§ 84. Napoleon Bonaparte bis zu seiner Erhebung zum Kaiser. 149
reißen, b) es in seinen ostindischen Kolonien anzugreifen suchte. Er unternahm daher die
Expedition nach Ägypten 1798—1799. Im Einver- 1798 ständnis mit dem Direktorium fuhr er von Toulon aus, in seinem Gefolge zahlreiche Gelehrte, wie Monge, Bertholet, Comte, zur Erforschung des Wunderlandes mit sich führend, eroberte Malta (Aufhebung des Johanniterordens!) und landete in Alexandria.
Nach einem berühmten Zuge, auf dem er mit bewunderungswürdigem Talent den Mut der erschöpften Soldaten zu beleben gewußt, schlug er die Mamelucken bei den Pyramiden und kam in Kairo an. Aber die Vernichtung der französischen Flotte durch den englischen Admiral Nelson bei Abukir und die drohende Haltung der Türkei zwang ihn, einen Zug nach Syrien zu unternehmen, der indes ohne Erfolg verlief. Plötzlich verließ Napoleon, den die Entwicklung der inneren Angelegenheiten nach Frankreich rief, ohne Heer Ägypten, wo er Kleber als Feldherrn zurückließ, nach bessert Ermordung das Land im Jahre 1801 geräumt wurde.
Napoleon, der im Oktober 1799 in Frejns landete, stürzte das 1799 Direktorium und ließ sich, als erstem Konsul, die Regierungsgewalt übertragen; seine beiden Mitkonsuln (Cambacsrös, Lebrün) waren bloße Schatten. Napoleon besetzte alle Ämter. Diese Würde des Konsulats, welche thatsächlich mehr als königliche Gewalt einschloß, wurde ihm zwei Jahre später, 1802, auf Lebenszeit 1802 übertragen.
Noch während Napoleon in Ägypten war, hatte sich gegen Frankreich ein neues Bündnis der Mächte gebildet, um der gewalttätigen Politik des Direktoriums Einhalt zu thun. England, Rußland und Österreich waren die Führer in dem zweiten Koa liti ons krie ge 1798—1801. Ansangs waren sie glücklich 1798 (Suwaroffs heldenhafter Zug über den St. Gotthard). Als aber bis Napoleon nach seiner Rückkehr den Oberbefehl übernahm, wandte 1801 sich das Kriegsglück und nach der Schlacht bei Marengo mußte der Kaiser sich zu dem Frieden zu Luneville verstehen 1801. Durch diesen Frieden und den im Anschluß daran 1801 1803 erfolgenden sogen. R ei ch sd eput ation sh a upts ch luß 1803 wurde dem deutschen Reiche der Todesstoß gegeben: das linke Rheinufer ging in französischen Besitz über; alle geistlichen Reichsstände (mit Ausnahme von drei) wurden eingezogen (säkularisiert);
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§ 99. Die wichtigsten Ereignisse in den außerdeutschen Staaten. 181
Kriege von 1866 zu teil, Rom aber, in welchem der Papst noch 1867 durch Napoleon Iii. verteidigt worden war, wurde während des deutsch-französischen Krieges von der italienischen Regierung besetzt und dem vereinigten Königreiche einverleibt. So endete die weltliche Herrschaft des Papstes, der sog. Kirchenstaat, nach mehr als tausendjährigem Bestände.
H. Auch in Amerika haben sich in unserem Jahrhundert die Verhältnisse wesentlich geändert. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika führte die Frage der Abschaffung der Sklaverei eineu Abfall der südlichen Staaten von der Union herbei. Die Südstaaten (Sezessionisten, Kouföderierte) weigerten sich, in die Freilassung der Sklaven, welche von der nördlichen, vorzugsweis germanischen Bevölkerung verlangt wurde, zu willigem In dem darauf folgenden Bürgerkriege behielten, nach anfänglichen Mißerfolgen, die Nordstaaten uuter der Leitung des vortrefflichen Bundesprüsidenten Lincoln und des Generals Grant die Oberhand. Wenn auch im Jahre 1865 der wiedergewählte Lincoln er- 1865 mordet wurde, so ist doch seitdem sein Werk, die thatsächliche Abschaffung der Sklaverei in den Vereinigten Staaten, unangetastet geblieben. Im Jahre 1870 wurde den Negern auch das 1870 Stimmrecht verliehen. In wirtschaftlicher Beziehung nahmen die Vereinigten Staaten einen ungeheuren Aufschwung, und auch das geistige Leben entwickelt sich mehr und mehr. Wie das unterseeische Kabel (vgl. § 98) Amerika und Europa verbindet, so hat die Paeifie-Eiseubahu den fernen Westen mit dem Innern und dem Osten verbunden.
In Zentral- und Südamerika haben sich die spanischen Kolonien zu verschiedenen Zeiten, bald einzeln bald mehrere vereinigt, gegen das Mutterland erhoben und sind zu selbständigen Staaten geworben. Mexiko wurde 1821 durch Jturbibe von spa- 1822 nischer Herrschaft befreit. Zunächst Kaisertum, ist es alsbald Republik geworben und, trotz der vorübergehenden Erhebung des unglücklichen Erzherzogs Maximilian von Österreichs zum Kaiser (vgl. oben S. 177), auch geblieben. Das portugiesische Brasilien trennte sich 1822 von Portugal und bildet seitdem ein selbständiges Kaisertum unter dem Hause Braganza (gegenwärtiger Kaiser der gelehrte Pedro Ii.). Aber die süd- und mittelamerikanischen Staaten sind noch fern von einem gesunden und stetigen Zustande, vielmehr von beständigen blutigen Parteikämpfen und auch gegenseitigen Anfeindungen heimgesucht.
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30 Erster Teil. Das Altertum.
auf körperliche Gewandtheit und Stärke, sowie auf die Erzielung von Vaterlandsliebe gerichtet war die Erziehung der Mädchen. Die Frauen lebten eingezogen im Hause.
d) Das Leben der erwachsenen Männer. Auch die Erwachsenen lebten nicht in der Familie, sondern stets in gemeinsamen Häusern zusammen, wo das ganze Leben streng und gleichmäßig geregelt war (Syssitien oder Phiditien d. i. gemeinschaftliche Mahlzeiten; Blutsuppe). Hauptbeschäftigung der Männer: Jagd und Krieg.
c) Ausschließung der Fremden. Verbot der Reisen. Eisernes Geld.
Da er viele Anfeindungen erfuhr, nahm Lykurg seinen Landsleuten das Versprechen ab, die neue Verfassung nicht eher zu ändern, als bis er von einer Reise nach Delphi zurückgekehrt sei. Um nun die Verfassung für alle Zeit zu erhalten, kehrte er, wie die Sage erzählt, überhaupt nicht zurück, sondern tötete sich selbst. — Der Erfolg der neuen Ordnung war ein ungemeiner Aufschwung der spartanischen Macht; nachdem die Stadt in zwei langwierigen und blutigen Kriegen das benachbarte Messenien (Aristodemus, Aristomeues) besiegt und den Schutz des Zeustempels in Olympia übernommen hatte, erhielt sie den vorwiegenden Einfluß, die Hegemonie (d. i. Führerschaft) im Peloponnes.
§ 13. Solon, der Gesetzgeber Athens.
Ähnlich wie Sparta im Peloponnes blühte Athen zur vorherrschenden Macht in Hellas auf. Die erste staatliche Ordnung der Stadt und ihres Gebietes führte man auf Thefeus zurück, dessen Geschlecht dann auch im Besitze des Königtums blieb, bis ihm die N e l i d e n folgten. Ans diesem Geschlecht stammte K o d r n s, der letzte König von Athen, welcher durch seinen heldenhaften Opfertod in einem Kriege gegen die Dorier die Stadt rettete. An feine Stelle traten uuu die Archonten. Anfangs wurden diese höchsten Beamten noch aus dem Geschlecht des Kodrus genommen, bald aber aus den vornehmen Geschlechtern (Eupatrideu) überhaupt; auch wurde ihre Zahl auf neun festgesetzt, und ihr Amt dauerte immer nur ein Jahr. Da aber diese Vornehmen, welche auch das höchste Gericht, den Areopag, beherrschten, die niederen Klassen bedrückten und das um so mehr, als keine geschriebenen Gesetze bestanden, so wurde mit der Auszeichnung des bisher geübten Rechtes Drakon beauf-624 tragt (ca. 624 v. Chr.). Aber die drakonischen Gesetze waren so streng, daß die Lage der Niederen dadurch eher ver-
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§ 25. Leben und Sitten der Griechen. 63
Person, als in den Handlungen und den sittlichen Grundsätzen Schönheit und Tugend, Anmut und Wurde zu vereinigen (K a l o -k a g a t h i e). Schon in dem Gang und der Kleidung der Gebildeten prägte sich der Sinn für ein schönes Ebenmaß aus, jede übermäßig rasche Bewegung der Glieder, das Auffallende in der Kleidung durch grelle Farben re. galt im gewöhnlichen Leben für unschön. Sie trugen lange, mantelartige Gewänder (Hintation u. a.), die in kunstvolle Falten geworfen waren. Schmuck verschmähten sie nicht; derselbe bestand zumeist in Spangen, Ringen, goldenen Nadeln, besonders auch in Kränzen, welche Männer und Frauen bei festlichen Gelegenheiten zu tragen pflegten. Wort, Gebärde und Handlung standen bei den Griechen unter dem Gesetze des Maßes und der Schönheit, und je mehr eine Persönlichkeit die Erfüllung dieser Gesetze sich zur zweiten Natur zu machen verstand, desto größeres Ansehen genoß sie beim Volke (vgl. Perikles).
Das öffentliche Leben war in Griechenland ein ungemein reges. Da die Volksversammlungen in den meisten Orten die Entscheidung der Angelegenheiten hatten (z. B. in Athen), so war der einzelne Bürger an den Verhandlungen sehr interessiert. Dabei gewährten ihm die Reden, welche in den Volksversammlungen und auch in den Gerichtssitzungen gehalten wurden, ein geradezu ästhetisches Vergnügen, was dann wieder den Nachteil im Gefolge hatte, daß man oft denjenigen Rednern zustimmte, welche am kunstvollsten zu reden verstanden, ohne daß ihre Sache auch die beste war.
Diese Neigung zur Öffentlichkeit ließ bei den Griechen eine Pflege der Häuslichkeit in unserem Sinne nicht auskommen: der Mann lebte draußen, die Frau im Hause. Selbst der Familiensinn, anfangs hoch entwickelt, litt in den Zeiten der republikanischen Verfassungen viel Einbuße.
Die Bildung der Frauen war im großen und ganzen vernachlässigt, wenngleich wir hin und wieder auch hochgebildeten Frauen begegnen, wie den Dichterinnen Sappho, Corinna und der Freundin des Perikles, Asp asia. Am wenigsten nahmen die Frauen an dem geistigen Leben des Volkes teil in Sparta, wo die Männer, vom Gesetz gezwungen, stets außer dem Hause lebten und die Erziehung der Kinder schon im siebenten Jahre vom Staate übernommen wurde.
Die sittlichen Anschauungen des griechischen Volkes, die in dem heroischen Zeitalter bereits sehr entwickelt waren (Vaterlands-
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68 Erster Teil. Das Altertum.
§ 29. Gründung Roms. Die Könige.
Die Geschichte der römischen Kömige ist durchaus sagenhaft. Am Tiber gründeten Romul ns und Remus, nachdem sie durch wunderbare Fügungen vor den Nachstellungen ihres Großoheims Amulius von Alba Longa gerettet waren (Numitor, Rhea Silvia, die Wölfin, Faustulus, Acca Larentia), die Stadt Rom. Aber schon bei der Namengebung für die Stadt brach zwischen beiden Brüdern Streit aus; Romulus erschlug den Remus und eignete sich die Alleinherrschaft in der nach ihm benannten Stadt an. Er wurde der erste König Roms. Durch Bekrieguug der Sabiner, denen er ihre Frauen hatte rauben lassen, legte er den Grund zu der kriegerischen Größe Roms. Nach einer sehr erfolgreichen Regierung wurde er den Blicken des Volkes bei einem Gewitter auf übernatürliche Weise entrückt und in den Himmel enthoben. Er blieb bei den Römern in 'göttlichem Ansehen (Quirinus). — Seinem Nachfolger Numa Pompilius wird die Einrichtung des Gottesdienstes und die Ordnung des ganzen Religionswesens zugeschrieben. Vor allem soll er die Priesterkollegien geschaffen und ihnen eine bestimmte Thätigkeit zugewiesen haben. — Auf Numa folgte wieder ein kriegerischer König, Tullus Hostilius, welcher die Nachbarstadt Alba Longa unterwarf (Zweikampf der Horatier und Curiatier) und die Einwohner derselben nach Rom verpflanzte. Ancus Martius trat in die Fußstapfen seines Großvaters Numa. Die unterworfenen Latiner siedelte er in Rom unter dem Namen Plebej er an; auch gründete er den Vorhafen von Rom, Ostia. — Nach seinem Tode kam auf den Thron der Etrusker Tarquinius Prisku s (d. i. der Ältere). Er entwickelte eine großartige Bau-thäigkeit, deren Schöpfungen noch heute in ihren Resten unser Erstaunen erregen: die Kloaken, das Forum Romauum, der Cirkus Maximus, Fundamente der großen Stadtmauer. — Letztere wurde freilich erst fertig gestellt unter Servius Tullius. Dieser ist von allen Königen der wichtigste, weil er 1. ein Bündnis mit den Latinern schloß und 2. eine gänzlich neue Verfassung für die römische Gemeinde einführte. Die f er titanische Verfassung tetlte das ganze Volk je nach der Größe des Grundbesitzes in fünf Klassen und diese wieber in Centurien. Jnbem nun zu der ersten Klasse alle Wohlhabenden gezogen wurden und bieselbe eine überwiegenbe Zahl von Centurien zugewiesen erhielt, lag das Schwergewicht
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70
Erster Teil. Das Altertum.
ü. Periode.
pic Zeit der Uepubük.
509—31 v. Chr.
A. Won der Gründung der Kepnvlik Sis zum Beginn der punischen Kriege.
509—264 v. Chr.
§ 30. Die Republik.
An die Stelle des Königtums trat nun die Republik. Die obersten Beamten des Staates waren zwei jährlich gewählte Prätoren oder, wie sie später durchweg heißen, Konsuln. Sie waren zugleich oberste Feldherren und oberste Richter. Sie wurden gewählt durch die Versammlungen des ganzen Volkes (Ceuturiatkomi-tien); neben diesen bestanden noch die Versammlungen der vornehmen Geschlechter, der Patrizier (Curiatkomitien), die aber wenig einflußreich waren, und die Tribuskomitten, in welchen das Volk sich distriktsweise (nach den Tribus - Distrikten) versammelte. Die Patrizier hatten den größten Einfluß im Senate, der jetzt eine viel bedeutendere Stellung bekam, als er zur Zeit der Könige gehabt hatte. Der Senat bildete die eigentliche Regierung, schlug die Konsuln vor und bekleidete dieselben auch mit ihrer Amtsgewalt. Damit aber die Beamten nicht etwa, wie es die Könige gethan, das Volk unterdrückten, wurde bald darauf festgesetzt, daß von den Befehlen derselben jedermann eine Berufung an die Volksversammlung einlegen könne — das ist das überaus wichtige Provokationsrecht. — In Zeiten großer Not des Vaterlandes wurde durch die Konsuln ein Mann, der das allgemeine Vertrauen besaß, zum Diktator ernannt, zum obersten völlig unbeschränkten Befehlshaber auf sechs Monate.
§ 31. Äußere und innere Gefahren.
Aber die neue Republik hatte viele Stürme zu bestehen, ehe sie sich befestigte.
a) Krieg gegen Porfena. Nachdem die Römer einen Angriff der vertriebenen Tarquinier abgeschlagen hatten, wandten sich diese an den König Porsena von Etrurien um Hilfe. Diefer zog mit einem großen Heere vor die Stadt und zwang dieselbe, trotz ihrer tapferen Gegenwehr, zu einem sehr ungünstigen Frieden.
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72 Erster Teil. Das Altertum.
Z 32. Zwölstafelgesetz. — Ausgleichung der Stände.
Durch .die Einsetzung der Tribunals wurde der Kampf der Stände nicht beigelegt, sondern erhielt nur geordnete Formen Vor allem schuf es viel Unzuträglichsten, daß die Gesetze, nach welchen gerichtet wurde, nur mündlich überliefert waren und daher große Willkürlichsten vorkommen konnten. Um dem abzuhelfen, beantragte der Tribun Terentilius Arsa, daß die Gesetze revidiert und schriftlich aufgezeichnet würden. Nachdem der Senat vergeblich versucht hatte, dies zu hintertreiben, wurde eine Kommission von zehn Männern, Decemvirn, ernannt, welche, unter Aufhebuua aller anderen Ämter mit der vollen Regierungsgewalt bekleidet, im 451 ^hre 451 die Gesetze auf zehn Tafeln, denen nachher noch zwei hinzugefügt wurden, aufzeichneten. Das ist das sogenannte Zwöls-taselgesetz. Die Decemvirn aber, nachdem sie ihren Austrag erfüllt, wollten nicht abdanken und regierten eigenmächtig weiter indem sie mannigfache Gewaltthaten an den Bürgern verübten' Als aber dieses Unwesen in dem rohen Angriff des Decemvirn Appius Claudius gegen die Virginia, Tochter des Virginins seinen Höhepunkt erreichte, brach eine Empörung aus, vor welcher die Decemvirn weichen mußten. Die gewöhnlichen Ämter traten
wieder in Kraft. Nachdem die Plebejer, welche eine zweite Auswanderung ans den heiligen Berg unternommen hatten, wieder versöhnt waren, wurde die Eintracht durch die Gesetze des Vale-449 rius und Horatius 449 vorläufig hergestellt. Aber die in denselben enthaltenen Zugeständnisse genügten den Plebejern nicht: sie richteten vielmehr ihre Wünsche auf den Mitbesitz aller Staatsämter. Zunächst gelang es ihnen, nach langen Kämpfen mit den Patriziern, in den Mitbesitz des Konsulats zu gelangen. Das geschah durch die Gesetze des Liciuius und <>vo Sextius, welche im Jahre 366 durchgingen. In diesen Gesetzen waren zugleich noch wichtige andere Fragen gelöst: 1. Niemand sollte von dem Staatsacker, d. h. den dem Staate gehörigen eroberten Ländereien, welche bisher die Patrizier sich ohne weiteres angeeignet hatten, mehr als 500 Morgen besitzen; 2. hinsichtlich der sehr drückenden Schulden wurde bestimmt, daß alle bisher bezahlten Zinsen auf das Schuldkapital in Anrechnung gebracht werden sollten und daß letzteres in drei Jahren ratenweise abbezahlt werden solle. — Nachdem die Plebejer diese Zugeständnisse erreicht, ging es mit raschen Schritten zur völligen Gleichstellung, welche dadurch, daß
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76 Erster Teil. Das Altertum.
schmelzen. Allenthalben an wichtigeren Punkten wurden römische Bürger und Soldaten angesiedelt. Große Straßen, zunächst zu militärischen Zwecken erbaut, dienten dem Handel und Verkehr. Die Verfassungen der unterworfenen Städte wurden nach der römischen umgebildet. Die unterworfenen Gemeinden wurden im allgemeinen mild behandelt, doch wurde ihnen mit Absicht, gemäß dem römischen Grundsatz „teile und herrsche", eine ganz verschiedenartige Stellung Zu Rom verliehen. Man hat unter diesen Gemeinden zu unterscheiden: 1. solche, die das römische Bürgerrecht entweder vollständig oder doch in beschränktem Umfange hatten, 2. solche, die dasselbe überhaupt nicht, dafür aber das geringwertigere lati-nifche oder irgend ein anderes besaßen.
§ 34. Nachdem nun die Römer bis an die Straße von Messina ihre Herrschaft ausgedehnt hatten, richteten sie naturgemäß ihren Blick nach Sizilien, welches feiner Lage und Beschaffenheit nach eng zu Italien "gehört und besonders auch wegen seiner Fruchtbarkeit begehrenswert erschien. Aus den Besitz dieser Insel aber erhoben schon seit geraumer Zeit die Karthager Anspruch, und die Sizilianer hatten unter ihren Führern (Dionys der Ältere, Ti-nioleon, Agathokles) mit denselben schwere Kämpfe zu bestehen gehabt. Nun tritt Rom mit den Karthagern in einen langen und blutigen Kampf um Sizilien und damit um die Herrschaft des Mittelmeeres.
Repetition: R ö m e r. Ii. Periode. 509—31 v. Chr. A. 509—264.
Errichtung der Republik. Zwei Konsuln. Senat. Volksversammlungen (Komitien). Provokationsrecht. Diktator.
Gleich Anfangs äußere und innere Gefahren. Krieg des Porsena von Etrurien gegen Rom. — Empörung der schlecht gestellten Plebejer gegen die Patrizier; Auswanderung auf den heiligen Berg (Menenius Agrippa). Zum Schutze der Plebejer Einsetzung des Volkstribuuats 494. Coriolans Versuch, dasselbe abzuschaffen, mißlingt.
451. Decemvirn eingesetzt, um geschriebene Gesetze, die bisher nicht bestanden, zu geben. Zwölftafelgesetz. — Die Decemvirn wollen ihr unbeschränktes Amt nicht wieder abgeben. Da werden sie, anläßlich eines Übergriffs des Appius Claudius, gestürzt. — Plebejer erlangen von Stufe zu Stufe den Mitbesitz der Ämter, überhaupt rechtliche Gleichstellung mit den Patriziern (die Licinischen Gesetze 366).
Die Ausbreitung der römischen Macht über Mittelitalien erfolgt rasch, nachdem sich die Römer von dem verheerenden Einfall der Gallier (388) in ihre Stadt erholt haben. Eroberung von Veji (Camillns). Die Samniter- und Latinerkriege (P. Decins Mus' Opfertod). Im zweiten Samniterkrieg furchtbare Niederlage der Römer in den caudinischen
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Extrahierte Personennamen: Menenius_Agrippa Coriolans Claudius
Extrahierte Ortsnamen: Rom Messina Sizilien Italien Rom Sizilien Etrurien Rom
84 Erster Teil. Das Altertum.
licher Art) das Kapital ansammelte. Sie kauften auch Grund und Boden auf (Latifundienwirtschaft), so daß
2. der kleine Mann, der Bauer, was immer und überall für die Staaten gefährlich ist, von der Grundansässigkeit, von der Scholle verdrängt wurde und entweder um kargen Lohn arbeiten mußte, oder sich in die großen Städte (besonders Rom) zog, wo er von den zu politischen Zwecken gegebenen Spenden der Reichen lebte. — Dazu kam, auch als Folge des Reichtums, in den oberen Schichten des Volkes
3. ein großer Hang zu luxuriösem Wohlleben. Der alte gute
einfache Sinn erstarb, trotz der Versuche, welche z. B. der sittenstrenge Cato (ca. 150 v. Chr.) zu seiner Erhaltung machte. Ausländische ausschweifende Götterverehrung verdrängte den ernsten einheimischen Glauben. Aberglauben machte sich vielfach geltend.
§ 39. Die Gracchen.
Die Geschichte der ganzen folgenden Periode ist von dem
Gegensatz zwischen Arm und Reich bedingt und beeinflußt. Die
ersten Versuche eines Ausgleiches machte (133) der Volkstribun Tiberius Sempronius Gracchus, ein Mann von unbescholtenem Charakter und edlem Mitgefühl für die Not des Volkes. Er sah das Mittel zur Rettung in der Zuteilung von kleinen Ackergütern an die Besitzlosen. Zu dem Ende erneuerte er (mit einer maßvollen Änderung) das licinische Ackergesetz. Er setzte es auch durch, freilich nur indem er den Verfassungsbruch beging, seinen widersprechenden Kollegen Oktavins vom Volke absetzen zu lassen. Durch diese That ward das Auftreten des Gracchus zur Revolution. Um die Ausführung des Gesetzes zu sichern, wollte sich (auch gegen die Verfassung) Gracchus zum zweiten Male zum Tribun wählen lassen, wurde aber vorher von den Anhängern der erbitterten Senats- und Aristokratenpartei auf dem Kapitol erschlagen. —
Die unerfüllt gebliebene Aufgabe des Tiberius nahm in größerem Umfange nach zehn Jahren fein Bruder Cajus Gracchus wieder auf. Zwei Jahre nacheinander Volkstribuu, schlug dieser hochbegabte, weitfchaueude Mann eine Reihe von Gesetzen vor, die, in der von ihm geplanten Weise durchgeführt, eine gänzliche Umgestaltung des Staatswesens hervorgerufen haben würden. Nachdem er zunächst das niedere Volk durch Anträge auf großartige Ge-
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Extrahierte Personennamen: Tiberius Tiberius Cajus_Gracchus
§ 40. Jugurtha. — Cimbern und Teutonen. 85
treideausteilungen und auf erhöhten Einfluß desselben in den Gerichten (Zustimmung zu jedem Todesurteil) für sich gewonnen hatte, trennte er die herrschende Klasse durch ein Gesetz, welches die Ritter (Geldaristokratie) gegen die Beamten-(senatorische) Aristokratie bevorzugte. Dann trat er mit dem hochwichtigen Plane hervor, die armen Bürger durch eine umsassende Koloniegründung außerhalb Italiens besser zu stellen. Dieser Antrag erhielt Genehmigung. Nun aber zerstörte Gracchus sein eigenes Werk, indem er den Antrag stellte, daß an alle Bundesgenossen Roms (Italiker) das volle Bürgerrecht gegeben werden solle. Dadurch wurde ihm das niedere Volk, das eben vermöge seines Bürgerrechts an den Getreidespenden re. teil hatte und dieselben nicht mit anderen teilen wollte, entfremdet. Dies benutzte die Senatspartei, indem sie die Anträge des Gracchus durch scheinbar noch volksfreundlichere von dem Tribunen Livius Drusus überbieten ließ. Gracchus, der bei der Gründung der Kolonie Jnnonia (auf der Stelle des alten Karthago) abwesend war, fand bei seiner Rückkehr seinen ganzen Einfluß erschüttert. Doch glaubte er wenigstens einen Teil seines Werkes retten zu können, indem er sich ins Privatleben zurückzog. Aber als man auch daran Hand legte, betrat er, wie sein Bruder, die revolutionäre Bahn und fiel, wie dieser, im Handgemenge gegen die Aristokraten.
So endeten die griechischen Brüder, zwei der edelsten und reinsten Gestalten des ganzen Altertums. Hohe Vaterlandsliebe und Aufopferungsfähigkeit verbanden sich in ihnen mit edler geistiger Bildung, die schon auf der griechischen beruhte, und mit ungewöhnlichen Talenten. Ihre Mutter Cornelia, die Tochter des großen Scipio und das Ideal einer römischen Frau, hatte ihre Erziehung in diesem Sinne geleitet; sie überlebte beide und trug ihr schreckliches Geschick mit Würde und Ergebung.
§ 40. Jugurtha. — Cimbern und Teutonen.
Von nun an sehen wir den beständigen Kampf einer aristo-kratisch-oligarchischen und einer demokratischen Partei. Derselbe verdarb das sittliche Bewußtsein des Volkes immer mehr und entwickelte vor allem eine hochgradige, alle Kreise umfassende Bestech- ^ lichkeit. Das zeigt deutlich derjugurthiuische Krieg (111—106). König Jugurtha von Numidien erkaufte nicht nur einen römischen 106
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