Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
416
den Landsturm (s. Nr. 265). Jetzt vertrante der Staat seine Sicherheit und
sein Bestehen den eigenen Söhnen an, und der Name „Soldat" wurde ein
Ehrentitel.
So hat sich Preußen durch die Fürsorge seines Königs verjüngt, und
die Früchte dieses ausdauernden Strebens waren die herrlichen Siege der
Freiheitskriege, welche durch die Liebe zum König und Vaterland errungen
wurden. Nach W. Heinze.
*252. Siegesjubel.
An einem sonnigen Maientage des Jahres 1814 passierte die nach der
Niederlage von Jena durch die Franzosen geraubte, nunmehr von den siegreichen
Preußen aus Paris zurückgeholte „Viktoria" vom Brandenburger Thor in Berlin
auf ihrem Heimwege die damalige Laudesgrenze *) Preußens zwischen Barmen und
Schwelm. Fuhrleute aus der Normandie, also echte Franzosen, mußten den langen
Wagenzug von Paris bis nach Berlin geleiten. Unermeßlicher Jubel begrüßte
das herrliche, wiedergewonnene Sinnbild preußischer Ehre. „Der ganze Landsturm
— so berichtet die Zeitschrift „Hermann" vom 17. Mai 1814 — aus der Stadt
Hagen und ihrer Umgegend, die Behörden an der Spitze, zogen der Viktoria
bis an die Amtsgrenze entgegen; Flintenschüsse, Trommelwirbel, Freudengeschrei
des nach so langer Leidenszeit froh erwachten Volkes erfüllten die Luft. Der
Kreis Hagen, in welchem das eherne Bild der Göttin zuerst altpreußischen Boden
berührte, war" ja der nämliche Bezirk, der vor wenigen Monaten das von ihm
begehrte Laudwehrbataillon freiwillig gestellt hatte; seine Bewohner hatten des-
halb vor allen andern im Westen ein Recht, über die erkämpfte Befreiung zu
jubeln." Von Hagen aus, wo der Siegeswagen über Nacht blieb, ging der
Triumphzug am folgenden Tage weiter der fernen Hauptstadt entgegen, wo am
7. August 1814 bei dem feierlichen Siegeseinzuge des Königs Friedrich Wil-
helms Iii. und seiner tapferen Truppen die Viktoria ihre alte Ehrenstelle auf
dem Brandenburger Thore wieder einnahm.
Am 18. Juli erwartete man in Hagen den Kronprinzen auf der Durch-
reise nach Berlin. Die ganze meilenlange Häuserzeile der Enneperstraße**) war
mit Blumen, Lanbgewinden und Triumphbogen geschmückt; leider verzögerte sich
die Ankunft des Prinzen bis znm folgenden Tage. Doch statt seiner tauchte
urplötzlich vor der harrenden festlichen Menge einer auf, an den niemand gedacht
hatte — der alte Blücher. Der Jubel des sonst so ruhigen, ernsten Volkes,
das so ganz unerwartet den weltberühmten Feldherrn, den Helden von der Katz-
bach und den Sieger von Leipzig vor sich sah, spottet jeder Beschreibung.
Blücher, der als „Fürst von Wahlstatt" aus Paris und London zurückkehrte,
war schon seit langen Jahren eine echt volkstümliche Persönlichkeit in Westfalen,
wo er bis 1806 in Münster und Hamm als kommandierender General gelebt hatte
([. Nr. 202). Vornehm und gering erzählte sich von seinen kühnen Reiterstücken
und urwüchsigen Redensarten, nicht minder von seiner Schlauheit, Geradheit,
Grobheit und Ehrlichkeit. In Emmerich hatte er bei der großen Überschwemmung
am 9 Nov. 1800 durch eigene Hingebung einer ganzen Schifferfamilie das
*) Das frühere Herzogtum Berg, welches im Kleveschen Erbfolgestreit nebst Jülich an
Pfalz-Neuburg fiel, wurde 1806 an Frankreich abgetreten, worauf Napoleon I das vergrößerte
Grobherzogtum Berg erst feinem Schwager, dann seinem Neffen verlieh. 1815 kam das Land
an Preußen.
**) Das Thal der Ennepe mündet in das Thal der Volme, eines linken Nebenflusses
der Ruhr; es hat zahlreiche Eisenhämmer und Fabriken.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn]]
TM Hauptwörter (200): [T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T170: [Schlacht Leipzig Franzose Preußen Napoleon Heer Herzog Ferdinand Jena Braunschweig], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke]]
Extrahierte Personennamen: W._Heinze Hagen Hagen Hagen August Friedrich_Wil- Friedrich Hagen Emmerich Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Jena Paris Berlin Barmen Schwelm Paris Berlin Hagen Viktoria Hagen Viktoria Hagen Berlin Leipzig Paris London Westfalen Hamm Frankreich
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
417
Leben gerettet. Solches Verhalten und sein Haß gegen alle „Federfuchser und
Tintenklexer" hatte ihn überall im Volke beliebt gemacht. Jetzt kam nach sechs
kummervollen und einem großen Ruhmesjahre dieser nämliche Mann als unver-
wüstlicher „Marschall Vorwärts", als Überwinder des großen Napoleon, als
erster Befreier des Vaterlandes durch die Enneperstraße. Schon in Barmen,
damals noch in fremdem Lande, hatte das Volk ihm die Pferde ausgespannt und
seinen Wagen über die preußische Grenze gezogen. Der alte Held ließ sich
alles in bester Laune gefallen — die Engländer hatten es jüngst noch toller mit
ihm getrieben! — In Hagen empfingen ihn weißgekleidete Jungfrauen, und er
empfing Lorbeerkranz und Ehrcnwein, begrüßte das über seine einfache, stramme
und doch ehrwürdige Erscheinung entzückte Volk immer aufs neue und setzte
nach einem guten Frühstück seinen Weg nach Osten fort. Niemand, am wenigsten
der alte Held selbst, der am Ende seiner ruhmreichen Laufbahn zu stehen glaubte,
ahnte an jenem Tage, daß noch vor Ablauf eines Jahres der alte Blücher
durch die Tapferkeit und Geistesgegenwart der ihn damals nmjubelnden märkischen
Wehrmänner vor französischer Gefangenschaft*) bewahrt werden würde.
Nach Louis Berger.
*253. Der deutsche Zollverein.
In dem halben Jahrhundert zwischen Waterloo und Königgrätz ist die
Gründung und Entwickelung des Zollvereins das segensreichste und größte Er-
eignis deutscher Geschichte. Der badische Staatsmann Nebenius (1784—1857),
der Schwabe Friedrich List (1789—1846), Deutschlands großer Volkswirt,
und der preußische König Friedrich Wilhelm Iii. haben sich um das Zu-
standekommen dieses Vorläufers der deutschen Einheit das Hauptverdienst erworben.
Im Jahre 1819 trat der „deutsche Handels- und Gewerbeverein" ins
Leben, dessen Geschäftsführer Friedrich List wurde. Damals lag die gesamte
deutsche Gewerbethätigkeit schwer darnieder. England, dessen hoch entwickelte
Industrie während der Kontinentalsperre eine geringere Ausfuhr als früher ge-
habt hatte, warf die Unmassen der dadurch hervorgerufenen Überproduktion zu
Schleuderpreisen auf den deutschen Markt. Aber während man den fremden
Waren freie Einfuhr gewährte, sperrten sich die einzelnen deutschen Staaten
durch Schlagbäume voneinander ab und lähmten so den Verkehr in der wider-
sinnigsten Weise. Über dem ganzen Reiche lag ein buntes Netz von Zollgrenzen,
und überall waren die Grenzabgaben verschieden.
Diesem verworrenen Zustande mußte ein Ende gemacht werden, sollte
nicht der Rest des deutschen Handwerks und der deutschen Industrie zu Grunde
gehen. Der „deutsche Handels- und Gewerbeverein" setzte sich als Ziel, die
Aufhebung aller inneren Zollschranken zu erwirken und durch Herstellung eines
für sämtliche deutsche Staaten gütigen Zollgesetzes Handel und Gewerbe wieder
aufzurichten. Damit schloß er sich den Bestrebungen an, die bereits durch eine
Versammlung von Fabrikanten und Kaufleuten im Jahre 1816 in Leipzig an-
gebahnt waren. List war das treibende Rad der sich entwickelnden Bewegung.
Zunächst entwarf er eine Denkschrift, die im Jahre 1819 dem deutschen Bundes-
tag überreicht wurde. „In Deutschland lähmen 38 Zolllinien," so führte er
aus, „den Verkehr im Innern und bringen ungefähr dieselbe Wirkung hervor,
als wenn jedes Glied des menschlichen Körpers unterbunden würde, damit das
*) Dies geschah in der Schlacht bei Ligny am 16. Juni 1815, in welcher der von
der Insel Elba zurückgekehrte Napoleon I. Blücher besiegte, während er am 18. Juni bei
Belle-Alliance geschlagen wurde.
Heinecke, Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen.
27
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Hagen Louis_Berger Nebenius Friedrich Friedrich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_List Friedrich Napoleon_I. Blücher Heinecke
Extrahierte Ortsnamen: Barmen Hagen Deutschlands England Leipzig Deutschland Elba
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
312
/
mit Österreich zur Anerkennung zu bringen. Nachdem er von April 1859
bis zum Frühjahr 1862 als Gesandter in Petersburg und sodann kurze
Zeit als Botschafter in Paris thätig gewesen war, berief ihn der König
Wilhelm I. im September 1862 an die Spitze des Ministeriums. Jetzt
kamen schwere Jahre für ihn, da die Mehrheit der Abgeordneten die zur
Durchführung der vom Könige geplanten Umgestaltung des Heeres erforder-
lichen Geldmittel verweigerte, und alle Anstrengungen Bismarcks, eine
Verständigung zwischen Regierung und Volksvertretung zustande zu bringen,
ohne Erfolg blieben. Die trüben Tage aber währten nicht lange, denn
nach den glänzenden Erfolgen seiner ebenso kühnen wie besonnenen Politik
in oen beiden Kriegen von 1864 und 1866 erntete er, was er früher mit
eiserner Beharrlichkeit gesäet hatte, er wurde zum volkstümlichsten Mann
in Deutschland. Als die Kriegserklärung Frankreichs im Jahre 1870
den Norden und Süden Deutschlands einigte, als nach jenen unvergleich-
lichen Waffenerfolgen Elsaß und Lothringen an Deutschland zurückfielen,
dem sie einst in der Zeit seiner Ohnmacht entrissen worden waren, als
das neue Deutsche Reick) hergestellt wurde, da ward er vom Kaiser Wilhelm
als deutscher Reichskanzler an die Spitze der Regierung gestellt, und die
Gnade seines Königs erhob ihn in den Fürstenstand. Seitdem hat das
Deutsche Reich sich über zwei Jahrzehnte eines ungestörten Friedens zu
erfreuen gehabt; es ist der bewunderungswürdigen Geschicklichkeit des
Reichskanzlers sogar gelungen, Österreich die schmerzliche Erinnerung an
Königgrätz vergessen zu lassen und zwischen Deutschland, Österreich und
Italien ein Bündnis zustande zu bringen, das wohl stark genug ist, mut-
willigen Ruhestörern in Europa mit Gewalt ihr Handwerk zu legen.
Es kann an dieser Stelle die Riesenarbeit nicht dargestellt werden,
welche Fürst Bismarck in langer angestrengter Thätigkeit als des Kaisers
pflichtgetreuester „erster Diener" für die Unabhängigkeit, Einheit, Freiheit
und den inneren Ausbau des Deutschen Reiches geschaffen hat; das deutsche
Volk aber wird in ihn: allezeit einen seiner größten Männer verehren,
der Glicht nur als Staatsmann durch ein außergewöhnliches praktisches
Geschick, rascheste Geistesgegenwart, durchdringende Schärfe des Verstandes,
trefflichste Menschenkenntnis, gewaltige Redegabe, strenge Unterordnung
unter die Ziele seines Kaisers, sondern and; als Mensch durch die Tiefe
seines Geniüts, offene männliche Geradheit, echte Frömmigkeit, köstlichen
Humor und höchste Liebenswürdigkeit im Privatleben ausgezeichnet ist.
2. Was Bismarck dem Staatswesen, das war der Feldmarschall, Graf
Hellmut von Moltke dem Heer. Wie Stein, Scharnhorst und Gneisenan
hat ihn das weitere deutsche Vaterland dein engeren Kreise Preußens
zugebracht. Geboren am 26. Oktober 1800 zu Parchim in Mecklenburg,
hatte er zu Kopenhagen im Kadettenhanse seine Jngendbildnng empfangen,
war aber dann (wie einst Blücher aus dem schwedischen Dienst) 1822 aus
dem dänischen in den preußischer! Kriegsdienst übergetreten, hatte die
Kriegsakademie in Berlin besucht und war dann als Lieutenant irr ein
Infanterie-Regiment eingetreten. In den folgenden Jahren lebte er sehr
eingezogen und beschäftigte sich aufs ernstlichste mit den Militärwissenschaften,
der Geschichte und den neueren Sprachen. Die Thätigkeit int großen
Generalstabe, in den er 1832 berufen ward, eröffnete ihm weitere Bahnen.
So konnte er 1835—1839 die europäische und asiatische Türkei bereisen
und seine hier gesammelten Erfahrungen in kriegswissenschaftlichen Arbeiten
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Wilhelm Fürst_Bismarck Graf
Hellmut_von_Moltke
Extrahierte Ortsnamen: Petersburg Paris Bismarcks Deutschland Frankreichs Deutschlands Lothringen Deutschland Deutschland Italien Europa Parchim Mecklenburg Berlin
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
313
niederlegen, die sich durch ihre treffliche Darstellung und frische Anschanlich-
keit auszeichneten. Von einer bedeutenden Stellung zur andern steigend,
wurde er 1858 Chef des großen Generalstabes. In dieser Stellung hatte
er Gelegenheit, sich auch durch staatsmännische Gewandtheit auszuzeichnen.
In: Jahre 1864 ward ihm die Leitung des Generalstabes der gegen die
Dänen vorgehenden Armee übertragen, und eine noch größere Aufgabe
wurde ihm zu teil, als es den Kampf gegen Österreich galt. Hier fand
er Gelegenheit, seine Meisterschaft in der Entwerfnng eines Feldzugsplanes
zu entfalten. Das genaue Ineinandergreifen aller Teile der großen
Maschine, mit der man eine gewaltige Heereskraft vergleichen kann, das
von verschiedenen Punkten ausgehende, gleichmäßige Zusammenwirken aller
Kräfte zum siegreichen Ausgange hin war sein Werk. Für das Geschenk,
welches das dankbare Vaterland dem trefflichen Feldherrn darbrachte, kaufte
er das Gut Creisau bei Schweidnitz in Schlesien. — Alles, was Moltke
bis 1866 Großes gethan, war jedoch nur ein Vorspiel von dem, was er
noch vollbringer: sollte. Aber er war auch den höchsten und schwierigsten
Aufgaben gewachsen; denn seine kühle, ruhige Besonnenheit, seine Fähig-
keit, das Große und Notwendige in einfachen Grundzügen mitten in der
verwirrenden Menge der Einzelerscheinungen zu ergreifen, die sonnenklare
Ruhe, die Feinheit, Hoheit und Gelassenheit seines Wesens, das ernste
Wägen vor dem kühnsten Wagen ließen ihn stets thun, was im gegebene::
Falle das Zweckmäßige war. So waren denn auch die in der Geschichte
unerhörten Erfolge auf den Schlachtgefilden Frankreichs derart, daß die
staunende Welt sie kaum zu begreifen vermochte. Sein dankbarer Kaiser
überhäufte ihn mit großen Ehren und die ersten Städte Deutschlands
wetteiferten, den großen und dabei doch so schlichten und bescheidenen
Mann zu ihrem Ehrenbürger zu ernennen. Wohl kamen nun friedliche
Jahre für Deutschland, aber der greise Feldnmrschall leitete unter der
Beihilfe des Grafen v. Waldersee mit demselben rastlosen Fleiße wie
früher die Geschäfte des Generalstabes, bis er in: Jahre 1888 Kaiser-
Wilhelm Ii. bat, ihn in den Ruhestand zu versetzen. Doch der Kaiser,
der den vielbewährten Rat seines Feldherrn nicht missen mochte, entbürdete
ihn nur des größten Teiles seiner Arbeitslast, indem er ihn zun: Vorsitzenden
der Landesverteidigungs-Kommission ernannte.
Graf Moltke ist, wie sein großer Kaiser, dessen Heerführer er war,
in: 91. Lebensjahre verschieden. Mit ihm ist einer der größten Helden
aller Zeiten, insbesondere dieses Jahrhunderts und der Zeit der Wieder-
geburt Deutschlands zu Grabe getragen. Ungetrübt wird sein Bild in
der Geschichte :vie in dem Herzen des deutschen Volkes bis in die fernsten
Zeiten strahlen, und so lange es ein preußisches und ein deutsches Heer
giebt, wird das Andenken an diesen größten seiner Heerführer nicht
verlöschen.
3. Gleich ihm durch eine lange, ernste Lebensschule zu den höchste::
Aufgaben vorbereitet, war der dritte in diesen: Bunde, der Kriegsminister
Graf Albrecht von Roon. Derselbe wurde am 30. April 1803 zu Pleus-
hagen bei Kolberg als der Sohn eines Rittergutsbesitzers geboren. Seine
umfassenden Studien, sowie seine dienstliche Wirksamkeit hatten ihn die
Schäden der damaligen preußischen Heereseinrichtnng erkennen lassen.
Bald hatte ihn auch seines Königs Blick ans vielen als den Berufensten
heraus erkannt, seinen Gedanken, die Umgestaltung des Heeres, dnrchzn-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm Albrecht_von_Roon Albrecht
Extrahierte Ortsnamen: Schweidnitz Schlesien Frankreichs Deutschlands Deutschland Deutschlands Kolberg
5. Königin Luise von Preußen.
281
bewährt befunden worden bis zum Todes denn erst im Leiden zeigte sich
die volle Größe ihres Charakters. Es brach der Krieg mit Frankreich
aus. Nach dem unglücklichen Ausgange der Schlachten bei Jena und
Auerstädt im Jahre 1806 mußte sie mit ihren Kindern Berlin verlassen
und in die äußerste Provinz ihres Reiches, nach Ostpreußen sliehen. Sie
empfand schwer das Unglück ihres Volkes. Unaufhaltsam entströmten
auf dieser Reife Thränen ihren Augen, und zu ihren Söhnen sprach sie:
„Ich beweine den Untergang unseres Hauses und den Verlust des
Ruhmes, mit dem eure Ahnen das Königreich geschmückt haben. Ruft
küuftig, wenn eure Mutter nicht mehr lebt, diese Stunde eurem An-
denken zurück! Weint meinem Andenken eine Thräne; aber begnügt
euch nicht mit Thränen, handelt! Befreit euer Volk aus der Er-
niedrigung, in welcher es fetzt schmachtet."
Als die Schlacht bei Friedland Preußens Schicksal entschieden hatte,
mußte sie nach Memel sliehen und machte sich bereit, ihr Reich zu ver-
lassen. Damals schrieb sie ihrem Vater: „Das wird Kraft erfordern;
aber ich richte meine Blicke zum Himmel, von wo alles Gute und Böse
kommt, und mein fester Glaube ist, er schickt nicht mehr, als wir ertragen
können". Da der König und feine Generale hofften, durch eine Zu-
sammenkunft der Königin mit Napoleon könnten sich die Friedens-
bedingungen günstiger gestalten, so entschloß sie sich auch zu diesem
Opfer. Große Überwindung kostete es ihr, dem Feinde ihres Hauses
freundlich entgegen zu treten. Der Kaiser, der die Gelegenheit benutzen
wollte, um die Königin zu demütigen, begegnete ihr anfänglich mit Spott
und spielte, während er mit ihr sprach, nachlässig mit seiner Reitgerte.
Vor dem erhabenen Blick und Wesen der „Fürstin der Fürstinnen", wie
sie oft genannt wurde, verschwand sein Spott. Doch erreichte die Königin
nicht ihren Zweck; die Demütigung war vergebens gewesen. In Tilsit
wurde 1807 der Friede geschlossen, und Preußen wurde nicht allein um
die Hälfte verkleinert, sondern mußte sich auch verpflichten, ungeheure
Geldsummen an Frankreich zu zahlen. Das Königspaar sing bei sich
selbst an, die größten Ersparnisse zu machen; es schränkte sich aufs
äußerste ein, und in manchem bürgerlichen Hause wurde besser gegessen
als bei Hofe.
Wie unerschütterlich auch in der schwersten Prüfungszeit das eheliche
Glück des hohen Vaares war, erhellt aus folgender Stelle eines Briefes,
welchen Luise im Jahre 1809 au ihren Vater schrieb:
„Gern werden Sie, lieber Vater, hören, daß das Unglück, welches
uns getroffen, in unser eheliches und häusliches Leben nicht eingedrungen
ist, vielmehr dasselbe befestigt und uns noch werter gemacht hat. Der
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Jena Berlin Friedland Tilsit Frankreich
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
326
Poleon die Schlacht gewonnen, befiehlt in der Stadt Victoria zu läuten,
sendet Siegesboten an seinen Vasallen König Friedrich August, der in
Leipzig der Entscheidung harrt. „Noch dreht sich die Welt um uns!"
ruft er frohlockend aus. Ein letzter zerschmetternder Angriff der gesamten
Reiterei soll das Zentrum durchbrechen. Noch einmal dröhnt die Erde
von dem Feuer der 300 Geschütze, dann rasen 9000 Reiter in geschlossener
Masse über das Blachfeld dahin, ein undurchdringliches Dickicht von Rossen,
Helmen, Lanzen und Schwertern. Da kommen die österreichischen Reserven
aus der Aue heran, und während die Reitermaffen, atemlos von dem
tollen Ritt, allmählich zurückgedrängt werden, setzen sich die Verbündeten
nochmals in den verlorenen Dörfern fest, und am Abend behaupten sie
fast wieder dieselbe Stellung wie am Morgen. Schwarzenbergs Angriff
war gescheitert, doch der Sieger hatte nicht einmal den Besitz des Schlacht-
feldes gewonnen.
Trat Napoleon jetzt den Rückzug an, so konnte er sein Heer in
guter Ordnung zum Rheine führen; denn die schlesische Armee, die einzige
Siegerin des ersten Schlachttages, stand von der Frankfurter Sttaße noch
weit entfernt und war überdies schwer erschöpft von dem Verlustteichen
Kampfe. Aber der Liebling des Glücks vermochte das Unglück nicht zu
erttagen. Sein Hochmut wollte sich den ganzen Ernst der Lage nicht
eingestehen, wollte nicht lassen von unmöglichen Hoffnungen. Der Impe-
rator tat das Verderblichste, was er wählen konnte, versuchte durch den
gefangenen Merveldt Unterhandlungen mit seinem Schwiegervater anzu-
knüpfen und gewährte also den Verbündeten die Frist, ihre gesammelten
Sttcitmasfen heranzuziehen. Am 17. Oktober ruhten die Waffen; nur
Blücher konnte sich die Lust des Kampfes nicht versagen und drängte die
Franzosen bis dicht an die Nordseite der Stadt zurück.
n.
Am 18 ten früh hatte Napoleon seine Armee näher an Leipzig
herangenommen, ihr Halbkreis war nur noch etwa eine Stunde von den
Toren der Stadt entfernt. Gegen diese 160000 Mann rückten 255000
Verbündete heran. Mehr als einen geordneten Rückzug konnte der Kaiser
nicht mehr erkänrpfen; er aber hoffte noch auf Sieg, wies den Gedanken
an eine Niederlage gewaltsam von sich, versäumte alles, was den schwie-
rigen Rückmarsch über die Elster erleichtern konnte.
Die Natur der Dinge führte endlich den Ansgang herbei, welchen
Gneisenaus Scharfblick von vornherein als den einzig möglichen ange-
sehen hatte: die Entscheidung fiel auf dem rechten Flügel der Verbün-
deten. Napoleon übersah von der Höhe des Thonbergs, wie die Öster-
reicher auf dem linken Flügel der Alliierten abermals mit geringerem
Glück den Kanrpf um die Dörfer an der Pleiße eröffneten, wie dann das
Zentrum der Verbündeten über das Schlachtfeld von Wachau herankam.
Es waren die kampferprobten Scharen Kleists und des Prinzen Eugen;
über die unbestatteten Leichen der zwei Tage zuvor gefallenen Kameraden
ging der Heerzug hinweg. Vor der Froni der Angreifer lagen langhin-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_August Friedrich August Napoleon Ernst Napoleon Napoleon Eugen
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
327
gestreckt die hoben Lehmmauern von Probstheida, auf beiden Seiten durch
Geschütze gedeckt — der Schlüssel des französischen Centrums. Unter
dem Kreuzfeuer der Batterien begann der Angriff, ein sechsmal wieder-
holtes Stürmen über das offene Feld, doch zuletzt behauptete sich Napo-
leons Garde in dem Dorfe, und auch Stötteritz nebenan blieb nach
wiederholtem Sturm und mörderischem Häuserkampf in den Händen der
Franzosen. Unmittelbar unter den Augen des Imperators ward auch
heute den Verbündeten kein entscheidender Erfolg, obgleich sie dicht an
den Schlüsselpunkt feiner Stellung hcrangelangten. Indessen rückte auf
ihrem rechten Flügel das Nordheer in die Schlachtlinie ein, füllte die
Lücke, welche die böhmische Armee von der schlesischen trennte, schloß
den großen Schlachtenring, der die Franzosen umfaßte. Es hatte
Mühe genug gekostet, bis Bernadotte, der am 17 ten endlich bei
Breitenfeld aus der alten Stätte schwedischen Waffenruhmcs angelangt
war, zur thätigen Teilnahme beredet wurde; um den Bedachtsamen
nur in den Kampf hineinzureißen, hatte Blücher seiner eignen That-
kraft das schwerste Opfer zugemutet, 30 000 Mann seines Heeres an
die Nordarmee abgetreten und damit selber auf den Ruhm eines neuen
Sieges verzichtet. Einmal entschlossen, zeigte Bernadotte die Umsicht
des bewährten Feldherrn. Während Langerons Russen auf der äußersten
Rechten der Angriffslinie durch wiederholten Sturm den Feind aus
Schönefeld zu verdrängen suchten, traf die Hauptmasse der Nordarmee
am Nachmittag auf der Ostseite von Leipzig ein. Bülow führte
das Vordcrtreffen und schlug das Korps Rehmers aus Paunsdorf
hinaus.
So stießen die alten Feinde von Großbeeren abermals aufeinander;
doch wie war seitdem die Stimmung in den sächsischen Regimentern um-
geschlagen I Wunderbar lange hatte die ungeheure Macht des deutschen
Fahneneides die Truppen des Rheinbundes bei ihrer Soldatenpflicht fest-
gehalten ; außer einigen vereinzelten Bataillonen waren bisher nur zwei
westfälische Reiterregimenter zu den Verbündeten übergegangen. Mit dem
Glücke schwand auch das Selbstgefühl der Napoleonischen Bundesgenossen;
sie begannen sich des Krieges gegen Deutschland zu schämen, sie empfanden
nach, was ihr Landsmann Rückcrt ihnen zurief:
Ein Adler kann vielleicht noch Ruhm erfechten,
doch sicher ihr, sein Naubgefolg, ihr Raben
erfechtet Schmach bei kommenden Geschlechten!
Die Sachsen fühlten sich zudem in ihrer militärischen Ehre gekränkt durch
die Lügen der Napolconischen Kriegsberichte; sie sahen mit Unmut, wie
ihre Heimat ausgeplündert, ihr König von Ort zu Ort hinter dem Pro-
tektor hergeschleppt wurde; und sollten sie mit nach Frankreich entweichen,
wenn Napoleon die Schlacht verlor und Sachsen ganz in die Gewalt
der Verbündeten fiel? Selbst die Franzosen empfanden Mitleid mit der
unnatürlichen Lage dieser Bundesgenossen; Reynier hatte bereits den
Abmarsch der Sachsen nach Torgau augeordnet, als das Anrücken der
Nordarmee die Ausführung des wohlgemeinten Besehles verhinderte. In
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
TM Hauptwörter (200): [T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff]]
Extrahierte Personennamen: Bernadotte Bernadotte Bülow Napoleon Reynier
Extrahierte Ortsnamen: Probstheida Breitenfeld Leipzig Rheinbundes Deutschland Sachsen Frankreich Sachsen Sachsen Torgau
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
329
fast durchweg Franzosen, aus der Schlacht retten. Die Deckung des
Rückzuges, die Verteidigung der Stadt überließ er seinen Vasallen, den
Rheinbündnern, Polen und Italienern; mochten sie noch einmal für ihn
bluten, dem Kaiserreiche waren sie doch verloren.
So mußte denn am 19ten der Kampf um den Besitz der Sradt
selber von neuem begonnen werden. Während Blücher im Norden seine
Russen gegen das Gerbertor führt und dort zuerst von den Kosaken
mit dem Ehrennamen Marschall Vorwärts begrüßt wird, bricht Bülows
Korps aus den Kohlgärten gegen die Ostseite der Stadt auf, Borstells
Brigade dringt in den Park der Milchinsel, Friccius mit der ostpreußischen
Landwehr erstürmt das Grimmaische Tor. Noch stehen die Regimenter
des Rheinbundes dicht gedrängt auf dem alten Markte, da ertönen schon
die Flügelhörner der pommerschen Füsiliere die Grimmaische Straße
herunter, dazwischen hinein der donnernde Ruf: Hoch Friedrich Wilhelm!
Bald blitzen die Bajonette, lärmen die Trommeln und gellen die Quer-
pfeifen auch in den andern engen Gassen, die nahe bei dem Rathause
münden. Alles strömt zum Marktplatze; die Sieger von der Katzbach,
von Kulm und Dennewitz feiern hier in Gegenwart der gefangenen Feinde
jubelnd ihr Wiedersehen. Neue stürmische Freudenrufe, als der Zar und
der König selber einleiten; selbst die Rheinbündler stimmen mit ein; alle
fühlen, wie aus Schmach und Greuel der junge Tag des neuen Deutsch-
land leuchtend emporsteigt. Mit naiver Freude wie ein Held des Alter-
tums schreibt Gneisenau die Siegesbotschaft den entfernten Freunden in
allen Ecken des Vaterlandes: „Wir haben die Nationalrache in langen
Zügen genossen. Wir sind arm geworden, aber reich an kriegerischem
Ruhme und stolz auf die wiedererrungene Unabhängigkeit."
Dreißigtausend Gefangene fielen den Siegern in die Hände. Die
Umzingelung der Stadt von den Auen her war bereits nahezu vollendet,
als die Elsterbrücke an der Frankfurter Landstraße in die Luft gesprengt
und damit den wenigen, die sich vielleicht noch retten konnten, der letzte
Ausweg versperrt wurde.
Ein ganzes Heer, an hunderttausend Mann, lag tot oder ver-
wundet. Was vermochte die Kunst der Ärzte gegen solches Übermaß
des Jammers? Das Medizinalwesen der Heere war überall noch nicht
weit über die Weisheit der Feldscherer des großen Friedrich hinaus-
gekommen, und über der wackeren, gutherzigen Leipziger Bürger-
schaft lag noch der Schlummergeist des alten kursächsischen Lebens; sie
verstand nicht, rechtzeitig Hand anzulegen. Tagelang blieben die Leichen
der preußischen Krieger im Hofe der Bürgerschule am Wall unbeerdigr,
von Raben und Hunden benagt; in den Konzertsälen des Gewandhauses
lagen Tote, Wunde, Kranke auf faulem Stroh beisammen, ein verpestender
Brodem erfüllte den scheußlichen Pferch, ein Strom von zähem Kot sickerte
langsam die Treppen hinab. Draußen auf dem Schlachtfelde hielten die
Raben ihren Schmaus; es währte lange, bis die entflohenen Bauern in
die verwüsteten Dörfer heimkehrten und die Leichen in großen Massen-
gräbern verscharrten. Unter solchem Elend nahm dies Zeitalter der
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf]]
TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff]]
Extrahierte Personennamen: Bülows Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Gneisenau Friedrich Friedrich
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
328
der Gegend von Paunsdorf und Sellerhausen schlossen sich etwa 3000
Mann der sächsischen Truppen an die Nordarmee an, mit ihnen eine
Reiterschar aus Schwaben. Die Preußen und Russen nahmen die Flüch-
tigen mit Freuden auf; nur den Württembergischen General Normann,
der einst bei Kitzen die Lützower verräterisch überfallen hatte, wies Gneisenau
mit verächtlichen Worten zurück. Friedrich Wilhelms Ehrlichkeit aber hielt
den Vorwurf nicht zurück: wie viel edles Blut die Sachsen dem Vater-
land ersparen konnten, wenn sie ihren Entschluß früher, vor der Ent-
scheidung, faßten! Der traurige Zwischenfall blieb ohne jeden Einfluß ans
den Ausgang der Völkerschlacht, aber es war doch wieder die Einsicht
erwacht, daß auch nach dem Untergange des alten Reiches die Deutschen
noch ein Vaterland besaßen und ihm verbunden waren durch heilige
Pflichten.
Gegen 5 Uhr vereinigte Bülow sein ganzes Korps zu einem ge-
meinsamen Angriff, erstürmte Sellerhausen und Stünz, drang am Abend
bis in die Kohlgärten vor, dicht an die östlichen Tore der Stadt. Da,
als auch Langeron aus der Rechten das hart umkämpfte Schönefeld
endlich genommen hatte und ebenfalls gegen die Kohlgärten heran-
drängte, war Ney mit dem linken Flügel der Franzosen auf seiner
ganzen Linie geschlagen. Durch diese Niederlage war Napoleons Stellung
im Zentrum unhaltbar. Noch am Abend befahl er den Rückzug des ge-
samten Heeres. Nun wälzten sich die dichten Massen der geschlagenen
Armee durch drei Tore zugleich in die Stadt hinein, um dann allesamt
in entsetzlicher Verwirrung auf der Frankfurter Straße sich zu vereinigen.
Die Hunderttausende, die beim Feuerscheine von zwölf brennenden Dörfern
auf dem teuer erkauften Schlachtfelde lagerten, empfanden tief erschüttert
den heiligen Ernst des Tages; unwillkürlich stimmten die Russen eines
ihrer frommen Lieder an, und bald klangen überall, in allen Zungen der
Völker Europas, die Dankgesänge zum Himmel auf. Die Sieger beugten
sich unter Gottes gewaltige Hand; recht aus dem Herzen der frommen
bewegten Zeit heraus sang der deutsche Dichter:
O Tag des Sieges, Tag des Herrn,
wie feurig schien dein Morgenstern!
Iii.
Nur der Feldherr, der von amtswegen als der Besieger Napoleons
gefeiert wurde, vermochte die Größe des Erfolges nicht zu fassen. Schwarzen-
berg weigerte sich, die noch ganz unberührten russischen und preußischen
Garden zur Verfolgung auszusenden — nicht aus Arglist, wie manche
der grollenden Preußen annahmen, sondern weil sein Kleinmut die Ge-
schlagenen nicht zur Verzweiflung treiben wollte. Blücher hatte den Tag
über wegen des verspäteten Eintreffens der Nordarmee sein kleines Heer
zusammenhalten müssen, um einen Ausfall in der Richtung auf Torgan,
den man noch immer befürchtete, zurückweisen zu können; darum ward
Jork erst am Abend auf dem weiten Umwege über Merseburg dem
fliehenden Feinde nachgesendet. Also konnte Napoleon noch 90000 Mann,
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: Normann Gneisenau Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Ney Napoleons Ernst Napoleons Blücher Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Schwaben Sachsen Napoleons Europas Merseburg
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
339
an: » N’ayant pas pu mourir à la tête de mes troupes, je dépose mon
épée à Votre Majesté«*), alles weitere mir anheimstellend.
Meine Antwort war, daß ich die Art unserer Begegnung beklage
und um Sendung eines Bevollmächtigten ersuche, mit dem die Kapitulation
abzuschließen sei. Nachdem ich dem General Reille den Brief übergeben
hatte, sprach ich einige Worte mit ihm als altem Bekannten, und so
endigte dieser Akt. — Ich bevollmächtigte Moltke zum Unterhändler und
gab Bismarck auf, zurückzubleiben, falls politische Fragen zur Sprache
kämen, ritt dann zu meinem Wagen und fuhr hierher, auf der Straße
überall von stürmischen Hurras der heranziehenden Trains begrüßt, die
überall die Volkshymne anstimmten. Es war ergreifend! Alles hatte
Iichter angezündet, so daß man zeitweise in einer improvisierten Illumi-
nation fuhr. Um 11 Uhr war ich hier und ttank mit meiner Umgebung
auf das Wohl der Armee, die solches Ereignis erkämpfte.
Da ich am Morgen des 2. noch keine Meldung von Moltke über
die Kapitulationsverhandlungen erhalten hatte, die in Donchery stattfinden
sollten, so fuhr ich verabredetermaßen nach dem Schlachtfeld um 8 Uhr
früh und begegnete Moltke, der mir entgegenkam, um meine Einwilligung
zur vorgeschlagenen Kapitulation zu erhalten, und mir anzeigte, daß der
Kaiser früh 5 Uhr Sedan verlassen habe und auch nach Donchery gekommen
sei. Da derselbe mich zu sprechen wünschte und sich in der Nähe ein
Schlößchen mit Park befand, so wählte ich dies zu unserer Begegnung.
Um 10 Uhr kam ich auf der Höhe vor Sedan an: um 12 Uhr erschienen
Moltke und Bismarck mit der vollzogenen Kapitulationsurkunde; um
1 Uhr setzte ich mich mit Fritz in Bewegung, von der Kavallerie-Stabs-
wache begleitet. Ich stieg vor dem Schlößchen ab, wo der Kaiser mir
entgegenkam. Der Besuch währte eine Viertelstunde; wir waren beide
sehr bewegt über dieses Wiedersehen. — Was ich alles enrpfand, nachdem
ich vor drei Jahren Napoleon auf dem Gipfel seiner Macht gesehen hatte,
kann ich nicht beschreiben.
Nach dieser Begegnung berüt ich von 1/2 3 bis V2 8 Uhr die ganze
Armee vor Sedan. Der Empfang der Truppen, das Wiedersehen des
dezimierten Gardekorps, das alles kann ich Dir heute nicht beschreiben;
ich war tief ergriffen von so vielen Beweisen der Liebe und Hingebung.
Nun lebe wohl — mit bewegtem Herzen am Schluffe eines
solchen Briefes. Wilhelm."
Bismarck schrieb am Tage nach der Schlacht an seine Gemahlin:
„Vendresse, 3. September 1870.
Mein liebes Herz I
Vorgestern vor Tagesgrauen verließ ich mein hiesiges Quartier, kehre
heute zurück und habe in der Zwischenzeit die große Schlacht von Sedan
*) „Da es mir nicht vergönnt gewesen ist, an der Spitze meiner Truppen
zu sterben, so stelle ich Ew. Majestät meinen Degen zur Verfügung."
22*
____à
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch]]
TM Hauptwörter (200): [T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Extrahierte Personennamen: Bismarck Moltke Fritz Napoleon Wilhelm Bismarck
Extrahierte Ortsnamen: Donchery Sedan Donchery Sedan Sedan Sedan