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Allgemeine Erdkunde.
Namen. In Deutschland heißen sie in mehren Staaten, z. B.
Preußen, Barern, Oesterreich, Landwehr, in anderen Bürger-
garden, z. B. Kurhessen, Sachsen, Braunschweig; in noch ande-
ren Landern, z. B. den Bereinigten Staaten von Nord-Amerika,
Miliz, in Spanien Urbanos oder Nationalmiliz, in Nord-
niederland Schuttery, m Frankreich Nationalgarde, in Eng-
land Peomanry. Bei den barbarischen Völkern ist jeder erwach-
sene Mann Krieger und verpflichtet, in's Feld zu rücken. Ist ein
barbarisches Volk zugleich ein Nomadenstamm, so hat es nur Rei-
terei. Mehre halbcivilisirte Staaten, wie die Türkei, Persien, Ae-
gypten, halten seit mehren Jahren einen großen Theil ihrer Armeen
ganz auf europäischem Fuße, und haben eine bedeutende Anzahl
von französischen, englischen und deutschen Offizieren und Ingenieu-
ren in ihrem Dienste. — Ein Platz, der in einem solchen Zustande
ist, daß er mit Erfolg der Belagerung eines feindlichen Heeres län-
gere Zeit Widerstand zu leisten vermag, heißt eine Festung. Die
denselben vertheidigende Truppenmacht nennt man Besatzung.
§. 1174. Die Kriegsmarine eines Staates besteht aus
einer Anzahl von Kriegsschiffen, welche die Flotte bilden. Die
auf einem Schiffe befindliche, aus Marinesoldaten und Matrosen
bestehende Mannschaft heißt dessen Equipage. Die Kriegsschiffe
sind entweder Linienschiffe, die in Seeschlachten in Linie auf-
gestellt werden, oder Fregatten, Corvetten, Briggs, Gve-
dette n, Kutters oder Galeeren, welche Ruder und «Leget zu-
gleich haben, oder Bombardierschaluppen, Brander rc.
Der Rang eines Schiffes richtet sich nach der Anzahl von Kanonen,
welche es führt. Die Linienschiffe führen von 50 oder 60 bis 100,
120 ja bis zu 140 Kanonen; die Fregatten bis zu 64. Eine aus
weniger als 15 Fahrzeugen bestehende Flotte nennt man Flottille
oder Geschwader. Befestigte Plätze mit Häfen, in welchen Kriegs-
schiffe einlaufen und stationirt sind, nennt man Kriegs Häfen.
§. 1175. Ein gebirgiges Land bietet dem Feinde, der es
angreifen will, immer große Schwierigkeiten dar; die zu demselben
führenden Pässe und Schluchten sind schwer zu passiren, jeder Berg
ist gleichsam eine Festung, jedes Thal ein Zufluchtsort, wie wir ge-
genwärtig in den baskifchen Provinzen sehen, und wie es mehrmals
in Tyrol, der Schweiz und Norwegen der Fall war. Gebirgsläw-
der, in denen die Civilisation auf einer niedrigen Stufe steht, be-
herbergen insgemein zahlreiche Räuberbanden, weil diese sich leicht
verbergen und in steilen, unzugänglichen Gegenden Schutzs suchen
können; wie in einigen Theilen Italiens, in den türkischen Ländern,
Persien, rc. — Gebirgsvölker und solche, die auf Hochebenen wohnen,
sind fast immer kräftiger und energischer als die im flachen Lande
lebenden. Daher sind diese letzteren so häufig eine Beute der erste-
ren geworden; das große China z. B. ist von einer Handvoll Mon-
golen unterworfen worden.
§. 1176. Gegenden, welche dünn bevölkert sind, werden
leicht erobert, sind aber in der Regel sehr schwer zu behaupten, weil
der eindringende Feind seine Kräfte nach vielen Seiten hin verthei-
len muß, oft Mangel an Mundvorräthen leidet, und daher leicht
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Extrahierte Personennamen: Briggs Kutters
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Oesterreich Sachsen Braunschweig Nord-Amerika Spanien_Urbanos Eng- Persien Tyrol Norwegen Italiens Persien China
V2
denn Schwärme neuer Einwanderer kamen herbei und wurden von den
schon angesiedelten Römern weiter zu ziehen bewogen. Durch einen
solchen Einfall wurde Rom im Jahr 361 v. Ehr. in Schrecken gesetzt,
wo die Gallier ein Lager im Sabinerlande jenseit der Brücke des Anio
hatten. Ihnen gegenüber schlug der Dictator Titus Quinctius Pennus
sein Lager auf. Wegen der Besetzung der Brücke fielen oft Gefechte
vor, aber noch blieb es unentschieden, wer sie besetzen würde. Da
trat, wie die römische Heldensage erzählt, ein Gallier von ausgezeich-
neter Körpergröße auf die leere Brücke und forderte höhnend mit lauter
Stimme den tapfersten Römer zum Zweikampf heraus, damit der Aus-
gang desselben darthue, welches Volk im Streite des andern Meister
sey. Lange herrschte Stille unter den edlen Jünglingen der Römer,
denn sie schämten sich eben so sehr, den Kampf mit dem Riesen aus-
zuschlagen, als sie den Ausgang des mit ungleichen Kräften angenom-
menen Kampfes fürchteten. Endlich erbat sich Titus Manlius,
des Lucius Sohn, der seinen Vater gegen den Tribun vertheidigt
hatte, vom Dictator die Erlaubniß aus, außer dem Gliede zu fechten.
Mit dem Schilde eines Fußgängers bedeckt und mit einem kurzen spa-
nischen Degen umgürtet, tritt er auf gegen den riesenhaften Gallier,
der in vielfarbiger Kleidung und bunten, mit Gold ausgelegten Waffen
schimmerte. Gewandt wich der Römer den gewaltigen Schwertstreichen
seines Gegners ans, stieß mit seinem Schild den untern Rand des
gallischen Schildes in die Höhe, schmiegte sich mit dem ganzen Körper
zwischen des Feindes Körper und Waffen, und durchstach ihn so Wei-
chen und Wanst, daß er hinstürzte. Gegen den Leichnam erlaubte sich
Manlius keine Mißhandlung, nahm ihm aber die goldene Halskette
(torqnes) ab und wand sie sich selbst um den Hals. Daher nannten
ihn die Soldaten, als sie ihn jubelnd und unter Scherzen zum Dictator
führten, Targuatus, der Bekettete, welchen Namen des Manlius
Nachkommen beibehielten. Der Dictator lohnte ihn mit einem goldenen
Kranze und ertheilte ihm vor der Versammlung außerordentliche Lob-
sprüche.
(Siehe die Abbildung Ix- 21.)
Die Gallier zogen hierauf durch Tibur nach Kampanien. Im
folgenden Jahr kamen sie wieder und streiften bis an das collinische
Thor Roms, durch welches sie vor dreißig Jahren in die Stadt einge-
drungen waren. Sie wurden aber zurückgedrängt und bei Tibur ge-
schlagen. Mehrmals kamen sie zurück. Im Jahr 349 v. Ehr. suchten
sie Latium aufs Neue heim und behaupteten das albanische Gebirge,
von wo sie während des Winters in die Landschaft an der Küste
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I
95
wie in wenigen andern Städten Großgriechenlands. Eigenthümlich
war den Kampanern die burleske Komödie, die Atellanen (fabulae Atel-
lanae , nach der Stadt Atella benannt), deren Darstellungen die
Römer vorzüglich ansprachen.
Die verbündeten Sidiciner und Kampaner wurden sogleich im ersten
Treffen bei Teanum geschlagen; die Samniter besetzten die Anhöhe
Tifata, an deren Fuß Kapua lag, und verheerten rings die reiche
Ebene um die Stadt. Dies lockte Kampaner in das Feld und sie
wurden noch einmal geschlagen. Nach dem Verluste ihrer besten
Truppen sahen sie sich gezwungen, die Römer um Beistand anzu-
sprechen, denn mit diesen hatten sie schon Verkehr und kannten ihre
Macht. Rom soll zwar, weil es schon ein älteres Bündniß mit den
Samnitem geschlossen hatte, anfangs die Kampaner abgewiesen, nach-
her aber unter Schutz genommen haben, als die Gesandten ihr Vater-
land den Römern als Eigenthum übergeben hatten. Wahrscheinlicher
ist, daß Kapua zur Bundesgenossin Roms und Latiums erklärt wurde,
worauf die Römer die Einstellung der Feindseligkeiten gegen die Kam-
paner und Sidiciner forderten. Da diese nicht erfolgte, die Samniter
vielmehr, entrüstet über Roms Bundesbrüchigkeit, den Krieg eifrig fort-
setzten, so zogen zwei consularische Heere im Jahr 343 v. Ehr. gegen
sie aus. Der Consul M. Valerius Corvus, der ausgezeichnetste
Feldherr seiner Zeit und bei dem Heere vorzüglich durch seine Thatig-
keit und Leutseligkeit beliebt, lagerte sich am Waldgebirge Gaurus in
der Nahe des Lukrinersees, wo er siegreich einen verzweistnngsvollen
Kampf mit den Feinden bestand, welche hartnäckig ihre Stellung be-
haupteten. Wie Wüthende warfen sich die Römer, als schon der Tag
sich neigte, auf die standfesten Samniter, welche ihre Flucht damit
entschuldigten, 77 daß sie in den Augen der Römer Flammen gesehen
hatten, in ihren Blicken Raserei, und Wuth auf ihrem Antlitz." Der
andere Consul A. Cornelius Cossus hatte inzwischen sein Heer in
gefährliche Gebirgspässe Samniums, auf dem Apennin zwischen Sa-
ticula und Beneventum, geführt, und wurde von den Feinden einge-
schlossen. Der Tribun P. Decius Mus bemerkte es noch zu rechter
Zeit und besetzte mit achtzehnhundert Mann schnell eine Berghohe, die auf
dem Wege, woher die Samniter vordrangen, hervorragte. Decius er-
reichte vor ihnen die Höhe und beschäftigte die Anrückenden, so daß
der Consul mit seinen Legionen sich unangefochten aus der Schlucht
zurückziehen und eine bessere Stellung gewinnen konnte. Decius, von
dm Feinden eingeschlossen, behauptete sich kämpfend bis die Nacht
einbrach. Um Mitternacht zog er in aller Stille ab durch die sorglos
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96
schlafenden Feinde. Zwar wurde er in der Mitte ihres Lagers entdeckt,
entkam aber glücklich, da das Geschrei seiner Schaar den vom Schlafs
betäubten Feinden eine solche Bestürzung einjagte, daß sie die Eilenden
nicht verfolgen konnten. Mit Tagesanbruch (das Dunkel der Nacht
sollte solche Tapferkeit nicht verhüllen) hielt Decius seinen Einzug in
das Lager des Consuls, wo er als Retter begrüßt und durch öffent-
liches Lob geehrt wurde. Zur Belohnung erhielt er einen goldenen
Kranz und hundert Ochsen, nebst einem auserlesenen weißen, fetten
Stier mit vergoldeten Hörnern. Die Theilnehmer seiner That bekamen
auf immer die doppelte Portion Getreide, jeder einen Ochsen und
zwei Rocke. Die Legionssoldaten setzten dem Decius einen Graskranz
auf, womit die Rettung ans der Einschließung belohnt zu werden
pffegte; dann brachte ihm jeder ein Pfund Korn und ein Maas Wein.
Nachher wurde bei Suessula gekämpft, wo Valerius das feindliche
Lager eroberte und unermeßliche Beute (-40,000 Schilde, 170 Fahnen)
machte. Beide Consuln feierten einen glänzenden Triumph; Decius,
in den Gesängen der Soldaten verherrlicht, folgte ihnen zu Fuß.
Wahrscheinlich in Verabredung mit den Plebejern empörte sich die
in Kapna stehende römische Besatzung und rückte auf Rom los. Schon
hatten die Aufrührer bei Alba ein festes Lager bezogen und gewaltsam
einen Anführer ernannt, als ihnen M. Valerius als Diktator entgegen-
zog und Amnestie (Verzeihung und Vergessenheit des Geschehenen)
ankündigte, worauf sie zum Gehorsam zurückkehrten. Der Senat aber
gestand ihnen zu, daß keines Soldaten Namen ohne seinen Willen
aus der Liste gestrichen, und kein Kriegstribun wieder Hauptmann
werden solle. Nach Wiederherstellung der innern Ruhe kam im I. 341
mit den Samnitern ein Friedens- und Vertheidigungsbündniß zu Stande,
weil die Römer Latiums wachsende Macht fürchteten.
Xiv.
Latiums Unterjochung.
Die Latiner setzten als selbstständige Nation den Krieg mit den
Samnitern allein fort; die Römer traten zwischen beiden als Vermittler
auf. Latinische Gesandte kamen nach Rom und erklärten im Namen
ihres Volkes im Senate, daß, wenn eine wahre Verbindung zwischen
ihnen als zweien völlig freien und gleichen Völkern bestehen solle, die
Hälfte des Senats aus Latinern bestehen, und ein Consul aus ihrem
Volke gewählt werden müsse. Eben so sey auch die Zahl der Tribus
zu verdoppeln und die Besetzung der übrigen Magistrate zu thcilen.
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93
Decms, ^wenn nur mein Amtsgenosse glücklich geopfert hat." Auch
mar beiden Consnln im Traume ein Geist erschienen mit der Verkün-
digt,ng, daß der eine Feldherr und eines der kampfenden Heere den
Todtengöttern und der Mutter Erde verfallen seyn. Daher machten
beide Consuln mit einander aus, daß der, dessen Flügel zuerst weiche,
sich und das feindliche Heer den unterirdischen Mächten weihen wolle»
Manlius führte den rechten, Decius den linken Flügel in die Schlacht,
die mit gleichen Kräften, mit gleichem Muthe unternommen, sich bald
zum Vortheil der Latiner zu entscheiden schien, die des Decius Flügel
zurückwarfen. In dieser Verlegenheit gedachte er seines Versprechens,
rief den Oberpriester zu sich, der ihm ein Feierkleid anlegte, das Haupt
verhüllte, ihn auf einen Pfeil treten und in dieser Stellung, die Hand
unter dem Kleide neben dem Kinn vorstreckend, folgende Gebetformel
nachsprechen hieß: ,7 Janus, Juppiter, Vater Mars, Quirinus, Bel-
lona, ihr Hausgötter (Laren), ihr neun blitzsendende Götter (rlii No-
vensiles), ihr Ahnengötter, Götter, die ihr über uns waltet und über
die Feinde, und ihr Todtengötter, zu euch bete ich, flehe ich, erbitte
mir die Gnade und versichere mich ihrer, daß ihr wollet dem römischen
Volke der Quirlten Gewalt und Sieg segnen und gedeihen, und über
die Feinde des römischen Volkes der Quirlten Schrecken, Entsetzen und
Tod kommen lassen. So wie ich ausdrücklich euch hiermit dieses ver-
heißen haben will, so weihe ich für die Republik der Quinten, für ihr
Heer, für die Legionen, für die Bundesgenossen des römischen Volkes
der Quirlten, jetzt der Feinde Legionen und Verbündete mit mir dm
Todtengottern und der Mutter Erde zum Opfer." Dann schwang er
sich in der Umhüllung und bewaffnet auf sein Roß und stürzte sich in
die Haufen der Feinde, denen er als ein Geist des Grausens und Ver-
derbens erschien, und wo er von Geschossen durchbohrt niedersank, da
wichen erschreckt die Latiner. Als endlich Manlius die bisher geschonten
Triarier vorrücken ließ, erklärte sich der Sieg völlig für Rom; kaum
der vierte Theil der latinischen Armee soll entkommen seyn. Des De-
cius Leichnam fand man erst am folgenden Tage im dichtesten Haufen
erschlagener Feinde- und bestattete ihn feierlich. Die Trümmer des
latinischen Heeres wurden noch einmal bei Trifanum zwischen Sinuessa
und Minturna geschlagen, woran sder tinische Bund sich auflöste,
da die Städte sich einzeln unterwerfen und römische Besatzungen auf-
nehmen mußten, im I. 338 v. Ehr. Antirnn hielt sich am längsten
und trieb die zur Verzweiflung gebrachten Latiner zu einer allgemeinen
Empörung, aber die Insurgenten wurden im Felde geschlagen und sie
legten endlich die Waffen nieder. Den Antiatm wurden ihre bewaffneten
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75
lichkeit sehr entstellt erzählt. Die Priester der Fidenaten kamen wahr-
scheinlich mit Fackeln und heiligen Binden, dem ehrwürdigen Zeichen ste-
hender Bitte, aus der Stadt heraus. Anfänglich respectirten die Sol-
daten diese Procession, und schienen, wie einst Attila beim Anblick Leo des
Großen, erschrocken und betäubt. Allein bald fielen sie über die wehr-
lose Menge her find richteten ein großes Blutbad an. Man suchte diese
Grausamkeit in der Folge zu bemänteln; machte die Binden zu Schlangen,
die Opferfackeln zu Furienfackeln und stellte das Ganze als einen Angriff
der Fidenaten dar. Die Römer, deren Legat T. Ouinctius die Etrusker
mit einer Abtheilung des Heeres umgangen hatte, drangen mit den flie-
henden Fidenaten zugleich in die Stadt rin. Die Einwohner, welche das
Schwerdt verschont hatte, wurden als Sklaven verkauft, zum Theil an
die Soldaten verschenkt. Fidena wurde ein verödeter Flecken. Der
Dictator zog triumphirend in die Stadt und legte sein Amt nieder, so daß
er nach sechzehn Tagen dasselbe im Frieden wieder abgab, das er im
Kriege und in der Zeit der Noth übernommen hatte.
Anstatt der Consuln wurden noch häufig Kriegstribunen mit consu-
larischer Gewalt gewählt, bis im I. 366 v. Ehr. die regelmäßige Con-
sularregierung wieder eintrat.
Viii.
Besiegung der Aequer, Volsker und Vejenter. Sold.
Lucius Furius Camillus.
Nach Fidena's Einnahme schloß Rom mir Veji einen Waffenstillstand
aus zwanzig Jahre. Inzwischen hatten sich die Kriege mit den verbün-
deten Aeqnern und Volskern erneuert, welche unermüdlich für ihre
Freiheit gegen Roms wachsende und drohende Macht kämpften, die von den
Contingenten derherniker und Latiner unterstützt wurde. Die drohende Ge-
fahr bewog den Consul T, Qmnctins, den A u lu s P o st um l u s Tuber-
tus, einen unerbittlich strengen Mann, zum Dictator zu ernennen. Dieser
zog mit dem ganzen Aufgebot der Waffenfähigen auf das Grenzgebiete Al-
gidus und schlug bei Tusculum ein festes Lager auf, dasselbe thcw der
Eonsul bei Lanuvium. Dieses griffen die Feinde des Nachts an, wurden
aber von dem zu Hülfe eilenden Dictator eingeschlossen. Ein kühner
Volsker aber, Vettius Messius, schlug sich nach einem blutigen
Kampfe durch und erreichte mit seiner Schaar das volskische Lager, das
aber, so wie das abgesonderte der Aeguer, erstürmt wurde. Die Ge-
fangenen wurden, außer dem Adel oder den Senatoren, *) als Sklaven
*) 3m 5. Iahrh. n. Ehr. ward Senator und Edelmann gleichbedeutend, daher
Seigneur.
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Extrahierte Personennamen: Attila Leo_des
Großen Leo T._Ouinctius Schwerdt Lucius_Furius_Camillus Vettius_Messius Iahrh
78
Wasser, wo es schon herausgekommen, wieder hineinzudrangen oder durch
Graben seitwärts in das Feld zu leiten. Daher wurde die Ableitung
durch den berühmten Emissarius oder Ableitungskanal,'") bis an die
Ebene, wo der Strom in Bewässerungsgraben über die Felder vertheilt
ward, unternommen und, ehe Camillus vor Rom erschien, vollendet.
Der Dictator aber stellte hier die Kriegszucht wieder her, ließ Schan-
zen aufwerfen und einen Minengang graben, der zur Burg der Feinde
hinanführte, wo ein Tempel der Juno stand. Als der Gang so weit fertig
war, daß er sich in diesem Tempel offnen konnte, ließ Camillus zum Schein
einen Sturm auf die Mauern unternehmen, welche die Vejenter ver-
theidigten. Inzwischen horten die in der Mine steckenden Römer unter
dem Tempelboden, daß ein Aurussper dem gerade opfernden Könige der
Vejenter verkündige, dem sei der Sieg beschieden, der die Eingeweide
dieses Opferthiers den Göttern vorlegen würde. In diesem Augenblick
brachen die römischen Soldaten den Boden auf, erschlugen die Opferer
und erfüllten die Weissagung. Die Burg gerieth nun leicht in ihre
Hände und sie öffneten den Stürmenden die Tbore. Die Beute aus
der reichen Stadt war über Erwartung groß; Alles erhielt die Armee;
nur die Freien und Unbewaffneten wurden als Sklaven zum Vortheil der
Staatskasse verkauft. Als man alles menschliche Eigenthum aus Veji
abgeführt hatte, wurde auch feierlich das Bild der Himmelskönigin Juno,
welches wegen seiner Versetzung befragt, ja geantwortet haben soll,
weggebracht und auf dem Aventinus aufgestellt, wohin sie Camillus
durch Gelübde eingeladen hatte und ihr nachher den gelobten Tempel
weihete. Dieses Ende nahm Veji, die reichste und mächtigste Stadt
Etruriens, seitdem verödet und fast spurlos vertilgt! Das vejentische
Acker- und Rebenland wurde vertheilt, jeder Plebejer erhielt sieben Morgen
oder Jugera.
Daß die Erzählung von Veji's Untergang eine ganz poetische Sage
ist, mit unhistorischen Geschichten ausgeschmückt, darf wohl, nach den
neuesten Ansichten von diesem Theile der römischen Geschichte, als gewiß
angenommen werden. Schon die Alten hielten den Minengang für ein
Mahrchen. Eben so unwahrscheinlich ist der in so kurzer Zeit vollendete
Bau des großen Emissarius, der wahrscheinlich dem Zeitalter der Kö-
nige angehörr. Die zehnjährige Dauer der Belagerung erinnert an Troja's
zehnjährige Belagerung und der Gang an das Roß des Epeos. So ist
Veji in der alten römischen Dichtung dem homerischen Ilion nachgebildet.
*) Er mißt 3700 Schritt, hat 6' Höhe, 3|' Breite, und ist durch vulkanisches
Gestein gebrochen, ein bewunderungswerthes Werk.
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greifen. Die Römer, durch diesen Sieg ermuthigt, beschlossen, Rom
wieder zu erobern. Dazu sollte Camillus zu ihrem Anführer ernannt
werden, wozu aber die Genehmigung des Senates auf dem einge-
schlossenen Capitol nothig war. Ein kühner Jüngling, Pontius Co-
minius, schwamm des Nachts auf Korkhvlz über die Tiber, klet-
terte an dem steilen, und deshalb nicht bewachten Felsen auf die Burg
und entledigte sich seines Auftrags. Unversehrt kehrte er zurück nach
Veji, wo der verbannte Camillus zurückberufen und zum Dictator er-
nannt wurde.
Die Gallier hatten aber die Fußtapfen des Cominius entdeckt
und beschlossen ein ähnliches Wagniß. In einer sternhellen Nacht
klommen sie an derselben Stelle zum Gipfel hinan, ohne von den
Wachen bemerkt, noch von den Hunden gehört zu werden. Allein
der Hunger hatte die der Juno heiligen Ganse, die im Tempelbezirk
damals bei dem Mangel der Lebensmittel sich kaum sättigen konnten,
wach gehalten. Durch ihr Geschnatter und Flügelschlagen zeigten sie
den Ueberfall der Gallier an. Die geweckten Römer griffen schnell zu
den Waffen, vor allen der Consular Marcus Manlius, ein Mann
von großer Leibeskraft und Geistesgegenwart, der zwei Feinden zugleich
begegnend, dem einen die rechte Hand abhieb, dem andern den Schild
ins Gesicht stieß und ihn rückwärts den Felsen hinabsturzte. Die übri-
gen Gallier wurden bald zurückgetrieben und die Burg gerettet.
(Siehe die Abbildung »- 18.)
Dem Manlius brachte zur Belohnung seiner Tapferkeit jeder Soldat
auf der Burg ein halbes Pfund Korn und ein Viertelmaaß Wein, ein
zwar kleines Geschenk, aber in der Hungersnoth eine große Gabe der
Liebe. Einer der nachlässigen Wächter wurde, auf die Forderung der
Soldaten, zur Strafe vom tarpejischen Felsen hinabgestürzt.
Hungersnoth und eine Seuche wücheten auch im Heere der Gallier,
welche ihre Todten nicht mehr begraben konnten, sondern die Lei-
chen Haufenweis verbrannten, woher noch lange jener Ort die gal-
lische Brandstätte hieß. Die Römer aber warfen, um die eigene
Hungersnoth nicht merken zu lassen, an einigen Stellen vom Capitol
Brode unter die feindlichen Posten. Endlich sahen sich doch die Be-
lagerten genothigt, mit Brennus einen Vergleich einzugehen, welcher
für seinen Abzug tausend Pfund Gold (gegen 200,000 Thlr.) verlangte.
Beim Abwägen brauchten die Gallier falsche Gewichte; als diese der
römische Tribun zurückwies, warf Brennus noch sein Schwert zu den
Gewichten, bemerkend: »Besiegte müssen leiden!" Ehe aber noch
das Geschäft des Abwägens beendigt war, erschien unerwartet der
6*
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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108
zurück. Nach langer Erduldung der Schmerzen ließ sich Decius ab-
Maschen und fand seine Augen verzehrt. Nach Beendigung des Krieges
mit Tarent wurde im I. 271 Rhegium von den Römern belagert und
dreihundert Mann der kampanischen Legion, nach erfolgter Uebcrgabe,
in 'Rom enthauptet, die Stadt aber den noch übrigen Bürgern zurück-
gegeben und die Freiheit wieder hergestellt.
Der Consul P. Valerius Lävinus führte seine Legion gegen
Pyrrhus, der sich bei Heraklea am Siris oder bei dem heutigen
Policoro am Acri aufgestellt hatte. Die griechisch-macedonische Taktik,
nicht der ungewohnte Anblick von zwei Elephanten, verschaffte dein
Könige nach einem blutigen Kampfe den Sieg über den noch unge-
lehrten Muth der Römer. Als die erschlagenen Feinde, die mit ehren-
vollen Wunden bedeckt und den trotzigen Blick im Tode noch behal-
tend, dalagen, des Königs Bewunderung erregten, soll er geäußert
haben, mit solchen Soldaten wolle er sich zum Herrn der Welt machen.
Nach diesem ersten Siege schickte der König seinen Freund Kyneas,
einen gewandten, durch Beredsamkeit ausgezeichneten Manu, mit reichen
Geschenken, auch für die vornehmen Frauen, nach Rom und ließ
Frieden anbieten, wenn die Römer seinen Verbündeten, den Samnitern,
Lukanern, Apulern und Bruttiern das Verlorene Zurückgaben und den
in Italien wohnenden Griechen ihre Freiheit ließen. Der bejahrte und
erblindete App ins Claudius, der sich von seinen Söhnen hatte in
den Senat führen lassen, machte aber gegen die Annahme eines solchen
Friedens die eindringlichsten Vorstellungen und erklärte: »Pyrrhus
solle, wenn er Roms Freund und Bundesgenosse werden wolle, sich
erst aus Italien zurückziehen; so lange er auf italischem Boden stehe,
könne man mit ihm nicht unterhandeln." Sofort erhielt Lavinus Be-
fehl, zwei neue Legionen zu werben. Kyneas war noch in Rom an-
wesend und sah mit an, wie sich die Leute zum Dienst herbeidrangten.
Daher äußerte er nach seiner Zurückkunft gegen Pyrrhus: »sie hatten
mit einer Hydra Krieg zu führen." Derselbe soll auch über Rom ge-
sagt haben: »es sey eine ganze Stadt voll Feldherren." Und als sich
Pyrrhus wunderte, habe er sich verbessernd hinzugesetzt: »Nein, nicht
voll Feldherren, voll Könige." Der König drang nun verheerend gegen
Rom und kam bis Praneste oder Auagnia in Latium, um sich mit den
Etruskern zu vereinigen. Da diese aber die Waffen schon niedergelegt
hatten, so kehrte er zurück, ohne weiter etwas zu unternehmen und
vertheilte sein Heer zur Ueberwinterung in die Städte Kampaniens,
Dahin schickten an ihn die Römer zur Loskaufung der Gefangenen
eine Gesandtschaft, deren Sprecher der arme, aber, unbestechliche
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Extrahierte Personennamen: Decius Consul_P._Valerius_Lävinus Claudius Kyneas
Extrahierte Ortsnamen: Acri Rom Italien Italien Rom Rom Latium
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Achradma und Nasos hartnäckig mehrere Monate, wobei eine furcht-
bare Pest beide Theile heimsuchte, doch wüthete sie heftiger unter den
Puniern als unter den Römern. Als daher Hippokrates an der Pest
gestorben war, und Epicydes auf einem panischen Schiffe sich entfernt
und die Belagerten ihrem Schicksale überlassen hatte, so würden sich
die Syrakusier sogleich ergeben haben, wenn nicht die römischen Ueber-
laufer und die Miethsoldaten in Achradma auf fernere Vertheidigung
bestanden hatten. Allein durch Verrath kamen Nasos und Achradma
bald in die Gewalt des Marcellus. Die Stadt wurde den Soldaten
zur Plünderung preisgegeben. Wahrend des Getümmels hatte sich
Archimedes ganz in seine in den Sand gezeichneten Figuren vertieft.
Einem römischen Soldaten, der auf ihn eindrang, rief er zu: 7, Bringe
mir meine Kriefe nicht in Unordnung! « Allein der rohe Krieger, der
ihn nicht kannte, stieß ihn nieder. Dies soll den Marcellus sehr be-
trübt und er selbst für die Bestattung der Leiche gesorgt haben.
(Siehe die Abbildung Ns 37.)
Nach der Eroberung von Syrakus ergaben sich auch die übrigen
Städte der Insel, und im Jahre 210 war nach der Einnahme Agri-
gents ganz Sicilien der römischen Herrschaft unterworfen.
In Italien war inzwischen der Krieg mit abwechselndem Glück
fortgesetzt worden. Au den wichtigsten Vorfällen gehören: des Mar-
cellus Sieg bei Nola im I. 215; die Einnahme Locri's und Krotons
durch die Punier; der Sieg des Tiberius Gracchus mit 8000 Sklaven
bei Beneventum, denen er für ihre bewiesene Tapferkeit nachher die
Freiheit schenkte; die Einnahme Tarents um I. 212 durch Verratherei
junger Tarentiner, die eine nächtliche Jagdparthie Vorgaben und dem
Hannibal die Thore öffneten; ferner die hinterlistige Ermordung des
Tib. Gracchus, den sein lukanischer Gastfreund in einen Hinterhalt
lockte, wo Mago sich versteckt hielt. Sobald Gracchus die Verratherei
merkte, sprang er vom Pferde, ermahnte feine Begleiter, durch Tapfer-
keit ihr Ende ehrenvoll zu machen, und stürzte sich, unbewaffnet wie
er war, in die dichtesten Haufen der Feinde. Seine Leiche schickte
Mago an Hannibal; dieser soll, nach einer andern Erzählung, den
Kopf des Gefallenen ins römische Lager geschickt haben, wo ihm eine
Leichenfeier veranstaltet wurde.
In demselben Jahre 212 zogen die Consuln £>. Fulvius Flac-
cus und Appius Claudius Pülcher nach Kampanien und bela-
gerten Capua. Hannibal eilte zwar der Stadt zu Hülfe, wurde aber
zurückgeschlagen und führte nun im I. 211 sein Heer bis in die Nahe
Roms. Am Amo schlug er sein Lager auf, dreitausend Schritte von
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Extrahierte Personennamen: Marcellus Tiberius Hannibal Hannibal Fulvius Claudius_Pülcher Hannibal