieb sie hinüber und lieferte ihnen, im Laufe des Sommers, die siegreiche Schlacht bei Crefeld (23. Juni). Als später ein französisches Heer unter Soubise über den Mittelrhein rückte, mußte er zurückgehn, doch gelang es ihm, den Westen bis zur Weser hin selbst gegen den tüchtigeren General Contades gedeckt zu halten. § 495. Friedrich hatte zuerst Schweidnitz wieder erobert; dann machte er einen Einfall nach Mähren. Er glaubte so am besten Sachsen vor einem Angriff der Oestreicher zu decken, denn hier stand sein Bruder, Prinz Heinrich, mit nur geringen Streilkräften. Die Belagerung von Olmütz hielt ihn dann bis in die Sommermonate auf; hier wurden die Aussichten immer ungünstiger, zumal seit die Oestreicher unter Laudon einen Munitionstransport, den Ziethen heranführen sollte, aufgefangen hatten. Er hob deshalb die Belagerung auf, und durch einen bewunderungswürtigen Rückzug brachte er sein Heer durch Böhmen über Königgrätz nach Landshut. Hier trafen ihn neue schlimme Nach- richten. Die Russen unter Fermor waren abermals in Preußen einge- rückt, halten diesmal die ganze Provinz besetzt, diese aber wie ein erobertes Land, in welchem auch schon der russischen Kaiserin gehuldigt war, gnävig be- handelt. (Friedrich hat die willige Unterwerfung der Provinz nie verziehen und sie nie wieder betreten). Dann waren sie mit furchtbaren Verwüstungen durch Pommern und die Neumark vorgedrungen bis zur Oder, und standen jetzt in der Nähe des von ihnen eingeäscherten Küstrin auf dem rechten Ufer der- selben. Da eilte Friedrich zum Schutz und zur Rache herbei. Das verödete Land, der Jammer seiner geplünderten Unterthanen entrüsteten ihn so, daß er gebot, keinen Pardon zu geben. Auch bei den Russen reizte die Nachricht da- von die Erbitterung, und es stand eine furchtbare Entscheidung bevor. Friedrich traf den 50,000 M. starken Feind bei Zorndorf (25. Aug. 1758), noch nach alter halb-barbarischer Weise in ein großes Schlachtviereck aufgestellt; es begann eine furchtbare Blutarbeit, da die (zum Theil betrunkenen) Russen nicht vom Platze wichen und reihenweise mit den Kolben niedergeschlagen wurden. Zuletzt nahm Seidlitz, der Sieger von Roßbach, mit der Reiterei die feind- lichen Kanonen und rollte den einen Flügel auf. Die Russen zogen sich zurück, aber auch die Preußen hatten schwere Verluste gehabt, und es hatte sich gezeigt, daß die alten Kerntruppen dahin waren. — § 496. Nun eilte Friedrich nach Sachsen, wo sein Bruder Heinrich nur mühsam sich der Oestreicher unter Daun und der Reichsarmee erwehrte, ohne daß er zuvor Schlesien, wo inzwischen seine Hauptfestung Neisse ihm entrissen wurde, entsetzen konnte. Auf die Nachricht von seinem Annahen legte sich ihm Daun zwischen Bautzen und Görlitz in den Weg. Friedrich aber, der diesen vorsichtigen, zögernden General zu sehr verachtete, bezog unter den Augen des- selben beim Dorfe Hochkirch ein sehr ungünstig gelegenes Lager, trotz der Ab- mahnung aller seiner Generale. Drei Tage stand Friedrich auch unangefochten, bis er am Tage des festgesetzten Abmarsches in der Frühe des 14. Oktobers hier überfallen wurde. In dem brennenden Dorfe selbst erhob sich ein ver- zweifelter Kampf; die Preußen wurden hinausgeschlagen und verloren eine Menge Geschütze; Friedrich selbst war in Lebensgefahr, an seiner Seite fielen seine Freunde Keith und der Herzog Franz von Braunschweig; aber dennoch wich der Muth und die Ordnung nicht von der braven Schaar. Schon 11 Tage nachher stand Friedrich, der seinen Bruder Heinrich an sich gezogen, in Schlesien und entsetzte Neisse und Kosel. Auch dieses Jahres Feldzug hatte
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