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haft und erlitt mit freudigem Muthe den Märtyrertod. So starben
in allen Theilen des Reiches Tausende als Bekenner der heiligen
Lehre Jesu.
Von jetzt an gieng das römische Reich unter einer Reihe von
elenden Regenten immer mehr feinem Verfalle entgegen. Die Chri-
stenverfolgungen, deren man bis zum Jahre 312 zehn große zählt,
dauerten fort, besonders unter den Kaisern Decins und Diokletian.
Allein das Blut der Märtyrer wurde stets zur Aussaat für neue
Bekenner. Die Freudigkeit, mit welcher diese Glaubenshelden,
ja selbst zarte Kinder ihren Glauben an Jesus bekannten; die
Standhaftigkeit, mit der sie alle Qualen und Martern er-
trugen; die Zuversicht, mit welcher sie von dem ewigen Leben
sprachen, und oft in den letzten Augenblicken noch, Psalmen singend
oder für ihre Peiniger betend, Gott dankten, daß er sie gewürdigt,
zu seiner Ehre zu leiden — dieses Alles bewog viele Tausende zur
Annahme der göttlichen Lehre, und unter allen Verfolgungen blühte
die Kirche Jesu stetssort herrlicher auf.
26. Eonsiantin der Große.
Zur Zeit des Kaisers Diokletian herrschten vier Regenten
über das römische Reich. Einer derselben war Constantinus
Ch lorus, der im Jahr 306 zu Jork in England starb und seine
Würde seinem Sohne Eonstarttiii hinterließ. Da nun einer der
zuvor abgetretenen Kaiser, Maximian mit Namen, den Purpur
wieder anlegte, und seinen Sohn Maxentius zum Mitregenten
ernannte, so gab es sogar sechs Herrscher im römischen Reiche, welche
einander wechselseitig bekriegten und zu stürzen suchten.
Maxentius hatte sich mit einem ungeheuren Heere gegen
Constantin gewendet, dessen Heer durch Mühsale und Kämpfe er-
schöpft und durch zurückgelassene Besatzungen äußerst geschwächt war.
Seine Soldaten murrten laut, die Heerführer riethen zum Rückzüge
und Constantin befand sich somit in der schwierigsten Lage. Da
erschien auf ein Mal am hellen Mittage hoch über der Sonne aus
einer dunkeln Wolke ein leuchtendes Kreuz mit der Umschrift: „In
diesem Zeichen wirst du siegen." Constantin und das ganze Heer
sahen diese Erscheinung mit größtem Erstaunen. In der folgenden
Nacht erschien ihm Jesus mit dem gleichen Zeichen und befahl ihm,
dasselbe nachmachen und dem Heere vorantragen zu lassen. Dieses
geschah; und mit der Kreuzesfahne voran stürzten sich die Soldaten
Constantin's auf die Feinde und errangen den vollständigsten Sieg.
Maxentius floh und ertrank in der Tiber, die er so oft mit dem
Blute schuldloser Gläubigen geröthet hatte.
So wurde Constantin nach und nach Alleinherrscher, nachdem
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
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Extrahierte Personennamen: Constantinus
Ch Maximian Constantin Constantin Constantin Constantin
Extrahierte Ortsnamen: England Maxentius Maxentius Maxentius
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allen Seiten auf sie los, während sie von Hermann im Rücken an-
gegriffen wurden. Vergebens suchte Varus sein zerstreutes Heer zu
sammeln, umsonst ließ er seine überflüssigen Packwagen verbrennen;
weder das Fußvolk noch die Reiterei fand in dieser Wildniß Raum,
um die römische Kriegskunst zu bewähren. Zwei Tage und zwei
Nächte lang, unter fortwährendem Regen, dauerte der schreckliche
Kampf und endete mit der vollkommensten Niederlage der Römer,
von denen nur wenige den deutschen Schwertern entrannen, um die
Schreckensbotschaft nach Rom zu bringen. Varus wurde selbst
schwer verwundet und stürzte sich in sein eigenes Schwert, um den
Feinden nicht lebendig in die Hände zu fallen.
Dieses große Ereigniß im Jahr 9 nach Christus rettete die
Freiheit unserer Väter, und dem kühnen deutschen Helden Hermann
verdanken wir, daß wir noch Deutsche sind und daß noch deutsch
auf der Erde gesprochen wird. In Rom aber verbreitete die Nach-
richt von dieser Niederlage Angst, und Schrecken, und der Kaiser
Augustus war darüber so bestürzt, daß er gleich einem Wahn-
sinnigen den Kopf an die Wand stieß, seine Kleider zerriß und mehr-
mals verzweifelnd ausrief: „Varus, Varus, gieb mir meine Le-
gionen wieder!" Die Römer fürchteten sogar, daß die Deutschen
nach Italien vordringen und Rom angreifen würden; allein diese
freuten sich, ohne ihren Sieg weiter verfolgen zu wollen, der wieder-
erlangten Freiheit, und der Name ihres hochherzigen Retters
wurde hoch gefeiert.
30. Die Völkerwanderung.
In dem Zeitraume von dem Siege über die Römer bis gegen
Ende des vierten Jahrhunderts bekriegten deutsche Volksstämme sich
oft wechselseitig, und es war keine Eintracht mehr unter ihnen wahr-
zunehmen. Mehrere Völkerschaften trachteten nach fruchtbareren Wohn-
plätzen unter einem milderen Himmel. Von jetzt an wurden die
Römer öfter durch vereinigte deutsche Stämme innerhalb ihrer Gren-
zen angegriffen, und diese Einfälle wurden für das römische Reich
bald um so gefährlicher, weil die Deutschen selbst von einem neuen
furchtbaren Feinde in ihrem Rücken gedrängt wurden.
Um das. Jahr 375 brachen die Hunnen, ein mongolischer
Volksstamm, aus Asien herüber und setzten über die Wolga, wo sie
die Alanen trafen und mit sich fortrissen. Im südlichen Rußland
stießen sie auf die Ostgothen, welche sich theils mit ihnen vereinig-
ten, theils zu den Westgothen zurück wichen. Diese zogen von Ruß-
land und Polen her gegen das oströmische Reich, schlugen den Kaiser
Valens, durchstreiften ganz Griechenland, wendeten sich gegen Rom,
welches sie im Jahr 410 eroberten, und gründeten einige Jahre
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Hermann Varus Varus Christus Hermann Augustus Augustus Varus Valens
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rom Italien Rom Asien Griechenland Rom
95
und breite Schultern; der Kopf ist übermäßig groß, und das Ge-
sicht, aus dem die kleinen Augen wild herausblitzen, ist ungewöhnlich
breit. Sie zerschneiden sich in ihrer Kindheit mit unzähligen Rissen
Kinn und Wangen, um durch die vielen Narben das Wachsen des
Bartes zu unterdrücken. Lue leben von Wurzeln und rohem Fleisch,
das sie als Sattel auf das Pferd legen und durch Reiten mürbe
machen. Von ihrer Kindheit an streifen sie auf Bergen und in
Wäldern umher und lernen Hunger und Kälte ertragen. Sie tragen
leinene Kittel und Pelze von Waldmäusen; die Beine aber umwickeln
sie mit Bocksfellen. Von ihren Pferden sind sie unzertrennlich; sie
essen, trinken und schlafen daraus. Ackerbau und Handwerke, Re-
ligion und Gesetze kennen sie nicht. Treu' und Glauben sind bei
ihnen unbekannte Dinge; sie wissen, wie die wilden Thiere, Nichts
von Recht und Unrecht. Der Krieg ist ihr Leben, und es folgen
ihnen dahin ihre schmutzigen Weiber und ungestalteten Kinder aus
zahllosen, mit Fellen überzogenen Wagen. Die Schlacht beginnen
sie mit einem fürchterlichen Geheul. Wie der Blitz fliegen sie herbei
und kehren eben so schnell wieder zurück; kaum wird man sie gewahr,
so sind sie auch schon da und stürmen die Verschanzungen oder plün-
dern- das Lager."
Diesen wilden und gefürchteten Horden stellte sich in Frankreich
ein römischer Feldherr, mit dem sich einige deutsche Volksstämme
verbunden hatten, entgegen. Aus den catalaunischen Feldern kam es
zur Schlacht, der blutigsten vielleicht, die je in Europa geschlagen
wurde; denn fast 200,000 Leichen bedeckten die Wahlstatt, und den-
noch war der schreckliche Hunnenkönig nicht besiegt, sondern nur zu-
rückgedrängt.
Das nächste Jahr brach Attila von Pannonien aus in Italien
ein. Die rauchenden Trümmer zerstörter Städte bezeichneten den
Weg des häßlichen, wilden Menschenschwarmes und Furcht und
Schrecken giengen vor ihnen her. Viele Bewohner der adriatischen
Meeresküste flüchteten sich auf die nahen Inseln, bauten sich später
dort an und legten so den Grund zu der nachmals durch Handel
und Schifffahrt so berühmt gewordenen Stadt und Republik Vene-
dig. Rom selbst schwebte in größter Gefahr; da zog Papst Leo
der Große an der Spitze einer Gesandtschaft dem unwidersteh-
lichen Sieger entgegen, sein Leben wagend für die ihm anvertraute
Heerde. Aber siehe da! die Bitten des gottbegeisterten Oberhirten
rührten das eisenumpanzerte Herz des Wütherichs; die ihm ange-
drohte Rache des Himmels schreckte ihn; die Schrecken des Todes
wandelten ihn an; er kehrt plötzlich mit all seinen Schaaren um,
und Rom ist gerettet!
Bald darauf starb Attila, der Schreckliche! Seine Hunnen
legten ihn in einen goldenen Sarg, diesen in einen silbernen und
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Extrahierte Personennamen: Attila_von_Pannonien Leo
der_Große Leo Attila
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Europa Italien Rom
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den Leib, wobei er sich jedoch selbst so schwer am Fuße verwundete,
daß er von dem großen Blutverlust erschöpft neben dem erschlagenen
Thiere niedersank. Auf den Hilferuf des Pilgers waren indessen
mehrere Kreuzfahrer herbeigeeilt, und unter allgemeinem Weheklagen
wurde der Herzog auf einer Tragbahre in das Lager zurückgebracht,
wo er nur langsam sich wieder erholte.
In Antiochien wurde das Kreuzheer von Feinden ringsum ein-
geschlossen und es entstand eine furchtbare Hungersnoth. Da wurde
in der Kirche des heiligen Petrus die Lanze aufgefunden, mit wel-
cher dem Heilande am Kreuze die Seite durchstochen worden war,
und welche in dieser Kirche vor dem Hochaltare, zwölf Fuß tief,
vergraben lag. Jetzt war Alles neu ermuthigt; in feierlicher Pro-
zession wurde die heilige Lauze umhergetragen und am andern Tage
das feindliche Heer angegriffen und geschlagen, wobei eine überaus
reiche Beute in die Hände der Christen siel. Siegreich drang jetzt
das Kreuzheer gegen Jerusalem vor, und als endlich der letzte Hü-
gel erstiegen war und die heilige Stadt vor den Blicken der Pilgrime
und Kreuzfahrer ausgebreitet lag, da warfen sich Alle aus die Kniee,
küßten die heilige Erde, indem sie dieselbe mit ihren' Thränen be-
netzten und sangen Danklieder und Psalmen zur Ehre des Erlösers.
Nun wurde die Stadt belagert. Da es aber an allen nöthigen
Werkzeugen fehlte und 40,000 Mann, die in der Stadt lagen, die
tapferste Gegenwehr leisteten, so schien es fast unmöglich, dieselbe zu
erobern; zudem litten die Christen Noth an Trinkwasser, während
die Hitze unerträglich war, und viele starben vor Ermattung. End-
lich, nachdem man mit unsäglicher Mühe aus der ganzen Umgegend
Holz zusammen gebracht hatte, um Thürme zu bauen, die man auf
Rädern gegen die Mauern schieben konnte, wurde ein allgemeiner
Sturm unternommen. Er blieb jedoch ohne Erfolg. Die Belagerten
warfen Balken und Steine aus die Angreifenden und überschütteten
sie mit brennendem Schwefel und siedendem Oel. Am andern Tag,
es war der 15. Juli 1099, wurde der Sturm erneuert. Sieben
Stunden hatte der Kampf gedauert, und die Christen wollten sich
ermattet und entmuthigt zurückziehen. Da gewahrte man auf dem
Oelberge einen glänzenden Ritter, der mit seinem Schilde gegen die
Stadt winkte. „Sehet da," rief Gottfried aus, „das ist die Hilfe
des Himmels! Auf denn, ihr Streiter des Herrn, Gott ist mit
uns!" Und mit diesen Worten ließ der fromme Held die Fall-
brücke von seinem hölzernen Thurme aus die Stadtmauer fallen und
war der Erste, der in die Stadt hinab sprang. Die Seinigen
sprangen ihm nach, von neuer Begeisterung ergriffen; mit unwider-
stehlichem Muthe bahnten sie sich den Weg zu den Thoren und
sprengten dieselben; das ganze Heer drang hinein und — Jerusalem
tvar erobert; in den Straßen und Häusern wüthete der Kampf noch
Reiser, der Volksschüler i. d. Oberklasse. 8
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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herab hieng. Sein Kleid und seine Beinkleider waren von grünem
Atlas nach spanischem Schnitt. Im Gürtel trug er blos eine Pi-
stole, in der Hand eine Reitgerte, und fast immer ritt er in der
Schlacht auf einem kleinen Grauschimmel. Als Feldherr war er
äußerst pünktlich und strenge; in seinem Leben sittlich, reli-
giös und mäßig. Er kannte keine Art von Wohlleben, trank nie-
'mals Wein, und Eigennutz, Stolz und Hochmuth waren ihm ganz
unbekannt. Als der Kaiser ihn für seine treuen Dienste irk den
Reichsfürstenstand erheben wollte, verbat er sich die Ehre und gab
dem Schreiber d<er Kanzlei 500 Thaler, damit er das Patent nicht
ausfertigen solle. Eine goldene, mit Diamanten besetzte Kette, die
er von der Regentin der Niederlande erhalten hatte, schenkte er so-
gleich dem Kloster Alt-Oetingen, und der Stadt Hamburg, die ihm
aus Dankbarkeit 1000 Rosenobel zustellen ließ, schickte er dieselben
unverweilt wieder- zurück.
Dies war der Held, dem man zwei Jahrhunderte lang un-
gerechter Weise die Grausamkeiten zur Last legte, die bei der Ero-
berung Magdeburgs (1631) begangen wurden, was jedoch un-
partheiische Geschichtsforscher neuerer Zeit glänzend widerlegten.
Seit dem Monate Dezember 1630 hielt nämlich Tilly Magde-
burg enge eingeschlossen und beschoß es fast täglich. In mehreren,
noch vorhandenen Briefen an den Administrator der Stadt, den
Markgrafen Christian Wilhelm, sowie an den Befehlshaber Falken-
berg und an den Magistrat hatte er zur Uebergabe aufgefordert und
selbst beigesetzt, daß die Stadt dadurch billige Bedingungen erlangen
und nur so einem sehr harten und traurigen Geschicke entgehen könne.
So schrieb er einmal an Falkenberg, der die Einwohner immer mit
falschen Nachrichten über die Ankunft des Schwedenkönigs täuschte
und dadurch zum Widerstände ermuthigte: Er werde bei so be-
schaffenen Dingen wohl selbst erwägen können, daß es weder christ-
lich noch billig, viel weniger vor Gott und dem Gewissen zu
verantworten sei, durch Rath und That dazu beizutragen, daß so
viele unschuldige Menschen in das äußerste Elend gestürzt werden
und Gut und Leben verlieren sollten. Als aber all' seine Mah-
nungen fruchtlos blieben, wurden am 20. Mai 1631, Morgens um
7 Uhr schnell die Sturmleitern angelegt; die Soldaten erstiegen die
Mauern, schlugen die obcnstehenden Wächter zurück; alle Kanonen
wurden gelöst, die Thore.eingeschlagen, und ehe noch die Bürger
sich zum Widerstände sammeln konnten, waren Tilly's Truppen
Meister der Stadt. Falkenberg, der vom Rathhause herbeieilte,
wurde gleich auf der Straße erschossen. Immer heftiger ward die
Wuth der Stürmenden, als sie aus allen Häusern Widerstand fan-
den und Gasse für Gaffe einzeln einnehmen mußten. Wer auf der
Straße sich blicken ließ, wurde niedergestochen; wie hungrige Tiger
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Extrahierte Personennamen: Wohlleben Hochmuth Tilly Christian_Wilhelm Wilhelm Falkenberg Falkenberg
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brachen die Soldaten, besonders Pappenheim's wilde Wallonen, in
die Häuser- ein, durchsuchten jeden Winkel und verübten viele Gräuel.
Väter wurden vor den Augen der Kinder ermordet; Weiber wurden
in den Armen ihrer Männer erstochen, Kinder an den Wänden zer-
schmettert; Jungfrauen sprangen aus den Fenstern oder stürzten sich
in die Elbe. Um 10 Uhr sieng die Stadt an zu brennen, und das
Feuer trieb alle Einwohner auf die Straße, wo das Morden fort-
gesetzt wurde. Ein Sturmwind peitschte die Flammen nach allen
Richtungen hin; die Luft glühte und die Plünderer selbst mußten
sich eiligst auf die Wälle zurück ziehen. Nach 16 Stunden legte
sich der Brand; eine der ersten Städte Deutschlands lag in Asche,
nur der Dom, ein Kloster und einige Fischerhütten waren verschont
geblieben. Am dritten Tage hielt Tilly seinen Einzug. Als man
den Dom öffnete, fand man noch 1000 halbverhungerte Menschen
in demselben, Tilly ließ Brod unter sie austheilen und begnadigte
sogar die Prediger, welche das Volk während der Belagerung un-
ablässig zum Widerstände aufgehetzt hatten.
Es ist durchaus unwahr, daß Tilly das Morden und Brennen
gebilligt oder gar befohlen habe; dagegen spricht seine Gemüthsart
und sein Charakter. Auch suchte er bei der Plünderung Nichts für
sich, sondern nahm fliehende Waisen und schwache Greise in seinen
Schutz mit den schönen Worten: „Das sei meine Beute." Die
in der Stadt zerstreuten Soldaten waren in ihrer Wuth nicht mehr
zu zügeln, denn wer vermag den Tiger zu bändigen, wenn er einmal
Blut geschmeckt hat? Welche Macht vermag die entfesselte Leiden-
schaft zu bezwingen, die dem Meere gleicht, das die User durch-
brochen hat? Tilly mußte blos geschehen lassen, was er nicht hin-
dern konnte.
Nachdem dieser furchtbare Krieg eine Menge ähnlicher Schauer-
scenen, wenn auch in minder großem Maaßstabe, erzeugt hatte,
wurde endlich der von ganz Deutschland sehnlichst erwartete Friede
vermittelt, worüber man zuerst in Münster und später in Osna-'
brück unterhandelte, weßhalb derselbe der westphälische Friede ge-
nannt wird. Durch denselben wurde unter Anderem festgestellt, daß
die Protestanten gleiche Religionsübung und gleiche Rechte mit
den Katholiken erhalten und an Schweden die Insel Rügen
nebst einem Theil von Pommern abgetreten werden solle. Frank-
reich erhielt das Elsaß, und die Schweiz und die Nieder-
lande wurden als unabhängige Staaten erklärt.
54. Die Türken vor Wien (1683).
Um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts eroberten die Tür-
ken Constantinopel. Von hier ans suchten sie ihre Macht nach allen
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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136
Seiten hin zu erweitern und bedrohten besonders Deutschland. Schon
im Jahre 1529 war Sultan Soleimann, ein gewaltiger Krieger,
bis nach Wien vorgedrungen und hatte die Stadt hart bedrängt,'
allein an der geistigen Ueberlegenheit und Wachsamkeit des Herzogs
Philipp von Bayern, der mit einer Besatzung von nur 16,000
Mann Wien vertheidigte, scheiterte des Sultans Kriegsglüä. Nach-
dem er 30,000 seiner besten Krieger vor den Mauern der Stadt
verloren hatte, hob er die Belagerung auf, und Alles mit Feuer
und Schwert verwüstend, zog er sich nach Ungarn und von da in
sein Reich zurück.
In noch größere Bedrängniß wurde Wien versetzt, als die Tür-
ken den 14. Juli 1683 unter dem Großwessir Kara Mustapha
die Stadt abermals belagerten. Die Festungswerke waren in schlech-
tem Zustande; es fehlte an Mundvorrath, an Geschütz, und die Be-
satzung zählte blos 10,000 Mann, die jedoch unter ihrem wackern
Commandanten, Gras Rüdiger von Stahremberg muthig und
unverdrossen stritten. Als aber die Noth ans das Höchste gestiegen
war, eilten die Kurfürsten von Bayern und Sachsen, der König
von Polen und der Herzog von Lothringen mit einem Heere
von 84,000 Mann herbei, schlugen die Türken und eroberten ihr
Lager mit einer Menge von Schätzen und Kriegsbedürfnissen, wie
dies in den nachfolgenden Gedichten umständlicher erzählt wird.
55. Die Befreiung Wiens.
1683 den 13. Sept.
1. Ein Falke späht vom Felsennest so weit, so weit in's Land,
Er späht nach Ost und späht nach West, hinab, hinauf den Strand.
2. Der Falke ist Gras Stahremberg hoch auf dem Stephansthurm;
Doch Türken nur und Türken nur sieht nahen er zum Sturm.
3. Da rief im Zorn er kummervoll: „Die Noth, die klag'ich Gott.
„Daß ihr mich so verlassen habt, dem argen Feind zum Spott!
4. „Nun pflanz' ick auf den Stephansthurm die heil'ge Kreuzessahn',
„Ihr Sinken klag' den Christen all', daß wir dem Falle nah'n.
5. „Und stürzt die Fahn' vom Stephansthurm, dann stehe Gott uns bei!
„Dann decke sie als Leichentuch den Stahremberger frei."
6. Der Sultan rief dem Stahremberg: „„Bei Allah! hör' mein Wort,
„„Die Fahne stürzt vom Stephansthurm, den Halbmond pflanz'
ich dort.
7. „„Ich mache Wien zur Türkenstadt, Sankt Stephan zur Moschee,
„„Entreiß'das Kind der Mutterbruft, bring' Allen Leid undweh.""
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Philipp_von_Bayern Philipp Mustapha Stahremberg Stahremberg Stephan
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Wien Wien Ungarn Wien Sachsen Polen Lothringen Wiens Ost Stephansthurm Stahremberg
139
14. „Eure Väter, die Gefang'nen, mordete der Türke hier,
„Ihr, die liebsten aller Schätze, kommt, ihr Armen, kommt zu mir."
15. Als der Bischof dies gesprochen, milde und voll heil'ger Ruh':
Liefen froh dreihundert Kinder ihrem neuen Vater zu.
16. Und von dannen gieng der Bischof, der der Armuth sich vermählt,
Mit der-Beute, die er siegend aus den Schätzen sich erwählt.
Von nun an begann die Macht der Türken zu sinken. Treff-
liche Feldherrn, wie Herzog Carl von Lothringen, Max Ema-
nuel, Kurfürst von Bayern, vor Allen aber Oesterreichs großer
Held, Prinz Eugen von Snvoyen, führten die Christen von Sieg
zu Sieg. Schrecken kam über Constantinopel, als die Nachricht
einlief, daß der Kurfürst von Bayern das für unüberwindlich ge-
haltene Belgrad erstürmt habe, und Eugen's glorreiche Siege bei
Zeutha, bei Peterwardein und bei Belgrad belehrten die
stolzen Osmanen, daß die Zeit ihrer Herrschaft und Macht vor-
über sei.
57. Der spanische Erbfolgckrieg.
Glücklicherweise genoß Deutschland nach dem Abschlüsse des
westphälischen Friedens längere Jahre Ruhe, um sich von den Schreck-
nissen des Krieges erholen zu können. Allein auf einmal riß der
raubsüchtige König Ludwig Xiv. von Frankreich, mitten im Frie-
den, ' die Stadt Straßburg von Deutschland ab und verwüstete die
Gegenden der Rheinpfalz, um, wie er sagte, Frankreich durch
eine Wüste zu decken. Kaiser Leopold I. hatte zu gleicher Zeit
mit den Türken, die zum zweiten Mal Wien belagert hatten, blutige
Kämpfe und mußte daher den Franzosen die gemachten Eroberungen
größtentheils überlassen. Er schloß deshalb mit Ludwig einen 20jäh-
rigen Wassenstillstand, der indeß bald durch den spanischen Erb-
folgekrieg unterbrochen wurde.
Der König von Spanien, Karl Ii., war nämlich kinderlos ge-
storben und hatte aus Betreibung des ränkevollen französischen Kö-
nigs dessen Enkel Philipp zu seinem Nachfolger ernannt. Allein
Kaiser Leopold glaubte als Verwandter des verstorbenen Königs
gerechtere Ansprüche aus Spanien zu haben und machte diese sofort
auch geltend. Hiedurch entstand ein schwerer Krieg, in welchem
Bayern zu Frankreich hielt, wodurch der Kriegsschauplatz abermals
nach Deutschland verlegt wurde. Nach zwölfjährigem Kampfe wurde
endlich Friede geschlossen und bestimmt: daß Philipp Spanien be-
halten, dagegen aber Belgien, Mailand, Neapel und Sar-
dinien an Oesterreich abtreten solle.
f
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
TM Hauptwörter (200): [T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T150: [Maria König Theresia Kaiser Franz Karl Friedrich Joseph Frankreich Sohn]]
Extrahierte Personennamen: Carl_von_Lothringen Max_Ema- Max Eugen_von_Snvoyen Eugen Ludwig_Xiv Ludwig Leopold_I. Ludwig Ludwig Karl_Ii Karl Philipp Philipp Leopold Leopold Philipp_Spanien Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreichs Constantinopel Belgrad Zeutha Belgrad Deutschland Frankreich Deutschland Rheinpfalz Frankreich Wien Spanien Spanien Frankreich Deutschland Belgien Mailand Neapel Oesterreich
146
unmöglich zu machen. Mangel an Lebensmitteln nöthigten Napoleon
mitten im strengsten Winter zum Rückzüge, auf welchem durch Kälte,
Hunger und die Wuth der Feinde fast das ganze Heer um-
kam. Ganze Reihen der armen, ausgehungerten, schlechtbekleideten
Soldaten blieben in dem ungeheuren Schnee stecken und erfroren.
Von 500,000 Kriegern brachte Napoleon kaum 40,000 nach Deutsch-
land zurück.
Jetzt glaubten die lang unterdrückten Deutschen, daß es endlich
an der Zeit sei, das Joch des Allgewaltigen abzuwerfen. Preu-
ßens König erließ einen Aufruf an sein Volk, das der deutschen
Sache die großartigsten Opfer brachte; er verband sich mit Ruß-
land und Schweden, welchem Bündnisse später auch Oester-
reich und Bayern beitraten, und nach mehreren Kämpfen wurde
endlich Napoleon in der dreitägigen Schlacht bei Leipzig vollständig
besiegt.
62. Die Bchlacht bei Leipzig,
am 16., 18. und 19. Okt. 1813.
Ström' hin. o Blut, und tobt, o Tod,
Für's Vaterland! — — — _
Klopstock.
Die Heere zieh’n durch’s Thal,
Vom breiten Strom begrenzt;
Im hellen Sonnenstrahl
Gewehr und Rüstung glänzt.
Es zittert vom trabenden Hufschlag der Pferde
Und rollenden Rädern dumpftönend die Erde;
Und mächtig schallt
Das Machtwort: ,,Halt!“
Und eingewurzelt steh n die Legionen
Und die Kanonen.
Nun gestalten sich die Glieder;
Muthig Brüder!
Bald beginnt die Schlacht;
Traut der hohem Macht!
Seht, mit lautem Klange
Nah’n die Feinde,
Muthig Freunde!
Folgt des Herzens Feuerdrange!
In dem wilden Schlachtgemenge
Weitert sich des Herzens Enge.
Horch! — Schon brüllt die Kanone
Mit dumpfem Tone! —
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon Klopstock
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Blutiger wird das Gemenge;
Der Tod würgt strenge!
Verwundete sinken in Haufen nieder,
Winden sich schmerzlich, — erstehen nicht wieder.
Räder und Pferde zermalmen die Armen,
Helfe euch Gott, er hat Erbarmen! — —
Blutroth sinkt die Sonne nieder;
Rastlos mordet noch der Tod;
Würgt die Reihen auf und nieder;
Blutig glänzt das Abendroth.
Siehe, die gallischen Adler, sie sinken!
Feinde entfliehen zur Rechten und Linken!
Nach, ihr Brüder! nach —
Rächet Deutschlands Schmach!
Streckte so Manchen die Kugel nieder:
Vergeltet wieder! —
Nun zur Ruh vom heissen Morden!
Schon entschieden ist die Schlacht;
Lasst sie flieh'n, die Räuberhorden,
Ihre Schmach bedeckt die Nacht.
Und herab vom Sternenzelte
Blickt des blassen Mondes Licht
Auf die Gräu'l im Todtenfelde,
Aber Ruhe bringt er nicht.
Wohl euch, die ihr ausgerungen! —
Für der Deutschen höchstes Gut
Ist uns Kampf und Sieg gelungen,
Nicht vergebens floss das Blut.
Hülle ob der Schauer-Scene,
Hülle, Mond, dein Angesicht!
Rinne, du, des Mitleids Thräne!
Nein, du schmäh’st die Mannheit nicht!
Möcht der grosse Würger*) sehen,
Was mein nasser Blick jetzt sieht;
Möcht’ der Schauer ihn umwehen,
Der mich schwarz und kalt umzieht —
*) Napoleon.
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