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schwung nahm. Die Exilsfürsten, welche aus dem davidischen Hause stammten, waren die Vermittler zwischen dem Volke und den Königen, zu denen sie in einem den deutschen Lehensfürsten ähnlichen Verhältnisse standen. Ihre Würdezeichen waren ein seidenes Obergewand und ein goldener Gürtel. Sie machten grossen Aufwand, wozu die zahlreichen und im Wohlstände lebenden Juden gern die Mittel boten, fuhren in einem goldenen Wagen und hielten eine Menge Diener. Sie waren die Richter in Criminal- und Verwaltungssachen und führten die Oberaufsicht über die öffentliche Sicherheit, sie zogen für die Staatskasse die öffentlichen Abgaben ein und ernannten die Richter und Beamten. Widersetzlichkeiten bestraften sie nach orientalischer Sitte mit Stockschlägen, und es kam, wenn auch nur selten, vor, dass Exilsfürsten ihre Stellung misbrauchten. Nur wenige von ihnen haben einen Namen als Gelehrte, die meisten waren unwissend und selbst im Religionsgesetze nicht bewandert.
Einen starken Gegensatz zu den Exilsfürsten, welche erst im 11. Jahrhundert mit Hiskia aufhörten, bildeten die Oberhäupter der babylonischen Akademien. In Babylon wurde nämlich durch Rab und Samuel für die jüdische Wissenschaft eine Saat ausgestreut, die in den von ihren Schülern gegründeten Akademien üppig aufschoss. In Sura lehrte Huna; Juda b. Jecheskel, „der Scharfsinnige“, gründete in Pumbedita einlehrhaus; auch in Machuza, Kafri und ändern Orten befanden sich Hochschulen.
Von den babylonischen Amoraim, welche nach den Oberhäuptern der Akademien in 6 oder 7 Generationen eingetheilt werden, waren die hervorragendsten:
R. Huna, der Schüler und Nachfolger Rab’s. Trotz seiner Verwandtschaft mit dem Resch Geluta war er arm und bestellte seinen kleinen Acker selbst; später gelangte er zu grossen Reichthümern, von denen er den edelsten Gebrauch machte. In seinem Lehrhause, dem er 40 Jahre Vorstand, versammelten sich oft 800 Schüler. Nach seinem im Alter von über 80 Jahren erfolgten Tode (297) folgte ihm R. Juda b. Jecheskel, der Gründer des Lelirhauses in Pumbedita, und dann R. Chisda aus Kafri, der als der glücklichste Amora galt; von Haus aus arm, wurde er später sehr reich; er feierte 60 Hochzeiten in seinem Hause und keins seiner Familienglieder soll bis zu seinem Tode gestorben sein. Nicht minder glücklich war R. Nachman den Jakob, der die Tochter des Exilsfürsten, die kluge hochmüthige Jaltha, geheirathet hatte. Nach der Zerstörung von Nehardea verlegte er sein Lehrhaus nach Schakanzib, wo er 320 starb.
Wegen seines Scharfsinns berühmt war Rabbah bar Nachmani, der, im Jahre 299 zum Schulhaupt von Pumbedita gewählt, den alten Glanz dieser Hochschule wieder herstellte. Seine zahlreichen Schüler wusste er durch Klarheit in der Behandlung des halachischen Stoffes, durch geistreiche Auffassung desselben und durch Einmischung agadischer Sentenzen zu fesseln. Seine Hauptthätigkeit war auf die Begründung der überlieferten Satzungen und auf die Ausgleichung der darin vorhandenen Widersprüche gerichtet; die Agadasammlung, die unter dem Namen Midrasch Rabba bekannt ist, wird ihm fälschlich zugeschrieben. Von den Gesetzeslehrern hochgeehrt, war er, ein strenger Sittenrichter und noch dazu arm, vom Volke nicht geliebt. 22 Jahre stand er der Hochschule in Pumbedita vor und starb auf der Flucht vor persischer Verfolgung eines freiwilligen Todes
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Extrahierte Personennamen: Samuel Geluta Chisda Nachman Jakob Nehardea
Extrahierte Ortsnamen: Juda Pumbedita Machuza Juda Pumbedita Kafri Pumbedita
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Verträge wurde auch sie gezwungen, die bürgerliche Ungleichheit aus ihrem Gesetzbuche zu streichen: nach einem harten Kampfe wurden die schweizerischen Juden 1863 emancipirt. Bekenner des jüdischen Glaubens leben jetzt in allen Kantonen im vollen Genuss aller bürgerlichen Rechte.
Russland steht hinter den Forderungen der Zeit noch immer zurück. Wol suchto man die Zustände der Juden auch dort zu verbessern, indem man ihnen den Besuch der russischen Schulen und Universitäten, sowie die Errichtung eigener zeitgemässer Schulen erlaubte und ihnen Freiheiten in der Ausübung der Gewerbe gewährte. Nahum Funkelstein, ein Jude aus Sklow, erhielt auf sein Ansuchen die Erlaubniss (1808), in der Gegend von Nikolajew jüdische Ackerbaukolonien zu gründen. Er legte deren sieben an, gab ihnen hebräische Namen und bevölkerte sie mit jüdischen Einwohnern. Diese jüdischen Ackersleute sind im Sommer Bauern, im Winter Gelehrte; denn zur Winterzeit wird das Talmudstudium mit demselben Fleisse betrieben, wie im Sommer der Ackerbau und die Viehzucht Auf dieselbe Weise leben sie in Kaukasien und Grusien. Kaiser Nikolaus I. behandelte die Juden mit Härte. Er vertrieb sie willkürlich aus Petersburg und Kiew und wollte sie durch einen Ukas von 1843 in die inneren Gouvernements verweisen. Er erliess die allerdrückendsten Ausnahmegesetze und befahl die gewaltsame Abführung zahlloser Judenkinder als zukünftige Rekruten in das Innere des Reichs und ihre Taufe. Seit dem Regierungsantritt Alexander’s Ii. trat auch für die Juden des grossen Czarenreichs eine allmähliche Besserung ihrer Lage ein, die sich aber bald um so trauriger gestaltete.
Die Juden in Rumänien hatten trotz der Bestimmung der Pariser Convention vom Jahre 1856, welche die bürgerliche Gleichstellung aller Moldauer und Wallachen ohne Unterschied der Religion verlangte, unausgesetzt mittelalterliche Bedrückungen zu erleiden. Durch den Berliner Vertrag von 1878, der die Gleichstellung aller Staatsangehörigen, sowie die Freiheit der Ausübung aller Kulte für alle Donaustaaten als Grundprincip aufgestellt hat, wurde ihre Lage wol etwas verbessert, aber noch immer stehen sie unter Ausnahmegesetzen.
Günstiger gestalteten sich die Verhältnisse der Juden in Serbien, wo ihrer völligen Gleichstellung nur wenig fehlt, und in Griechenland, wo ihnen Freiheiten gewährt sind.
In Spanien ist das Verbannungsedict noch immer nicht aufgehoben und trotz mehrfacher Bemühungen freisinniger Männer (Castelar) den Juden der Wiedereintritt noch immer verboten; doch wird den Bekennern des Judenthums, welche sich in verschiedenen Städten des Landes niedergelassen haben, die freie Ausübung ihrer Religion gestattet.
§ 5. Die Juden in Afrika und Asien.
Die Blutbeschuldigung in Damaskus.
Der Zustand der Juden in den Reichen der Moslemim ist im allgemeinen Unterdrückung und Entziehung aller Rechte.
In Marokko, wo sich gegen 200,000 Juden befinden, die in den Städten Marokko, Fez, Mequinez, Mogador, Tanger u. A. in abgesonderten Vierteln
10*
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dem Tempelberge zu. Dort angekommen, nahm selbst der König Agrippa*) seinen Korb auf seine Schulter und trug ihn hinauf in die Tempelhalle. Beim Eintritt der Darbringer begrüsste sie der Levitenchor mit dem Gesänge: „Ich huldige dir, der du mich erhoben und meinem Feinde nicht Schadenfreude über mich gewährt hast!“ (Ps. 30.) Die Tauben, welche, an die Körbe gebunden, um diese herumflatterten, spendete man als Ganzopfer, alles übrige gab man den Priestern. Doch noch während der Korb auf seiner Schulter war, verlas der Darbringer den Abschnitt aus 5. B. M. cap. 26 von „ich habe heute kundgetan“ bis „der Aramäer wollte meinen Vater vernichten“, alsdann nahm er den Korb von der Schulter, hielt ihn an seinen Rändern, während der Priester seine Hand unter dem Korbe hielt und alsdann die Weiheschwingung machte. Dann las der Darbringer den Abschnitt zu Ende . . .
Ursprünglich hielt man es so, dass jeder, der selbst lesen konnte, den Abschnitt selbst las, und man ihn dem vorlas, der nicht lesen konnte, da dies aber vielen unangenehm war und sie sich deshalb der Pflicht, die Erstlingsfrüchte zu bringen, entzogen, so ordnete man an, dass allen ohne Unterschied die betreffende Bibelstelle vorgelesen wurde.
Die Reichen brachten ihre Erstlingsfrüchte in silbernen oder goldenen Körben, die Armen in Körben aus dem Geflechte geschälter Weiden; diese Körbe wurden nebst den Früchten den Priestern gegeben.
*) Regierte von 37—44. Seine Herrschertugenden, seine Güte und seine Frömmigkeit werden oft gerühmt.
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Xi.
R. Elieser Ben Hyrkanos
(90 n.)
Aus Aboth D’ R. Nathan«
2. Rezension, Kap. 13, Ed. Schechter
Man erzählt von R. Elieser, dass, als er Thora lernen wollte, er felsigen Boden auf seines Vaters Aeckern pflügen musste, während die ändern Arbeiter guten Boden zu bestellen hatten. Als sein Vater ihn bei der Arbeit weinend antraf, fragte er ihn: „Warum weinst du, quält es dich etwa, dass du felsigen Boden zu bestellen hast? Morgen sollst du auf besserem Boden arbeiten.“ Aber auch bei der leichteren Arbeit weinte er, und auf die Frage seines Vaters, warum er so traurig sei, antwortete er: „Ich möchte Thora lernen.“ „Du,“ erwiderte ihm der Vater, „bist ja schon 28*) Jahre alt und willst jetzt noch mit dem Lernen beginnen? Heirate und dann bringe deine Kinder in die Schule.“ Drei Wochen lang quälte er sich, bis Elijahu ihm erschien und ihn aufforderte, nach Jerusalem zu den Sakkai zu gehen. Dort setzte er sich hin und weinte. „Wessen Sohn bist du?“ fragte ihn R. Jochanan. Er sagte es nicht. „Warum weinst du? — Was wünschst du?“ — „Ich will Thora lernen.“ — „Bist
*) Nach einer ändern Lesart; 22 Jahre. 3* ( 35 )
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Xxxv.
Aus Einem Reisebriefe Des R. Obadja Di Bertinoro*) Aus Dem Jahre 1489
Im Urtext Veröffentlicht Und Übersetzt **) Von Senior Sachs Im Jahrbuch Für Die Geschichte Der Juden Und Des Judentums. Iii. Leipzig 1863
Palermo.
Palermo ist eine grosse Stadt und die Residenz des Königreichs Sizilien. Ungefähr achthundertfünfzig Juden wohnen da in einer Strasse zusammen in einem der schönsten Teile. Es sind Metallarbeiter, Lastträger und Landarbeiter. Sie sind in den Augen der Bevölkerung verachtet, gehen in zerrissenen und schmutzigen Kleidern, an denen sie einen einen Denar grossen roten Lappen als Judenzeichen tragen müssen. Die Fronden des Königs lasten sehr schwer auf ihnen, denn sie müssen sich jeder Fronarbeit, wie dem Ziehen der Boote aufs Land, Schanzarbeit usw. unterziehen. Wenn einer zum Tode oder zur Geisselung oder Tortur verurteilt wird, so müssen Juden das Urteil vollziehen, und der An-
*) R. Obadja aus Bertinoro war erster Rabbiner in Jerusalem, wohin er 1488 kam. Berühmt wurde er besonders durch seinen klaren Kommentar zu allen sechs Ordnungen der Mischna.
**) Vorliegende Uebersetzung ist eine selbständige.
( Hl )
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enterben; jetzt aber, da ich gekommen und gesehen und mich an deiner Thoraweisheit erfreut habe, so seien deine Brüder, die mich gegen dich gereizt haben, enterbt und alles sei dir als Geschenk*) gegeben.“ Darauf antwortete R. Elieser: „Das sei mir fern, es genügt, wenn ich gleichen Teil mit meinen Brüdern habe. Nicht nach Gold, Silber oder Landbesitz war mein Sinn gerichtet, dies alles kann mir Gott geben; nichts von alledem habe ich erbeten, erbeten habe ich, dass Gott mir das Glück gebe, in den Besitz der Thorakenntnis zu gelangen.“
*) Ein solches Verfahren findet nicht die Billigung der jüdischen Weisen, wie aus Mischna Baba bathra 8, 5 zu entnehmen.
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Xiii.
Eine Der Veranlassungen Des Bar K O C H B A - K R I E G E S
Talm. Bab. Gittin 55 B
I A Er Streit um eine Wagendeichsel gab Veranlas-'sung zur Zerstörung Bethars. Man hatte den Gebrauch, dass man bei der Geburt eines Knaben eine Zeder, bei der eines Mädchens eine Pinie pflanzte; wenn diese heirateten, so fällte man die Bäume und stellte aus dem Holz den Baldachin für die Trauung her. Eines Tages fuhr die Tochter des Kaisers durch einen Ort, und da die Deichsel an ihrem Wagen brach, fällten die Bedienten eine solche Zeder, um sie als Deichsel zu verwenden; die Verwandten wollten sich aber diesen Gewaltakt nicht gefallen lassen, sie fielen über die kaiserlichen Diener her (und entrissen ihnen den Baum). Man meldete nun dem Kaiser, die Juden hätten sich gegen ihn empört, und so zog er gegen sie zum Kampfe. „Er . hat im erglühten Zorne niedergeschlagen jedes Horn Israel“,*) darunter sind verstanden, so berichtet R. Sera im Namen des R. Abba, im Namen des R. Jochanan, die achtzigtausend Hornträger, die bei der Eroberung Bethars in diese Stadt eindrangen und dort Männer, Frauen und
*) Klagelieder 2, 3.
( 42 )
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Handelsleute, denn das Land ist gross und Gewinn ist zu allen Zeiten in grossem Masse zu erzielen. Unter allen Ländern kommt keines Aegypten in bezug auf den Handel und Gelegenheit Reichtum zu erwerben gleich. Viele Fremde aus allen Völkern und Sprachen halten sich in Cairo auf, tags und nachts währt der Verkehr, denn in allen Strassen und auf den freien Plätzen brennen Fak-keln in der Nacht, und die Menschen schlafen nachts dort auf dem Boden vor den Läden. Dort findet der Jude alle Lebensmittel zum Kauf: Fleischspeisen, Käse, Fische, Gemüse und alles, dessen er bedarf, denn die Judengasse ist voll aller Arten Gerichte, die man zum Verkauf bereitet, wie in Palermo, doch dort nicht in dem Masse wie hier. Denn die Juden hier kochen nur für den Selbstbedarf zu Hause, da Männer wie Frauen von der Arbeit in Anspruch genommen sind, und was sie nötig haben, kaufen sie vom Markt. Auch ist das Holz sehr teuer in Cairo, eine grosse Last Holz, die aber lange nicht einer für ein Gespann Maultiere gleichkommt, kostet ungefähr zwei Drittel Dukaten und darüber. Fleisch und Obst ist sehr teuer, doch ist das Fleisch sehr gut, besonders der Fettschwanz der Lämmer, von dem aber die Karäer nicht essen, weil sie ihn zu den in der Thora verbotenen Fetteilen zählen. Ausser Flussfischen, Zwiebeln, Schnittlauch, Kürbissen, Gurken und Gemüse habe ich nichts Billiges in Cairo gesehen. In fruchtbaren Jahren ist das Brot billig, das sie als ganz dünne Fladen bereiten.
Der in Cairo residierende jüdische Fürst herrscht über alle Juden, die unter der Regierung des Königs von Aegypten leben. Er hat vom König die Vollmacht, jeden der Juden in allen Gemeinden ringsum gefangen zu setzen und zu züchtigen, der seinem Befehl ungehorsam ist, und er setzt in jeder Gemeinde die Richter ein. Der gegen-
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