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Lesebuch für Sortbildungsschulen
von P. Müller, I. Ä. Völker, V. Funk.
30 Aogcn 8° in vorzüglicher Ausstattung mit Illustrationen unä Titekbikä „Kaiser Witstekm Ii.
Dritte Auflage. Preis M. 2.—, in solidem Halblederband M. 2.40.
Inhalts-Übersicht: I. Abschnitt: Bilder aus Familie, Gemeinde und Staat,
46 Lesestücke. — Ii. Abschnitt: Berufs- und Wirtschaftsleben, 73 Lesestücke. —
Iii. Abschnitt: Bilder aus der Natur, 20 Lesestücke. — Iv. Abschnitt: 20 Bilder
aus der Länder- und Völkerkunde und 27 Bilder aus der vaterländ. Geschichte. —
Anhang: Geschäftsaufsätze, einfache Buchführung, Postversand rc.
Psf“ Jon allen pädagogischen Zeitschriften warm empfohlen. "Wz
Sereits ?ur Einführung gelangt in Ltsaß-cothringen. «aqern. Sachsen. Württemberg.
Saden, Hessen. Sachsen-Weimar. Schwar;burg, waideck. Hamburg und Preußen (provin; Sranden-
burg, Hessen-Nassau. Hannover, Westfalen, Vstprrußrn. Posen, Rheinprovin;, Schlrsten).
Das Königlich Sächsische Ministerium des Kultus und öffentlichen Unter-
richts teilt dem Verleger mit, daß es die Herren Bezirksschulinspektoren auf das
„Deutsche Lesebuch für Fortbildungsschulen" aufmerksam gemacht habe.
Großhrrxoglich Sächsisches Staatsminiflerium, Departement des Großherzog-
lichen Hauses und Kultus in Weimar, macht bekannt, daß das Lesebuch für
Fortbildungsschulen von Müller, Völker, Funk zum Gebrauche in den
Fortbildungsschulen und zur Anschaffung für Volks- und Schul-
bibliotheken empfohlen ist.
Der Kaisers. Oberschulrat für Elsaß-Lothringen teilt dem Verleger mit:
„Das an Seine Durchlaucht den Herrn Statthalter übersandte Lesebuch für Fort-
bildungsschulen, herausgegeben von P. Müller, I. A. Völker und V. Funk, ist
zur Verwendung in den diesseitigen landwirtschaftlichen und gewerblichen
Fortbildungsschulen, sowie zur Anschaffung für Lehrer- und Volks-
bibliotheken empfohlen worden".
Die Kanzlei-Direktion des Königlich Württembergischrn Ministeriums des
Kirchen- und Schulwesens läßt dem Verleger die Nachricht zugehen, daß „in betreff
des Deutschen Lesebuchs für Fortbildungsschulen den zu Maßnahmen zunächst be-
rufenen Oberichulbehörden, nämlich dem Evangelischen Konsistorium, dem Katho-
lischen Kirchenrat, der K. Centralstelle für die Landwirtschaft, der K. Kommission
für die gewerblichen Fortbildungsschulen, geeignete Verfügung zugeordnet worden ist".
Das Großherxoglich Hessische Ministerium des Innern und der Justix, Abt.
f. Schulangelegenheitcn, hat laut Erlaß die Einführung in den Fortbildungs-
schulen gestattet.
Großherxoglich Kadisches Ministerium der Äustix, des Kultus und Unter-
richts in Karlsruhe teilt dem Verleger in einem Schreiben mit, daß dasselbe mit
Interesse von dem Erscheinen des Lesebuchs für Fortbildungsschulen Kenntnis
genommen.
Mechenlmch für Jortöildungsschuten
von P. Müller, I. I. Völker, V. Funk.
Aufgaben aus dem Gewerbewesen, der Land- und Hauswirtschaft, sowie der Kranken-,
Unfall-, Jnvaliditäts- und Altersversicherung.
Schülerausgabe 50 Pf.; Ausgabe für Lehrer mit Auflösungen 1 M.
Aus einer längeren Besprechung: Das vorliegende Buch soll seine Aufgabe
weniger in dem methodischen und lückenlosen Aufbau seiner Übungen, als vielmehr
darin suchen, den Schüler in unmittelbare Beziehung zum praktischen
Leben zu setzen und ihn zu befähigen, die in seinem Berufsleben ihm entgegen-
tretenden Fragen denkend und rechnend zu lösen. Diese Aufgabe ist von
den Herren Verfassern, welche unsern Lesern schon durch das Lesebuch für Fort-
bildungsschulen bekannt sind, in recht glücklicher Weise gelöst worden. In
richtigem Verständnis für die Bedürfnisse der heutigen Zeit ist unsere
Versicherungsgesetzgebung: die Kranken-, Unfall-, Jnvaliditäts- und Alters-
versicherung, mit den zum Verständnis derselben notwendigen Andeutungen und
Erläuterungen in den Kreis der gestellten Aufgaben einbezogen worden.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester]]
2
Die Erstlinge des Frühlings.
2. Die Hutpe.
Die Tulpe ist auch ein Zwiebelgewächs. Ihre Zwiebel treibt zahlreiche Faser-
wurzeln. Zwischen beit Zwiebelblättern kommt der runde Blütenstiel hervor. An
ihm sitzen gewöhnlich drei ungestielte Laubblätter. Sie sind lanzettförmig und ganz-
randig. An ihrer Unterseite bemerkt man viele gleichlausende Nerven.
Blüte und Frucht. Oben ist der Blütenstiel blattlos und trägt nur eine
Blume in Gestalt einer Glocke. Sechs Blätter von weißer, roter oder gelber Farbe
bilden die Blütenhülle. Drei von ihnen stehen außen, drei innen. Die sechs
Staubblätter stehen ebenfalls in zwei Kreisen.
Sie haben lange, schwarz oder gelb gefärbte Staub-
säckchen. In der Mitte der Blume steht der drei-
kantige Fruchtknoten, auf welchem eine dreilappige
Narbe -sitzt. Die Blumenblätter sind am Grund des
Fruchtknotens befestigt. Deshalb nennt man den
Fruchtknoten oberständig. Die Frucht ist eine
dreifächerige Kapsel. In jedem Fach liegen in zwei
Reihen viele Samen. Diese werden aber bei uns
nicht keimfähig. Dagegen bilden sich zwischen den Blättern der alten Setzzwiebel
junge Brutzwiebeln. Diese werden zur Fortpflanzung benutzt.
Anban. Die Tulpe wird bei uns in Gärten und Töpfen gezogen. Schon
im zeitigen Frühjahr erfreut sie uns durch die Pracht ihrer Farben. Leider aber
fehlt ihr der gute Geruch-. Die Tulpe ist keine einheimische Pflanze. Vor 300
Jahren ist sie aus Persien zu uns gekommen. Die schönsten Tulpenzwiebeln erhalten
wir aus Holland. Dort zieht man sie in großer Menge und treibt ausgebreiteten
Handel damit.
Verwandte. Die Weiße Lilie gilt von alters her als Sinnbild der Unschuld. Die Feuer-
lilie hat orangerote Blumen und braunrote Staubsäckchen. Die Kaiserkrone, deren Blüten unter
dem am Ende des Schaftes stehenden Blätterbüschel hängen, hat eine giftige Zwiebel. Die Hyazinthe
ist wegen ihres herrlichen Duftes eine beliebte Zierpflanze.
Staubgefäße
und Stempel.
Blütengrundriß
der Tulpe,
Die Küchcnzwikbel wird aus Samen und Steckzwiebeln gezogen. Ihre röhren-
förmigen Blätter lausen in eine Spitze aus. Der Schaft ist in der Mitte bauchig.
Die Bluten bilden eine kugelige Dolde und sind vor dem Aufblühen von.einer rotweißen
zarten Blüteuscheide umschlossen. Die schwarzen Samen sind dreikantig. Die Zwiebel
wird in ungeheurer Menge als Küchengewürz verbraucht. Ihre gelbe Schale enthält einen
gelben Farbstoff. Den scharfen Geruch verdankt sie einem stüchtigeu Dl. Die getrocknete
Zwiebel enthält bis zu 30°/o Kleber, einen eiweitzartigen Stoff. _ Bezüglich ihres
Nährwerts stellt sie sich daher den nahrhaftesten Früchten an die Seite. In südlichen
Ländern ist sie darum wirkliche Speise. Der Spanier ißt seine Zwiebel zum Brot,
um dessen Nährwert zu erhöhen, etwa wie wir Käse zum Brot genießen.
Verwandle der Kücheuzwiebel sind: Die Schalotte, der Schnittlauch, Knoblauch und
eigentliche Lauch, letzterer mit bandförmigen Blättern.
3. Das Windröschen
wächst häufig in Gebüschen und Laubwäldern. Seine großen rotweißeu Blumen er-
innern uns an die Rose. Sie sitzen auf langen, dünnen Stielen und werden leicht
vom Wind bewegt. Hieraus erklärt sich der Name des Pflänzchens. Es blüht ge-
wöhnlich uin die Osterzeit. Deshalb wird es auch Osterblume genannt.
Blütenstiel. Einen Stengel hat das Windröschen nicht. Das Stengelchen,
welches die Blüte trägt, ist eigentlich der Blütenstiel. Die drei Blättchen oben sind
die Hüllblätter. Man nennt sie so, weil sie der unentwickelten Blume als Hülle
dienen. Die eigentlichen Blätter kommen in der Nähe des Blütenstengels aus dem
Boden hervor.
Wurzelstock. Gräbt man in die Erde, so findet man den unterirdischen
Stamm des Windröschens. Er liegt wagrecht in der Erde und hat die Dicke einer
Stricknadel. Biele Faserwurzeln fiihren ihm Nahrung zu. Ein solcher unterirdischer
Stamm heißt Wurzelstock. Die überirdischen Teile der Pflanze sterben im Lauf
44
Sporenpflanzen.
wächst in Laubwäldern, besonders unter Eichen. Der dottergelbe Eierschwamm hat
einen in der Mitte vertieften, am Rand aufwärts gekrümmten Hut. Die schwarze
Trüffel wächst häufig in Laubwäldern Südsrankreichs und Italiens. Sie wird mit
Hilfe von abgerichteten Hunden oder Schweinen gesucht. — Die eßbaren Pilze find nicht
allein wohlschmeckend, sondern auch sehr nahrhaft. In Deutschland, etwa Thüringen
ausgenommen, wird ihr Wert als Nahrungsmittel aber nicht genug gewürdigt. In
Frankreich ist das anders. Paris verbraucht jährlich mehr als hunderttausend Zentner
Champignons.
48. Die Witze
bedürfen zum Wachstum vornehmlich Feuchtigkeit und Wärme, aber wenig Licht. Aus
letzterem Grund entwickeln sie weder Blattgrün noch Stärkemehl. Ihre Nahrung nehmen
sie von lebenden oder in Zersetzung befindlichen Tier- und Pflanzenkörpern. Im Haus-
halt der Natur sind sie darum von großer Wichtigkeit, weil sie jene abgestorbenen
Lebewesen wieder in den großen Kreislauf der Stosse einführen.
Die Spaltpilze, Bakterien oder Bazillen bestehen aus einfachen Zellen oder
aus fadenförmigen Zellreihen. Sie vermehren sich in unglaublicher Geschwindigkeit und
Menge durch Teilung. Manche von ihnen machen sich durch prächtige Farben bemerk-
bar, welche sie an den Nährstoffen hervorrufen. Dahin gehört z. B. die Erscheinung
der blutenden Hostien und das Blau- oder Rotwerden der Milch. Der Hesepilz be-
wirkt die Gärung zuckerhaltiger Flüssigkeiten. (Wein-, Bier- und Brotgärung.) Die
sogenannte Essigmutter ist die Ursache der Umwandlung des Weingeistes in Essig.
Ein anderer Pilz verursacht das Sauerwerden der Milch. Noch andere sind die Be-
gleiter oder Träger ansteckender Krankheiten wie Typhus, Cholera, Diphtheritis, Schwind-
sucht, Blattern, Hautflechteu, Milzbrand usw.
Die Fadcnpilze bilden einzellige, oft verästelte Fäden, welche aus einem Pilz-
lager hervorwachsen. Sie erzeugen Fruchtträger mit Sporen. — Der Fischtöter
wächst auf Fischen und veranlaßt das massenhafte Sterben derselben. Der Fliegen-
töter befällt im Herbst die Fliegen. Der Kartofselpilz ist die Ursache der Kar-
toffelkrankheit.
Die Staubpilze bilden den Rost und Brand auf dem Getreide, den Runkelrüben
und Erbsen. Auch sie haben ein Pilzlager mit Sporenträgern. — Der G etreide-
rostpilz befällt viele Gräser und wird besonders dem Getreide schädlich. Seine rost-
roten Sporen sind Sommersporen. Später erscheinen die schwarzen Wintersporen. Letztere
hasten am Stroh und gelangen mit dem Mist wieder aus die Felder. Die Brand-
pilze erzeugen gleichfalls Sommer-
und Wintersporen. Durch Einweichen
der Saatfrucht in Kupservitriollösung
sucht man die Sporen zu vernichten.
Der Flugbrand zerstört die Ähren
des Getreides. Seine rußähnlichen Spo-
ren werden durch den Wind fortgetragen.
Der übelriechende Schmierbrand zer-
stört die Fruchtknoten des Weizens.
Die Schlauchpilze bilden ihre Sporen
in einer schlauchartigen Zelle. Zu ihnen
gehört der Mutterkornpilz, welcher
das Mutterkorn verursacht. Sein Pilz-
lager verwandelt den Fruchtknoten des
Korns in eine violette hornartige Masse.
Diese fällt zur Erde und erzeugt im
nächsten Jahr zur Zeit der Roggenblüte
das Sporenlager. Durch den Wind ge-
Das Mutterkorn ist giftig.— Die Meltaupilze
überziehen mit ihrem Lager wie ein Spinngewebe lebende Pflanzeuteile. Der Trauben-
pilz entzieht den Blättern und unreifen Trauben des Weinstocks die Nahrung und bringt
sie zum Absterben. Der Pflaumentaschenpilz wächst im Fruchtfleisch junger Pflaumen.
Die blasig aufgetriebenen Früchte sind unter dem Namen „Schlucken" oder „Narren"
bekannt. Zu den Schlauchpilzen gehören auch die eßbaren Trüffeln und Morcheln.
Die Hutpilze sind entweder Blätter- oder Röhrenpilze. Zu ihnen gehören die
größten Pilze. — Der Fliegenpilz mit scharlachrotem, weißgeflecktem Hut ist giftig.
Man gebraucht ihn, um die Fliegen damit zu töten. Zu diesem Zweck wird er in
Durchschn. ein. Schlauchpilzes. Pilzkörper des
a Filzgewebe, darüber Saft- Mutterkorns,
fäden und Sporenschläuche,
v Sporenschlauch vergr.
langen dann die Sporen in die Blüte.
4
Die Erstlinge des Frühlings.
auf der Erde hin und schlagen Wurzel. Dann bildet jeder für sich eine selbständige
Pflanze. Man nennt solche Bildungen Ausläufer. Entfernt man alle Ausläufer
sorgfältig von einem Pflänzchen, so entwickelt sich der Stengel mit der Zeit zu einem
Veilchenbäumchen. Da der Veilchenstock jahrelang fortwächst, gehört das Veilchen
zu den ausdauernden Pflanzen.
Nutzen. Das Veilchen erfreut uns durch den köstlichen Duft seiner schönen
Blümchen. In den Städten werden deshalb die Veilchen in den Gewächshäusern
gezogen und während des ganzen Winters verkauft. Die Veilchenzucht ist daher für
den Gärtner ein einträgliches Geschäft. Aus den Blumenblättern wird der Veilchen-
sirup gewonnen, welcher zum Färben der Zuckerwaren dient.
Verwandte. Das Hundsveilchen, das Waldveilchen und das Stiefmütterchen. Letzteres
wächst häufig auf Feldern. Zahlreiche Spielarten von ihm mit großen, prächtigen Blumen werden in
Gärten unter dem Namen Pensee gezogen.
5. Die Schlüsselblume.
Die Schlüsselblume verdankt ihren Namen der Gestalt ihrer Blüte. Mit ihr
zieht erst recht der schöne Frühling ein. Sie schließt gleichsam die Erde auf, daß die
Blumen hervorkommen können. Ihr Name Primel bedeutet: Erstling des Frühlings.
Wurzel und Blätter. Das Pflänzchen hat in der Erde einen kurzen Wurzel-
stock mit starken Faserwurzeln. Oben trägt derselbe eine zierliche Rosette von eirunden
Blättern. Sie sind runzelig und am Rand wellig gekerbt. Die Blattfläche verläuft
allmählich in den Stiel. Letzterer erscheint deshalb geflügelt. Die Gefäße bilden ein
hübsches Adernetz.
Blütenstand. In der Mitte der Blätterrose erhebt sich der flaumig behaarte
Blütenschaft. Oben teilt sich derselbe an einer Stelle in viele Blütenstiele. Jeder
hat am Grund ein grüngelbes Deckblatt und trägt ein nickendes Blümchen. Einen
solchen Blütenverein nennt man eine Dolde.
Blute und Frucht. Die goldgelben Blümchen duften lieblich. Ihr Kelch
bildet ein bauchiges Röhrchen mit fünf Kanten und ebensoviel Zähnen. Die
Blumenkrone ist gleichfalls einblätterig und unten
rührig. Ihr Saum gleicht einem aus fünf Lappen
bestehenden Teller. Am Grund ist jeder Lappen mit
einem rotgelben Fleck geziert. Die Fäden der fünf
Staubblätter sind mit der Krone verwachsen. Auf
dem kugelrunden Fruchtknoten sitzt ein dünner Griffel
mit kopfförmiger Narbe. Die Frucht ist eine ein-
fächerige Kapsel. An einem Säulchen in ihrer
Mitte sitzeil die winzigen Samen.
Die Bestäubung geschieht bei der Schlüsselblume
durch Insekten. Die Blumen sind zu diesem Zweck
besonders eingerichtet. Manche haben nämlich einen
langen Griffel, und die Staubsäckchen stehen tief in
der Röhre. Bei andern ist die Sache umgekehrt.
Dieser Umstand erleichtert die Übertragung des
Blütenstaubs aus einer Blüte in die andere. Erkläre dies ans der Abbildung! Solch
zweigestaltige Blutenformen trifft man bei vielen Insektenblütlern.
Andere Primeln. Früher wurden die Wurzeln und Blumen der Primel als
Heilmittel benutzt.- Jetzt erfreut man sich nur au ihren lieblichen Blümchen. Ihre
Schwester, die große Primel, wird von den Gärtnern in zahlreichen Spielarten
gezogen. Auch von der Aurikel werden zahlreiche Abarten mit wohlriechenden Blumen
gezüchtet. Sie ist eine ursprünglich gelbblühende Alpenprimel.
Verwandte. Zu den ausländischen Primelgewächsen gehört der Storaxbanm, welcher den
Storax, ein wohlriechendes Harz, liefert. Der erstarrte Gummisaft des Guttaperchabaums ist unter
dem Namen Guttapercha bekannt.
I Lang- und Ii kurzgriffelige
Blüte der Schlüsselblume,
a Fruchtknoten, b Griffel,
c Narbe, d Staubblätter.
46
Sporenpflanzen.
Längs durchschnittene Staub-
gesäßblüte. Die Staubbehälter
von Sastsäden umgeben.
Zellen, sogenannte Schwärmfäden aus.. Bei der Reife öffnen sich
die Schläuche an der Spitze, und die Schwärmzellen bewegen sich
selbständig heraus.
Andere Pflänzchen enthalten in ihrer
Blätterrose die stempelähnlichen Gebilde mit
den Keimzellen imjnnern. Außerdem finden
sich in beiderlei Moosblüten noch sogenannte
Saftfäden, welche die Blumenhülle darstellen.
Sind die Keimzellen durch einen Schwärm-
faden befruchtet, so entwickelt sich aus ihnen
ein dünnes Stielchen. Dieses ist unten rot
und oben goldgelb gefärbt und trägt an der
Spitze ein längliches Köpfchen.
Die Fruchtkapsel. Dies Köpfchen ist die
Fruchtkapsel. Sie gleicht einer kantigen Urne,
welche eine mit gelbbraunen Haaren besetzte
Haube trägt. Daher der Name Haarmoos.
Unter der Haube, die sich bei der Reife ab-
heben läßt, befindet sich ein Deckelchen.
Auch dieses kann leicht entfernt werden. Der
Mund der Kapsel ist mit vielen Zähnen besetzt
und durch eine mit den Zahnspitzen verwachsene
zarte Haut verschlossen. In der Kapsel sind
um ein Mittelsäulchen die Sporen gelagert.
Bei der Reise stellt sich die Kapsel wagrecht.
Haube und Deckel fallen ab, die Schleierhaut
platzt, und die Sporen treten zwischen den
Zähnen aus. — Die Sporen sind winzige
Körnlein und bestehen nur aus etwa drei
wasserhellen Bläschen. Der leiseste Windhauch
trägt sie über Berg und Thal. Beim Keimen
entwickelt sich aus ihnen zunächst ein herzförmiger Vorkeim. Der-
selbe treibt ein feines Fadengefiecht mit Wurzelfasern und blatt-
bildenden Knospen. Aus letzteren entsteht erst das eigentliche Moos-
pflänzchen. Die alten Moospflänzchen gehen aber nicht gleich ein.
Sie wachsen oben weiter und bringen mehrere Jahre lang Blüten
und Früchte.
verwandte. Die Torfmoose haben oben rosettenförmig gestellte Äste mit
dicht gedrängten Blättern. Ihre Kapseln sind kugelig und springen auf. Die
Knotenmoose bilden dichte Polster, die Sternmoose lockere Rasen aus der Erde
und auf Steinen.
Bedeutung der Moose. Die Moose sind für den Menschen scheinbar von
geringem Nutzen. Trotzdem sind sie von großer Bedeutung. Wir brauchen sic zum
Verpacken zerbrechlicher Waren und winden Kränze daraus. Die Vögel nehmen sie
zum Nestbau. Zahlreiche kleine Tiere finden in dem Moospolster Schutz. Im Herbst
nimmt es die kleinen Samen auf und umhüllt sie warm. Die Moose bilden auf
festem Gestein allmählich fruchtbare Erde, auf welcher andere Pflanzen gedeihen können. Sie tragen auch
zur Torfbildung bei. Die Moospolster in den Wäldern regeln die Feuchtigkeit. Sie saugen gleich einem
Schwamm Regen- und Schneewasser ein und lassen es langsam in den Boden sickern oder berdunsten.
Ohne die Moosdecke würden die Wasser in wuchtigen Massen ins Thal stürzen und die fruchtbare Erde
mitreißen.
51. Der Ackerschachtelhakm
Stempelblüte. In der Mitte
die flaschenförmigeu
Stempelgebilde.
Ein Haarmoos-
pflänzchen.
bildet auf sandigen Ackern mit feuchtem Untergrund ein lästiges Unkraut, welches nur
durch Entwässerung des Bodens vertilgt werden kann. Der braune gefiederte Wnrzelstock
kriecht in der Erde fort und treibt alljährlich neue Zweige. Deshalb ist die Pflanze
so schwer auszurotten. Aus dem Wurzelstock kommen im Frühjahr die saftigen Frucht-
stengel. Sie sind hohl und an den Gelenken mit Scheidewänden versehen. An jedem
Knoten sitzt eine Scheide von trockenen Blättchen. — Der Schaft endet in eine
bräunliche Ähre. An ihrer Spindel sitzen schildförmige, meist sechseckige Schuppen.
6
Tie Erstlinge des Frühlings.
faule Weidenholz verwandelt sich in Erde. Dieselbe enthält alle Nährstoffe des Baumes.
Deshalb eignet sie sich vortrefflich zur Blumenzucht.
Nutzen. Die Weidenrinde enthält Gerbstoff und wird deshalb zum Gerben
feinerer Ledersorten verwendet. Auch ein Arzneimittel, das Salicin, gewinnt man
daraus. Das Holz aller Weiden ist leicht und besitzt nur geringe Heiztraft. Man
verarbeitet es zu Spielwaren, »Schachteln u. s. w. Aus den biegsamen Zweigen der
Korbweide werden Flechtwaren gemacht. Die aus dem Morgenland stammenden
Trauerweiden mit hängenden Zweigen pflanzt man auf Gräbern.
verwandte der Weiden sind die Pappeln. Die Pyramiden-, Silber- und Zitterpappel
pflanzt man als Zierbäume in Anlagen.
7. Die Kerbstzeittose
ist ein Kind des Frühlings und Herbstes zugleich. Ihre Blume erscheint erst, wenn
alle andern Blumen in Flur und Hain verblüht sind. Daher hat sie ihren Namen.
Zwiebelknollen. Um die ganze Pflanze unversehrt zu erhalten, muß man vor-
sichtig nt die Erde graben. Unten hat dieselbe einen runden Knollen. Er ist von
einer lederartigen Haut umgeben und sieht einer Ziviebel ähnlich. Durchschneidet
man jedoch den Knollen, so zeigt es sich, daß es keine Zwiebel ist. Eitle solche
besteht nämlich aus Blättern, welche aus einer dünnen Stengelscheibe sitzen. Der
Knollen der Zeitlose dagegen bildet eine feste Masse wie bei der Kartoffel. Er ist
wie diese ein unterirdischer Stengel mit aufgespeichertem Nahrungsvorrat.
Blüte. Die eigentliche Pflanze ist in eine seitliche Vertiefung des Knollens
eingebettet und unten mit ihm verwachsen. Eine schützende Lederhaut umhüllt sie bis
zur Erdoberfläche. Unter dieser Haut bemerkt man auf kurzem Stengel eine zarte
Blattscheide. Der Stengel hat zahlreiche Faserwurzeln. In der Blattscheide steht die
Blumen röhre. Sie ist weiß, wie alle Pflanzenteile, die das Licht entbehren. Der
obere Teil ist blaurötlich und in sechs Zipfel gespalten. Im Innern bemerkt man
sechs Staubgefäße. Ihre Fäden sind unten mit der Blumenröhre verwachsen. Oben
endigen sie in eine feine Spitze. Auf dieser ist das Staubsückchen so befestigt, daß es
sich um sich selber drehen kann. Die drei südlichen Griffel sind von gleicher Länge
wie die Blumenröhre. Sie kommen früher zur Entwicklung als die Staubgefäße.
Die Zeitlose wird deshalb von Insekten durch Blumenstaub aus anderen Zeitlosen
befruchtet. Die drehbaren Staubsückchen erleichtern dies. Die Griffel stehen unten
auf dem Fruchtknoten, welcher von den nächstjährigen Blattschuppen eingeschlossen ist.
Frucht. Bei andern Pflanzen entwickelt sich die Frucht sogleich nach dem Ver-
blühen. Dies ist bei der Zeitlose nicht der Fall. Sie pflegt während des Winters
der Ruhe. Erst im nächsten Frühjahr setzt sie das Geschäft des Wachstums fort.
Der kurze Stengel, welcher den Fruchtknoten trägt, schießt dann in die Höhe. Mit
ihm bilden sich auch die Blattansätze aus, welche ihn umgeben. Endlich erscheint er
mit glänzenden Blättern über der Erde. Ihr unterer Teil umgibt scheidenartig den
Fruchtstiel. Die Frucht bildet eine dreifächerige Balgkapsel. Bei der Reife springt
dieselbe in drei Klappen auf. In jedem Fach sitzen viele Samenkörner.
Die Zeitlose ist eine Giftpflanze. Alle ihre Teile sind giftig, besonders aber
der Knollen und die Samen. Das aus den frischen Knollen gewonnene Gift wird
arzneilich verwendet. Eine Vergiftung von Menschen durch Zeitlosen wird nicht wohl
vorkommen. Das Vieh aber frißt die frische Pflanze ohnehin nicht, und die trocknen
Zeitlosen im Heu haben ihr Gift zumeist verloren. Durch fortgesetztes zeitiges Aus-
ziehen der Pflanze im Frühjahr kann übrigens der Landwirt seine Wiesen von dem
lästigen Gast befreien.
verwandt mit der Zeitlose ist die im Hochgebirge wachsende weiße Nieswurz, deren zu Pulver
zerriebene Wurzel heftiges Niesen verursacht.
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Aus weiter Welt.
Wedel genannt werden. Sie kommen spiralig zusammengerollt zum Vorschein und
breiten sich allmählich aus. Der Stiel ist größtenteils mit braunen Schuppen bedeckt.
Die Blattstäche ist gefiebert. Die Fiederchen sind gleichfalls siederspaltig und stehen
wechselweise. Durch die Mitte des Fiederchens zieht eine deutliche Blattrippe.
. Im August und September bilden sich an der Unterseite der Fiederchen kleine
rundliche Fleckchen von bräunlicher Farbe. Es sind flache Häuschen von Sporen-
behältern. Jedes Häuschen ist mit einem feinen Häutchen, dem Schleier, bedeckt.
Aus der schildförmigen Gestalt desselben erklärt sich der Name Schildfarn. Die
Sporenbehülter enthalten die staubartigen Sporen. Das Vergrößerungsglas zeigt,
daß jede Spore aus wenigen Zellen besteht, welche zusammen ein Kügelchen bilden.
. Gelangt die reife Spore auf feuchten Boden, so keimt sie. Es entsteht aus
ihr ein blattartiges Gebilde, welches mit vielen Wnrzelhaaren am Boden festhält.
Dies ist der Vor keim. Auf der Unterseite dieses linsengroßen grünen Blättchens
entstehen nun zweierlei Gebilde, welche den Staubgefäßen und Stempeln der Blüten-
pflanzen entsprechen. Die ersteren nennt man Schwärmsädenbehälter, die letztem
Keimorgane. In den Schwärmfädenbehältern reifen fadenförmige Zellen, welche
sich lebhaft bewegen. Diese Schwarmsäden entsprechen den Blütenstaubkörnchen. In
dem Keimorgan besinden sich die Keimzellen, welche den Sameneichen im Frucht-
knoten der Blutenpflanzen entsprechen. Gelangt nun ein Schwärmfaden zu den Keim-
zellen im Keimorgan, so wird dies befruchtet und bildet sich zu einem jungen Farn
aus. Der Vorkeim stirbt dann ab.
In unseren Wäldern gibt es noch verschiedene Arten von Farnen. Der größte ist der Adler-
farn. Ein schräger Querschnitt seines Wurzelstocks zeigt eine Zeichnung, die einem Doppeladler ähnlich
sieht. Der süße Wurzelstock des Tiipselfarns war früher unter dem Namen Engelsüß als Arznei ge-
bräuchlich. In heißen Ländern gibt es Farne von baumartiger Gestalt und Größe. Sie erinnern an die
riesigen Farne der Vorzeit, welche zur Bildung der Steinkohle beigetragen haben. Hübsche Abdrücke vor-
weltlicher Farne findet man im Kohlenschiefer.
Viii. Ins weiter Wett.
53. Der Weis.
Der Reis ist ein aus Indien stammendes einjähriges Gras mit meterhohem
Halm und wenigen Blättern. Die in Rispen stehenden Blüten haben gewöhnlich
sechs Staubgefäße, wovon drei etwas länger sind. Man unterscheidet zwei Arten:
Berg- und Sumpsreis. Jener hat grannenlose Ähren und reift in der halben
Zeit. Der Sumpsreis ist aber ergiebiger und wird daher häustger gebaut.
Anbau. Der Reis wird in allen wärmeren Ländern und in Europa besonders
am Po angebaut. In guten: Boden bringt er nicht selten dreihundertfältige Frucht
und kann dabei zweimal geerntet werden. Allein der Reisbau bringt schwierige und
ungesunde Arbeit. Denn die Reisfelder verpesten durch ihre Ausdünstungen die Luft
und erzeugen schwere Krankheiten, namentlich das Wechselfieber. Zum Reisbau werden
gewöhnlich Felder gewählt, welche tief und in der Nähe eines Wassers liegen, damit
sie mit Leichtigkeit bewässert werden können. Ist das Wasser nicht nahe, so muß es
an Ort und Stelle geleitet, in großen Becken gesammelt und dann verteilt werden.
Bei hügeligem Boden legt man Terrassen an und hebt das Wasser mittels Pumpen
von einem Absatz auf den anderen. Die Bewegung derselben wird durch Windmühlen,
Tiere oder Menschen bewerkstelligt. Ist der Boden durch das Wasser schlammig aus-
geweicht, so wird er gepflügt und abermals unter Wasser gesetzt. In den Schlamm
streut man dann den Samen, welcher vorher vierzehn Tage eingeweicht war. Sind
die Halme handhoch gewachsen, so wird wieder gewässert bis zur Ernte. Dann läßt
man den Boden trocken werden und schneidet die Halme. Die Körner werden in der
Poliermühle enthülst und poliert.
Nutzen. Fast die Hälfte der Menschheit findet im Reis das tägliche Brot.
Gekochter Reis ist das erste Bedürfnis jedes Chinesen und Hindu. Der Reis ist die
Grundlage des Binnenhandels im eigentlichen China. Da der Reis so sehr von der
Zuckerrohr. Bambus. Kaffeebaum.
49
Feuchtigkeit abhängig ist, so entstehen in dürren Jahren leicht Mißernten. Dann
rafft manchmal eine große Hungersnot Tausende dahin. — Aber auch bei uns werden
ungeheure Mengen Reis zu täglichen Mahlzeiten und zur Bierbereituug venvendet.
Aus Reis wird endlich auch der Arrak bereitet. Aus Reisstroh fertigt man Stroh-
hüte, Bürsten und Besen.
54. Das Zuckerrohr.
Das Zuckerrohr, dessen Vaterland Indien ist, wird seht in vielen Ländern der
heißen Zone angebaut. Seine dicken Halme schießen schilfartig aus einem dauernden
Wurzelstock mehr als 5 m hoch empor. Sie sind kurz gegliedert und tragen meter-
lange Blätter. Die winzigen Blüten erscheinen am Ende des Halms in ausgebreiteten
Rispen. Innen ist der Halm ganz mit lockerem, saftigem Mark erfüllt.
Der Zuckergehalt hängt von mancherlei Umständen, besonders aber von der
Reife des Rohres ab. Der Saft ist nämlich nur bis zu einer gewissen Höhe des
Rohres süß. Die noch fortwachsenden oberen Teile enthalten Saft von geringem
Zuckergehalt. Durchschnittlich beträgt derselbe beim reifen Rohr 18 bis 20 °/0. Übrigens
enthält der Saft außer dem Zucker noch eine beträchtliche Menge Kleber und alle die
Stoffe, welche in unseren besten Nahrungsmitteln enthalten sind. Darum ist der
Saft wirklich nährend und vermag die Kraft des Körpers ohne anderen Nahrungs-
zusatz zu erhalten. In den Gegenden, wo das Zuckerrohr angebaut wird, bildet
es denn auch thatsächlich einen nicht unwichtigen Teil der täglichen Nahrung. Der
reife Stengel wird abgeschnitten, angebohrt und ausgesaugt. Auf diese Weise
werden unglaubliche Mengen von Zuckerrohr verbraucht. Ganze Schiffsladungen gehen
täglich auf die Märkte von Manila und Janeiro; und man sieht dort selten ein Kind
anders als mit einem Stück Zuckerrohr.
Zttckcrbereitttug. Zur Zeit der Reife werden die Rohre dicht am Boden ab-
gehauen und von den Blättern und unreifen Spitzen befreit, die man auf dem Felde
liegen läßt. Dann wird der Saft mittels eiserner Walzen oder einer Wasserpresse
ausgepreßt. Dies geschieht so vollständig, daß die Rohre dünn und trocken wie ein
Blatt Papier aussehen. Der Saft würde bald in Gärung geraten, wenn er nicht
mit Kalkwasser gemischt, geseiht und in großen Pfannen eingekocht würde. Der ein-
gedickte Saft wird gekühlt und setzt dann eine gelbliche, krümliche Masse ab, welche
Rohzucker genannt wird. Nachdem der Rohzucker noch geklärt und filtriert ist, ver-
arbeitet man ihn zu Kandis und weißen Zucker. Aus dem bei der Zuckerbereituug
als Rückstand erhaltenen Sirup wird Rum bereitet. Die Mengen des jährlich aus
Rohr und Rüben dargestellten Zuckers find ziemlich gleich groß.
Heschichte. Das Zuckerrohr wurde schon „im frühesten Altertum in Indien und China angebaut.
Die Araber brachten es im 9. Jahrhundert nach Ägypten, Sizilien und Spanien. Von hier verbreitete es
sich über das ganze tropische Amerika.
55. Der Aambus.
Ncschrckbung. Der Bambus gehört zwar zu den Gräsern, hat aber holzige, verzweigte Halme
und wird dadurch baumartig. Die oft armsdicken Stengel schießen dicht gedrängt aus dem weitverzweigten
Wurzelstock bis zu 30 in Höhe empor. Ihre Rinde ist sehr reich an Kieselsäure und daher steinhart.
Ringförmige Knoten bezeichnen die Glieder des Stengels, dessen innere Höhlung hier geschlossen ist. An
den Knoten brechen die schmalen Blätter und die schlanken Zweige hervor. Die Zweige wiederholen den
Wuchs des Hauptstengels. An den Knoten sind sie mit zierlichen 'Wedeln von Blättern besetzt.
Vermehrung. Ein einziges mit einem Knoten versehenes Stengelglied in die Erde gelegt, ent-
wickelt sich in kurzer Zeit zu einem neuen Stock. Dieser Umstand ist wichtig für die Vermehrung der
Pflanze. Der Bambus gelangt nämlich sehr selten zur Entwicklung von Blüte und Frucht, da er gewöhn-
lich vorher abgeschnitten wird. Die jungen Triebe verlängern sich manchmal innerhalb vierundzwanzig
Stunden um 60 bis 80 cm, so daß man bei ihnen gleichsam das Gras wachsen sehen kann. Aus Sumpf-
boden bildet der Bambus oft ausgedehnte Dickichte.
Der Nutzen des Bambus ist sehr groß. In seiner Heimat sind Häuser, Haus- und Ackergeräte,
Werkzeuge und Waffen aus Bambusstäben verfertigt. Die jungen Sprossen werden als Gemüse gegessen!
56. Der Kaffeeöaum.
Der Kuffeeboum ist ein immergrüner Baum von etwa Io rn Höhe. An
seinem schlanken Stamm beginnen tief unten die Aste. Sie stehen abwechselnd paar-
weise einander gegenüber. Dadurch erhält die Krone eine hübsche kegelförmige Gestalt.
Pflanzenkunde. A. (Emil Roth in Gießen.) 2. Ausl. 4
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Aus weiter Welt.
Auch die Blätter sind abwechselnd gegenständig. In Form, Größe und Beschaffenheit
gleichen sie den Lorbeerblättern.
Blüte und Frucht. Die wohlriechenden Blumen kommen in Büscheln aus
den Blattwinkeln. Die Krone ist weiß und trichterförmig. An ihrem Schlund sind
die fünf Staubgefäße befestigt. Die Früchte sind ovale Beeren von Kirschgröße.
Sie brauchen zu ihrer völligen Entwicklung
ein halbes Jahr. Zur Zeit der Reife find
sie hochrot und haben ein widerlich süßes,
schleimiges Fleisch. In der Frucht stecken ge-
wöhnlich zwei Samen, die sogenannten Kaffee-
bohnen. Je nach der Art des Baumes sind
dieselben grau, grün oder braun gefärbt. Sie
liegen mit der flachen Seite aneinander. Jede
ist mit einer pergamentartigen Schale um-
geben, unter welcher noch eine zarte Samen-
haut liegt. Letztere umhüllt den knorpeligen
Keimvorrat mit dem kleinen Keimling, welche
beide die Kaffeebohnen des Handels bilden.
Die Heimat des Kaffeebaums ist wahr-
scheinlich Abessinien nebst den angrenzenden
Ländern. Dort wird er noch jetzt wildwachsend
gefunden. Von hier wurde er nach Arabien
verpflanzt. Gegenwärtig baut man den meisten
Kaffee in Indien, Mittelamerika und Brasi-
lien. Der Kaffeebaum verlangt zum Gedeihen
viel Wärme. Berggegenden mit Kalkboden
sagen ihm besonders zu.
Die Kaffeepflauzuugcn dehnen sich oft
meilenweit aus. Die Bäume stehen in Reihen
und werden meist strauchartig gehalten. Dies
vermehrt den Ertrag und erleichtert das Ab-
nehmen der Früchte. Bereits im zweiten Jahr
treibt der Baum Blüten und Früchte. Bei
guter Pflege bleibt er fünfzehn bis zwanzig
Jahre ertragsfähig. Zur Zeit der Bliite ge-
währt eine solche Pflanzung einen herrlichen
Zweig des Kaffeestrauchs. Anblick. Der Baum übertrifft dann an Schön-
heit selbst unsere blühenden Obstbäume. Die
Blütenpracht dauert acht Monate, da sich an den neuen Trieben stets neue Blüten
entfalten. Sie wird noch erhöht durch die Menge der verschiedenfarbigen Beeren,
welche den Baum schmücken. Da die Früchte nicht gleichzeitig reifen, so findet auch
die Ernte zu verschiedenen Zeiten statt. Die reifen Beeren werden abgepflückt oder
auf untergelegte Tücher geschüttelt und von dem Fruchtfleisch befreit. Daun wird auf
besonderen Mühlen die pergamentartige Schale von den Bohnen entfernt. Die Bohnen
müssen längere Zeit lagern, ehe sie zum Verbrauch tauglich sind.
Bestandteile der Bohnen. Bekanntlich werden die Bohnen erst genießbar, wenn
sie geröstet find. Das glänzende Aussehen, welches sie dabei erhalten, rührt von einem
fetten Ole her. Gleichzeitig entwickelt sich aber in ihnen auch ein flüchtiges Ol, von
welchem der Wohlgeschmack des Kaffees .abhängt. Bei zu stark gebrannten Bohnen
verfliichtigt sich das Ol, und das Getränk wird geschmacklos. Den bitteren Geschmack
verdankt der Kaffee der anwesenden Gerbsäure. Den eigentlich wirksamen Stoff der
Bohnen aber bildet das Kaffei'n, ein arges Gift. Mäßig genossen, ist der Kaffee
dem Körper zuträglich; denn er regt die Nerventhätigkeit an. Übermäßiger Genuß von
starkem Kaffee hat stets schädliche Folgen.
Ersatzmittel. Ter tägliche Genuß von Kaffee verursacht Ausgaben. welche für viele Leute un-
erschwinglich stud. Man hat sich deshalb bemüht, Ersatzmittel sür denselben zu finden. Die gerösteten
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An Wegen und Straßen.
von ihr, die purpurrote Flockenblume, wächst auf Wiesen. Klette und Distel
find gleichfalls lästige Unkräuter.
c. Die Strahlblütler haben am Rand Zungenblüten und auf der Scheibe
Röhrenblüten. Die Zungenblüten find gewöhnlich unfruchtbar.
Die echte Kamille ist leicht an ihren wohlriechenden Blüten zu erkennen. Ihr
Blütenboden ist hohl und nackt, Bei der Acker- und Hundskamille ist er mit
Spreublättchen besetzt. Weitere Arzneipflanzen sind die Schafgarbe, der Huflattich
und der Rainfarn. Wucherblume, Kreuzkraut und Maßlieb sind allbekannte
Strahlblütler. Die Aster und Georgine werden in vielen Abarten angepflanzt.
Wegen ihrer ölreichen Samen wird die Sonnenblume in Rußland als Nutzpflanze
angebaut.
12. Wanderung der Wffanzen.
Erstaunlich ist die Menge der Samen, welche ein Blütenschaft des Löwenzahns
zu erzeugen vermag. Noch größer aber ist deren Zahl bei anderen Pflanzen. Bringt
doch eine einzige Tabakspflanze 300000 Körnlein zur Reife. Die Samen werden im
Überfluß erzeugt, damit das Aussterben der Art verhindert werde. Aber die Natur
sorgt auch für die Verbreitung des Samens. Viele Samen find so klein und leicht,
daß sie ohne weiteres vom Wind weit fortgetragen werden. Andere find aber geradezu
mit besonderen Flugvorrichtnngen versehen. So ist z. B. beim Löwenzahn, Lattich, der
Distel und den meisten Korbblütlern die Haarkrone als Flugmaschine ausgebildet. Der
leiseste Luftzug erfaßt die Samen an der Haarkrone und führt sie selbst auf hohe
Berge und Türme. Beim Niederfallen dient die Haarkrone als Fallschirm, so daß das
Samenkorn als schwerster Teil aus die Erde zu liegen kommt und keimt. Tie Samen
der Weiden und Pappeln fliegen mit Hilfe ihrer zarten Wollhülle. Bei den Samen
der Kiefer, Birke, Rüster u. f. w. dienen häutige Flügel als Flugwerkzeuge.
Auch das Wasser wirkt bei der Wanderung der Pflanzen mit. An dem Unter-
lauf der Flüsse findet man gar manches Pflänzchen aus dem Quellgebiet derselben. In
noch höherem Maße bewirken die Meeresströme die Verbreitung der Pflanzen. Ihnen
verdankt z. B, die Kokospalme ihr weites Wohngebiet.
Auch die Tiere übernehmen die Aussaat gewisser Pflanzen an entfernten Orten.
Mit Haken, Zähnen und Borsten heften sich die Samen an das Kleid der Säugetiere
und Vögel und werden gelegentlich wieder abgestreift. Solche Haftfrüchte besitzen Möhre,
Klette, Labkraut u. a. Viele Früchte werden von Tieren an entlegene Orte getragen
und dort verspeist. Dabei wird dann manches Samenkorn verstreut und keimt. Andere
Samen gelangen durch den Mist der Tiere an entfernte Orte. Auf diese Weise kommt
der Holunder, die Eberesche und Mistel durch Drosseln auf Türme und Bäume.
Der Mensch trägt ebenfalls absichtlich und zufällig zur Pflanzenwanderung
bei. Gehören doch die meisten unserer Getreidearten, Küchenkräuter und Zierpflanzen
ursprünglich fremden Ländern an. Mit diesen Nutzpflanzen sind aber zahlreiche Un-
kräuter in die Ferne gewandert. Überhaupt trägt der Versand von Waren viel zur
Verbreitung der Pflanzen bei.
Blanche Pflanzen besitzen besondere Einrichtungen zur Verstreuung der Samen.
So springt die Schote der Balsamine bei leiser Berührung aus und schleudert die
Samen fort. Die Klappen der Erbsenschote drehen sich zu gleichem Zweck schraubenartig.
13. Die weiße Taubnessel
wächst überall in der Nähe menschlicher Wohnungen. Im Ansehen gleich sie der
wirklichen Nessel. Sie brennt aber nicht und heißt deshalb auch Taubnessel. „Weiße"
Taubnessel wird sie genannt zur Unterscheidung von ihren, vier Schwester:.. Es sind
dies die rote, gelbe, gefleckte und stengelumfassende Taubnessel.
Wurzel, Stengel und Blätter. Wie die Brennessel hat auch die Taubnessel
einen Wurzelstock. Aus ihm schießt der vierkantige Stengel hervor. Er ist hohl und
durch Knoten in Glieder abgeteilt. An den Knoten sitzen die Blätter einander gegen-
über. Je zwei aufeinander folgende Paare bilden ein Kreuz. Die unteren Blätter
sind lang gestielt. Je weiter nach oben, desto kürzer werden die Stiele. Die Blatt-
fläche ist herzförmig und am Rand gesägt.
Blüte und Frucht. Die Blüten stehen in den Blattwinkeln und bilden einen
Sch ein wirtel. (Bei einem wirklichen Wirtel sitzen die Blüten rund um den