§ 67. Innere Zustände Frankreichs unter Ludwig Xiv. 115
a) Die Einnahmen und Ausgaben des Staates standen in keinem richtigen Verhältnis, und Ludwig lud eine stets wachsende Schuldenlast dem Volke auf.
b) Indem Ludwig ein völlig unumschränktes Regiment übte, schloß er die Nation selbst ganz von der Leitung ihrer eigenen Angelegenheiten aus.
c) Gegenüber der beherrschenden Stellung von Paris wurde das geistige Leben in der Provinz immer mehr verkümmert.
d) Durch die Störung des religiösen Friedens wurde der Entwickelung des Landes ein schwerer Schlag versetzt. Seit dem Jahre 1675 hat Ludwig eine systematische Unterdrückung der Protestanten betrieben. Den Verfügungen über die Beschränkung derselben in politischer und religiöser Beziehung folgten Gewaltthaten (Dragonaden in Bearn) und endlich die Aufhebung des Ediktes vou Nantes 1685, durch welche Tausende von gewerb- 1685 fleißigen Reformierten zum Verlassen des Landes getrieben wurden (Aufnahme derselben in anderen Ländern: Holland, Ostfriesland, Brandenburg!).
e) Nach dem Vorbilde des Hofes und des Adels nahm die Sittenlofigkeit in Frankreich in erschreckendem Maße zu. Schlimmer Einfluß der Frauen (Ninon de l'enclos, Comtesse de Brinvilliers).
Repetition. §§ 65—67. Ludwig Xiv. 1643 — 1715. Richelieu und Mazarin begründen den Absolutismus, d. h. die Unumschräukt-heit der königlichen Gewalt, gegenüber dem Adel, den Parlamenten und den Protestanten' — Ludwigs Raubkriege: I. beendet durch den Frieden zu Aachen 1668; Ii. beendet durch den Frieden zu Nymwegen 1678; Iii. beendet durch den Frieden zu Ryswick 1 697. Erfolge und Ausdehnung der französischen Grenze gegen die Niederlande und gegen Deutschland (Straßburg, geraubt 1681, und ein großer Teil des Elsasses französisch). — Zwischen dem zweiten und dritten Raubkrieg Wirksamkeit der Reunionskammern. — Der spanische Erbfolgekrieg bricht die Vorherrschaft Ludwigs zu Anfang des 18. Jahrhunderts. — Innere Zustände Frankreichs: a) Hebung von Handel und Industrie durch Colbert; Merkantilsystem. Kanalbauten. Fabrikeinrichtungen, b) Hofhaltung in Versailles sehr glänzend und kostspielig, c) Litteratur und Kunst: Trauerspieldichter Corneille und Racine, Lustspieldichter Moliere. — La Fontaine; Boilean; Fenelon; Bossuet; Mme. de Maiuteuon; Mme. de Sevigns. Maler: Ponssin,
Lebrnn, Clau de Lorraiu. — Schattenseiten der Regierung Ludwigs: Übermäßige Belastung des Volkes mit Schulden; Beschränkung der Selbständigkeit der Nation; Beginnende Zentralisation des Landes; Störung des religiösen Friedens: Aufhebung des Ediktes von
Nantes 16 85; zunehmende Sittenverderbnis.
8*
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Paris Nantes Holland Ostfriesland Brandenburg Frankreich Aachen Niederlande Elsasses Frankreichs Versailles La_Fontaine Nantes
§ 76. Friedrichs Ii. Jugendjahre. 129
druck. Darum war es ein Glück, daß der nachfolgende König einen sparsameren Sinn hatte.
Friedrich Wilhelm I. (1713—1740). Zunächst wurde 1713 jeder Luxus aus dem privaten und öffentlichen Leben verbannt und bis mußte einer durchaus bürgerlichen Lebensweise Platz machen. Selbst 1740 die Ausgaben für Kunst und Wissenschaft wurden beseitigt. An die Stelle der kunstsinnigen Freigebigkeit Friedrichs und Charlottens trat nüchterne Sparsamkeit. Interessen und Ziele Friedrich Wilhelms waren andere. Seine einzige Erholung von den Regieruugsgeschästeu waren die Abende im Tabakskollegium. Hinsichtlich der Regierung betrachtete er sich, wie sein großer Nachfolger, als den ersten Diener des Staates. Das Wohl seiner Unterthanen war sein höchstes Ziel. Bürger und Bauern wurden von den schwersten Stenern entlastet, die übermütigen Stände verloren ihre Vorrechte.
Die Herrschaft des Königs war unumschränkt: er wollte die Souverainete wie einen rocher cle bronce ausrichten. Oft ging er sogar in seiner landesväterlichen Fürsorge recht rücksichtslos vor: nachdem z. B. das Verbot der Einfuhr fremder Waren erlassen war, strafte er die Frauen, welche ausländische Stoffe trugen.
Das Heer wurde durch diesen König bedeutend vergrößert (Leopold von Dessau) und vortrefflich geschult (die Potsdamer Garde). Auch der Staatsschatz nahm trotz großer Ausgaben zu, so daß der König bei seinem Tode acht Millionen Thaler Hinterließ. Die Ausdehnung des Staates wuchs durch den Erwerb des westlichen Vorpommerns mit Stettin.
Anmerkung. Wie unter dem großen Kurfürsten die französischen Protestanten, so fanden unter Friedrich Wilhelm I. die durch einen unduldsamen Erzbischof aus ihrer Heimat vertriebenen Salzburger gastliche Aufnahme in Preußen. —
Ariedrich Ii., der Große (1740—1786).
§ 76. Friedrichs Ii. Jugendjahre.
Friedrich Wilhelm I. hinterließ den wohlgeordneten Staat einem Sohne, welcher das Größte zu leisten berufen war. 1712 1712 geboren, hat der Kronprinz eine harte und wechselvolle Jugend gehabt, welche besonders durch den scharsen Gegensatz seiner Neigungen zu denen des Vaters veranlaßt war.
Wychgram, Lehrbuch der Geschichte. Ii. q
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§ 78. Friedrichs Staatsverwaltung. 133
beschränken, zumal durch einen Regierungswechsel in England ihm die Hilfsgelder von dort ausblieben. Endlich trat eine günstige Wendung ein durch den Tod seiner Feindin Elisabeth von Rußland 1762. Ihr Nachfolger P et er Iii. schloß den Frieden 1762 zu Petersburg, und wenn auch die bald darauf zur Regierung kommende Kaiserin Katharina Ii. die von Peter gesandten Hilfstruppen zurückzog, so trat sie doch nicht in den Krieg gegen den Preußenkönig ein. Als nun auch Frankreich, durch den Frieden mit England bewogen, seine Truppen aus Deutschland zurückzog, wurde Friedrich leicht mit den Sachsen und Österreichern fertig.
Die Schlachten bei Burkersd orf und bei F reib erg entschieden gegen letztere. Im Jahre 1763 kam es zum Frieden zu 1763 Hubertusburg, durch welchen Preußen für ewige Zeiten in dem Besitz vou Schlesien samt Glatz bestätigt wurde.
§ 78. Friedrichs Staatsverwaltung.
Hatte der unverwüstliche Mut, mit welchem Friedrich der Große den Angriffen von halb Europa getrotzt, feinen Ruhm groß und allgemein gemacht, so suchte er nach und zwischen den Kriegen denselben durch eine vortreffliche landesväterliche Fürsorge für seine Unterthanen zu befestigen. Er nahm die Regierung ganz allein in die Hand und gewährte niemand Einfluß auf dieselbe. Dafür aber nahm er es sehr ernst mit seiner Regentenpflicht; er betrachtete sich als den ersten Diener des Staates. Seine Hauptsorge war gerichtet auf die
^Wiederherstellung und Hebung des Wohlstandes. Er ließ in den vom Kriege fchwer heimgesuchten Gegenden die Steuern nach,, gab aus eigenen und Staatsmitteln Pferde zum Ackerbau, baute verbrannte Häuser und Dörser wieder auf u. s. w. Er ließ ferner Kanäle graben (Plauenscher, Finow-und Bromberger Kanal), sumpfige Landstrecken (Oder- und Netzebruch !) urbar machen, Fabriken anlegen (Porzellanmanufaktur in Berlin!); er pflegte den Bergbau und die Forstkultur. Die geringen Einkünfte des Staates zwangen ihn, da sie trotz der äußersten Sparsamkeit nicht ausreichten, zu mitunter etwas drückenden Einrichtungen, wie z. B. dem Kaffee- und Tabakmonopol, dessen Handhabung er französischen Beamten überließ.
b) Die Armee, welcher Friedrich feine großen Erfolge verdankte, war der Gegenstand besonderer Fürsorge. In der Berliner
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Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs England Petersburg Frankreich England Deutschland Sachsen Friedrichs Europa Berlin
142 Geschichte der neueren Zeit.
Völker in Frankreich ihren Ausgangspunkt gefunden. Die französische Revolution entstand aus dem Streben der Nation nach Beteiligung an der Verwaltung seiner eigenen Angelegenheiten; ihre Folge ist gewesen, daß die meisten der kontinentalen Völker dieselbe allmählich errangen; die absolute Königsherrschaft machte der konstitutionellen Regierung Platz. Dieses Resultat haben aber die Franzosen wie die anderen Völker erst nach vielen Verirrungen erreicht. —
Das französische Volk befand sich unter dm Nachfolgern Ludwigs Xiv. in einer trostlosen Lage.
a) Die Schuldenlast war durch die glänzende Hofhaltung und die kostspieligen Unternehmungen Ludwigs ins Ungemessene gestiegen, und sein Nachfolger, Ludwig Xv., ein unwürdiger, sittenloser Mensch, steigerte dieselbe noch immer mehr, besonders auch durch nutzlose Kriege, wie z. B. die Beteiligung am siebenjährigen Kriege. Unter Ludwig Xvi. (1774—1793) betrug das Defizit jährlich 100 Millionen Frank.
b) Die zur Bestreitung der Staatsausgaben nötigen Steuern waren sehr ungleichmäßig verteilt und ruhten fast vollständig auf den Schultern des Bauern- und Bürgerstandes (tiers etat!), während die beiden ersten Stände, Adel und Klerus, nur sehr gering belastet waren. Überhaupt war der dritte Stand trotz seiner Zahl und Bedeutung (Landbau, Handel, Gewerbe, Wissenschaften) im Verhältnis zu den beiden anderen an Rechten sehr arm. Adel und Geistlichkeit lebten in den großen Städten herrlich und in Freuden von dem Gelde, das der dritte Stand sauer verdienen mußte.
c) Gegenüber diesen Zuständen — der ungleichen Verteilung von Recht und Besitz — brach sich feit dem Beginn des 18. Jahrhunderts immer kräftiger die Überzeugung Bahn, daß alle Menschen Anspruch auf Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetze hätten und daß die bestehenden Verhältnisse wider die Natur seien. Diese Überzeugung — zunächst in England erwachsen (Deisten) — fand ihren Ausdruck in der Litteratur, welche damals reich an geistvollen Köpfen und glänzenden Schriftstellern war: Voltaire, Diderot („le neveu de Rameau“), d'alembert (l’encyclopedie), Rousseau („Emile ou de l'education“, ,,La nouvelle Heloise“, ,,Le contrat social“), Montesquieu („L’esprit des lois“). In den Schriften dieser Männer wurden, bald mit beißendem Spotte (Voltaire), bald mit glänzender, hinreißender Rhetorik (Rousseau)
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§ 11. Karl der Große. 23
Die gewaltige Machtfülle, welche so Karl in sich vereinigte, fand ihren Ausdruck darin, daß er am Weihnachtsfeste des Jahres 800 800 sich in Rom durch den Papst zum römischen Kaiser krönen ließ.
Diese Würde hatte nicht aufgehört in dem Gedächtnis der Menfchen als der Inbegriff der höchsten irdischen Macht zu gelten. Karl übernahm dadurch die oberste Schutzherrschaft der abendländischen Christenheit, als deren Vertreter er sich von nun an auch dem Morgenlande gegenüber fühlte. Die Krönung selbst geschah unter seierlichen Formen und dem jubelnden Znrus der Anwesenden.
Ii. Karls des Großen innere Werwaktung.
Karl hatte die Absicht, sein ungeheures Reich, das sich von dem südlichen Fuße der Pyrenäen und dem Tiber über die Elbe und an die Eider erstreckte, zu höherer Gesittung und Bildung zu führen. Dazu schuf er zunächst:
a) eine großartig geordnete Verwaltung, kraft deren er fernen Willen bis an die fernsten Grenzen einheitlich durchführen konnte.
Das ganze Reich war in Grafschaftsbezirke (Gaue) geteilt, deren jeder einem Grasen als oberstem Beamten unterstellt war (Graf = gerefa, vgl. auch das französische greffier). Diese Beamten wurden wieder durch besondere Sendboten (Königsboten), die von ihm auf den großen Reichsversammlungen („Maifelder") mit besonderen Weisungen versehen wurden, überwacht. An den Grenzen errichtete Karl die sog. Marken, in denen beständig eine starke Militärgewalt unter Markgrafen zum Schutz gegen die Nachbaren bereit stand (Ostmark, spanische, dänische Mark, vgl. oben 1).
Der Gau war wieder eingeteilt in Hundertschaften; in diesen wurde das Gericht abgehalten, bei welchem sieben ans dem Volke ernannte Schöffen das Urteil fanden.
b) Karl hat ferner die Absicht gehabt, einen allgemeinen Volksunterricht zu begründen. Zu diesem Zwecke errichtete er an seinem Hofe eine Art Akademie zur Heranbildung von höheren Geistlichen, die nun ihrerseits wieder Schulen stiften sollten. An dieser Akademie unterrichteten Männer von höchstem wissenschaftlichem Ansehen, wie Alkuin, Peter von Pisa, Paulus Diakonus u. a. Überhaupt war der Hof Karls eine Pflegestätte für geistige Interessen, die z. B. durch Einhard und Angil-tiert vertreten wurden. Karl selbst nahm persönlichen Anteil an allen Fragen des Wissens. Er ließ die alten deutschen Volks-
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§ 22. Konrad Iii. und Friedrich I. Barbarossa. 37
Von besonderer Wichtigkeit ist noch, daß unter Lothar und durch ihn die Missionsthätigkeit nach Osten, die einst Otto I. so eifrig gefördert hatte, wieder aufgenommen wurde. Dieselbe ging hauptsächlich von den Marken aus, von denen nun zwei in den Vordergrund treten—: Die Nordmark und die Mark Meißen. Erstere wurde an Albrecht den Bären von Anhalt („Askauien") verliehen und bildete fortan den ersten Keim des branden-burgisch-preußischen Staates. Meißen aber kam an Konrad von Wettin, den Stammvater der heute regierenden sächsischen Fürstenfamilien. Hand in Hand mit den Bestrebungen dieser Markgrafen ging die kolonisatorische Thätigkeit des Prümoustra-tenser- und Cisterzienserordens.
pie Hohenstaufen (1138—1254).
§ 22. Konrad Iii. und Friedrich I. Barbarossa.
Nach Lothars Tode wählte man den Hohenstaufen Konrad Iii. 1138 (1138—1152). Aber Heinrich der Stolze (vgl. § 21), der mächtigste bis Fürst im deutschen Reiche, hatte bestimmt für sich auf die Kaiser-kröne gehofft und versagte Konrad den Gehorsam. So erneuerte sich mit besonderer Heftigkeit der Bürgerkrieg der Welfen und Ghibellinen, der, nur auf kurze Zeit durch einen Vertrag unterbrochen, bis zum Tode Konrads dauerte (Belagerung von Weinsberg 1140). Konrad Iii. war der erste deutsche König, welcher sich an einem Kreuzzuge beteiligte (vgl. unten § 26).
Auf Konrad folgte fein Neffe Friedrich I. Barbarossa (1152 1152 bis 1190), die gewaltigste He>rschernatur auf dem alten deutschen bis Kaiserthron. Verwandt mit den Welsen, wußte er das Haupt der- U90 selben, den großen Herzog Heinrich dem Löwen, durch Verleihung des Herzogtums Bayern zu beschwichtigen und gewann dadurch freie Hand für feinen Plan, eine unumschränkte Kaisergewalt in Deutschland und Italien wiederherzustellen (sein Grundsatz: „Der Kaiser ist die Quelle alles Rechtes!"). In Italien hatten sich die lombardischen Städte vom Reich gauz unabhängig gemacht. Als Friedrich nun Huldigung und Unterwerfung von ihnen forderte, versagten sie dieselbe. Auf mehreren Zügen nach Italien hat darauf der Kaiser die Bezwingung dieser Städte, zumal des sehr trotzigen Mailand, angestrebt. Zweimal wurde Mailand erobert, das zweite Mal mit unerbittlicher Strenge
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Extrahierte Ortsnamen: Weinsberg Deutschland Italien Italien Italien Mailand Mailand
84 Geschichte der neueren Zeit.
glaubten, hatten die Gemüter verwirrt. Besonders als sich ihnen sogar Luthers Freund Dr. Karlstadt (vgl. § 47) anschloß und sie in der Ausübung der Bilderstürmers (denn sie hielten jedweden Bilderschmuck für Gotteslästerung) unterstützte, wurde die Bewegung für deu geordneten Fortgang der Reformation bedrohlich. So mußte Luther, wider das Anraten seines Kurfürsten, der für ihn sehr besorgt war, die Wartburg verlassen, und es gelang ihm durch den Eindruck seines Wortes und seiner Persönlichkeit den Brand zu ersticken.
Auch im Zusammenhang mit einer irrtümlichen Auslegung der Lehren Luthers stand eine andere Bewegung: die Versuche des Bauernstandes, seine wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage zu bessern. Der Bauer war damals in Deutschland gegenüber dem Adel in einem sehr gedrückten Verhältnis: hohe Abgaben und Mangel an jedwedem Rechtsschutz lasteten schwer auf ihm. Besonders empfanden dies die Bauern im südlichen Deutschland, welche Gelegenheit hatten, die freien Verhältnisse ihrer schweizerischen Standesgenossen zu kennen. Darum hatten sich schon im 15. Jahrhundert Bauernbünde („Der arme Konrad" u. a., vgl. § 39) zusammengeschlossen, welche durch Empörung eine Besserung ihrer Lage herbeiführen wollten. Als nun aber Luthers Lehre von der „Freiheit des Christenmenschen" in das Volk drang, da glaubten die Bauern ihre Forderungen von der Autorität Luthers bestätigt. In 12 Artikeln stellten sie dieselben zusammen, und Luther-selbst war, da die Forderuugeu nicht gerade unmäßig lauteten, nicht abgeneigt, die Annahme derselben durch den Adel zu befürworten. Als aber die Bauern, ungeduldig der Verhandlungen, zu den Waffen griffen und mit unerhörter Roheit plündernd, mordend und sengend umherzogen (Graf von Helfenstein!), da wandte sich Luther von ihnen ab und forderte sogar den Adel auf, mit dem Schwerte die Bauern zu züchtigen. Heftig entbrannte der Kampf. In Süddeutschland wurden sie bald zu Paaren getrieben. In Mitteldeutschland wurde einer der größten Haufen, der unter der Anführung des fanatischen Schwärmers Thomas Münzer stand, bei Frankenhausen 1525 geschlagen und vernichtet. So wurde zwar diese sehr gefährliche Bewegung unterdrückt, aber die Spuren derselben sehen wir noch heute in den zahlreichen Kloster-und Schloßruinen Mittel - und Süddeutschlands (Pauliuzelle; Walkenried).
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140 Geschichte der neueren Zeit.
zweige. Aber wie ihn die Reformen 1 und 2 in Konflikt mit der römischen Kirche brachten, fo die unter 4—6 aufgezählten mit den bevorrechteten Ständen seines Reiches. Auch in den Niederlanden, welche seit 1714 zu Österreich gehörten, und in Ungarn scheiterten seine Entwürfe an dem Wohlstände derjenigen Bevölkerungsschichten, deren Vorrechte bedroht waren. Auf seinem Totenbette hat dieser Mann, einer der edelsten und begeistertsten Menschenfreunde, welche die Geschichte kennt, die Worte sprechen müssen: „Ich habe das Unglück gehabt, alle meine Entwürfe scheitern zu sehen". Die Zeit war für dieselben noch nicht reif.
Repetition. E. § 79. Innere Zustande Deutschlands in dieser Periode.
a) Religionsverhältnisse. Trotz des westfälischen Friedens häufige Unterdrückungen der Protestanten (Vertreibung der Salzburger). In der evangelischen Kirche Herrschaft der starren Orthodoxie. Derselben gegenüber steht ein Trieb zur Sektenbildung: Pietisten (Spener, Francke, Thomasius); Herrnhuter, Methodisten.
b) Die Litteratur ist bis ins 18. Jahrhundert beherrscht von französischem Geschmack. Streit der Schweizer und Leipziger. Die ersteren weisen auf Shakespeare hin.
c) Das politische Leben ist zerfahren: Ohnmacht des Kaisers, des Reichstages und des Reichskammergerichtes. Selbständigkeit der Territorialfürsten. Mißwirtschaft an den Höfen (Württemberg, Pfalz, Sachsen). Nationale, größere Ziele verfolgen nur die Hohenzollern in Brandenburg-Preußen.
cl) Josephs Ii. große Reformen im Reich und Österreich (Toleranzedikt; Verminderung der Klöster; Aushebung der Leibeigenschaft re.).
Iii. Periode.
Wom Tode Friedrichs des Hroßen bis zur Wiederaufrichtung des deutschen Meiches.
1786 - 1871.
A. pie Jjetf der französischen Revolution.
§ 80. Der Freiheitskampf der nordamerikanischen Kolonien gegen England.
Während die Besiedelung von Südamerika vorzugsweise durch Völker romanischer Zunge und katholischen Bekenntnisses geschehen ist, haben in Nordamerika Germanen und Protestanten sich ausgebreitet. Besonders waren es die Engländer, welche, gegen-
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§ 83. Die Revolution und Deutschland.
147
Mischen Heeren (Schlacht bei Fleurus). Die Österreicher verloren die Niederlande, und Holland, welches zur Batavischen Republik umgebildet wurde, schloß ein Bündnis mit Frankreich. Preußen aber, das in der Pfalz mit Glück gekämpft hatte, sah' seine Interessen in Polen durch ein geheimes Bündnis zwischen Österreich und Rußland bedroht und entschloß sich, mit Frankreich einen Separatfrieden zu Basel 1795 zu schließen, in welchem 1795 es gegen die Zusicherung einer späteren Entschädigung auf seine linksrheinischen Besitzungen verzichtete. Die Franzosen wandten sich nun mit drei Heeren, von denen das eine, welches durch Italien vordringen sollte, von Napoleon Bonaparte geführt wurde, gegen Österreich. Die beiden ersten Heere waren ohne Glück; um so glänzendere Erfolge errang der 27 jährige Napoleon. Persönlich tapser und darum von seinen Truppen begeistert verehrt, gewann er die Schlachten bei Lodi, bei Rivoli und bei Areole, eroberte Mantua und zwang Österreich zu dem Frieden zu Campo F o rmi o 1797 : Österreich willigte darin in die Abtretung Belgiens 1797 und der Lombardei, sowie des ganzen linken Rheinufers.
Über die Entschädigung der deutschen Reichsfürsten für ihre Verluste auf dem linken Rheinufer sollte der Kongreß zu Rastatt entscheiden. Die Lombardei wurde zur cisalpiuifchen, Genua zur ligurischen Republik umgewandelt. — So ging die Republik, anfangs fchwer bedroht, als Siegerin aus dem ersten Koalitionskriege hervor.
Repetition. A. Zeit der französischen Revolution.
§ 80. Freiheitskampf der nordamerikanischen Kolonien. Unabhängigkeitserklärung (1776) 1783. Washington. Franklin. — In Ostindien Ausbreitung der englischen Herrschaft. — Lord Clive, Warren Hastings.
§ 81- Ursachen der französischen Revolution, a) Große Schuldenlast aus der Zeit Ludwigs Xiv., noch vermehrt durch Ludwig Xv. b) Hoher Steuerdruck, der vor allem auf dem dritten Stande lastet. Vorrechte des Adels und des Klerus, c) Gegenüber der ungerechten Verteilung von Recht und Besitz finden die Theorien von der Gleichheit aller Menschen und die Kritik bestehender Zustände in der Litteratur großen Beifall. Voltaire, Rousseau, Montesquieu.
8 82. Gang der französischen Revolution: Konstituierende Nationalversammlung 1789—1791: Sturm auf die Bastille 14.Juli 1789. Erklärung der Menschenrechte 4. August 1789. König Ludwig gezwungen von Versailles nach Paris zu kommen 5. Oktober 1789. Nach dem Tode Mrrabeaus mißlungener Fluchtversuch des Königs. Verfassung von 1791: Königtum beschränkt; Frankreichs alte Provinzialeinteilung aufgehoben:
83 Departements. — Gesetz gebende Versammlung 1791—1792: Sturm
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Niederlande Holland Batavischen_Republik Frankreich Polen Frankreich Basel Italien Rivoli Mantua Belgiens Lombardei Genua Washington Ostindien Versailles Paris Frankreichs
§ 86. Preußen seit dem Tode Friedrichs des Großen. 151
mußte auf Veuetien und Tirol verzichten, und die Herrscher von Bayern und Württemberg als Könige anerkennen.
Napoleons Wille war nunmehr in dem südlichen und westlichen Deutschland unbedingt herrschend. Die dortigen Fürsten waren durch ihn erhöht und bestanden nur durch ihn. Er bildete nun aus ihnen den sog. Rheinbund, Juli 1806, und übernahm 1806 selbst das Protektorat desselben. Fortan bildeten deutsche Laudeskinder wesentliche Teile des Napoleonischen Heeres, deutsche Fürsten sein Gefolge. Die Zeit der tiefsten Erniedrigung unseres Volkes begann. Das beinahe tausendjährige deutsche Reich nahm ein trauriges Ende. —
§ 86. Preußen seit dem Tode Friedrichs des Großen.
Der große König hatte Preußen auf hoher Machtstufe zurückgelassen. Aber die großartige Anspannung aller Kräfte, durch
welche dieselbe erklommen war, ließ unter seinem Nachfolger und
Neffen Friedrich Wilhelm Ii. 1786 — 1797 nach. Ein 1786
leichter, zum Schutz des naheverwandten Hauses Oranien (des ^
Königs Schwester!) unternommener Krieg gegen Holland befestigte { in dem Heere das Vorurteil der Unbesiegbarkeit; eine gegen die Ansprüche Österreichs schwache und unentschiedene Politik auf dem Kongreß zu Reichenbach schädigte das Ansehen Preußens. Freilich wurde der Umfang des Staatsgebietes durch die zweite und dritte Teilung Polens (1793, 1795) um ein bedeutendes vermehrt, aber die inneren Zustände begannen zu kranken. Der Hof fo wenig als die gebildete Gesellschaft blieben unberührt von
der aus Frankreich eindringenden Erschlaffung der Sitten. Dazu
kam, daß sich unehrliche, heuchlerische Menschen in das Vertrauen des Königs einzudrängen wußten und daß die religiöse Duldsam-samkeit, durch welche unter dem Großen Kurfürsten wie unter Friedrich dem Großen Segen über das Land gekommen war, einer fanatischen, engherzigen Orthodoxie Platz machte (das Wöllnersche Religionsedikt).
In mancher, besonders auch in letzterer Hinsicht, wurde es zwar besser, als der edle König Friedrich Wilhelm Iii. (1797 1797 bis 1840) seinem Vater auf den Thron folgte. Selbst sittenrein, bis
suchte er mit seiner Gemahlin, der schönen und edlen Königin 1840
Luise, Prinzessin von Mecklenbnrg-Strelitz, die Sitten zu heben und die Lage des Volkes durch Landstraßen, Schulen rc. zu bessern.
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Napoleons Friedrichs Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich Friedrich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Mecklenbnrg-Strelitz
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Deutschland Rheinbund Holland Polens Frankreich