Tod des Kaisers Nikolaus I. Diplomatische Verhandlungen. 269
stehlichkeit gründlich zerstörten, mußten einen tiefen Eindruck
aus die Seele des Kaisers machen und einen Organismus zer-
stören, dessen Pathos der Herrscherstolz war. Aber er sollte den
Kelch bis auf die Heese leeren und es erleben, daß die von ihm
so tief verachteten Türken ein russisches Armeecorps aus russi-
schem Boden besiegten (bei Eupatoria). Die Nachricht von die-
sem Ereigniß war sein Todesstreich; denn von da ab nahm die
Krankheit, eine vernachlässigte Grippe, an welcher der Kaiser
seit einiger Zeit litt, einen rapiden Charakter an. Eine Brust-
entzündung trat am 28. Februar 1855 hinzu und am 2. März
verschied der Kaiser, im Bewußtsein seiner Regenten- und Fami-
lienpflichten, vollkommen gefaßt, auch noch im Tode seinem Cha-
rakter getreu.
Daß der Tod dieses Mannes, welchem sein Sohn Alexan-
der Ii. folgte, obwohl er zunächst die Kriegsoperationen nicht
hemmte, die Einleitung der Friedensunterhandlungen erleichtern
mußte, begreift sich von selbst, wenn man erwägt, daß in Kaiser
Nikolaus der Gedanke der russischen Politik seinen eminentesten
Ausdruck gefunden hatte und man ihm vor Allem den Willen
und die Energie, ihn durchzuführen, zutraute.
143. Die diplomatischen Verhandlungen,
betreffend die orientalische Frage, hatten allmälig ganz Europa
umspannt, indem sie einerseits, direct oder indirect mit Rußland
gepflogen wurden, andererseits eine Coalition des gesammten
Europas gegen dasselbe im Auge hatten. In letzterer Beziehung
gingen sie hauptsächlich darauf aus, Oestreich und Preußen mit
in den Krieg zu verwickeln; doch gelang es nur, den erstern
Staat durch das Dece mb erblind n iß an die Westmüchte, oder
vielmehr letztere an jenen zu fesseln, während er zugleich durch
seinen Vertrag mit der Pforte wegen Besetzung der Donaufür-
stenthümer (14. Juni 1854) eine Stellung gewann, deren Dro-
hung einen nicht zu leugnenden Druck ausübte. Preußen be-
hielt sich aber die Freiheit seiner Action vor, soweit es nicht
durch die Convention mit Oestreich (20. April 1854) eine Ver-
pflichtung zu dessen Gunsten eingegangen war, und setzte es durch,
daß auch Deutschland auf gleicher Linie blieb.
Dagegen gelang es den Westmächten, Sardinien an sich
zu fesseln und auch, wie wir bereits erwähnt, zur Stellung ei-
nes Hülfscorps zu bestimmen und mit Schweden eine Defen-
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Extrahierte Personennamen: Nikolaus_I. Nikolaus
Extrahierte Ortsnamen: Eupatoria Europa Europas Oestreich Donaufür- Deutschland Sardinien Schweden
314
Neueste Geschichte. 5. Periode.
guter Ordnung zurückgezogen undbenedek, welcher die Piemon-
tesen bei San Martino geschlagen hatte, erhielt mitten in seinem
Siegeslauf Befehl zum Rückzug.
Wie bei Magenta hatte der Soldat — noch überdies mit
leerem Magen — glorreich gestritten; aber Oestreichs altes Ver-
hängnis sich durch elendes Commando die besten Armeen ruini-
ren zu lassen, hatte auch hier gewaltet.
Die Oestreicher verloren 3300 Todte und 10,500 Verwun-
dete, während 9000 vermißt wurden; die Franzosen verloren 12,000,
die Sardinier 5000. Der Held des Tages war Niel, wie bei
Magenta: Mac Mahon, welcher dafür den Titel eines Herzogs
von Magenta erhalten hatte.
Indessen war selbst nach dieser neuen Niederlage die Stel-
lung der Oestreicher nichts weniger als verzweifelt, um so weniger
als gerade in jenem Augenblicke Preußen sehr energische Ent-
schließungen gefaßt hatte, welche fast nothwendig zu einem
Kriege mit Frankreich führen mußten; alle Welt war daher aufs
Aeußerste überrascht, als rasch hinter einander sich die Kunde
von dem in Folge einer persönlichen Zusammenkunft der beiden
Kaiser zu Villafranca abgeschlossenen Waffenstillstand (8. Juli)
und Frieden (11. Juli) verbreitete.
Oestreich trat in Folge dieses Friedens die Lombardei ab
(leider auch das Stilsser-Joch, welches bisher Tirol schützte), be-
hielt aber Venedig und das Festungsviereck. Auch die mittel-
italienischen Fürsten sollten hergestellt, die Staaten Italiens aber
zu einem Bunde unter dem Vorsitz des Papstes vereinigt werden.
Auf einer später in Zürich zusammentretenden Conferenz, von
welcher jedoch die übrigen europäischen Staaten ausgeschlos-
sen blieben, sollten die Specialitäten des Vertrages verabredet
werden.
Die Ueberraschung, mit welcher Europa diese Nachrichten
aufnahm, wurde noch vergrößert durch die Proclamation, mittels
deren Kaiser Franz Joseph seinen Völkern von dem Abschluß
des Friedens Kunde gab, indem er darin nicht undeutlich die
Schuld seines Mißerfolgs auf Preußen schob. — Erst spätere
Enthüllungen, namentlich die Erklärungen der Minister im eng-
lischen Parlament, klärten das Räthsel mindestens zum Theil auf
und ließen den Kaiser Franz Joseph als Opfer einer Mystification
erscheinen.
Preußen aber erhielt die glänzendste Rechtfertigung durch
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Extrahierte Personennamen: Oestreich Franz_Joseph Franz Franz_Joseph Franz
Extrahierte Ortsnamen: Magenta Magenta Mahon Magenta Stel- Frankreich Villafranca Italiens Zürich Europa
62 Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich.
erst Obdach gegeben hatten, mit empörendem Muthwillen, und
langten endlich, um die Hälfte geschwächt, in Kairo wieder an.
Jetzt wurde die Lage der Franzosen immer schlimmer. Von
allen Seiten vom Feinde umgeben, vom Vaterlande abgeschnitten
näherten sich nun noch obendrein englische und türkische Heere,
um ihnen das Garaus zu machen. Bonaparte hatte indessen
durch geheime Botet! erfahren, wie es in Frankreich stände. Er
wußte, daß er auf keine Unterstützung von dort rechnen konnte,
daß die bestehende Regierung in Frankreich verhaßt sei und daß
die französischen Heere in Deutschland und Italien nichts als
Niederlagen erlitten hätten. Schnell war sein Entschluß gefaßt,
nach Frankreich zurückzukehren. In aller Stille ließ er zwei Fre-
gatten ausrüsten, schiffte sich, ohne von seinen treuen Kriegsge-
fährten Abschied zu nehmen, ein, nahm seine zuverlässigsten
Freunde: Berthier, Lannes, Murat (nicht mit Murad Bey zu
verwechseln), Marmont, Besfidres und Andere mit und kam, un-
entdeckt von den zahlreichen englischen Kreuzern, glücklich nach
Frankreich, wo er im Hafen von Frejus am 9. October 1799
ans Land stieg und von wo er, ohne Quarantaine zu halten,
nach Paris eilte. Ueber das bis auf 15,000 Mann geschmolzene
Heer in Aegypten hatte er indessen dem braven Kleber den
Oberbefehl hinterlassen, der aber keine andere Aussicht hatte, als
sich mit allen seinen Leuten den Türken und Engländern zu er-
geben. Dennoch that er sein Möglichstes, schlug auch selbst zwei-
mal die au Zahl überlegenen Feinde, wurde aber plötzlich, als er
mit einem andern Offizier auf der Gartenterrasse vor seinem
Hause spazieren ging, von einem Türken erdolcht. Wer den Meu-
chelmord veranstaltet hatte, ist nicht ausgemacht. Viele vermu-
theten, gewiß mit Unrecht, auf Bonaparte, weil ihn dieser tödt-
lich haßte. Der feige und ungeschickte General Menou über-
nahm nun den Oberbefehl; aber setzt ging Alles mit Macht rück-
wärts, und das Ende war, daß im Sommer 180! die noch übri-
gen Franzosen eine Capitulativn schlossen, nach welcher sie die
Erlaubniß bekamen, nach Frankreich zurückzukehren. — So en-
digte die vielversprechende Unternehmung auf Aegypten.
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Extrahierte Personennamen: Marmont
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Kairo Frankreich Frankreich Deutschland Italien Frankreich Frankreich Paris Frankreich
Schlacht bei Hohenlinden. Friede von Luneville. 65
mit frischen Truppen auf dem Schlachtfelde, stellte schnell die
Ordnung wieder her und die Franzosen erfochten einen so voll-
kommenen Sieg, daß, obgleich Desaix sein Leben dabei verlor,
durch diesen einen Schlag die ganze Lombardei für Oestreich
verloren war und die cisalpinische Republik wieder hergestellt
wurde.
In Deutschland ging es für die Oestreicher nicht viel besser,
Moreau führte hier wieder die Franzosen an, drängte die Oest-
reicher aus einer Stellung in die andere und schlug endlich, am
3. December, den Erzherzog Johann, einen Bruder des Kai-
sers, beim Dorfe Hohenlinden in Baiern vollständig. Nun
nahm man zum Erzherzoge Karl seine Zuflucht. Er sollte schnelle
Hülfe schaffen. Aber wie war das bei der allgemeinen Muthlo-
sigkeit möglich? Er war froh, daß Moreau einen allgemeinen
Waffenstillstand einging, während dessen man ant Frieden arbei-
ten wollte. Dasselbe geschah in Italien. Am 9. Februar 1801
wurde auch schon der Friede von Luneville unterzeichnet,
der den Frieden von Campo Formio bestätigte, aber noch be-
stimmte, daß der Herzog von Parma Toscana, welches zum Kö-
nigreich Hetrurien erhoben wurde, erhalten sollte. Der bishe-
rige Großherzog aber und die deutschen Fürsten, welche auf dem
linken Rheinufer Besitzungen verloren, sollten in Deutschland
selbst entschädigt werden, also nicht etwa auf Kosten der Fran-
zosen, sondern der Deutschen selbst. Diesmal hatte Kaiser Franz
das deutsche Reich mit in den Frieden eingeschlossen.
So waren denn wieder Ströme von Blut vergebens geflos-
sen, um Frankreichs Anmaßung zu demüthigen; ja, es war im
Gegentheil noch vergrößert aus dem Kampfe davongegangen. Der
König von Neapel erhielt nun auch Frieden, mußte ihn aber
mit großen Opfern an Geld, Ländereien und Kunstwerken erkau-
fen. Auch der Kirchenstaat wurde fürs erste wieder hergestellt.
Die Cardinale wählten einen neuen Papst, der sich Pius Vii.
nannte.
Wenige Wochen nach dem Frieden von Luneville war der
Kaiser von Rußland, Paul I., ermordet worden. Er war ein
heftiger, mißtrauischer und veränderlicher Mann, der nur nach
Launen handelte und selbst nicht recht wußte, was er wollte.
Dabei hatte er einen übertriebenen Begriff von seiner Würde.
Daher befahl er, daß Jedermann, der ihm begegnete, auf die
Kniee fallen, ja selbst, die in Kutschen oder zu Pferde saßen, aus-
Weltqeschichte für Töchter. Iv. 13. Aufl. 5
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Extrahierte Personennamen: Desaix Johann Johann Karl Karl Campo_Formio Franz Franz Paul_I. Jedermann
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Baiern Italien Parma_Toscana Deutschland Frankreichs Neapel
72
Neueste Geschichte. 2. Periode. Frankreich.
halten. So langten denn die Franzosen selbst in Wien an.
Der Kaiser war über die Donau nach Mähren gegangen und
hatte ausdrücklich dem Fürsten Auersperg befohlen, die Donau-
brücke zu verbrennen, sobald sich die ersten Franzosen in Wien
sehen ließen. Aber der schwache Mann ließ sich von Murat über-
reden, daß schon ein Waffenstillstand geschlossen sei, und während
Beide noch miteinander sprachen, ließ Murat die Brücke besetzen.
Nun ergossen sich die französischen Haufen auch über Mähren.
Eben kam das russische Heer (Kaiser Alexander war selbst dabei)
in Mähren an und vereinigte sich mit den Oestreichern. Beim
Städtchen Austerlitz kam es am 2. Dec. 1805 zur entscheiden-
den Schlacht. Napoleon (so hieß er, seitdem er Kaiser war)
erfocht einen glänzenden Sieg. Mehrere Tausend russischer Gar-
den fanden ihren Tod, indem sie sich über einen gefrorenen See
zu retten suchten und Napoleon das Eis unter ihnen durch Ka-
nonenkugeln zerschmettern ließ. 30,000 Todte und Verwundete
lagen auf dem Schlachtfelde. Die Hoffnungen Oestreichs waren
nun dahin. Zwar war ein neues russisches und östreichisches Heer
im Anzuge; aber Franz hatte allen Muth verloren, und nahm
den Frieden an, welchen ihm Napoleon anbot. Er wurde am 26.
December 1805 in Preßburg geschlossen. Daß Oestreich große
Opfer bringen mußte, verstand sich von selbst. Es mußte Venedig
an das Königreich Italien abtreten und auf Tirol und alle Be-
sitzungen in Schwaben verzichten, womit sich Baiern und Würtem-
berg bereicherten, deren Beherrscher, zum Lohne ihrer Anhänglich-
keit an Frankreich, noch dazu die Königswürde erhielten. Die
Russen zogen nun ruhig wieder nach Hause.
So glücklich auch Napoleon zu Lande war, so schlecht ging
es ihm zur See. Er hatte eine große französische Flotte, die
noch durch eine spanische verstärkt worden war, auskaufen lassen.
Aber Admiral Nelson, der schon bei Abukir als ein furchtbarer
Gegner ihm erschienen war, traf bei dem Vorgebirge Trafal-
gar, unweit Cadiz, am 21. October auf sie. Zwar wurde Nel-
son, als er, mit allen Ordenszeichen, um besser von den Seinigen
gesehen zu werden, bekleidet, mitten im Pulverdampfe auf dem
Verdecke stand und Befehle gab, von einem Franzosen aus dem
Mastkorbe erschossen; aber die Schlacht wurde für die Engländer
so glorreich gewonnen, daß seitdem weder französische noch spa-
nische Schiffe sich mit ihnen zu messen gewagt haben.
Mit Oestreich war Napoleon nun fertig. Aber der König
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Murat_über- Alexander Alexander Napoleon Napoleon Franz Franz Napoleon Oestreich Napoleon Admiral_Nelson Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Wien Donau Wien Preßburg Italien Schwaben Baiern Frankreich Cadiz
74
Neueste Geschichte. 2. Periode. Frankreich.
stochen, ein böses Vorzeichen, und als es am 14. October 1806
zur Schlacht von Jena und Auerstädt kam, erlitten die
Preußen eine unerhörte Niederlage, wobei der Herzog von Braun-
schweig tödtlich verwundet wurde. Das Heer wurde säst gänzlich
zerstreut, die einzeln fliehenden Heerhaufen von den Franzosen
unablässig verfolgt und endlich gefangen genommen. Das Trau-
rigste war aber die Feigheit und Verrätherei, mit welcher die
meisten preußischen Commandanten ohne Gegenwehr, oder nur
nach einer sehr unbedeutenden, die ihnen anvertrauten Festungen
den Franzosen öffneten. Wie ein verheerender Strom über-
schwemmten diese die preußischen Provinzen; Napoleon hielt höh-
nend seinen Einzug in Berlin. Auch das Kurfürstenthum Hessen
hatte er ohne Kriegserklärung als gute Prise weggenommen. Am
schmählichsten war aber, daß er sich selbst dazu herabließ, die
preußischen Polen gegen ihren Landesherrn aufzuwiegeln. Die
Polen hatten lange ungern dem Könige von Preußen gehorcht,
und in der Hoffnung ihre Selbstständigkeit wieder zu erlangen,
machten sie sich gleich von der bisherigen sehr milden Herrschaft
los und huldigten dem „großen Napoleon". Ein kleiner Ueberrest
des preußischen Heeres hatte sich mit dem Könige nach West- und
Ost-Preußen gerettet. Hier sammelte sich auch ein russisches
Hülfsheer unter Benningsens Anführung. Bei Preußisch-
Eylau, einem 5 Meilen von Königsberg entfernten Städtchen,
trafen die Franzosen mit den Russen und Preußen am 7. und 8.
Februar 1807 zu einer sehr blutigen Schlacht zusammen. Drei-
hundert Feuerschlünde schleuderten an diesem grauenvollen Tage
12 Stunden lang Tod und Verderben. Beide Theile fochten bis
zur Erschöpfung und zogen sich dann, ohne etwas entschieden zu
haben, beiderseits zurück. Nachdem aber die Franzosen neue
Kräfte gesammelt hatten, und die wichtige Festung Danzig ihnen
in die Hände gefallen war, rückten sie wieder vor und lieferten
bei Fried land in Ost-Preußen am 14. Juni 1807 den Russen
eine Schlacht, welche den ganzen Krieg entschied. Die Russen
wurden geschlagen, die drei Monarchen: Alexander, Friedrich Wil-
helm und Napoleon, kamen in Tilsit zusammen und schlossen
hier am 7. und 9. Juli 1807 einen Frieden. Alexander verlor
darin nichts, aber der König von Preußen mußte beinahe die
Hälfte seiner Länder abtreten und eine schwere Kriegscontribution
versprechen, die seine Kräfte ganz überstieg. Bis sie abgezahlt
sei, behielten die Franzosen die Oderfestungen Stettin, Küstrin
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Königsberg Alexander Alexander Friedrich_Wil- Friedrich Napoleon Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Jena Berlin Hessen Danzig Ost-Preußen Tilsit Stettin
i
$
\
'4,
50 Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich.
und Koch, dann Gastwirth, sich unter dem Namen Heinrich I.
zum Könige machte, während in dem südlichen Theile der Insel
der Mulatte Petion eine Republik stiftete. Nach dem Tode
Petions und dem Selbstmorde Heinrichs vereinigte im Jahre 1822
der gemüßigte Bo her beide Theile und regierte seitdem den
Staat unter dem Titel eines Präsidenten mit vieler Milde bis
1843, wo eine Revolution gegen ihn losbrach. Er mußte die
Insel verlassen, und die Präsidentschaft wurde durch General
Herard wieder besetzt.*)
Mit neuem Nachdruck wurde von Seiten Frankreichs und
seiner Feinde der Feldzug von 1796 eröffnet. Auf zwei verschie-
denen Schauplätzen traten die Heere auf, in Deutschland und
Italien. Dort stellte sich der Bruder des deutschen Kaisers, der
treffliche Erzherzog Karl, an die Spitze der deutschen Truppen,
um die Franzosen unter Jourdan und Moreau zu bekriegen.
Aber Anfangs ging es sehr unglücklich. Fast in allen Gefechten
geschlagen, mußten sich die Deutschen immer weiter zurückziehen,
während die Franzosen in Deutschland eindrangen, den Mark-
grafen von Baden und den Herzog von Würtemberg zum Frie-
den zwangen und bis nahe an die östreichische Grenze vorrückten.
Jetzt aber änderte sich die Scene plötzlich. Je näher die Oest-
reicher ihrer Grenze kamen, desto mehr wuchs ihr Muth und
desto häufiger strömten ihre Verstärkungen herbei. Erzherzog
Karl griff nun rasch den Feind an, warf ihn überall, Schlag auf
Schlag, zurück; die durch die Räubereien der Franzosen ausge-
brachten Landleute tu Hessen und Franken fielen über die Flie-
henden her und erschlugen ihrer eine Menge. Nur Moreau,
ausgezeichnet als Feldherr und als Mensch**), bewerkstelligte mit
*) Unter seiner Regierung erklärte sich Domingo zur selbständigen Repu-
blik unter dem Präsidenten Pedro Santana. In Folge der gegen die Do-
minicaner erlittenen Niederlagen verlor Herard die Herrschaft, welche anguer-
rier und 1845 an den grausamen Pierrot überging. Diesem folgte ein Jahr
später Richs, dessen Nachfolger (1847) Fanstin Soulouque war, welcher
sich als Faust in I. zum Kaiser krönen ließ.
Die Kämpfe mit der Republik Domingo führten auch seinen Sturz herbei,
da er durch seine Niederlagen erbittert, sich zu der wildesten Grausamkeit hin-
reißen ließ. Am 22. December 1858 brach unter General Favre Goffrard
ein Aufstand aus, Faustin wurde des Thrones für verlustig erklärt und General
Goffrard zum Präsidenten der Republik Hayti proclamirt.
**) Wie menschlich und edel Moreau selbst gegen seine Feinde war, davon
nur zwei Beispiele. Einst wurde der östreichische General Spanochy von den
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_I. Heinrichs Heinrichs Karl Karl Jourdan Muth Karl Karl Pedro_Santana Goffrard Goffrard Moreau Spanochy
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreichs Deutschland Italien Deutschland Baden Würtemberg Hessen Soulouque
Napoleon Bonaparte.
51
seinem Heere einen regelmäßigen Rückzug durch den Schwarzwald
bis über den Rhein. Aber jetzt wurde Karl nach Italien ab-
gerufen, wo es ganz anders stand.
Hier hatte ein 27jähriger General, Napoleon Bonaparte
(geb. in Ajaccio auf Corsica 1769), ein Mann von Geist, Kraft
und Kühnheit, den Oberbefehl bekommen. Ihm gegenüber stand
an der Spitze der Oestreicher und italienischen Truppen der alte
Beaulieu. Mit jugendlichem Ungestüm griff Bonaparte sie an,
warf sie zurück, zwang den König von Sardinien, um Frieden
zu bitten, war binnen vier Wochen Herr der Lombardei und er-
füllte mit seinem Ruhme ganz Europa. Jetzt baten die italieni-
schen Fürsten um die Wette um Frieden und erhielten ihn auch,
aber nur unter schweren Bedingungen. Manche mußten Lände-
reien abtreten, alle Geld zahlen und die meisten, was bisher
unerhört war, ihre schönsten Gemälde und Bildsäulen aus ihren
Sammlungen hergeben. Nun ging es auf die Festung Mantua
Franzosen gefangen. Der Erzherzog Karl, der ihn besonders liebte, da er sein
Erzieher gewesen war, bewarb sich bei Moreau um seine Freilassung und schrieb:
er wisse wohl, daß eine solche Bitte ungewöhnlich sei; allein vielleicht mache sie
diesmal eine Ausnahme von der Regel, indem er sich für den Freund seiner
Jugend, für seinen Erzieher verwende. — Die Antwort war: „Spanochy ist
auf sein Ehrenwort entlassen und in zweimal 24 Stunden haben Sie ihn in
Wien." Als der Erzherzog seinem Freunde entgegeneilte, begegneten ihm hinter
Linz mehrere Verwundete, die aus Mangel an Fuhrwerken mühsam von ihren
Kameraden fortgetragen wurden, da die Pferde zum Transport der Kanonen
unentbehrlich waren. „Spannt die Kanonen aus!" befahl der edle Prinz; „es
ist besser, daß sie in die Hände des Feindes fallen, als diese braven Krieger."
— Die Kanonen wurden auch wirklich von den Franzosen genommen; als aber
Moreau den Zusammenhang der Sache erfuhr, sandte er das Geschütz den Oest-
reichern mit den Worten zurück: „Was aus Menschenliebe geopfert wurde, kann
bei civilisirten Kriegern nicht als Beute gelten."
Während des Feldzugs 1796 nahm Moreau in einem Pfarrhause in Baiern
sein Quartier. Der Pfarrer hatte sein sämmtliches Silbergeschirr für die Tafel
des Obergenerals hergegeben. Wie erschrak er, als Moreau alles Silber ab-
räumte und in sein Schlafzimmer trug! Er hielt das mühsame Ersparuiß vieler
Jahre für verloren, als ein Adjutant Moreau's alles Geschirr dem Pfarrer mit
dem Auftrage des Generals zurückbrachte, blecherne oder hölzerne Lössel, oder
geringeres Geschirr statt des silbernen herzugeben, weil er wohl für sich, nicht
aber für die vielen Leute, die aus- und eingingen, einstehen könnte. Der er-
staunte Pfarrer gab Alles mit der Bitte zurück, daß der General es aufbewahren
möge, da er keinen sicheren Platz im Hause wisse, worauf Moreau dem Pfarrer
das Silber in einen in seinem Schlafzimmer befindlichen Kasten legen und den
Schlüssel zu sich nehmen ließ.
4*
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Karl Karl Napoleon Karl Karl Moreau
Extrahierte Ortsnamen: Schwarzwald Rhein Italien Ajaccio Corsica Sardinien Europa Wien Baiern
52
Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich.
los, die mitten im Mincio liegt und daher schwer zu erobern
war. Bonaparte setzte Alles daran, sie einzunehmen, und die
Oestreicher, sie zu vertheidigen. Kaiser Franz schickte ein Heer
nach deut andern, die Franzosen von da wegzutreiben; aber
Bonaparte schlug sie nacheinander. Den ganzen Winter über
wurde um die Stadt gekämpft, bis sie sich endlich ergeben mußte,
im Februar 1797. Nun wandte sich Bonaparte gerade nach
Oestreich selbst; wer sollte ihn aufhalten, den Unbesiegbaren? —
Keinem traute man das zu, als dem Erzherzog Karl. Geschwind
wurde er ans Deutschland vom Laufe seiner Siege abgerufen und
gegen Vonaparte geschickt. Aber auch er vermochte nicht, dessen
Fortschritte auszuhalten. Bonaparte drang von Süden in Oestreich
ein. Hier verzweifelte man, ihm widerstehen zu können, und —
schloß mit ihm einen vorläufigen Frieden, der am 17. October
1797 in einen förmlichen Frieden verwandelt wurde. Dieser
wurde geschlossen in Campo Formio, einem Schlosse nahe bei
Udine im Venetianischen. Oestreich mußte hier große Opfer
bringen. Es verzichtete auf seine Niederlande, die nun an Frank-
reich kamen, trat Mailand und Mantua ab und versprach heim-
lich, nichts dagegen zu haben, daß Frankreich das ganze linke
Rheinufer einnehme. Dagegen erhielt Oestreich das Gebiet der
Republik Venedig, die, ohne selbst zu wissen, wie sie dazu kam,
aufgelöst und verschenkt wurde. Aber so machte es Bonaparte
seitdem immer; er nahm und verschenkte Länder, die ihm gar
nicht gehörten, wie es ihm beliebte. Aus den in der Lombardei
gemachten Eroberungen bildete er jetzt eine cisalpinische Re-
publik, die dem Namen nach unabhängig war, in der That
aber Alles thun mußte, was Frankreich ihr vorschrieb. Eben so
ging es mit Genua, welches er in eine ligu rische Republik
umschuf.
Nun waren noch Rußland, Portugal, England und das
deutsche Reich mit Frankreich im Kriege. Die beiden erstern
Mächte verhielten sich jetzt wegen ihrer Entfernung ganz ruhig.
Gegen England aber schien Frankreich nun alle seine Kräfte wen-
den zu wollen. Es wurde ein großes Heer an der England
gegenüberliegenden Küste gesammelt, und französische Schreier
verkündigten, nächstens würden ihre Heere siegreich in London
einziehen, um dem englischen Reiche ein Ende zu machen. Wäh-
rend dessen, daß Aller Blicke nach Brest gewendet waren, wurde
von Toulon aus durch Bouaparte eine Eroberung unternommen,
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Extrahierte Personennamen: Franz Franz Oestreich Campo_Formio Oestreich Oestreich Schreier
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Oestreich Udine Mailand Mantua Frankreich Venedig Frankreich Genua Portugal England Frankreich England Frankreich England London Brest Toulon
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Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich.
Morgen zu verschieben; aber sie bestanden darauf, noch denselben
Abend mit ihren Familien abzugehen. Als sie aber um 9 Uhr
Abends erst einige Hundert Schritte über die Vorstadt hinaus
waren, sprengten szekler Husaren herbei, welche die Postillons
befragten, ob sie die französischen Gesandten führten? Auf er-
haltene Bejahung öffneten sie die Schläge der Wagen, rissen die
drei Gesandten heraus und hieben sie vor den Augen ihrer
Frauen und Kinder nieder. Dann bemächtigten sie sich ihrer
Briefschaften und jagten davon. Roberjot, Bonnier, und Jean
Debry hießen die Unglücklichen. Letzterer war nur schwer ver-
wundet worden; er verbarg sich die Nacht über und kehrte am
andern Morgen nach Rastadt zurück. Ehrenwerth benahmen sich
dabei die deutschen Gesandten, besonders der preußische. Obgleich
die Franzosen ihnen das Leben so sauer gemacht hatten, nahmen
sie den Verwundeten unter ihren Schutz, setzten eine Beschwerde
über die Verletzung des Völkerrechts auf und baten den Kaiser,
die Sache genau zu untersuchen. Das wurde auch versprochen,
ist aber nie geschehen. Daß der rechtliche Kaiser oder sein Bru-
der Karl den Mord befohlen hätten, läßt sich nicht denken. Da
aber der Husarenoberst nicht bestraft worden ist, so ist zu ver-
muthen, daß er Befehl gehabt habe, sich der Briefschaften zu
bemächtigen, und daß die wilden Husaren den Befehl bis auf
die Ermordung der Gesandten ausgedehnt haben.
117. Krieg der zweiten Koalition. — Bonaparte in
Aegypten und Syrien.
Diesmal zeigte der russische Kaiser, Paul I. (1796—1801),
Katharina's Sohn und Nachfolger, mehr Ernst gegen die Fran-
zosen und schickte den furchtbaren Bestürmer von Praga (siehe 3. Theil,
S. 356), den General Suwarow, sich mit den Oestreichern zu
verbinden. Nichts hier von den vielen Märschen, Gefechten und
Schlachten! so viel sei genug zu sagen, daß sich Russen, Oest-
reicher und Franzosen in Deutschland, der Schweiz und Italien
bekämpften. So sehr auch Massen« und Moreau sich Mühe
gaben, den Sieg an ihre Fahnen zu fesseln, so waren ihnen doch
fast überall die Verbündeten überlegen, die Sieg auf Sieg erfoch-
ten. Erst im September 1799 änderte sich das Kriegsglück in
der Schweiz. Die Russen erlitten bei Zürich gegen Massen« eine
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Extrahierte Personennamen: Jean
Debry Karl Ernst Suwarow
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Bonnier Syrien Deutschland Italien Schweiz