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1. Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit - S. 105

1910 - Düsseldorf : Bagel
105 erhielten ihre Besserung durch die Wegemeister. Unterstützt wurden diese durch die Landesfürsten, schon der Zölle wegen. Und die Kirche tat das Gleiche, „damit den Fuhrleuten weniger Anlaß zum Fluchen werde, wodurch sie ihre Seelen verdammen, auch daß der Zehent richtig eingeliefert werden könne“. Die Städte aber hatten das allergrößte Interesse, daß die Straßen imstande blieben. Um das Umgehen der Zölle zu verhindern, aber auch aus guten anderen Gründen, führten sie vielfach einen Wegezwang ein, so daß der Handel nur auf ganz bestimmten Bahnen sich bewegen sollte. So verlangten die Leipziger, daß der von Hamburg-Magdeburg kommende Verkehr nicht den nächsten Wreg über Erfurt und Oberhof nach Nürnberg benutzen dürfe, sondern den über Leipzig, Plauen und Hof, und der sächsische Kurfürst unterstützte nach Kräften diese Forderung. Ja, der Anspruch auf Einhaltung der alten Straßen ging so weit, daß die Leipziger 1696 nicht einmal die Schiffbarmachung der Saale abwärts von Halle dulden wollten, weil die Hallesche Schiffahrt ihrer Stapelgerechtigkeit Eintrag tun könne. Diese Stapelgerechtigkeit reiche 15 Meilen in der Runde. Kurfürst Friedrich Iii. lehnte allerdings entschieden den Anspruch ab, „daß wir den Saalstrohm in Unserm Herzogtum Magdeburg ad navigandum darum nicht sollen instruieren können, weil Leipzig 3 Messen oder Niederlagen des Jahres hat, solches ist dermaßen unerfindlich, daß wir nimmermehr glauben können, daß Ew. Lbd. ihm jemals dergleichen irriges Principium werden beibringen lassen“. So spielte auch die Größe der Macht mit in der Frage, welche Straßen der Handel einschlagen solle. Größere Gewalten wie Brandenburg konnten neue Wege schaffen, aber kleinere fügten sich doch den Ueberlieferungen und so gediehen aus gerechtfertigten und aus künstlichen Gründen die deutschen Handelsstädte und entwickelten sich doch eine jede in ihrer Art. Diese Eigenart überdauerte auch die Zeit, in der ihr Handel noch blühte, ja, in gewissem Sinne reicht sie bis in die Gegenwart und kommt jetzt in der Zeit der Eisenbahnen und anderer günstigen Verhältnisse nur noch glänzender aufs neue zum Ausdruck. Es ist nicht ohne Interesse, sich das alte Bild einiger Städte zu vergegenwärtigen. Leipzig war ein Sammelplatz in verschiedenstem Sinne. Es war nicht bloß die Stätte, wo

2. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 6

1868 - Wesel : Bagel
6 lingen. — In Brennabor waren die Wenden in großen Massen versammelt und jubelten, daß Heinrich ihnen nichts anhaben könnte und schimpflich abziehen müßte. Doch plötzlich trat der Winter ein, und es fror so stark, daß die Havel samt den Süm- pfen und Morästen dick mit Eis belegt wurde. Nun zog Heinrich dicht an die Stadt. Den Feinden entfiel der Muth. Sie ergaben sich, gelobten an, einen Tribut zu bezahlen und das Christenthum anzunehmen. Um aber gewiß zu sein, daß dies Versprechen er- füllt würde, bestimmte König Heinrich einen Strich Landes am Havel- und Elbstrome zu einer Grenz- oder Markgrafschaft und setzte darüber einen Grenz- oder Markgrafen, der dafür sorgen mußte, daß die Wenden in Unterwürfigkeit und im Zaume gehalten wurden. Die neue Markgrafschaft bekam den Namen Nordmark, auch Nordsachsen, oder die wendische Mark. Und von dieser kleinen Markgrafschast ging das heutige große, mächtige, preußische Reich aus. Denn an jenen unbedeutenden Strich Landes reihten sich nach und nach alle die Besitzungen, welche jetzt das Königreich Preußen bilden. 4. Die Markgrafschast erhält erbliche Markgrafen. Die Markgrafen von Nordsachsen sollten die Wenden verhindern, die Nachbarn zu plagen. Dazu scheint auch ihr Auftrag gewesen zu sein, so viel Land, als möglich, nach und nach den Feinden zu entreißen. Aber das Eine wie das Andere war sehr schwer, denn die Wenden wehrten sich, wie Löwen, und wollten nur der Gewalt weichen. Die Mackgrafen hatten einen schweren Stand. Bald versuchten sie es mit List, bald mit Gewalt; bald machten sie große Eroberungen, ja einige Mal bis an die Oder, bald verloren sie ihre Vortheile und wurden bis an die Elbe zurückgejagt. So war also nur Krieg und Kriegsgeschrei in jenen Landen, und Noth und Elend überall. Das Land wäre am Ende ganz verloren gewesen, hätte nicht Gottes weise Hand eine andere Wendung in diese verworrenen Dinge gebracht. Bisher waren nämlich die Mark- grafen nur Statthalter und Diener des deutschen Kaisers, wel- cher diese Würde nach Belieben vergab. Der deutsche Kaiser Lothar schenkte aber im Jahre 1133 einem Grafen von Ballen- städt, Al brecht dem Bären, dessen Geschlecht von der jetzt zer- störten Burg Anhalt im Magdeburgischen den Namen die An- haltiner führte, die Markgrafschaft Nordsachsen erb- und eigen- thümlich. Dieser Albrecht, der den Beinamen: „der Bär'' von seinem Muthe und seiner Tapferkeit hatte, war ein vortrefflicher Fürst. Weil das Land ihm cigenthümlich gehörte, so nahm er sich desselben aus allen Kräften an. Zuerst begann er damit, die

3. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 7

1868 - Wesel : Bagel
7 Wenden zurückzutreiben. Der Kampf war furchtbar, endlich behielt Albrecht die Oberhand. Er eroberte die Städte Brennabor und Havelberg, nahm dazu das Land Priegnitz ein und drang bis an den Oderfluß vor. Die bisherige Nordmark nannte er nun Alt- mark, das eroberte Land die Neumark. Jetzt bekam auch das Reich einen neuen Namen. Albrecht nannte es die Markgraf- schaft Brandenburg und sich selbst Markgraf von Bran- denburg. Nun half er dem Lande selbst auf. Aus Holland, See- land, Friesland und Flandern zog er viele Familien in sein men- schenleeres Reich, und diese Einwanderer, recht fleißige Leute, ließen sich an der Elbe, Havel und Spree nieder. Hier bauten sie eifrig den Acker, legten Dämme gegen die Wasserfluthen an und machten große Strecken Heideland urbar. Albrecht selbst ließ Städte, z. B. Berlin, Spandau, Stendal, Pritzwalk, und in denselben christliche Kirchen bauen. Er berief Prediger in das Land, welche in den Tempeln das seligmachende Evangelium un- seres Herrn Jesu in deutscher Sprache verkündeten und die Men- schen zu Christo riefen. Wer daher noch dem Heidenthume er- geben war, der wurde zur christlichen Lehre geführt; wer noch die wendische Sprache redete, vertauschte dieselbe mit der deutschen. Und durch solche Einrichtungen gelang es dem Markgrafen, die verschiedenen Völker in seinem Reiche zu vereinigen und in ein Volk zu verschmelzen. Was wir aber noch besonders an Albrecht loben, ist, daß er dies Alles nicht mit Härte und Gewalt aus- sührte, sondern allmälig und mit Güte, so daß seine Unterthanen ohne Widerwillen thaten, was er wünschte, und er ihnen viele Segnungen konnte zu Theil werden lassen. Er hat die Mark- grafschaft erst fest begründet. 5. Wie Gottes Gnade noch ferner das brandenbvrgische Land durch die Anhaltiner segnet. Die folgenden anhaltinischen Fürsten sorgten auch sehr für das Land. Sie suchten dem Ackerbau immer mehr aufzuhelfen und den Wohlstand des Volkes zu fördern. Man machte Moräste trocken, und es wurden bald schöne Kornfelder und Wiesen daraus; man pflanzte Obstbäume und bebaute Gärten und Aecker besser. Wenn Feinde das Land angriffen, so schlugen die Markgrafen sie unter Gottes Beistand tapfer zurück und errangen fast immer den Sieg. Auch wurde die Markgrafschaft vergrößert. Es kamen die jetzige Neumark, die Ukermark, die Stadt und das Land Lebus hinzu. Einem der Markgrafen gab der damalige deutsche Kaiser die Versicherung, daß, wenn die Fürstenfamilie in Pommern aussterben würde, dies Land

4. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 8

1868 - Wesel : Bagel
8 (i an Brandenburg fallen solle. Durch das Alles wurde das brau- denburgische Reich immer bedeutender. Die Zahl der Einwohner stieg mit jedem Jahre. Ueberall baute man Dörfer und Städte. So sind zu jener Zeit Frankfurt an der Oder und Landsberg an der Warthe gegründet. In den Städten wohnten viele Hand- werker, die mancherlei Gewerbe trieben und gute Waare lieferten, mit welcher man nach dem Auslande hin handelte. Dadurch ver- schaffte man den Einwohnern einträgliche Erwcrbszweige. Dies Alles setzte die Unterthanen in Thätigkeit und erhöhte den Wohl- stand. Salzwedel war damals schon eine reiche Handelsstadt. Vor- züglich ist von den Regenten Vrandenburg's aus dieser Zeit Otto, genannt mit dem Pfeile, zu merken. Er war ein landesväterlicher Fürst, beförderte Handel und Gewerbe und gehörte zu den gebil- detsten Männern seiner Zeit. Dazu war er auch ein mächtiger Held und führte mehrere Kriege. In einem derselben gegen den Herzog von Pommerellen erwarb er die Landestheile Stolpe und Schlawe, in einem andern gegen den Erzbischof von Magdeburg erging's ihm aber schlecht. Otto wünschte nämlich, seinen Bruder zum Erzbischof von Magdeburg erwählt zu sehen. Das schlug fehl. Darüber erzürnte Otto und wollte mit dem Schwerte zwingen, was Güte nicht vermocht hatte. Mit einer großen Kriegsschaar brach er gegen die Stadt Magdeburg los und glaubte so gewiß an das Gelingen feines Vorhabens, daß er laut verkündete: „Ich werde in wenigen Tagen Magdeburg nehmen und dann," wie er gotteslästerlich hin- zufügte, „meine Pferde in der Domkirche füttern lassen." Der neue Erzbischof war aber ein wackerer und unerschrockener Mann. In feuriger Rede wußte er seine Magdeburger zu begeistern. Jung und Alt ergriff die Waffen, voll Kampfbegier eilten große Schaaren gegen den Brandenburger. Dieser wurde bei Frofe angegriffen, nach heftigem Kampfe besiegt und selbst gefangen genommen. Mit Frohlocken schleppten ihn die Feinde nach Magdeburg, ließen dort einen großen hölzernen Käfig machen und stellten in demselben den Markgrafen öffentlich zur Schau aus. Dann sperrten sie ihn in ein düsteres Gefängniß. In dieser Noth erinnerte sich Otto eines alten Dieners seines Vaters, des Ministers von Buch, und glaubte, der wisse Rath in diesem Unglücke. Daher ließ er seiner Gemahlin entbieten, zu dem alten Buch zu reisen und ihn um seine Mei- nung zu fragen. Der rieth der Markgräfin, nach Magdeburg zu eilen und dort die Domherren zu bestechen. Es geschah, und als nun der Erzbischof die Bestochenen um Rath befragte, was mit dem Gefangenen zu machen sei, antworteten sie, er solle 50,000 Thaler Lösegeld fordern und ihn dann entlassen. Der Erzbischof glaubte den Domherren und entließ Otto, damit er das Geld schaffe. Der Markgraf war aber in Verlegenheit, wie er so schnell eine so große

5. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 9

1868 - Wesel : Bagel
9 Summe zusammenbringe. Schon wollte er den Kirchen die heiligen Gefäße nehmen, als Buch ihn bat, mit ihm nach Angermünde zu reisen. Dort gingen sie in die Kirche. Buch ließ aus der Mauer einen künstlich eingefugten Stein brechen, und was sah Otto? Einen großen Kasten voll Silber und Gold in der Mauer. „Dieses Geld," so sprach Buch zum erstaunten Markgrafen, „vertraute mir einst Euer Vater mit dem strengen Befehle, es Euch nur dann zu geben, wenn Ihr in der größten Noth wäret. Ich verwahrte es hier an diesem sichern Orte! Nehmt es jetzt hin, es wird auslangen." Gerührt nahm Otto den Schatz und lösete sich. 6. Bon Waldemar, dem letzten Anhaltiner. Der letzte, welcher aus dieser Fürstenfamilie über Brandenburg regierte, war Waldemar. Seine Kriegsthaten erwarben ihm großen Ruhm. Waldemar hatte der Stadt Stralsund in Pommern gegen den Fürsten von Rügen beigestanden und die Feinde mit starker Hand abgewehrt. Darüber war der rügensche Fürst höchlich er- grimmt und brachte nun viele Könige und Fürsten gegen den Mark- grafen von Brandenburg auf, um Waldemar zu vernichten. Das nordische Bündniß entstand. Zu diesem gehörten die Könige von Polen, Schweden, Dänemark und fast alle benachbarten Fürsten und Herzöge, ihrer über zwölf an der Zahl. Waldemar aber zagte nicht. Er war schnell gerüstet und überfiel seine Feinde, be- vor sie gegen ihn aufkommen konnten. Und als nun Hunger und Elend in ihren Heeren einrissen, schlossen sie gern mit dem Mark- grafen Frieden, in welchem er auch nicht einen Fuß breit Land verlor, so daß alle Welt staunte, wie es möglich gewesen sei, daß ein Markgras von Brandenburg so vielen Feinden siegreich die Spitze habe bieten können. Dann ist uns Waldemar auch als Regent merkenswerth. Wäh- rend seiner Regierung erhielt er mit fester Hand Recht und Ordnung im Lande. Der Adel durfte nicht nach Willkür seinen Uebermuth an den- Wehrlosen auslassen, die Städte unterstützte er in ihrem Handel und in ihren Gewerben, und jedem seiner Unterthanen half er gern fort. Leider regierte er nur 15 Jahre und mit ihm erlosch die Fürstenlinie der Anhaltiner, nachdem sie an 187 Jahre über unser Vaterland geherrscht hatte. 7. Wie es bei Waldemars Tode um das Land stand. Das brandenburgische Land hatte sich unter den Anhaltinern sehr verändert. Zu dem kleinen Ursprünge, von welchem es aus- gegangen, waren große Landestheile gekommen. Es gehörten jetzt

6. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 10

1868 - Wesel : Bagel
10 dazu die Altmark, Mittelmark, Neumark, Ukermark, Priegnitz, Landsberg und die Lausitz, Theile von Mecklenburg, Sachsen, Vor- pommern und die Lehnsherrschaft über ganz Pommern. Die großen Wälder und Wüsteneien waren verschwunden und dagegen herrliche Kornfelder, Wiesen und grünende Saaten zu sehen. Es weideten große Heerden Vieh an den Orten, wo sonst nur Sümpfe und Moräste die Luft verpestet hatten. Städte und Dörfer erhoben sich überall, Götzenbilder und Götzentempel waren nicht mehr, dagegen prangten christliche Kirchen im ganzen Lande. Dies Alles wirkte zwar heilsam auf das rauhe Gemüth der Wenden, aber da ihnen ein guter Unterricht fehlte, so war noch viele Rohheit und große Unwissenheit zu finden. So kam es, daß nicht allein die Niederen im Volke, sondern auch die Adeligen in Aberglauben und Unglauben versanken. Wenn der Adelige nur sein Roß tummeln und Schwert und Lanze führen konnte, so war er ein tüchtiger Ritter, denn seine Hauptbestimmung war da- mals, dem Regenten im Kriege Zuzug zu leisten. Dafür hatte er, oder sein Vorfahr Besitzungen zu Lehen — geliehen — bekommen und hiervon führte er den Namen „Lehnsmann." Mitunter waren die Edelleute gegen ihren Fürsten widerspenstig und wollten ihm im Kriege nicht helfen. Dann gerieth der Fürst in große Verlegenheit, denn stehende Heere gab es noch nicht, und er mußte oft seinen Edelleuten gute Worte und Geschenke geben, um sich dieselben zuge- than zu machen. Manche Ritter wurden durch solche Geschenke groß und mächtig und schalteten Md walteten nach Willkür. In den Städten blühte der Handel. Dort fand man die Handwerke und Gewerbe, dort die Wollwebereien und die Wollfär- bereien, dort braute man fleißig sehr gutes Bier. Und mit vielen dieser Produkte führten die Städte einen starken Handel in's Aus- land und verdienten viel Geld. Darum war hier Wohlstand, aber auch zugleich Pracht, Aufwand, Ueppigkeit und Schwelgerei. Die Jugend recht fleißig unterrichten zu lassen, daran dachte man nicht; es war selten, daß ein Bürger lesen, und noch seltener, daß er schrei- den konnte. In einer gedrückten Lage befand sich der Land mann. Wehr- los, wie er war, mußte er Alles über sich ergehen lassen. Er war Eigenbehöriger der Adeligen, der Städte oder der Klöster und mußte für die arbeiten, welche seine Herren waren. Er selbst hatte von dem Ackerbaue und der Viehzucht wenig; daher fristete er auch nur kümmerlich sein Leben. Manche Menschen beschäftigten sich mit dem Heringsfange in der Ostsee, denn zu der damaligen Zeit konnte man dieser Fische dort so viele fangen, daß ein ganzer Wagen voll nur zwei Pfennige kostete. Wenn Angelegenheiten verhandelt werden sollten, die das ganze

7. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 11

1868 - Wesel : Bagel
11 Land betrafen, so versammelte der Fürst die Abgeordneten des Adels, der Geistlichkeit und der Städte. Man besprach hier, wie am besten das Land verwaltet werden könnte, man bestimmte die Abgaben, man beschloß gute Einrichtungen für den Ackerbau, für die Viehzucht und für den Handel. Zu einer andern Zeit kam man zusammen, um Gericht zu halten und Recht zu sprechen. Dann versammelten sich die Abgeordneten unter freiem Himmel, blieben an vier Wochen dort und schlichteten alle Streitsachen der Gegend. 8. Es kommt ein anderes Fürstenhaus zur Regierung. Vier Jahre stritt man darüber, wem das schöne Brandenburg an- heimfalle. Endlich behielt der Stärkere die Oberhand. Der damalige deutsche Kaiser, welcher ein Herzog von Baiern war, nahm die Markgrafschaft als Eigenthum an sich und gab sie seinem ältesten Sohne Ludwig. So kam also ein ganz anderes Fürstengeschlecht in Brandenburg auf den Thron. Viele deutsche Fürsten gönnten aber dem Kaisersohne dies Besitzthum nicht und suchten ihm auf alle Weise zu schaden. Schon in den vier Jahren, während welcher Niemand im Lande wußte, wer Herr oder Knecht sei, war es arg hergegangen. Die Nachbarn hatten an den Grenzen ein Stück Land nach dem andern an sich gerissen, und im Innern raubte und plünderte, wem es gut schien. Zu diesen Plagen kamen noch andere. Zuerst fielen die Polen und Litthauer in das Land und hausten fürchterlich in demselben. Sie sollen 144 Dörfer verbrannt und 6000 Menschen gefangen weggeschleppt haben. Kaum war dieser Sturm vorüber, als ein neuer und dazu ganz sonderbarer Feind auftrat. Hin und wieder ließ sich im Lande ein Mann in einem Pilgerkleide sehen, welcher erzählte, er komme von einer Wallfahrt nach dem heiligen Grabe zu Jerusalem zurück. Dort habe er leib- haft den Markgrafen Waldemar angetroffen, denn dieser sei nicht gestorben, sondern lebe. Solche Rede lief von Mund zu Mund, von Ort zu Ort. Jeder horcht freudig auf. Der Pilger geht indeß zum Erzbischof von Magdeburg, und als ihn dieser nicht vor sich kaffen will, bittet er um einen Labetrunk. Man reicht ihm denselben. Indem er den Becher zurückgibt, wirft er in denselben den Siegelring des verstorbenen Waldemar und geht davon. Die Diener bringen den Becher zum Erzbischof, welcher gerade bei Tafel sitzt. Alle An- wesenden staunen über die Sache, man ruft den wunderbaren Mann zurück, und dieser sagt nun: „Ich selbst bin Markgraf Waldemar. Ich bin nicht, wie man geglaubt hat, gestorben, sondern ich habe mich damals nur für todt ausgegeben und einen andern Menschen statt meiner begraben lassen. Denn heftige Gewissensbisse peinigten mich und trieben mich an, nach Jerusalem zu wallfahrten und dort

8. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 12

1868 - Wesel : Bagel
12 Vergebung der Sünden zu suchen. Damit ich dies ungehindert aus- führen konnte, gebrauchte ich jene List, und sie glückte. In Jerusalem habe ich aber gehört, daß man meinen Verwandten die Länder ent- zogen hat und daß ein fremdes Fürstenhaus hier herrscht; da hat es mich getrieben, heimzukehren, um diese Ungerechtigkeit zu verhindern. Ich selbst will nicht wieder regieren, sondern in der Stille meine Tage beschließen." — Als man diese Worte hörte, den Siegelring sah und eine große Ähnlichkeit des Pilgers mit dem verstorbenen Waldemar wahrnahm, glaubte man der Erzählung. Alle Anwesenden baten den vermeintlichen Waldemar, vorläufig die Regierung selbst wieder zu führen, damit der Markgraf Ludwig verdrängt werde. Er that es. Nun legte er ein fürstliches Kleid an und zog hin nach Brandenburg. Ueberall empfing man ihn mit Jauchzen als den alten, trefflichen Waldemar. Städte öffneten ihm die Thore, im Triumph nahm er das Land in Besitz. Für den armen Markgrafen Ludwig schien Alles verloren zu sein. Und als nun gar der Kaiser Karl und mehrere andere Fürsten sich bereit erklärten, den wieder- erstandenen Waldemar als Regenten anzuerkennen, wie sollte sich Ludwig helfen? In dieser Bedrängniß gelang es ihm, mit Hülfe einiger deutschen Fürsten dem Kaiser Karl einen Gegenkaiser ent- gegnizusetzen, der großen Anhang fand. Nun wurde Karl wegen sei- ner Kaiserkrone bange, schloß mit Ludwig einen Vergleich und wollte von dem Waldemar nichts wissen. Dieser mußte flüchten, und was ergab sich am Ende? Daß er ein Müllerbursche, Namens Jacob Rehbock, war, der früher bei dem verstorbenen Waldemar gedient Und mit demselben Ähnlichkeit hatte. Der Siegelring war vielleicht durch Zufall in seine Hände gerathen. Diesen Menschen hatten Lud- wig's Feinde abgerichtet, eine solche Poste zu spielen. Zwar war der Betrug aus, aber das Volk in Brandenburg nicht beruhigt. Die Gährung währte noch lange fort und noch länger das dadurch angerichtete Elend, welches durch die Pest vermehrt wurde, die Tausende von Menschen wegraffte. Der Markgraf Ludwig, der Sorgen müde, legte die Regierung nieder, welche seine Brüder Ludwig der Zweite und Otto der Faule übernahmen. Von Lud- wig ist nur zu erzählen, daß er der erste Fürst Brandenburgs war, der nach einem Gesetze des deutschen Kaisers Karl, des Vierten, den Titel Kurfürst erhielt, und also von -1356 an die brandenbur- gischen Regenten nicht mehr Markgrafen, sondern Kurfürsten von Brandenburg hießen. Für das Land hat Ludwig wenig gethan, noch weniger Otto der Faule. Das war ein sehr schlechter Fürst. Er führte das lasterhafteste Leben, erpreßte von den Unter- thanen, was er nur konnte, und lebte dann davon herrlich und in Freuden. Das arme Land gerieth in unaussprechliches Unglück.

9. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 13

1868 - Wesel : Bagel
13 Der Kaiser Karl, welcher schon früher mit den beiden Brüdern einen Vergleich abgeschlossen hatte, daß, wenn sie kinderlos sterben sollten, das ganze Kurfürstcnthum ihm zufalle, konnte einer solchen Regierung nicht länger ruhig zusehen. Er beredete den Otto, ihm gegen ein Jahrgehalt das Land abzutreten. Otto willigte ein und übergab im Jahre 1373 sein Reich dem Kaiser. So war auch das baierische Fürstenhaus in Brandenburg zu Ende. Aber wie sah es setzt in dem Lande aus? Verloren waren viele Provinzen, und nur die Altmark, Mittelmark, Neumark, Ukermark und Priegnitz noch an Brandenburg. Verödet standen Aecker und Fluren, zerstört waren viele Städte und Dörfer, arm und zerlumpt gingen die Einwohner einher. Auf den Landstraßen hausete das vornehme Raubgesindel und das gemeine Räubervolk. Niemand war seines Eigenthums sicher. Brandenburg war in fünfzig Jahren unter den baierischen Fürsten ein Land des Jammers geworden. 9. Das Fürstengeschlecht der Luxemburger erhält das Land. Des Kaisers zwölfjähriger Sohn, Wenzel, wurde Kurfürst von Brandenburg, aber Karl selbst führte für ihn die Regierung und sorgte väterlich für das Land. Er ließ viele neue Gebäude aufführen, damit die Menschen nützliche Beschäftigungen fanden; es wurden Flüsse schiffbar gemacht, um den Handel empor zu bringen. Die Straßenräuber fing man ein, und wen man als solchen er- wischte, der wurde ohne Ansehen der Person an dem ersten besten Baume aufgeknüpft. Karl hielt sich selbst recht viel in der Mark auf. Dann konnte jeder Unterthan zu ihm kommen, um ihm seine Noth zu klagen, konnte es ihm selbst anzeigen, wenn ihm Unrecht geschehen war. Und der Kaiser half, so viel er vermochte, und hielt Ordnung und Recht im Lande mit starkem Arme. Den Rich- tern schärfte er Unparteilichkeit ein und gab ihnen einen Siegelring mit der Umschrift: Richtet recht, ihr Menschenkinder! — Unter einer solchen Regierung erholte sich Brandenburg sichtlich. Wir wissen aus jener Zeit, daß damals in der Mark 171 Städte und Schlösser und 1094 Dörfer waren. Ein Scheffel Weizen galt 16, Roggen und Gerste 10, Hafer 5 Pfennige. Und das Land würde erst in der Folge recht aufgeblüht sein, wenn Karl länger regiert hätte; aber leider starb er viel zu früh für die Mark, 1378. Nach seinem Tode wurde sein elfjähriger Sohn, Sigismimd, Kurfürst von Brandenburg. Sigismund war gar nicht in dem Kurfürstenthume, sondern hielt sich in seinem Lande Ungarn auf. In Brandenburg regierten Statthalter nach Willkür. Was nur an Geld und Geldeswerth von den Unterthanen zu erpressen war, was man nur verkaufen oder verpfänden konnte, das packte

10. Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 17

1868 - Wesel : Bagel
17 erben, noch meine Seele übel fahre. Und Hab' ich Jemand Unrecht gethan, das mir vergessen ist, so bitt' ich Alle, daß sie mir's ver- geben, und wollte gern, daß ich in meinem Leben nie hätte gethan wider Gottes Lieb' und des Nächsten. Herr, in deine Hände beseht' ich meinen Geist! Ich fürchte dich, gütiger Jesu, ich leb', lieb' und hoff' in dich, du magst mich behalten oder verdammen!" — Damit Jedem in unserm Vaterlande sein Recht werde, so errichtete der Kurfürst ein Landgericht, welches sich alle Mittwoch vor der Schloßbrücke zu Tangermünde versammelte. Hier konnte Jeder seine Klagen anbringen, und er wurde gehört. Friedrich hat auch den Staat vergrößert, doch hat er nichts mit eisernen Zähnen ungerechterweise an sich gerissen; sein Bei- name soll daher nur seinen festen Sinn andeuten. — Durch Kauf erhielt er die Neumark zurück, die schon früher an Brandenburg gehörte, welche aber nachher der deutsche Ritterorden in Besitz ge- nommen hatte; durch einen Vertrag fielen ihm beträchtliche Stücke in der Lausitz zu, und wäre er in seinem Vorhaben glücklicher gewesen, so hätte er auch einen Theil von Pommern an sich ge- bracht. Der Herzog von Pommern-Stettin war kinderlos gestor- den, und Brandenburg als Lehnsherr rechtmäßiger Erbe. Der Bürgermeister von Stettin sprach auch das Erbrecht unserm Kur- fürsten zu, aber die pommerschen Edelleute wollten nicht und er- klärten die Herzöge von Pommern-Wolgast zu Erben. Friedrich widersetzte sich, und als Worte nichts halsen, griff er zum Schwerte. Er brach in Pommern ein, eroberte mehrere Städte und belagerte die Stadt Ukermünde. Hier aber kamen Mangel und Elend über das Heer, und ein sonderbarer Zufall vermehrte die Noth. In der Stadt befand sich ein Mönch, der ein geschickter Artillerist war. Der Aberglaube dichtete ihm an, er habe mit dem Teufel einen Bund gemacht und verfehle nie das Ziel. „Ich werde dem Bran- denburger näher rücken, wenn er nicht bald geht," sagte er einst, und schoß so geschickt eine Kanone ab, daß die Kugel in Friedrich's Zelt fuhr, als dieser eben speisete. Zwar wurde der Kurfürst nicht verwundet, aber er fühlte doch beschwerliche Zufälle, hob die Be- lagerung auf und zog sich zurück. Als ihm bald darauf sein einziger Sohn starb, legte er 1470 die Regierung nieddr. — Das Land war 572 Quadratmeilen groß und hatte 293,600 Einwohner. 12. Die Kurfürsten Albrecht und Johann. Des vorigen Kurfürsten Bruder, Albrecht, welcher Markgraf zu Anspach und Baireuth in Franken war, erbte die Kurmark Bran- denburg. Er war riesenmäßig groß und dabei so tapfer und ein so geübter Feldherr, daß Niemand in Deutschland ihm gleichkam. Von Vormbaum, Erzählungen. 15. Aufl. 2
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