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1. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 116

1909 - Regensburg : Manz
116 Lykurgos. Die 2 Könige. Die Gerusia. sowohl als durch seine innere Bedeutung wichtiger Kampf. Auch gegen Polykrates von Samos schickten die Spartaner gegen 525 eine Flotte, die erste dorische Unternehmung gegen Asien; aber die Belagerung der festen, am Meere gelegenen Stadt in solcher Ferne von Sparta gelang ihnen nicht. Sparta und Athen. Inmitten des weit verbreiteten griechischen Lebens hoben sich zwei Staaten, Sparta und Athen, jeder auf eine besondere Weise, zu einer Bedeutung empor, welche sie bei dem persischen Angriffe zu Leitern der Gegenbewegung machten, wie sie anch seitdem die Ausgangs-punkte fr alle Bestrebungen geblieben sind, durch welche Griechenland von innen heraus sich entwickelte. Der Charakter beider Staaten spiegelte sich in ihren Gesetzgebungen. Die Spar-tarier behaupteten, ihre Gesetzgebung rhre von Lykurg os, dem Sohne des Agis und Enkel des Eurysthenes, dem Oheim und Vormund des Knigs Labotas, her und die Pythia habe dieselbe ausdrcklich gebilligt, ja sogar Lykurg eingegeben. Allein die Lykurgische Staatsordnung war sicherlich nicht das Werk eines einzelnen, sondern des regierenden Staates. Die Vor-aussetzung fr die Entwicklung derselben war einerseits die Notwendigkeit, alle Krfte zur Behauptung der Herrschaft im eroberten Lande zusammenzufassen, anderseits der Gegensatz zwischen dem Adel und Knigtum, das durch die Staatsordnung gebunden wurde. Die Rhetrai", welche diese Ordnung begrndeten, waren ihrem eigentlichen, ursprnglichen Sinne nach vom Delphischen Gott garantierte Vertrge", zu denen sich das Knigtum bequemen mute. Die Bedeutung von Sprchen, Gesetzen, ist ihnen erst spter beigelegt worden. Lykurgos ist wahrscheinlich keine historische Person, sondern ein in Sparta verehrter, mit dem Kultus des Zeus Lykaios verknpfter Heros, mit welchem die Gesetzgeberfabel verbunden wurde. 1. An der Spitze der spartanischen Gemeinde stand ursprnglich wie im Homerischen Staate ein erbliches Knigtum, dem der Rat der Geronten zur Seite stand. Die knigliche Gewalt lag in den Hnden zweier Könige aus den verschiedenen Familien des Ge-schlechtes der Herakliden. Den Ursprung dieses Doppelknigtums erklrten die Spartaner durch die Legende von den Zwillingsshnen des Aristodemos, Prokles und Eurysthenes. Die kniglichen Familien nannten sich aber selbst nicht Eurystheniden und Prokliden, sondern giden und Eurypontiden; offenbar waren Agis und Enrypon die wirklichen Ahnherren, welche eben des Doppelknigtums wegen zu Shnen von Zwillingsbrdern gemacht wurden. Etwas Sicheres lt sich der den Ursprung des Doppelknigtums nicht sagen. Vielleicht ist es nach Analogie des Konsulats oder durch die Rivalitt mchtiger Familien zu erklären. Zweifellos irrtmlich ist aber die Ansicht, da die giden nicht ein dorisches, sondern ein achisches Geschlecht gewesen seien. In lterer Zeit waren die Könige bei der Leitung der Staatsgeschfte in allen wich-tigen Fllen an den Beirat der Gerusia gebunden, die auer ihnen aus 28 ltesten bestand. Zu Geronten konnten nur Männer gewhlt werden, die das 60. Lebensjahr vollendet und somit das felddienstfhige Alter berschritten hatten. Das Amt war ein lebenslngliches, unverantwortliches. Blieben sie von der (Sitzung, weg, so konnten sie ihre Stimme durch einen der ihnen nchstverwandten Geronten abgeben lassen. Die Gerusia beriet der alle wichtigen Staatsangelegenheiten und fate Vorbeschlsse der diejenigen, welche die Könige der Volksversammlung zu uuterbreiteu hatten. Eine von Delphi autorisierte Rhetra der Könige Polydoros und Theopompos erweiterte noch die Kompetenz der Gerusia dadurch, da sie ihr und den Knigen das Recht gab, von einem schiefen" Beschlsse der Gemeinde

2. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 117

1909 - Regensburg : Manz
Das Ephorat. 117 abzugehen. Mit dieser wichtigen Stellung eines beratenden und beschlieenden Staatsrates, welche die Gerusia bis in das 3. Jahrhundert herein behauptete, verband sie die Funktionen eines Kriminalgerichtshofes, von dem auch die Staatsprozesse, namentlich Prozesse der K-nige entschieden wurden. Als lykurgische Einrichtung betrachteten die Lakedmonier zur Zeit Herodots auch das Ephorat, nach Aristoteles aber wurde dasselbe erst vom König Theopompos eingesetzt. Die alexandrinischen Chronographen datierten die Einsetzung des Ephorats vom Jahre 757/6, augenscheinlich deshalb, weil mit diesem Jahre, das nach der-vulgren Chronologie in die Regierung des Knigs Theopompos fiel, die fortlaufende Ephorenliste begann. Zu den leitenden Staatsbehrden gehrte aber das Ephorat noch zur Zeit des zweiten messenischen Krieges nicht. Nach einer Nachricht soll zuerst Cheilon, der um 555 Ephor war, den Knigen die Ephoren an die Seite gestellt haben. Der Name weist darauf hin, da sie von vorn-herein eine Aufsichtsbehrde waren. Aus sehr alter Zeit stammt gewi der Brauch, da sie bei ihrem Amtsantritt an die Brger die Proklamation richteten, sich den Schnurrbart'zu scheren und den Gesetzen zu gehorchen. Die Aufsicht der die brgerliche Disziplin und die Beobachtung der Gesetze war ein Grundzug ihrer amtlichen Wirksamkeit. Sie waren die eigentlichen Vertreter der staatlichen Ordnung, in die sich auch die Könige zu fgen hatten. Das Anwachsen der Macht des Ephorats bedeutete darum zugleich eine -weitere Beschrnkung des Knigtums durch den Herrenstand, der aufs eifrigste wachte, da in Sparta kein Tyrann aufkme oder, mit andern Worten, da nicht ein König die Feffeln des Adelsregiments und der Staatsordnung sprengte. Da nach der Herrschaft Kleomenes' I. die beiden Könige in fortwhrender Feindschaft lebten, so ging die Regierung im 5. Jahrhundert frmlich auf das Ephorat der. Das Ephorenkollegium bestand aus fnf Mitgliedern, die jhrlich aus allen Spartiaten gewhlt wurden. Der erste Ephor gab dem Jahre den Namen und fhrte den Vorsitz im Kollegium. Sie beriefen und leiteten den Rat wie die Brgerversammlung. Legis-lative Antrge unterbreiteten sie zuerst den Geronten zur Vorbeschlufassung. Sie verhan-delten mit den Gesandten fremder Staaten. Im Kriege fungierten die Könige tatschlich nur als Feldherren, welche auf Beschlu des Ephorats und der Volksversammlung mit dem Heere zum Kampfe auszogen. Im Felde allerdings muten alle den Geboten des Knigs unbedingt Folge leisten; aber einem Gesetze gem wurden sie schon zur Zeit der Perser-kriege von zwei Ephoren begleitet, welche zwar in die Ttigkeit des Knigs nicht eingreifen durften, aber auf alles achtgeben und belastendes Material sammeln konnten. Nicht selten wurden Könige nach Beendigung des Feldzuges vor Gericht gestellt und verurteilt. Als i. I. 506 der Feldzug gegen Athen infolge eines Zwistes der Könige ohne Resultat verlief, wurde ein Gesetz erlassen, welches gebot, da fernerhin nicht mehr beide Könige ins Feld ziehen sollten. Wie die Ephoren die Leitung der auswrtigen Angelegenheiten und des Krieges in Hnden hatten, so standen sie auch an der Spitze der gesamten inneren Staats-Verwaltung, vor allem des Polizeiwesens. Die Aufzeichnung von Gesetzen war untersagt. Vermge des Prieftertums, welches dem altgriechischen Knigtum zustand, war den Knigen die Pflege derjenigen Beziehungen gelassen, welche von einem Widerstreit der Be-sugnisse am wenigsten berhrt wurden. Sie vertraten die Gemeinde den Gttern gegenber und brachten dem Apollon die regelmigen Staatsopfer dar. Zur Vermittlung des Ver-kehrs mit Delphi whlte jeder von ihnen zwei Pythier. 2. Die ans dem Gesamtcharakter des Staates entspringende Gesinnung sollte durch eine auf diesen Zweck gerichtete Erziehung gestrkt werden. Der Brger sollte weder sich selbst noch seiner Familie, sondern dem Staate angehren, damit den Gesamtzwecken nicht das mindeste

3. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 119

1909 - Regensburg : Manz
Die Solonische Gesetzgebung. (Kylon, Drakon.) 119 4. Die lykurgische Disziplin durchdringt das ganze Leben der Spartaner; anders ist es mit der Solonischen Gesetzgebung. Solon zeichnet den Athenern nur einen Grund-ri fr ihre staatlichen Einrichtungen vor. Sparta wird erst durch Lykurg ein Staat, Solon weist einem erkrankten Staate den Weg zur Genesung. Seit Aufhebung des attischen Knig-tums zeigt sich in der Aristokratie, die an dessen Stelle tritt, ein fortwhrender Zug, zu der-hindern, da einzelne aus ihr sich der alten kniglichen Macht auch nur nhern, ein fort* whrendes Bestreben, die Ausbung der Regierungsrechte gemeinsam zu machen. Zugleich drckt aber die Aristokratie mit aller Wucht des Reichtums auf die kleinen Grundbesitzer. Ein hartes Schuldrecht, das Verpfndung des Schuldners und feiner Kinder gestattet und bei Zahlungsunfhigkeit wirklich die Sklaverei folgen lt, erregt eine drohende Unzufrieden-heit. Auftritte und Erscheinungen des Jammers werden zur Waffe gegen die Herrfcher, indem dadurch die Gemter erregt werden und die Sehnsucht, ein fo tyrannisches Regiment zu brechen, die notwendige Folge ist. Dazu kam, da die maritime und industrielle Entwick-lung Athens den Stand der Demiurgen verstrkte. Auch die Bauernschaft kam zum Bewut-fein ihrer Strke, als der Aufstand des jungen Adeligen Kylon, der sich zwischen 636 und 624 zum Alleinherrscher aufzuwerfen versuchte, nur durch ein allgemeines Aufgebot des Landvolkes niedergeworfen werden konnte. Die Burg wurde berrumpelt und Kylon entfloh auf heimlichem Pfade. An das Unternehmen Kylons knpfte sich eine Kette der wichtigsten Er-eigniffe. Der regierende Adel sah in demselben nur einen Angriff auf feine Vorrechte. Man versprach den hungerbleichen Genossen Kylons, die zu den Stufen der Altre ihre Zuflucht genommen hatten, ihr Leben zu schonen, und fhrte sie fort. Aber kaum hatten die Hnde der Unglcklichen die Altre losgelassen, strzten Bewaffnete der sie her und machten sie nieder. Andere hatten sich durch lange Seile mit dem Bilde der Athene verbunden, um so geschtzt von Altar zu Altar zu gelangen. Sie wurden am Fue der Burg bei den Altren der Erinyen schonungslos gemordet. der einen solchen Frevel brach das Volk in laute Klagen aus. Da sieht man," hie es. wie die Enpatriden das Vertrauen des Volkes lohnen; sie haben nur berall sich im Auge und, um ihre Racheluft zu befriedigen, hufen sie Unfegen auf das Haupt der unschuldigen Stadtgemeinde." Lrmend verlangte das Volk die Bestrafung der Alkmoniden, die sich am meisten beim Burgfrevel beteiligt hatten. Das alte Adelsgefchlecht mute in die Verbannung gehen. Nun. forderte die gemeine Brgerfchaft immer dringender die Aufzeichnung des Gewohn-heitsrechtes, um der Willkr adeliger Richter bei der Anwendung der Rechtsnormen und der Bestimmung des Strafmaes Schranken zu fetzen. Endlich mute auch hier der Adel nach-geben. Im Jahre 621 wurde. Drakon mit der Aufzeichnung und Verffentlichung des Rechts beauftragt. Es ist eine bertreibung, wenn man sagt, da Drakon fast auf alle Vergehen Todesstrafe gefetzt habe. Es kommen in feinen Gesetzen auch Buen von einer Anzahl Rinder vor, unvorftzlicher Totschlag wurde mit Verbannung gestraft und auerdem schenkte der Gefetzgeber dem Shnverfahren, der Ausshnung mit den Verwandten des Erschlagenen be-sondere Aufmerksamkeit. Wenn auf einfachen Felddiebstahl Todesstrafe gefetzt war, fo erklrt sich dies vielleicht durch eine groe, infolge des wachsenden Notstandes eingetretene Unsicher-heit des Eigentums. Die Ursachen dieses Notstandes waren verschiedener Art. Einerseits konnte der damals in Griechenland sich vollziehende bergang von der Natural- zur Geldwirtfchaft nicht ohne fhlbare Krifis abgehen, anderseits brachte die Erschlieung des Pontns und die Erffnung gyptens eine Masse Getreide aus die Kornmrkte, welche die Getreidepreise erheblich drcken mute. Die Bauern Attilas gerieten in tiefe Schulden; viele wurden zum Verkaufe

4. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 128

1909 - Regensburg : Manz
128 Solon in gypten und Asien. gebung. Es mu daher zunchst wie jedes mit reifem Bedacht geschaffene Kunstwerk nach der innewohnenden Idee betrachtet werden. Aber es war kein zur Anschauung bestimmtes Mo-nument, wie eine Marmorgruppe, die in der friedlichen Stille eines Tempelhofes aufgestellt wird; es war auch kein theoretisches System menschlicher Weisheit, sondern ein Werk fr das Leben, ein Werk, das die Bestimmung hatte, unter den Strmen einer grenden Zeit, in einer von Parteiung zerrissenen Gesellschaft verwirklicht zu werden und die Glieder dieser Gesellschaft zu erziehen, zu veredeln und zu beglcken. Ein solches Werk kann also nur aus der Geschichte des Staates gewrdigt werden, dem Schiffe gleich, das auf hoher See seine Probe besteht. Indes wre es unbillig, nach den nchstfolgenden Zeiten das Urteil der die Lebeus-kraft und Zweckmigkeit der Solonischen Gesetze zu bestimmen. Denn wre es dem groen Staatsmanne darauf 'angekommen, durch schnellwirkende Mittel die Parteigrung niederzu-schlagen, dann htte er den Rat derer befolgen mssen, welche von ihm erwarteten, da er mit den Gewaltmitteln eines Tyrannen, mit fremden Sldnerscharen, mit Verbannungen und kriegsrechtlichen Maregeln den Staat ordnen werde. Solon erkannte aber besser als seine Freunde, da alle durch solche Mittel erreichten Ergebnisse wenig Brgschaft der Dauer in sich trgen. Die Zeitgeschichte zeigte deutlich genug, da, was durch Gewalt begrndet ist, auch durch Gewalt wieder zusammenstrzt. Die Solonischen Gesetze wurden in Bnstrophedonschrist auf viereckigen, drehbaren Holz-Pfeilern aufgezeichnet. Diese befanden sich ursprnglich auf der Akropolis, Ephialtes brachte sie nach dem Rathause. Rat und Archonten wurden auf die Gesetze vereidigt; sie sollten 100 Jahre unverndert in Kraft bleiben. Es ist daher durchaus glaublich, wenn erzhlt wird, da Solon in das Auslnd gegangen sei, um aus der Ferne der Entwicklung der vaterstdtischen Zustnde zu folgen. Er konnte nach Ablauf seines Amtsjahres seine uneigen* ntzigen Absichten nicht besser bezeugen. An diese Reisen nach gypten und Asien knpften sich mancherlei poetische Zge, welche groenteils darin ihren Ursprung haben, da in Solon die Griechen selbst zuerst das Bild eines vollendeten Hellenen erblickten und sich in ihm des Zieles ihrer nationalen Bildung bewut wurden. Um aber dieses Bewutsein zu derjenigen Klarheit zu bringen, die dem griechischen Geiste Bedrfnis war, stellte man dem hellenischen Manne den Lyderknig Krsus gegenber, welcher mit allen seinen Schtzen und mit allem Glnze seines Hofes dem schlichten Brger kein Staunen, keine Anerkennung seines Glckes abzugewinnen vermochte und dann auf den Trmmern seiner Herrlichkeit dem Weisen von Athen darin recht geben mute, da es nur ein wahrhaft groes und ewiges Menschenglck gebe, nmlich ein schuldloses Leben und ein reines Gewissen. Die Ksten des Mittelmeeres waren damals so sehr miteinander in Berkehr, da Solons Name berall genannt wurde nd da es fr die fremden Fürsten, welche griechische Bildung kennen zu lernen und sich anzueignen eiferten, wie Krsus und Amasis von gypten, keine wichtigere Persnlichkeit gab als Solon. Er selbst aber sammelte mit unermdlichem Geiste die Kunde der Gegenwart und Vor-zeit; aufmerksam betrachtete er die Zustnde der orientalischen Reiche, welche in immer nhere Beziehungen zu der griechischen Welt traten, und um so begieriger horchte er den geschichts-kundigen Priestern von Sais und Heliopolis, welche von dem uralten Verkehr griechischer Stmme mit gypten und dem frhen Zusammenhang zwischen Sais und Athen zu erzh-len wuten. Whrend Solons Ruhm sich, der alle Ksten des griechischen Meeres ausbreitete, erwarteten ihn in der eigenen Heimat die bittersten Erfahrungen. Er mute sich berzeugen, da feilt Friedenswerk nur ein Waffenstillstand gewesen sei, da seine Arbeit nicht anders gewirkt habe, als das l, das der Fischer ausgiet, um das Wasser stillzu-

5. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 168

1909 - Regensburg : Manz
168 Seine sittliche Gesinnung. Lysandros. eine solche Begrndung und Sicherheit zu geben, da diese selbst ihre Sache nicht besser htten führen knnen. Aber es ist ein groer Unterschied zwischen der Denk- und Handlungsweise, welche Thnkydides als die in Athen herrschend gewordene treu wieder gibt und seinen eigenen ber-zeuguugeu, was der Menschheit und seinem Volke zum Heile gereiche. Wie wenig er als sittlicher Mensch die neuen Ansichten dieser Zeit guthie, zeigt die ausnehmend lehrreiche und ergiebige Schilderung, die er von den Vernderungen entwirft, welche nach den ersten Jahren des Krieges in dem politischen Leben der einzelnen Staaten, besonders durch die Parteikmpfe im Innern eintraten, wo er es gewi nicht als heilsamen Wechsel darstellt, da die Einfalt, welche notwendig zu einer edlen Sinnesart gehrt, verlacht wurde und aus der Welt ver-schwand. Man mu berhaupt bei Thukydides seine persnliche ernst-sittliche Gesinnung von der unbefangenen Wahrheitsliebe unterscheiden, mit der er die damalige Welt schildert, wie sie war, und man wird ihm selbst eine tief im Herzen wurzelnde Gottesfurcht darum nicht absprechen, weil es sein Vorsatz ist, die menschlichen Dinge in ihrem rein menschlichen Zu-sammenhang zu beschreiben und den Glauben der handelnden Personen als Motiv ihrer Handlungen in Berechnung zu ziehen, ohne seine eigene Anschauung den Ereignissen aufzu-drngen. Die dreiig Tyrannen und Thrasybul. Mit dem Falle Athens kam Sparta wieder an die Spitze der hellenischen Angelegen-heiten. Lysandros erhielt nunmehr eine Gewalt in ganz Griechenland wie noch keiner sie in der Hand gehabt. Er vernderte die Verfassung aller Städte, und was dabei in Athen geschah, mag anderwrts unter hnlichen Verhltnissen nicht ausgeblieben sein. Ihm wurden, lange vor Alexander dem Makedonier, Altre errichtet, Opfer gebracht, Loblieder gesungen; aber dies alles konnte seinen stolzen, harten Sinn nicht beugen; nur auf Verbannungen, Hinrichtungen und Strenge glaubte er den politischen Gehorsam und einen geordneten Zustand grnden zu knnen. Unter dem Schutze des Lysandros, der spartanischen Flotte und spartanischer Soldaten berief Theramenes eine Volksversammlung und schlug in befehlenden Ausdrcken vor, dreiig Mnnern die Regierung in Athen anzuvertrauen, von denen das Volk, die fnf Ephoren und er, Theramenes, im Einverstndnisse mit Sparta je zehn erwhlen sollten. Als sich gegen diesen Antrag heftige Widersprche erhoben, stand Lysandros auf und rief drohend, nur durch Annahme des Vorschlages des Theramenes sei Rettung mglich. Man gehorchte seiner Weisung, worauf er selbst Kallibios, einen barschen und hochfahrenden Spar-taner, zum Befehlshaber einsetzte und durch die Dreiig einen neuen Rat von zuverlssigen Personen whlen lie. Bedenken erregte es, da die Dreiig und der Rat ohne Rcksicht auf andere Behrden ausschlielich die Gerichtsbarkeit bten und mit dem Entwrfe zweckmiger Gesetze zgerten; doch beruhigte man sich, als sie anfangs nur die anerkannt untauglichen Personen verbannten. Sobald sie aber auf ihr Verlangen von Lysandros eine lakonische Besatzung erhielten und sich durch diese gesichert hatten, entwaffneten sie alle Scham beiseite setzend zuerst die Brger bis auf 3000 ihrer Anhnger; dann whlte jeder der Tyrannen unter irgend einem ebel klingenben Vorwanbe angesehene Brger ober reiche Schutzverwanbte, um sie seiner Rache ober seiner Habsucht zu opfern. Sie urteilten ohne Verhr, ohne irgenb eine recht-liche Form; nur gesellte man zu mehreren Reichen in der Regel gletchvtele unfchulbtge Arme

6. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 169

1909 - Regensburg : Manz
Theramenes und Kritias. Schrankenloses Regiment. Thrasibul. 169 und lie sie mit jenen hinrichten, um den Schein zu vermeiden, als gelte Wohlhabenheit allein fr ein Verbrechen. Zu spt widersprach Theramenes laut diesen Freveln und bewies gegen Kritias, den heftigsten der Tyrannen, da eine solche Herrschaft weniger Hupter, welche rger sei als jede Volkstyrannei, durchaus nicht bestehen knne. In der nchsten Versammlung stellte Kritias Jnglinge, mit Dolchen bewaffnet, vor den Tren auf und erklrte, jede Vernderung einer Verfassung mache ein gewaltsames, blutiges Verfahren not-wendig, am meisten in einer starkbevlkerten, uneinigen Stadt. Sie und die Ihrigen wren von den Spartanern gerettet und die Oligarchie eingefhrt worden; deswegen msse man diese auf jede Weise erhalten und das demokratisch gesinnte Volk unterdrcken. Theramenes, der eigentliche Urheber der lakonischen Freundschaft und der neuen Regierungsform, erscheine jetzt unerwartet als Verrter und ein Verrter sei schlimmer als ein offenbarer Feind. Treu-losen Sinnes habe er schon frher die Herrschaft der Vierhundert eingefhrt und dann diese gestrzt. Er msse gestraft werden zu ihrer eigenen Sicherheit und damit keinem die Hoff-nuug bleibe, durch ihn nochmals eine Regierungsvernderung durchzusetzen. Theramenes erwiderte: Ich habe die Herrschaft der Vierhundert gefrdert, weil davon der Friede abzuhngen schien; ich habe mich gegen sie erklrt, als die erwarteten guten Frchte ausblieben und nur Nachteile sich ergaben. Man kann mir nicht beweisen, da ich je einem Brger zu nahe trat und ich bin nicht, wie Kritias, dem Volke und den Edlen zugleich verhat. Nur den Gewalttaten der fremden Besatzung, der Entwaffnung und Ver-Weisung guter und angesehener Brger habe ich mich widersetzt und die Behanptung auf-gestellt, da weder durch Zuziehung der bestechlichen rmsten eine tchtige Volksherrschaft noch durch die willkrliche Gewalt weniger eine ntzliche Adelsherrschaft entstehen knne." Als Kritias sah, da der Rat geneigt war, den Angeklagten loszusprechen, eilte er hinaus, stellte die Bewaffneten zum Angriff auf, strich khn den Namen des Theramenes von der Liste derjenigen aus, welche die Dreiig nicht ohne Untersuchung tten sollten, und rief die Schergen herbei. Theramenes trat zum Altar, flehte Götter und Menschen um Hilfe an, bewies, da allen die gleiche Gefahr drohe; umsonst, der Rat blieb stumm in schndlicher Furcht. Da nahm Theramenes den Giftbecher, trank weissagend dem Kritias zu und starb. Nun waren alle Schranken der Ungerechtigkeit ausgehoben und die Hinrichtungen nahmen furchtbar berhand; sehr viele flohen nach Argos, Megara und Theben und wurden ungeachtet des von den Spartanern erteilten Gegenbefehls freundschaftlich aufgenommen. Aber es fehlte den Verbannten an einem Mittelpunkte, an einem Fhrer. Da stellte sich Thrasybulos mutig und grogesinnt an die Spitze von siebzig Vertriebenen und eroberte Phyle, ein wunderschn an der Grenze von Attila und Botien gelegenes Bergschlo. Die Tyrannen griffen ihn mit unzureichender Macht an; aber sie wurden geschlagen. Gleich ver-geblich war die unzeitig, im harten Winter unternommene Belagerung von Phyle. Dagegen gelang es den Vertriebenen, die zur Deckung des brigen Landes aufgestellten lakonischen Soldaten zu berfallen und auseinander zu sprengen. Mit jedem Tage erhhte sich ihre Zahl, jo da die Dreiig, denen nun bang wurde, Thrasibulos Anteil an der Regierung anboten und zehn Vertriebene zurckzufhren versprachen; allein ihr Vorschlag ward mit Verachtung zurckgewiesen. Hierauf beschlossen sie, Eleusis als Zufluchtsort ganz in ihre Gewalt zu bringen, und lieen unter dem Vorwande, da man die Strke der erforderlichen Besatzung ermitteln msse, Listen der Brger aufnehmen. Diejenigen unter den Verzeichneten aber, gegen welche sie irgendwie Verdacht hegten, wurden durch ein Tor nach dem Meere hinausgelassen, hier von Reitern unerwartet gefangen genommen und gebunden den elf Pein-lichen Richtern bergeben. Am folgenden Tage ttete man die meisten unter dem Schutze

7. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 185

1909 - Regensburg : Manz
Unfreiheit in Sparta. Athen, ein Paradies fr die armen Brger. Keine Rechtswissenschaft. 185 mundung und Knechtung des ganzen Lebens in Sparta getrieben war, ist bekannt genug. Der Spartaner war eigentlich im modernen Sinne und nach nnserm Gefhle das unfreieste Wesen, das sich denken lt; ihm selbst erschien das ganz anders. In den Gesetzen des Zaleukos und Charondas war schon der bloe Umgang mit schlechten Brgern unter Strafe verpnt, ja auf den Genu ungemischten Weines ohne rztliche Erlaubnis war die Todes-strafe gesetzt. Dieser Anschauung gem hatte der Staat auch ein schrankenloses Recht der das Ver-mgen des einzelnen: Ihr seid selbst nicht euer Eigen," erklrt Platons Gesetzgeber, und ebensowenig ist es die Habe, die ihr besitzt; ihr gehrt samt derselben euerm ganzen Ge-schlechte an und noch mehr gehrt das ganze Geschlecht mit seinem Vermgen dem Staate an." Auf diesem Grundsatze ruhte die spartanische Verfassung, welche in der Beschrnkung der Erwerbsfhigkeit so weit ging, da der Besitz von Silber bei Todesstrafe verboten war und kein Handel getrieben werden konnte; der Miggang, die einseitige Ausbildung fr den Krieg und das stete Zusammenleben der Männer gestattete dort keinen Erwerb durch irgend eine Beschftigung. Um so sicherer mute der Untergang des spartanischen Staates durch Verarmung (im Jahre 240 v. Chr. befanden sich hundert Personen im Besitze des ganzen Grundeigentums) und durch Erschpfung der Generationen erfolgen. In Athen, wo die Leitung des Staates ganz an die Volksversammlung bergegangen war, hatte die rmere Klasse durch die Mehrheit der Kopfzahl die vollstndigste Herrschaft der die Reichen, wlzte alle Staatslasten auf diese und lie sich auf Kosten des Staates, d. h. der Reichen und der Bundesgenossen speisen und mit prchtigen Festen, pomphaften Zgen und Schauspielen unterhalten. Athen war ein Paradies fr die armen Brger; sie wurden bezahlt fr Teilnahme an der Volksversammlung und als Heliasien. Sie erhielten reiche Kornspenden, wurden mit Opfer- und Festmahlzeiten genhrt; die Reichen verstand der Demos wie Schwmme auszudrcken durch die Leiturgie der Choregie, der Gymnasiarchie, Hestiasis (Bewirtung) und Trierarchie. Letztere besonders, die Ausrstung und Unterhaltung von Schiffen, richtete manches Vermgen zugrunde. Noch verderblicher fr die Reichen war es, da die Rechtspflege in den Hnden der Armen, eine gleichsam um den Nacken jedes Be-gterten gelegte Schlinge war, die jene nur anziehen durften. Abgesehen vom Areopag bestan-den wenigstens zehn Tribunale, in welchen die Armen, die auch hier in jedem Falle durch ihre Kopfzahl entschieden, der die Reichen richteten. Es gab bei den Griechen keine Rechtswissenschaft, keinen Stand der Rechtskundigen. Das ganze Recht, mannigfachem Wechsel durch die steten Vernderungen der von dem Willen oder der Laune der Mehrheit abhngigen Gesetze unterworfen, eignete sich nicht zu einer wissenschaftlichen Bearbeitung; auf die genaue Beobachtung fchtzeuder Formen wurde bei weitem weniger Gewicht als bei den Rmern gelegt. Um so freier fhlten sich die Richter und um so rcksichtsloser, hufig durch Neid, Ha und Eigennutz und Parteiinteresse ein-gegeben, war der Gebrauch, den sie von ihrer Richtergewalt machten. Die Redner wandten sich denn auch nicht selten geradezu anstatt an das Gerechtigkeitsgefhl an die Interessen und Leidenschaften der Richter. Arbeitsscheu und Hang zum Miggang ist ein charakteristischer Zug der Völker des Altertums berhaupt. Von den Griechen insbesonders sagt Herodot, er wisse nicht, ob sie die Verachtung, mit der sie die Arbeit betrachteten, von den gyptern htten, da er dieselbe bei Thrakern,-Skythen, Persern, Lydern und berhaupt bei den meisten Barbaren finde, von welchen die Meister mechanischer Knste und selbst deren Kinder als die letzten der Brger angesehen wrden. Alle Griechen, vorzglich die Lakedmonier, seien in dieser Gesinnung

8. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 114

1909 - Regensburg : Manz
114 Tyrannis. Korinth. beschftigung war und den gemeinen Mann an seine Hufe fesselte und in einzelnen Gehften der das Land zerstreute. Dagegen entstanden da bald Kmpfe zwischen dem Volke und den Lltgarchen, wo die Unfruchtbarkeit des Bodens oder die vorteilhafte Lage des Landes zur Gewerbttigkeit, zum Handel und zur Schiffahrt reizte, wo sich ein Markt und eine Stadt als Mittelpunkt des Verkehrs bildete, in welcher der brotlose Haufe zusammenstrmte. Verschieden waren die Ursachen, welche den Sturz der Oligarchien herbeifhrten. Bis-weilen ntigte ein gefhrlicher Krieg die herrschenden Geschlechter, das Volk zu bewaffnen und seinen Beistand durch Zugestndnisse zu erkaufen. Verderblicher wurde den Oligarchen der eigene sittliche Verfall, welcher sich hufig auch iu harter Bedrckung des Volkes kund-gab. Gewhnlich trat ein Mann aus den herrschenden Familien, von Ehrgeiz gestachelt, an die Spitze der zur Verzweiflung getriebenen Untertanen; seltener erstand dem Volke aus seiner eigenen Mitte ein Fhrer, welcher hinlnglichen Einflu und Talent zur Leitung besa. Was es zunchst verlangte, war Ackerverteilung, Schuldenerla, das Recht zu rechtsgltigen Ehen mit den Gliedern der herrschenden Familien und Rechtsgleichheit; es erzwang seine Forderungen und berlie die Regierungsgewalt gewhnlich dem Manne, welcher ihm zum Siege der die Oligarchen verholsen hatte. Der frhere Volksfhrer wurde nun der Tyrann des Staates. Tyrann hie bei den Griechen der gegen die bestehenden Gesetze und ohne Wahl der Brger zur Regierung gelangte Herrscher, ohne da man mit dem Worte den Begriff der Gewaltttigkeit und Grausamkeit verband. Der Tyrann befestigte seine uuum-schrnkte Herrschaft, indem er sich der Burg und des ffentlichen Schatzes bemchtigte und sich eine ihm ergebene Leibwache hielt. Der Druck der Tyrannis richtete sich zunchst nur gegen die reichen und angesehenen Familien. Im 7. und 6. Jahrhuudert hatten sich in den meisten griechischen Staaten Tyrannen aufgeworfen; sie suchten ihre angemate Herrschaft durch gegenseitige Bndnisse, Verschwgerung und Gastfreundschaft zu sttzen. Auch mit aus-wrtigen Knigen suchten sie sich zu befreunden und waren selbst der Einfhrung orienta-lischer Sitten nicht abgeneigt. Sie wetteiferten in Glanz und Prunk mit den Barbaren, besonders in Bauten, Weihgeschenken und Kunstwerken. Auf diese Weise schwchten sie teils durch Steuern und Erpressungen das Volk teils beschftigten und nhrten sie den migen Haufen. Ihre Prachtliebe, verbunden mit der erzwungenen Ruhe, war eine treffliche Pflegerin der Wissenschaft und Kunst; Dichter. Knstler, Gelehrte waren die Zierden ihres Hofstaates. Die Zeit der Tyrannen war fr Griechenland in Bezug aus Geistesbildung, Landeskultur und Verkehr eine Zeit des Fortschritts; der starre Sinn wurde gebeugt, die alte Sitte ab-gestreift und eine freiere Weltansicht begann sich zu verbreiten. Dennoch dauerte die Herr-schast der von Tyrannen gegrndeten Dynastien auer in Sikyon und Korinth nicht lange. Ehe Athen sich zur ersten Stadt von Griechenland erhob, blhte Korinth durch Gewerbe, Handel und Schiffahrt; es erlangte einen ueren Glanz wie keine andere Stadt Griechenlands. Die Lage Korinths zwischen zwei Meeren, die bei der Kstenschiffahrt der Alten gefhrliche Umschiffung des Peloponnesos und die Leichtigkeit, Waren der den schmalen Isthmus zu schaffen, hatten diese Stadt schon in frhen Zeiten zu einem sehr bedeutenden Handelsplatze erhoben. Hierher wurden die Natur- und Kunsterzeugnisse aller Lnder gebracht und die trefflichen Hfen von Kenchre und Lechaion boten zu jeder Zeit Gelegenheit zur Fahrt nach allen Richtungen. Korinth war die lteste Zollsttte in Griechenland und Hfen und Markt lieferten hchst bedeutende Geflle. Die Bevlkerung war sehr zahlreich, und ihr Wohlstand entsprach den glcklichen Verhltnissen. Schon in alten Zeiten wurden in Korinth mannigfache Knste gebt und die Korinthier gingen mit ihrem Erfindungsgeiste, Schnheits- und Kunstsinne und ihrem groartigen Aufwnde zum Schmucke ihrer Stadt

9. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 229

1909 - Regensburg : Manz
Ein gewisser Luxus in Rom. Die Staatseinnahmen. 229 Der rmische Staat hatte nach der Vertreibung der Könige den Charakter der strengsten erblichen Aristokratie angenommen und die Tugend der ausgezeichneten Männer war damals nichts anderes als dieser allgemeine Charakter, der sich in einzelnen hervorragenden Erschei-nungen offenbarte. Eine Anzahl patrizischer Gutsbesitzer bildete den Kern des Staates und setzte ihren Stolz nicht in Reichtum und Glanz, sondern in die Menge und Anhnglichkeit ihrer Klienten. Die Könige hatten den etruskischen Glanz gesucht, die patrizische Aristokratie der Republik dagegen setzte diesem Streben die Einfalt und Einfachheit des Lebens entgegen und wute sehr verstndig den Ha des Knigtums auf den Kontrast der Sitten der knig--lichen und republikanischen Zeit zu grnden. Als die altadelige Aristokratie nach und nach neuen Geschlechtern Platz machte, blieb dieser Grundsatz oder vielmehr diese Gewohnheit einer spartanischen Strenge des Lebens und der Zucht bestehen, weil der Charakter des rmischen Staates vllig militrisch war, das ganze Wesen der Nation auf Krieg, Landbau und einfachen Lebensverhltnissen beruhte und nur Vaterlandsliebe, Mut und Kriegstaten fr Verdienste galten. Je mehr sich Rom zu einem ganz neuen Staate gestaltete, je mehr es eine durchaus kriegerische Stellung annahm, desto mehr siegten die samnitischen Sitten der die etruskischen und latinischen, welche zur Zeit der Könige vorgewaltet hatten. Whrend frher, wie die groartigen Gebude der Tarquinier zeigen, die Knste und ein gewisser Luxus in Rom Eingang gefunden hatten, wurde dagegen in den ersten Zeiten der Republik das Leben immer einfacher, schlichter und rauher, namentlich in der Zeit von dem Einbruch der Gallier an bis zum Beginn der puuischen Kriege. Infolge der Zerstrung der Stadt und der ewigen Kriege verarmte und erstarkte damals das rmische Volk zu gleicher Zeit und wurde in seinem ueren Leben auf die einfachsten Verhltnisse zurckgefhrt. Man macht sich jedoch von der Armut der Rmer dieser Zeit gewhnlich eine zu idyllische Vorstellung und nimmt Anekdoten, wie die von Cincinnatus, Curius Dentatus, Fabricius und Regulus allzu wrtlich. Diese werden durch einzelne Zge des Privatlebens widerlegt, die uns aus den frheren Zeiten berliefert worden sind. Industrie, Handel und einen gewissen Grad von Luxus hatte Rom auch damals schon. Die Bauwerke des alten Rom und die groen Straenbauten, welche unter der Leitung des Appius Claudias und anderer ausgefhrt wurden, setzen eine sehr groe Anzahl von geschickten Gewerbsleuten voraus. Wir erfahren auerdem, da schon in den ersten Zeiten der Republik rmische Frauen Purpurgewnder mit einem Goldsaume trugen, und in den zwlf Tafeln stndet sich ein Gesetz gegen den herrschenden Luxus, goldenen Schmuck mit den Toten zu verbrennen. Ferner kommt schon vierzig Jahre vor der Zerstrung Roms durch die Gallier der Gebrauch vor, einen goldenen Kranz als Ehrenzeichen der Tapferkeit zu geben. Die Rmer haben also noch weit frher als die Griechen Preise von Gold an die Sieger verteilt, obgleich die letzteren Goldbergwerke besaen und darum auch abgesehen von der Nhe des Orients und ihrem frheren Handel viel reicher an Gold waren. Auch Handel trieb Rom schon frh; freilich konnte derselbe noch nicht sehr bedeutend sein, da die kriegerische Richtung des Staates alle Vornehmen und Reichen dieser Beschftigung abgeneigt machte, die Ttigkeit der brigen aber vorzugsweise vom Landbau in Anspruch genommen wurde. brigens zeigt sich die Bedeutung, welche der rmische Staat schon in sehr frhen Zeiten auf den Handel legte, namentlich darin, da er bereits im ersten Jahre der Republik einen Handelsvertrag mit Karthago abschlo. Die laufenden Staatseinnahmen bestanden aus der Grund- und Vermgenssteuer der Brger, aus Zllen, aus den Abgaben von Staatsdomnen, die an Privatleute abgetreten worden waren, und aus dem Pachtgelds von den Lndereien, welche Staatseigentum blieben

10. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 283

1909 - Regensburg : Manz
Gewaltherrschaft Sullas. 283 lichen Einheit Italiens geworden, ein Gewinn, der mit endloser Not und Strmen von Blut dennoch nicht zu teuer erkauft war. Aber Sulla hat noch mehr getan. Seit lnger als einem halben Jahrhundert war Roms Macht im Sinken und die Anarchie daselbst in Permanenz; denn das Regiment des Senats mit der gracchischen Verfassung war Anarchie und gar das Regiment Cinnas und Carbos eine noch weit rgere Meisterlosigkeit, deren grauenvolles Bild sich am deutlichsten in jenem ebenso verwirrten wie naturwidrigen Bnd-ms mit den Samniten, widerspiegelt, der unklarste, unertrglichste, heilloseste aller denkbaren politischen Zustnde, in der Tat der Anfang des Endes. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn man behauptet, da das lang unterhhlte rmische Gemeinwesen notwendig htte zusammen-strzen mssen, wenn nicht durch die Intervention in Asien und in Italien Sulla die Existenz desselben gerettet htte. Man kann darber streiten, wie gut oder wie schlecht das von Sulla aufgefhrte Gebude angelegt war, aber es ist eine arge Gedankenlosigkeit, zu bersehen, da ohne Sulla hchstwahrscheinlich der Bauplatz selbst von den Fluten wre fortgerissen worden. Freilich hat Sullas Verfassung so wenig Bestand gehabt wie die Cromwells und es war nicht schwer zu sehen, da sein Bau kein solider war. Aber auch dieser Tadel trifft zunchst nicht Sulla. Der Staatsmann baut nur, was er in dem ihm angewiesenen Kreise bauen kann. Was ein konservativ Gesinnter tun konnte, um die alte Verfassung zu retten, das hat Sulla getan und geahnt hat er es selbst, da er wohl eine Festung, aber keine Be-satzung zu schaffen- vermge und die grenzenlose Nichtigkeit der Oligarchen jeden Versuch, die Oligarchie zu retten, vergeblich machen werde. Seine Verfassung glich einem in das bran-dende Meer hineingeworfenen Notdamm; es ist kein Vorwurf fr den Baumeister, wenn ein Jahrzehnt spter die Fluten den naturwidrigen und von den Geschtzten selbst nicht vertei- digten Bau verschlangen. Kann der Staatsmann Sullas Verfassungswerk nicht geringschtzig abfertigen, so wird hingegen der Mensch in jene Bewunderung nicht einstimmen. Sulla hat seine Gewaltherr-schast nicht blo mit rcksichtsloser Gewaltsamkeit begrndet, sondern dabei auch mit einer gewissen zynischen Offenheit die Dinge beim rechten Namen genannt, durch die er es un-widerbringlich verdorben hat mit der groen Masse der Schwachherzigen, die mehr vor dem Namen als vor der Sache sich entsetzen, durch die er aber allerdings auch dem sittlichen Urteil wegen der Khle und Klarheit seines Frevels noch emprender erscheint als der grausame Verbrecher. chtungen, Belohnungen der Henker, Gterkonfiskationen, kurzer Pro-ze gegen unbotmige Offiziere waren hundertmal vorgekommen und die stumpfe politische Sittlichkeit der antiken Zivilisation hatte fr diese Diuge nur lauen Tadel; aber das freilich war unerhrt, da die Namen der vogelfreien Männer ffentlich angeschlagen und die Kpfe ffentlich ausgestellt wurden, da den Banditen eine feste Summe ausgesetzt und dieselbe in die ffentlichen Kassenbcher ordnungsmig eingetragen wurde, da das eingezogene Gut gleich der feindlichen Beute auf offenem Markt unter den Hammer kam, da der Feldherr den widerspenstigen Offizier geradezu niedermachen lie und vor allem Volk sich zu der Tat be-kannte. Diese ffentliche Verhhnung aller Menschlichkeit ist auch ein politischer Fehler; er hat nicht wenig dazu beigetragen, sptere revolutionre Krisen im voraus zu vergiften, und noch jetzt ruht deswegen verdientermaen ein finsterer Schatten auf dem Andenken des Ur-Hebers der Proskriptionen. Mit Recht darf man ferner tadeln, da Sulla, während er in allen wichtigen Fragen durchgriff, doch in untergeordneten, namentlich in Personenfragen sehr hufig seinem sanguinischen Temperament nachgab und nach Neigung oder Abneigung verfuhr. Er hat, wo er wirklich einmal Ha empfand, wie gegen die Marier, ihm zgellos auch gegen Unschuldige den Lauf gelassen und von sich selbst gerhmt, da niemand besser
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