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1. Teil 2 = Kl. 7 - S. 86

1911 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
86 kehrte plötzlich um, als ob er sich anders besonnen hätte, und verschwand wieder unter dem Haufen. Der Igel pflegt sonst den ganzen Tag über zu schlafen, weil er zu den Nachtarbeitern gehört, die allerlei Ungeziefer im Zaume halten, damit es die Werke des menschlichen Fleißes nicht verdirbt. Heute stand er jedoch außergewöhnlich früh auf, weil ihm mancherlei im Kopfe herumging, was den Schlaf verscheuchte. Er hatte nämlich bemerkt, wenn er des Nachts ausging, um Mäuse, Käfer, Schnecken und Regen- würmer zu fangen, daß die Luft bereits scharf wehte. Daraus schloß er, daß der Herbst da sei und es Zeit werde, sich vorsorglich auf den langen Winter einzurichten. Außerdem war seiner Frau ein Unglück widerfahren. Aus der Heimkehr von einem nächtlichen Ansfluge begegnete sie dem Fuchs, der drüben am Birkenhügel seinen Bau hat und ein ge- schworener Feind des Jgelgeschlechts ist. Er sprang auf sie zu. Doch im Nu hatte sie sich zusammengekugelt und streckte ihm den Stachelwall ihrer Haut entgegen, welche sie bis über die Nase herabzog. Der bos- hafte Reineke ließ sich dadurch nicht abschrecken. Er nahm sie zwischen die Vorderfüße, rollte die Wehrlose dem nahen Bache zu und warf sie plumps! in das kalte tiefe Wasser hinab. Er wußte recht gut, daß sich der Igel im Wasser aufrollen muß, um an das Land zu schwimmen, wo er dann den Landenden erwartet, um ihn an dem unbeschützten Bauche zu fassen. Frau Jgelin würde diesem Verhängnis nicht entgangen sein, wenn nicht gerade ein Holzdieb den Bach entlang gegangen wäre, vor welchem der Fuchs die Flucht ergriff. Sie konnte sich also in ihr Haus retten, hatte sich aber in dem nachtkühlen Wasser so erkältet, daß sie an heftigen Gliederschmerzen litt und über schneidendes Bauchweh.klagte. Auch Igels beiden Söhnen erging es in der Nacht übel, als sie einige Giftottern überwältigen wollten. Von den Eltern unterrichtet, daß der Igel der Schlange den Kopf zermalmen muß, weil ihm das Gift nichts schadet, griffen sie ein ganzes Nest voll Kreuzottern tapfer an, weil Schlangeufleisch zu ihren Leckereien gehört. Aber die Ottern wehrten sich verzweifelt ihres Lebens und zerbissen den beiden Schlangen- tötern Lippe und Zunge gar gewaltig. Endlich erlagen sie den Angreifern und wurden von ihnen nach Jgelart vollständig aufgezehrt. Der lange Kampf hatte die Sieger doch sehr ermüdet, und die vielen Wunden machten sie bei überladenem Magen etwas sieberkrank, Namentlich schüttelte Fieberfrost den älteren Bruder heftig, weil er vor dem Schlangenkampse sich bereits mit einem Hamster, der ihm fauchend den Jagdweg verstellte, tüchtig herumgebissen hatte.

2. Teil 2 = Kl. 7 - S. 104

1911 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
104 dich!“ brummte der reiche Hamster, und wenn sie nicht im Nu verschwunden wäre, hätte sie der Geizhals umgebracht. — Als er nun durch seinen Geiz und durch seine List an die dreißig Kilo- gramm Getreide gesammelt hatte, verrammelte er die Eingänge, machte sich’s gemütlich und schien über alle Maßen glücklich. Eines Tages war er recht müde, legte sich auf sein Lager und wollte einschlafen. Da hörte er plötzlich an seine Wohnung schlagen, und ein Teil der Decke fiel ein. Erschrocken erhob er sich und schaffte seine Vorräte fort in eine andere Ecke. Das Pochen, Schlagen und Lärmen dauerte fort. Er hatte nirgends Ruhe und suchte nach einem Ausweg aus der Wohnung. Kaum ließ er sich jedoch im Freien blicken, als auch schon ein Hund auf ihn eindrang. Doch der Geizhals wehrte sich aus allen Kräften. Er sprang dem Hunde an den Kopf, biß ihn in die Ohren und entfloh dann. Der Hund eilte dem Flüchtigen sofort nach und fing ihn endlich. Männer und Kinder kamen mit Spaten und Hacken herbei und schlugen ihn tot. Was nützte ihm nun sein großer Körnervorrat! Der ward von den Leuten weggenommen und teils zu Brot, teils zur Aussaat benutzt.

3. Teil 3 = Kl. 6 - S. 169

1913 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
sam und läßt sich leicht in das umstellte Gelände zurücktreiben, solange er genügend Futter und Wasser hat. Erst wenn es daran fehlt, namentlich wenn ihn der Durst quält, durchbricht er die Kette der Wächter und tötet dabei nicht selten die Männer, die sich ihm mutig in den Weg stellen. Über Nacht werden zwischen den einzelnen Hütten große Feuer unterhalten. Sobald die Wächter im Walde ein Geräusch brechender Zweige und Äste vernehmen, wird mit Bambnsklappern Lärm gemacht. Am Fuße einer Anhöhe wurde die Umzäunung errichtet, in die man die Elefanten treiben wollte. Etwa hundert Leute waren beschäftigt, starke, lange Pfähle aus dem Walde zu hauen und in Abständen von 3 Fuß metertief in den Boden einzulassen und festzustampfen. Andere Arbeiter befestigten an der Innenseite der eingegrabenen Pfähle mit Jutestricken starke Querhölzer. Die ganze Wand machte man durch starke Stützen, die man außen anbrachte, noch widerstandsfähiger. Alle Arbeiten wurden mit solcher Geschwindigkeit ausgeführt, daß die Um- zäunung, die 30 Schritt im Durchmesser hatte, nach etwa 10 Stunden fertig war. Um die Elefanten leichter hineintreiben zu können, hatte man vor der Eingangsöfsnnng zwei lange Reihen von Pfählen hergestellt, die sich trichterförmig nach außen erweiterten. Über dem Eingänge wurde ein nach innen fallendes Gatter angebracht, das durch ein Tan, welches man außerhalb an einem Baume festgebunden hatte, in der Schwebe gehalten wurde. Der ganze Zaun und auch die Falltür wurden nun an beiden Seiten mit Gras, Laubwerk und Bambus verkleidet; auch den ganzen inneren Raum der Umzäunung bepflanzte man dicht mit Bambus. Schließlich errichtete man in der Nachbarschaft für den Direktor und mich etwa 8 Meter hoch in den Bäumen Sitze, damit wir von hier ans in aller Bequemlichkeit das Treiben beobachten konnten. Die Nacht verlief unruhig. Die Elefanten versuchten bald hier, bald dort durchzubrechen, was wir an dem wiederholten Schreien, Klappern und Schießen der Wächter erkennen konnten. Trotz aller Wachsamkeit waren zwei Elefanten ausgebrochen. Ein Wächter, der sie hindern wollte, war getötet worden. Endlich wurde es Tag. Der Direktor und ich stiegen zu unsern Sitzen hinauf, und das Treiben begann. Während die Wächter auf ihren Posten blieben, um etwa durchbrechende Elefanten zurückzutreiben, rückte von hinten eine Kette Männer langsam vor und suchte die Tiere gegen die Umzäunung zu scheuchen. Viermal wurde getrieben, aber immer gelang es den Tieren, die Treiberlinie zu durchbrechen. Drei Stunden lang hatten wir schon gewartet; da krachte es plötzlich vor dem Ende der beiden äußeren Pfahlreihen, und zwölf mächtige Tiere traten aus dem Dickicht. Sie stutzten einige Sekunden, als überlegten sie, welchen Weg sie einschlagen sollten.

4. Teil 3 = Kl. 6 - S. 210

1913 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
210 148. Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen. Von Gottfried Bürger. Des Freiherrn von Münchhausen wunderbare Reisen und Abenteuer. Schaffsteins Volksbücher. 16. Band. 2. Auflage. Köln o. I. S. 28. 1. Wir belagerten einmal, ich weiß nicht mehr welche türkische Stadt, und dem russischen Feldmarschall war ganz erstaun- lich viel an genauer Kundschaft gelegen, wie die Sachen in der Festung ständen. Es schien äußerst schwer, ja fast unmöglich, durch alle Vorposten, Wachen und Festungswerke hineinzugelangen; auch war eben keine tüchtige Persönlichkeit vorhanden, wodurch man so etwas glücklich auszurichten hätte hoffen können. Vor Mut und Diensteifer fast ein wenig zu rasch, stellte ich mich neben eine der größten Kanonen, die soeben nach der Festung abgefeuert ward, und sprang im Hui auf die Kugel, in der Absicht, mich in die Festung hineintragen zu lassen. Als ich aber halbwegs durch die Luft geritten war, stiegen mir allerlei nicht unerhebliche Bedenklichkeiten zu Kopfe. Hm, dachte ich, hinein kommst du nun wohl, allein wie hernach sogleich wieder heraus? Und wie kann’s dir in der Festung ergehen? Man wird dich sogleich als einen Spion erkennen und an den nächsten Galgen hängen. Ein solches Bette der Ehre wollte ich mir denn doch wohl verbitten. Nach diesen und ähnlichen Betrachtungen entschloß ich mich kurz, nahm die glückliche Gelegenheit wahr, als eine Kanonen- kugel aus der Festung einige Schritte weit von mir vorüber nach unserm Lager flog, sprang von der meinigen auf diese hinüber, und kam, zwar unverrichteter Sache, jedoch wohlbehalten bei den lieben Unsrigen wieder an. 2. Trotz aller meiner Tapferkeit und Klugheit, trotz meiner und meines Pferdes Schnelligkeit, Gewandtheit und Stärke, ging’s mir in dem Türkenkriege doch nicht immer nach Wunsch. Ich hatte sogar das Unglück, durch die Menge übermannt und zum Kriegs- gefangenen gemacht zu werden. Ja, was noch schlimmer war, aber doch immer unter den Türken gewöhnlich ist, ich wurde zum Sklaven verkauft. In diesem Stande der Demütigung war mein Tagewerk nicht sowohl hart und sauer, als viemehr seltsam und verdrießlich. Ich mußte nämlich des Sultans Bienen alle Morgen auf die.

5. Teil 3 = Kl. 6 - S. 241

1913 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
158. Vas Scbildborm Da* «ict?ci. Lesebuch für evangel. Volksschulen der Provinz Brandenburg. Ii. Teil. S. 36. Vyy^er von Spandau aus die Havel eine Stunde abwärts fährt bis “¿O Tiefwerder und Pichelsdorf, der erblickt am linken Ufer des Stromes auf einer Landzunge eine kleine Anhöhe. Sie heißt das Schildhorn. Ans der Anhöhe steht eine steinerne Säule, die mit einem Schilde geziert ist und auf ihrer Spitze ein Kreuz trägt. Diese Säule erinnert an eine Begebenheit, die sich hier vor langen Jahren zugetragen haben soll. Vor beinahe 800 Jahren beherrschte von Brandenburg ans der Wendenfürst Pribislav das ganze Havelland. Seine Gemahlin war Christin geworden und hatte auch ihren Gemahl für den Glauben des Gekreuzigten gewonnen, während das wendische Volk noch heidnischen Göttern diente. Der christliche Glaube hatte das wendische Fürstenpaar in innige Freundschaft mit dem Nachbar gebracht. Es war dies der Markgraf Albrecht, der über die deutsche Nordmark gebot und seiner Kraft und feines Mutes wegen Albrecht der Bür genannt wurde. Da Pribislav kinderlos war, so hatte er schon vor seinem Tode Albrecht zum Nachfolger ernannt. Als der Wendenfürst ums Jahr 1140 starb, nahm Albrecht Stadt und Land in Besitz. Zu Cöpenick an der Spree wohnte aber ein Verwandter des Pri- bislav, der Wendenfürst Jaczo. „Bin ich nicht der natürliche Erbe des Landes," sagte dieser bei sich selbst, „und welches Recht haben die Christen auf wendisches Eigentum?" Darum zog er mit einem zahlreichen Heere gegen das feste Brandenburg. Ans der Havel wurde tapfer gekämpft, und die Wenden eroberten die Burg. Aber Albrecht der Bür eilte herbei und nahm sie wieder mit Gewalt in Besitz. Jaczo zog nordwärts gen Spandau mit den Seinen. Das Heer der Christen unter Albrecht folgte ihnen. In der Gegend des heutigen Spandau kam es zur Schlacht. Als die Wenden das Kreuz auf dem Banner der Christen näher rücken sahen, sank ihnen die Hoffnung auf den Beistand Triglafs, ihres Götzen. In Hansen verließen sie den Kampfplatz und flohen, um unter dem Schutze der Nacht dem Christengotte zu entrinnen. Jaczo war einer der letzten, welche die Waffen noch schwangen. Als er sich aber von den Seinen verlassen sah, wandte auch er sein Roß und sprengte davon. Plötzlich ward seine Flucht durch einen breiten Strom gehemmt; er hielt am Ufer der Havel. Vor ihm lag die blaue Wasserstäche, und ihre Wogen stiegen ruhig auf und ab. Hinter ihm war der Feind. Was sollte er machen? — Eine Landzunge streckte sich von der andern Seite her quer in den Porger-Wolff, Lesebuch für Knaben-Mittelschulen. Iii. Brandenburg. 16

6. Teil 3 = Kl. 6 - S. 206

1913 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
206 als er sah, daß einer ihm nachfolgte. Dieser aber wollte nnr wissen, was der Manshnnd fressen möchte; denn das hatten sie zu fragen vergessen. Der Fremde aber wollte sich nicht verweilen, rief ihm also nnr zu: „Wie man's bent, wie man's bent!" und lief davon. Der Schildbürger aber verstand: „Vieh und Lent", kam also mit großem Entsetzen heim, und da war keiner, der nicht das gräßliche Tier gern losgeworden wäre. Die Katze indes machte Jagd ans die Mänse des Gemeindekornbodens. Da beschlossen die Schildbürger, lieber einen geringen Schaden zu erleiden als das Leben zu verlieren, und zündeten deswegen den Kornboden an, um den Manshnnd zu verbrennen. Die Katze aber sprang ins Nachbar- hans. Das wnrde anch angezündet, und da sich inzwischen ein starker Wind anfmachte, so verbreitete sich das Fener dnrch das ganze Dorf, und kein Hans blieb stehen. Der Manshnnd aber schrie jämmerlich, lies eine Leiter hernnter und ins Feld hinans, und hat ihn keiner wieder gesehen. Die Schildbürger aber verließen ihr verbranntes Dorf, zogen fort und siedelten sich hier und dort mit Weib und Kind an. Seitdem gibt es Schildbürger in der ganzen Welt. 145. Rübezahl im Umgang mit den Menschen. Von Heinrich Kühne. Ortssagen und geographische Bilder aus allen Gegenden Deutschlands. Leipzig 1884. S. 200. Nach der Sage war das Riesengebirge vormals der Aufenthalt eines mächtigen Berggeistes, Rübezahl geheißen. Auf der Oberfläche hatte sein Gebiet nur wenige Meilen im Umfange, im Innern der Berge dagegen erstreckte es sich unermeßlich tief und weit. Seitwärts der Schneekoppe, nicht fern von der Riesen- baude besaß Rübezahl einen eigenen Garten, dessen Bereich man noch jetzt an einem Bergabhange zeigt. Viele darin wachsende saftige Kräuter, woran überhaupt das Gebirge reich ist, sind als Heilkräuter bekannt. Außer diesen zog Rübezahl auch die berühmte Springwurzel in seinem Garten, welche den Geistern zur Nahrung diente, allerhand Wunder bewirkte (man konnte z. B. damit Schlösser öffnen) und von den gefährlichsten Krankheiten heilte. Rübezahl hauste gewöhnlich in den unterirdischen Räumen, nur nach Jahrhunderten erhob er sich einmal aus der Tiefe, um auf der Oberwelt sein Wesen zu haben. Bei solchen Lustreisen

7. Teil 3 = Kl. 6 - S. 196

1913 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
196 Als in den ersten Jahren des Dreißigjährigen Krieges spanische Scharen das Rheinland verwüsteten, kam auch eine Abteilung Spanier gen Kaub und eroberte es in wenig Tagen, da der Kommandant, wie das ja öfter so geht, rasche Übergabe einer langen Belagerung vorzog. Nur einer der Türme, der mitten in der Stadt sich erhob, wurde nicht geöffnet. Vergebens waren alle Aufforderungen des Feindes, sich auf Gnade oder Ungnade zu ergeben; die kleine Besatzung hielt tapfer stand, und mancher Spanier verlor durch wohlgezielte Schüsse aus den Schieß- scharten des Turmes sein Leben. Von Zeit zu Zeit erschienen über der Brüstung oben, vorsichtig spähend, einige Köpfe, aber man konnte gegen die tapferen Verteidiger nichts ausrichten. Stürmen konnte man nicht, denn diese Türme haben ihre Eingangstür zwanzig und mehr Fuß über dem Erdboden. Da mußte man Leitern anlegen; und ehe es dahin kam, schossen die von oben die Leiteranleger einzeln tot. Die Spanier hatten auch keine schweren Geschütze, und so blieb vier Wochen lang alles un- verändert. Der Feind war zwar im Besitze der Stadt, allein dieser Besitz war immerhin unvollständig, denn jeder vermied die Nähe des verhängnisvollen Turmes, schlich sich auf Umwegen um ihn herum oder schaute ängstlich von ferne hinüber. Endlich, nach vier Wochen, erschien eine weiße Fahne am Turm, das Zeichen, daß man unterhandeln wolle. Eine Trompete schmetterte, und als man durch Gegenzeichen zu verstehen gab, daß man zu Ver- handlungen geneigt sei, erschien ein bärtiger Krieger oben an den Zinnen, während gleichzeitig die drohend aus den Mauerluken ragenden Musketen- läufe verschwanden. Die Besatzung erklärte sich bereit, den Turm zu übergeben, jedoch nur, wenn ihr freier Abzug gestattet würde. Der Besitz des Turmes war zu wichtig, und darum, wie auch in Anbetracht der glänzenden und ehrenvollen Verteidigung, wurde die Forderung bewilligt. Neugierig pflanzten sich sämtliche Spanier unten am Turm auf, um endlich ihre tapferen, geheimnisvollen Feinde von Angesicht zu Angesicht zu schauen. Die Trommeln wirbelten, jetzt sollte die feierliche Übergabe stattfinden. Man hört mühsam einen Schlüssel sich drehen, eine Türangel knarrt, die Turmtür oben tut sich auf, eine Leiter senkt sich hernieder, und die Besatzung klettert würdevoll die Sprossen herunter: ein alter, bärtiger Feldwebel voran, ihm folgt sein Weib und nach dem Weibe eine dürre Geiß, niemand mehr und niemand weniger! Diese drei waren die einzigen Insassen des Turmes gewesen. Oben auf dem Turm war ein Grasplätzchen, und einige Sträucher waren aus der Mauer entsprossen: von dem Laube, dem Grase und dem aufgefangenen Regenwasser lebte die Ziege, und die Milch, welche dies nützliche Tier

8. Teil 3 = Kl. 6 - S. 246

1913 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
246 162. Der Verrat von prenzlau. von 5. M. Otto Richter. Sagenschatz aus Nordostdeutschland. Glogau 1901 8. 61. nter Friedrich, dem ersten Hohenzollernschen Markgrafen, zogen die Pommernherzöge vor Prenzlau und belagerten die Stadt. Heimlich schickten sie einen ihrer Befehls- haber. Klaus Koppen, in Bauernkleidern in die Stadt; der ließ sich zuerst als Tagelöhner, dann als Tor- wächter brauchen, setzte sich ins Einvernehmen mit den beiden Bürgermeistern und ließ eines Nachts die Pommernherzöge mit ihren Leuten ein. Die Stadt huldigte den Pommernherzögen, und diese machten Köppen zum Befehlshaber von Prenzlau. Es war jedoch immer noch eine brandenburgische Partei in der Stadt, und viele von den An- hängern der Pommern wurden hernach dadurch verletzt, daß Herzog Otto von Pommern-Stettin die Bürgerschaft bei der Huldigung höhnte, weil sie sich nicht besser gewehrt habe. Die Bürgermeister hielten aber vor allen noch an den Pommernherzögen fest. Da Kurfürst Friedrich I. damals in Franken zu tun hatte, so mußte sein Sohn Johann für ihn den Krieg führen. Der knüpfte mit den Anhängern Brandenburgs und denen, die mit der pommerschen Herrschaft unzufrieden waren, in aller Stille ein Einverständnis an. um die Stadt zu überrumpeln. Der Stadtschreiber Rodiger, ein treuer Anhänger des Markgrafen, führte diesen, wie erzählt wird, mit seinen Reisigen in einer Sommernacht von der Westseite her durch eine Seitenpforte in die Stadt Auf diesem Wege soll manche sumpfige Strecke zu durchwaten gewesen sein. An den unwegsamsten Stellen nahm Rodiger. der ein starker Mann war, den Markgrafen auf seine Schultern. Als einer der Sümpfe sehr lang war. drohte Rodiger unter der schweren Bürde umzusinken. Da soll ihm der Markgraf das denkwürdige Wort zugeflüstert haben: ..Steh fest, mein Mann. und bedenke, daß du die ganze Mark Branden- burg auf deinen Schultern trägst!" — Glücklich kamen sie endlich in die Stadt, und sofort erscholl der Ruf: Brandenburg! — durch alle Gassen. Die pommersche Besatzung setzte sich zwar zur Wehr und behauptete noch etliche Tage ein Stadttor; aber die Bürger zwangen sie durch Hunger und Rauch von Stroh und grünem Holz. sich zu ergeben. So kam Prenzlau wieder in den Besitz Brandenburgs. Den beiden Bürgermeistern wurden die Hände, mit denen sie bei der Huldigung falsch geschworen hatten, abgehauen, worauf sie dann enthauptet wurden. Die abgehauenen Hände werden im Uckermärkischen Museum zu Prenzlau aufbewahrt.

9. Teil 3 = Kl. 6 - S. 248

1913 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
248 Bernauer Wege zu dem Steinhaufen, in dem er die Kanne vergraben hatte; denn daß die noch da war, davon hatte er sich vorher überzeugt. Nun gingen alle, auch die Nachbarn, mit hinaus, und wie man die Steine wegräumte, siehe, da stand der Krug noch unversehrt da, und als man gar den Deckel hob, da hatte sich das Bernauer Bier nicht nur gut erhalten, sondern war, wie es heißt, noch duftender und schöner geworden denn zuvor. 164. Rellerloä des Herzogs Leopold von kraunlclnveig. Vori I). Vierter und sß. Poblandt, Frankfurt a. 0. Ein Beitrag zur Heimatskunde. Frankfurt a. 0. 1886. 8. 109. flsuf einen strengen, schneereichen Winter im April 1785 war plötzlich •Vt anhaltendes warmes Wetter gefolgt. Schnee und Eis schmolzen, und die Flüsse schwollen an. Das Wasser der Oder stieg unerwartet schnell. Zwischen Krossen und Frankfurt zählten Schiffer nicht weniger als fünfzehn Dammbrüche. Wohl traf man Borkehrnngsmaßregeln, aber am 25. April stand das Wasser schon 12 Fuß über der gewöhnlichen Höhe. Die Bewohner der Dammvorstadt waren in großer Angst., Sie verlangten die Durchstechung des Dammes an der Kuhburg; der Rat der Stadt trat über diesen Antrag in Beratung. Aber alle Hilfe war ver- gebens. Am 27. April trat das längst befürchtete Ereignis ein. Der Damm brach, und die Wassersiuten schossen nach dem Roßmarkte, alles vernichtend, was sich ihnen entgegenstellte. Die ganze Dammvorstadt wurde unter Wasser gesetzt. Als den Herzog Leopold, den Kommandeur des Regiments, der ein Neffe Friedrichs des Großen war, die Kunde von dem Dammbruch er- reichte, befahl er sofort den Soldaten, ihren Mitmenschen zu Hilfe zu eilen, und begab sich selbst an das Ufer. Hier merkte er bald, daß es am jenseitigen Ufer an der nötigen Ordnung fehlte, daß die Leute kopflos geworden waren und die verkehrtesten Ordnungen trafen. Sofort war er entschlossen hinüberzufahren. Zwei Herren vom Magistrat rieten aufs dringendste ab. Der Herzog wies ihre Bedenken mit den Worten zurück: „Ich bin ein Mensch wie die, jetzt gilt's, Menschenleben zu retten." Ein Soldat fiel ihm zu Füßen und bat tränenden Auges, die Fahrt nicht zu wagen. „Gut," sagte der Herzog, „beunruhige er mich nicht weiter, ich werde es nicht tun." In der Tat ging er nach der Stadt zurück, aber die unglücklichen Menschen kamen ihm nicht aus dem Sinne. Da bat ihn auf dem Kasernenhofe ein Soldat, ein gelernter Schiffer, um Er- laubnis, sich übersetzen zu lassen. Sogleich kehrte der Herzog mit ihm

10. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 247

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
ganze Umgegend war ausgesogen worden; Mangel und Armut hatten die Herrschaft gewonnen. Doch unter dem furchtbarsten feindlichen Drucke vollzog sich in der Stille durch eine neue zeitgemäße Gesetzgebung die innere Wieder- geburt des preußischen Staates. Es wurde ein freier Bürger- und Bauernstand geschaffen, und durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht erfolgte eine Erneuerung und Umgestaltung des preußischen Heeres. In Frankfurt wurde die Städteordnung am 16. April 1809 eingeführt. Der 19. Juli 1810 war für unsre Stadt sowohl als auch für deu ganzen Staat durch den Tod der unvergeßlichen Königin Luise ein Tag des tiefsten Schmerzes. Am 12. August fand im ganzen Lande eine kirchliche Trauerfeier statt, bei welcher der Verewigten, die im Kummer über das Unglück des Vaterlandes gestorben war, unter Tränen der Wehmut gedacht wurde. 177. Volksopker im Iadre 1813. Von Guttav freytag. Bilder aus der deutschen Vergangenheit. Leipzig 1896. 4. Band. 8. 408. $Ttrie ein Frühlingssturm, der die Eisdecke bricht, fuhren die großen Erlasse des Königs, welche die gesamte Wehrkraft Preußens unter die Waffen stellten, durch die Seele des Volkes. Alle Herzen schlugen in Rührung, Freude und stolzer Hoffnung. Es wurden nicht viel Worte gemacht; kurz war der Entschluß. Die Freiwilligen sammelten sich still in den Städten ihrer Landschaft und zogen mit ernstem Gesänge aus den Toren nach Breslau. Die Geistlichen verkündeten in den Kirchen den Aufruf des Königs. Als ein junger Theologe, der predigend seinen Vater vertrat, die Gemeinde von der Kanzel ermahnte, ihre Pflicht zu tun, und zufügte, daß er nicht leere Worte spreche und sogleich nach dem Gottesdienste selbst als Husar eintreten werde, da stand sofort in der Kirche eine Anzahl junger Männer auf und erklärte, sie würden dasselbe tun. Als ein Bräutigam zögerte, sich von seiner Verlobten zu trennen, und ihr endlich doch seinen Entschluß verriet, sagte ihm die Braut, sie habe in der Stille getrauert, daß er nicht unter den Ersten auf- gebrochen sei. Die akademischen Vorlesungen in Breslau, Königsberg, Berlin mußten geschlossen werden. Auch die Universität Halle, noch unter west- fälischer Herrschaft, schloß ihre Hörsüle; die Studenten waren einzeln oder in kleinen Haufen aus dem Tore nach Breslau gezogen. Die oberen Klassen der Gymnasien wurden leer; herzlich drückten die Lehrer den
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