§. 34. Politisches Leben der Griechen.
33
4. Politisches Leben der Griechen.
§. 34. Was die staatlich en Einrichtungen der Griechen betrifft,
so standen Anfangs die einzelnen Völkerschaften unter Königen, welche
nach deni Erbrecht oder mit Gewalt den Thron erhielten. Die P r ie-
st er hatten nirgends eine Herrschaft, dagegen durch die Orakel be-
deutenden Einfluß. Nach der dorischen Wanderung trennte sich das
Ganze in einzelne, von einander unabhängige Städtegebiete, welche
zuweilen in einen Stadtebund zusammentraten. Die Königsthümer
verschwanden bald, indem die Könige theils ausstarben, theils vertrieben
wurden. An ihre Stelle traten in Städten mit großem Grundbesitz
Arisiokratieen (Adelsherrschaften). Diesem Adel suchte sich in
Handelsstaaten der Stand der Reichen gleichzustellen, der dann die
Oberherrschaft bekam; dies nannte man Timokratie. Das niedere
Volk bildete, wo die neuen Einwanderer das llebergewicht erhielten,
eine Art Mittelstand, oder sank zur Leibeigenschaft herab. Als Sklaven
hatte man nur gekaufte Nichtgriechen. In Städten mit großem Han-
dels- und Gewerbstande, wo die Glieder dieses Standes bald zu Reich-
thum gelangten, errangen sie sich meist einen Antheil an der Regierung,
und es entstand die beschränkte Demokratie (Volksherrschaft).
Aus beiden, der Aristokratie und Demokratie, gieng zuweilen die
Tyrannis hervor, d. h. die unbeschränkte Herrschaft eines Einzelnen, eines
sogenannten Tyrannen, worunter man sich jedoch, besonders in der älteren
Zeit, nicht immer einen grausamen Despoten, sondern meist einen für das
Wohl des Volkes besorgten Alleinherrn zu denken hat. Aus der Timokratie
entstand häufig die Oligarchi e, die Herrschaft Weniger, welche sich durch
Gewalt in der Regierung zu erhalten suchten. Oft aber überschritt auch das
Volk (der Demos) die Schranken und erzwang sich allgemeine Theilnahme
an der Regierung (unbeschränkte Demokratie), welche leicht in
Ochlokratie (Pöbelherrschast) ausartete.
Bei diesein Auseinandergehen der griechischen Stämme hatten sie
doch wieder verschiedene Bande der Einigung. Zuerst die Gast-
f r e u n d s ch a f t, dann die Waffen- und Bundesgenossen-
schäften mehrerer Staaten unter der Oberanführung (Hegemoni e)
des angesehensten; ferner die Amphiktyvnie, eine Verbindung meh-
rerer Staaten zum Schutz der gemeinschaftlichen Heiligthümer und Fest-
spiele. — Das allgemeinste und weiteste Band aber waren ihre hei-
ligen Festspiele: die dem Zeus geweihten olympischen, welche alle
vier Jahre wiederkehrten, und nach welchen ihre Zeitrechnung sich rich-
tete; die dem Apollo geweihten pytbisch en zu Delphi; die dem Poseidon
geweihten isthmischeu bei Korinth und die von Herakles gestifteten
nemeischen bei Nemea.
Leitfaden der Weltgeschichte. 3
r
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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66
§. 69. Bildungsstand. §. 70. Die gracchischen Unruhen.
befohlen ward, weil diese zerstört werden müsse, da beschloßen sie, sich
aufs äußerste zu vertheidigen und lieber mit ihrer Stadt unterzugehen.
Zwei Jahre lang konnten die Römer gegen die mit dem Muth der
Verzweiflnng kämpfenden Punier nichts ausrichten, bis Scipio Aemi-
lianus (des großen Scipio Adoptivenkel) als Oberfeldherr erschien,
und die Stadt durch Abschneidung ihrer Verbindung mit dem Land und
Meer eroberte und gänzlich z e r st ö r t e. Das Land wurde unter
dem Namen Afrika zur römischen Provinz gemacht. Bald darauf
brach der n u m a n t i n i s ch e Krieg gegen die noch unbesiegten
spanischen Völkerschaften aus, der zehn Jahre lang (143—133 v. Ehr.)
dauerte und mit der Zerstörung der Stadt Numantia und der Un-
terwerfung der ganzen pyrenäischen Halbinsel endete.
Im gleichen Jahre fiel den Römern als Vermächtniß des Königs
Attalus Iii. auch noch das pergainenische Reich zu, das die wichtigsten
Theile Kleinasiens mnfaßte und unter dem Namen A s i a znr rö-
mischen Provinz gemacht wurde.
3. Bildungsstand der Römer in der Periode der punischen Kriege.
§. 69. dem zuletzt geschilderten Zeitraum bekam die griechische Literatur,
mit welcher die Römer nun mehr und mehr bekannt wurden, großen Ein-
fiuß auf die römische Bildung und Literatur; doch beruhte diese lange nur
auf bloßer Nachahmung griechischer Muster. Mit besonderer Vorliebe wandten
stch die Römer der griechischen Philosophie und Disputirkunst zu,
die wohl ihrer Beredtsamkeit, aber nicht ihrer Moral Vortheil brachte.
4. Noms Entartung
1. Die gracchischen Unruhen; der jugurthinische und cimbrische Krieg.
§. 70. Aas Glück, welches Rom bei seinen Kriegen begleitet hatte; die
Ueppigkeit und Schwelgerei, welche die Römer im Morgenlande kennen
lernten; die unermeßlichen Reichthümer, welche aus den eroberten Pro-
vinzen in der Weltstadt zusammen strömten, hatten die alte Einfachheit
der Sitten und den strengen Rechtssinn der Römer untergraben: Herrsch-
sucht, Habsucht und Gennßsncht waren an die Stelle getreten.
Die Partei der Mächtigen wußte nach und nach allen Länderbesitz
in ihren Händen zu vereinigen, während die Aermeren in immer größere
Armuth versanken, zumal sie wegen der vielen Sclaven, durch welche
die Reichen ihre Güter bebauen ließen, keine Arbeit fanden und daher
besonders seit der Einführung der geheimen Abstimmungen, fast nur
uoch von Bestechung lebten. Dieses schreiende Mißverhältnis führte die
133 g r a c ch i s ch e n Uttr u h e n herbei.
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•I
Zweite Abtheilung.
Geschichte -er Welt nach Christus.
I. Die römische und christliche Welt in den ersten vier
Jahrhunderten.
I. Das römische Kaiserreich seit Auguftus bis
Constantin.
D t t t m a r's histor. Atlas. Tas. Vii. u. Vi. b
1. Das Christenthum und seine beginnende Verbreitung.
§. 78. Machdem die Heiden sich aus ihren eigenen Wegen abgemüht hatten,
das verlorne Heil zu finden, und das Sehnen nach Erlösung, wenn
auch dunkel und unbewußt, immer stärker wurde; während die Juden
unter dem schweren Joch des Gesetzes seufzten, das sie nicht erfüllen
konnten, und nach dem verheißenen Messias, wenn auch zum größereu
Theil mit sehr irdischeu Hoffnungen ausblickten: — da wurde unter der
Regierung des Kaisers Augustus, zur Zeit des Königs Herodes, Jesus
zu Bethlehem im jüdischen Lande aus deni im Laufe der Zeit herabge-
kommenen königlichen Geschlechte David's geboren.
Aus den Nachstellungen des Herodes errettet, wuchs er in der Stille
auf bis zu seinem 30. Jahre, in welchem er nach überwundener Ver-
suchung-sein Lehramt antrat, indem er zur Buße und zum Glauben an
das Evangelium aufforderte. Von seinen zwölf Jüngern begleitet, zog
er drei Jahre lang im jüdischen Lande umher, predigte Dom Reiche
Gottes und beglaubigte sich durch Wunder und Zeichen als den Sohn
des lebendigen Gottes.
Aber die Seinen nahmen ihn nicht auf; Israel im Ganzen
verwarf ihn und brachte ihn zum schmählichen Kreuzestod, den er als
Priester und Opfer in Einer Person zur Versöhnung der Sünden der
ganzen Welt erduldete. Nach drei Tagen jedoch erstand er wieder vom
Tode, befahl seinen Jüngern das Evangelium allen Völkern zu ver-
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Extrahierte Personennamen: Christus Constantin Augustus Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Bethlehem Gottes Gottes Israel
77
§. 79. Die Germanenwelt zur Zeit des Augustus.
kündigen und rüstete sie nach seiner Himmelfahrt mit Kraft aus der
Höhe, mit dem heiligen Geiste dazu ans.
Schon am ersten Pfing st feste wurde die erste Christenge-
meinde gesammelt, welche senfkornartig allmählig zu einem Baume
heranwachsen sollte, in dessen Schatten alle Völker Ruhe und Heil fin-
den. Damit war der Grund zur christlichen Kirche gelegt, welche, auf
den Fels des Glaubens an Christum, den Sohn des lebendigen Gottes
erbaut, selbst von den Pforten der Hölle nicht sollte überwältigt wer-
den können.
Die erste Verfolgung der neuen Gemeinde von Seiten des
hohen Raths veranlaßte zwar den Märtyrertod des Almosenpflegers
Stephanus, aber auch die Ausbreitung der Gemeinde über andere
Theile Palästinas und Syriens. Dieselbe Frucht schaffte auch die zweite
Verfolgung durch Herodes Agrippa I , in welcher der Apostel Ja-
kobus der Aeltere seinen Tod fand.
Nachdem zuvor schon die Erstlinge aus den Heiden in die Gemeine
ausgenommen worden waren, begann der vom Herrn selbst bekehrte
und ausgerüstete Heidenapostel Paulus sein Werk, durchzog auf drei
Reisen Kleinasien, Macedonien und Griechenland, stiftete allenthalben
neue Christengenieinden und verkündigte zuletzt noch in der Weltstadt
Rom das Evangelium von dem Gekreuzigten, in welchem allein das
Heil zu finden ist.
2. Die Germanenwelt zur Zeit des Augustus/
§. 79. Während so die christliche Kirche in der Stille sich gründete, traten
in dem römischen Kaiserreich verschiedene Wechsel ein. Noch zur Zeit
des Angustns hatte der Kampf mit dem Volk der Germanen be-
gonnen , welches zunächst berufen war, das Strafamt über das versun-
kene Römerreich zu üben und darnach der Hauptträger christlicher Bil-
dung und Gesittung zu werden.
Die Germanen, dieses kräftige, nach Sprache und Blut unvermischte
Volk, wohnten von dem Jura, den Vogesen und der Maas bis zur
Weichsel, von der Donau bis zur Ost- und Nordsee, und waren in viele
Völkerschaften getheilt, welche größtenteils ohne politischen Zusammenhang
lebten. Sie zeichneten sich in leiblicher Beziehung durch hohe
Körpergestalt, weiße Haut, blondes Haar, blaue, feurig blickende Augen,
trotzige Haltung und große Kraft, in geistiger Hinsicht durch unbän-
digen Muth, unbezwingliche Tapferkeit, Freiheitssinn, Vaterlandsliebe,
Gottesfurcht, Züchtigkeit, Achtung gegen das weibliche Geschlecht, Gastlich-
keit, Treue und Redlichkeit vor allen andern Völkern aus.
Jeder Germane oder Deutsche, welcher ein Grundeigenthum, Allod,
besaß, war frei. Wer aber einem Freien gegen ein Feod oder Lehens-
gut oder um sonstigen Unterhalt diente, war dinglich — hörig. Die
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Extrahierte Personennamen: Augustus Agrippa Apostel Heidenapostel_Paulus Muth
Extrahierte Ortsnamen: Christum Gottes Syriens Kleinasien Macedonien Griechenland Weltstadt
Rom Donau Nordsee
178 §. 158. Europäische Ereignisse von 1815 bis 1830.
Elba verwiesen, der Bourbon Ludwig Xviii. eingesetzt und Frankreich
ans seine Grenzen von 1792 zurückgeführt.
Während aber der Wiener Cvngreft die Verhältnisse Europa's
ordnen wollte, landete Napoleon wieder in Frankreich (den 1. März
1815), wurde mit Begeisterung von: Heer empfangen und stellte das Kai-
serthum wieder her. Aber schon nach 100 Tagen wurde seine Herrschaft
durch die Schlacht bei Waterloo (oder Belle Alliance) am 18. Juni
1813 zertrümmert, er selbst als Gefangener Europa's nach der Insel Helena
geführt, wo er am 5. Mai 1821 starb.
Frankreich wurde durch den zweiten Pariser Frieden (1815) aus
die Grenzen von 1790 beschränkt, mußte 700 Millionen Franken Kriegsent-
schädigung zahlen und 5 Jahre lang in 17 Grenzfestungen ein Bundesheer
aufnehmen. Ludwig Xviii. wurde wieder eingesetzt, die Familie Bonaparte
bei Todesstrafe aus Frankreich verbannt.
Die Wiener Congreßacte aber ordnete die europäischen Staaten-
vcrhältnisse wieder, jedoch in Beziehung aus Deutschland nickt auf eine
solche Weise, welche dem Vaterlandsfreunde genügen konnte, indem z. B.
der Antrag Preußens, Lothringen und das Elsaß sammt Straßburg wie-
der mit Deutschland zu vereinigen, an dem Widerstande Englands und
Rußlands scheiterte.
Sämmtliche (38) Staaten Deutschlands wurden zu dem deutschen Bund
vereinigt, welcher durch den Bundestag zu Frankfurt repräsentirt wird.
6. Die europäischen Ereignisse von 1815 bis 1830.
§. 158. Die Gerichte Gottes, welche über Europa hingegangen waren,
bewogen die Monarchen von Oesterreich, Preußen und Rußland zur
Stiftung des heiligen Bundes, in welchem sie sich verpstichteten, ihre
Völker dem Evangelium gemäß zu regieren und sich gegenseitigen Bei-
stand zu leisten.
Allgemein wirkten die bittern Erfahrungen ein Sehnen nach Umkehr
zu dem im Christenthume liegenden Heil; und während das Papstthum
durch Wiederherstellung des Jesuitenordens und anderer religiösen Institute
seinen früheren Einstnß zu gewinnen suchte, fieng die protestantische Kirche
an, wieder durch schriftgemäßere Verkündigung der evangelischen Lehre, durch
Bibelverbreitung, M i ssion s th ä ti gkeit und Errichtung von An-
stalten christlicher Liebe das neucrwachtc Glaubcnsleben zu fördern. In Be-
ziehung aus das politische Leben suchte man das Heil in der Veränderung der
Staatsverfassungssorm, besonders in der c o n st i t uti o n ellen Monar-
chie, und so traten in verschiedenen Ländern neue Constitutionen ins Leben.
Während aber auf der einen Seite Rückgriffe zu unumschränkter
Herrschaft versucht wurden, brach das verborgene Feuer der Revolution
in Spanien und Portugal, Neapel und Piemont von Neuem
1820—1821 aus, wurde aber durch österreichische und französische Heere
wieder gedämpft.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xviii Ludwig Napoleon Helena Ludwig_Xviii Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Elba Frankreich Frankreich Frankreich Frankreich Deutschland Lothringen Deutschland Englands Deutschlands Frankfurt Gottes Europa Oesterreich Christenthume Spanien Portugal Neapel
Die Geschichte stellt die Thatsachen, durch welche sich der äußere
und innere Zustand der Menschheit gebildet hat, nach Stoff und Form
geordnet dar.
Diese Thatsachen müssen wahr und merkwürdig seyn. Ersteres
untersucht die historische Kritik, welche auf der Kenntniß der historischen
Quellen beruht, die theils ans mündlichen und schriftlichen Nach-
richten und Ueberlieferungen^ theils ans vorhandenen Denkmälern der
Bau- und Bildnerknnst und andern Ueberresten (Waffen, Wappen, Ge-
räthschaften, Münzen rc.) bestehen.
Ihrem Stoffe nach ist die Geschichte entweder Universalge-
schichte oder Specialgeschichte, welch' letztere sich mit besondern
Th ei len der allgemeinen Geschichte oder mit besondern Zweigen der
inner» und äußern Verhältnisse der Völker beschäftigt.
Fragt man nach der Form oder Methode der Geschichte, so ist damit
die äußere und innere Anordnung der Begebenheiten gemeint.
Mit Beziehung auf die äußere Anordnung ist die'darstellung
entweder ethnographisch, oder synchronistisch oder gemischt. Die
ethnographische führt die Völker und Reiche einzeln nach einander, jedes
von Anfang bis zu Ende vor; die synchronistische faßt die Begebenheiten,
welche in einem Zeitraum bei den verschiedenen Völkern gleichzeitig Vor-
stelen, zusammen; die gemischte sucht die Vortheile beider zu vereinigen.
In Bezug auf die innereanordn n n g muß die Darstellung prag-
matisch seyn, d.h. sie muß die Begebenheiten nach ihren innern Ursachen
und dem Zusammenhänge ihrer Folgen aufstellen.
Der Einheitsgrund der Darstellung aber ist entweder der poli-
tische, oder der ethische, oder der religiöse, oder der christliche,
welch' letzterer als der wahrhaft allseitige und universelle für die Univer-
salgeschichte der geeignetste ist.
Aus diesem Gesagten schon erhellt, daß der Geschichtsforschung
auch Bekanntschaft mit der Sprachen- und Alterthumskunde, mit der Theo-
logie und Philosopie, mit der Staatenkunde und Staatswissenfchaft, mit
der Literatur und Kunst nöthig ist; daß ihr verschiedene Hilfswissen-
Seitfaben der Weltgeschichte. 1
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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2 Einleitung.
schäften unentbehrlich sind, nämlich die Geographie und Chronologie, die
Epigraphik oder Inschriftenkunde, die Genealogie, die Heraldik oder Wap-
penkunde, die Sphragistik oder Siegelknnde, die Diplomatik oder Kenntniß
der Urkunden und bereu Abfassung und die Numismatik oder Münzkunde.
Der leichteren Uebersicht wegen theilt man die Geschichte in Perio-
den (Zeiträume), welche mit solchen Ereignissen beginnen oder schließen,
die Epoche machten, d. h. von tiefgreifendem Einfluß auf das innere oder
äußere Leben der Menschheit waren.
Mit Beziehung ans das äußere Leben unterscheidet man alte, mitt-
lere, neue und neueste Geschichte: die alte schließt mit dem Untergang
des weströmischen Reichs; die mittlere mit der Entdeckung Amerika's; die
neue beginnt mit der Reformation; die neueste mit der französischen Revo-
lution.
Mit Rücksicht auf das innere Leben der Menschheit aber theilt man
die Universalgeschichte in die Geschichte der Welt vor Christus,
und in die nach Christus.
Erstere zerfällt wieder in 2 Perioden: in die Zeit des orientali-
schen und in die Zeit des griechisch-römischen Alterthums; die
Zeit nach Christus theilt sich ebenfalls in 2 Hauptperioden. In der ersten
gieng die Kirche nach Ueberwindung des Heidenthnms die Verbindung mit
dem Staat ein, errang selbst die Weltherrschaft, und wurde zuletzt selbst
weltlich; worauf in der zweiten Periode in der Reformation der
Geist der Völker von der Kraft des göttlichen Wortes bewegt unter dem
Vorgang der deutschen Nation die hierarchischen Fesseln abstreifte und nach
freiern Formen in Staat und Kirche rang, — durch deren mißbräuchliche
Anwendung aber aus dem gewonnenen Mittelpunkt des Lebens vielfach
wieder heraustrat und auf dem Wege der Revolution eine falsche Frei-
heit anstrebte, welche dem Widerchristenthum Bahn machte, dessen völlige
Besiegung erst durch den Arm des Herrn aller Herren erfolgen und dem
Reiche Raum geben wird, in welchem „Gerechtigkeit und Friede sich küssen"
werden.
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8
§. 4. Die Entstehung des Heidenthums.
Aber auch bei den Nachkommen Noah's war das Andenken an das
gewaltige Strafgericht Gottes bald erloschen; die Sünde nahm auch
bei ihnen wieder mehr und niehr überhand. Sie beschloßen, gegen den
Willen des Herrn, nach welchem sie die ganze Erde bevölkern sollten,
im Lande Sinear beisammen zu bleiben und einen hohen Thurm
zu bauen, damit sie sich einen Namen machten und nicht so leicht zer-
streut würden.
Doch Gott vereitelte ihr Beginnen, indem er die Völker- und
Sprach enscheidung eintreten liest, die sie zwang, anseinanderzu
gehen. Jedes Volk-sollte seine eigenen Kräfte üben und ausbilden, bis
die Zeit gekommen seyn würde, in der nach Gottes Rath Eine Heerde
unter Einem Hirten werden sollte.
So bildeten sich denn die verschiedenen Völkerstämme ans, die nach
ihrem körperlichen Aussehen, nach ihren geistigen Eigenschaften und nach
ihren Sprachen so sehr von einander abweichen. Doch ist ungeachtet
dieser Abweichungen, ungeachtet dieser verschiedenen Menschenracen, deren
man gewöhnlich fünf zählt, und ungeachtet der verschiedenen Sprachen
ihre gemeinschaftliche Abstammung nicht zu verkennen.
Nach den verschiedenen Woh nplätzen, welche sich die auseinander
ziehenden Geschlechter wählten, bildeten sich auch die Lebensweisen
und Schicksale der Völker verschieden ans. Die einen setzten sich in
fruchtbaren Flußthälern und Ebenen fest, und wurden so zum Ackerbau,
zur Gründung von Städten und Dörfern geführt, was sie wieder weiter
zum Handel und Gewerbe, zur Kunst und Wissenschaft leitete. — An-
dere ließen sich an Meeresküsten nieder, welche sie zur Schifffahrt und
zum Handel einluden; wieder andere, die sich in Wüsten und Steppen
verloren hatten, waren auf Viehzucht und das damit verbundene No-
madenleben angewiesen; und solche, die in Gebirgen lebten, nährten
sich von der Jagd, die sie zu Krieg und Raub leitete und in Rohheit
und Wildheit versinken ließ.
4. Die Entstehung des Heidenthums.
§. 4. De länger je mehr aber entfremdete sich das neue Menschen-
geschlecht seinem Gott und Herrn und wurde immer unempfänglicher
für seine Offenbarungen, so daß am Ende von seiner Gottes-Erkennt-
niß nichts übrig blieb, als das allgemeine Gefühl der Abhängig-
keit von einem höhern Wesen, die Erinnerung an einen früheren
seligen Zustand, ein mehr oder weniger deutliches Schuldbewußt-
s e y n und ein Sehnen nach Erlösung. Die Menschen suchten zwar
das, was sie noch von Gott wußten, durch äußere Zeichen sestzuhalten,
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
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§. 5. Stande und Kasten, Priesterstaaten und priesterliche Kriegerstaaten. 9
die sie aus den Werken Gottes in der Natur hernahmen; bald aber
verwechselten sie die Sinnbilder mit dem Urbild selbst und verwandelten
die Herrlichkeit des unsichtbaren Gottes in ein Bild gleich dem vergäng-
lichen Menschen und der Vögel und der vierfüßigen und kriechenden
Thiere. Ebenso trieb sie ihr Schuldbewnßtseyn zu allerlei selbsterdich-
teten Reinignngs- und Heiligungsmitteln, als da sind: Gebetssormeln,
äußere Büßungen und Opfer, die ihnen nur einen Scheinfrieden geben
koitnten.
So entstand das Heidenthum, bei dessen Ausbildung sich die
G rund ver schied e n h eit der drei Hanptstämme auf das deutlichste
ans Licht stellte.
Die Semiten hielten nur die erhabenen Lichtkörper, die Gestirne, für
werth, als Abbilder Gottes zu dienen, unter welchen sie jedoch den wahren
Gott ebenfalls ganz verloren, mit Ausnahme Eines Stammes, der Nach-
kommenschaft Eb er s. Die Iaphetiten vertheilten den wahren, unsichtbaren
Gott gleichsam in die ganze sichtbare Natur und vergötterten insbesondere die
Menschengestalt. Die Hamiten aber versanken theils in den Thierdienst,
theils in den Fetischismus (die Anbetung lebloser Dinge), theils trat und
tritt noch heute bei ihnen der Götzendienst in seiner greulichsten Gestalt
auf, indem sie den Grund des Bösen in Gott selbst suchen, ihn als ein
böses Wesen, als eine finstere, teuflische Macht betrachten, welche sie durch
grauenvolle Menschenopfer zu versöhnen suchen.
2. Die alte st en Staaten des Heidenthnms.
Dittmar's histor. Atlas. Taf. I. Ii. V.
1. Stände und Kasten, Priesterstaaten und priesterliche Kriegerstaaten.
§. 5. Die gesellschaftliche Verbindung der Menschen, welche man
Staat nennt, wurzelt in der Familie. Als diese sich vermehrte und
die neu sich gründende Familie bei der des Stammvaters blieb, so ent-
stand das, was man ein Geschlecht, einen Stamm nennt, dessen
natürliches Haupt., König und Priester der Stammesälteste ist. Diese
patriarchalische Einrichtung kann jedoch nur bei Stämmen bestehen,
welche auf unbeengtem Raume sich frei bewegen und mit ihren Heerden
imtner weiter wandern können. Solche Völker haben keine Geschichte.
Diese beginnt erst dann, wenn sie sich ansiedeln, und aus dem nun
verengerten Raum allerlei Hemmnisse entspringen, welche der Mensch in
Verbindung mit seinen Nachbarn überwinden muß, weil er ihnen nicht
mehr ausweichen kann.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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11
§. 6. Die zcndischen Arier oder das Zendvolk.
Kriegerkaste diese Ordnung durchbrachen, und eine eigene, willkührliche
gründeten, die aber nur wieder um so tiefer ins Verderben führte, da sie
auch „ohne Gott" war.
Hören wir nun einiges von diesen ältesten Völkern!
2. Die zcndischen Arier oder das Zendvolk.
§.6. An den Quellen des Oxus und Jaxartes wohnten die Arier,
welche später weiter nach Westen wunderten, und sich dann zum Theil
aus religiösen Gründen trennten, so daß die Inder über den Hin-
d ukusch nach Süden zogen, die Ir ani e r aber sich nördlich von diesem
Gebirge festsetzten. Sie gründeten einen Priesterstaat, der in der
Folge von verschiedenen Völkern unterjocht wurde, aber seine Religions-.-
und Staatsverfassung den Siegern aufdrang, so daß sie uns er-
halten blieb.
Sie hatten schon in früher Zeit einen Religionslehrer, Namens.
Zoroafter, dessen Lehren in der Av est a, d. h. indem göttlichen Worte
gesammelt und in der Zendsprache geschrieben sind, weshalb man diese
Schriftensammlung Zenda vesta nennt.
Nach diesen Lehren theilt sich die ganze geistige Welt in zwei Reiche, das
Reich des Lichts und das der Finsterniß. Jenes ist der Sitz der guten Geister
und wird von Ormuzd regiert, dieses aber nehmen die bösen Geister mit
ihrem Fürsten Ahriman ein. Beide leben in beständigem Kampf, welcher
jedoch zuletzt mit dem Sieg des Ormuzd endigen wird. Die Priester hatten
dabei das Hauptgeschäft, den schädlichen Einstuß der bösen Geister durch Opfer
und Sühnungen abzuhalten und die Menschen vor denselben zu schützen.
3. Die Inder.
8- 7. Wie wir oben gehört haben, wunderte ein Stamm der Arier, die
Inder, in die herrliche, fruchtbare vorderindische Halbinsel ein, un-
terjochte oder vertrieb die dort ansäßige schwarze Bevölkerung und grün-
dete daselbst die alt-indischen Priesterstaaten. Diese Inder
waren mit hohen geistigen Anlagen ausgestattet, die sie nach allen Rich-
tungen zu bedeutender Höhe entwickelten, bis sie zum Theil durch den
Einfluß des heißen Klima sich der Unthätigkeit und einem beschaulichen
Leben Hingaben. Von ihrem reichen Geiste zeugen sowohl ihre Bau-
werke, als ihre Literatur.
Unter den elfteren nennen wir die unterirdischen Tempel auf den Inseln
Elcphante und Salsette, sowie zu Ellore, wo sie einen ganzen Berg
stockwerkartig aushöhlten und mit unzähligen Tempeln erfüllten. Sodann die
Palast- und Tempeltrümmer in Ma valip uram, wo sie eine ganze Stadt
in Felsen ausgehauen haben, und ihre Pagoden, dunkle, nur von Lampen
erhellte, prachtvolle Tempel mit vielen Nebengebäuden für die Wallfahrer.
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