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1. Heimatkunde vom preußischen Regierungsbezirk Kassel (Kurhessen) - S. 20

1905 - Frankfurt a. M. Leipzig : Neumann Kesselring
- 20 — In einer fruchtbaren Ebene gelegen ist das Dorf Wabern, wo die Bahn über Fritzlar abzweigt. Hier ist eine Bessernngs- und Erziehnngs- anstalt. Am Fuße des Kellerwaldes erwähnen wir den Amtsort ^Jesberg. Nordöstlich von Fritzlar inmitten fruchtbarer Gefilde liegt die Stadt Gudensberg. Über derselben erhebt sich der Gudensberg, eine kegelförmige Basaltkuppe mit Burgtrümmern. Die Gegend von Gudensberg bildet das Herz des alten Hessenlandes. Bei Gudensberg war der Hauptsitz der alten Hessen oder Chatten, der Sammel- platz ihrer Macht. Die Römer nannten ihn Mattium. Dieses war keine geschlossene Stadt, sondern eine dichtbevölkerte Gegend, die damals vielmehr Wohnorte auswies als heute. An Mattium erinnern die Namen zweier Dörfer der dortigen Gegend: Metze (nördlich von Gudensberg) und Maden (südlich von Gudensberg). Bei Maden ist die Maderheide mit dem steilen Felsen Maderstein. Hier war der Versammlungs- ort des chattischen Volkes, wo die wichtigsten Angelegenheiten beraten und Gericht ab- gehalten wurde. Die umliegenden Berge trugen feste Wohnsitze der Fürsten und Herren oder waren den Göttern geweiht. Als höchsten Gott verehrte man den Wodan oder Odin. Ihm war der Wodansberg geweiht; dieser war der Gudensberg oder der nördlich von ihm gelegene Odenberg. Auch später, zu christlichen Zeiten, war Maden noch lange die oberste Gerichts- oder Malstätte des Hessengaues. Daß hier der Herzpunkt des alten Hessen war, daran erinnert der alte Spruch; „Dissen, Deute, Haldorf, Ritte, Banne, Besse, das sind der Hessendörfer alle sesse (sechse)." Die Fruchtbarkeit der Gegend rühmt das Sprüchwort: „Dorla, Werkel, Lohne, Hessenlandes Krone." *Der treue Burgmann Eckbrecht von Grifte. Es war im Jahre 1370, als der Erzbischof von Mainz ins Hessische einfiel, um zuerst Gudensberg zu erobern. Schon war ihm das untere Schloß, die Wenigenburg, übergeben, und sicherlich wäre die ganze Stadt in seine Hände gefallen, hätte ihm nicht der tapfere Verteidiger der Oberburg, Eckbrecht von Grifte, entgegen gestanden. Mit heldenmütiger Tapferkeit schlug dieser alle Angriffe der Mainzer ab, bot allen Ausforderungen zur Übergabe der Burg Trotz und erhielt diese so seinem Herrn, dem Landgrafen Hermann. Um weiteres Blutvergießen zu verhüten, erschien die Gemahlin des Landgrafen selbst vor der Burg und forderte Eckbrecht auf, sich zu ergeben. Aber der wackere Hauptmann gab ihr zur Antwort: „Gnädige Frau, hebt euch hinweg also- bald, oder ich werde auf euch einwerfen als auf den Feind! Und käme mein gnädiger Herr selbst, er sollte in dieser Not nicht herauf. Ich getraue zu Gott, dieses Schloß meinem Herrn wohl zu erhalten, bis es Friede wird. Alsdann will ich es wie ein Biedermann und nicht eher verlassen." Da zog der Feind, durch solchen Mut er- schreckt, wieder ab. Mit gleichem Mute verteidigte der tapfere Eckrecht von Grifte die- selbe Stadt 1387 gegen eine große Heeresmacht. Der einem Riesengrabe ähnliche ^Odenberg nördlich von Gudensberg ist reich an Sagen von Karl dem Großen. "Kaiser Karl und sein Heer im Odenberg. Kaiser Karl hatte einst in der Nähe des Odenberges einen langen und schweren Kampf mit den heidnischen Sachsen. Am Ende mußte er vor der Übermacht weichen, und als ihm nun die Feinde auf den Fersen folgten, da rief er in seiner Not Gott

2. Heimatkunde vom preußischen Regierungsbezirk Kassel (Kurhessen) - S. 53

1905 - Frankfurt a. M. Leipzig : Neumann Kesselring
— 53 — sich später durch allmähliche Umlautung Hatten, Hassen, Hessen. Die ersten Wohnsitze der Franken waren Huben oder Höfe. Mehrere derselben bildeten eine Mark oder Gemeinde, mehrere Marken einen Gau. Aus den Huben entstanden nach und nach Weiler und Dörfer. Das eigentliche Hessen gehörte sechs Gauen an. Der Ringgau hat seinen Namen bis heute erhalten. Das obere Fuldagebiet war von einem großen Buchenwalde bedeckt und hieß Buchouien. Zu dem Wettergau gehörte der Landstrich am rechten Main- und Kinzigufer bis Schlüchtern hinauf. Über jeden Gau war ein Gaugraf gesetzt, der oberste Richter und der Anführer im Kriege. Das Gericht wurde öffentlich unter freiem Himmel auf der Mal- statte gehalten. Zu Malstätten wählte man ausgezeichnete Punkte der Gegend, Anhöhen und heilige Haine. Die Hauptmalstätte des alten Heffenlandes war Mattium bei Gudensberg. Die Franken bildeten unter Königen das Fränkische Reich. Dieses erreichte unter Karl dem Großen, der von 768—814 regierte, seine größte Macht und Ausdehnung. Karl der Große vereinigte alle deutschen Stämme unter seiner Herrschaft. Er wird daher der erste deutsche Kaiser genannt. Kaiser Konrad I. von Franken» Im Jahre 911 wurde der hessische Gaugraf und Herzog von Franken Konrad 1. zum deutschen Kaiser erwählt. Er konnte mit dem besten Willen nicht Ordnung und Friede im Reiche herstellen. Daher empfahl er auf dem Sterbebette seinen mächtigen Gegner, den Sachsenherzog Heinrich I. zu seinem Nachfolger. Dieser wurde 918 in Fritzlar gewählt. Konrad starb zu Weilburg a. d. Lahn und wurde im Dom zu Fulda begraben. Einführung des Christentums. Während in den Rheingegenden und in Franken das Christentum schon lange verbreitet war, hingen die Hessen immer noch fest an ihrem alten Götterglauben. Um die Einführung des Christentums in Hessen erwarb sich der hl. Bonifatius unsterbliche Verdienste. Der hl. Bonifatius, der Apostel der Deutschen. Dieser fromme Mönch stammte aus Kyrton in England und hieß eigentlich Win- fried. Er erhielt vom Papste die Sendung, den heidnischen Deutschen das Evangelium zu verkünden, und kam im 8. Jahrhundert auch nach Hessen. 722 gründete er zu Amöneburg die erste christliche Ansiedelung in Hessen, fällte bei Geismar die mächtige, dem Donnergotts geweihte Eiche, stiftete in Fritzlar ein Kloster mit einer Klosterschule und errichtete auf dem nahen Büraberg den ersten Bischofssitz in Hessen, der aber bald wieder aufgehoben wurde. Durch seinen Schüler, den hl. Sturmius, ließ er im wilden Buchenwalde die Abtei Fulda anlegen. Nachdem Winfried in Hessen, Thüringen und Bayern viele Tausende von Heiden getauft und Klöster, Kirchen und Bistümer errichtet hatte, gab ihm der Papst den Namen Bonifatius d. i. Wohlthäter und ernannte ihn zum Erzbischof von Mainz. Ihm wurden alle deutschen Bistümer untergeordnet.

3. Bis zum Interregnum - S. 25

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 25 - Die Familie bestand in der Urzeit keineswegs nur aus Maun und Frau und deren Kindern, sondern anch Seitenverwandte, z. B. Schwestern des Mannes, gehörten dazu, auch Nichtverwandte konnten darin Ausnahme finden. In der ältesten Zeit war es daher auch Brauch, daß ein Mann mehrere Frauen hatte. Als aber die Germanen in die Geschichte eintraten, zur römischen Kaiserzeit, bildeten diese Fälle schon die Ausnahme. Sitte war im allgemeinen bereits, daß der Mann nur eine Frau nahm. — Über alle Glieder der Familie besaß der Hansherr die Muut-schast, „d. h. Gewalt, Macht, Schutzpslicht und zugleich Schutzrecht" (Dahn). Selbst die Frau stand zeitlebens unter der Gewalt des Mannes, war rechtlich völlig unselbständig und mußte sich in allen Rechtsgeschäften durch ihn. ihren Muntwalt, vertreten lassen. Der Mann konnte Frau und Kinder sogar verkaufen, was nach leidenschaftlichem Spiel zuweilen auch vorkam. Die Söhne entwuchsen der Munt des Vaters, wenn sie ins Heer ausgenommen wurden oder einen eigenen Hausstand gründeten. Töchter wurden, wie schon aus der Stellung der Frau hervorgeht, niemals selbständig; bei ihrer Verheiratung ging nur die Munt vom Vater auf den Gatten über. Auch die Alten unterstanden der Hausherrngewalt. Wer das Schwert nicht mehr führen konnte, weffen Glieder schwach und wessen Geist stumpf geworden war, wer daher seinen Pflichten der Gesamtheit gegenüber nicht mehr nachkommen konnte, taugte nicht mehr zum Hausherrn. Darum haben Greise, die das selbst erkannten und fühlten, daß das Leben damit für sie keinen Wert mehr habe, sich zuweilen selbst den Tod gegeben, weil sie den Lebenden nicht eine „morsche Zugabe" sein wollten. Art die Mnntschast erinnern noch heute die Bezeichnungen mündig, unmündig, Vormund. Wenn nun auch bei den Germanen die Frau unter der Gewalt des Mannes stand, so war sie doch keineswegs nur seine Sklavin, die er wie eine Ware erwerben und veräußern konnte. Sie war vielmehr seine Freundin, seine Genossin, seine Vertraute, die Gefährtin feines Lebens. Als solche leitete sie mit klugem Sinn das Hauswesen und teilte auch alle sonstigen Interessen des Mannes. Sie folgte ihm sogar in die Schlacht und wußte oft von der Wagenburg aus durch begeisternde Zurufe den finkenden Mut neu zu beleben. Eine ihrer vornehmsten Aufgaben war auch die Ausübung der Heilkunst. Frauen waren es, die den verwundeten Kämpfern Hilfe brachten, die Wunden mit kühlem Wasser

4. Bis zum Interregnum - S. 26

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 26 — wuschen, sie mit Heilkraut und Salbe bebeckteu und mit reinem Linnen kunstgerecht verbanben. Frauen traute man vielfach auch einen Blick in die Zukunft zu, und man überließ zuweilen die Beantwortung der Frage, ob eine Schlacht zu wagen sei, ihrem weis-sagenben Muube. Allgemein begegnete man daher bert Frauen mit Achtung und gewisser Ehrfurcht, der Mann betrachtete sich nicht nur als ihren Herrn, fonbern ebenso als ihren Vertreter und Beschützer, und die Schutzpflicht staub bert Germanen ebenso hoch wie das Herrenrecht. Mit solchen Anschauungen überragten sie die alten Kulturvölker der vorchristlichen Zeit, die der Frau eine weit untergeordnetere Stellung zuwiesen. Ein römischer Schriftsteller, der über die Germanen schrieb, erkannte biesen Vorzug rühmetib an, lobte die Reinheit der germanischen Sitten nrtb wollte bamit seinen Lanbsleuten einen Spiegel vorhalten. Die Eheschließung bewegte sich schon früh in bestimmten Formen. Zwar kam es vor, daß das Weib geraubt ober entführt würde, Armin entführte z. B. feine Gattin Thusuelba ihrem Vater ©egest. Auch in der Gubruusage tritt uns ein solches Beispiel entgegen. Aber solche Falle galten immer als eine Rechtsverletzung. Die gültige Form der Eheschließung war die Kaufehe, die in Verlobung urtb Trauung zerfiel. Die Verlobung war die Brautwerbung. Aus der Geschichte Israels haben wir gelernt, daß sich Isaak nicht selbst eine Frau wählte, sonbern daß Abraham seinem treuesten Diener Elieser beit Auftrag erteilte, für seinen Sohn ein Weib zu holen. Ähnlich war es auch bei bert Germanen. Es war nicht schicklich, daß ein junger Mann, der sich vermählen wollte, selbst als Freier auftrat, sonbern ein angesehener Verwanbter besselbeu begab sich in die Familie des Mäbchens und besprach sich mit dem Vater ober, wenn biefer nicht mehr lebte, mit dem Vormnnb. Der Muntwalt legte die Angelegenheit seinen Blutsfreunben, bert Sippgenossen, vor; benn über das Ausscheiben eines arbeitsfähigen Mitgliebes hatten auch sie mit zu befmbert. Würbe von ihnen die Werbung gutgeheißen, so schloß der Bräutigam mit dem Muntwalt unter Beiftanb der beiben beteiligten Sippen einen Vertrag. Dabei zahlte der Freier einen vereinbarten Preis, den Muntschatz, der gewöhnlich in einer Anzahl von Rinbern bestaub. Dieses Entgelt sollte aber nicht für die Braut selbst gelten, sonbern war die Entschäbigung für die Muntfchaft, die durch die Verlobung auf den Bräutigam überging. Wenn somit auch das Weib dem Manne als Eigentum

5. Bis zum Interregnum - S. 28

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 28 — einer Buße auferlegt. Mit diesem Beharren im Witwenstande sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß dem Gatten die Treue auch übers Grab hinaus gewahrt werden sollte. Und wenn Kriemhild in der Sage eine zweite Ehe einging, so geschah es nur, um Siegfrieds Tod besser rächeu zu können, um auch in der Rache ihrem Gemahl Treue zu beweisen. Der Stoz und die Freude des germanischen Hauses waren die Kinder; doch bezogen sich die Vaterfreuden in erster Linie auf die Knaben, auf die Mädchen erst dann, wenn auch jene vorhanden waren. Der Vater besaß über die Kinder die strenge Eigentumsgewalt, er konnte sie aussetzen lassen, was in ältester Zeit mit Mädchen nicht selten vorgenommen wurde. Doch waren auch hierin zur Römerzeit schon mildere Sitten vorherrschend, und das Aussetzungsrecht war wesentlich eingeschränkt. Die germanischen Kinder zeichneten sich im allgemeinen durch Kraft und Gesundheit aus, die durch die Erziehung gefestigt wurde. Sie hielten sich fast immer im Freien auf, tummelten sich gern in Hof und Feld, badeteu fleißig, waren oft nur wenig bekleidet und gewöhnten sich dadurch frühzeitig cm das rauhe Klima. In der Namengebung, die einige Tage nach der Geburt unter Wasserbegießung erfolgte, war die Zugehörigkeit zur Sippe zu erkennen, vor allem kam aber dabei die Erinnerung an Kampf und Sieg zum Ausdruck. Die Silben gunt, hilt, Held, hart, fwint, muot, grim weisen auf Kampf und Krieg hin, z. B. Gunter, Hartmut, Hartwig; gis, geis, ger, z. V. in Gerhard, Geiserich, erinnern an den Speer, sahs, brant, Hern, z. V. in Hildebrand (Kampfschwert), an das Schwert, lint an den Lindenschild. Auch die Mädchen erhielten gar oft recht kampftrotzige Namen, z. V. Hildegund (Kampfkampf), Kriemhild (Helmkampf), Hildegard. Andere weisen auf die strahlende Sonne, auf den lichten Tag, auf glänzende Waffen hin und wollen die Freude am Licht und am Schönen zum Ausdruck bringen, z. V. Suuigilt. Auch die Tiere des Waldes, an denen die Germanen so gern ihre Kraft erprobten, kehren in Personennamen vielfach wieder, z. V. in Eberhard. Ihre große Mannigfaltigkeit erfuhr später, als mit dem Christentum sich biblische Namen einbürgerten, nach und nach eine Beschränkung. Die heute gebräuchlichen Familiennamen mit ihren Vornamen kamen erst im späteren Mittelalter auf. Wie schon die Namen an Krieg und Waffenklang erinnern, so lief auf Wehrhaftmachung namentlich die Erziehung der Knaben hinaus. Nicht auf der Schulbank, aber im Laufen und

6. Bis zum Interregnum - S. 34

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 34 — Sachsen wiederkehrt. Das lange Schwert, das die Germanen durch die Kelten kennen gelernt hatten, besaßen anfangs nur die Vornehmen, es gelangte aber später zu besonderer Geltung, so daß die Verwandten männlicherseits darnach sogar mit Schwertmagen bezeichnet wurden. Das allgemeiner verbreitete Kurzschwert fand als täglicher Gebrauchsgegenstand vielseitige Verwendung, namentlich auch beim Fleischzerlegen. An seine Stelle ist im Laufe der Zeit das Messer getreten. Die Bewaffnung war nicht bei allen Stämmen gleichmäßig, was schon daraus hervorgeht, daß einzelne, wie Cherusker und Sachsen, nach der vorwiegend gebrauchten Waffe benannt wurden. Im allgemeinen war die kriegerische Ausrüstung der Germanen im Vergleich zu der der Römer, die vom Helm bis zu den Beinschienen gepanzert waren, unvollkommen. Aber sie ersetzten diesen Mangel reichlich durch persönliche Tapferkeit. c) Das germanische Heer. Für die kriegerischen Unternehmungen hatten unsere Vorfahren weder ein stehendes Heer, noch wurden für den Krieg die geeigneten Männer zum Dienst im Heere ausgewählt, es bestand vielmehr die allgemeine Heerespslicht, d. h. jeder waffenfähige Mann war zum Kriegsdienst verpflichtet. Das Heer war also ein Volksheer, das Volk in Waffen. In der Volksversammlung, die zugleich Heeresversammlung war, wurde der Krieg beschlossen, und zuweilen ging es von da sofort zum Kampfe. Brachen aber unvermutet Feinde ins Land, dann erscholl der Kriegsruf von Hof zu Hof, oder Feuerzeichen riefen die wehrfähigen Männer zum Heeresdienst. Die Bildung des Heeres beruhte auf der Stammesgliederung. Wie im öffentlichen Leben standen auch im Kampfe die Verwandten, die Genossen der Sippe treu zusammen. Da focht der Sohn neben dem Vater, der Bruder neben dem Bruder. Diese auf der Verwandtschaft beruhende Heeresordnung wurde auch bei der Erweiterung des Staatsverbandes noch lange beibehalten. Darin lag ein nicht zu unterschätzender Ansporn zu Mut und Tapferkeit. Nur von den gotischen Völkern — Ostgoten, Westgoten, Wandalen — wird berichtet, daß sie bereits Heeresabteilungen von 10, 50, 100 und 1000 mit besonderen Führern hatten. Das Heer bestand vorwiegend aus Fußvolk; doch zeichneten sich verschiedene Völkerschaften, wie die Bataver, im 3. Jahrhundert die Alamannen, im 4. die Goten, als gewandte Reiter aus. Nach verschiedenen Angaben betrug die Reiterei etwa V20 bis 1l 10 des gesamten Heeres. Zuweilen stellte man eine Verbindung von

7. Bis zum Interregnum - S. 35

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 35 — Reiterei und Fußvolk in der Weise her, daß jedem Reiter ein behender, leichtbewaffneter Jüngling beigegeben wurde, der, an der Mähne des Pferdes sich festhaltend, mitlief und so beim Angriff schnell mit vor die Front des Feindes gelangte. Später ging die Reiterei an Zahl zurück, was zum Teil darin begründet sein mochte, daß bei der Ausdehnung des Ackerbaues das Pferd als Zugtier benutzt und militärisch unbrauchbarer wurde. Auch wird nach Einführung des Christentums, das die Pserdeopfer verbot und das Pferdefleischessen als heidnisch bezeichnete, der Pferdebestand zurückgegangen sein. Die Kämpfer unterstanden dem Besehl des Gauobersten. Da aber jeder Führer eifersüchtig über seine Stellung wachte und keiner dem andern sich unterordnen wollte, so fehlte in der Heeresleitung oft die notwendige Einheitlichkeit. Durch mancherlei Schlappen belehrt, wählten sie daher für einen Feldzug aus den verbündeten Gaukönigen einen ober auch zwei Oberfeldherren, Herzöge genannt. Die Wahl und die bamit verbunbene Erhebung auf den Schilb erfolgte in der Volksversammlung. Nach beenbetem Felb-, zuge mußte eiu solcher Oberselbherr seine Amtsgewalt nieberlegen; berat wie auch das Beispiel Armins lehrt, argwöhnte man allzuleicht ein Streben nach größerer Herrschaft, und beirt trat man auf jebe Weise entgegen. Der Gehorsam gegen die Führer war daher in der ältesten Zeit gering; die tollkühne Kampfeslust ließ sich durch Befehle nicht einbämmen. So verbot z. B. Armin seinen Cheruskern die Bestürmung des festen Römerlagers; sie taten es trotzbem und würden blutig zurückgeschlagen. d) Kampfesweise. Für den Angriff in der Schlacht nahm man in Keilform Aufstellung; die Spitze bilbete der König und sein Gefolge, baran schlossen sich die Geschlechter des alten Volksabels und dann in breiter, anschwellenber Reihe die Gemeinfreien. Die Anwenbung der Keilform war verschieben. Bei geringer Stärke des Heeres und bei einem durch Bergzüge eingeengten Kampfplatz würde die gesamte Mannschaft in einem Keil vereinigt. Im offenen Gelänbe hingegen stauben mehrere berartige Angriffshaufen nebeneinanber, und bei Vereinigung mehrerer Völkerschaften im Kriege bilbete jebe einen besonberen Keil. Jeber hatte seine eigenen Felbzeichen, wozu namentlich Tierbilber (Bär, Eber) verwenbet würden, die man im Frieden in heiligen Hainen aufbewahrte. 3*

8. Bis zum Interregnum - S. 37

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 37 — und überließen die leeren Gehöfte den Feinden zur Plünderung. Wenn die Römer durch endlose Züge bei mangelhafter Verpflegung ermüdet und vielleicht gar in einen Hinterhalt geraten waren, wurden sie, wenn sie ihr Heer nicht in Schlachtordnung aufstellen konnten, angegriffen. Dann trug die körperliche Überlegenheit der Germanen und die Vertrautheit mit der Eigenart ihres Landes gar oft über die Römer, deren Kriegskunst unter solchen Umständen versagte, den Sieg davon. Feste Städte belagerten die Germanen nicht; hierfür war ihr heldenmütiges Anstürmen und ihre wilde Kampfeslust nutzlos. Sie achteten Befestigungen überhaupt gering; sie lernten solche erst von den Römern kennen, weswegen auch Bezeichnungen wie Wall und Mauer deren Sprache entlehnt sind. Die ersten germanischen Befestigungen waren Waldverhaue zum Schutze der Fluren und gegen feindliche Überfülle. Man erkannte jedoch bald, daß im Kampfe namentlich Höhen Schutz boten; daher ist das Wort bergen in der Bedeutung von schützen entstanden. Nachteilig war den Germanen bei der Kriegführung der Mangel militärischer Schulung. Darum trateu zahlreiche germanische Jünglinge in römische Kriegsdienste, um von ihren Gegnern Kriegskunst zu erlernen. Ein Hindernis nachhaltiger Erfolge war ferner ihre politische Zerrissenheit und die Abneigung gegen militärische Unterordnung. Erst nach jahrhundertelangem Ringen lernten sie, daß Einigkeit stark macht. e) Gefolgschaft. Verwandt mit dem Heeresdienst war das Gesolgswesen. Es bestand in einem engen Dienst- und Treuverhältnis zwischen einem Führer und seinen Mannen, die sich jenem zu treuem Dienst verpflichteten. In öffentlicher Versammlung erbot sich z. B. ein Fürst als Führer für ein kriegerisches Unternehmen und forderte tatenlustige Männer zur Heerfahrt auf. Sofort wurde die Teilnahme versprochen, und das gegebene Wort durfte uicht gebrochen werden. Wer es tat, galt als Verräter und war ehrlos. Das Treuverhältnis, das so entstand, galt aber in vielen Fällen nur für das geplante Unternehmen, es hörte mit Beendigung der Heerfahrt auf. Enger war das Treuverhältnis der Gefolgschaft, wie es sich etwa in der Zeit nach Christi Geburt entwickelte. Die Gefolgsleute traten völlig in die Hausgenossenschaft des Herrn ein. Das stellte an die Leistungsfähigkeit des germanischen Hauses hohe Anforderungen. Infolgedessen konnten sich in erster Linie nur

9. Bis zum Interregnum - S. 47

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 47 — aber jeder Mord neue Rache erforderte, entwickelten sich daraus nicht selten endlose Fehden, bei denen ganze Geschlechter der Vernichtung anheim fallen konnten. Die darin liegende Gefahr für das öffentliche Wohl scheinen die Germanen früh erkannt zu haben, sie beschränkten daher die Blutrache aus den Täter oder einen kleinen Verwandtenkreis und ließen bald auch an ihre Stelle eine Vermögensbuße treten. Doch hielt die Neigung, Blutrache zu üben, noch lange an. Nicht selten waren es gerade die Frauen, die die Männer zu blutiger Tat anspornten. So wird berichtet, daß eine Mutter ihren Söhnen Kieselsteine zum Frühstück aus den Tisch legte und sagte: „Solche Steine müßt ihr statt des Herzens in der Brust tragen, daß ihr euren Bruder noch uugerächt draußen auf dem Felde liegen laßt!" Auch in Kriemhild tritt uns die leidenschaftliche Lust zu blutiger Rache deutlich entgegen. Den Fehdegang bevorzugte man oft auch deshalb, um sich nicht nachsagen zu lassen, daß man durch Empfang des Wergeldes ein Geschäft gemacht habe, namentlich auch daun, wenn der Verdacht der Feigheit aufkommen konnte; denn feige Furcht war für den Germanen das Schimpflichste, was man ihm vorwerfen konnte. So wurden Streitigkeiten noch lange mit Vorliebe durch die Waffen ausgetragen. Das ganze Mittelalter ist von dieser Fehdelust erfüllt, der endlich der ewige Landfrieden einen Damm entgegensetzen wollte. Aber auch mit dem Rechtsgang war zuweilen der Kampf verbunden. Nicht in allen Fällen war der Eid das ausreichende Beweismittel; denn die Aussagen der Eidhelfer widersprachen sich auch zuweilen. Dann wurde in den Rechtsgang der Zweikampf eingefügt und eine Frage, die durch den Eid nicht genügend geklärt werden konnte, durch die Waffen entschieden, worauf das Rechtsverfahren seinen Fortgang nahm. Später wurde der Zweikampf auch allem zur Entscheidung von Streitfällen angewandt und der Ausgang als Gottesurteil angesehen. e) Volksversammlung. Die Rechtspflege lag, wie wir gesehen haben, in der Hand der Volksversammlung. Sie entschied zugleich über alle öffentlichen Angelegenheiten. Mochten die rechtlichen und staatlichen Verhältnisse in den einzelnen Völkerschaften auch voneinander abweichen, sie bildete überall die oberste Behörde und die Grundlage der Verfassung. Man nannte sie auch mahal, mahl, Thing oder Ding und den Versammlungsort auch Dingoder Malstätte. Diese war meist die im Freien, im gelichteten

10. Bis zum Interregnum - S. 49

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 49 — Zuweilen stellte sich jener sofort an die Spitze der bewaffneten Volksgemeinde, die unmittelbar vom Ding begeistert in den Kampf zog. Oft schloß sich aber an die Beratungen des Abends in einer Halle oder im Nebenraum des Volksheiligtums ein zwangloses Zusammensein bei Bier und Schmaus au. Dann wurden private Angelegenheiten besprochen, zwischen Feinden kam manche Aussöhnung zustande, manches Ehebündnis wurde verabredet und vorberaten und mancher Handel abgeschlossen; denn unsere Märkte haben ihren Ursprung in den alten Volksversammlungen und Opferfesten, zu denen Vieh und Waren verschiedener Art herbeigebracht und getauscht wurden. So boten die Volksversammlungen Gelegenheit, persönliche Beziehungen aller Art anzuknüpfen, und sie waren für diese Zwecke ein dringendes Bedürfnis, da man einen Verkehr durch schriftliche Nachrichten noch nicht kannte. Aber nicht immer blieb es bei friedlicher Rede; zuweilen erhitzten sich im Widerstreit der Meinungen die Gemüter, so daß es zu schmähenden Worten und sogar zum Kampf mit den Waffen kam; aber am nächsten Tage sprach man dann in nüchterner Ruhe noch einmal durch, was man verabredet hatte, um sich der Tragweite der Entschließungen bewußt zu werden. f) Nachklänge in der Sprache. An die Rechtspflege und die Anfänge staatlicher Ordnung bei unsern Vorfahren werden wir noch heute durch Ausdrücke unserer Sprache erinnert. Da man nicht schreiben konnte, suchte man Rechtssätze in eine Form zu bringen, die sich dem Gedächtnis leicht einprägte. Dazn eignete sich der Stabreim, der darin besteht, daß mehrere Wörter mit gleichem Anfangsbuchstaben vereinigt werden. Man baute damit einen Vers oder Spruch auf. Man denke an Friede und Freundschaft, Herz und Hand, Haus und Hof, Kind und Kegel, Land und Leute, Leib und Leben, Mann und Maus, Schutz und Schirm, Stock und Stein, Wind und Wetter, Zittern und Zagen. Bann stammt von einem althochdeutschen Worte baunan( d. H. unter Strafandrohung gebieten. Dies taten die Priester oder Gaufürsten, wenn sie die Versammlung eröffneten und Stille oder den Dingfrieden geboten. Sie besaßen das Bannrecht, hatten also den geordneten Verlauf zu überwachen. Damit hängt zusammen Heerbann — Heeresausgebot. Später verband sich mit Bann die Bedeutung der Strafe selbst; der päpstliche Bann war Pätz old, Lehrbuch der Geschichte. I. Seit. 4
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