Die Angelsachsen. 281
erloschen war, führten auf einander folgende Thronrevolutionen schrecklichen
Verfall herbei.
7. Aus den zahlreichen auf besondere Gemeinden hiudeutendenstammes-
naruen erkennen wir, daß wol längere Zeit vergieng, ehe die einzelnen vom
Trentfluß allmählich nach Westen sich vorschiebenden Ansiedlungen in ein
größeres Ganzes, das Königreich Mer eia, vereinigt wurden. Hätte Penda,
Cridda's Enkel, seine ungemeine Kraft nicht für das Heidentum und zur Zer-
trümmerung der andern Reiche, die an sich zu nehmen der von Achtung für
die Volksfreiheit und das Geschlechtsrecht erfüllte angelsächsische Geist ihn
hinderte, angewandt, er würde den gefeiertsten Helden beigezählt werden.
Sein Tod verschaffte den Sieg dem Christentum, das fein nicht minder kräf-
tiger Sohn Wulphere (654—675) mit begeistertem Eifer bei feinem Volk
einführte. Nachdem innere Unruhen das Reich heruntergebracht hatten, kräf-
tigte es wieder Clito Äthelbald (716 — 757), indem er Ostanglien, Esser
und Kent sich unterwarf, bis Cuth red von Messer 652 seiner Machtausbrei-
tung ein Ziel setzte. Den Ruhm der Gerechtigkeit und Wolthätigkeit verdarb
er durch die Hingabe an sinnliche Ausschweifungen. Ofsa (757 — 796), von
unbekannter, aber gewis edler Herkunft, bändigte zuerst sich erhebende Un-
ruhen^) und wandte 769 feine Waffen gegen die Briten. Er entriß ihnen den
Besitz der Ebnen und indem er diese durch Wall und Graben und die Ansied-
lung angelsächsischer Markgenossen sicherte, drängte er sie für immer in die
westlichen Gebirge zurück. Kent war von ihm abhängig und auch Ostanglien
ward es burcc) die seinen Ruhm befleckende treulose Ermordung des Königs
Äthelbyrth (792). Die Aufzeichnung der Gesetze und seine Stiftungen für die
Kirche-), unter denen freilich die Gründung des Erzbistum Litchfield zu vielen
Streitigkeiten Veranlassung gab, machten sein Verdienst unsterblich und wie
sein Zeitgenosse Karl der Große, mit dem er vielfach in Verbindung stand,
ward er Gegenstand des Preises in Liedern und Sagen. Sein Geschlecht gieng
durch Nnsittlichkeit rasch zu Grunde. Zwar wirkte Ceouwulf, Penda's
Nachkomme, in seinem Geiste und kettete durch Aufhebung des Erzbistums
Litchfield Kent fester an sich, doch als er 819 in einer Schlacht gegen die
Ostangeln gefallen war, verlor das Reich schnell seine Selbständigkeit.
8. Weil Messer fortwäreud mit den Briten zu kämpfen hatte, warte
es in sich feste Kriegszucht und zog aus den andern Stämmen immer kriegs-
lustige Männer au sich, die für den Dienst zu belohnen an Land kein Mangel
war. Cerdies Enkel Ceawlin (560 — 591) gewann durch Siege über die
Briten solche Macht, daß er Bretwalda wurde und Kent sich ihm unterorduete,
doch Gewaltthätigkeit machte ihn bei dem eignen Volke so verhaßt, daß er in
die Verbannung zu gehn genötigt ward. Sein zweiter Nachfolger Cynegisel
(Cynegild), ließ sich 635 taufen (st 643). Cenwealh (643—672) versuchte eine
heidnische Reaction, doch als er von Penda vertrieben flüchtig umherirrte,
beugte er sich in Ostanglien demütig unter das Kreuz Christi, erlangte sein
Reich wieder, erweiterte es durch gewaltige Siege über die Briten und führte
ln den eroberten Gebieten neue kirchliche Einrichtungen durchs). Nach seinem
Tod führte feine Gemalin Searburg in ausgezeichneter Weise die Regie-
rung, starb jedoch nach einem Jahr. Schwerlich hat Äscwine, welcher
Wulfhere von Mercia besiegte, das ganze Reich besessen, erst Centwin 1
1) Lappenb. 1 225. — 2) s. den folgenden §. — 3) Die Achtung vor dem großen
Gegner seines Volkes bewärte er, indem er die Mönche von Glastonbnry nicht'allein
als Wächter von Artus Grab ungestört ließ, sondern auch Gebete für sich selbst stiftete.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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TM Hauptwörter (200): [T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T79: [Ludwig Xiv Frankreich König Ludwigs Xvi Napoleon Xviii Xv. Philipp], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Clito_Äthelbald Esser Cuth Ofsa Karl_der_Große Karl Ceouwulf Kent Cerdies_Enkel_Ceawlin Bretwalda Penda Searburg Mercia Glastonbnry
Die Germanen.
15
Die Religion der Germanen.
4. Ueber unsrer Altvordern Götterglaulen würden wir ganz im un-
klaren sein, wären wir nur aus die Nachrichten der Römer und Griechen be-
schränkt; aber unzählige aus dem Heidentum von dem Volk in die christliche
Zeit mit herübergenommene Sagen und abergläubische Vorstellungen und Ge-
bräuche geben bedeutsame Fingerzeige rückwärts und beweisen uns namentlich
die völlige Uebereinstimmung der Grundlagen mit den Vorstellungen, welche
unsre nordischen (skandinavischen) Brüder, da sie länger im Heidentum ver-
harrten, weiter ausbildeten und zu einem System und zur Götterfamilie ent-
wickelten H. Bestimmter, deutlicher und vollständiger, als bei andren Völ-
kern erkennen wir hier, daß die ursprünglichen Götter der Germanen dieselben
waren, wie die der ältesten indischen Vedas, Himmels- und Lichtgötter,
Personificationen der Naturkräfte und Erscheinungen, welche dem menschlichen
Leben, besonders dem Hirten- und Ackerbauerleben fördernd sind, deutsch
Vancn, d. i. leuchtendes. Aber die Umwandlungen, welche bei allen geistiger
Freiheit cntgegenstrebenden Völkern die Mythen erfuhren, hatten auch bei den
Germanen bereits begonnen. Wärend das niedere Volk noch lange die ur-
sprünglichen Vorstellungen bewarte, lernten die höhernh die Götter als
individuelle, persönlich freie Wesen, als die Lenker ihrer wichtigsten und
liebsten Tätigkeiten, namentlich des Kriegs und der Schlachten, als die ver-
körperten höchsten und besten Eigenschaften und Tugenden der Menschen, als
die Ordner, Träger und Stützen der Weltordnung fassen, aus den Bauen
wurden die Ansen (nordisch Äsen)4). Zwar haben sic sich diese Götter in
Menschengestalt gedacht und ihnen in ihrer Phantasie viele Symbole und
menschliche Geräte und Schmuck gegeben, aber so weit waren sie nicht vorge-
schritten, daß sie Bilder der Götter verehrt hätten, mag es nun sein daß
sie die Kunst nicht verstanden oder ihre Herlichkeit als für Menschen
unnachbildbar betrachteten. Für das letztere spricht, daß sie nicht Tempelge-
bäude errichteten, weil die Gottheit nicht an einem Orte verweilen könneh.
5. Als der höchste der,Götter erscheint nun Wodan (Wuotan, Woda,
Guüdan, Gudan; nord. Odhinn). Ursprünglich war er der Sturmesgott
(„der stürmisch schreitende") und man dachte ihn mit laut schreienden und
tobenden Genossen wie ein Jäger die Lüfte durchziehend und durchreitend H.
Der Glaube, daß mit dem Tod die Seele in die Luft verhaucht werde, ließ
bald in seinem Gefolge abgeschiedne Menschen sehn, und da dem Toben der
Schlacht nichts so natürlich sich vergleicht, als das Getöse des Sturms, so
ward er zunr Lenker der Schlachten, der die Kraft und den Sieg verleiht
und der gefallenen Helden Seele mit sich führt in sein himmlisches 1
1) Kein Volk kann sich eines solchen Aufhellers seiner Sprache imb seiner Al-
tertümer rühmen, wie wir Deutsche in Jakob Grimm besitzen. Ihm gehört das
Verdienst, jene Quellen der Erkenntnis erkannt und ans ihrer liefen und sichtenden
Erforschung die deutsche Mythologie erbaut zu haben (Berlin 1835). Trefflich,
auch von den: großen Meister anerkannt ist Mann har dt: die Götterwelt der deut-
schen und nordischen Völker, von welchem Werke mir bis jetzt leider nur der. erste
Baud (die Götter. Berlin 1860) bekannt geworden ist. — 2) Dies ist die Stufe,
welche Cäsar bezeichnet (d. b. g. Vi 21): deorum numero eos colunt, quos cernunt
et quorum aperte opibus iuvantur, Solem et Volcatium et Lunam, reliquos ne fama
quidem acceperunt. Vgl. Mannh. 67. 69. 70. — 3) Mauuh. S. 73. — 4) Mannh.
73. Schon 130—140 Jahre nach Cäsar ist bei Tacitus diese Umwandlung erkennt-
lich. Mannh. 70. — 5) Tue. 6. 9. Mannh. 72. — 6) Sage von der wilden Jagd
und dem wütenden Heer. Mannhardt S. 108.
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Die Germanen.
17
(Jugu) und ihm die Herschaft zugewiesen im Reiche der Alben oder Al-
fen (Elfen), welche als freundliche heitere, aber auch kränkbare Geister in
Luft, Wasser und Hans walteten^), wie in der Erde die gespenstigen Zwerge,
die Hüter der Metalle und Schätze^). Skrof oder Skildn (die Sonne als
Schild gefaßt) wurde als der hehre Gott gedacht, welcher zuerst als Mensch
auf die Erde herniederstieg4). Eine der schönsten Göttergestalten ist in der
Nordländer Mythologie B ald er, der Sommersonnengott, weshalb er von
Hödhr, dem Gott der Finsternis, getödet wird, der liebe und sanfte Gott
der Unschuld und Freudigkeit. Man hält Vol für einen andern Namen des-
selben und kann seine Verehrung bei den alten Deutschen gewis behaupten,
obgleich man von der Ausbildung seines Begriffs keine deutlichen Spuren
i)at5). Für einen Wintersonnengott hat man den angelsächsischen Ullr
(Vnldor) zu halten0); der fränkische Frühlingssonnengott Sigfrit lebte im
Nibelungenliede, freilich zum menschlichen Helden geworden, forw). In
dem Brüderpaar Alkeis (die leuchtenden), deren Heiligtum bei den suebi-
schen Nalharvalen stund, muß man einen Nachhall der vedischen Ayvinen (der
Sonnenstrahlen), die ja auch der Ursprung des Diosknrenglanbens bei den
Griechen sind, erkennen^). Das Vorherschen der Kriegslust, welches Wnotan
zum Schlachtengott machte, hatte zur Folge, daß der ursprünglich höchste Gott,
der Himmelsgott Tins (Zio, nord. Tyr), als Verwalter des Schwerts
(Sahsnot, d. i. der des Schwerts genießende oder waltende) angebetet
wurde0). $011 seinem Beinamen Ern (Arhuus, got. hairu d. i. das
Schwert) hat die Eresbnrg den Namen"). Auch Jrmin oder J rinc muß
ursprünglich als ein lichtes Himmelswesen betrachtet worden sein, da die
Milchstraße am Himmel sein Pfad heißt, doch die spätere Zeit hat ihn zum
Beschirmer und Hort der Nationalität gemacht; daher die Säule, an der gedingt
wurde, sein Symbol war (Erminsul)").
6. Bei einemvolke, welches vor den Frauen so tiefe Achtung hegte, wie die
Germanen, kann man nicht anders erwarten, als daß sie auch Gö tter frauen
in ihre Neligionsvorstellnngen aufgenommen haben. Gerade hier aber vcr-
anlaßten die verschiednen Seiten des Wirkens, daß verschiedne Namen demselben
göttlichen Wesen beigelegt wurden. So ward die Segen spendende Wolke früh-
zeitig als Friia (Fria, Fr 6 a) verehrt ltub ihr als Schwester Volln zugesellt,
die durch den Regen erzeugte Fülle des Fruchtsegens repräsentierend. Die Wolke
wird vom sanften Winde getragen aber auch vom Sturm gejagt. Kein Wun-
der also, daß Friia Wnotans Gattin ward und als solche an allen dessen
Wirkungskreisen Anteil nahm, endlich aud) als Schaffnerin des Himmels
sein höchstes Regiment und seinen Göttersitz teilte"). Fast dieselben Eigen-
schaften und fast dasselbe Walten finden wir bei Gode (Gauden, Gaue), bei
Holda, Perahta (Bertha, Berchta) und der fränkischen Hrodsä. Sie er-
scheinen noch jetzt im Volksaberglauben als die das Wasser beherschenden und
* mit ihm die Erde tränkenden, der Frauen Werke im Hanse beaufsichtigenden,
Fleiß belohnenden und Faulheit strafenden, die Seelen der Kinder, welche ent-
weder verstorben oder ins Leben zu treten bestimmt sind, behütenden und 1
1) Von ihm Ingaevones. Mannh. 247. — 2) Mannh. 70. — 3) Mannh. 70.
— 4) Mannh. 250 f. — 5) Mannh. 253 f. — 6) Mannh. 258. — 7) Mannh. 33.
— 8) Tac. G. 43. Mannh. 256 f. — 9) Mannh. 41. 58. 263. Jsv ist jedenfalls der
von Tac. G. 9 erwähnte Mars. Der Name Sahsnot oder Sarnot kommt nur
in einem.taufgelübde (Mackern. Altd. Leseb. S. 19 u. 20) vor. S. über seine Be-
deutung Mannh. 264. — 10) Mannh. 263. — 11) Mannh. 265 — 268. — 12) Mannh.
269—274.
Di et sch. Lehrbuch d. Geschichte. Ii. Dd. 1. Abth. 2. Aufl.
2
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T92: [Vgl Aufl fig Vergl Sch. Liv Sept Aug Iii Geb], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
20
Die Germanen.
Thaten der Vorfahren x), und begeisterten Zur Schlacht. Suchte mandochausdcr
letztern durch das Vorhalten der Schilde verstärkten Klang (barditus) selbst
Orakel über den Ausgangs). Aber auch fröhliche Scherzlieder können nicht
gefehlt haben und die Tiersage hat im germanischen Heidentum ihren Ursprungs).
2) Schriftzeichen waren ihnen bekannt, und zwar dem alten semitisch-
griechischen Alphabet entsprechende. Zwar wurden sie in der ältesten Zeit
nur zu den geheimnisvollen Orakelloosen gebraucht (daher Runen, nma =
Geheimnis), aber bald auch zu Briefen^).
9. Wenn wir über die wichtigsten staatlichen Einrichtungen bei den alten
Deutschen im Unklaren sind, so ist die Ursache nicht allein in Flüchtigkeit und
Ungenauigkeit der von den römischen Schriftstellern gegebnen Notizen, sondern
auch in der Unbestimmtheit der noch in natürlicher Entwicklung begriffnen
Verhältnisse zu suchen. Zwei Thatsachen aber stehu fest und geben die Richt-
schnur der Beurteilung: l) daß unsere Vorfahren bereits Ackerbauer waren
und 2) daß ihr Charakter sich zu dem Wesen kriegerischer Nationen umgestaltet
hatte. Es wäre eine Abweichung von der Entwicklung aller Völker, wenn
nicht die Familie auch bei ihnen die Grundlage und die Quelle aller staatlichen
Gestaltungen gewesen wäre. Und in der That nichts macht sie ehrwürdiger
als die Heiligkeit und Innigkeit ihres Familienlebens. Vielweiberei stund
im völligen Widerspruch mit der heischenden Sitte^). Durch Geschenke warb
der Mann in Gegenwart ihrer Altern und Verwandten um die Frau. Indem
ihr Rinder, ein aufgezäumtes Pferd und Waffen dargebracht wurden und auch
sie Waffen dem Manne bot, wurde angedeutet, daß sie die treuste Ge-
nossin in aller: Arbeiten und Gefahren des Mannes sein solle6), und wie
ein heiliges unentweihbares Symbol erbte solche Morgengabe in der Familie
fort. Ehebruch kam selten vor und wurde vom Mann sofort mit Verstoßung
bestraft, deren Folge Entehrung bei allen war^). Dagegen wurde aber die
Hausfrau als Nährerin der Kinder8) und als Schaffnerin und Verwalterin
des Hauswesens und der Wirtschaft in hohen Ehren gehalten, und auch die
Töchter waren Gegenstand der treusten Fürsorge, namentlich in Betreff ihrer
Verheiratung. Glaubte man doch kein besseres Unterpfand der Treue in Hän-
den zu haben, als mannbare Mädchen zu Geiseln gestellt9). Die Frauen
vergalten die Liebe durch den treusten Dienst. Sie zogen mit in den Krieg,
feuerten von der Wagenburg herab die Männer zum Kampf für die teuersten
Unterpfänder au, empfiengeu die verwundeten Krieger zur Pflege und trugen 1 * * * 5
1) Die Lieder auf Armin Tac. ab exc. Ii 88. — 2) Tac. G. 3. Die Ansichten
von der Existenz eines Bardenstandes fiub als leere Träume erkannt worden. Trotz-
dem hat cs wol Sänger zeitig gegeben. Vgl. Manul). 79. — 3) S. über alles „hier
einschlägige die gründlichen Nachweisungcn in Wackerst, d. Litt. S. 8 — 11. Uber
die Tiersage anch Mannh. 26. ■— 4) Zu Tacitns Zeit waren sie bekannt, aber der
Gebrauch der Orakelloosc in Ariovist's Heer (Caes. b. g. 1 50) läßt schon in jener
Zeit sie voraussetzen und jedenfalls sind sie schon vor der Eroberung der Römer ans
Gallien zu ihnen gebracht worden. Den Gebrauch bei den Orakeln s. Tao. G. 10.
Der fruchttragende Baum war die Breche und von den ihm entnommenen Stäbchen,
ans welche die Runen eingeritzt wurden, kommt unser Buch stab. Vgl. Wackernagel
a. a. O. S. 11 —14, wo auch die Nachweisungcn darüber daß sie vorzugsweise Frauen
kannten, und die, S. 19 Note 3 erwähnte Albrnna. Außerdem Mannh. '71 und 178. —
5) Eine Ausnahme Ariovistus, Caes. b. g. I 53. Auch Tac. Germ. 18 erwähnt
solche Männer als admoclum pauci, und I. Grimm Gesch. d. deutschen Spr. 188
macht auf den Unterschied zwischen den schon gebildetern und edlerir und den noch
rohern und ungesittetcrn Stämmen des Ostens aufmerksam. — 6) Tac. Germ. 18.
— 7) Tac. G. 19. — 8) Tac. G. 20. — 9) Tac. G. 8.
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TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
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Germanicus' Feldzüge in Deutschland 14 — 17.
37
zugerichteten Schiffen ausrüsten und in die Rheininsel zusammenbringen.
Wärenddem sandte er im Frühjahr 16 den Legaten Silius in das Land der
Chatten; dieser aber richtete wenig aus. Er selbst zog auf die Nachricht, daß
das Castell an der Lippe (Aliso) belagert werde und der Altar seines Vaters
Drusus und der im vorigen Jahr für die Legionen des Varus errichtete^''-^7 ' ^
Grabhügel zerstört worden seien, uiit sechs Legionen aus. Die Belagrer
wichen dem Kampfe aus und Germanicus kehrte, nachdem er nur den Altar st'" -
des Drusus wieder aufgerichtet, zurück, indem er das Land zwischen Aliso
nnb dem Rhein durch die Anlage igmer Befestigungen sicherte. Darauf segelte
er mit der Flotte über die Nordsee und die Ems hinauf. Die in seinem Rücken
aufgestandnen Angrivarier wurden von Silius geschlagen. Durch die Weser ■
getrennt standen sich die beiden Heere gegenüber. Armin hielt 'ein Zwie-
gespräch mit seinem bei den Römern dienenden Bruder Flavus. Dieser ver-
mochte eben so wenig jenes glühende Liebe zur Freiheit des Vaterlandes zu
fassen, wie jener das Wertlegen auf die Ehren und Gnadengaben der Römer.
In heftiger Erbittrung trennten sich beide. Wenn auch mit Mühe und nicht ohne
Verlust gewann die römische Reiterei auf dem rechten Ufer festen Fuß '). Auf
dem Felde Jdisiavisv') kam es zu einer blutigen Schlacht, in welcher end-
lich die römische Kriegskunst (Armin verwundet) den Sieg davon trug. Aber
die Deutschen waren weit entfernt, wie die Römer wähnten, sich hinter die
Elbe zurückzuziehn; sie griffen noch einmal die Feinde in einer sumpfigen
von.wäldern eingeschlossnen Niederung, wo die Angrivarier^) eine Land-
wehr gegen die Cherusker errichtet hatten, an. Wiederum fand eine heiße
Schlacht statt und, wenn auch die Legionen das Feld behaupteten, die Reiterei
hatte nur mit zweideutigem Erfolg gestritten. Die Angrivarier unterwarfen
sich von neuem. Ein Teil des Heeres ward auf dem Laudwege nach dem
Rhein gesandt, aber eine schreckliche Not erwartete die Flotte, welche mit Ger-
manicus selbst die Ems hinabfuhr. Ein fürchterlicher Herbststurm zerstreute sie
gänzlich, zahlreiche Schiffe und Mannschaften giengen zu Grunde und Ger-
manicus verzweifelte fast, in dem er sich als den Urheber so schweren Ver-
lusts betrachtete. Indes suchte er doch den Germanen die daraus zu schöpfende
Hoffnung zu benehmen. Er sandte G. Silius gegen die Chatten und zog
selbst gegen die Mar ser, deren Häuptling Mallovendus den Adler einer
Varianischen Legion den Römern in die Hände spielte. Aber sollte es wirk-
lich die Furcht vor dem auch durch die schwersten Anfälle nicht zu brechenden
Kriegsmut der Römer gewesen sein, welche die Germanen von einer Schlacht
abhielt, sollten sie wirklich daran gedacht haben den Frieden zu suchen? Lern-
ten sie doch mit jedem Feldzug mehr von der römischen Kriegskunst H. Beide
Teile scheinen erschöpft gewesen zu sein und Tiberius drang auf Germanicus'
Rückkehr nach Rom: für die Ehre sei genug gethan; der Deutschen Zwietracht
werde mehr wirken, als die Waffengewalt. Vergeblich erbat sich Germanicus
noch ein Jahr, um sein Unternehmen zchfende zu bringen: er muste von sei- -
nem Heere scheiden^). 1
1) Daß Armin nicht mehr mit den Waffen allein die Römer zu besiegen suchte,
sondern auch die Kunst der Überredung anzuwenden bedacht war, beweist außer der
Unterredung mit Flavus noch feine Botschaft nach dem römischen Lager. — 2) Die
Lesart Ulistavisns hat I. Grimm in Idisiavisus emeudiert und so statt eines nicht
zu deutenden Namens einen von schönem deutschem Klang: „die Feen- oder Bal-
kyrenwiese" gewonnen. — 3) Es scheint nach Tacitus, daß Germanicus entweder
durch einen erneuerten Aufstand der Angrivarier nach jenen Gegenden zu zichn be-
wogen ward, oder bereits auf dem Rückwege nach der Ems war. — 4) Tac. ab exc.
U 45. - 5) Tac. ab exc. Ii 5 — 26. Der Triumph Ii 41. 42.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
TM Hauptwörter (200): [T56: [Römer Rhein Varus deutsche Armin Jahr Hermann Land Deutschland Tiberius]]
Extrahierte Personennamen: Varus Germanicus Armin Armin Häuptling_Mallovendus Kriegskunst_H. Tiberius Germanicus Armin Germanicus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rheininsel Drusus Rhein Rhein Rom
Marcus Aurelius 161 — 180.
105
den ihm noch unbekannten Krieg zu eilen und er riß auch L. Berns, der lieber
in Noin fortgeschwelgt hätte, mit sich fort. So wurden denn 167 die Feinde
zurückgedrängt und nach einem glänzenden Siege Mare Aurels 168 die Siche-
rungsmittel wieder hergestellt. Die beiden Kaiser konnten nach Rom heimkeh-
ren, aber im Jan. 169 starb L. Berus an der Seite seines Mitkaisers unweit
Altinum (östl. von Patavium), vom Schlage getroffen l). Doch der Sieg war
ein scheinbarer gewesen. Mit größrer Kraft und von mehr Seiten brachen die
Feinde in das Reich ein, stürzten die Castelle um und vernichteten die Be-
satzungen. Der Schatz war leer; Steuererhöhung berechtigt, aber bei den Leiden
durch Hungersnot, Pest und Krieg hart. M. Aurelius bringt die von den
Kaisern aufgehänften Kostbarkeiten unter den Hammer und gewinnt die Geld-
mittel zum Kampfs). Die Ungeheuern Verluste an Kriegern nötigten Ger-
manen in Sold zu nehmen, Hausen von Gladiatoren und Sklaven ins Feld
zu führen, ja Straßenräuber den Soldaten einzureihn. Von seinen Thaten
im Kriege wissen wir mit Sicherheit nur, Haß er Carnuntum^) zum Mit-
telpunkte nahm und es ihm gelang, die Feinde einzeln zu besiegen, zuerst die
Markmannen (170?), dann die Jazygen (172), zuletzt die Quaden (174) H.
Noch fehlte den Deutschen die Ausdauer bei erlittnen Unfällen. Die Völker
schlossen einzeln Frieden, zuerst die Quaden, dann die Markmannen 174. Den-
selben nachanfänglicherweigernng auch den Jazygen zugewärenward derkaiser
durch anderwärts drohende Gefahr 175 bewogen. Eine fast unerhörte Menge
von Gefangnen wurden in die Hände der Römer zurückgegeben 5); das Land
am Nordufer der Donau, gegen Markmannen und Quaden von einer, gegen
die Jazygen von zwei Meilen Breite, wurde ein limes, auf dem die Römer
Castelle und Schanzen errichten, jene Völker aber nur unter strengen Uber-
wachungsmaßregeln verkehren durften. Eine Menge deutscher Heerhaufen
(jedenfalls Gefolgschaften), von denen einige noch nach jenen Friedens-
schlüssen gekämpft zu haben scheinen, erhielten in verschiednen Ländern des
Reichs Ansiedlungen. Aus gefährlichen Feinden sollten sie streitbare Unter-
thanen werden; nur durch Germanen kann das Römerreich noch eine Zeitlang
gegen die Germanen sein Bestehn fristen.
4. Was M. Aurelius bewogen den Jazygen den Frieden zu gewären,
war die Kunde daß Avidius Cassins sich im Oriente zum Imperator auf-
geworfen und von Syrien und Ägypten die Huldigung erlangt hatte 6). Noch
war das Heer, welches der Kaiser nach dem Orient zu führen gedachte, und
1) Das aus Münzen von Eckhel bestimmte Datum paßt am besten in den Ver-
lauf der Begebenheiten, wie er sich aus Quellenschriftstellern ergibt. — 2) Das Er-
standne durfte später jeder um den gezahlten Preis zurückgeben, ward aber nicht
dazu gezwungen. — 3) Auf dem rechten Douauufer westwärts von der Einmündung
der March. — 4) Bei dieser Gelegenheit hofften die Feinde; das römische Heer
werde durch Wassermangel bei driickender Hitze zu Grunde gehn. Ein unerwartetes
plötzliches Gewitter brachte Rettung. Die christlichen Schriftsteller (Tertull. apol. 5.
Euseb. h. e. V 5) schreiben dies dem Gebet der Christen in einer Legion zu. Gewis
ist, daß die Heiden davon keine Notiz nahmen, sondern das Wunder dem von einem
Zauberer beschwornen Mercnrius, M. Aurelius selbst ans seiner Lenksäule dem
Jupiter Pluvins zuschrieb. Falsch ist auch, daß die Legion davon den Namen ful-
miuea oder fulminatrix erhalten habe, weil die Geschichte darthut, daß es eine legio
fulminata (dies die rechte Schreibung) schon unter Augustns, eine zweite dieses
Namens aber niemals gab. — 5) Die Quaden lieferten zuerst 13000, dann 50000,
die Jazvgen 100000 zuruck. Den König, welchen sich die Quaden gesetzt, Ariogäsns,
erhielt M. Anr., nachdenr er ans seinem Kopf einen hohen Preis gesetzt hatte, lebendig
in seine Gewalt, strafte ihn aber nur durch Relegation nach Alexandrien. — 6) Man
erzählt, die Kaiserin Faustina habe jenen dazu. anfgefordert, und vielleicht hat sie auch
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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Julianus 193. — Septimius Severus 193 — 211.
109
Iuümms 193.
3. Weheruf über den Tod des Kaisers, in dem alle Bessern einen Vater
geliebt hatten, durchdrang die Stadt. Die Prätorianer, vom erbitterten Volk
einen Angriff besorgend, schlossen die Thore ihres Lagers; jedoch es fehlte
ein Führer gegen sie und sie faßten Mut, der sich bald zum Übermut steigerte.
Der im Lager anwesende Stadtpräsect Sulpicianus, der Vater von Per-
tinar' Gattin, sucht sie durch Versprechungen zu bewegen ihm das Diadem
aufzusehen, aber vor den Thoren erscheint, vom Gastmal herbeigeeilt, der
reiche Schlemmer M. Didius Salv ius Julianus und bietet ebenfalls
große Geschenke für den Thron. Die Soldaten berichten die Gebote bald nach
innen, bald nach außen, bis durch das Gebot von 6250 Drachmen für den
Mann und die Furcht, Sulpicianus werde Pertinar Tod rächen, für Julianus
enschieden wird. In geschlossnen Gliedern führen die Prätorianer ihren Kaiser
in den Palast, erschrocken eilt der Senat herbei ihm zu huldigen; das Volk
verspottet laut den unwürdigen, der nichts als schlemmen und nicht einmal
die versprochnen Summen zahlen kann, es ruft nach den Feldherrn der Le-
gionen, besonders Niger, aber die Waffen, zum Schutz des Despotismus ge-
schaffen, halten es in Zaum. G. Pescennius feiger hat den Ruf des
Volks vernommen und seine Legionen erheben ihn zum Kaiser, aber eben so
rufen die Soldaten in Britannien ihren Feldherrn D. Clodius Albinu s, in
Pannonien die Legionen ihren Führer L. Septimius Severus aus. Der
letztre, der energischste von allen, erkennt, daß der Kaiserthron demjenigen
zufallen wird, welcher Nom hat, und ununterbrochen marschierend, durch
eigne Unermüdlichteit die Soldaten befeuernd eilt er nach Italien. Lächerlich
waren die Rüstungen, welche Julianus in Rom machte; die, welche ihn er-
hoben, hatten im Schwelgen den Kriegsdienst vergessen I. Vergeblich ließ
er Commodus Mörder töden, vergeblich sandte er Banditen gegen den Gegner.
Den Mut verlierend ließ er jenem durch den Senat die Mitregentschast an-
bieten, dieser aber sandte Schreiben an die Soldaten mit dem Erbieten der
Straflosigkeit, wenn sie die Mörder des Pertinar anslieferten und sich ruhig
verhielten. Sie ergreifen dieselben und übergeben sie dem Cos. Silius Messala.
Da beschließt der Senat Julians Tod und Severus' Erhebung zum Kaisertum.
Am l. Jun. wird der Kaiser von 66 Tagen unwürdig klagend im Palast
getödet.
Septimins Severus 193—211.
8 26.
1. Den Militärdespotismus, von vornherein die Form und den Kern
der römischen Monarchie, hat kein Kaiser so entschieden gehandhabt, wie
Septimius Severus. Eine eiserne Faust, bewaffnet mit Verstellung und Klug-
heit, hielt die Einheit des Reichs zusammen und die Alleingewalt des Herschers
aufrecht. An die Formen, mit welchen der Despotismus verhüllt war, band
er sich nur,, so lang es ihm nützte. Was ihn über die srühern Tyrannen
Roms erhebt, ist Lust und Kraft zu Thaten und Freiheit von den Leiden-
schaften für das Nichtige und Weichliche. — Noch ehe er Rom betrat, ließ er
Pertinar' Mörder hinrichten und die Prätorianer waffenlos aus einer Ebene
herauskommen. Umstellt von zum Angriff gerüsteten Truppen, mußten sie 1
1) vio Lxxiii 16.
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120 Alexander Severus' Ende und Mariminus Thrar 235—238.
heit. Wenn auch die blutige Strenge, mit welcher alle andern Kulte, die
griechischen, der jüdische und vor allen der christliche verfolgt wurden, nach-
weisbar/erst später in Ausübung trat, so beweist doch auch sie den Fanatismus,
Welcher das neue Reich schuf und trug, für dessen Macht übrigens nichts
deutlicher spricht, als daß nicht allein die parthischen Denkmäler umgestürzt
wurden, sondern auch die srühern Großthaten gegen die Römer aus Sageu
und Erinnerung verschwanden.
3. Das alte Perserreich sollte verjüngt aus Dunkel und Nacht sich neu
erheben, das war die Tendenz von Ardschiir, der sich übrigens nach seinem
Vater (oder Stammvater?) den Sassaniden nannte, worin die Nachfolger ihm
treu blieben; eine natürliche Consequenz davon war, daß er die Reichsgrenzen
unter Dareivs Hystaspes herzustellen sich vornahm und deshalb von den Rö-
mern unter Androhung von Krieg alle die Länder, welche unter jenen begriffen
gewesen, forderte. Da zog Alerander Severus 231 selbst ins Feld und
ein heißer und blutiger Krieg entbrannte, in dem sich beide Teile den Sieg
zuschreiben, beide aber auch durch die Verluste die Waffen ohne Frieden längere
Zeit ruhn zu lassen sich gezwungen sahnh.
Die Zeiten greulichster Verwirrung int Nömerreich.
8 30.
Alexander Severns' Ende und Mariminus Thrar 235—238.
1. Alexander Severus hatte das verlorne Vertrauen der Trupen durch
die großen Geschenke, welche er als Belohnungen verteilte, nicht wieder ge-
winnen können. Sie deuteten seine Bedächtigkeit, welche der Mangel an
Erfahrung ihm empfahl, als schwache Abhängkeit von seiner Mutter, und
weil er nicht wie Septimius Severus und Caracalla mit ihnen verkehrte, so
gaben sie ihm Feigheit schuld. Der Triumph, welchen er im Jahre 233 feierte,
ward nicht der Anfang friedlicher Ruhe. Denn die Germanen, die für den
Krieg im Oriente vorgenommene Schwächung der Heere und die Verluste der
heimkehrenden sich zu Nutzen machend, brachen in Hellen Haufen über die
Rhein- und Donaugrenze. Zwar kam die nächste' Kunde davon aus Rhätien,
Italien, ja Rom selbst schien von dieser Seite bedroht, indes begnügte sich
der Kaiser durch Trnppenaufstellungen und Befestigung hier für Sicherheit zu
sorgen und gieng selbst in der richtigen Erkenntnis, daß das Land zwischen
den beiden Flußgrenzen für den Kampf nach beiden Seiten das entscheidende
Terrain sei, nach dem Rhein gegen die Alemannen. Er schlug Schiffbrücken
über den Fluß, indes bestand sein Heer außer maurischen, osroenischen und
selbst parthischen Bogenschützen, zum großen Teil aus Rekruten. Es war da- 1
1) Bekanntlich weichen die Berichte Herod. Vi 5 n. 6 und Lampr. c. 55 n. 57
von einander gänzlich ab. Wollen wir zngeben, daß der letztre dein Bericht
an den Senat, welchen er selbst mitteilt, die Farbe der Vertuschung itub Ruhm-
redigkeit nicht abzuwischen wüste, so müssen wir dagegen annerkennen, daß der erstre,
welcher in Alexander den Regenten des Friedens bewunderte, sich bnvci) die Er-
zählungen von jenes Gegnern täuschen ließ. Übrigens bezeugt er selbst 6, 4 ff., daß
die Römer ovx avccvögwg gestritten und die Perser nur einen Schein des Siegs
durch die Übermacht davon getragen (ex tov xqelztovos vueqzsqol sdoxovv ysys-
vija&ai), so wie daß die trockne Hitze den Rückzug des Hauptheers ans Mesopota-
mien erwirkt und den des in Armenien operierenden Corps nach sich gezogen habe.
Vgl. Wietersh. Ii 222 f. Nützlich ist mir gewesen die Doctordissertation (Bonn 1847)
von 108. Ilrebs: de Alexandri Severi bello contra Persas 'gesto.
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TM Hauptwörter (200): [T128: [Kaiser Heer Reich Stadt Jahr Alexander Rom Zug Tod Konstantinopel], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T85: [König Alexander Reich Sohn Perser Tod Syrien Darius Cyrus Provinz], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Alexander_Severus' Alexander Alexander_Severns' Alexander Alexander_Severus Alexander Alexander Alexander Wietersh Ilrebs Alexandri_Severi
Extrahierte Ortsnamen: Mariminus_Thrar Mariminus_Thrar Rhein- Italien Rom Rhein Armenien Bonn
182
Stilicho's Ende. Manch in Italien.
deutschen Völkern vertrug er sich; sie lagerten ruhig im Westen, wärend er
ganz Gallien in seinen Gehorsam brachte. Zwar sandte Honorins den Goten
Sarus gegen ihn, derselbe muste aber von Arelate (Arles) mit großem Ver-
lust nach Italien zurückkehren. Durch diesen Sieg ermutigt, sandte Constan-
tiuus seinen S. Constans, den er zum Cäsar ernannt hatte, nach Spanien.
Die Verteidiger der Pyrenäenpässe !) wurden besiegt und säst eben so schnell
wie Gallien huldigte auch diese Provinz dem neuen Herscher, so daß der junge
Cäsar zum Vater zurückkehrte und die Verwaltung Gerontius übertrug.
Zwar sind wir nicht im Stande in den verwirrten Verhältnissen ganz klar zu
sehn, doch ist es uicht unwahrscheinlich, daß der letztere den deutschen Völkern
die Veranlassung zum Zuge nach Spanien gegeben haben. 409 überschreiten
sie, die noch vor drei Jahren an der untern Donau gehaust hatten, die Pässe
der Pyrenäen, um in dem westlichsten Lande Europa's, welches, seit unter
Augustus seine trotzigen Bewohner unter das römische Joch gebeugt worden
waren, keinen Feind gesehn hatte, sich Wohnsitze zu suchen. Die Su eb en sie-
delten sich im Nordwesten (Gallaecia) an, die Vandalen nahmen den Süden
eiro), Alaneio) setzten sich in der Mitte zwischen beiden.
Stilicho's Ende» Atorich in Italien.
8 49.
1. Honorius war seinem großen Vater Theodosius ganz unähnlich.
Nie ist er aus den Kinderschuhn herausgekommen, nie hat er das Schwert
gegen den Feind gezückt, nie aus eignem Willen einen männlichen Entschluß
gefaßt. Spielereien (Hühnerzucht) bildeten seine Hauptbeschäftigungen. Die
Traurigkeit des Despotismus, wie er seit Diocletianus und Constautinus
dem Großen im Nömerreich errichtet dastand, zeigt sich jetzt. Der Kaiser ist
allmächtig — sein Wink stürzt Tausende ins Verderben, und doch ist er nur
eine Puppe in den Händen der Partein. Ihn kümmert das Wolergehn
der Unterthanen nicht, glücklich diese, wenn ein tüchtiger Mann sich des Ein-
flusses bemächtigt und darin behauptet. Die Parteiung beruht aber auf einem
doppelten Gegensatz: dem der eifrigen und entschiednen Christen gegen die
lauen und schwankenden und die noch offnen Anhänger des Heidentums^),
und dem der eingebildeten Römer gegen die Barbaren. Beide vereinigen sich
oft, obgleich sie in wesentlichen Dingen auseinandergehn. Die Römer konnten
es nicht vertragen, daß die wichtigsten Ämter, ja die Verteidigung ihrer Existenz
in den Händen von Fremden ruhn sollten und doch waren sie selbst sie zu
übernehmen mit wenigen Ausnahmen unfähig und wiederum gebot die Klug-
heit Schonung des Heidentums derer, in denen man die Kraft zur Warung
des Reichs allein fand. Ein Opfer dieser Parteiung ward Stilicho, der bis
jetzt allein Honorius' wankenden Thron gestützt und erhalten hatte. 1
1) Die Verwandten des Honorins, die Brüder Verinianus und Didpmns. —
2)_ Vandalicia, daraus Andalusien. — 3) Der Teil, welcher sich dem römischen
Dienst ergeben, blieb in Gallien. — 4) 398 wurde das Gesetz, daß die heidnischen
Tempel geschlossen und die Bilder zerstört werden sollten, eingeschärft und doch muste
es zurück genommen werden. Als Ratiger Rom bedrohte, griffen viele wieder zu
den heidnischen Opfern und als Alarich die Weltstadt plünderte, geschah dasselbe und
viele erklärten laut, die Aufgabe der altheimischen Götzenverehrung sei am Unglück
schuld, weshalb Augustinus sein Werk de civitate Dei zu schreiben unternahm. Nach
Stilicho's Tod ward die Entfernung von Heiden aus allen Ämtern beschlossen und
doch hätte man sofort eine Ausnahme zu Gunsten des Generidus, der Räticn dein
Throne zurückgewonnen, machen müßen — und mau ließ auch dies Gesetz wieder fallen.
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Extrahierte Personennamen: Honorins Cäsar Cäsar Augustus Alaneio Honorius Honorius Theodosius
230
Chlodovcch, der Gründer des Frankenreichs.
des Großen Gebiet Aufnahme fanden (§ 59, 4), unterwarf sich das ganze
Volk Chlodovcch. Da das nördliche Gebiet der Unterworfnen zwischen Main
und Neckar später durchaus fränkisch erscheint, so ist jedenfalls eine völlige
Abtretung und Besiedlung damals erfolgt, wärend dem übrigen Volk nach
seinem Recht in seinen Sitzen unter fränkischer Hohheit zu wohnen gewärt
wardj. Als in jener Schlacht Chlodovcch feine Franken fliehen sah, da rief
er zu Jesu Christo, von dem ihm Chrotechilde gesagt, daß er der Sohn des
lebendigen Gottes sei, Hülfe den Bedrängten sende und Sieg gebe denen, die
auf ihn hoffen, und gelobte ihm, da die Götter, zu denen er gebetet, ihn ver-
lassen, wenn er ihm den Sieg über die Feinde gewäre und so feine Macht
erfahren lasse, an ihn zu glauben und sich taufen zu lassen. Willig nahm er
nach dem Sieg den Unterricht des Bischofs Remigius von Rheims an und
am Weihnachtsfeste 496 empfieng er durch dessen Hand die heilige Taufe,
mit ihm seine Schwestern Alboflede und die vorher arianisch getaufte Lan-
techild und dreitausend Franken. Daß seine Bekehrung sofort die aller seiner,
geschweige denn sämtlicher Franken nach sich gezogen habe, wird durch Zeug-
nisse widerlegt, aber die Kirche hat seit dieser Zeit ohne Kampf das ganze
Volk zu ihren Bekennern gewonnen. Schien die katholische Kirche im Westen
schutzlos den Arianern erliegen zu müßen, so hatte sie nun einen festen Hort,
zugleich einen Haltpunkt den östlichen und nördlichen Völkern ihre Arbeit zu
Teil werden zu lassen, ihre Erhaltung und Weiterentwicklung ist wesentlich
eine Folge des Übertritts von Chlodovech. Er selbst ist durch denselben nicht
von hinterlistigen und blutigen Gewaltthaten abgehalten worden; nur seine
Lust zum Kampf erhielt eine Glaubensstärkung und den Vorteil, welcher ihm
die katholischen Untertanen der Arianer gewirrten, hat er reichlich ausgebcu-
tct. Gleichwol ist zu viel behauptet, daß eine bewuste kluge Politik ihn ge-
leitet, den Bekehrungsversuchen, welche Arianer machten, zu widerstehn und
die katholische Kirche zu wählen. Auf diese wies ihn seine ganze Umgebung
hin, sein Entschluß konnte nicht anders fein2).
4. Der Gedanke, daß Chrotechilde ihrem Gatten Rache an dem Mörder
ihres Vaters und Mutter Guudob ald zu nehmen angelegen habe, ist nicht
abzuweisen, obgleich Chlodovech gewis auch andre Beweggründe hatte und der
Ausgang den Erwartungen jener nicht entspracht). Schon im Jahre 499
hatte Chlodovech Gundobald Krieg angekündigt und dieser wnste, daß eine
starke Partei in seinem Lande, jedenfalls die katholischen Romanen, für die
Franken bearbeitet sei, schwerlich aber war ihm bekannt, daß sein Bruder-
Gode gi sil, w-lcher von Genf aus einen Teil des Burgunderlands beherschte,
entweder selbst Chlodovech zum Krieg aufgesordert oder ihm im geheimen sei-
nen Beistand versprochen habe. Bei Dijon kommt es 500 zur Schlacht und
da Godegisil mit seinem Heer und den Romanen zu Chlodovech übergeht,
wird Gundobald dergestalt geschlagen, daß er in die südlichste Gegend seines
Reichs, nach Avignon (Avenio) sich zurückzieht. Hier hat ihn Chlodovech
belagert, dann aber gegen Zahlung eines Schossesh freigelassen. Ünterdes
hat Godegisil, wahrscheinlich als Preis seines Verrats, das Burgunderland
unter seine Herschast genommen, aber nachdem er neue Kräfte gesammelt,
1) Die Kritik der Quellen und die Vherlegnng der frühern Ansicht, die Ent-
scheidungsschlacht sei bei Tolbiacum (Zülpich) erfolgt, s. bei Innghans S. 38—47. —
2) Innghans S. 52 — 65. — 3) Greg. v. Tours erwähnt Ii 32 nichts von Chro-
techilde, aber Im 6 ist sie diejenige, welche ihre Sohne zum Kriege treibt. —
4) Gregor erwähnt die Bedingung eines jährlichen Tributs, gibt aber selbst an, daß
Gundobald ihn bald zu zahlen aufgehort habe.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg]]
TM Hauptwörter (200): [T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T148: [Kirche Macht Staat Deutschland Kampf Frankreich Reich Reformation Zeit Gewalt]]
Extrahierte Personennamen: Jesu_Christo Remigius_von_Rheims Chlodovech_Gundobald Greg Gregor Gregor